Fr 8. Jul 2016, 10:03
Hendrik strahlte die beiden Männer an, die aus dem dunkleren Teil des Gartens traten. Er freute sich sichtlich und trat einen Schritt näher. Etwas verlegen musterte er den russischen Händler bevor er Leif antwortete. „Ja, der Kuchen ist von Berta. Er ist gut. Den macht sie immer an meinem Geburtstag.“ Dann sah er zu Lucien und überlegte. „Eriks Lied war toll. Aber ich habe es nicht ganz verstanden. Was macht der Wolf denn am Ende wenn er böse wird? Frisst er die Geißlein? Hm, das kommt irgendwie in dem Lied nicht vor. Oder Erik wollt‘ es nicht zu Ende singen.“ Er schenkte Leif ein Lächeln. „Ich wird‘ ihn später mal fragen.“
Der Tsimiske, der sich hinter dem Heiler aufgehalten hatte, trat näher und sah zu Hendrik hinab. „Hendrik, es tut mir leid, aber ich muss bereits wieder gehen. Ich habe noch wichtige Dinge zu erledigen, die wenig Aufschub dulden.“
Die Enttäuschung war sowohl auf dem Gesicht des Jungen als auch auf dem der blonden Händlerin auszumachen. Während sie den Mann jedoch nachdenklich und fragend musterte, begann Hendrik traurig zu protestieren. „Aber ihr seid doch gerade erst gekommen. Und ich wollt‘ euch doch mein Schiff und die Karte zeigen. Die würdet ihr mögen. Und ich würd‘ gern die tollen Schachfiguren ausprobieren…“ Verlegen wandte er den Blick ab und trat er von einem Fuß auf den anderen.
Der Unhold schüttelte den Kopf und sah dabei Alida an, der die unausgesprochene Frage ins Gesicht gemeißelt war. „Das geht leider heute nicht. Vielleicht ein anderes Mal.“
Die Frau machte einen Schritt auf die Männer zu. „Hendrik würde gerne bei unserem nächsten Treffen mit nach Gent reisen. Ist es in Ordnung, wenn ich ihn mitnehme?“
Dieses Mal war die Gegenfrage auf den ebenmäßigen Zügen des Drachen abzulesen, ohne dass er sie aussprach. Seine Stirn legte sich in Falten und abwägend musterte er den Jungen. Dann nickte er. „Wenn ihr möchtet. Mein Haus steht euch offen.“
Er deutete noch eine höfliche Verbeugung an die Anwesenden an und berührte Alida wie beiläufig ein letztes Mal am Arm bevor er in Richtung Haupthaus verschwand.
Der Junge stand einige Augenblicke einfach nur da und sah dem Unhold hinterher, dann blickte er zu Alida und lächelte zögernd. „Dann halt das nächste Mal…“
Die blonde Händlerin schien etwas sagen zu wollen, doch ein wohl 9 Jähriger Knabe trat hinter dem Kuchentisch hervor und blieb in einigen Metern Entfernung vorsichtig stehen.
Leif erkannte den Bruder des Jungen, der sich vorhin mit Hendrik geprügelt hatte, wieder. Hendriks Miene verfinsterte sich und er biss die Zähne aufeinander.
Emil wirkte betroffen, wandte den Blick ab und meinte zu Hendrik. „Ich wollte mich entschuldigen. Das vorhin mit Florine war nicht nett. Es tut mir leid.“
Hendrik schüttelte den Kopf. Man sah ihm an, dass er die Worte des Anderen nicht glaubte. „Will deine Mutter, dass du das zu mir sagst? Brauchst du nicht!“
Der blonde Junge wirkte irritiert und widersprach. „Nein! Es war einfach eine scheiß Idee und Willem ist zu weit gegangen.“ Er wartete einige Sekunden ab und als keine Antwort folgte, fügte er hinzu. „Der Nordmann will später noch andere tolle Lieder spielen, hat er gesagt. Aber er braucht ein paar böse, schwarze Räuber. Sonst wird es nicht so lustig. Willst du mitmachen?“
Diesmal war es an Hendrik verwirrt drein zu schauen. Offensichtlich bekam er solche Angebote nicht jeden Tag. Zögernd sah er zunächst Alida, dann Leif an.