Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Sa 25. Jun 2016, 11:39 
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Alida musterte ihn lang und schüttelte dann den Kopf. „Ich habe kein Recht dazu irgendjemand vorzuschreiben oder zu empfehlen mit wem oder mit wem nicht er sich zu treffen hat…“ Sie sah zu dem dunklen Wasser des kleinen Brunnens und ließ einige Zeit verstreichen bevor sie antwortet. „Aber Hendrik ist mir wichtig. Ich will nicht, dass irgendjemand ihn ausnutzt, er für kleine Experimente herhalten darf um herauszufinden, wie Wiedergänger sich von gewöhnlichen Ghulen unterscheiden, was von einem Monster tatsächlich in ihm steckt oder was weiß ich nicht alles. Ich will nicht, dass ihm irgendjemand weh tut wenn ich‘s hätte vorhersehen und verhindern können. Triff dich mit ihm, wenn du möchtest. Wenn irgendjemand sich tatsächlich daran machen sollte meine Befürchtungen irgendwann in die Tat umzusetzen, dann sollte er sich wünschen sich möglichst weit von mir entfernt aufzuhalten.“ Ihre Augen funkelten mit heftiger, grimmiger Entschlossenheit.

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Verfasst: Sa 25. Jun 2016, 11:39 


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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Sa 25. Jun 2016, 12:27 
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Der Salubri lauschte Alidas Worten und während sie sprach weiteten sich seine Augen und er presste die Lippen aufeinander. "Bei den Göttern." Er flüsterte fast und wich einen Schritt von ihr zurück und verschränkte die Arme. "Wofür hältst du mich eigentlich Alida? Ich hätte nicht wenig Lust zu gehen, aber zum einen wäre das Hendrik gegenüber nicht fair und zum anderen ist das eher dein Spezialgebiet wenn es mal ungemütlich wird." Er konnte diesen Seitenhieb einfach nicht unterdrücken, als er an ihr letztes Gespräch zurückdachte das ähnlich angefangen hatte, auch wenn er ihn sofort bereute nachdem die Worte seinen Mund verlassen hatten. Jetzt war es aber zu spät sie zurück zu nehmen. Leif schwieg eine ganze Weile bis es unangenehm wurde. Dann erhob er noch einmal seine Stimme. "Weißt Alida ich habe weder die Energie, noch die Verbündeten und schon gar nicht die Mittel irgendeinen Kleinkrieg mit dir anzufangen. Was aber noch viel wichtiger ist, ist das ich auch absolut keinen Willen dazu. Ich verstehe weder deine Paranoia noch die Gründe die dich auf den Gedanken bringen würden das ich Hendrik auf einen Tisch legen möchte um ihn aufzuschneiden." Er schüttelte ungläubig mit dem Kopf. "Ich möchte auch gar nicht weiter damit auseinander setzen, denn ich vermute dass es das es hier gar nicht um Hendrik geht, nicht wahr? Es geht wieder mal um Balduin und all die Dinge bei denen wir nicht einer Meinung waren in all den Jahren. Hast du eigentlich je erkannt, dass du am allem was dem armen Kerl passiert ist eine Mitverantwortung trägst? Du hast ihn mir damals aufgedrückt und wolltest das ich ihn zum Heiler ausbilde. Genau das habe ich gemacht nicht mehr und auch nicht weniger." Leif lachte kurz und abgebrochen. "Mit der Gefahr das das jetzt unromantisch klingt, aber ich wollte damals nichts weiter als dein Geld. Balduin war für mich nichts weiter ein notwendiges Übel um das Hospital bauen zu können. Ein Teil des Geschäftes, des Vertrages eben. Ich vermute du verstehst den Vergleich besser als jeder andere Alida. Nicht ich habe Balduin der Welt der Dunkelheit ausgesetzt. Das warst du schon zuvor wie du jeden in deiner Familie mit unserer Welt in Berührung bringst ob du willst oder nicht. Dafür reicht deine simple Existenz. Alle machen Fehler, insbesondere wenn es um unsere Welt geht wo Lüge, Verrat und Gefahr hinter jeder Ecke lauern. Du genauso wie ich und auch Balduin haben deswegen Fehler begangen. Insbesondere in unseren Erwartungen und im Umgang miteinander, aber die Zeit lässt sich nicht mehr zurück drehen. Alles was wir tun können ist diese Fehler zu verzeihen und auch wenn ich nicht damit rechne das du je Frieden mit mir schließen willst, solltest du es vielleicht mal mit Balduin tun. Damit meine ich nicht ihn zu tolerieren wenn er hier und dort auftaucht weil du das musst wenn man an deinen Ethos Familie, Ehre, Pflicht denkt. Sondern ihm wirklich verzeihst. Er hat es sich nämlich verdient, denn auch als er ganz unten war hat er sich immer wieder gefangen und seiner Verantwortung gestellt und das bewundere ich an ihm. Es ist einfach stark zu sein wenn man alles hat und keine Sorgen oder Ängste die Seele belasten. Aber wahre Stärke wird erst dann offensichtlich, wenn man alles verloren hat. Wenn man trotz allen Widrigkeiten wieder aufsteht und weiterkämpft, manchmal und insbesondere auch wenn man nicht weiß wie es wirklich weitergehen wird und genau das hat Balduin getan." Leif wirkte im Gegensatz zu Alida nicht grimm oder heftig, sondern eher müde und gefasst was an sich schon ungewöhnlich für den leicht aufbrausenden Salubri war.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Sa 25. Jun 2016, 18:19 
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Alida schwieg zu Leifs Worten. Mehrere Minuten sagte sie nichts und Leif konnte mit seinen geschärften Sinnen die leisen Atemzüge hören mit denen die Tsimisce ein- und ausatmete. Irgendwo war in einiger Entfernung Kinderlachen zu vernehmen, irgendwo in der Nähe des Buffets packte jemand Fidel und Flöte aus und mehrere Festbesuchter begannen mehr schlecht als recht zu der schiefen aber lustigen Musik mitzusingen.
„Ich habe Christian und Maria geschworen, sofern‘ s in meiner Macht steht, auf ihre Kinder aufzupassen. Das waren meine Geschwister… Ich hab die beiden sehr geliebt; wie das wahrscheinlich meist üblich ist in der Familie.
Manchmal gelingt es mir, meistens gehen sie ganz gut ihren eigenen Weg, ohne dass ich daran auch nur im Geringsten beteiligt wäre und manchmal scheitere ich…
Balduin war damals mit seinen fünfzehn Jahren so voller Enthusiasmus, voller Energie und voller Willen die ganze Welt zu verbessern. Wie manche Jungen halt in diesem Alter sind. Ich dachte, wenn er bei dir, dem besten Heiler, den ich kenne, lernt, könnte er auf seine Art Gutes tun und hätte ein erstrebenswertes Ziel. Und ja, wenn du so wunderbar unromantisch und ehrlich zu mir bist, dann kann ich das gerne auch sein: Auch von meiner Seite war das nicht ganz uneigennützig.“ Sie mied seinen Blick und starrte stattdessen auf ihre Finger. „Ich habe ihn bei dir in die Lehre gegeben, weil ich gehofft habe, er könnte eine Verbindung zwischen uns sein, jemand, dessen Ausbildung dir Spaß machen würde, jemand, der bei dir und deiner Arbeit seine Bestimmung finden könnte. Jemand, der uns beiden wichtig sein könnte. Er war einer der besten, den die Familie Van de Burse je hervorgebracht hat, und ich wusste, meine Schwester wäre sehr stolz auf ihren Ururenkel gewesen. Ich war stolz…“ Wieder schwieg sie eine Weile. „Ich habe nicht absehen können, dass er mit seinem Leben nicht zufrieden war, dass er sich in einer solchen Situation weder an dich, noch an mich wenden würde, sondern stattdessen in die Dienste unserer Rivalen treten würde. Alles ging schief, ich war nicht in der Lage es wieder gerade zu biegen, Balduin hegte einen Groll gegen mich, den ich nicht verstand und wann immer sich in den kommenden Jahren irgendwelche Möglichkeiten geboten hätten, ihm unterstützend zur Seite zu stehen, war ich nicht in der Lage dazu, weil er es nicht zuließ. Er entschied sich dazu seine eigene kleine Familie unabhängig von uns, mit dem minimalsten Kontakt zum Rest, leben zu lassen, ich war nicht in der Lage ihm zu helfen, als seine Familie zusammenbrach, nicht, als er versucht hat, sich das letzte bisschen Bewusstsein im Alkohol zu ertränken, nicht als Karl quasi ohne Eltern, die sich um ihn gekümmert hätten, aufwachsen musste. Die Entscheidung hat Balduin getroffen und sie steht ihm zu.“ Sie schloss die Augen und seufzte mit einer ungewohnten Melancholie. „So… und jetzt darf ich dir Hendrik anvertrauen und ja, ich habe die seltsame Urangst davor, dass sich Balduins Schicksal wiederholt, auch wenn du nur am äußersten Rand deinen Anteil daran hattest. Ich will nicht, dass er auch nur annähernd das Leid erfahren muss, das sein … Onkel kennen lernen durfte. Und dieses Mal, sofern es in meiner Macht steht, bin ich da.“

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Sie sah zu den hellen Augen des Nordmannes. „Wir sind Meister darin uns gegenseitig Vorwürfe zu machen, Bündnisse zu schließen, die wieder zerbrechen, zusammen zu arbeiten und uns dann wieder zu hassen… Warum eigentlich?“ Ihr Tonfall klang als würde sie etwas Unabänderliches akzeptieren müssen und es schien ihr schwer zu fallen.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: So 26. Jun 2016, 14:53 
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Über der fröhlichen Feier mit dem Gelächter und der Musik hatte sich für Leif ein Schleier gelegt, der alles in ein graues und dumpfes Licht tauchte. Er seufzte. “Tja, wo soll ich beginnen? Vielleicht erst einmal damit, dass Balduin dir gegenüber nie einen Groll gehegt hat. Er hat sich einfach geschämt, geschämt dafür damals den Fehler mit Draga begangen zu haben. Er hat, glaube ich, nach wie vor, tief in sich drinnen das Gefühl dich und deine oder besser gesagt seine Familie unwiederbringlich enttäuscht zu haben. Das ist der Grund gewesen wieso er deine Hilfe immer wieder ausgeschlagen hat. Ich dachte, du wusstest das.” Leif ließ seinen Blick über das Fest schweifen und sah wie Erik, Brunhild und noch jemand anderes einen riesigen Humpen Bier um die Wette tranken, während noch immer drumherum musiziert wurde. Die Feier schien langsam ein wenig an Ausgelassenheit zu gewinnen. “Darüber hinaus hatte er mit anderen Schicksalsschlägen zu kämpfen, das ist richtig, aber er hat sich immer wieder aufgekämpft und war insbesondere Karl, nachdem er sein dunkles Jahr mit dem Alkohol hinter sich gelassen hatte, ein liebevoller Vater. Balduin ist immer noch ein guter Mann auch wenn er Fehler gemacht hat, und es steckt noch eine ganze Menge von dem 15 Jährigen Knaben in ihm, der damals in die Kreuzzüge ziehen wollte. Man muss nur einmal hinsehen.” Leif schaute inzwischen Alida an und seufzte dann. “Tja, und was uns angeht. Ich weiß nicht genau was schief gelaufen ist, aber ich denke es läuft am Ende immer wieder auf ein großes Misstrauen zwischen uns beiden hinaus. Im meinem speziellen Fall habe ich immer die Vermutung, das du nur auf den Tag wartest, an dem ich mehr koste, als das ich für dein geliebtes Brügge bringe und du mich dann als schlechtes Investment abschreibst. Deshalb traue ich dir nie ganz über den Weg.” Leif schaute hinauf zu den Sternen. “Aber ja, ich denke das gegenseitige Misstrauen ist der Hauptgrund für alles was zwischen uns schief läuft und auch wieso wir uns über Hendrik unterhalten.” Leif schloss noch einmal die Arme um seinen Körper. “Also was genau willst du eigentlich von mir, Alida? Das ich dir verspreche, dass ich Hendrik nicht auf einen Tisch lege und aufschneide? Dass ich so wenig wie möglich mit ihm zu tun habe? Dass ich mich ganz von ihm fern halte? Ich habe deine Warnung und deine Drohung durchaus verstanden, ich weiß nur noch nicht genau was du jetzt eigentlich von mir erwartest, dass ich tue.”
Alida schüttelte etwas irritiert den Kopf. „Schlechtes Investment? Tja, wer hat hier eine falsche Meinung vom anderen. Ich bin Händlerin, Geschäftsfrau, wenn du so willst. Das habe ich von meinem Vater gelernt, Handel, effiziente Geschäfte, wirtschaftliches Denken. Aber ich habe auch gelernt, dass man Freundschaft, Familie, Verbündete mit anderen Werten messen muss und dass sie unbezahlbar sind.“ Sie schnaubte und es klang leicht entrüstet. Dann überlegte sie. „Was ich von dir will? Das du dafür Sorge trägst, dass es ihm durch deine Gesellschaft gut geht. Oder das durch dein Wirken nichts geschieht, was ihm schadet. Hendrik wird von allem ‚unnormalen‘ angezogen, wie die Motte vom Licht. Und ich glaube nicht, dass das für einen Jungen seines Alters gut ist.“
"Ich hatte mir vor langer Zeit einmal gewünscht, dass ich ein normales Verhältnis mit dir haben kann. Wie mit Lucien, Gerrit oder Liliana. Es würde der Stadt und wahrscheinlich auch uns gut tun, aber vielleicht ist es dafür einfach schon zu spät. Es sind wohl zu viele Dinge passiert und zu viele Missverständnisse aufgekommen, die wir nie richtig geklärt haben." Leif zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht, ob es einen anderen Weg gibt. Wahrscheinlich wird einfach alles so weitergehen wie zuvor." Sein Tonfall änderte sich schließlich und wechselte von echtem Bedauern zu einer Stimmlage, die fest und beinahe ein wenig beschützend klang. "Weißt du, Alida, genau das ist der Punkt. Hendrik ist eben nicht nur 'ein Junge seines Alters.'" Leif legte eine lange, intesive Intonation in die letzten Worte. "Er ist auch ein bisschen mehr und genauso muss er behandelt werden. Seine Fragen müssen beantwortet werden, denn sonst sucht er sich die Antworten alleine. Seine Neugier und seinen Willen zu handeln, ja vielleicht sogar Verbotenes zu tun wird man nicht dadurch abstellen können in dem man ihn ausschließt oder ins Bett schickt. Hendrik muss ernst genommen werden, ansonsten schadet man dem Kind mehr als man ihm hilft auch wenn man denkt man muss ihn beschützen."
Alida nickte. „Das stimmt, aber weder du noch ich sind derzeit in der Lage ihm alle seine Fragen zu beantworten. Die Welt der Dunkelheit ist grausam, düster, gefährlich. Für uns, für die Leute in unserer Umgebung und vor allem für einen Jungen wie ihn. Ihn damit zu konfrontieren ist zu früh.“ Sie sah den Salubri lange musternd an. „Keine Ahnung… Was du sein willst, kannst du nur selbst wählen. Freund, Verbündeter, Mitleidender, Kollege, Mitbewohner der gleichen Stadt? Alles hat seine Vor- und Nachteile.“ Ihr Blick schweifte ab und ein kaum merkliches Schmunzeln war an den Mundwinkeln zu erkennen.
"Tja wenn ich wählen muss, dann bin ich am liebsten Leif." Er schwieg kurz. "Wahrscheinlich sind Kategorien, Schwüre und Verträge auch einfach nicht die Art und Weise wie wir zusammen funktionieren, Alida. Vielleicht sollten wir einfach mal wieder anfangen für die gleiche Sache zu kämpfen ohne ständig über die Schulter zu schauen, weil man vom anderen ein Messer im Rücken erwarten. Das könnte schon mal helfen." Leif lehnte sich an den Brunnen während er weiter bei dem Trinkspiel zuschaute, das nun schon in die zweite Runde ging. Brunhild hatte die erste Runde gewonnen. "Darf ich dir eine Frage stellen, Alida? Woher willst du wissen, dass es zu früh ist ihn mit all dem zu konfrontieren? Wie kommst du zu dieser Entscheidung und nicht zu der Ansicht, dass es jetzt genau richtig ist ihn Stück für Stück auf die Verantwortung vorzubereiten, der er sich irgendwann wird stellen müssen? Ihm die Angst und Unsicherheit zu nehmen, die man zwar nur erahnen kann, die aber gewiss kommen wird? Er hat nämlich keine Wahl, Alida, noch weniger als wir oder vielleicht sogar unsere Ghule je eine hatten."
Es folgte eine Gegenfrage. „Wann hast du Karl-Christian alles erzählt?“
"Er ist mit uns allen im Osten durch die Gebiete der Tzimisce gereist. Er ist mit der dunklen Welt aufgewachsen. Irgendwie musste man ihm ja auch erklären wieso Charlotte und ich nie am Tage wach waren und wieso der größte Teil unseres Lebens nur Nachts ablief." Leif zuckte mit den Schultern. "Alles andere wäre nicht praktikabel gewesen."
Alida schüttelte den Kopf. „Im Moment ist es zu früh. Hendrik ist ein intelligentes Kind, aber ich will nicht wissen, was passiert, wenn ihn die falschen Leute in die Finger bekommen und ihm ein paar Fragen stellen. Martin hat nach wie vor seine Schergen hier in Brügge…“
"Meiner Frage bist du trotzdem ausgewichen. Was macht dich so sicher, dass das der richtige Weg ist?" Er hob die Augenbrauen. "Ich glaube das Halbwissen viel gefährlicher ist, als über die Dinge Bescheid zu wissen wie sie sind. Hendrik wird sich so oder so Antworten oder Zusammenhänge auf seine Fragen suchen." Er hob schließlich beiden Hände. "Aber mir ist es gleich. Am Ende müssen Marlene und Jean diese Entscheidung treffen, nicht wahr? Ich werde mich ab sofort von dem Jungen fernhalten. Du musst dir also keine Sorgen mehr machen, Alida."
„Diese Entscheidung ist wohl leider nicht Marlenes oder Jeans. Das ist leider unsere Welt. Und ja, Hendrik muss und wird eines Tages alles erfahren. Da wird er leider nicht drumrum kommen. Leif? Wie ich schon sagte, ich würde dir nicht raten, dass du dich nicht mit ihm treffen sollst. Das wäre falsch. Es…“
Leif und Alida vernahmen das Geschrei wohl beide zum exakt gleichen Zeitpunkt. Anders als beim fröhlichen, ausgelassenen Gekreisch der übermütig herumtollenden Kinder lag ein aggressiver Unterton darin und die folgenden Geräusche ließen auf ein mehr als spielerisches Gerangel schließen.
Alida sprang von der Brunnenmauer, auf die sie sich gesetzt hatte, auf und suchte mit den Augen die Umgebung ab bis sie die ungefähre Richtung ausgemacht hatte. „Tu mir bitte den Gefallen und komm mit?!“ Es war zugleich eine Bitte als auch eine Aufforderung.
Sie hastete durch Himbeergestrüpp, Kapuzinerkresse und Brombeerranken ohne auf den Weg oder ihre Kleidung zu achten und warf nur ab und zu einen besorgten Blick zu Leif.
Der Anblick, der sich den beiden Kainiten bot war nicht unbedingt alltäglich.
Zwei Jungen rangen unter den ausladenden Apfelbäumen miteinander auf dem Boden im Gras und es war sofort klar, dass derjenige, der unten lag Hendrik war. Beide gaben sich nichts, hieben mit den Fäusten aufeinander ein. In wohl fünf Meter Abstand beobachteten zwei weitere Jungen mit geschockten Gesichtern das Treiben. Einer der beiden, wohl in Hendriks Alter hielt die schreiende und um sich schlagende Florine fest, aber es sah eher so aus als wäre er vor Entsetzen in der Umklammerung erstarrt, als wenn er wirklich die Absicht hegte das Kind gegen seinen Willen am Weglaufen zu hindern.
Leif konnte Blut riechen und erkannte sofort, dass Hendriks Nase gebrochen war und sein Gesicht über und über mit der roten Flüssigkeit verschmiert war. Die Lippe seines Gegners, der wohl um die vier Jahre älter und wohl 20kg schwerer sein musste, war aufgesprungen und ihm schien ein Zahn zu fehlen. Dennoch prügelten sie immer und immer wieder aufeinander ein. Irgendwann hatte der Ältere Hendrik auf den Rücken geschoben, drehte ihm mit für einen Jungen ungewohnter Brutalität den Arm nach hinten, so dass er fast auskugelte und schrie ihn an. „Na, hast du nun genug, du Bastard?“ In Hendriks Augen glühte der Hass und es war klar, dass er sich nicht ergeben würde. Der dunkelblonde Junge griff nach hinten, bekam die Hand des auf ihm sitzenden zu fassen und dessen Schmerzensschrei gellte durch den Garten.
Der Ältere ließ augenblicklich los, kroch rückwärts mehrere Schritte nach hinten bis er mit dem Rücken an den Stamm eines Baumes stieß und hielt sich die schmerzende Hand. Hendrik drehte sich um, aber es gelang ihm vor Schwäche nicht, sich aufzurichten und so kniete er und starrte zornig in die Richtung seines Gegners. Tränen der Wut rannen ihm übers Gesicht.
Der daneben stehende Knabe hatte Florine losgelassen, die sofort auf Hendrik zu rannte und bei ihm Schutz suchte. Das leise Flüstern von Hendrik, durch das Blut, das ihm nach wie vor aus der Nase floss, seltsam dumpf klingend, war wohl nur für die beiden Kainiten zu vernehmen. „Ich mach’s wieder gut, Florine. Ich mach’s wieder gut. Versprochen.“
Fast im selben Moment erschienen zwei Frauengesichter. Die eine war Marlene, die sofort zu Florine und Hendrik eilte, beide in die Arme schloss und Hendrik das Blut aus dem Gesicht wischte, die andere wohl die Mutter des wohl Zwölfjährigen, der sich nach wie vor entsetzt die Hand hielt. Auch sie stürzte, „Oh, mein Armer…“ murmelnd, auf ihren Sohn zu. Dann starrte sie wütend auf Hendrik, Marlene, dann Alida. „Was ist hier geschehen?“
Die beiden Jungen, die in einiger Entfernung standen, traten verlegen von einem Fuß auf den anderen, so als wünschten sie sich in diesem Moment möglichst weit weg zu sein, Hendriks gegner hielt sich nach wie vor die Hand und mied den Blick seiner Mutter. Diese fixierte weiter Hendrik. Leif konnte erkennen, dass auch Alida den Jungen fragend ansah.
Hendrik presste die Lippen aufeinander, zeigte dann jedoch hasserfüllt auf den Älteren.

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„Willem und die beiden dort haben Florine die Haare angekokelt und fanden das unglaublich lustig. Ich hab’s gesehen und ihnen gesagt, dass sie meine Schwester loslassen sollen.“ Hendrik hatte den Blick von Willems Mutter abgewandt und sah zu Alida auf. „Willem hat mich verhöhnt, gemeint, dass Florine nicht meine Schwester ist, da ich nichts als ein dreckiger Bastard wäre, der mit dieser Familie eigentlich nichts zu schaffen hat. Er hat gemeine Dinge über meine Eltern gesagt…“ Leif erkannte an dem Hass, der nach wie vor in dem Blick des Knaben lag, dass die Ausdrücke wohl weit unterhalb der Gürtellinie gelegen haben mussten. „Er meinte, ich wäre das letzte und wüsste nicht mal, wer meine Eltern wären.“ Hendrik drehte sich zu Willem um und diesmal schrie er fast. „Ich weiß genau, wer meine Eltern sind, aber so einem abgrundtief miesen Arsch wie dir würd‘ ich das nie verraten.“ Dann kehrten seine hellen Augen zu Alida zurück. „Er hat gesagt, dass ich von niemandem je gewollt war. Das mich keiner hier will!“ In seiner Stimme lag fast so etwas wie Verzweiflung. „Sag ihnen, dass das nicht stimmt, Alida!“

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Die blonde Frau schluckte, trat dann zu Hendrik und Marlene, die die nach wie vor weinende Florine an sich presste. Sie legte dem Jungen die Hand auf die Schulter und sah Willem an um ihre Worte zu bekräftigen. „Du bist gewollt, Hendrik. Das weißt du doch.“
Die Mutter des Zwölfjährigen hatte sich erhoben und sah ihren Sohn an. „Ist das wahr?“ Willem schwieg und ihr Blick glitt zu einem der beiden am Rand stehenden Jungen. „Emil?“ Der Angesprochene nickte mit gesenktem Haupt. Im gleichen Atemzug fuhr die Frau zu ihrem Sohn herum und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige, die wohl fast die gleiche Intensität hatte wie zuvor die Faustschläge seines Gegners. „Wie kannst du so etwas wagen, Willem? Ich schäme mich für dich. Abgrundtief! Das wird Folgen haben, das schwöre ich dir. Der Junge ist der Gastgeber dieses Abends, das Mädchen dort die Tochter des Hauptmanns der Stadtwache. Hast du denn gar keinen Anstand?“ Sie riss Willem heftig nach oben und zerrte ihn hinter sich her. Der Blick, den der Gedemütigte Hendrik zuwarf glühte vor Hass. Er murmelte dem Jüngeren, dessen Nase wieder zu bluten begonnen hatte zu: „Ich versprech‘ dir, dafür zahlst du!“ Dann riss ihn seine Mutter mit so heftiger Wucht an seinem Hemd weiter, dass man die Naht reißen hören konnte. Auch die beiden anderen Knaben eilten mit betroffenen Gesichtern hinterher. An der Ähnlichkeit, die beide mit der Frau und Willem hatten, konnte Leif schließen, dass es sich um dessen Brüder handeln musste.
Hendrik, Marlene, Florine, Alida und Leif waren allein. Florine klammerte sich an ihre Mutter und Leif bemerkte mit seinem kundigen Blick, dass die Haare des Mädchens Feuer gefangen haben mussten und sich bis auf die Kopfhaut niedergebrannt hatten. An mehreren Stellen war die Haut geschwärzt, ein roter Striemen lief über die Stirn und am Weinen war sofort zu erkennen, dass das dreijährige Mädchen Schmerzen haben musste.
Marlene versuchte sie zu beruhigen, doch das gelang nur schwerlich. „Ich geh‘ mit ihr zu Balduin. Ich weiß, dass er immer etwas Medizin im Haus aufbewahren lässt.“ Sie drückte Hendrik einen Kuss auf das Haar. „Kommst du mit?“
Der Junge überlegte einen Moment und schüttelte dann den Kopf. „Nein. Leif ist auch ein Heiler. Der kann nach meiner Nase schauen, dann hat Onkel Balduin Zeit für Florine.“ Er lächelte dem kleinen Mädchen noch einmal aufmunternd zu. „Du schaffst das. Bald tut’s nicht mehr weh. Versprochen.“
Sobald Marlene mit Florine auf dem Arm Richtung Festplatz verschwunden war, trat Hendrik auf Alida zu, drückte sich an sie und vergrub sein Gesicht in ihrer Kleidung. Dabei verschmieret das Blut den zuvor noch sauberen hellen Stoff vollends. Der Klang seiner Stimme war leise, wütend und verzweifelt. „Er ist so ein verdammter Arsch… Ich würd‘ ihn am liebsten…“ Alida schien etwas überrumpelt, erwiderte jedoch die Umarmung. Hendrik schwieg und ballte schließlich die Fäuste. Er sagte eine ganze Zeit lang nichts, meinte dann nur mit blassem Gesicht. „Mir ist schlecht.“
Alida sah Leif flehend an. „Kannst du Hendrik ins Gästehaus bringen? Ich geh ins Haupthaus und hol dir die Medizin, die du brauchst. In Ordnung?“
Leif war Alida gefolgt und schaute sich das Schaupiel mit stoischer Miene an. Jungs waren eben Jungs, auch wenn das, was gerade passiert war eine Heftigkeit und Emotionalität hatte, die ein wenig erschreckend war, wenn man bedachte wie jung die beiden Kinder waren. Leif ging in die Knie und schaute sich Hendrik an. "Guter Schlag. Den Zahn kriegt der idiotische Typ nicht wieder." Der Salubri schaute sich den Jungen mit geübtem Blick an. "Kannst du laufen? Ist dir schwindelig?" Schließlich erhob er sich wieder und nannte Alida ein paar Sachen die er zur Erstversorgung des Jungen brauchen würde. "Wir warten dann im Gästehaus."
Alida nickte, legte Hendrik noch ein Mal aufmunternd die Hand auf die Schulter und verschwand dann in der Dunkelheit. Hendrik konnte gehen. Es war offensichtlich, dass er einige harte Schläge in die Magengrube und auf den Kopf abbekommen haben musste. Da war Übelkeit fast das kleinste Problem. Ab und zu minimal schwankend ging er mit Leif in das ihm bereits bekannte Gästehaus. Statt jedoch das Zimmer im ersten Stock aufzusuchen, öffnete er eine Tür zu ihrer Linken und trat in ein Zimmer, das wohl so etwas wie eine Küche sein musste. Leif erkannte einen Herd, einen Tisch mit Stühlen für 4 Personen, ein paar einfache Lebendmittel in den Schränken und mehrere große Waschzuber. Hendrik nahm auf einem der Stühle Platz und drückte seinen Hemdsärmel gegen die Nase um die Blutung zu stoppen.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: So 26. Jun 2016, 16:39 
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“Setz dich erst einmal hin Hendrik und lass mich deine Nase sehen.” Leif schnappte sich ein Tuch welches wohl zum Abtrocknen in der kleinen Küche benutzt wurde und wischte ein wenig des inzwischen schon angetrockneten Blutes aus dem Gesicht des Jungen. Es roch nach Eisen und Leben, Leif hatte sich aber schon seit langer Zeit gut genug unter Kontrolle um nicht bei jedem Tropfen Blut gleich die Beherrschung zu verlieren. Der Salubri verbrannte ein wenig Vitae in seinen Adern um seine Körpertemperatur ein wenig zu erhöhen. Dann betastete er den Jungen, fragte ihn nach Stellen an denen er Schmerzen hatte und hielt schließlich die Hand über sein Gesicht. “Ich zeige dir jetzt mal einen kleinen Trick Hendrik. Mit ein wenig Konzentration und ein wenig extra Anstrengung sein drittes Auge geschlossen zu halten begann Hendrik die Verletzungen, insbesondere die gebrochene Nase seines Patienten verschwinden zu lassen. Schließlich spürte Leif wie die Kraft nichts mehr zu richten vermochte und unterbrach den Strom der Energie. “Na? Du solltest dich gleich besser fühlen.” Leif hatte vor Hendrik gehockt um mit ihm auf Augenhöhe zu sein und richtete sich jetzt wieder auf, griff sich selbst einen Stuhl und setze sich neben ihn. “Weißt du ich sage ja nicht das du keinen größeren Jungen schlagen solltest, schließlich bin ich mir sicher, dass er jeden Schlag mehr als verdient hat. Aber…” Leif grinste breit. “Nächstes Mal hau besser hier zu.” Leif berührte Hendrik etwa auf Nierenhöhe. “...wenn du noch einmal in eine Schlägerei mit jemandem geräts der so viel größer ist als du dann schlag genau da hin. Das tut nämlich besonders weh.” Der Kainit zwinkerte Hendrik zu. “Im Übrigen wo wir gerade dabei sind am Besten sagst du deiner Tante Alida lieber nicht was ich dir gerade beigebracht habe, denn dann tut sie mir nämlich weh.” Leif lehnte sich ein wenig zurück und lächelte schwach. “Wie geht es dir jetzt Hendrik? Gibt es etwas über das du sprechen willst?” Der Tonfall des Nordmanns ließ keinen Zweifel daran, dass er nicht nach seinem Gesundheitszustand fragte und das er auf die Frage nicht antworten musste. Es war lediglich ein Angebot.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: So 26. Jun 2016, 19:47 
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Hendrik war absolut fasziniert von der Heilkunst des Salubri und seine Augen weiteten sich vor freudiger Verblüffung. Er betastete seine Nase, die wieder eine gerade Form angenommen hatte, und sah auf die Blutergüsse und Prellungen, die verschwunden waren. Voller Begeisterung sah er zu Leif. „Ihr seid auch ein Former? Das ist wunderbar.“ Wieder betastete er vorsichtig seine Nase. „Ich dachte schon, ich müsste das selbst machen… oder Alida. Wie habt ihr das gemacht mit den Schrammen und Blutergüssen? Könnt ihr mir das auch beibringen? Dann kann ich Florine gesundmachen.“ Der Junge schien vor Enthusiasmus fast zu platzen, schluckte dann aber und rang um Beherrschung. Er senkte wie es für ihn üblich war den Blick.
„Ich werd‘ mir die Stelle merken. Da hin…“ Er zeigte zum Nierenlager. „Dann kann sich Willem auch im Nachhinein nicht über einen ausgeschlagenen Zahn aufregen.“ Ein Grinsen legte sich auf die Züge des Knaben. „Ich werde nichts verraten. Ganz bestimmt nicht. Aber Alida würde dir nie weh tun.“ Er sah den Heiler etwas skeptisch an und fügte dann leiser und fast verschwörerisch hinzu. „Sie ist doch eine Frau. Und die müssen wir beschützen. Sagt Jean immer.“
Hendrik schien über Leifs letzte Frage nachzugrübeln, griff nach dem silbernen Hammer und ließ den Anhänger fast gedankenverloren zwischen den Fingern entlanggleiten. Er kaute auf den Lippen und sah den Heiler schließlich an. „Ich will nie wieder eine Geburtstagsfeier. Auch wenn man da so wunderbare Geschenke bekommt. Und Kinder wie Willem will ich auch nie wiedersehen. Ich geh nicht mehr zum Unterricht. Wisst ihr, Willem wird auch mit den anderen Kindern der Familie und mir zusammen unterrichtet. Sein Vater ist von den Van Hautens und seine Mutter von den Van de Burse und so darf er auch kommen. Aber vielleicht hab ich ja Glück und er kommt jetzt nie wieder.“ Wütende Entschlossenheit machte sich erneut auf seinen Zügen breit.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Mo 27. Jun 2016, 08:58 
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Leif lachte als Hendrik den Teil mit den Frauen erwähnte. "Glaub mir Hendrik es gibt genug Frauen der so gut in der Lage sind auf sich selber aufzupassen. Sie brauchen nicht immer einen Mann dazu und deine Tante Alida gehört ganz sicher dazu." Dann wurde er etwas ernster und suchte nach Worten. "Weißt du Hendrik...Hmm wie erkläre ich das am Besten. Ich bin kein Former. Ich bin ein Heiler und es gibt eine ganze Menge Talente und Fähigkeiten auf dieser Welt. Der Unterschied zwischen uns ist das Alida und du etwas gegebenes verändert. Das was eben da da ist, egal ob ganz, krank oder verletzt und gebt ihm dann eine neue Gestalt. Ich verstehe mich nur darauf die Dinge in den Zustand zu versetzen in welchem sie ursprünglich einmal waren bevor sie verändert wurden. Deswegen kann ich dir auch nicht zeigen wie ich das mache, aber ich werde mir Florine noch ansehen bevor ich wieder gehe." Leif spürte wie ihm ein wenig unbehaglich wurde, immerhin hatte er die 'Künste' der Tzimisce am eigenen Leib erfahren müssen und er hätte sich nicht träumen lassen, dass er die Disziplin des Fleischformens einmal mit so neutralen Worten beschreiben würde. Ein eiskalter Schauer lief ihm über den Rücken und er sprach ein anderes Thema an als er dem Jungen weiter zuhörte. "Wie wird es denn weitergehen wenn du nicht mehr zur Schule gehst? Da du ja schon deinen Entschluss gefasst hast musst du ja auch schon einen Plan haben wie es weitergeht oder? Immerhin kannst du keine anderen Länder bereisen, oder später einmal Handel treiben und eine Meinung zu neuen Bauvorhaben haben, wenn du keine Mathematik, keine Sprachen oder die Prinzipien der Architektur erlernst." Leif lehnte sich ein wenig zurück und lächelte ihm ermutigend zu. "Also was hast du vor?"

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Mo 27. Jun 2016, 15:09 
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Hendrik wirkte etwas überrumpelt von Leifs Frage. „Ich… Ich kann doch auch rumreisen und handeln ohne zur Schule zu gehen. Oder ich werd Ritter wie Karl. Da brauch ich keine Mathematik oder Architektur, sondern ein gutes Schwert. Das kann mir Brunhild machen. Außerdem hat der dumme Lehrer von solchen Sachen eh keine Ahnung. Oder ich werd Former oder Heiler… Das sind doch auch gute Berufe, oder?“ Auch wenn er versuchte seine Argumente möglichst überzeugend vorzutragen war der Zweifel in der zaghaften Stimme unverkennbar. Der Junge schien wohl selbst sehr wohl zu wissen dass seine Wunschpläne schwer in die Tat umzusetzen waren. Fragend sah er Leif an.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Di 28. Jun 2016, 08:18 
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Leif erhob sich und schnappte sich einen großen, aus dunklem Holz geschnitzten Kochlöffel und hielt ihn in die Höhe. “Bin ich jetzt ein Koch nur weil ich einen Löffel trage?” Die Frage war rein rhetorischer Natur und Leif beantwortet sie deshalb selbst. “Nun ich kann mich natürlich als Koch bezeichnen, aber ich wäre ganz sicher kein guter denn ich kenne kaum irgendwelche Rezepte noch weiß ich zum Beispiel wie man einen leckeren Apfelkuchen bäckt. An so einem Koch wie mir hätte niemand viel Freude.” Der Salubri setzte sich wieder hin. “Alle Professionen müssen ihre Kunst erlernen, selbst wenn es nicht offensichtlich ist. Karl als Ritter musste nämlich neben dem Kämpfen auch noch andere Dinge wie Wappenkunde, die Geschichte großer Schlachten, Taktik, höfische Etikette und Verwaltung erlernen. Wenn er dieses Wissen nicht hätte, dann hätte keiner der Adeligen ihn je für den Ritterschlag in Betracht gezogen.” Leif lehnte sich ein wenig zurück und studierte die Mimik von Hendrik. “Wissen ist immer von Vorteil, denn ohne solches wird man nie wirklich gut in dem was man tut und auch jahrelange Erfahrung hilft dir nicht sehr viel weiter, wenn du wie ich trotzdem noch nicht weißt wie man eigentlich so einen Apfelkuchen bäckt.” Leif schüttelte leicht den Kopf. “Willst du wirklich das dieser Idiot mit dem Namen Willem über deine Zukunft bestimmt? Denn wenn du jetzt aufhörst zu lernen hat er am Ende trotzdem gewonnen. Das kannst du doch nicht wollen oder? Nutze lieber die Chance, nimm deine Studien ernst, zeig dem anderen Kerl wie gut du bist und wie blöd er ist und sobald dir dein aktueller Lehrer wirklich nichts mehr beibringen kann und du auch deine Tante Alida davon überzeugen kannst, dann bin ich mir sicher wird sie einen Weg finden das du deine Ausbildung bei einem anderen Mentor fortführen kannst.”

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Di 28. Jun 2016, 18:43 
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Hendrik hatte Leif schweigend zugehört. Er sah ihn aufmerksam und nachdenklich an und schien jedes seiner Worte genau zu überdenken. „Nein. Ich will nicht, dass ein Idiot wie Willem der Grund ist, warum ich nicht mehr in den Unterricht gehe. Ich will selbst mal entscheiden, was ich mach‘ und was nicht.“ Grimmig fügte er hinzu. „Und ich bin viel schlauer als dieser Blödmann, auch wenn er immer so tut als wär‘ er besser nur weil er der Ältere ist. Der Lehrer ist ja auch nicht nur dumm. Sein Latein ist wirklich gut und Englisch und Deutsch spricht er auch fließend“, gab Hendrik kleinlaut zu. „Hm… dann sollte ich wohl auch nächstes Jahr wieder Geburtstag feiern. Aber wehe Willem taucht auf. Vielleicht kann Lucien ihn dann rausschmeißen? Oder du?“ Hoffnungsvoll sah er in die Richtung des Salubri.
Ein plötzliches Geräusch an der Haupteingangstür unterbrach das Gespräch, gefolgt von einem kurzen Anklopfen. Alida streckte die Nase durch die Tür, sah sich mit sorgenvollem Gesicht im Raum nach Hendrik um und lächelte als sie den Jungen unversehrt am Küchentisch mit Leif plaudern sah. Mit wenigen Schritten war sie in seiner Nähe und an ihrem prüfenden Blick konnte Leif erkennen, dass sie nach seinen Verletzungen sah. „Es geht dir gut?“ Ihre Augen wanderten zu dem Heiler. „Danke, Leif. Ich gehe mal stark davon aus, dass das dein Werk ist?“ Die Frage war rein rhetorischer Natur. Sie drehte sich zu Hendrik um. „Ich hab‘ dir noch jemanden mitgebracht. Du hast doch unbedingt Meister Belinkov dabei haben wollen. Er konnte es einrichten doch noch zu kommen, da er heute zufällig in Brügge ist.“
„Was?“ Der Junge sah sie ungläubig an, dann strahlten seine Augen. „Aber er hat doch geschrieben, dass er viel zu tun hat.“
Ein dunkel gekleideter Mann trat durch die Tür, den Leif, da war er sich sicher, noch nie gesehen hatte. Die Worte, die er sprach waren in akzentfreiem Brügger Flandrisch gesprochen. „Guten Abend, Hendrik. Alles Gute zum Namenstag.“
Der Junge sprang auf, stürmte auf den Mann zu. Er zögerte kurz, sah für einen Moment so aus als wolle er den Neuankömmling umarmen und blieb dann aber wie angewurzelt stehen.
Dann sprudelte es aus ihm heraus. „Es ist so toll, dass ihr auch kommen konntet. Ich dachte schon, dass ihr viel zu tun habt, weil ihr doch in Gent und vielen anderen Städten beschäftigt seid. Und in Genua, und im Osten.“ Er strahlte nach wie vor.
Der Mann sah zu ihm herab und musterte ihn mit einer gewissen Skepsis im Blick. Dann sah er zu Alida und schmunzelte. „Hm. Ist er bei Fremden immer so gesprächig?“

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Die blonde Frau lachte und schüttelte den Kopf. „Mitnichten.“
Der Neuankömmling zog einen Beutel hervor und reichte ihn dem Jungen. „Bitte schön. Da es ja Brauch ist, dass man zu einem Fest mit einem kleinen Geschenk erscheint: Hier ist meines.“
Zögernd nahm Hendrik den blauen Lederbeutel entgegen, sah fragend zu dem Fremden hinauf, der wohlwollend nickte. Dann öffnete er die Schnüre und griff hinein. Langsam zog er eine kleine schwarze hölzerne Figur hervor, welche die Form eines Ritters hatte. „Schachfiguren…“

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Der Mann nickte und fügte mit einem kleinen Lächeln hinzu. „Ja, für den in seinem Alter begabtesten jungen Schachspieler, den ich kenne. Deine Züge haben mich damals eine ganze Winterladung Pelze gekostet. Tja, man sollte wohl besser nicht wetten.“ Er sah zu Alida und grinste bei der Erinnerung.
Hendrik lächelte. „Die sind toll. Danke.“ Er sah zu dem dunkelhaarigen Mann hinauf und es war ihm anzusehen, dass er sich redlich um dessen Aufmerksamkeit bemühte. „Ich habe ganz viele tolle Geschenke zum Geburtstag bekommen. Eine Harfe, eine wundervolle Landkarte, ein Holzschwert von Lucien und diesen Hammer hier.“ Der Junge zog den silbernen Anhänger unter seinem Hemd hervor und hielt ihn nach oben. „Der ist schön, nicht wahr?“
Der Angesprochene schien von so vielen Neuigkeiten etwas überrumpelt und nickte nur. „Ja, sehr hübsch.“
Hendrik sah zu Alida. „Ich hab die Sachen vorhin als ich Florine gesucht habe unter einem der Apfelbäume abgelegt, aber ich muss sie euch unbedingt zeigen. Alida? Hilfst du mir dabei sie herzuholen?“
Die Händlerin schmunzelte. „Na, zumindest sollten wir die tollen Sachen aus dem Gras holen bevor es anfängt feucht zu werden. Ich helf‘ dir“
Hendrik warf den beiden Männern im Raum einen entschuldigenden Blick zu. „Wir sind gleich wieder da. Ich hab auch eine Flasche mit einem Schiff drin geschenkt bekommen. Die solltet ihr sehen“ Warum auch immer, es war dem Jungen anzusehen, dass sich seine Stimmung schlagartig gebessert hatte. Dann griff er nach Alidas Hand und zog sie hastig aus dem Zimmer hinaus.
Der Neuankömmling warf Leif einen Blick zu und verbeugte sich dann leicht. „Emilian Victorovich.“ Eine seltsame Betonung lag in der Art und Weise wie der Mann den Namen betonte. Fast so als wäre er stolz auf diese paar Buchstaben. „Ihr müsst Leif Thorson sein, Kappadozianer und soweit ich gehört habe genauso meisterlich bewandert mit Rüstung und Axt wie mit den Kenntnissen über Leben und Tod?“ Fragend und mit einem freundlichen Gesichtsausdruck sah er ihn an. Etwas unnatürlich Ebenmäßiges lag in den gleichmäßigen Zügen und die Pupillen waren von einem seltsamen rot-braun.

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