Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: So 12. Jun 2016, 16:18 
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Die Dokumente waren schnell aufgesetzt und Alida wusste das sie keine Schwierigkeiten haben würde später noch einen Boten aufzutreiben, der ihre Dokumente sicher überbringen würde. Es hatte durchaus Vorteile in einer so großen und pulsierenden Stadt wie Brügge zu leben. Hendriks Aufmerksamkeit war inzwischen wieder ganz bei Alida. “Leif hat mir viele Dinge erzählt als er sich um das hübsche blonde Mädchen gekümmert hat die bei uns war. Es hatte ja einige Tage gedauert bis sie gesund genug war um aus unserem Schuppen bewegt zu werden. Er kam gerade aus London wieder und er hat mir von seiner Reise dorthin erzählt.” Inzwischen hatte der Junge die Schriftrolle wieder an seinen Platz gelegt und machte sich bereit die Schreibstube zu verlassen. “Ich würde dich sehr gerne mal bei einer Reise begleiten, egal wie langweilig es sein sollte.” Hendrik grinste über beide Backen und schien sehr zufrieden mit sich. “Im Übrigen habe ich den Arbeitern draußen schon gesagt, dass du bestimmt noch einmal mit ihnen sprechen willst und sie nicht nach Hause gehen sollen.” Hendrik schien über etwas nachzudenken und mit sich zu ringen. Das Lächeln war einer brütenden Mine gewichen und es dauerte einen Moment bis er weiter sprach. “Sag mal Alida bist du eigentlich glücklich hier in Brügge? Oder wärst du manchmal lieber woanders?” Er wandte die Augen ab so als würde er sich ein wenig schämen diese Frage zu stellen.

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Verfasst: So 12. Jun 2016, 16:18 


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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: So 12. Jun 2016, 17:08 
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Ein Schatten legte sich über ihre Züge als Hendrik anfing von Leif zu sprechen. „Leif hat dir also die ganzen Sachen erzählt?“ Sie sog langsam die nach Papier, Pergament und Tinte riechende Luft ein und überlegte. Sie merkte, dass sie zu lange schwieg und fuhr dann fort. „Ja, Leif Thorson ist ein kluger Mann, der beste Freund und engste Vertraute von Karl-Christian. Er hat ihn quasi groß gezogen. Er hatte mit Sicherheit wichtige Geschäfte in London zu erledigen.“ Sie dachte an das, was Lucien und Lilliana ihr über die Umstände in Gent erzählt hatten und den Zusammenhang zu Leifs ehemaligem Ghul, der nach London geflohen war. Dann sah sie wieder Hendrik an. Sie wusste, es war eine gemeine und ihr nicht zustehende Taktik ihn an den jungen dunkelhaarigen Mann zu erinnern, der ihm unheimlich war und den er nicht leiden konnte und eine Verbindung zu Leif herzustellen, aber sie konnte wohl schlecht sagen: ‚Halt dich von Leif fern, ich hab ihm damals schon deinen Vater oder Onkel zur Ausbildung anvertraut und das ging nicht wirklich gut aus…‘ Sie schluckte das ungute, seltsam schuldbewusste Gefühl hinunter und legte Henrik eine Hand auf die Schulter.
„Es gibt, glaub ich, auf der ganzen Welt keinen Ort an dem ich für immer glücklich wäre mit Ausnahme von Brügge. Ich bin manchmal ganz gern woanders, aber ich komm immer gern wieder hierher zurück, denn hier gehör ich hin.“ Sie grinste ihn aufmunternd an.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: So 12. Jun 2016, 19:58 
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“Mit Karl-Christian habe ich auch geredet. Er hat dem verletzten Mädchen ganz viele Geschichten erzählt. Die Sprache des Nordens in der er gesprochen hatte habe ich nicht verstanden, aber er hat mir die Mythen manchmal auch übersetzt. Es ging um Helden, Schätze und allerlei Questen der Götter des Nordens. Das hat mir gefallen.” Er öffnete die Tür der Schreibstube. “Ich glaube inzwischen nicht mehr das er böse ist, nur anders als die meisten anderen Cousins unserer Familie.” Er zögerte. “Ich weiß wie es ist anders zu sein. Manchmal ist das nicht einfach.” Sein Gesicht verdunkelte ein wenig als er die Worte sprach. Alida musste leider auch feststellen, dass ihr Plan leider nicht aufgegangen war. Wenn sie den Umgang von Hendrik regeln wollte dann würde sie wohl oder übel klarere Worte finden müssen. “Leif hat gesagt er bringt mir gerne mehr Geschichten bei auch wenn er nicht glaubt das du das erlaubst, weil ihr keine Freunde seid oder so.” Hendrik brach nach diesem Satz ab. Eine Frage hing im Raum und ihm schien klar zu sein das er das Thema schwierig war weswegen er auch prompt über etwas anderes redete, ganz offensichtlich um Alida nicht zu einer Antwort zu zwingen auch wenn die Konversation dadurch nicht unbedingt einfacher wurde. “Aber Alida wenn du wirklich Brügge magst warum gehst du dann beinahe 5 Monate weg und keiner weiß so richtig wo du bist. Ich habe ein paar der Familienmitglieder tuscheln hören. Auch Fremde haben auf dem Markt haben über deine Abwesenheit geredet. Die doofe Mildred hat sogar behauptet du wärst Hals über Kopf irgendeinen Mann in den Osten hinterher gerannt…” Er biss sich auf die Lippen. Es war offensichtlich das der Junge gerade nicht einschätzen konnte ob er sich um Kopf und Kragen redete. Trotzdem fuhr er fort. “Sie meinte sogar du bist wahrscheinlich schwanger von ihm und rennst ihm deswegen wie ein kopfloses Huhn hinterher.” Er atmete einmal tief durch. “Aber das stimmt nicht oder? MIldred hat nur wieder dummes Zeug erzählt...” Hendrik wirkte ein wenig verunsichert und schien sich vor Alidas Antwort zu fürchten, ganz so als wüsste er nicht was er eigentlich hören wollte.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Mo 13. Jun 2016, 12:25 
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Alida war zwar eigentlich schon im Begriff gewesen die Schreibstube zu verlassen, hielt dann aber noch mal inne und musterte den achtjährigen Knaben mehrere Sekunden. Dann fasste sie kurzentschlossen nach dem Krug mit Apfelsaft goss Hendrik nach und schenkte sich selbst etwas davon ein. Sie würde später eh den Tee des Händlers wieder von sich geben dürfen. Dann konnte sie den Augenblick wenigstens nutzen. Sie setzte sich in einen der bequemeren Stühle und nippte an dem kühlen Getränk.
„Zum einen find ich es sehr gut, dass du mit Karl geredet hast und jetzt zu einem anderen Schluss gekommen bist. Dein ungutes Gefühl damals hat mich ganz schön hellhörig werden lassen. Man sollte immer einem Gefühl nachgehen, aber immer den Mut besitzen seine Meinung ab und an zu ändern, wenn man mehr weiß. Denke ich zumindest. Und anders zu sein als andere ist ja nichts schlechtes.“ Sie lächelte den Jungen aufmunternd an. Zum Thema Leif sagte sie nichts weiter. Das war ein Problem zwischen ihr und dem Salubri und Hendrik war zu jung und hatte es nicht verdient da mithineingezogen zu werden. Sie würde das Treiben beobachten und Leif zur Not direkt ansprechen. Sie hatte keine Ahnung, was er von dem Jungen wollte. Er hatte sich mit Ausnahme von Karl, der über Katharina zur Hälfte ja sein eigenes Blut in sich trug nie irgendein Interesse an einem ihrer Familienmitglieder gezeigt. Den Jungen studieren? Kleine Experimente? Ihr grauste als sie an den kleinen wissenschaftlichen Keller dachte, den Leif damals unter dem Hospital hatte ausbauen lassen. Das alles war auf der anderen Seiten so lange her…
Sie schluckte, versuchte sich nichts anmerken zu lassen. „Ich erzähle dir, was ich in den fünf Monaten gemacht habe, wenn du mir versprichst, es für dich zu behalten. Du kannst wenn du willst mit Marlene darüber reden, aber für andere ist das Tabu, in Ordnung?“ Sie kannte den Jungen lang genug und wusste auch von Marlene, dass Hendrik zwar aufbrausend, neugierig, eigensinnig und mit unter unbeherrscht sein konnte, aber er war zuverlässig und ehrlich.
Sie wartete auf das zögernde Nicken des Knaben und sprach erst dann weiter. „Meister Belinkov…“ Sie schüttelte den Kopf um sich selbst zu korrigieren. „…eigentlich heißt er Emilian, sollte in einer Schlacht im fernen Osten kämpfen. Mir kam zu Ohren, dass ein Feind dort feste Pläne schmiedete um ihn zu ermorden. Boten, die man Emilian hinterher schickte um ihn zu warnen, erreichten nie ihr Ziel. Ich habe ihn schließlich getroffen, aber er war glücklicherweise bereits selbst zu der Erkenntnis gekommen, was sein Feind plante und hat dessen Ziele vereitelt. Eigentlich hat Emilian mich nicht gebraucht, aber das konnte ich damals nicht wissen.“ Sie sah den Jungen fest an. „Ich würde für jeden, der mir wichtig ist, bis zum Ende der Welt reisen. Auch für Marlene oder dich.“

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Mo 13. Jun 2016, 18:25 
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Hendrik nahm das trüblich-gelbe Getränk von Alida entgegen und trank in kleinen Schlucken. Er hörte ihr aufmerksam zu. Als der entsprechende Moment kam unterbrach er die Tzimisce kurz. “Ich verspreche dir das ich niemandem etwas erzählen werde.” Dannach hing er wieder an ihren Lippen und seine Augen wurde immer größer als sie mit der Geschichte fortfuhr. Als sie mit ihrer Erzählung am Ende angekommen war, sagte er erst einmal eine ganze Weile nichts. Irgendwann entsprang seiner Kehle ein kurzes “Hm." Die Stille wurde beinahe unangenehm aber dann sprach er weiter. "Du liebst Meister Belinkov, nicht wahr? Hast du einmal darüber nachgedacht ihn zu heiraten?” Danach stand Hendrik auf und ging einmal mehr zur Tür. Irgendetwas schien ihn zu beschäftigen, aber er setzte ein tapferes Lächeln auf und drehte sich noch einmal zu ihr um. “Also hatte Mildred recht. Du bist einem Mann hinterher gerannt.” Er schien die Ernsthaftigkeit der Situation ein wenig auflockern zu wollen indem er es wie einen Witz klingen ließ, was Hendrik allerdings eher schlecht als recht gelang. Dann schien er schlagartig das Thema wechseln zu wollen. “Also sollen wir zu den Arbeitern gehen? Die wollen sicherlich auch irgendwann nach Hause.”
Alida grinste zurück. „Definitiv… männlich. Ja.“ Sie lachte. „Ich renne den ganzen Tag irgendwelchen Leuten hinterher: Familienmitgliedern, Händlern, unzufriedenen Kunden, fleißigen und faulen Arbeitern. Hm… Heiraten ist ein komisches Wort für jemanden, der…“ Sie suchte nach den richtigen Worten. „… so anders ist wie ich. Bis das der Tod euch scheidet mag mitunter eine ziemlich lange Zeit sein.“ Sie merkte, dass das Thema ihr ein merkwürdig beklemmendes Gefühl in der Magengrube verursachte. „Warum willst du das überhaupt wissen, Hendrik? Ist dir Heiraten so wichtig?“
"Nein." Er schien zu überlegen. "Aber wenn sich zwei Leute lieben dann heiraten sie für gewöhnlich, so wie Mama und Papa oder andere Familienmitglieder. Zumindest scheint es ja so." Hendrik sagte nichts mehr zu dem Thema, schien beinahe ein wenig verwirrt von Alidas Frage.
Alida nickte. „Meistens geschehen diese Dinge. Da hast du recht. Manchmal ist es ein wenig komplizierter.“ Sie kippte den Rest des Apfelsaftes hinunter und spürte das erfrischend gute und kurz danach das widerwärtig würgende Gefühl als sie schluckte. „Lass uns mal nachschauen, ob die Arbeiter was wissen.“ Sie erhob sich und wartete auf ihren Begleiter.
Hendrik nickte nur und folgte ihr dann nach draußen. Als Alida die Stube verließ hörte sie das immer noch im Lagerhaus gearbeitet wurde, wie sie es angeordnet hatte. Die frische, inzwischen schon kühle Nachtluft war von dem Geruch nach brennender Kohle erfüllt und ein Leuchten aus einer der Ecken zeigte ihr das ein Schmiedeofen angefeuert wurde um die Qualität des Erzes zu prüfen. Sie hatten vor Jahren entschieden, dass es sehr viel einfacher und billiger war bestimmte Werkzeuge und Metallteile für den täglichen Gebrauch im Kontor direkt vor Ort herzustellen, als sie auf dem Markt zu kaufen. Unter den Stimmen, die der frische Abendwind ihr entgegen trug, konnte sie eine ihr Bekannte ausmachen und zwar die von ihrem Vorarbeiter Andros. Sie sah ihn nur von hinten wie er einige Anweisungen gab und sich dann selber am großen Blasebalg betätigte. Er war noch immer der breitschultrige, muskulöse Mann, den sie damals kennengelernt hatte. Seitdem er in ihren Diensten stand, hatte er sich als zuverlässige Hilfe herausgestellt, dem Taten lieber waren als blumige Worte und der regelmäßig am glücklichsten schien wenn er mit seinen Händen arbeiten konnte. Als sie näher kam, sah sie bereits das er aufgrund der Anstrengung schwitzte, sie aber trotzdem mit einem Lächeln begrüßte als er sie erblickte. “Meine Arbeitgeberin beehrt mich zu so später Stunde auch wenn der Grund wenig erfreulich ist. Ich freue mich euch zu sehen, Alida van de Burse!” Er schien ihr die Hand geben zu wollen, überlegte es sich aber sofort anders als er auf seine rußgeschwärzten Finger blickte und begnügte sich mit einem kurzen Nicken. “Ich sehe ihr habt euch heute Verstärkung mitgebracht. Eine neue Generation von Händlern nehme ich an.” Er lächelte auch dem Jungen an ihrer Seite zu. “Wie genau kann ich euch weiterhelfen? Sehr viele Ergebnisse habe ich leider noch nicht.”

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Alida war erfreut den fähigen Mann zu sehen. Seit damals hatte sie es in keiner einzigen Nacht bereut den zuverlässigen Arbeiter und Mitglied der Augen von Brügge angestellt zu haben. Wenn einer die anderen zur Arbeit oder sonstigen sinnvollen Tätigkeiten motivieren konnte, dann er. „Habt ihr einen Moment, Andros?“ Sie deutete auf ein paar Kisten, die in wohl 10 Metern Entfernung an einer der Wände standen und die man als Sitzgelegenheit nutzen konnte.
Mit seinem Ärmel wischte er sich den Schweiß von der Stirn und nickte ihr zu. Er gab Anweisungen an einen der Lehrlinge den Blasebalg weiter zu betätigen und ging dann mit Alida in Richtung des von ihr vorgeschlagenen Ortes. Als sie an den Kisten angekommen waren ließ er sich auf einer nieder und streckte sich ein wenig um die von der körperlichen Arbeit beanspruchten Muskeln zu entspannen. Der Mann roch nach gesundem Schweiß und etwas Würzigem das entfernt an Nadelbäume erinnerte. Er schaute Alida ernst an. "Also was kann ich für euch tun?"
„Danke, dass ihr selbst so spät am Abend noch für uns zur Verfügung steht um diese unangenehme Sache zu klären.“ Sie deutete auf den Jungen an ihrer Seite. „Meinen Neffen Hendrik kennt ihr sicher?“ Sie fuhr mit der eigentlichen Thematik fort. „Brunhild ist eine Frau auf deren Wort ich vertraue. Wenn das Eisenerz schlechte Qualität hat, dann ist dem so. Wir haben uns die Bücher angeschaut und als die Lieferung in Bergen zum letzten Mal kontrolliert wurde, bescheinigte man ihr gute Qualität. Entweder da ist etwas falsch gelaufen oder man hat die Ware ausgetauscht… Und dann wäre die Frage zu klären ob die ganze Lieferung nicht in Ordnung war, nur Brunhilds Anteil oder ob das bereits seit mehreren Ladungen so geht und uns nur nichts aufgefallen ist… Habt ihr in all der Zeit irgendetwas gemerkt?“
"Es ist mir eine Freude, Hendrik." Andros schien mit seinen Gedanken allerdings schon beim eigentlichen Problem zu sein. Irgendwann schüttelte er einfach nur den Kopf. "Normalerweise verladen wir die Waren hier in Brügge ja nur. Alles was wir aus Übersee herbringen wird im Herkunftsland bewertet und verladen. Entweder von unseren eigenen Leuten wenn wir dort welche haben, oder eben von den vertrauten Handelspartnern, die wir dort haben. Mit den Lieferungen aus Bergen gab es noch nie Problem. Das Ganze wundert mich also ebenso." Der dunkelhaarige Mann legte zwei Finger an sein bärtiges Kinn und sprach dann weiter. "Das Problem wird wohl in Bergen liegen."
Alida nickte zustimmend, wandte jedoch ein. „Was lässt euch zu der Vermutung kommen?“
"Wenn das Schiffsmanifest sagt, dass das Erz eine herausragende Qualität hat, wir hier aber nur ein minderwertiges Produkt geliefert bekommen, dann ist das der logische Schluss." Er holte noch ein wenig weiter aus. "Das Produkt geht hier durch viel zu viele Hände um einfach so ausgetauscht zu werden, insbesondere wenn es sich um etwas mit so großer Masse handelt und nicht etwa um ein paar Bernsteine. Also wurde die Ware entweder in Bergen oder auf dem Weg hierher vertauscht oder euer Kontakt dort lügt, wenn es um den Zustand der Ware selbst geht, aber wie wahrscheinlich es ist, dass man versucht euch über‘s Ohr zu hauen? Das wisst ihr besser als ich."
Wieder folgte ein Nicken. „Wenn es tatsächlich so ist, wie ihr sagt Andros, und ihr wisst, ich vertraue euch komplett, dass ein Austausch der Ware hier quasi ausgeschlossen ist, dann ist die Sache für uns zwar unangenehm aber nicht zu ändern. Sagt mir bitte Bescheid, wenn die nächste Ladung aus Bergen eintrifft. Ich wirde mich dann persönlich mit ein paar fähigen Leuten von der Qualität der Waren überzeugen. Sollte sie nicht der quittierten Güte entsprechen, werden wir die Ware zurückschicken und Jorgen Kormak davon berichten, dass es offensichtlich Probleme in Bergen bei der Einschiffung der Produkte gibt und ihn bitten dafür Sorge zu tragen, dass solche Begebenheiten in Zukunft nicht mehr auftreten. Ansonsten werden mit ihm wohl neue Vereinbarungen treffen müssen.“
"Das klingt nach einem guten Plan." Er schaute sich im Kontor um. "Alles was hier rein und raus geht wird mehrfach geprüft, katalogisiert und überwacht. Die Lagerhäuser sind Tag und Nacht bewacht, alleine schon wegen Dieben und anderen, die euch schaden wollen." Er hob beide Hände. "Ich glaube wahrlich nicht, dass der Fehler hier liegt."
„Danke, Andros. Für die ganze Mühe, die euch das kostet. Wenn ihr fertig seid: Drin stehen noch Apfelmost, Saft und Wein für eure Leute und euch. Ich denk, das habt ihr euch heut mehr als verdient. Gebt mir bitte Bescheid, wenn ihr was Neues heraus finden solltet. Ich werd‘ in dieser Nacht noch einen Boten zu den Hauptabnehmern schicken und sie über die unguten Umstände informieren bevor noch schlechtes Gerede aufkommt und der Ruf des Handelshauses Schaden nimmt. Das können wir echt nicht gebrauchen.“ Sie erhob sich und streckte ihm dankbar die Rechte zum Abschied hin.
Er nahm ihre Hand und gab ihr einen kräftigen Händedruck, der ihre Hand schwarz hinterließ. "Habt Dank für eure Fürsorge. Die Arbeiter werden es in jedem Falle wertschätzen und ich werde euch sofort verständigen wenn ich mehr weiß." Er erhob sich und ging wieder in Richtung des Blasebalgs sobald er sich verabschiedet hatte. Hendrik schaute Alida mit wachen Augen an. "Dann gehen wir jetzt nach Hause? Können wir nicht mehr machen?" Er schien beinahe etwas enttäuscht.
Alida zuckte mit den Schultern. „Im Moment fällt mir keine kluge Sache ein, die wir in dieser Hinsicht noch unternehmen könnten. Dir vielleicht?“
Er schüttelte nur mit dem Kopf. "Nein. Ich vermute das ist eine von denen Situationen bei denen Geduld eine Tugend ist wie mein Lehrer immer so sagt."
Sie grinste. „Dann hat er dir ja wenigstens eine schlaue Sache beigebracht.“ Sie klopfte ihm auf den Rücken. „Na, dann, lass uns nach Hause gehen.“ Sie versuchte sich an den Glockenschlag der letzten halben Stunde zu erinnern und schützte die Zeit ab. „Wenn du Lust hast und Marlene nichts dagegen hat können wir ja noch bis elf Uhr etwas machen.“ Ihr Grinsen wurde breiter.
Sein Gesicht wurde sofort von einem breiten Grinsen erhellt. "Was hast du dir denn vorgestellt?"
Sie zuckte mit den Schultern. „Hm, das was ich immer so mache, wenn ich mich mal nicht um Handel, Wandel, nächtliche Angelegenheiten oder die Familie kümmern muss: Lesen, Bogen schießen, Übungen im Schwertkampf, Lesen, Schach spielen…“ fast entschuldigend fügte sie hinzu. „… aber dabei bin ich ja bei weitem nicht so gut wie du oder gewisse andere Familienmitglieder. Oder fällt dir was ein?“
"Ich hätte vielleicht eine Idee." Die Stimme des Jungen verriet eine gewisse Vorsicht. "Aber du musst versprechen, dass du nicht böse wirst. Es ist nichts Schlimmes und sicherlich in Ordnung, wenn du mitkommst." Er schaute nach links und rechts so als würde er belauscht werden. "Eigentlich ist es ein Geheimnis. Aber so wie du mir vertraut hast, vertraue ich dir jetzt. Du darfst es bitte trotzdem keinem erzählen, Alida."
Sie kreuzte die Finger. „Hoch und heilig versprochen.“
"Dann lass uns gehen. Wir sind im Übrigen gar nicht so weit weg." Er lachte verschwörerisch und schien sich gerade schelmisch über etwas zu freuen. Hendrik übernahm die Führung und ging mit Alida quer durch das alte Hafenviertel. Er schien sich zu ihrer Überraschung sehr gut hier auszukennen. Schließlich blieben sie vor einem recht schäbigen, windschiefen Haus stehen, welches gerade so zwischen seine beiden Nachbarhäuser gepresst zu sein schien. Keinerlei sichtbare Zeichen einer Wirtschaft oder dergleichen waren an dem Haus zu erkennen und wenn man noch genauer hinsah wirkte das ganze sogar ein wenig verdächtig. "Oh großartig, wir sind noch nicht zu spät; es hat noch gar nicht angefangen." Hendrik grinste über beide Backen.
Alida war es als würde sie von irgendwo her leise Musik wahrnehmen. Vielleicht eine Harfe? Aber genau konnte sie es nicht sagen.
Alida zog fragend eine Augenbraue in die Höhe. „Na, dann bin ich ja mal gespannt, was du so vorhast…“ Irgendwo in ihrem Inneren fragte sie sich, ob das wirklich eine so gute Idee gewesen war, aber wenn sie eines mittlerweile gelernt hatte, dann sich zu wehren. Und so schob sie den Zweifel zur Seite.
Hendrik klopfte an die Tür und zwar in einem ganz bestimmten Rhythmus wie Alida auffiel. Drei mal kurz und zwei mal lang. Dann öffnete sich eine Tür und eine alte Frau öffnete ohne weitere Fragen zu stellen und ließ sie eintreten. Der Junge griff Alidas Hand und führte sie zu einer Treppe, die nach unten führte. Während des Weges musste sie erheblich auf ihre Schritte acht geben, da das Geschoss lediglich von einer kleinen Kerze erleuchtet wurde. Glücklicherweise gab es keine Hindernisse in ihrem Weg. Schließlich erreichten sie nach ein paar wenigen Stufen den Keller, der ein wenig heller war und Alida sah das auf verschiedensten Stühlen, Kisten und schlecht zusammen gezimmerten Bänken Leute saßen. Einige hatten einige einfache Tonkrüge in den Händen und unterhielten sich leise, so als schienen sie auf etwas zu warten. Ein drahtiger Mann drückte ihr ungefragt einen Becher in die Hand ebenso wie Hendrik, der sich danach auf einer einfachen Kiste niederließ auf der eine grobe Decke lag. Er klopfte auf den freien Platz neben sich. “Komm, Alida, es geht gleich los.”

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Sie setzte sich nieder und nippte an dem Getränk. „Jetzt verrat mir doch bitte mal, wer dich hierher mitgenommen hat…“
Sie roch an ihrem Getränk und der erste Schluck enthüllte ihr auch was es war, nämlich Bier. Es war vielleicht ein wenig wässrig und kam bei weitem nicht an das berühmte Aldurbräu heran, aber es war trotzdem nicht der schlechteste Gerstensaft, den sie je gekostet hatte. Hendrik wollte gerade auf ihre Frage antworten, da gab es eine plötzliche Bewegung und ein junges Mädchen kam in den Raum, zusammen mit einer riesigen Harfe die sie schließlich vor sich auf den Boden stellte. Sie selbst nahm auf einem kleinen Schemel Platz und begann schließlich zu spielen und zu singen.



Das Mädchen hatte eine wunderschöne Stimme und schien ihr Instrument blind zu beherrschen. Etwas an ihrer Kunst war definitiv exotisch, wahrscheinlich Irisch wenn Alida sich nicht täuschte und die Texte ihrer Balladen wechselten manchmal zwischen Englisch und einer Sprache, die die Tzimisce nicht kannte. Inzwischen hatte die blonde Händlerin auch etwas Zeit sich umzuschauen. Die Gäste dieser Wirtschaft schienen aus den verschiedensten sozialen Schichten der Stadt zu stammen wie sie an der Kleidung erkennen konnte. Hendrik flüsterte ihr schließlich zu. “Ist das nicht schön?”

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Alida erkannte nach kurzem Nachdenken worum es sich bei diesem Ort handelte. Eine illegale Taverne, aller Wahrscheinlichkeit nach weil die Betreiber sich die Braurechte nicht leisten konnten oder die Gilden keinen Platz für einen weiteren Ort dieser Art in der Stadt sahen. Das erklärte in jedem Falle die Geheimnistuerei und die Lokalität.
Alida schwieg mit einem Lächeln und nickte. Sie nippte an dem Getränk und überlegte, wie schwerwiegend es wäre hier zu dieser Stunde aufgegriffen zu werden.
Alida wusste das ihr nichts passieren konnte. Sollte die Stadtwache genau in diesem Moment wirklich mit Pauken und Trompeten dieses kleine Zusammentreffen beenden würde sie einfach nach Hause geschickt werden. Die Betreiber waren es denen in diesem Fall eine saftige Strafe drohte. Was Hendrik anging würde es auch keine Probleme geben, immerhin konnte jeder mit seinen Kindern machen was er wollte.
Alida schwieg mit einem Lächeln und nickte Hendrik zu. „Wunderschön“, formten ihre Lippen verschwörerisch. Sie nippte an dem Getränk und lehnte sich zurück, schloss für einen Moment die Augen. Eines konnte sie schon mal festhalten: Wenigstens hatte ihr Neffe ‚Geschmack‘, auch wenn er sie nachts in illegale Tavernen entführte. Sie grinste und ließ ihren Blick kurz über die anderen Gesichter der Besucher wandern.
Sie kannte keines der Gesichter, auch wenn sie kurz meinte, ein Mitglied der Seidenwebergilde in der Ecke zu erkennen. Aber für ein genaues Urteil war es einfach zu dunkel. Die Musik dauerte sicherlich eine gute halbe Stunde bevor die Sängerin für eine kurze Pause unterbrach. Der 'Wirt' wenn man ihn so nennen konnte, nutzte die Gelegenheit um die Becher nachzufüllen während ein paar Besucher die Treppenstufen erklommen, wohl um den ohne Zweifel hier im Hafenviertel stinkigen Abort zu benutzen. Hendrik nippte an seinem Bier. "Gefällt es dir hier, Alida?"
Wieder folgte ein Nicken. „Absolut. Das ist ein toller Ort mit großartiger Musik.“ Ein kurzer Schatten legte sich auf ihre Züge, da ihr klar war, dass Hendrik sich wohl demnächst einen anderen Ort suchen musste an dem er Musik hören konnte, denn lang hielten sich diese illegalen Tavernen in den seltensten Fällen. „Verrätst du mir nun, wer dich hierher mitgenommen hat? Oder bleibt das geheim?“
“Nein das ist nicht geheim, aber Marlene sollte von all dem hier vielleicht trotzdem nichts wissen. Sie macht sich immer viel zu viele Sorgen um mich und ohne einen Erwachsenen würde ich hier nie herkommen. Ich weiß nämlich durchaus, dass das Hafenviertel gefährlich sein kann wenn man nicht aufpasst.” Hendrik trank noch einen Schluck von seinem Bier. “Leif hat mir diesen Ort hier gezeigt.” Er biss die Lippen aufeinander so als würde ihm gerade etwas auffallen. Dann seufzte er aber. “Ich habe mit ihm darüber gesprochen, dass ich manchmal wütend bin und dann hat er mich mit hierher genommen. Er meinte er kommt gerne hierher weil er auch manchmal wütend ist und die Musik ihm dabei hilft wieder glücklich zu sein.”
Alida sog tief und lang die warme Luft der Taverne ein und legte den Kopf an die Balken in ihrem Rücken. Sie schloss die Augen und tat mehrere langsame Atemzüge. Für einen Unbeteiligten mochte es so wirken als genieße sie die Atmosphäre. Dann blinzelte sie ihrem Neffen wieder zu. „Na, dann hat er hier auf jeden Fall ein gemütliches Plätzchen gefunden, denkst du nicht? Ausruhen und nachdenken kann man hier sicherlich sehr gut.“ Sie legte den Kopf fragend leicht schief. „Hm, fragt Leif Marlene denn oder sagst du, wohin du gehst?“
"Als das blonde Mädchen bei uns war, habe ich oft nicht zu Hause geschlafen, da konnte er Marlene gar nicht fragen. Außerdem hat sie viel mit Florine zu tun." In der Aussage des Jungen lag keine Bitterkeit, zumindest konnte Alida keine solche erkennen. Es schien sich lediglich um eine Information zu handeln. "Außerdem gehe ich auch immer mal zu Lucien um den Wolf zu streicheln, da weiß sie auch nicht immer drüber Bescheid." Alida war gut in Verhandlungen und ihr entging nicht das Hendrik ihrer eigentlichen Frage auswich.
Alida lächelte nach wie vor. „Das interpretier ich jetzt mal als ‚nein‘. Das mit Lucien kannst du schwer vergleichen, oder? Er wohnt euch direkt gegenüber, keine zehn Meter entfernt…“ Sie schwieg wieder einige Augenblicke. „Wenn’s für dich in Ordnung ist, werd‘ ich mal mit Leif reden. Wenn er dich tatsächlich mitnehmen will…“ Wieder vergingen einige nachdenkliche Sekunden. „… dann sollte er Marlene Bescheid geben, damit sie sich keine Sorgen macht. Und wir wissen, dass du mit vernünftigen Leuten unterwegs bist.“ Oh ja, sie musste mit Leif reden…
Hendrik druckste ein wenig herum und er musste sich offensichtlich durchringen die nächsten Worte zu sprechen. "Ich habe ihm gegenüber vielleicht erwähnt, dass Marlene damit einverstanden ist..." Der Junge schaute sie nicht direkt an, sondern lediglich auf seine Hände.

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Alida musste sich bemühen das Lachen zu unterdrücken. „Ja, das kann ich mir vorstellen. Pass auf, Hendrik: Das hier ist ein toller Ort und ich denke, wir können Marlene sicher dazu überreden dich öfter mal hierhergehen zu lassen. Vielleicht nimmst du sie oder Lucien, mich oder Leif ja auch mal mit. Aber nichts sagen macht’s für alle etwas schwierig. Stell dir vor, du schleichst um Mitternacht wieder nach Hause und alle sind weg: Kein Jean, keine Marlene, Florine ist weg. Und du läufst rum und keiner von den dreien taucht wieder auf. Wie wär‘ das?“ Sie wollte den Jungen nicht erschrecken und wusste auch so, dass er sie verstand. „Du hast hier einen echt tollen Ort entdeckt." Sie fasste ihn unter dem Kinn, hob seinen Kopf an, so dass sie ihm in die Augen sehen konnte und nickte aufmunternd. "Vielen Dank, dass du mich mitgenommen hast. Und für dein Vertrauen. Ich habe dir versprochen: Wenn du das willst, ist dein Geheimnis bei mir sicher und rede mit niemandem darüber. Du kannst dich auf mich verlassen!“ Erneut kreuzte sie die Finger um den Schwur zu wiederholen.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Di 14. Jun 2016, 10:52 
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Hendrik kaute auf seiner Lippe. Er wusste ganz offensichtlich nicht was jetzt die richtige Entscheidung war und das war es auch was er jetzt zu Alida sagte. "Ich weiß nicht genau. Wahrscheinlich sollten wir es Marlene sagen damit sie sich keine Sorgen macht, aber vielleicht kannst du mit ihr reden das sie mir weiterhin erlaubt hierher zu gehen?" Es war eine Frage genauso wie eine Bitte die aus dem Mund des Jungen kam. Schließlich nippte er noch einmal an seinem Getränk. "Es wäre sehr traurig wenn ich nicht mehr hierher kommen könnte und ich bin ja auch noch nie alleine hierher gegangen." Inzwischen ging der Wirt durch die Reihen um mit einem kleinen Körbchen zu klimpern. Alida sah das die meisten Gäste eine Münze oder zwei hinein legten. Offenbar bezahlte hier jeder was er für richtig hielt oder bezahlen konnte.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Di 14. Jun 2016, 15:01 
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Alida suchte in den Falten ihres Rockes nach der Börse und förderte mehrere Münzen hinaus, die sie Hendrik in die Hand drückte, damit er sie dem Wirt in den Korb legen konnte. Erneut griff sie nach dem Krug mit Bier und nahm einen tiefen Schluck. „Wir reden mit Marlene und ich bin mir recht sicher, dass du noch oft hierherkommen kannst.“ ‚Sofern diese Taverne den Augen der Obrigkeit entgeht‘ fügte sie in Gedanken hinzu. „Marlene freut sich, wenn sie weiß wo und mit wem du unterwegs bist. …Und vielleicht noch darüber, wenn es nicht gar zu spät wird…“ Sie grinste. „Wenn du nichts dagegen hast, komm ich gern wieder mit.“

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Mi 15. Jun 2016, 14:45 
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Hendrik legte vorsichtig die Münzen in den kleinen Korb die er von Alida erhalten hatte und nickte dann. "Ja wahrscheinlich hast du recht." Er stand plötzlich auf und lächelte verhalten. "Sollen wir nach Hause gehen? Es wird in der Tat schon spät und wenn wir jetzt gehen stören wir später die Musik nicht." Mit einem letzten Schluck aus seinem Becher, aus dem kaum etwas fehlte erhob sich Hendrik.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Di 21. Jun 2016, 18:46 
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Es dauerte nur wenige Tage bis ein etwas vergilbtes, abgenutztes Dokument bei Leif abgegeben wurde. In einer festen, ordentlichen Schrift erging eine Einladung, die mit den etwas steifen, fast gemalten Strichen, die den Namen Hendrik erkennen ließen, unterzeichnet waren.

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Dem Heiler wurde bereits nach kurzem Nachfragen im Kreis seiner Familie klar, dass auch Karl eine Einladung erhalten hatte und sogar an Erik, Brunhild und Thyra hatte man ein Dokument geschickt.
Ganz offensichtlich handelte es sich nicht um einen schlechten Scherz, sondern um die seltsamen Launen eines fast achtjährigen Jungen.

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"Alea iacta est." oder "Die Würfel sind gefallen." - Lateinisches Sprichwort


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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Do 23. Jun 2016, 21:59 
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Registriert: Mi 17. Jun 2009, 20:52
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Leif hatte sich dazu entschlossen zu kommen. Selbst Brunhild und Erik hatten sich bereit erklärt dem Jungen die Freude zu machen, sich den Abend frei zu nehmen und zu erscheinen.
Er wusste, dass auch Karl und Balduin als Teil der Familie eingeladen waren und dort sein würden.
Es war noch früher Abend als die Festlichkeiten beginnen sollten und ein wenig von der zurückgelassenen Helligkeit und Wärme des Tages hing noch an den schindel- oder schiefergedeckten Dächern der Häuser, zwischen den einfachen und prunkvollen Torbögen, flimmerte über die dunkelblauen Kanäle und kämpfte gegen die heranbrechende Nacht.
Am Tor an der kleinen Brücke, die zum Anwesen der van de Burse führte, ließ man Leif und seine Begleitung dieses Mal ohne langen Aufhebens passieren und eine Küchenmagd, die gerade einen Korb Äpfel ins Innere des Hauses trug, deutete nach hinten in Richtung Garten. „Da drauße is‘ s Fest, die Herrschafte‘“



Sie nickte den Hereingetretenen ein Mal zu und verschwand dann durch eine Tür, bei deren Öffnen sofort angenehme Gerüche den Hausgang durchfluteten. Leif roch so etwas wie deftigen Rübeneintopf, würziges, gebratenes Fleisch, etwas, das vielleicht mal Äpfel in Sahnesoße werden sollte, knuspriges Brot und süßen Kuchen.
Der Garten war prächtig geschmückt. Zwischen den Zweigen der hohen Apfelbäume hatte man Lampions aufgehängt, die alles in behagliches orangenes Licht tauchten, an manchen Stellen waren kleine Feuerstellen aufgebaut, auf bunt gedeckten Tischen häuften sich Speisen und Getränke.

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Leif konnte überall fremde und flüchtig bekannte Gesichter erkennen. Überwiegend waren es Mitglieder der Familie van de Burse, die beieinanderstanden, aßen, den neuesten Klatsch und Tratsch austauschten, dann und wann doch nicht aus ihrem Element kamen und das Gespräch wieder auf die letzten Handelsrouten und -geschäfte lenkten. Es wurde sich auf die Schultern geklopft und ordentlich dem vor mehreren Wochen angesetzten Kirschwein zugesprochen, wie Leif an den geröteten Gesichtern und dem deftigen Lachen erkennen konnte.
Der Heiler bemerkte Alida, die neben Marlene stand und etwas besprach, Jean, der ein Fass zu einem Tisch umfunktionierte, Lucien, der ihm dabei half und immer wieder sehsüchtige Blicke in Richtung mehrere schäumender Bierhumpen warf, Georg, der ein paar Knechten Anweisungen gab, Balduin, Karl.
Leif erblickte jede Menge Kinder, die miteinander durch die Hecken tollten, Fangen und Verstecken spielten und dabei ausgelassen kreischten. Keines davon war Hendrik, da war er sich sicher. Er entdeckte den Jungen schließlich in hundert Meter Entfernung in der Nähe eines kleinen Kiesweges, der zur Koppel führte. Er saß neben einem jungen, dunkelhaarigen Mann auf einem Zaun, fütterte ein paar Pferde mit Äpfeln und schien an dem ganzen Treiben nicht wirklich teil zu haben. Leif bemerkte sofort, dass der Ältere versuchte den Knaben aufzumuntern und sein Lachen hatte etwas, das zum Einstimmen einlud. Als hätte der Junge Leifs Anwesenheit bemerkt wandte er sich um und sah die Neuankömmlinge an. Er erwiderte noch eine Bemerkung seines Gesprächspartners, dann hüpfte er vom Zaun und kam mit eiligen Schritten auf sie zu. Hendrik blieb vor Leif stehen und strahlte übers ganze Gesicht.
„Ihr seid wirklich da?“ Kurz kaute er auf seiner Unterlippe. „Marlene hat gesagt, dass Ihr vielleicht nicht kommen könnt. Weil ihr wichtige Leute seid und viel zu tun habt.“

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Leif ließ die Szenerie auf sich wirken und konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen als er Hendrik, den Mittelpunkt des Geschehens erkannte, der sich dem ganzen Trubel entziehen zu schien. Das war in der Tat Hendrik, wie er ihn kennen gelernt hatte, und noch bevor er sich einen der anderen Anwesenden begrüßte ging er in die Richtung der Hauptperson des Abends.
“Hallo Hendrik.” Leif lächelte dem Jungen breit zu und ging ihm entgegen. “Ich wünsche dir alles Gute zum Namenstag. Wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich denken, dass dies schon dein zwölfter Sommer ist und nicht erst dein achter.” Er schüttelte ihm die Hand und legte ihm einen Arm auf die Schulter. Leif mochte Kinder, insbesondere, wenn sie Geduld und Interesse zeigte, so wie Hendrik und noch vor kurzer Zeit hätte er jedem, der ihm gesagt hätte, er würde freiwillig das Anwesen der Familie van de Burse für einen Kindergeburtstag besuchen, eine schwere Geistesstörung attestiert. Nun es kommt immer anders als man denkt, dachte sich der Salubri. Schließlich ging er auf die Aussage des Jungen ein. “Weißt du Hendrik, ich würde mir deinen Namenstag doch nicht entgehen lassen, wenn ich es irgendwie verhindern kann. So wichtig kann man gar nicht sein.” Leif lachte kurz. ”Ich hoffe dir gefällt die Feier. Aber kommen wir zum wichtigen Teil. Willst du dein Geschenk haben?”
Das Strahlen des Jungen wurde noch breiter als Leif verkündete, dass es ihm wichtig gewesen war, persönlich zu kommen. Die Worte schienen dem Knaben wirklich etwas zu bedeuten. Etwas ruhiger fügte er ein leises „Danke“ hinzu und begrüßte dann auch Brunhild und Erik. Karl hatte die beiden offensichtlich ebenfalls erspäht, kam mit breiten Schritten auf alle zu und führte den blonden Mann und seine Ziehmutter nachdem ein paar freundliche Begrüßungsfloskeln ausgetauscht worden waren, zu einem der Tische an dem er zuvor bereits Platz genommen hatte. Offensichtlich war es ihm wichtig, dass sie einen entfernten Verwandten, ebenfalls Schmied, kennen lernen konnten, der nur noch kurz verweilen konnte. Für weitere Gespräche würde später noch Zeit sein.
Leif war mit Hendrik allein. „Vielen Dank, dass ihr mir ein Geschenk mitgebracht habt.“ Mit der für das Alter typischen Neugierig schielte der Junge auf den Mantel des Heilers.
Inzwischen hatten auch Brunhild und Erik zu den beiden aufgeschlossen und gratulierten Hendrik ebenso zu seinem Ehrentag. Die Nordfrau hatte die langen blonden Haare zu einer kunstvollen Frisur geflochten und trug einen blutroten Mantel mit Fellbesatz, der noch immer in einer kräftigen Farbe strahlte, auch wenn offensichtlich war, dass er schon bessere Tage gesehen hatte.

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Erik wirkte dagegen wie ein direkter Gegenpol mit dem braunen Lederwams, sowie seinen kurzen Haaren und das obwohl sich die beiden so ähnlich waren.
“Danke für die Einladung”, sagte Erik mit seiner melodischen Stimme und dem nordischen Akzent, der noch immer sein Flandrisch begleitete. “Ich freue mich dich wieder zu sehen, Hendrik.” Brunhild überreichte dem Jungen ein kleines Paket, Erik ihm ein sehr viel Größeres und dann verschwanden beide auch schon wieder mit Karl. Brunhilds Gesicht verriet, dass andere Schmiede ihr in letzter Zeit nicht die liebste Gesellschaft waren, setzte aber trotzdem offensichtlich um Karl einen Gefallen zu tun, eine freundliche und interessierte Miene auf. Leif sah schließlich die Blicke des Jungen als sie alleine waren und zog einen langen Holzzylinder unter seinem Mantel hervor und grinste breit. “Also Hendrik, welches Geschenk willst du zuerst aufmachen?”
Der Junge wirkte überrumpelt über so viele Gaben, die man ihm anscheinend vermachen wollte. Er sah zu dem Heiler hinauf. „Welches soll ich denn eurer Meinung nach zuerst aufmachen?“
Leif lachte. "Das ist ganz egal." Der Salubri schloss demonstrativ die Augen und griff in den kleinen Haufen, nur um aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz das kleinste Päckchen zu greifen, welches in ein einfaches, ungefärbtes Stück Leinen gewickelt war. Zum Vorschein kam schließlich ein kleiner Anhänger.

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Leif erklärte schließlich dessen Bedeutung zu dem Jungen. “Das Hendrik, ist ein Glückssymbol aus Brunhilds, Eriks und meiner Heimat. Es ist das Abbild von Mjölnir, der Hammer des Gottes Thor. Eine mächtige Waffe.” Leif schmunzelte kurz. “Aber wenn dich irgendjemand fragt, dann kannst du auch immer behaupten, dass es sich um ein ganz normales Kreuz handelt´, welches nur ein wenig aus der Form geraten. Dann weißt nämlich nur du und ein paar wenige Andere, was es wirklich bedeutet.” Leif griff schließlich zu dem größten Paket, das in den identischen Stoff gehüllt war und nachdem Hendrik die Umhüllung öffnete kam eine kleine Harfe aus Holz zum Vorschein.

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“Die ist von Erik. Er sagt immer, dass Musik eines der schönsten Dinge ist, die uns Menschen geschenkt wurden und er meinte da du ja so viel Interesse an Musik gezeigt hast, ist dies eine perfekte Gabe für dich.” Das Instrument war einfach und weit davon entfernt etwas Außergewöhnliches zu sein, aber es war in jedem Falle perfekt um ein paar Grundlagen zu erlernen. Beide wussten, dass Erik es war, der die kleine illegale Taverne mit der irischen Harfenspielerin zuerst entdeckt hatte und sie gingen dort gelegentlich zusammen hin, wenn Zeit und Umstände es erlaubten. Das letzte Geschenk, aus dem Holzzylinder befreit, war eine große Pergamentrolle auf der Landmassen, Meere, Flüsse und Städte eingezeichnet waren. “Das, mein lieber Hendrik, ist mein Geschenk. Ich weiß ja, wie sehr dich die Welt interessiert, aber es wird sicherlich auch noch eine Weile dauern bis du sie selber bereisen kannst. Deshalb dachte ich, wenn du nicht in die Welt kannst, dann bringe ich die Welt einfach zu dir.” Leif öffnete die Karte ganz und beschwerte die Enden jeweils mit leeren Tonkrügen. “Ein arabischer Gelehrter hat diese Karte gefertigt als er am Hofe eines französischen Königs gedient hat und ich dachte, wenn dich mal wieder die ewige Neugier packt dann kannst du sie hiermit ein wenig stillen.”

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Hendrik war der Mund offen stehen geblieben angesichts dieser Geschenke. Fast andächtig, als handle es sich um heilige Reliquien fuhr er mit den Fingerspitzen über den kleinen Hammer, das gleichmäßige, fein polierte Holz und die feinen, sofort sanft schwingenden Saiten der Harfe. Er lauschte dem kaum hörbaren Klang, betrachtete den Anhänger noch einen Moment, nickte dann fast wie zu sich selbst und hängte sich das Kleinod um den Hals. Dann berührte er das dritte Geschenk und seine Augen wanderten über die blauen Meere, die rundlichen Seen, Städte und Länder.
„Das ist wunderschön.“ Er sah zu Leif hoch und strahlte. „Da ist London… und das da unten muss Genua sein.“ Begeistert zeigte er auf eine kleine Stadt. „Hier sind wir! Brügge!“ Er lachte leise. „Leif? Wo ist der Osten?“ Seine Augen suchten grübelnd die Karte ab.
Leif freute sich ehrlich, dass Hendrik die Geschenke so gut gefielen. "Das kommt ganz darauf an, welchen Osten du meinst." Leif fuhr über einen Teil der Karte, der offensichtlich noch auf dem europäischen Kontinent lag. “Wenn wir normalerweise über den Osten sprechen, dann meinen wir dieses Gebiet hier.” Er kreiste eine kleine Fläche ein. “Alles was zwischen den Karpaten, dem Schwarzen Meer aber immer noch nördlich vom Land der Griechen liegt.” Dann fuhren seine bleichen Finger aber weiter über die Karte. “Aber da hört der Osten noch nicht auf. Denn wenn du weiter gehen willst, kommst du in das Heilige Land mit der legendären Stadt Jerusalem und von dort erreichst du die arabischen Halbinsel, wo das sagenhafte Babylon liegt. Und danach, wenn du noch nicht müde bist, kannst du der Seidenstraße folgen. Ein ewig langer Handelsweg, der erst nach Indien, einem Land mit tausend Göttern und tausend Königen führt und von dort weiter nach China, einem großen wundervollen Reich in dem Wissenschaft, Glaube und Handel Hand in Hand gehen und durch diese Zusammenarbeit ständig neue Wunder geboren werden.” Schließlich hatte Leif seine Hände bis dahin bewegt wo die Karte aufhörte. “Du siehst also Hendrik die Welt ist groß und du hast auch später noch eine Menge zu entdecken.”
Hendrik folgte Leif während er seine imaginäre Reise unternahm mit den Augen und schien sich all die Orte von denen der Nordmann sprach vorzustellen. „Die Reise nach Genua hat damals so viele Tage und Nächte gedauert. Wie viele Jahre muss es dauern bis man da angekommen ist…?“ Sein Zeigefinger wanderte zum östlichsten Teil der Karte. Wieder folgte ein nachdenkliches Nicken. „Die Welt ist sooo groß.“ Schließlich verweilte sein Blick wieder einige Zeit auf dem Gebiet, das Leif als ‚Osten‘ beschrieben hatte.
Er sah zu Leif auf. „Ich finde es toll, dass ihr auch hier seid. Hier sind so heute viele Leute und einige kenne ich nicht mal.“
"Die Welt ist in der Tat groß, Hendrik. Aber lass mich dir ein Geheimnis verraten." Leif kam ein wenig näher. "Ich würde es gar nicht anders haben wollen, denn dann würde es doch nur langweilig werden." Leif zwinkerte dem Gastgeber zu und erhob sich. "Es ist dein Geburtstag Hendrik. Wenn hier jemand ist, den du nicht kennst, könntest du dich selber vorstellen. Immerhin bist du der Gastgeber und niemand würde Anstoß daran nehmen. Aber darf ich dir eine Frage stellen? Wenn du die Leute nicht kennst, warum hast du die denn dann eingeladen?" Leif wartete die Antwort des Jungen ab und fuhr dann fort. "Gibt es etwas das du heute noch machen willst? Immerhin ist es dein Namenstag. Oder hast du schon alles was du heute willst?" Leif lächelte Hendrik ermutigend zu.
Die Antwort war schnell gegeben. „Ich habe alle Leute, die mir wichtig sind selbst eingeladen. Mein Freund Konstantin hat die Einladungen für mich geschrieben. Er ist schneller beim Schreiben. Die anderen Leute sind alle Teil der Familie. Die kommen quasi von selbst. Das gehört sich anscheinend so. Alida hat gesagt, Familie kann man sich nicht aussuchen. Sie meint Familie ist wie ein Baum. Alle wachsen wie Zweige in unterschiedliche Richtungen, aber die Wurzeln halten zusammen.“ Der Junge sah zu Marlene, Jean, Lucien, Georg, dann zu den spielenden Kindern. „Viele von den Kindern mag ich nicht wirklich leiden. Marlene und auch Alida haben aber gemeint, dass nicht alle gemein sind und ich sie mal kennen lernen sollte. Keine Ahnung.“ Der Junge schien zu misstrauisch und zu skeptisch um diese Option wirklich ernsthaft in Betracht zu ziehen.
Das war wirklich der Hendrik den Leif kannte. Er lachte noch immer. "Deine Tante Alida hat sehr recht mit dem was sie sagt und du solltest nie vergessen, dass sie auch immer nur das Beste für dich will." Leif schaute zu der Tzimisce. "Aber darf ich dir noch ein Geheimnis verraten? Du musst auch nicht jeden mögen. Ich mag ganz sicher nicht jeden." Leif zwinkerte ihm wieder zu. "Aber du solltest zumindest jedem eine Chance geben. Ich meine, wie kannst du sonst herausfinden, ob du den anderen magst oder ob er wenigstens etwas Interessantes zu erzählen hat?"
Hendrik biss nachdenklich die Lippen aufeinander und nickte dann.
„Guten Abend, Leif.“ Die Stimme, die er zu seiner Linken vernehmen konnte, war ihm mehr als bekannt: Alida. Die Frau war fast unbemerkt herangetreten und stand nun in direkter Nähe.

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Sie lächelte den dunkelblonden Jungen an. „Hendrik? Kannst du uns einen Gefallen tun? Florine ist verschwunden und Marlene muss sie suchen gehen. Hilfst du ein bisschen? Du weißt eher wo hier im Garten sie am liebsten spielt, oder?“
Hendrik sah entschuldigend zu Leif, nickte dann eifrig in die Richtung seiner ‚Tante‘. „Ich denk, ich weiß wo sie ist. Beim Pferd…“
"Wir sehen uns später, Hendrik. Hilf Florine zu suchen. Das ist im Moment wichtiger." Er nickte dem Jungen ernst und ermutigend zu. Sobald er mit Alida alleine war begrüßte er die Kainitin. "Guten Abend Alida. Danke für die Einladung. Es ist eine wirklich schöne Feier." Leif verhielt sich neutral und vorsichtig. Er hatte keine Ahnung wie überrascht Alida wahrscheinlich war ihn hier zu sehen, aber er würde es sicherlich gleich herausfinden.
Sie lachte kurz auf. „Die Einladung kam von Hendrik ganz persönlich. Er hat es sich in den Kopf gesetzt die wirklich wichtigen selbst einzuladen und dazu einen Freund angeheuert. Ich glaub zwei Nächte haben sie gebraucht bis das Pergament sauber geschabt war, sie alles verfasst und dann bei den jeweiligen Leuten abgegeben hatten.“ Sie sah dem Jungen hinterher, der durch die Reihen der Besucher hastete ohne irgendwo anzurempeln. „Gehst du ein paar Schritte mit mir?“
Sie wartete kurz, damit Leif ihr folgen konnte und ging dann über einen der Kieswege in die Nähe eines kleinen Brunnens. Auf einem Tisch war ein Fass deponiert, dessen Öffnung auf den ersten Blick kaputt und fest verschlossen war. Alida betätigte ein paar spezielle Mechanismen, ein schnappendes Geräusch war zu vernehmen und goss dann die dunkelrote Flüssigkeit in zwei tönerne Krüge. Einen davon reichte sie an Leif weiter. „Abfüllung aus den frühen Morgenstunden. Ein Lehrling, der zu faul zum Arbeiten war und krank gespielt hat… Sein Meister hat ihn ins Hospital geschickt, wo Balduin ihn zur Ader ließ. Danach durfte der Junge nach Hause und sich auskurieren.“ Sie grinste breit und nahm einen Schluck.
"Ein interessantes System." Leif nickte anerkennend und nahm einen tiefen Schluck von der dunkelroten Flüssigkeit. "Aber trotzdem der alte Trick. Man könnte meinen, wir haben das Hospital nur dafür gegründet." Der Salubri nahm einen weiteren Schluck. "Also Alida wie kann ich dir helfen? Du lädst mich doch nicht nur auf ein so nettes Getränk ein um die Aussicht zu genießen." Er schaute Alida interessiert zu während er weiter mit offensichtlichen Wohlwollen an seinem Krug nippte.
„Wie? Kein netter gemütlicher Plausch im Garten unter alten Freunden? Ein Gläschen Rotwein… äh… oder ähnliches… warmer Sommerabend, Grillfeuer… Familie und Freunde versammelt… Was wäre so schlecht daran diese Aussicht zu genießen und dabei zu verkünden, dass das Hospital und der Aderlass eine durchwegs gute Erfindung waren?“ Wieder folgte ein Schmunzeln.
"In der Tat." Leif lachte. "Dann lass uns doch einfach die Aussicht genießen." Er schaute über den ausladenden Garten. "Es ist wirklich schön hier."
„Ist es das? Ich hatte immer den Eindruck, dass es dir hier etwas überbevölkert ist. Zu viel Familienmitglieder…“ Sie ließ den Blick über die Menge schweifen und nickte dann bestätigend zu ihren eigenen Worten. „Heute sind es wirklich etwas viele…“
"Leute und Landschaft haben selten etwas miteinander zu tun." Er ließ den Blick weiter schweifen. "Aber solange Hendrik Spaß hat, ist es ja auch egal was seine Gäste denken."
Sie sah ihn schräg von der Seite an. Beide wussten sie ganz genau, dass Hendrik bisher an diesem Abend nur wenig Spaß gehabt hatte. Alida nahm einen weiteren Schluck und entschied sich dazu das Gespräch über Belanglosigkeiten zu beenden. Sie schienen beide nur mäßig dafür geeignet. „Hendrik hat mir erzählt, dass du ihm vor ein paar Monaten, in der Zeit, als ihr die Verwandte von Brunhild hier gepflegt habt viele Geschichten erzählt hast. Du gehst mit ihm in abgelegene Hafenkneipen und es ist mehr als offensichtlich, dass der Junge einen Narren an die gefressen hat.“ Sie schwieg eine ganze Weile. „Warum, Leif?“
Ohne besondere Befriedigung erkannte Leif an, dass sie den eigentlichen Grund des Gesprächs erreicht hatten. "Wenn du eine ehrliche Antwort haben willst, und das ist das was ich denke ... Dann habe ich das getan, weil ich Hendrik mag. Er ist ein intelligenter Junge mit einer ganzen Menge von Fragen, Einfällen und Meinungen und das obwohl er so jung ist." Leif stellte seinen Becher beiseite. "Ich hatte das Gefühl, dass ich ihm zumindest auf ein paar dieser Fragen antworten konnte. Am Anfang habe ich es aus Langeweile getan, inzwischen tue ich es aus Zuneigung." Leif schaue Alida das erste Mal an diesem Abend direkt an. Gespannt, ob der die Dinge die noch kommen mochten.
Sie sah skeptisch in seine Richtung und der Blick ähnelte dem von Hendrik beim Gespräch über die anderen Kinder. „Du, Leif Thorson, hast Freude daran einem achtjährigen Jungen ‚die Welt zu erklären‘?“
"Ich mochte Kinder immer, Alida. Ob du mir das glauben willst oder nicht." Leif schien über etwas nachzudenken. "Kinder sind etwas Wunderbares und etwas das einem jedes Mal wieder eine ganz neue Perspektive auf die Welt gibt . Sie geben dir etwa zurück, wenn du ihnen die Welt erklärst - und sei es nur das sie dir zuhören. Das tun alle anderen nicht." Leif seufzte. "Aber genug davon. Ich denke, du hast etwas dazu zu sagen. Ich vermute ich soll Hendrik in Zukunft meiden?"

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Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


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