Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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 Betreff des Beitrags: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Do 12. Feb 2015, 23:33 
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3.6.
Lucien lag auf dem etwas harten Bett, dass er in dem Zimmer aufgestellt hatte, dass er zu seinem eigenen Schlafzimmer auserkoren hatte. Es lag im hinteren Teil des Hauses und ohne Fenster wohl der sicherste Raum für jemanden wie ihn. Er spürte die Reste eines Traumes, die er gewaltsam abstreifen musste. Die Gestalt, die in die Flammen fiel, spürte noch wie er selbst in einen tiefen Abgrund gerissen wurde und nicht mehr mit ansehen musste, wie sein Freund verbrannte. Falls… er verdrängte den Gedanken. Lucien spürte die dünne Decke, die er sich eher einem Ritual folgend über den Körper gelegt hatte. Draußen war die Nacht angebrochen und ein letzter Vogel sang leise. Lucien spürte, wie er beobachtet wurde. Ein Blick nach links verriet ihm die Ursache. Auf einem Schemel, dicht neben seinem Bett saß Jean und blickte ihn nachdenklich an. Er knete nervös seine schwitzigen Finger und schluckte als er sah, wie sich sein Meister bewegte.
„Lucien. Es tut mir leid, dass ich hier so sitze und gewartet habe.“ Der Hauptmann konnte sehen, dass die Sache dem Jungen äußerst unangenehm war. „Ich musste hier sein, wenn du erwachst. Es geht um… Balduin.“
Der Hauptmann, der es noch immer nicht recht gewohnt war, seine Lagerstätte mit etwas anderem als dem Tod zu teilen, schwang sich, die letzte verbliebene Müdigkeit abschüttelnd auf seinem provisorischem Lager herum und warf die im Grunde nutzlose, kratzige, dünne Decke von sich. Diese Träume... für gewöhnlich träumte er nicht und wenn doch, dann waren es immer entweder merkwürdige surreale Traumgewebe die nur dem kranken Geist eines Blutmagiers wie Sebastian entsprungen sein konnten oder aber seine ganz eigenen Dämonen. Leif... das Feuer, ein Verrat der tiefer und bitterer schnitt als er vor den anderen zugeben wollte und doch... und doch war da der letzte verbliebene Zweifel, dass alles doch seine Richtigkeit hatte. Dass es einen Grund gab. Einen musste es ja immerhin geben - alles machte für irgendjemanden, irgendwo Sinn. "Was ist mit ihm?" quittierte er Jeans zögerliches Fragen.
„Balduin hat mir einiges erzählt, was er mir eigentlich nicht erzählen durfte. Alida hat geplant mit ihm zu verreisen. Sie kennt jemand, der ihm vielleicht helfen kann wieder so zu werden, wie er war. Eigentlich wollten sie sich heute Abend gemeinsam mit Frederik und dem Doppelgänger auf den Weg machen, aber Gerrit hat irgendwo eine Nachricht abfangen lassen können und nun…“ Der Junge holte tief Luft um wieder zu Atem zu kommen. „Gerrit und Alida vermuten, dass Draga einen Anschlag auf die Kontore der Familie van de Burse oder ihr Zuhause und auf die Kanalisation plant. Weil die beiden den alten Costayne abgeschlachtet haben. Gerrit und Alida bereiten alles für die vielelicht kommenden Angriffe vor. Es ist nur so…“ Der Blick der grauen Augen fixierte Lucien. „Wenn sie nicht heute oder morgen aufbrechen, wird es zu spät sein. Dann gibt es keine Chance mehr für Balduin. Ich weiß, du hast nicht viel mit dem Grafensohn zu schaffen. Er für dich ist er nur ein etwas ängstliches, verweichlichtes Adelssöhnchen, aber für mich war er bis ich hierher nach Brügge kam der einzige und gleichzeitig beste Freund, den ich je hatte… Ich will nicht, dass er ein solches Schicksal haben soll.“ Jean biss die Lippen aufeinander und ballte in einer hilflosen Geste die Fäuste.
Lucien drehte den Kopf leicht schief und hob beinahe mahnend eine Augenbraue. "Und das fällt dir so schwer zu sagen? Alida möchte Balduin die vielleicht letzte Möglichkeit geben, wieder menschlich auszusehen aber gleichzeitig scheint es einen Angriff auf ihre Kontore zu geben?" Der Gangrel erhob sich langsam von seinem Lager und machte, sich streckend und die Jahrhunderte alten Knochen knacken lassend, ein paar Schritte auf Jean zu. "Mit anderen Worten: Ich soll Wachhund spielen während sie sich um Balduin kümmert - was fällt dir so schwer daran mir das so zu sagen? Draga kommt doch so oder so, wenn wir ein paar von ihren Handlangern auseinandernehmen können, sodass sie sich anständig in die Hosen scheißen, ist das eine gute Möglichkeit ihren ersten Zug in diesem Spiel gebührend zu beantworten." Im Vorbeigehen, strich er Jean etwas grober über den Kopf; dennoch war es nett gemeint. "Ich nehme an Gerrit rotiert mit Kobald - und vor allem der, wieder im Untergrund hm? Dann kümmern wir uns um die Speicher und Kontore. Nimm Geri und Freki mit, wir instruieren die Wachschicht."
Jean biss sich erneut auf die Lippen wirkte jedoch schon um einiges erleichterter. Er sprang vom Schemel und ging Richtung Tür. „Ich vermute, du wirst nicht Wachhund spielen müssen.“ Jean lachte kurz auf. „Alida kümmert sich um alles. Ich glaub, sie wollte zum Kontor im Norden.“ Hat Marlene gesagt, fügte er erklärend hinzu.
Lucien stieg die kaum erleuchteten Treppen des spartanisch eingerichteten Wohnhauses nach unten. Knarzend gab die Treppe unter dem Gewicht seiner schweren Stiefel nach - für gewöhnlich machte er sich nicht die Mühe seine Kleidung auzuziehen; Schweiß und Körperflüssigkeiten mit Ausnahme von einer, waren vor so unendlicher langer Zeit, lediglich dem sterblichen Körper zueigen gewesen. Mit den rötlich schimmernden Augen leuchtete er den Raum ab und griff nach der Schwertscheide, die er sich in gewohnter Routine umschnallte. "Hm.. also umgekehrt? Ich soll Balduin zu seinem Retter eskortieren und sie beschützt ihre Kontore selbst? Würde ja irgendwo noch Sinn ergeben, wenn es um ihr Hab und Gut geht wird sie schon mal ein wenig fanatisch." Mit einem festen Griff, zog er den Gürtel straffer. "Norden also? Na dann besuchen wir sie doch mal." Die Tür öffnend, ließ er Jean den vortritt und schloss hinter ihnen ab. "Im Übrigen weißt du um welche Zeit ich ungefähr aufwache Junge, das ändert sich kaum.. es nutzt also nicht viel mit schweißnassen Händen, stundenlang vor meinem Bett zu warten, das beschleunigt es nicht."
"Immer genau 13 Minuten nach Sonnenuntergang. Aber ich konnte nicht abwarten." Er grinste erleichtert.
Sie begaben sich durch die noch immer stark frequentierte Straße nach Norden. Die Fuhrwerke machten sich nach einem erfolgreichen Markttag auf den Nachhauseweg, emsige Gesellen erledigten ihre letzten Aufträge um bald nach Hause gehen zu können. Es war noch immer hell und Lucien spürte ein leichtes unangenehmes Prickeln auf seiner Haut obwohl die Sonne schon untergegangen war.

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Sie kamen gut voran und erreichten wenig später das hohe alte Gebäude.

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Das Haus war beleuchtet und Arbeiter waren mit dem Beladen von Fuhrwerken beschäftigt. Lucien und Jean wurden von einem der Vorarbeiter erkannt und mit einer knappen Handbewegung Richtung Lageräume im Hinterhof des Gebäudes verwiesen. In einer großen Scheune konnten sie schließlich Alida entdecken. Sie war mit vier Männern, darunter Frederik und seinem jüngerer Bruder Heinrich sowie einer Frau über mehrere Unterlagen gebeugt und die Gruppe diskutierte in sachlichem Ton das effizienteste Vorgehen bei einem Brand. Frederik hielt die Ergebnisse schriftlich fest.
Alida bemerkte den Hauptmann und seinen jungen Schüler und zog überrascht eine Augenbraue nach oben. Sie entschuldigte sich bei ihren Gesprächspartnern und verließ die Scheune.

„Guten Abend, ihr zwei.“ Auch ihre Stimme klang überrascht. „Kommt doch mit. Hinten, Richtung Hafen sind wir ungestört. Hier vorne ist derweil zuviel Betrieb…“ Sie stieg eine Mauer hinauf und atmete die Seeluft, die vom Meer herangeweht wurde ein. Dann drehte sie sich zu den Besuchern um.

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Das zischende Prickeln auf seiner Haut, tat Lucien mit einem grummelnden Fletschen seiner Raubtierzähne ab; heute war er wirklich früh aufgestanden möglicherweise auch deshalb, weil er insinktiv irgendwie gewusst hatte, das sein Schlaf beobachtet wurde. Es war schon merkwürdig denn normalerweise schlief er... nun, wie ein Toter eben. Sein Blick streifte im Gehen Jean, den jungen Mann, der mittlerweile doch schon einige Zeit bei und mit ihm lebte, sich um die Hunde und das Haus sowie die Pferde kümmerte. Jean war fleißig und bestrebt sein Bestes zu geben, was mit auch ein Grund war, warum Lucien ihm erlaubt hatte am Training der Wache teilzunehmen und den einen oder anderen Wachgang zu übernehmen. Überall war er mittlerweile als sein Neffe eingeführt und ob der Ähnlichkeit auch ohne ein weiteres Wort als selbiger anerkannt worden. Dennoch war es ungewohnt für ihn einen Sterblichen neben sich zu haben, der friedlich in einem Bett schlief, morgens zwei Eier in die Pfanne warf und die Stube fegte. Von dem was der einstige Wanderer Lucien Sabatier kannte und gewesen war, war er aktuell wirklich weit entfernt - Sesshaftigkeit war merkwürdig, hatte aber durchaus seine Vorzüge befand er.
Bei der Scheune angekommen, würde Lucien den Anwesenden nur ein knappes Nicken zuwerfen. Den einen oder anderen Seitenblick, Richtung der Mitschrift von Frederik werfen aber im Grunde kein großes Interesse daran zeigen. Vorbereitung für etwas, das man schon allzu lange kannte und erwartet hatte. Kein Wunder das Alida sich nunmehr persönlich darum kümmerte. Scheigend folgt er ihr die Mauer nach oben und schwenkte seinen wachen Blick, einschätzend über die nächtliche See und die Hafenanbauten. Dann drehte er sich zu der blonden Frau um, ohne den Gruß zu erwidern. "Jean meinte es würde einen Angriff auf deine Kontore geben der von Draga initiiert wäre. Zudem hättest du eine Möglichkeit gefunden, Balduin sein altes Aussehen wieder zu geben. Da ich nicht annehme, dass du selbst dazu in der Lage bist hast du wohl ein paar Beziehungen spielen lassen. Muss dich einiges gekostet haben hm?" Sein Lächeln war schwach, zu ernst war die augenblickliche Situation. "So wie ich das sehe, willst du das ich entweder die Kontore überwache oder aber dafür sorge das Balduin sicher dort ankommt, wo immer er auch hin muss ja?"
„Also hat Balduin alles ausgeplaudert…“ Sie seufzte. „So gut wie ihr miteinander befreundet seid, wäre das zu erwarten gewesen. Mein Fehler…“
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Ja, ich hatte eigentlich in Erwägung gezogen einen mir bekannten Tsimiske aufzusuchen.“ Sie blickte zu Lucien. „Du erinnerst dich an Belinkov? Man mag über ihn sagen, was man möchte, aber er ist ein Meister im Verändern von Formen und Körpern. Er wäre wahrscheinlich in der Lage Balduin sein altes Aussehen zurück zu geben… Ich wollte es auf einen Versuch ankommen lassen. Ich weiß, das vorläufige Ziel seiner Handelsreise war Genua.“ Sie sah das junge Abbild von Lucien an und ihr Blick wurde traurig und entschuldigend. „Aber es hat sich alles geändert. Gestern konnten zwei Mitglieder der Diebesgilde einen Kurier vom östlichen Voivoidat abfangen. Dieser hatte eine Botschaft für einen Mann in Ostende dabei, bei dem es sich um den Ghul eines Assamiten handelt. Die Botschaft umfasst Anschläge, die auf die Kanalisation von Brügge und die Handelshäuser meiner Familie gerichtet sind. Gerrit vermutet einen Racheakt, da er und ich Dragas „Kind“ vernichtet haben. Ich wünschte, ich könnte Balduin nach Italien bringen, aber die Anschläge, da sind sich Gerrit und ich einig werden folgen und ich kann meine Familie in dieser Zeit nicht alleine lassen. Es tut mir leid.“
Jean sah sie an und er ballte die Fäuste. „Wenn zu viel Zeit verstreicht wird der Unhold Genua wieder verlassen und du weißt nicht wo er als nächstes hinreisen wird. Und die Truppen von Balduins Vater werden auch in zwei Tagen Richtung Palästina aufbrechen… Das ist nicht fair.“
Alida nickte nur. „Ich weiß.“
Lucien hob einen Fuß an und stemmte ihn auf die Mauer, den anderen ließ er am Treppenansatz als er die Arme verschränkte und eine Augenbraue bei Alidas Worten nach oben schnellen ließ. Wie er so dastand, wirkte er beinahe ein wenig zu sehr selbstüberzeugt und gebieterisch; als wäre die Geste mit seinem angewinkelten Bein dazu da, nur noch weiter zu unterstreichen wie wenig er gewillt war Draga die Stadt zu überlassen und wie wenig ihm die ganze Sache zu schmecken schien. Sachte nickte er. "Ich verstehe. Einfach gesagt, werdet ihr die Verteidigung der Stadt, Kanalisation und Kontore übernehmen während ich mit dem verkrüppelten Balduin nach Genua in Italien reisen soll um dort Belinkov, den russischen Tzimisce-Händler zu treffen der angeblich das Antlitz unsere verschollenen Prinzregenten wiederherstellen kann ja?" Die Haltung des Gangrel lockerte sich etwas. "Ich fürchte genau wie du muss ich meine Prioritäten wohl anders setzen, auch wenn ich nicht weiß, was du Belinkov für diese Gunst wohl geboten haben magst Alida. Brügge geht auch für mich vor, vor allem wenn die Kanalisation angegriffen werden soll, mit Assamiten und anderen Mordgesindel - was wenn der Tausendschlächter wieder angeheuert wurde weil er ja schon einmal so erfolgreich war? Da wäre jede Hilfe von Nöten um ihm auch nur ansatzweise beizukommen." Sein Seufzen war ehrlich und klang nicht so als ob er es künstlich in die Länge ziehen müsste. "Ich mag Balduin und ich kann verstehen das ihm sich hier wohl eine gute Chance bietet, selbst wenn ich diesem Belinkov mehr als misstraue - zumal du ihn in ziemlich viel eingeweiht haben musst, wenn er den Thronfolger widerherstellen soll.. aber davon mal abgesehn: Er wird sicher nochmal hier bei uns vorbeikommen oder es wird andere geben die Balduin helfen können, meinst du nicht? Sollten wir uns nicht alle gemeinsam zunächst auf Brügge konzentrieren?" In seiner Stimme lag offene Skepsis.
Alida sah Jean an, dessen Blick Funken zu sprühen schien. „Jean? Würdest du uns kurz allein lassen? Vielleicht kannst du beim Gespräch meiner Leute mitreden. Du hast sicher auch einige gute Ideen, wie man ein Feuer vermeiden kann?“ Der Junge biss die Lippen aufeinander, nickte dann schweigend und ging ohne die beiden noch eines Blickes zu würdigen die Treppe nach unten. Die blonde Händlerin sah ihm hinterher. „Er ist ein cleverer Junge. Ihm ist wirklich zuzutrauen, dass er auf schlaue Ideen kommt und sich als gutes Mitglied dieses kleinen Rats macht.“ Sie schüttelte nachdenklich den Kopf. „Ich sehe es genauso wie du, Lucien. Ich hätte mich mit Balduin auf den Weg gemacht, aber es gibt nun einmal Dinge, die wichtiger sind als Jeans bester Freund. Auch wenn dein Neffe das noch nicht versteht. Und für mich ist das nun einmal das Wohl meiner Familie. Ich hatte nicht die Absicht meine Pläne irgendjemand mitzuteilen. In letzter Zeit fange ich an überall Verrat zu wittern. Das ist nicht gut… Du brauchst dir jedoch nicht so viele Gedanken zu machen. Die Anschläge sollen auf die Lagerhäuser der van de Burse gehen. Wir haben im Moment unglaublich viele Schiffe entladen und unsere Hallen sind voll von Waren, die verkauft werden müssen. Ein Brand wäre im Moment eine Katastrophe für uns. Aber diesbezüglich bin ich schon am organisieren. Noch heute stechen drei voll beladene Schiffe in See. Zwei Wochen früher als beabsichtigt, aber immerhin... Die Anschläge auf die Kanalisation betreffen überwiegend geplante systematische Tunneleinstürze. Es soll eine Warnung an uns sein. Draga wagt derzeit noch nicht weiter zu gehen. Vor allem nicht offen vorzugehen…“ Alida sah Lucien an und ihr Blick wurde härter. „Und bezüglich Belinkov: Ich habe ihm gar nichts angeboten. Ich weiß nichts außer, dass er nach Genua gereist ist. Soll ich ihm ne Brieftaube hinterherschicken, die im Dunklen seine Aura aufspürt oder was? Ich hab keine Ahnung welche Route der Tross nehmen wollte…“ Man konnte ihr ansehen, dass sie aufgebracht war.
Lucien blickte dem Jungen lange hinterher ohne eine Miene zu verziehen. Der Zorn und die Wut, die für einen Augenblick in seinen Blicken gelegen hatte, waren förmlich greifbar gewesen. Der Gangrel konnte diese Gefühle nachvollziehen und respektieren aber er würde niemals zulassen, dass diese sterblichen Motivationen die seinen werden würden. Er hatte größere Dinge im Auge zu behalten, gänzlich andere Schlachten, Winkel- und Schachzüge die auf dem dunklen Schachbrett des Djihad ausgefochten wurden, viel schlimmer und allumfassender als es der junge Jean sich wohl jemals ausmalen könnte. "Jean ist eine Bereicherung und bisweilen zeigt er mir, was für Prioritäten und Leidenschaften die Sterblichen lenken - das hilft mir manchmal und manchmal...", er pausierte kurz, "… kann ich darauf auch einfach keine Rücksicht nehmen, so sehr ich es auch wollen würde." Stumm lauschte er ihren Erklärungen und nickte zustimmend ohne sich zu rühren. "Wenn diese Informationen auch wirklich gesichert sind ja, dann verhält sich die ganze Situation so, wenn nicht haben wir möglicherweise mit weitaus schlimmerem zu rechnen." Sein Blick fixierte den ihren hart und bohrend. "Was du von mir verlangst, ist Brügge und die Verteidigung der Stadt allein euch zu überlassen ohne irgendwelche Garantie, dass eure Informationen die bevorstehenden Ereignisse abschätzbar machen. Du willst das ich mit einem sterblichen Krüppelkind ungefähr Richtung Genua reite um dort einen Tzimisce-Händler an ihm herumdoktern zu lassen, dessen Gesinnung noch unklar ist, während meine Domäne empfindlich angegriffen und taktisch vom Feind ausgelotet wird?" Der Hauptmann sah sie lange an. "Findest du nicht Balduin kann warten? Ist es so wichtig, dass du mich schicken willst auch wenn Draga demnächst in ungeahnter Stärke einfallen könnte? Ist es dir so viel Wert?"
Alida sah ihn an und schüttelte den Kopf. Wut legte sich in seinen Blick. „Ich habe mit keinem einzigen Wort je erwähnt, dass ich gedenke dich nach Genua zu schicken. Ich habe bereits gesagt: Balduin muss warten. Und ja: wenn er nicht nach Genua kommt, wenn er Belikov nicht rechtzeitig antreffen wird…“ sie schnaubte kurz. „… und ja, das wird er höchstwahrscheinlich nicht wenn er nicht bis morgen Nacht aufgebrochen sein wird da ich mit der Verteidigung meiner Leute beschäftigt bin, dann ist das leider sein Schicksal. Denn mein Schicksal ist hier und nicht im fernen Italien. Er wäre der Erbe Flanderns, derjenige, der eventuell das Schicksal dieses Landes in den Händen halten wird, aber ich werde hier in Brügge gebraucht. Und vielleicht wirst du das auch. Was weiß ich?“ Sie wandte sich Richtung Hafen. „Vielleicht solltest du Gerrit aufsuchen und ihn fragen ob du ihm helfen kannst Pfeiler abzustützen? Damit ist er nämlich grad beschäftigt: steinerne Verstärkung der Grundkonstrukte. Er kann sicher deine handwerklichen Fähigkeiten gebrauchen…“ Sie bemerkte, dass sie zu weit gegangen war und sah ihn an. „Es tut mir leid, Lucien… Ich komme nur nicht zu einer halbwegs guten Lösung…“
Lucien hob eine Hand und machte lediglich eine abwehrende Geste, die andeuten sollte, dass er sie schon verstanden haben mochte. "Der Heiler hat uns alle ziemlich durcheinander gebracht, wir haben mit so etwas nicht gerechnet und vor allem hatten wir auch keinerlei Zeit, diesen Verrat für uns zu überdenken und einzuordnen; man lässt uns ja nicht. Merkwürdig, dass wir von dem was wir eigentlich zur Genüge haben, im richtigen Moment dann wieder dringend benötigen: die Zeit." Knirschend, hob er den Fuß vom brüchigen Mauerwerk und lehnte sich etwas seitlich an die Rückwand des Gebäudes. "Wir brauchen alle mal eine Pause aber die haben wir eben nicht und Entscheidungen müssen getroffen werden, so oder so, wenn wir sie nicht treffen dann entscheiden andere für uns deshalb werde ich den Knaben zusammenpacken und mit ihm Richtung Genua aufbrechen." Bevor er sich zum Gehen wandte, drehte er sich noch einmal zu Alida um. "Ich tue das nicht aus Nächstenliebe oder irgendwelcher herzlichen Menschlichkeit wegen und schon gar nicht wegen Jean. Ich sehe nur die Chance, den echten und rechtmäßigen Thronfolger der sterblichen Nation Flandern zu unseren Trümpfen zählen zu können, wenn Belinkov wirklich so vertrauenswürdig und gut ist, wie du behauptest. Du kannst es nicht und ja, wenn wir ihn jetzt nicht wieder herstellen dann irgendwann später nur fragt sich, wann das sein wird? In hundert Jahren nützt uns der Bengel überhaupt nichts mehr, nicht mal in zehn nützt er uns was. Entweder er wird schnell wieder eine nützliche Ressource oder er ist gar nichts mehr wert - deshalb tue ich es und weil ich dir vertraue." Er grinste. "Wenn ich jemanden hier vertraue, dann dir wenn es um die Verteidigung deiner Stadt geht. Es gibt kaum jemanden der so energiegeladen wird wenn seine Domäne in Bedrängnis gerät. Viel Erfolg, ich gehe Gerrit Bescheid sagen." Als er schon um die Ecke verschwinden wollte, blieb er noch kurz stehen und sah Alida ernst an. "Ich verlasse mich auf dich und die anderen, wenn ich zurückkomme und Brügge brennt, werde ich nicht derjenige sein der eure Überreste zusammenkehrt - also gewinnt diesen Konflikt gefälligst."
„Lucien, warte kurz.“ Sie ging auf ihn zu. „Du musst das nicht tun. Balduin hat deine Hilfe schon oft genug in Anspruch nehmen können. Wenn du das Gefühl hast, dass du hier gebraucht wirst, dann ist dein Platz hier.“ Sie sah über den Hafen. „Aber der Schlag ist als Warnung an Gerrit und mich gedacht und nicht an die Stadt an sich…“ Dann blickte sie zu den grauen Augen des Hauptmannes hinauf. „Ich habe nie behauptet, Belinkov wäre gut oder vertrauenswürdig.“ Sie grinste kurz. „Ich würde ihm mein Leben anvertrauen, aber wohl nicht mehr und nicht weniger. Du solltest auf der Hut sein… aber das bist du eh immer“ Sie lächelte. „Willst du wirklich in den Süden ziehen, Lucien?“
Der Hauptmann nickte und wirkte dennoch eine Spur verwundert, als sie Belinkov noch einmal anbrachte. Das Band zwischen ihr und dem Russen, war ihm immer noch nicht ganz klar geworden - sie hatte sich aber bisher noch nicht allzu viel dazu geäußert und er hatte angenommen, dass es dazu auch nicht mehr allzu viel zu sagen gegeben hätte. Offensichtlich hatte er sich grundlegend geirrt. Ein süffisantes Grinsen aufsetzend und die Schultern nonchalant anhebend nickte er knapp. "Will ich. Was immer Draga in der Stadt treibt, ob es eine Warnung oder ein Anschlag gegen dich, Geritt, die Stadt oder wen auch immer ist, ihr müsst es auch ohne mich schaffen können. Du bist auch oft tagelang nicht in der Stadt und Geritt ist immer wieder außenpolitisch in Frankreich unterwegs, trotzdem muss der Laden laufen, so ist es eben. Niemand kann sich nur auf die anderen verlassen, man muss auch allein etwas zustande bringen. Ihr könnt euch nicht immer auf mich verlassen und ich werde mich davor hüten, all die Verantwortung für mich selbst in eure Hände zu legen. Wenn jeder für sich selbst stark und standhaft bleibt, sind wir gemeinsam nicht zu Fall zu bekommen." Er hob die Hand zum Abschiedsgruß und machte sich auf den Weg. "Ach und Alida: Sei vorsichtig wem du dein Unleben anvertraust, der letzte dem wir das zugestanden haben, war ein Verräter par excellence und ist mittlerweile nur noch ein Aschehaufen im Wind - ich will nicht, das es eines Tages andersrum abläuft." Wieder griff Alida nach seinem Arm und hielt ihn zurück. „Warte einen Moment, Lucien. Bevor du gehst gibt es ein paar Dinge, die du wissen solltest. Ich habe nicht beabsichtigt, offen mit dem Erben von Flandern und seinem noch immer beleidigten Doppelgänger durch die Gegend zu ziehen. Offiziell begebe ich mich mit Frederik, „meinem entstellten Neffen“ und seinem Bruder nach Genua um dort eine andere Händlerfamilie zu treffen. Sie sind eine noch recht junge Familie aber ausgesprochen interessiert und erfolgsversprechend. Medici ist der Name. Sie waren bereits mehrfach bei meiner Familie zu Besuch, falls man das so nennen kann… Frederik wurde letztes Jahr von ihnen eingeladen und wird eine Zeitlang bei ihnen in Florenz leben. Dieser Zufall hat sich gut ergeben. Auf kainitscher Ebene ist ein Treffen mit dem Medici Oberhaupt, einem Toreador, anberaumt. Ich habe einen Boten zu der Regentin von Genua, einer Lasombra geschickt und sollte sie der Höflichkeit Genüge tun, stehen euch die Tore für die Zeit eures Aufenthalts zum Treffen mit den Medici offen. „ Sie kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe. „Vielleicht wäre es sinnvoll einen Kainit mit ausgeprägtem diplomatischen Geschick mitzusenden. Liliana ist im Moment mit dem Hospital und dessen Umgestaltung beschäftigt. Es gibt doch diesen jungen Kappadozianer, der vor kurzem seine etwas forsche Rede vor unserem Rat gehalten hat und nun einige Zeit in Brügge leben darf. Vielleicht möchte er seinen Wert für die Stadt beweisen und mit euch reisen? Er ist Italiener und könnte dich mit der Sprache unterstützen.
Lucien beschenkte Alida mit einem argwöhnischen Blick, der teils der Tatsache geschuldet war, dass etwas so simples wie eine Reise gen Süden auch wenn sie unter erschwerten Bedingungen erfolgte, wieder kainitisch als auch sterblich abgesichert werden musste, teils auch deshalb weil sie ihm unliebsame Begleitung, noch dazu unbekannte, unliebsame Begleitung empfahl. "Ich wäre ja am liebsten allein geritten wenn ich ehrlich bin. Balduin als vermummter Lepra Kranker und eine Geschichte, wie ich meinen entstellten Neffen zu einem Wunderheiler in der Nähe von Genua bringen möchte für die Sterblichen und für die Blutsauger eine andere ähnlich dumme Geschichte aber gut, sei es drum. Dann reisen wir eben mit Kind und Kegel in semi-hochoffiziellen Handelsgeschäften im Namen der Familie van de Burse." Sein Grinsen nahm wieder die altgewohnte hämisch-sarkastische Note an. "Genua liegt in Italien und auch wenn die Lasombra da unten jeder ihr eigenes Süppchen kochen und sich untereinander rangeln, zumindest diese Stadt sitzt fest im Sattel. Einzig Venedig kann ihr da unten das Wasser reichen habe ich gehört." Müsig kratze er sich am Bart. "Die Regentin wird uns sicher diese kleine Unterredung gewähren Alida aber wir müssen dennoch vorsichtig sein. Brügge, Venedig, Genua sind alles Städte die es weit gebracht haben und diesen Status auch so schnell nicht verlieren wollen. Deine Lasombra wird nicht untätig sein und gewiss werden wir dennoch vorsprechen müssen. Hoffen wir das es nicht zum politischen Glatteis mutiert." Als die blonde Frau Liliana erwähnt weiten sich Luciens Augen und beide Hände gehen abwehrend nach oben. "Tu mir das nicht an, es reicht wenn ich einen Krüppel zum Doktor bringen muss in eine Domäne die so dunkel ist wie die beunruhigenden Geschichten die man sich über sie erzählt, da kann ich Lilly nicht brauchen, lieber soll sie das Krankenhaus schmücken und Bilderbücher aufschlagen." Ein Zucken seiner Schultern deutete an, das ihm der Kappadozianer nichts sagte. "Wir haben einen Nekromanten in der Stadt? Warum weiß ich davon nichts? Schlimm genug das Gent und Antwerpen uns jetzt auch noch auf die Finger sieht, meiner Meinung nach dürfen die sofort wieder gehen, Leif war der einzige der Diablerie begangen hat das stinkt alles nach purem Neid und dem nächsten Verrat." Misstrauisch stemmte der Gangrel die Hände in die Hüften. "Wer ist dieser Totenbeschwörer? Ist er brauchbar? Woher kommt er? Wie heißt er? Kann er was? Wie steht er zu uns und den Anliegen der Stadt? Kann er die Klappe halten wenn ich es ihm sage?" Erneut grinste Lucien.
Alida grinste zurück. „Das musst du selbst herausfinden, fürchte ich. Aber er spricht Italienisch. Da wird er dir sicher hilfreich sein. Ich werde ihm später eine Botschaft schicken. Ihr könntet morgen gleich nach Sonnenuntergang aufbrechen. Ich würde ihm trotzdem nicht offenbaren, dass du den Erben von Flandern dabei hast. Gib ihn als sterblichen Neffen von mir aus, den Costayne aus Rache an mir entstellt hat. Den Doppelgänger konnte ich mittlerweile davon überzeugen, dass es nicht sein Schaden sein wird, wenn er mit Balduin nach Genua reist. Er sollte euch nicht viel Arbeit kosten.“ Wieder überlegte sie. „Ich hab keine Ahnung wie ihr Belinkov in Genua finden könnt, aber ein Tross von 20-30 Mann sollte genug Aufmerksamkeit auf sich ziehen.“ Sie kramte in einer Tasche und drückte ihm einen kleinen Lederbeutel in die Hand. „Gib ihm das wenn du ihn tatsächlich antriffst. Dann weiß er, dass du von mir kommst. Okay?“
Ein kurzes Nicken quittierte ihre Anweisungen, als für den Hauptmann der Nachtwache annehmbaren Vorschlag. "Nachdem die Russen schon vor den Toren stehen und uns die Dänen verraten haben, die Franzosen und Engländer nur darauf warten das wir straucheln, klopfen jetzt auch noch die Italiener an unsere Tür." Lucien schüttelte den Kopf. "Was solls, wie ich immer zu sagen pflege: Länder sind Schall und Rauch wenn man untot ist. Ich werde ihm einen Besuch abstatten und mich ein wenig mit ihm unterhalten, mir ein Bild von dem Knaben machen. Hoffentlich ist er brauchbar - falls nicht, schick ich ihn dir sofort wieder retour. Dann kann er Blumengirlanden flechten." Bestimmt, rückte er sein Wams zurecht. "Bereite du nur alles vor und instruiere deine Leute dementsprechend, ich werde morgen Abend mit dem Totenbeschwörer am Südtor abreisefertig warten. Sollte der doppelte Balduin Ärger machen, finde ich schon Möglichkeiten sein Aussehen intakt zu halten und ihn dennoch zum Schweigen zu bringen. Was Belinkov angeht: Ein russischer Händler in einer Lasombra Hochburg - ich denke wir werden nicht lange suchen müssen." Ihren kleinen Beutel nahm er überrascht entgegen und öffnete ihn kurz um den Inhalt zu begutachten. "Ein Anhänger? Euer Hochzeitsgeschenk?" Blanke Zähne die breit grinsten strahlten ihr entgegen.
Lucien konnte den Beutel ohne Mühe öffnen und dunkle feine Erde, einzelne weiße Blütenblätter und ein kleiner brauner Halbedelstein fielen ihm in die Hand. Alida stand dicht neben ihm. „Wir Tzimiske sind wohl ein seltsamer Clan. Du wirst keinen Kainit finden, der so an seine Heimat verknüpft ist… und nur wenn wir einen Teil von ihr bei uns haben können wir existieren. Das ist meiner.“ Sie lächelte.
Lucien zuckte nur abermals mit den Schultern. "Clansgeheimnisse, die ich gar nicht in aller Detail Verliebtheit kennen muss. Es reicht zu wissen, dass er es erkennen wird und vielleicht einen Augenblick länger überlegt, ob er mich köpft oder mir zuhört." Mit einem gekonnten Griff an seinen Gürtel, verstaute er den Beutel sorgfältig und tätschelte ihn liebevoll, wie zum Beweis, dass er bei ihm sicher wäre. "Ich kläre nun die restlichen Dinge mit der Stadtwache, schließlich werde ich ja dennoch eine Zeit lang wegbleiben und auch Gerrit will informiert sein. Triff deine Vorbereitungen, ich treffe die meinen und sorge bitte dafür, dass Jean auf keinen Fall auf die Idee kommt mir nachzureiten - sag ihm er wird hier gebraucht. Das ist noch nicht mal gelogen."
Sie nickte. „Dann treffen wir uns morgen am Stadttor. Ich werde Balduin, den Doppelgänger und Frederik mitbringen. Vitto, den jungen Kappadozianer, werde ich informieren. Vielleicht erklärt er sich bereit. Wir werden sehen. Ist doch eine gute Möglichkeit um ihm mal auf den Zahn zu fühlen, oder? Das mit Jean solltest du aber selbst ausmachen. Der Junge hört zwar auch auf mich, aber du bist sein großes Vorbild. Wenn er wirklich auf jemanden hört, dann auf dich, oder? Aber ich bin mir sicher, er will mit. Sowohl du als auch Balduin, da ist sich Jean sicher, können tags, beziehungsweise nachts Hilfe gebrauchen
Lucien nickte. "Ja, vermutlich hast du Recht. Das mit Jean kläre ich noch. Möglicherweise ist er in meiner Nähe sogar sicherer als hier in Brügge vor allem da die Kanäle angegriffen werden. Ich informiere jetzt die Wache und Gerrit. Schick du mir Jean nach Hause, ich werde nicht lange brauchen und der Junge muss für morgen noch packen. Vitto werd ich mir ansehen. Wenn er was taugt, lass ich es dich wissen."
Sie nickte und drückte ihn kurz fest an sich. "Paß auf dich auf, ja?" Dann ging sie die Treppe hinunter und zurück Richtung Scheune.
"Ich pass auf die anderen auf - wie immer." Dann entfernte auch er sich um sich auf morgen Nacht vorzubereiten.

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Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Zuletzt geändert von Alida am Mo 13. Jun 2016, 14:32, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Do 12. Feb 2015, 23:33 


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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Fr 13. Feb 2015, 10:56 
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Sehr geehrter Vittio Giovanni
Seit einigen Wochen dürfen wir Euch in unserer Domäne willkommen heißen. Ich würde mich gerne aufgrund einer eiligen Angelegenheit heute noch mit euch treffen und schlage aus diesem Grund die Zehnte Stunde im Elysium „zur blutigen Jungfrau“ vor. Sollte euch ein anderer Treffpunkt gelegen erscheinen werde ich mich gerne zu gegebener Stunde dort einfinden.

Hochachtungsvoll
Alida van de Burse

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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Fr 13. Feb 2015, 14:21 
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Vito war gerade dabei dem Leichnam der vor ihm lag die letzte Ölung zu verpassen, auf dass er dann begraben werden konnte. Ein simpler Bettler, ohne Angehörige und ohne jemanden der für dessen Begräbnis bezahlen würde, aber das war nicht schlimm. Der Körper des Mannes war zwar nicht der eines jungen Ritters, aber würde in Notzeiten noch immer genug herhalten um seinen Dienst zu erfüllen – Vito hoffe aber das dies nicht nötig sein würde – aber die Zeit würde zeigen was Brügge für ihn bereit hielt. Die Stadt befand sich im Moment im Umbruch und er hoffte die Situation nutzen zu können um sich einen Platz hier auf die eine oder andere Art und Weise zu erkämpfen, denn der Kappadozianer war sich sicher, dass der Rat von seinen Fähigkeiten profitieren konnte. Feingefühl, Diplomatie und ein bisschen okkultes Wissen um genau zu sein. Ein Geräusch riss ihn schließlich aus seinen Gedanken und er schaute sich um. Da war ‚Flöckchen‘ seine Katze, naja besser wiedererweckte Katze die durch die Gruft streifte. Nicht auf der Suche nach Mäusen sondern einfach weil seine nekromantische Kraft sie animierte bis sie vollständig verwest war. Vito lächelte, er hat das Tier gerne um sich es war zwar als Zombie nicht sonderlich clever brachte ihn aber das eine oder andere mal immer noch zum Lachen.

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Er stieg schließlich die Stufen hinauf in die kleine Kapelle die auf dem Gottesacker stand und ihm als Zuflucht diente und ließ die Kryta hinter sich. Gerold, Vito's Ghul, wartete in der Kapelle auf ihn. Überraschenderweise musste man sagen, sollte er doch im Moment das Grab für den Bettler ausheben. Der riesige Mann war offensichtlich ein wenig überfordert – nun das war nicht verwunderlich dachte sich der Kappadozianer, denn Vito hatte ihn nicht wegen seines Intellekts sondern ehr wegen seiner schieren körperlichen Kraft zum Ghul gemacht und er fragte sich manchmal ernsthaft ob Flöckchen cleverer war als der gute Gerold…„Nachricht…“ stammelte der Riese schließlich und Vittorio nahm diese an sich. Ein Bote musste gekommen, sein, das erklärte in jedem Falle die Verwirrtheit des Ghuls. Er lächelte und dieses Lächeln wurde noch breiter, als er den Inhalt der Nachricht las. Alida van der Burse wollte ihn sehen wegen einer dringenden Angelegenheit. Nun das würde die Nacht doch noch interessant machen und hätte den angenehmen Nebeneffekt ihm noch einen etwas..kreativeren Gesprächspartner zu liefern als er gerade um sich hatte. Er analysierte die Nachricht seiner Natur gemäß und schloss daraus, dass es um etwas größeres gehen musste wenn sich die immer beschäftigte Tzimisce Zeit dafür nahm. Er warf sich schnell eine saubere Mönchsrobe über, überquerte den Friedhof während er die Kapuze zurecht rückte und machte sich auf den Weg in die Stadt zum Elysium.

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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: So 15. Feb 2015, 00:02 
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Das Elysium „Zur blutigen Jungfrau“ hatte sich auch nach all den Jahren nicht verändert. Das gemütliche Gasthaus ließ durch die Vordertür die heimischen und fremden Besucher ein – und ausströmen während die Hintertür besonderen Gästen vorbehalten war.
Vito konnte ohne große Mühe eintreten. Zwei Männer saßen im Vorraum und spielten Karten, erhoben sich aber als der junge Kappadozianer eintrat und verbeugten sich leicht. „Zu Alida wollt ihr, oder?“ Der große Hüne hielt ihm eine kleine Holztür auf, die in ein Nebenzimmer führte.

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Niemand war zugegen. Dann erkannte er eine junge blonde Frau an einem der Tische. Sie erhob sich als sie ihn bemerkte und kam mit erwartungsvollem Gesichtsausdruck auf ihn zu.

Vito nahm die Umgebung des Gasthauses in sich auf. Ein sauberer ruhiger Ort der zum verweilen Einlud wie so viele Gaststuben im schönen Brügge. Trotzdem diese Taverne hatte etwas besonderes. Er ließ sich schließlich ins Hinterzimmer führen und sah die Tzimisce Alida die bereits auf ihn wartete. Er verbeugte sich leicht, ließ sie abr nicht aus den Augen. "Guten Abend Frau van der Burse. Ich danke für eure Einladung und die Möglichkeit einen ansonsten tristen Abend noch mit ein wenig erheiternderer Kommunikation zu füllen, als das Wehklagen der Toten. Welcher Umstand verschafft mir die Ehre?"

Sie lächelte erfreut und streckte ihm zur Begrüßung die Hand entgegen wie es Bürger häufig zu tun pflegten. Dann deutete sie auf einen Tisch am Ende des Raumes. „Vielen Dank, dass ihr erschienen seid, Herr Giovanni. Wollen wir Platz nehmen?“ Alida ging zurück zum Tisch und wartete bis sich der Gast gesetzt hatte um dann selbst auf den weichen Stuhl zu fallen. Aus einem Nebenraum erschien ein junger Mann mit zwei Bierkrügen, die er auf den Tisch stellte. Er lächelte dem, jungen Kappadozianer kurz zu und verbeugte sich. „Herr Giovanni? Frederik van de Burse. Freut mich eure Bekanntschaft zu machen.“ Er sah zu der Frau. „Alida? Brauchst du noch was? Sonst mach ich mich auf zur Maria. Die Waren vom kleinen Ostkontor sind noch nicht verladen worden.“ „Danke, Frederik. Wir sehen uns später.“ Der Mann verschwand diesmal Richtung Ausgang.
Der Kappadozianer nahm das Angebot mit einem Kopfnicken an und setzte sich. Den Bierkrug beäugte er kurz, rührte ihn aber nicht an. Nicht aus Paranoia wenn man das meinen sollte sondern einfach weil er mit sterblichem Essen und Trinken nicht mehr viel anfangen konnte. Leider. Abgesehen davon war das auch einfach nicht die Art des Brügger Rates mit unliebsamen Gästen umzugehen. Nein solche Dinge wurden weniger mit hinter dem Rücken als direkt durch die Brust vollzogen und davon einmal abgesehen hatte er nicht das Gefühl als potentielle Bedrohung eingestuft worden zu sein. Nun ja, aber man hatte ihn sicher nicht wegen eines Bieres herbestellt, das er nicht mehr genießen konnte. Die Zeit einer Alida van der Burse war kostbarer als das und wenn man einmal ehrlich war, auch die seine selbst wenn seine Hauptbeschäftigung nicht mehr weglaufen konnte. "Ein schönes Elysium hat diese Stadt, ein wenig inaktiv vielleicht, aber warum sollte man sich auch mit Elysiumspolitik herumschlagen, wenn das erwählte System so gut funktioniert." Er lächelte breit. Das Lächeln hatte keinesfalls herausforderndes aber man konnte schon einen Hauch von Doppeldeutigkeit heraushören. "Also wollen wir zum Geschäft kommen? Denn das ist es doch was ihr meistens zu tun pflegt unter solchen Umständen wie man hört Frau van der Burse oder?" Er schaute sie erwartungsvoll an.
Alida lachte aufgrund seiner offenen Art. „Ihr kommt wirklich schnell zur Sache, Herr Giovanni.“ Sie griff nach dem Bierhumpen, der mit Blut gefüllt war und nippte daran. Sie deutete mit einer Handbewegung auf den anderen Becher. „Nehmt, wenn ihr wollt. Das erspart Jagden und andere mögliche Unannehmlichkeiten.“ Sie grinste erneut. „Ihr habt Recht. Es geht um ein Geschäft, wobei ich es nicht als Geschäft ansehen würde. Ich möchte euch um einen Gefallen bitten und es liegt in eurer freien Entscheidung ob ihr ihn mir gewähren wollt, oder nicht. Doch zuvor würde ich gerne mehr über euch wissen. Ihr habt in eurer Anspräche beim letzten Mal im Rat eure Gründe offen gelegt, weshalb ihr Brügge als neue Zuflucht gewählt habt. Aber berichtet mir doch ein wenig. Was hat euch überhaupt nach Flandern geführt?“
Er betrachtete den Bierhumpen kurz rührte ihn letztendlich allerdings doch nicht an. Die Jagd war ein reizvoller Teil des Unlebens und immer wieder gut einen daran zu erinnern was man doch für ein Monster war und welche Verantwortung dazugehörte diesen Teil des untoten Selbstes nicht ausbrechen zu lassen. "Nun Flandern ist ein Teil Europas der im Moment sehr stark an Momentum gewinnt. Nicht nur hier in Brügge auch andere Städte entwickeln sich und stellen Gegenstücke zu den Handelsmetropolen Italiens dar. Solcherlei Veränderungen bringen immer Gefahren mit sich - und Chancen." Er machte eine kurze pause bevor er weiter sprach. "Ich bin von meinem Erzeuger nach Brüssel geschickt wurden um unsere Stand als Clan hier in Flandern weiter auszubauen und dem Prinzen von Brüssel [Hier Namen denken] ein wenig bezüglich des politischen Geschicks zur Hand zu gehen. Nun wie ihr sicherlich selber wisst..." Das grinsen wurde breiter "Hat die Nacht in der ihr mit euren Ratsmitgliedern am Ball teilgenommen habt diese Pläne ein wenig umgeworfen, was aber nach wie vor nichts daran ändert, dass sich hier in Flandern einige Dinge wegweisende Dinge in den nächsten Nächten ereignen werden. Ihr habt mich wahrscheinlich nicht wahrgenommen aber ich war anwesend in jener Nacht in Brüssel - die Nacht die man inzwischen die Nacht des Infernos nennt."
Sie seufzte, wurde still und an ihrem Blick erkannte man, dass sie an Sachen dachte, die sie lieber verdrängt hätte. „Ja, damals kam alles ein wenig anders als erwartet.“ Sie blickte wieder zu ihrem italienischen Gesprächspartner. „Flandern ist mit Sicherheit ein interessanter Flecken Erde zu diesen Zeiten und Italien nicht unähnlich. Nur hier findet ihr in Europa eine ähnliche Städtedichte. Unsere Metropolen und die in Italien sind ein großartiges Werk und es ist gut sich untereinander auszutauschen. Ich bin mir sicher wir profitieren von eurem Wissen so wie ihr möglicherweise von dem unsrigen. Über unsere Nosferatu, Gott mag wissen woher sie immer ihre Informationen beziehen, habe ich erfahren, dass ihr früher Kardinal wart. Ist ein einfaches „Unleben“ auf dem Friedhof denn nun genug für euch? Ich könnte mir vorstellen, dass der Vatikan einem Mann wie euch größere Türen offen stehen lässt?“

Er nickte. "Oh ja das war ich. Und der Vatikan ist eine Schule wie es nur wenige gibt auf dieser Welt und den kainitischen Höfen in unserer Welt der Dunkelheit nicht unähnlich. Aber ich hatte einen Fehler. Ich war zu unambitioniert. Ich wollte verstehen, lernen und erkennen - aber nicht mehr. Für solche Männer gibt es keinen Platz auf Dauer im Vatikan - mit wie viel Geld sie sich das Amt des Kardinals auch immer erkauft haben mögen. Schaut nicht überrascht, aber natürlich wurde mir das Amt gekauft - wie sonst würde ein 25jähriger Kardinal werden." Er zwinkerte ihr zu. "Aber ihr seht letztendlich stand ich mir selber im Weg und jede Schule findet einmal ihr Ende und im Grunde war ich froh den Kuss erhalten zu haben. So hatte ich die Möglichkeit mich Neuen und anderen Dingen zuzuwenden."
Sie blickte ihn interessiert und fragend an. Solche Offenheit war sie wirklich nicht gewohnt. „Nun denn: Dann möge der Gottesacker Brügges, unsere Kirchen und was auch immer euch beliebt, offen stehen.“ Sie grinste erneut. „Ist es euch derweil gut ergangen?“
"Die Nächte nach dem Inferno waren ... sagen wir einmal interessant um ehrlich zu sein - ich würde lügen wenn ich irgendetwas anderes behaupten würde. Aber ich war darauf vorbereitet, dass es früher oder später in Brüssel knallen würde, deshalb war am Ende doch alles recht reibungslos. Hier ist noch nicht viel passiert und bis jetzt habe ich mir die Katastrophen Brügges doch eher als Zuschauer angesehen. Wisst ihr es ist recht tröstlich zu wissen, dass Brügge keine Ausnahme von der Regel ist. Dieser Stadt schien immer alles zu gelingen und man fragte sich wieso sie von allen politischen Stürmen verschont blieb ... jetzt wird mir klar, dass alles ganz ähnlich ist. Das Erfolgsrezept muss also noch ein ganz anderes sein." Er grinste breit. "Wisst ihr Alida, dass sich eine Redewendung gebildet hat nachdem was in Brüssel passiert ist? Habt ihr bereits davon gehört was es bedeutet Brüsseler Konsequenzen zu ziehen?" Er schaute sie interessiert an.
Sie zog eine Augenbraue nach oben. „Ich bin mir sicher, ihr werdet mich aufklären?“

"Es bedeutet, dass man sich mit einem politischen Gegner einlässt auf den man nicht vorbereitet ist und man dann die entsprechenden Konsequenzen zieht - und im Grunde sind diese immer schlecht und oft sogar mit dem endgültigen Tod verbunden. Der Dünkirchener Verhandlungstisch, nun die Brüsseler Konsequenzen - egal was man vom Rat Brügges halten mag und die Dinge die ihr oder einzelne Ratsmitglieder getan haben, aber ihr hinterlasst Eindruck. nachhaltigen Eindruck." Schließlich beugte sich Vito etwas vor und schaute Alida in die Augen. "Deswegen bin ich nun auch umso mehr gespannt auf den Gefallen um den ihr mich bitten wollt. Es ist ein recht ungewöhnlicher Zug einen Außenstehenden mit einzubeziehen wenn ich es recht deute oder? Im Grunde blieben alle Angelegenheiten doch sonst ehr immer intern und wurden auch intern geregelt wenn mich nicht alles täuscht...Und nur damit ihr mich nicht falsch versteht - Ich begrüße diese Neugestaltung sehr. Also warum bin ich hier - wie kann ich euch helfen?" Der Kappadozianer lehnte sich wieder an seinen Stuhl an Alida konnte sehen wie gespannt er war.
Sie verschränkte die Finger. „Ich befürworte diplomatischere Methoden um mich für das Wohl von Brügge einzusetzen aber manchmal kommen die Dinge anders als man zu Beginn vermuten möchte, nicht wahr?“ Sie ergriff erneut den Humpen und nahm einen Schluck.
„Ich habe schon erwähnt. Ich möchte euch um einen Gefallen bitten. Morgen Abend bricht unser Hauptmann, den ihr vielleicht schon zu Gesicht bekommen habt, Lucien Sabatier, gen Italien auf. Eigentlich war diese Reise von mir geplant und organisiert aber unvorhersehbare Umstände haben dazu geführt, dass ich leider in Brügge gebraucht werde. Der Hauptmann geleitet mitunter meinen Neffen, den ihr soeben kennen gelernt habt nach Genua und trifft dort auf einen florentinische Händler und Toreador namens Giovanni de Medici. Da er des Italienischen nicht mächtig ist würde ich euch bitten ihn zu begleiten. Fähige diplomatische, kainitische Unterstützung ist bei einem solchen Treffen mit Sicherheit einiges wert. Und dabei habe ich an euch gedacht. Des Weiteren kann es sein, dass ihr zur Prinz von Genua geladen werdet einer einflussreichen Frau, die sich selbst Baronessa nennt.“
Er nickte. Und wartete eine kurze Zeit bevor er weiter sprach. "Also gut die Parameter sind klar. Jetzt stellt sich meiner bescheidenen Person nur noch eine kleine Frage. Was genau habe ich davon wenn ich euren Neffen nach Genua begleite?"
Sie lächelte bezaubernd zurück und konnte sich dann doch ein Grinsen nicht verkneifen. „Was hättet Ihr hingegen davon wenn ihr es nicht tätet?“
"Nun ich würde mein entzückendes Selbst nicht dort draußen riskieren. ihr wisst reisen als Kainit sind gefährlich, mal ganz davon abgesehen das ich eurem Neffen während des Tages auf Gedeih und Verderb ausgeliefert währe. Ihr verzeiht mir aber dort wo ich herkomme schadet eine gewisse Motivation nicht wenn man sich auf eine solch ungewisse und gefahrvolle Reise begibt..."
Alida presste die Lippen aufeinander um sich das Grinsen zu verkneifen. Dieses eine Mal schien sie am längeren Hebel zu sitzen. „Ja, Reisen sind mit Gefahren verbunden und mein Neffe kann bei Tag und bei Nacht wenn er Seneca oder dessen Freunde zitiert wirklich ein anstrengender Reisegefährte sein.“ Sie lachte.“ Und genau aus diesem Grund solltet ihr diese Reise antreten. Damit ihr nicht demnächst mit eurem gesamten Hausrat erneut auf Wanderschaft gehen müsst…“
Sie sah den jungen Mann mit ihren grau blauen Augen verschmitzt an. „Nein. Genug. Ich bleibe bei den Tatsachen: Wenn ihr euch mit unserem Hauptmann nach Genua aufmacht, dann werde ich in sechs Monaten ein gutes Wort für euch einlegen. Brügge ist fürwahr eine gute Heimat. Wohl auch für einen Kappadozianer“
Sekunden verstrichen...Der Kappadozianer stand schließlich auf und verbeugte sich, tiefer noch als bei ihrer Begrüßung und setzte sich dann wieder. "Ich wusste nicht, dass persönlicher Gefallen an Alida von Brügge mit der Aufnahme in diese Domäne verknüpft ist, wo dieser Gefallen doch augenscheinlich in keinerlei Verbindung zum Wohl der hiesigen Domäne oder kainitischen Gesellschaft steht. Doch ist die Situation für mich nun umso klarer - ich tue was eure Majestät befielt um Aufenthalt in ihrer Domäne zu erhalten." Er schaute sie an und wich ihrem Blick nicht an. Dieses Mal war es eine Herausforderung.
Sie ließ sich in den Sessel zurück sinken und atmete tief aus. „Nein. Mein Wohlwollen ist keine Bedingung für die Aufnahme in Brügge. Es kann gut und gerne sein, dass ihr in den nächsten sechs Monaten genug Freunde und Verbündete findet, die sich dafür aussprechen werden, dass ihr bleiben dürft. Und vielleicht werde ich auch ohne, dass ihr mir den Gefallen tut, eine davon sein. Es ist eure Entscheidung. Ihr könnt Lucien und damit auch mir helfen oder ihr könnt es lassen.“ Sie trank aus und schob den Becher von sich.
"Dann werde ich leider ablehnen müssen. Euer Angebot ehrt mich, aber ich kaufe die Katze nicht im Sack Frau van Burse. Es gibt etwas, dass ihr mir nicht sagt - das fair von eurer Seite ihr kennt mich nicht weswegen solltet ihr mir vertrauen ... Aber genauso wenig könnt ihr von mir erwarten das ich euch blind vertraue, schließlich erwartet ihr das ich halb Europa für ein 'vielleicht' bezüglich meines permanenten Aufenthalts hier durchreise um mich dann 'vielleicht' bei einem Prinzen vorzustellen in einer Mission von der ich keinerlei Kenntnis habe. Ich mag keine unvorhergesehenen Wendungen - wahrscheinlich genauso wenig wie ihr. Wenn das dann alles ist Frau van der Burse?"
„Wie ihr schon gesagt habt. Ich kenne euch nicht. Ein weiser Mann hat mal gesagt: „Zu viel Vertrauen ist häufig eine Dummheit, zu viel Misstrauen ist immer ein Unglück.“ Aber ich bin für mich zu der Erkenntnis gelangt, dass ich meinen Freunden vertraue und selbst dies ist manchmal… sagen wir es etwas diplomatisch: frustrierend… und werde im Moment nicht das Risiko eingehen euch in Dinge einzuweihen die ihr an den nächstbesten Nosferatu verkaufen könnt. Solltet ihr euch entscheiden mitzureisen: Sabatier bricht morgen zur 10. Stunde vom Südtor auf. Und sollte er euch für vertrauenswert halten, dann wird er euch alles was ihr wissen solltet mitteilen. Und ja, es gibt Dinge, die gesagt werden sollten. Aber nicht jetzt hier von mir.“ Sie erhob sich. „Herr Giovanni?“
"Unsere Sichtweise bezüglich dieser Dinge ist sehr ähnlich Frau van der Burse soviel kann ich bereits jetzt feststellen. Das macht manche Dinge einfach und andere eben viel schwieriger. Frau van der Burse ich empfehle mich und danke für die Gastfreundschaft." Er verneigte sich leicht.
„Ich danke dafür, dass ihr meiner Einladung gefolgt seid. Ich wünsche euch einen schönen Abend hoffe, dass ihr euch in den nächsten Monaten noch gut in Brügge einleben werdet. Verzeiht, aber ich habe noch sehr viele heute Nacht zu tun.“ Sie streckte ihm zum Abschied die Hand entgegen.
Er ergriff ihre Hand, nickte und würde dann noch sagen: "Viel Glück für euer Vorhaben." Dann verließ er das Elysium

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Zuletzt geändert von Alida am Di 31. Mär 2015, 13:11, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Mo 16. Feb 2015, 13:19 
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Was für eine Nacht. Vito dachte noch einmal an die Situation mit Alida van der Burse zurück. Natürlich war sie eine harte Geschäftspartnerin und sie kannte Argumente und Tricks damit sich die Welt ihren Ideen beugt. Zugegeben sie wusste was sie tat – und der Kappadozianer war sich sicher es gab genügend Sterbliche die dieses Art des Handelns zu schätzen wussten und die gewillt waren ein großes Risiko einzugehen – er war es aber nicht. Einhundert Jahre Unleben waren nicht durch Unvorsichtigkeit verdient und Vito hoffte noch immer das der Rat seine Talente und seinen Geisteshaltung anerkennen würden damit er sich – schließlich und endlich – einen Platz im Brügger Rat erkämpfen würde können – seinem ultimativen Ziel…Und genau das bedeutete, dass er sich jetzt etwas einfallen lassen musste. Wie so oft in solchen Situationen nahm Vito einen Schädel zur Hand um nachzudenken. Er drehte diesen hin und her und strengte seinen glücklicherweise recht gesegneten Geist an um die nächsten Schritte zu planen. Der morgen dämmerte bereits und die Müdigkeit lastete schon schwer auf dem Kainiten, aber schließlich kam ihm die rettende Idee und er machte sich bereit alles vorzubereiten um hoffentlich am nächsten Tag nach Italien aufbrechen zu können.

Die nächste Nacht kam schnell und Vito schüttelte den Schlaf von sich so schnell er konnte. Er nahm wenige Dinge mit sich. Um genau zu sein war des einzig Ungewöhnliche das er im Geheimfach seines Tornisters verstaute eine große Menge Asche. Es ist schon eigenartig – als Untoter brauchte man so viel weniger um auf Reisen zu gehen, aber es ist doch um so viel schwieriger. Es war inzwischen fast 10 Uhr am Abend und der Kappadozianer machte sich schließlich auf den Weg zum Südtor um Lucien Sabatier den Hauptmann der Wache abzufangen. Er kam genau richtig denn der Tross formte sich bereits und der Hauptmann der Wache war schnell ausgemacht. Dabei war das verräterischste Merkmal wer der Untote in der Gruppe war nicht an seinem Aussehen festzumachen, sondern ehr die absolut sichere Überlegenheit mit der er sich durch den Tross bewegte. Vito ging schließlich auf die Gestalt zu:
„Guten Abend Herr Sabatier. Ich hatte gestern Nacht das Vergnügen die sehr verehrte Alida van der Burse kennen zu lernen die mir ein Angebot machte. Ich bin mir fast sicher ihr habt schon davon gehört. Sie sagte ihr braucht einen Übersetzer der euch im fernen Italien hilft – darüber hinaus wurde ihre Beschreibung des Auftrags ein wenig, nun sagen wir vage... Dies ist auch der Grund wieso ich ablehnen musste, springe ich doch ungern in Gewässer ohne zumindest zu ahnen wie tief sie wirklich sind und welche Monster vielleicht darin lauern mögen. Trotz allem werden ihr sicherlich nicht überrascht sein, dass ich dem Rat Brügges und seinen Mitgliedern meinen Wert beweisen möchte. Daher würde ich auch gerne ein Gegenangebot formulieren – oder besser gesagt ein Geschäft. Ich begleite euch nach Genua als Teil dieser Karawane – aber als Gast und bezahle für die Eskorte und die Sicherheit die sie bietet wie jeder andere es auch tun würde. Ab Italien arbeite ich dann für euch als Übersetzer, halte mich aber aus allen politischen und unpolitischen Geschäften raus die ihr zusätzlich geplant habt und trete vor anderen Kaniten auch als Vito Giovani und nicht als Teil von Brügge auf. Also zwei Pfund Silber sind denke ich angemessen für die Eskorte bis Italien von denen Ich meinen Lohn für die Übersetzungstätigkeit abziehe sobald wir dort sind. Das macht dann insgesamt 1 Pfund Silber und 37 Pence die ich euch schulde. Die Hälfte gibt es jetzt die andere Hälfte wenn wir dort sind. Deal Herr Sabathier? Es liegt an Ihnen, zu verlieren hab ihr nicht viel zu gewinnen eine ganze Menge.“ Mit einer flüssigen Bewegung warf er dem Gangrel einen Lederbeutel zu in dem das Silber klimperte.

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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Mo 16. Feb 2015, 17:04 
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Alida trat hinter einem Wagen hervor und reichte Lucien eine Satteldecke für seinen Brabanter Ajax. Sie blickte interessiert in Vitos Richtung und ein leichtes Schmunzeln umspielte ihre Lippen. „Herr Giovanni? Es ist mir eine Freude euch wiederzusehen. Ein Vergnügen, mit dem ich nicht gerechnet habe.“ Sie nickte. „Wie kommen wir zu der Ehre, dass ihr nun sogar für etwas bezahlen möchtet für das ihr selbst bezahlt worden wäret? Eine Entlohnung in Form von Silber hättet ihr jederzeit einfordern können. Das wisst ihr.“ Sie lächelte, wusste sie doch, dass es dem Italiener um etwas anderes gehen musste. Sie drückte Lucien nachdem er die Decke auf dem hohen Rücken des Pferdes positioniert hatte ein ledernes Zaumzeug in die Hand. Wieder wanderte ihr Blick in Vitos Richtung. „Versteht mich bitte nicht falsch wenn ich offen zu euch spreche. Ich habe mich letzte Nacht nach unserem Gespräch gefragt über welche Eigenschaften ihr im Besonderen verfügt: Intelligenz, eine scharfe Zunge, ihr haltet mit eurer Meinung nicht hinter dem Berg, durchaus diplomatisches Geschick aber im Moment schätze ich, eine ausgesprochene Portion Stolz gehört auch dazu.“ Wieder musste sie grinsen. „Danke, dass ihr es euch anders überlegt habt. Es soll euer Schaden nicht sein.“

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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Di 17. Feb 2015, 22:24 
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Auch Vito konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Frau Alida van der Burse. Nun es sollte mich wahrlich nicht wundern euch hier anzutreffen.“ Er verbeugte sich leicht vor ihr. „Ihr wisst sicherlich das Geld zwar schön ist und es einem erlauben kann sich einen gewissen Luxus zu leisten der das Leben einfacher macht, aber dann eben doch nur ein Mittel zum Zweck ist.“ Das Grinsen wich auch mit den nächsten Satz der sprach nicht von seinem Gesicht, allerdings konnte man auch gut sehen, dass noch eine Portion Vorsicht dazukam als Alida ihn analysierte. „Ihr schmeichelt einem einfachen Mann der Kirche mehr als ihm zusteht - aber wenn ihr einen ausgeprägten Selbsterhaltungstrieb mit Stolz in Verbindung bring muss ich gestehen, dass der Vergleich wohl nicht so weit hergeholt ist - schuldig im Sinne der Anklage.“ Er verbeugte sich noch ein wenig tiefer ließ sie dabei aber nicht aus den Augen. „Ich bin gespannt auf diese kleine Reise – Italien ist wahrlich herrlich um diese Jahreszeit, obwohl ich vermute, dass nicht viel Zeit bleiben wird die Landschaft zu bewundern.“ Er machte eine kurze Pause und schien etwas hinter Alida ins Auge zu fassen. „Ach und da kommt ja auch schon worauf ich gewartet hatte. Mein treuer Freund.“ Ein riesiger Mann, so groß wie ihn Alida wohl selten gesehen hatte führte ein Pferd neben sich zum Tross. Das Pferd selbst war tiefschwarz und ebenso dünn wie der der das Zaumzeug in der Hand hatte groß war.

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Man könnte Angst bekommen das das Pferd unter dem Mann zusammenbrechen würde, aber es wurde klar, dass der Mann keine Anstalten machte auf das Pferd aufzusteigen. Der Kappadozianer lächelte und nickte anerkennen als der Gigant vor ihm stehen blieb.
„Gut gemacht Gerold" Es war ein wenig irritierend, erwartete man ob der Stimmlage und der tätschelnden Geste zu der er ansetzte, dass Vito das Pferd berühren würde. Aber dem war nicht so und anstelle des Tieres streichelte er dem Mann der ihn um beinahe drei Haupteslängen überragte den Arm. "Ich hoffe schon sehr bald wieder nach Hause zu kommen. Bis dahin benimm dich gut. ich will später keine Klagen hören.“ Der riesige Mann schien etwas langsam von Begriff zu sein und es dauerte eine ganze Weile bis er mit seinem riesigen Kopf nickte und wieder in Richtung der Stadtmauern schlürfte, von dort wo er hergekommen war. Mit einem schnellen Satz war Vito auf das Pferd aufgestiegen, dass trotz seines fragilen Körperbaus vor Kraft zu strotzen schien und sich offensichtlich darüber freute bald loslaufen zu dürfen. Dann wandte er noch einmal Alida seine volle Aufmerksamkeit zu. „Eine Schande das ihr der Reise nicht beiwohnen könnte, aber das gibt uns nur die Möglichkeit unser Kennenlernen bei anderer Gelegenheit ein wenig mehr zu vertiefen – unter der Voraussetzung das wir auf dem Weg nicht überfallen und abgeschlachtet werden versteht sich - aber darum wird sich sicher unser Hauptmann kümmern, dass wir alle in einem Stück ankommen. Schließlich soll es ja, wie sagtet ihr so schön, mein Schaden nicht sein.“ Er zwinkerte unbekümmert und könnte auf Alida in diesem Moment ehr wie ein junger Mann der gerade das erste Mal seinen Weiler verließ wirken und überhaupt keine Ahnung hatte wie dunkel die Welt da draußen eigentlich war. In jedem Falle schien er eben nicht wie ein unsterblicher Kainit und es war schwierig sein wahres Alter einzuschätzen. Zwischen 100 Jahren und 100 Tagen schien alles möglich. Die Tzimisce konnte selber urteilen ob sie dieser Beobachtung mit Sorge erfüllen würde oder nicht, schien er das ganze doch fast ein wenig zu locker zu nehmen obwohl er sich offensichtlich gut auf die Entscheidung diesem Unterfangen beizuwohnen vorbereitet hatte.

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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Mi 18. Feb 2015, 10:40 
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Beim Anblick des riesigen Mannes blieb Alida für wohl zwei Sekunden der Mund offen stehen. Sie flüsterte kaum hörbar zu Lucien: „Der ist sicher mindestens 2,30m. Und ich könnte wetten, da war kein Fleischformer am Werk. Es ist sicher sehr angenehm einen solchen Koloss zum Freund zu haben.“ Sie grinste. „Wobei: Wenn der häufiger bei einem zu Besuch ist muss man häufig die Türen und Decken ausbessern und für die Intelligenz kann es auch nicht zuträglich sein, wenn man sich ständig den Kopf stößt…“ Sie biss die Zähne aufeinander um nicht zu lachen. Hinter ihr war Frederik herangetreten, der ein braunes Pferd am Zügel führte. Er hatte zwar nicht alles verstanden, was sie geflüstert hatte, aber ihr Gesichtsausdruck stiftete ihn doch zu einer Bemerkung an: „Cousinchen. Du weißt doch: Lass die Leute! reden und geh deiner Wege.“ Sie grinste zurück.
Alida wandte sich wieder an den Kappadozianer. „Frederik kennt ihr bereits.“ Sie deute mit einer Hand zu drei Gestalten, die gerade dabei waren ihre Pferde zu besteigen. Ein wohl 14 jähriger schwarzhaariger Junge, der Lucien außergewöhnlich glich, half einer kleinen dick in einen weiten Mantel gehüllte Gestalt mit Mühe aufs Ross. „Das dort sind Jean und mein Neffe Balduin und das dort drüben…“ Ihre Hand zeigte nun auf einen hübschen blonden Jungen, der versuchte sich auf seiner Stute zu halten. „… das ist ein junger Diener namens Arnulf.“ Ein missmutiger Blick ging in Richtung der Erwachsenen. Das Pferd stand zwar ruhig und gelassen da aber die ständigen ruppigen Befehle seines Reiters verwirrten es und es schritt vorsichtig mal nach links, mal nach rechts. Man konnte dem Jungen ansehen, dass er wohl noch nicht häufig auf einem Pferd gesessen hatte. Er stieß dem Tier die Stiefel in die Seiten und die Stute preschte nach vorne. Mit einer ruckartigen Bewegung sprang Frederik nach vorne, griff in die Zügel und brachte die Stute zum Stehen. „Arnulf? Du hältst dich am besten an Jean. Der zeigt dir noch einmal, wie das mit dem Reiten funktioniert.“ Der Junge biss die Zähne aufeinander und blickte finster. „Pah!“ Dann stieg er vom Pferd und führte es zu den Jungen wo er schweigend in einigen Metern Entfernung stehen blieb.

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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Do 19. Feb 2015, 23:52 
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Lucien wird dem Nekromanten nur ein respektables aber durchaus misstrauisches Kopfnicken schenken, während er ihn von Kopf bis Fuß leicht argwöhnisch mustert. Das ihm zugeworfene Beutelchen mit dem Geld, wird er erstaunt auffangen, sich aber nicht die Mühe machen es zu zählen. "Giovanni war der Name ja? Ich bin Lucien ja, das Sabatier könnt ihr euch sparen". Die Augen des Gangrel, glitten abermals an dem jung anmutenden Kappadozianer hinab, bevor er sich wieder Zaumzeug und Sattel von Ajax zuwandte, die Riemen festzog und den Sitz prüfte. "Ich war der Meinung ihr hättet vor euch hier in Brügge einen Namen zu machen, mit Geld lässt sich das nicht bewerkstelligen - in doppelter Hinsicht nicht. Die Stadt ist reich und ich habe kein Bedarf für solcherlei Dinge. Euer Italienisch kommt uns auf dieser Reise zugute, so hoffe ich." Zufrieden tätschelte Lucien die starken Schenkel seines treuen Brabanters und hielt dem Ross einen Apfel hin. "Brügge ist wie dieses Pferd Monsieur Giovanni - wenn man weiß was es gern frisst, kann es kaum widerstehen. Findet den Apfel und der Rat wird die Nützlichkeit eurer Anwesenheit überdenken." Nachdem Ajax kraftvoll den ganzen Apfel mit zwei Bissen vertilgt hatte, schwang sich der Hauptmann auf das Tier und führte das Pferd am Zügel zwischen dem Tross hindurch. "Im Grunde sind wir eben alle nur Tiere." Das altbekannte, schiefe Grinsen Luciens folgte.
Vito lachte nur. "Versteht mich nicht falsch Lucien - das Geld soll mir nichts hier in Brügge erkaufen, sondern lediglich als Symbol unserer Abmachung dienen. Das Brügge Geld hat ist offensichtlich, aber das ist auch nicht der Grund wieso ich hier bin. Dort draußen in der Nacht gibt es wichtigere Dinge als Geld - aber das wisst ihr sicherlich. Und es ist Giovani mit nur einem "N" - aber das ist ein kleines und unwichtiges Detail - nennt mich doch einfach Vito. Der Name bedeutet 'Leben' auf Italienisch." Der Kappdozinaer grinste und gab dem Pferd einen leichten Tritt. Er lächelte selig und schien sich selbst über die Ironie des Inhalts seines letzten Satzes zu freuen.
Alida drückte Frederik noch einmal fest an sich bevor er auf sein Pferd stieg. „Pass gut auf dich auf, ja?“ Frederik nickte ihr zu. „Mach dir mal nicht so viele Sorgen. Wir passen alle auf. Das genügt hoffentlich. Und wir sehen uns ja in ein paar Jahren wieder.“ Er schenkte ihr ein zweites nachdenkliches Nicken, das wohl etwas anderes ausdrückte. Dann lenkte er sein Ross zum Rest der Gruppe.
Die Gruppe verließ Brügge und durchquerte die friedliche Landschaft. Der Sommer begann gerade und die Luft war auch in den nächsten Tagen angenehm warm. Der Tross reiste des Tages mit seiner wertvollen Fracht, setzte seine Reise bis fast zur Dämmerung fort und dann wurde gerastet. Vito bemerkte bereits am ersten Tag der Reise aus welcher seltsamen Konstellation die Gruppe bestand. Ein junger Händler, ein wohl leprakranker Krüppel, ein missmutiger hübscher blonder Diener, ein ewig vor sich hinplappernder Wachmann, ein überwiegend stummer Kutscher und ein junges Ebenbild des Gangrel. Sie waren bereits vier Tage gereist. Die Grenzen von Flandern würden bald hinter ihnen liegen und das Land um sie herum wurde langsam hügeliger. Alle konnten die Spannung spüren, die in der Luft lag. Bald würde ein Gewitter herein brechen.
Lucien konnte sehen, dass Vito die Truppe jede Nacht auf's neue musterte. Es war definitiv eine komische Konstellation und dass man ihm nicht alles erzählt hatte bestätigte sich einmal mehr für den Kappadozianer. Nun das war nicht das erste Mal. Irgendwann saß er mit Lucien an einem Feuer. Sie machten Rast und er richtete das Wort an den Hauptmann. "So werter Lucien. Wart ihr schon einmal in Italien?"

Es war dem Gangrel natürlich nicht entgangen, dass diese gesamte Brügger Truppe äußerst ungewöhnlich wirken musste - allein schon wegen dem Krüppel. Aber dann noch der ewig plappernde Wachsoldat, der nunmehr endlich eingeschlafen war, der gutaussehende Diener. Was immer man Vito erzählt hatte, selbst der größte Narr würde bald erkennen, dass es hier um mehr ging als eine simple Reise. Dennoch ließ sich der Hauptmann nichts anmerken, saß auf einem runden Holzbalken und schnitzte; das prasselnde Lagerfeuer in gebührendem Abstand zu sich als er aufblickte. "hm, Italien?" Er schien zu überlegen. "Nein, das war nie meine Route. Früher hab ich Leute überfallen aber da waren wir mehr auf der Ost-West Linie unterwegs." Beinahe zärtlich pustete er einige Holzspäne von seinem Werkstück. "Und ihr? Ihr stammt doch aus Italien was ich gehört hab? Warum dieser weite Weg von Italien nach Brüssel und dann in die Stadt, die eure einstige Zuflucht vor gar nicht allzu langer Zeit unterworfen hat? Wenn man den Feind nicht besiegen kann, muss man sich mit ihm verbünden?" Lucien lächelte erwartungsvoll.
Sie bauten ein notdürftiges Lager auf und verschanzten unter einer leinenen Plane.
Um sie herum grollte der langsam näher kommende Donner und erste Blitze erhellten die Nacht um sie herum. Joachim machte sich ans Kochen und versuchte Martin zu überzeugen, ihm zu helfen. Der verschränkte jedoch nur trotzig die Arme vor der Brust und machte sich dann daran sein Schwert zu schärfen. Frederik griff schließlich zum Messer, häutete einen Hasen, den sie auf dem Weg geschossen hatten und schnitt Rüben klein. Jean bereitete derweil ein Nachtlager für die Gruppe im Planwagen. Allerdings war abzusehen, dass nur zwei der Reisenden dort Unterschlupf finden würden. Missmutig beäugte er die Plane.

"Nun Lucien. Flandern ist eine der Gegenden die sich am schnellsten in Europa im Moment entwickelt. Es wäre schlicht und ergreifend töricht diese kleine aber offensichtlich feine Grafschaft außer Acht zu lassen. Deswegen bin ich nach Brüssel gekommen - mein Clan hatte dort bereits eine Präsenz und ich verstehe ein wenig von Politik. So einfach kann es sein - und ja um es gerade herauszusagen: Brügge ist ein schönerer und stabilerer Flecken Erde als es Brüssel je war. Um ehrlich zu sein: Brüssel war ein Drecksloch und die Nacht des Infernos hat zwar viele Lücken geschlagen aber meiner Meinung nach nichts was nicht früher oder später eh passiert wäre. Aber ich gestehe ich hätte nicht gedacht, dass es so passiert und ich hätte auch nicht gedacht Signore Leif unter Umständen wie ... diesen... wiederzusehen." Er grinste weniger bedrückt als amüsiert über die Erinnerungen.
Der Gangrel nickte nur etwas gedankenverloren und ein kleines Lächeln huschte kurz über die fahlen Lippen als der Name des Heilers fiel. "Brüssel.. tja, ich war nicht dabei als die Stadt brannte und sich unser ach so mächtiger, unheilvoller Rat, sich über die Überreste hermachte. Ich werde euch ein kostenloses Geheimnis verraten: Brüssel war von niemandem geplant, schon gar nicht von mir. Ich wurde wie so oft einfach vor vollendete Tatsachen gestellt." Kundig, glitt er mit dem Messer über das Holz und schälte rundliche Formen aus dem Material. "Ihr sagtet 'wiedersehen' - das hieße ihr habt Leif schon zuvor unter anderen Umständen getroffen? War er denn auch in Italien? Davon hat er mir nie erzählt."
Der Regen begann erst leise, dann jedoch immer heftiger auf die Blätter und dann auf die Gruppe nieder zu prasseln. Martin verzog sich beim ersten Tropfen in den Planwagen und rollte sich unter einer Decke zusammen. Die Kainiten konnten Jean leise zu Balduin flüstern hören: „Du solltest lieber auch in den Planwagen. Das wird eine unangenehme Nacht.“ Der verkrüppelte Junge legte jedoch nur die Stirn auf die angezogenen Knie und schüttelte ohne den anderen anzusehen den Kopf. Lucien bemerkte als er kurz nachdachte, dass der Freund seines Schützlings seit ihrer Abreise keinen einzigen Ton gesagt hatte, noch nicht einmal zu Jean. Joachim zuckte kurz mit den Schultern und verzog sich mit einer Schüssel Eintopf ins Innere des Planwagens. Frederik seufzte, ging zum Wagen und kam mit mehreren Decken unter dem Arm zurück. Er reichte den Jungen zwei und drückte auch den Kainiten zwei Wolldecken in die Hand. Dann kroch er unter den Wagen. „Gute Nacht.“ Die Ironie war deutlich in seiner Stimme zu hören. Das Prasseln des Regens und das Donnergrollen überdeckten alle anderen Geräusche. Es war den Kainiten bewusst, dass die Sterblichen bei dem aufkommenden Wind ihren Worten nicht mehr lauschen konnten.

Der Kappadozianer nickte als schien er einen Teil der Antwort schon erwartet zu haben. "Nun manchmal passieren eben Dinge mit denen man nicht rechnet - das gehört wahrscheinlich zum Fluch des unsterblichen Monsters dazu - und trotzdem muss man aufpassen, obwohl die Lasombra Brüssels auch blöd genug waren euch so eine Falle stellen zu wollen." Er schüttelte den Kopf. "Blinde Machtgier nur der Macht Willen geht nie gut aus. Was euer ehemaliges Ratsmitglied angeht, habe ich meinen Clansbruder 1141 mit seinem Ghul in Venedig getroffen. Das Vergnügen war allerdings kurz obwohl er sich recht schnell einen Namen machte. Sie wurden ein paar Monate später aus der Stadt gejagt - nicht etwa vom Prinzen sondern von den Sterblichen. Leif hatte ein paar zu vielen wohlhabenden Bürgern die Taschen mit gefälschten Liebestränken und dergleichen geleert. Wundert mich aber nicht - der Knabe war recht geheimnisvoll. Aber hier auch noch ein kostenloser Rat von mir - es spielt keine Rolle ob Brüssel geplant war oder nicht - den Eindruck den ihr hinterlassen habt zieht seine Kreise, denn es war nicht nur Brüssel. Davor war es die Stadt Brügge die ihr erobert habt, oder St. Omer das ihr vernichtet habt und vergesst nicht Dünnkirchen. Die beiden 'Aufpasser' die von Gent und Antwerpen gekommen sind, können kein Zufall sein wenn ihr versteht was ich meine… "
Schwer und klatschend, ergoss sich der nächtliche Regen über ihr provisorisch eingerichtetes Plandach, weichte die Erde auf und prasselte rauschend auf die schlafende Gruppe, welche sich im Wagen niedergelegt hatte. Alle bis auf zwei, denen der Regen bei weitem weniger auszumachen schien. "Und noch ein kostenloses Geheimnis: All diese Dinge sind nicht passiert weil wir auch nur irgendeinen Plan gehabt hätten. Wir haben uns dem Brügger Feudalsystem gefügt, so gut es ging aber einer Marionette dienen war selbst den biedersten und systemtreuesten unserer Art zu viel - deshalb und nur deshalb, haben wir geputscht." Lucien lachte leicht und schüttelte den Kopf, so als ob er es selbst kaum glauben konnte wie lange das schon alles her war. "Aber natürlich habt ihr Recht; genau damit haben wir uns mit einem Mal ins Reich der nächtlichen Politik gewagt. Wir waren nicht mehr die Diener sondern Herrscher Brügges. Und von da an waren die ruhigen Zeiten vorbei. Wir haben es uns mit den Tremere verscherzt und sie zu unseren Erzfeinden erklärt, Frankreich und England gieren nach unseren Ressourcen und schmieden Komplotte. Deutschland hält sich netterweise raus weil sie im Osten beschäftigt sind und der Osten ist zu weit weg als das er wirklich ein Problem werden könnte." Der Hauptmann grinste. "Aber selbst das haben wir geschafft: Ein Tzimisce vor unserer Haustür, ehemaliges Mitglied der Stadt und nunmehr erklärte Alleinherrscherin über ihr eigenes Voivodat. Nimmt man noch persönliche und lange gehegte private Feindschaften und Freundschaften dazu, ergibt sich in Brügge eine ziemlich aufregende Mischung. Ich weiß nicht mehr wann ich das letzte Mal allein im Wald unterwegs war oder weiter als zu unseren Grenzen gekommen bin." Nachdenklich sah Lucien zum Himmel. "Ich bin kein Politiker und werde es nie sein aber ihr seht so aus als wäre das genau euer Ding. Dumm grinsen, schwabbelige Hände schütteln und anderen Honig ums Maul schmieren und das alles mit dem Dolch im Anschlag. Was versprecht ihr euch von Brügge, Herr Nekromant?"
"Wissen Lucien. Wissen, Erfahrung und Sicherheit. Ich glaube daran, dass man gelegentlich zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein muss und das sehe ich gerade in Brügge für mich. Ihr habt ein Problem mit eurer Außenwirkung - ich habe Erfahrung damit. Ihr habt politische Kräfte, die an allen Seiten nach euch reißen ich kann euch bezüglich diesen Beratschlagen. Sicher ich habe nicht die persönliche Bindung wie der Rest von euch zu diesem Stück Erde auf dem Brügge steht, aber genau da liegt meine Stärke ich sehe das Ganze von außen und mit objektiven Blick. Alles was ich dafür will ist eine ruhige Zeit in der ich meinen Studien vorantreiben kann und die Möglichkeit habe nicht jede Nacht mit einem im Rücken aufwachen zu müssen, wie es in Italien gang und gebe ist. Und was eure Situation angeht - wenn es euch tröstet ihr seid nicht die ersten denen das passiert. So oder so das ist der Lauf der Dinge. Entweder man schwimmt im Strom der Zeit oder ertrinkt darin. Eine Gegenfrage Lucien - was 'hält' euch denn in dieser Stadt? Es wäre sicher ein leichtes für euch das ganze hinter euch zu lassen und dem Wahnsinn zu entfliehen und doch tut ihr es nicht, reist sogar in ferne Italien für einen Auftrag der Stadt egal worum genau es sich handelt." Der Kappadozianer schaute interessiert und auch wenn er die Decke nicht brauchte legte er sie sich um die Schultern.

Der Regen tropfte mittlerweile durch die Plane und ergoss sich an mehreren Stellen auf die nächtlichen Reisenden. Jean erhob sich um sie wieder etwas zu spannen, als dabei aber eine der Seiten, die an einem Baum befestigt war ausriss und es ihm im Dunkeln nicht mehr gelang sie erneut zu befestigen, ließ er es bleiben und rutschte missmutig näher ans Feuer. Der verkrüppelte Junge neben ihm rührte sich nicht und wirkte wie erstarrt. Jean flüsterte ihm etwas zu und kurz darauf kam auch er näher an die Flammen und streckte die missgestalteten Finger der Wärme entgegen. Dann rollten sich auch die Jungen in ihren Decken ein und schlossen die Augen. Der Wind brachte kühle Luft mit und ließ die Blätter rauschen.

Der Gangrel sah sein Gegenüber lange schweigend an. Dann, als ob er sich binnen einiger Minuten über gewisse Dinge klar geworden wäre, nickte er bestätigend. "Ihr hattet keine Ruhe für eure Studien in Italien aber die nötigen Fertigkeiten euch und andere nach außen hin angemessen zu repräsentieren. Ihr meint, dass uns das hier fehlt und ja, ich würde sagen da liegt ihr völlig richtig." Kurzfristig betrachtete Lucien das Stück Holz in seiner Hand, begutachtete die feinen Kerben, ließ dabei die Augen aufglühen. "Lilianna von Erzhausen ist ein schwaches, dummes Gör, das nicht in der Lage ist uns nach außen hin zu vertreten. Ihr fehlt der bösartige Schneid, der den Herrschern und Gebietern dieser Lande zu eigen ist. Wir haben es versucht aber es ist sinnlos. Gerrit und ich können das nicht, Alida will nicht und Leif ist... nicht mehr Teil der Domäne. Es ist also durchaus so, dass wir einen klugen Kopf mit Einfluss, Kontakten und Wissen suchen, der seine Fähigkeiten dafür einsetzt - um ehrlich zu sein, es ist etwas das uns gänzlich fehlt." Sachte legte er den Kopf schief. "Und was die Ruhe angeht werdet ihr hier bestimmt fündig werden, jeder hat so seine kleinen eigenen Projekte um die er sich kümmert und jeder lässt den anderen sein Ding machen ohne schon den nächsten Anschlag zu planen. Wir wissen alle, dass wir in einer Kiste sitzen und nach außen und nicht nach innen treten müssen wenn wir nicht zerquetscht werden wollen, eine der sehr löblichen Fakten über Brügge." Im hellen Lichtschein eines aufflammenden Blitzes, drehte der Hauptmann der Stadtwache den Kopf und warf einen Blick zurück zum Planwagen. "Was mich in Brügge hält kann ich gar nicht so genau sagen. Wahrscheinlich bin ich einfach schon zu lange hier und bin bequem, fett und faul geworden. Bis zu einem gewissen Grad, sehe ich die Stadt aber wohl schon auch als mein Revier und meine Domäne. Der Flecken Land wirft ab was ich zum Leben und Überleben brauche und das im Überfluss, es gibt Sicherheit, Unterhaltung und Blut. Vielleicht weigere ich mich auch einfach nur das Projekt aufzugeben, weil ich weiß dass die Stadt mit auch nur einem Kainiten der geht unmöglich zu halten ist."
"Ihr seid sehr ehrlich Lucien und das gefällt mir - denn ich bin es auch. Ihr solltet jedoch vorsichtig sein wie viel ihr über eure Ratsmitglieder gegenüber Fremden offenbart, denn sie könnten dieses Wissen gegen euch verwenden - gerade wenn es die Wahrheit ist. Und auch wenn ich eure Worte nur als Kompliment annehmen kann, warte ich auf die Situation mich als nützlich erweisen zu können - aber ich traue mir die Herausforderung zu. Vito nickte zu dem missgestalteten Jungen zu – „ist der gute dort ansteckend? Ich habe Leichen erhoben die besser aussahen als er."
Der Hauptmann hob die Schultern und verzog das Gesicht. Es machte den Eindruck als ob ihm gerade wunderbar egal wäre ob er womöglich zu viel über den Rest des Rates erzählt hatte. Für ihn waren manche Dinge einfach so offensichtlich, dass sie kein Geheimnis waren. "Solltet ihr was ich euch erzähle gegen uns verwenden hätte ihr nicht viel in der Hand und da Brüssel uns gehört und euch dann nur mehr Italien bleibt, wünsche ich euch viel Glück. Ihr seid herzlich eingeladen euch unseren zahlreihen Feinden anzuschließen. Ihr dürft nur nicht vergessen, dass die sich untereinander mindestens mit genauso viel Inbrunst hassen wie uns." Lucien grinste höhnisch. "Euer italienisch wird vorerst ausreichend sein aber falls wir Probleme mit der hiesigen Politik bekommen seid ihr unser einziger wirklicher Trumpf. Das ist kein Kompliment oder Schleimerei sondern lediglich ein Fakt." Auf den Krüppel, der in Wirklichkeit der missgestaltete Balduin war angesprochen machte der Gangrel eine abweisende Handbewegung. "Nein. Ich würde zwar schon beinahe so weit gehen zu sagen es ist eine Krankheit aber ansteckend ist sie nicht, da könnt ihr mir vertrauen. Es ist zwar nur ein Sterblicher aber noch im Leben aussehen wie manche Ratte ist wirklich hart. Die Ärzte in Genua werden vielleicht Rat wissen - oder auch nicht." Sein Blick glitt zum schlafenden Balduin. "Eines müsst ihr euch stets vor Augen halten Vito. Seid ehrlich mit mir, dann bin ich es auch mit euch. Mir ist es lieber ihr hasst mich und Brügge und zieht eure Konsequenzen als ihr braut im stillen Kämmerchen eure Machenschaften. Verrat ist ein bitteres Gift..." Seine Augen funkelten.
Der Gangrel nickte. "Ja, es wird Zeit." Kurzer Hand sprang er auf und umrundete den Planwagen, stieß sich am hinteren Verschlag hochziehend hinauf und betrat das feuchte Innere. Joachim einen Tritt gebend, hob er die Bretter ihres täglichen Versteckes hoch. "Beweg dich Joachim, wir müssen uns beeilen." Kurz darauf waren er und Vito, sicher in ihren Särgen verstaut, die Holzplanken sauber über sie bereitet. Man würde schon sehr genau nach ihnen suchen müssen, damit es auffiel.
Als die nächste Nacht anbrach hatte sich das Gewitter gelegt. Es war deutlich abgekühlt und nach wie vor lag Regen in der Luft. Der Planwagen holperte durch die Landschaft. Die Kainiten krochen aus ihrem Versteck und konnten nach kurzer Zeit herausfinden, dass der Tross die Grenze nach Flandern vor wenigen Stunden überquert hatte. Sie fuhren auf einer gut befestigten Landstraße durch kleine Ortschaften und durch bestellte Felder auf denen das Korn wuchs. Jean half Lucien aus der Kiste. Es bedurfte nicht vieler medizinischer Kenntnisse: Lucien bemerkte sofort an den glasigen Augen des Jungen und dem trockenen Husten, dass der Junge krank war. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Balduin, der im Planwagen saß hustete ebenfalls leise und war in eine dicke Decke gewickelt.
"Ironie des Schicksals. Jetzt wo man einen Arzt brauchen könnte, ist selbstredend keiner da. Zu dumm aber auch." Ärgerlich schnippte Lucien mit den Fingern. "Ihr beide bleibt im Wagen und wickelt euch in die übrigen Decken. Was ihr braucht ist Wärme. Vielleicht können wir es einrichten heute in einer beheizten Stube zu nächtigen, damit ihr uns nicht ganz erfriert." Zum neuesten nächtlichen Mitglied Brügges gewandt fragte er: "Du kennst dich nicht zufällig mit Krankheiten aus?"
Vito schüttelte nur den Kopf. "Die mit denen ich mich auseinandersetzte werden in der Regel nicht mehr krank. Aber wir sollte wirklich die Zivilisation aufsuchen. Vielleicht gibt es im nächsten Dorf einen Bader oder Heiler."
Jean schüttelte kurz den Kopf. Seine Stimme war heiser. „Ein warmes Bett und was Vernünftiges zu essen tuns bestimmt auch. Wir brauchen keinen Heiler für eine simple Erkältung.“
Die Gruppe wanderte weiter und kam bald darauf an ein Wirtshaus am Waldrand in wohl 300m Entfernung zur nächsten Ortschaft. Es sah einladend aus und leise Musik erklang von drinnen.



Man würde die Pferde und das Fuhrwerk unterbringen lassen, den Stallburschen etwas reicher als üblich entlohnen und anschließend die warme, nach allerlei deftigem Essen und scharfen Getränken riechende Wirtsstube betreten. Für die versammelte Mannschaft, würden Zimmer bestellt werden und zwar solche, die sich über oder neben dem zünftig angefachtem Kamin befanden. Balduin und Jean würde man gleich ins Zimmer bringen und die Frau Wirtin bestellen, sie möge den beiden tüchtig auftragen. Der Rest verteilte sich im Wirtshaus, um den Abend noch etwas ausklingen zu lassen. Die Sterblichen bei einem Humpen Bier oder Wein, nah am prasselnden Feuer; die Kainiten etwas abseits des größten Trubels.
Die Gaststube war geräumig und gemütlich eingerichtet. Viele Dorfbewohner saßen auch zu der späten Stunde noch auf einen Humpen Bier zusammen, spielten Karten oder besprachen die morgigen Geschäfte. Vorne in der eigentlichen Stube waren keine Plätze mehr frei aber im hinteren Bereich gab es einen angebauten Raum in dem es etwas leerer war. Eine zweite Tür führte nach draußen in den Garten in dem sich wahrscheinlich der Abort des Gutshofes befand. In diesem Raum waren noch zwei Tische mit je drei Stühlen frei. Jean warf einen kurzen Blick zu Lucien und ging dann mit Balduin und Martin, den er nicht aus den Augen ließ zu dem Tisch in der Nähe des Aborts. Er rückte seinem Freund den Stuhl zurecht, bestellte Eintopf für drei Leute bei einer vorbeilaufenden Schankmagd und wartete dann schweigend und mit grübelnder Miene auf das Essen. Ab und an hustete er noch aber allein die Wärme schien den Jungen schon gut zu tun.
Frederik sah die beiden Kainiten an und steuerte nach einem kurzen fragenden Blick den anderen Tisch an. Nachdem nach fünf Minuten noch niemand gekommen war um eine Bestellung aufzunehmen, entschuldigte er sich kurz und machte sich auf den Weg Richtung Schankraum. Die Musik von zwei einfachen, häufig die falschen Töne anschlagenden Musikanten drang auch nach hinten.
Auch Vito entschuldigte sich und ging in den Schankraum. Er schaute sich um nach einer Gruppe von Männern - etwa mittelalt oder was immer auch in diese nähe kam und würde auf sie zu gehen. "Meine Freunde die nächste Runde geht auf mich! Sagt mir was gibt es neues hier? Wir sind auf der Durchreise und der Regen gestern hat uns überrascht. Ich dürste nach ein paar Neuigkeiten. Hat das Gewitter hier auch so gewütet?"
Während sich Leif mit den Männern über das Wetter unterhielt saß Lucien allein am Tisch. Ab und zu ging ein Blick in Richtung des Jungentisches.
Die Jungen hatten sich leise über irgendwelche Nichtigkeiten unterhalten aber nach einiger Zeit merkte der Kainit am scharfen Klang in Martins Stimme, dass etwas nicht stimmte. „Ich weiß gar nicht, warum ich immer den Diener spielen muss?! Pferde striegeln, satteln, hinter allen herräumen… vor kurzem war ich noch der Fürstensohn. Das hat mir besser gefallen.“ Balduin hatte die Kapuze dicht ins Gesicht gezogen und blickte nach unten doch Jean erwiderte den Blick und bemerkte mit ruhiger Stimme. „Jeder spielt die Rolle, die er am besten kann, oder?“ „Was soll das denn heißen? Dass ich nur gut genug für einfache Tätigkeiten bin? Vor wenigen Wochen war das Leben wirklich besser. Wenn das dumme Huhn von einer Fürstin nicht rumposaunt hätte, dass sie ein sündiges Leben als Hure hinter sich hat und ich nichts als ein Bastard bin, dann wäre alles heute immer noch um einiges besser.“ Er sah in Richtung Balduin. „Komm schon, für dich, so wie du aussiehst, hätt sich doch eh nix mehr verbessern können.“ Der Junge versuchte die verkrüppelten Finger zu Fäusten zu formen, aber es gelang ihm nicht. Er schwieg. Martin lachte ihm zu und ein boshafter Blick glitt über seine Züge. „Ob’s wohl wahr ist? Dass sie wirklich eine Hure ist? Ich glaub schon. Hat deinen Vater sicher mit irgendeinem dreckigen Bauern betrogen.“ Balduin funkelte ihn mit einem rasenden Blick an. Seine Stimme war nur ein verzerrtes heiseres Flüstern. „Das war sie nicht. Sie hat auch nie in die Richtung eines anderen Mannes geschaut. Für sie gab es immer nur meinen Vater. Wage ja nicht irgendwelche Lügen über sie zu verbreiten, sonst… sonst.“ Wieder spannte sich sein Gesicht in gleichem Maße wie seine Hand an.“ Martin schnaubte verächtlich. „Sonst was? Du Krüppel bist doch zu absolut gar nichts in der Lage. Oder willst du mich vielleicht schlagen?“ Er grinste. Eine Hand zu seiner linken riss ihn herum. Jeans Stimme war ruhig doch voller Zorn. „Das braucht er gar nicht.“ Luciens jüngeres Ebenbild holte mit der Rechten aus und donnerte ihm die Faust in s Gesicht. Martin flog nach hinten, geriet ins Straucheln. Seine Hand fuhr an seinen Mund und er spukte Blut und einen Zahn aus. Sein Blick hätte töten können. Er erhob sich. „Das werdet ihr bereuen. Lieber ein leprakranker Fürstensohn mit Macht und Ehre als der Diener eines Krüppels…“ In Windeseile rannte er aus dem Raum, huschte an dem erstaunten Frederik vorbei, der gerade aus dem Schankraum durch die Tür trat und sprang dort an Vito vorbei auf einen der großen Tische und rief laut vor versammelter Mannschaft: „Hilfe. Ich wurde entführt. Ich bin Balduin, der Erbe von Flandern und diese Leute da drin haben mich geraubt um meinen Vater zu erpressen. Es ist eine hohe Belohnung ausgesetzt für denjenigen, der mich zum Fürsten von Flandern zurück bringt.“ Balduin sah mit entsetztem Blick zu Jean und humpelte so schnell er konnte nach draußen in den Garten. Wieder drang vom Schankraum die durchdringende Stimme zu ihnen. „Nehmt diese Leute da drin fest. Sie haben auch einen Leprakranken mit ins Gasthaus gebracht. Ihr kennt die Strafe für einen Infizierten, der ein öffentliches Gebäude betritt? Steinigt ihn!“ Mit diesen Worten griff er in einen Beutel und ließ einen Geldregen aus kleinen Münzen auf die Leute niederregnen. „Schaut euch das Profil des Fürsten an. Ich bin das Ebenbild meines Vaters.“

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"Alea iacta est." oder "Die Würfel sind gefallen." - Lateinisches Sprichwort


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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Fr 20. Feb 2015, 13:07 
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Luciens Augen weiteten sich als er das Ebenbild Balduins, den eigenwilligen Martin durch den Schankraum rennen und einen der schweren Holztische erklimmen sah. Eilig sprang er von seinem Platz auf und folgte dem nervigen Zwerg in den vorderen Schankbereich. Zwar war der Raum voller trinkender, essender und sich unterhaltender Gäste aber auch wenn er nur ein Knabe war, reichte die erhöhte Position sowie der klimpernde Haufen Silbermünzen aus um genug Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Genug Aufmerksamkeit um einen momentan noch untentschlossenen Haufen flandrischer Bürger, in einen geldgierigen, prestigehungrigen Mob zu verwandeln, der Dragas Plan doch noch aufgehen lassen würde wenn er nicht schleunigst etwas unternahm. Gerade jetzt bereute er es zutiefst, Vito noch nicht über den eigentlichen Grund ihrer Reise informiert zu haben. Vertrauen war wie immer ein zweischneidiges Schwert aber diesmal hätte es sich führen lassen; leise verfluchte er Draga, Leif und all die anderen neidvollen Wichtigtuer rund um Brügge. Mit einer Hand ergriff er einen halb vollen Humpen Bier, ließ ein wenig davon über seinen Mund und den Kragen laufen, zielte und schleuderte den Humpen in Richtung Martin, traf diesen am Kopf.

(Wurfwaffen-Treffen: Geschick + Sportlichkeit -> 7 gg. 7 (Kopf) = 2 Erf.)

Lallend und torkelnd, deutete Lucien gespielt in Richtung Martin und rief laut und trunken durch den Schankraum: "Jürgen... du.. du solltest dich lieber um die Schweine kümmern und nicht irgendwelche Fantasiegesch.. geschichten erzählen." Er rülpste vollmundig. "Wenn das die Stadtverwaltung mi.. mi... mit..mitkriegt, legen sie dich in Ketten bei Wasser und Brot, dann is Schluss mit lustig und der Riemen vom Brenner Bauern wartet auch schon du Lümmel."

(Lügen: Manipualtion + Ausflüchte -> 5 gg. 6 (+1 WK) = 3 Erf.)
(Vortrag/Schauspiel: Charisma + Vortrag -> 3 + 2 = 5 gg. 7 (+1 WK) = 2 Erf.)

Mit halbsicherem Tritt, wankte Lucien auf den Tisch zu und verpasste Martin eine schallende Ohrfeige, griff anschließend mit unnachgiebiger Härte an seinen Nacken und hielt ihn wie in einem Schraubstock fest. Die Gewalt mit der er ihn so festhielt, ließ keinen Zweifel aufkommen - er meinte es ernst; tödlich ernst. Grunzende Flüche alla "die Jugend hat keinen Respekt mehr" und "warte nur bis der Bauer das hört" ausstoßend, bahnte er sich einen Weg durch den Schankraum Richtung Ausgang.

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Through action, a Man becomes a Hero.
Through death, a Hero becomes a Legend.
Through time, a Legend becomes a Myth.
By learning from Myth, a Man takes action.
~Corazon~


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