Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Di 10. Mär 2015, 14:46 
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Vito ließ Lucien die Formalitäten bezüglich ihrer Karawane regeln und folgte den Anweisungen die ihnen am Tor erteilt wurden. Viele Städte hier hatten solcherlei Mechanismen um unsterbliche Besucher Zielsicher zu ihrem Bestimmungsort zu leiten. Das diente sowohl ihrem Schutz als auch der Tatsache, dass man keine ungebeten Gäste woltle, die im Getümmel der Stadt untertauchten. Schließlich wurden beide ohne weitere Begleiter in ein Empfangszimmer des Palazzos geführt zu dem man sie geleitet hatte. Auch hier herrschte wieder Prunk und Reichtum vor, wie er nicht anders erwartet hatte. Vito schüttelte gedanklich ganz leicht den Kopf. Sterbliche, aber auch Unsterbliche ließen sich oft von Gold und Gemmen blenden, verstanden sie doch nicht das Geld nur ein Mittel zum Zweck ist und Macht und Einfluss die Währung ist mit der man wirklich ALLES kaufen kann. Denn was bot man zum Beispiel einen Mann der es sich bereits leisten konnte alles zu kaufen? Macht konnte man nie genug haben, Geld allerdings schon. Er dachte kurz an seine neue Heimat, denn die relative Bescheidenheit in Brügge gefiel dem Kappadozianer sowieso besser, als die Dinge die er wieder einmal hier in seiner alten Heimat sah.

Schließlich wurden sie von Signore Tutti begrüßt, einem unverschämt gut aussehenden Mann. Seine Position als Haushofmeister, wies ihn zudem als ungemein einflussreiches Mitglied der Domäne aus, denn obwohl der Prinz der einzige war, der gewisse Rechte vergeben konnte, lag es an ihm welche Anliegen überhaupt dessen Aufmerksamkeit bekamen und über ein weiteres Detail dachte der Kappadozianer auch noch nach. Die Attraktivität des Haushofmeisters konnte zweierlei bedeuten, entweder er wurde genau deswegen verwandelt oder aber seine Physis war nur noch ein Bonus zu den Fähigkeiten, die er eh schon besaß. Aufgrund seiner Position vermutete Vito ehr die zweite Möglichkeit, was den Mann nur noch gefährlicher machte, da er alles was er wollte sicherlich auch immer auf die eine oder andere Weise bekommen hat. Man konnte mit solchen Dingen zwar durchaus falsch liegen, aber Vorurteile und Stereotypen kamen nun einmal nicht von ungefähr. Vito machte sich die geistige Notiz Signore Tutti nicht aus den Augen zu lassen.

[Auspex II; Patzer]

Der Italiener wartete die Worte und Begrüßungen ab die Lucien vorzubringen hatte und war im Grunde überrascht wie gut und flüssig das Ganze voranging, konnte aber trotzdem das Gefühl nicht abschütteln, dass er damit bei Signore Tutti die falschen Schalter betätigte. In einem passenden Moment würde Vito Lucien zunicken, um zu signalisieren das er das Gespräch übernehmen würde, damit es der Gangrel nicht noch ausversehen schaffte, ihren jetzigen Gastgeber zu beleidigen. Schließlich begann Vito zu reden, kam aber nicht gleich zum wesentlichen sondern tauschte erst ein paar Belanglosigkeiten mit dem Haushofmeister in schnellem und melodischem Italienisch um die Situation ein wenig zu entspannen, bevor er wieder etwas ernster wurde und zurück ins Lateinische wechselte.

[CHA + Etikette; 4 Erfolge]

„Darüber hinaus freue mich natürlich schon sehr die ehrenwerte Baronessa Caravaggio, Prinz dieser bedeutenden Domäne kennenzulernen.“ Im stillen dachte der Kappadozianer einmal nach, was er eigentlich über diese Domäne und den Prinzen von Genua wusste.

[Domäne? INT + Etikette; 1 Erfolg]

[Allgemeiner Politikwurf: INT + Politik ; 1 Erfolg]


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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Di 10. Mär 2015, 14:46 


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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Di 10. Mär 2015, 21:50 
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Cato sah Lucien musternd an und schmunzelte dann. Er sprach absichtlich schnell, so dass der Gangrel Schwierigkeiten hatte ihn zu verstehen. „Eurem Akzent, Monsieur Sabatier, entnehme ich, dass Ihr aus dem hohen Gallien entstammt? Wahrscheinlich eher ein wenig südlich… Languedoc, oder? Lasst Euch kurz gesagt sein, dass unsere Sprache bereits über unsere Zungen glitt als Eure Vorfahren noch in den Wäldern mit Keulen Wildschweine jagten und beim Misteln schneiden von den Bäumen purzelten. Wir haben euch quasi das Sprechen gelehrt. Und Euer Französisch? Ist es nicht unverständlich und verzichtet der Form halber auf sämtliche Vokale? Ausländer können es nur mit Wäscheklammer auf der Nase sprechen.“
Er lachte laut auf und es klang versöhnlich.
Vito überlegte, was er über Genua wusste. Die alte Stadt war in der Hand von Lasombra. Und eine Tochter dieses Clans hatte vor einiger Zeit die Herrschaft die Stadt übertragen bekommen und sich als fähiger erwiesen als die Mitglieder ihres Clans ihr zugetraut hatten. Nun saß sie fest in ihrer Stadt und niemand gelang es sie von ihrem Thron zu stoßen.
Ihr Haushofmeister, Cato, tauschte mit Vito höfliche Belanglosigkeiten über die Anreise und das italienische Wetter aus und kam dann erneut auf das Treffen mit der Baronessa zu sprechen. „Ich werde unserer Prinz über unser Treffen Bericht erstatten und Ihr werdet demnächst eine Nachricht mit den für euch nötigen Angaben erhalten. In Genua herrschen die Regeln, die in jeder Domäne herrschen. Ich gehe davon aus, Ihr seid damit vertraut?“ Cato wartete die Antwort der Männer ab bevor er fortfuhr. „Falls ich Euch einen Rat geben dürfte. Unsere Baronessa liebt wie alle Frauen Geschenke und ihr könntet ihr eine besondere Freude mit einem Spiegel machen.“
Er tauschte noch weitere Floskeln aus bevor er sich an die Verabschiedung machte. „Signori? Verzeiht meine Frage, damit ich die offizielle Ankündigung auch in gebührendem Maße durch zu führen vermag. Es handelt sich bei Euch, Signore Giovani um einen Kappadozianer und nicht um ein Mitglied des Clans dessen Namen ihr tragt.“ Ein winziger Schatten huschte über seine dunklen Augen. Er wartete die Antwort ab und drehte sich dann Lucien zu. „Und Ihr, ehrenwerter Monsieur Sabatier?“

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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Mi 11. Mär 2015, 09:45 
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Lucien grinste bei den Worten des Haushofmeisters. Kein bösartiges Grinsen aber ein ebensolches, welches klarmachte, dass er sehr wohl den kleinen Wink mit dem Zaunpfahl verstanden hatte. Nun, ihm war ja bewusst gewesen das höfisches Pompom und ein graziler Auftritt mit geschliffenen Worten keineswegs zu seinen Stärken gehörten; insofern übte er sich in Zurückhaltung um die Situation nicht noch weiter in eine gänzlich unbeabsichtigte Richtung zu drängen. Sehr zu Hilfe kam ihm da Vito, der den jungen Italiener, mochte er nun Kainit, Ghul oder einfacher Sterblicher sein, mit raschem, wohl akkzentuiertem Italienisch wieder gewogen stimmte. Die Vorstellung beim Prinzen von Genua, konnte schlussendllich doch auf zumindest neutraler Basis stattfinden. Der Gangrel beschloss, alle weiteren Gespräche mit der Obrigkeit zuversichtlich an Vito Giovani weiter zu delegieren, antwortete lediglich auf die Frage, deren Antwort er dem Haushofmeister schuldig blieb.

"Lucien Sabatier - Clan des Tieres. Mitglied des Rates und Geißel von Brügge."

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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Mi 11. Mär 2015, 12:44 
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Auch Vito grinste, wenn auch mehr als Maskerade, denn aus Überzeugung. Cato jagte ihm schauer über den Rücken und sein kleiner Monolog gerade sprach für seinen Intellekt - und sein elitäres Denken. Es war jedoch Zeit das ganze hier zu beenden, nicht ohne jedoch jeden Krümel an Informationen mitzunehmen, den sie bekommen konnten. Dann ging auch der Kappadozianer schließlich dazu über dem Haushofmeister direkt zu antworten.

"Vittorio Giovani, Mitglied vom Clan des Todes. Meine gegebene Bezeichnung hat nichts mit der Blutlinie zu tun, deren Name meinem ähnlich ist." Vito legte besonderen Wert auf die Betonung des Wortes 'Blutlinie' damit keinerlei Missverständnisse aufkommen sollten. Dann wurde sein Ton allerdings wieder etwas weniger offiziell und er richtete noch einmal das Wort an Signore Tutti.

"Unserer Karawane ist mit allen üblichen Regeln vertraut, die uns als Gäste in dieser ehrenwerten Domäne betreffen könnten. Gibt es aber darüber hinaus noch besondere Gesetze oder Traditionen die hier in Genua vorherrschen Signore?"

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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Mi 11. Mär 2015, 19:17 
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Cato senkte in einer bestätigenden Geste den Kopf. "Hier in Genua gelten die klassischen sechs Traditionen. Des Weiteren solltet ihr wissen, dass Mitglieder des Clans Tremere in unserer Domäne nicht geduldet sind. Auf sie wird unweigerlich die Blutjagd ausgerufen. Auf Wunsch unserer ehrenwerten Baronessa ist des Weiteren das Trinken von Geistlichen jedweder Art untersagt.“ Er nickte. „Bezüglich der Jagd empfehle ich die Viertel in der Nähe des Hafens. Sind meine Informationen richtig, dass ihr gedenkt die euch durch ein Schreiben unsererseits empfohlene Taverne „La foresta“ als Zuflucht zu wählen? Eine gute Wahl. Die Zimmer sind sicher und der Wirt achtet die Privatsphäre seiner Kunden in ausgesprochenem Maße.“ Er wechselte noch einige höfliche Worte als plötzlich ein elegant gekleideter Diener den Raum betrat und dezent an der Tür wartete. Cato musterte die beiden Kainiten noch ein Mal. „Verzeiht, Signori. Ich habe heute Nacht noch einige wichtige Termine zu denen ich nicht zu spät kommen sollte.“ Ein entschuldigendes Lächeln umspielte seine Lippen. „Ich entschuldige mich. Mein Diener wird euch zum Ausgang geleiten. Solltet ihr noch Fragen oder Wünsche haben, scheut Euch nicht sie an ihn zu richten. Er wird sein möglichstes tun um zu helfen euch den Aufenthalt in Genua so angenehm wie möglich zu gestalten.“ Mit diesen Worten wandte er sich ab. „Möglicherweise werden wir uns in zwei Tagen, so es der Wunsch der Baronessa sein möge, wieder sehen.“

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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Sa 14. Mär 2015, 08:57 
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Lucien würde zu den restlichen Worten, die Cato an die beiden richtete pflichtbewusst aber im Grund uninteressiert, höflich nicken. Die Information, bezüglich der sicheren Zuflucht und Herberge für den Tross, war tatsächlich in der Rückantwort der Baronessa enthalten gewesen aber es war erst Frederik gewesen, der Lucien darauf aufmerksam gemacht hatte. Schmeicheleien und dümmliches Genicke und Verbeugungen konnte der Gangrel ja auf den Tod nicht ausstehen und es war beinahe eine Erlösung, als ein Diener eintrat der Cato augenscheinlich an seine weiteren nächtlichen Pflichten erinnerte. "Ich danke euch Signore Tutti", brachte der Hauptmann noch heraus, würde sich aber sobald der Haushofmeister entfernt hatte, unverzüglich in Richtung Ausgang aufmachen; den Diener mit einer knappen Handbewegung von sich weisend; "Danke wir finden alleine zur Tür." Ganz anders war der Fingerzeig in Richtung Vittorio, der ihn unverkennbar anwies Lucien zu folgen.

Vor der Tür angekommen, ging der Hauptmann ein gutes Stück schweigend, wartete aber darauf das Vito mit ihm schritt hielt und sie gleichauf wären. Ohne den Kopf auch nur in die Richtung des Kappadozianers zu rücken, richtete er das Wort noch im Gehen an ihn. Den Palazzo des Haushofmeisters, hatten sich mittlerweile weit hinter sich gelassen und es schien als würde der Hauptmann absichtlich verwirrende Wege, kleine Gässchen und unvorhergesehene Richtungswechsel wählen. "Du hast ja gesehn, wie großartig ich mit dieser höfischen Etikette und dem ganzen Pompom umgehen kann - gar nicht. Bedauerlicherweise sind aber schon bei einem Haushofmeister, diese Fertigkeiten dringend von Nöten - umso mehr bei einem Prinzen. Ich halte nichts davon aber für das Gelingen dieser Operation, wäre es sicher von Vorteil wenn uns der Prinz zumindest neutral gewogen ist, schließlich vertrete ich und selbst wenn ihr nicht wollt, auch ihr die Stadt Brügge." Lucien warf einen missmutigen Blick, hoch zu den schiefen Dächern der schmalen Gasse durch die sie sich gerade bewegten. "Vittorio, ich würde dich inständig bitten mit der Baronessa zu sprechen. Du hast Übung in solchen Dingen, bist gebürtiger Italiener und ein ehemaliger Mann der Kirche.. tja und wenn man so will kommt noch die Tatsache hinzu, dass deine Clansherkunft ebenfalls ein paar Pluspunkte geben könnte. Ich verbock das garantiert - ist absolut nicht mein Aufgabengebiet. Machst du das für uns? Wenns gut läuft, werd ich deine Hilfsbereitschaft vor dem Rat lobend erwähnen. Die Achtung und Anerkennung der Brüger 'Führungsrige' ist ja das wonach es dich verlangt nicht wahr? Und wenn das kein Anreiz ist... ich...", er machte eine vielsagende Geste, "wäre dir ganz sicher dankbar und Gott weiß es gibt nicht vielen denen ich so schnell dankbar bin."


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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Sa 14. Mär 2015, 10:59 
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Auch Vito verabschiedete sich in aller gebotenen Höflichkeit von dem Haushofmeister und schloss sich ohne Verzögerung Lucien, auf dem Weg nach draußen an. Allerdings verhielt er sich ein wenig reserviert und nickte nur bei den Dingen die Lucien sagte, antwortete allerdings nur mit einem Finger den er über die geschlossenen Lippen legte so als würde er ihn zum Schweigen anregen wollen. Dann begann er über Nichtigkeiten zu sprechen und schlug vor die Zuflucht aufzusuchen um sich dort einzurichten. Sie schlangen sich durch die engen Gassen mit all ihren Gerüchen, Geräuschen und kleinen Details bevor sie schließlich die Herberge erreichten von der die ganze Zeit gesprochen wurde. Vittorio würde Lucien alle Zeit geben die Dinge zu regeln, die er regeln musste und dann vorschlagen, dass man sich in eines der Zimmer zurückzieht um die weitere Reise zu besprechen. Der Kappadozianer war bei weitem reservierter und vorsichtiger als er es auf der ganzen Reise zuvor gewesen war.

Er sprach mit dem Wirt ein paar Worte auf schnellem Italienisch und Lucien konnte sehen wie ein paar Münzen den Besitzer wechselten, während Vito im Gegenzug ein paar Kerzen ausgehändigt wurden. Diese waren von keiner besonderen Qualität und zum Teil schon abgebrannt, allerdings schienen sie ihren Zweck zu erfüllen. Wenn die beiden Kainiten das Zimmer betraten würde Vito Lucien bitten sich auf einen Stuhl zu setzen und einfach zu warten bis er fertig war. Der Italiener schien zu wissen was er tat und begann einige Der Kerzen in den Ecken des Raumes anzuzünden und schließlich wurde es heller und heller im Raum. Damit war er aber noch nicht fertig denn er ging zu seinem Tornister den er immer mit sich herum trug und öffnete ein Geheimfach. Dort holte er eine silberne Urne heraus mit der er sich kreisförmig durch den Raum um sie beide herum bewegte. Er schien leise Worte zu murmeln, während ein grauer Staub – offensichtlich Asche – auf den Boden rieselte und in der beschrittenen Form liegen blieb. Dann ging der Nekromant noch eine zweite Runde nachdem er sich in die Hand geschnitten hatte und tropfte seine Vitae in kleinen Mengen über den Aschekreis, während er noch immer murmelte. Schließlich, nach einigen Minuten schien Vito fertig mit was auch immer er tat und wandte sich an Lucien.


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„So Lucien jetzt können wir reden. Der Aschekreis schützt uns und verhindert, dass jemand unser Gespräch belauschen kann. Ich entschuldige mich für die Paranoia, aber wir sind in einer Lasombra Domäne – was bedeutet, dass jeder Schatten hier Augen, Ohren, Tentakel oder noch Schlimmeres haben könnte. Darüber hinaus hat der Haushofmeister, oder besser die Dinge die er gesagt hat, mein Vertrauen in diesen Ort nicht gerade gestärkt.“ Lucien konnte beobachten, dass der bleiche Mann wohl kurz durchatmete, wenn auch mehr aus Reflex als aus wirklicher Not heraus. „Warum ich Cato nicht traue? Nun aus einem ganz bestimmten Grund, ihr erinnert euch sicher an seinen Rat mit dem Geschenk. Nun er schlug einen Spiegel vor und dieser Umstand, ließ meine Alarmglocken läuten. Denn wisst ihr welche Clansschwäche der Clan Lasombra hat? Richtig, sie haben kein Spiegelbild. Ist das nicht ein wenig komisch? Das wäre als würde man einem Mann ohne Geruchsinn ein Duftwasser schenken. Ihr seht worauf ich hinaus will – das Duftwasser oder der Spiegel in diesem Falle mögen schön anzusehen sein, allerdings sind sie in ihrer Funktion völlig sinnlos. Deshalb glaube ich persönlich das der gute Signore Tutti uns in eine Falle locken möchte – warum auch immer.“ Vito machte eine kurze Pause damit Lucien das gesagte verdauen und für sich einordnen konnte, bevor er fortfuhr.

„Deshalb schlage ich vor, wir halten uns an das Geschenk was ihr aus Brügge mitgebracht habt…Ihr habt doch ein Geschenk mitgebracht oder?“ Er schaute Lucien fragend an. „Was die Vorstellung bei der Baronessa angeht – ja es wäre mir eine Ehre Brügge bei diesem Unterfangen zu vertreten aber dafür muss ich alles Wissen was ihr mir bezüglich Brügge und den Verbindungen zu Clan Lasombra sagen könnt – denn wenn ich richtig liege und man versucht uns in die Irre zu führen, dann mag hier vielleicht der Grund für den gehegten Groll liegen…“


[Rötschreck Kerzen anzünden; 7 Erfolge in 3 Würfen]

[Lasombra Clansschwäche und Schattenspiele; INT + Okkultismus, 3 Erfolge]

[Mortis Ritual "Din of the Damned"; 6 Erfolge]

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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Mi 18. Mär 2015, 12:26 
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Lucien würde den kleinen Wink mit dem Zaunpfahl, seitens Vito, recht rasch verstehen. Er war zwar kein Politiker und die Geheimniskrämerei sowie die Intrigen der hochwohlgeborenen Damen und Herren der Nacht, waren ihm herzlich egal aber er war nicht dumm oder einfältig. Informationen, das wusste er schon von Gerrit und hatte es selbst schon zu oft erlebt, konnten über Leben oder Tod, Sieg oder Niederlage, Aufstieg oder Vernichtung entscheiden. Der Gangrel stieg belanglos plappernd und der Richtung Vitos folgend, in das Gespräch mit ein und betrat mit ihm die Herberge ‚La foresta’. Er wäre gerne andernorts eingekehrt aber das Gasthaus wurde schriftlich erwähnt und empfohlen. Natürlich war es klar, dass sie so leichter überwacht werden könnten, andererseits wäre die Wahl einer anderen Unterkunft ihnen gewiss als persönlicher Affront ausgelegt worden.

Gut das der Kappadozianer abermals einen merkwürdigen aber offenkundig hilfreichen ‚Trick’ beherrschte, der es ihm erlaubte lediglich mit ein paar Kerzen, Asche und Blut den kärglich eingerichteten Raum in einen abhörsicheren Bunker zu verwandeln. Lucien teilte die Ansicht Vitos, bezüglich der Sicherheitsbedenken in der Herberge; musste aber leicht schmunzelnd zugeben, dass der ehemalige Kirchenmann noch bei Weitem paranoider war als er selbst. Schaden konnte es dennoch nicht, befand er als Vito ihm seine Besorgnis erneut erklärte. Auf einem soliden Holzstuhl, innerhalb des Bannkreises Platz nehmend, hob er nur abwehrend die Hand.

„Keine Sorge, ich teile deine Bedenken hinsichtlich dieser Domäne; auch wenn ich über die Lasombra nicht allzu viel weiß, fürchte ich. Ihre schattenfhaften Disziplinen sind mir gerüchteweise bekannt, als auch ihre Schläue und Durchtriebenheit.“ Er zuckte kurz mit den Schultern. „Allerdings bin ich da wirklich kein Experte und möchte gern auf dein Urteil vertrauen – wir sind in Italien, fern von allem was ich kenne oder bereist habe.“ Sich nachdenklich am Bart kratzend, lauschte er den Ausführungen des Kappadozianers und nickte einige Male zustimmend.

„Kein Spiegelbild also? Wie in den alten Schreckgeschichten, die man sich in den östlichen Landen erzählt. Da macht ein Spiegel, egal wie kunstvoll er gefertigt sein mag, wohl wirklich keinen Sinn, nein. Die entscheidende Frage ist also tatsächlich: Hält uns Cato für so dumm oder naiv oder warum schlägt er uns ein für einen Lasombra derartig nutzloses Geschenk vor?“ Sich in seinem Sessel zurücklehnend und die Arme über dem Kopf verschränkend, nickte er zu der Idee mit dem eigens erwählten Geschenk, grinste dabei allerdings vielsagend.

„Die Idee etwas Eigenes zu Besorgen und nicht auf Catos Falle hereinzufallen, finde ich gut allerdings muss ich gestehen habe ich mir bei der Abreise keine Gedanken zu irgendwelchen dämlichen Geschenken gemacht; also… ich hab nichts besorgt und Alida ebenfalls nicht.“ Er sah ein wenig aus wie ein Schuljunge, den man bei einem Streich ertappt hatte. „Genua ist doch eine Hafenstadt und an Häfen wird gehandelt und Waren aus fernen Ländern eingeschifft – ich würde also vorschlagen, wir begeben uns mal demnächst dorthin und wählen etwas aus. Abermals würde ich mich da eher an euch halten, ich hab keine Ahnung was Damen oder Lasombra und schon gar nicht was den Prinzen von südlichen Domänen gefallen könnte aber an Geld soll es nicht scheitern – davon hat Brügge genug. So muss ich dir wohl jetzt schon, für deine tatkräftige Unterstützung danken und kann dir auch vom Rat sagen: Wenn das alles klappt, hast du sicher Eindruck hinterlassen.“ Sein kurzes Räuspern verriet, das der nächste Teil seiner Erläuterungen eher wieder ernsthafter Natur war. Den Rücken kurz durchdrückend und etwas ratlos dreinblickend hob er die Schultern. Die Geschichte war ihm offenbar nicht wirklich angenehm und darüber zu sprechen, holte wohl alte Erinnerungen hervor.

„Es gab eine Zeit vor dem Rat und dem wirtschaftlichen Aufstiegs Brügge. Damals beherrschte eine spanische Lasombra, Signora Velazquez die Stadt als Prinz. Jedoch…“ Lucien zögerte und warf einen einschätzenden Blick Richtung Vito. „Jedoch wurde schnell klar, dass die eigentliche Macht hinter dem Thron, ihr Berater der Tremere Orlando Oriundus war. Mit den Jahren zeigte sich immer mehr, dass der Tremere sich die Dame scheinbar gefügig gemacht hatte und über sie eine legitimierte Macht über die Domäne ausübte, sie war eine buchstäbliche Marionette die er tanzen ließ und für seine Zwecke einsetzte. Wie viel noch eigene Gedanken in Velazquez steckten, kann ich nicht sagen.“ Der Hauptmann seufzte. „Die Lage spitzte sich immer mehr zu und es wurde bald auch allen klar, dass wir eliminiert werden sollten. Der Tremere plante Intrigen und Attentate, erst im langen voraus – wurde aber gegen Schluss hin immer direkter und offenbarte sich uns schlussendlich als offizieller Gegner. Wir bezwangen ihn und beratschlagten noch, was mit dem Marionettenprinz zu tun wäre… allerdings wurde uns diese Entscheidung auch abgenommen. Im Regentensaal fanden wir nur noch Asche auf dem Thron vor und mussten annehmen, dass der Tremere sie vor dem finalen Schlag oder dazwischen, vernichtet hatte.“ Lucien blickte Vito nun direkt in die Augen und hielt den Blick mit kühlem Ausdruck aufrecht. „Seit dieser Zeit haben wir den Rat installiert und seit jener Zeit, sind wir die erklärten Feinde der Blutschänder vom ‚Clan’ Tremere. Diese Feindschaft begleitet uns solange wir denken können und da zwischenzeitlich noch andere Dinge passiert sind, sieht es nicht so aus als würde sich daran je etwas ändern.“ Erneut seufzte er. „Was den vernichteten Prinzen angeht… wir haben niemals etwas von ihren Blutsverwandten oder eventuellen Verbündeten gehört. Niemand fragte nach ihr, niemanden schien es zu kümmern. Sie starb wohl in jener Nacht und wurde aus dem Gedächtnis all jener die sie kannten, ausgelöscht.“

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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Do 19. Mär 2015, 22:51 
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Lucien

Die Jagd gestaltete sich sehr erfolgreich. Lucien schlich durch einsame Gassen, schlenderte über weite belebte Plätze auf denen Marktschreier auch in der beginnenden Dunkelheit noch ihre Waren feil boten und hielt nach seinen zukünftigen Opfern Ausschau. Viele Bürger Genuas waren aufgrund ihrer florierenden Stadt wohlhabend und gut genährt.
Lucien erspähte einen von einem ausgesprochen guten Geschäft glücklich und leichtfüßig nach Hause hüpfenden Kaufmann, dem er ohne jegliche Schwierigkeiten folgen konnte. Im Schatten der überhängenden urwaldartigen Gewächse eines verwilderten Gartens gelang es ihm sich lautlos von hinten zu nähern und ohne jeglichen Widerstand nahm er sich von dem Mann was er brauchte. Mit einem schiefen Schmunzeln verließ er den Schauplatz und war sich gewiss, dass sein Opfer ohne jeglichen Schaden überleben würde. Zufrieden machte er sich auf den Rückweg als er plötzliche ein seltsames Gefühl im Nacken verspürte. Er blickte sich um, konnte jedoch nichts in den Schatten der Straßenschluchten erkennen. Eine Gruppe singender Burschen, die italienische Trinklieder grölte verhinderte, dass er seine übersinnliche Sehkraft aktivieren konnte. Kurzzeitig war das Gefühl verschwunden, trat jedoch erneut auf als er wenig später um die nächste Hausecke bog
Lucien blieb inmitten der kleinen, für italienische Verhältnisse typischen engen Straße stehen, an die sich Haus an Haus reite. Kleine schiefe oder gerade Haustüren, kleine Balkone und Wäsche die zum Trocknen ausgehängt war, gelangten in sein Blickfeld. Das mediterrane Klima war eine willkommene Abwechslung zum sonst eher etwas kühleren Brügge. Aber es war ihm klar gewesen, dass selbst nach einer mehr oder weniger erfolgreichen Vorstellung, bei den Obrigen der Stadt, irgendetwas ja nicht stimmen konnte. Das ungute Gefühl, das ihn in jener Nacht begleitete, schien nicht abzureißen egal welchen Weg er einschlug. Man hatte zwar nichts über die hiesigen Kainiten gesagt, auch nicht den Aufenthaltsort von Emilian verraten aber das hieß nicht das die Raubtiere an so einem lauen Sommerabend, friedlich in ihren Zufluchten schlummerten. Er durchschritt vorsichtig einen steinernen Torbogen und zwängte sich dann an die Hausmauer. Seine wachen Augen schielten misstrauisch die Straße hinunter und achteten auf jedwelche Bewegung. Kein Zweifel: Irgendjemand musste großes Interesse an ihm gewonnen haben.
Während er lauernd wartete hörte er vorsichtige leise Schritte näher kommen, die in ca. 10 Metern hinter ihm in der Straße plötzlich verstummten. Jemand schien zu warten und zu zögern.
Er presste sich weiter heimlich hinter den Torbogen und zog vorsichtig an der am Gürtel befestigten Dolchscheide. Blitzendes Metall, funkelte kurz auf, als er seinen Dolch in die rechte Hand nahm. Seine Muskeln spannten sich an und in den Augen lag auch ohne seine animalischen Kräfte, der Glanz des aufmerksamen Jägers. Würde sich der oder die Fremde durch den Torbogen wagen, wäre er bereit. Auch auf die Gefahr hin, dass er jemand falsches erwischen würde. Wer immer es sein mochte, der Gangrel mochte es ganz und gar nicht verfolgt zu werden.
Die Schritte kamen näher. Sie waren fester. Offensichtlich fühlte sich der nächtliche Wanderer wieder sicherer. Eine dunkle Gestalt erschien am Ende der Straße, spähte in den Hauseingang und schritt durch den Bogen. Die Hände waren in den Falten des Mantels verborgen, möglicherweise hielten sie eine Waffe. Die Gestalt schritt vorsichtig weiter, spähte nach links und rechts erkannte den Hauptmann der Stadtwache, der sich hinter einer hohen Kiste verbergen konnte jedoch nicht und glitt dann weiter vorsichtig in Richtung Haus.
Lucien sprang aus seinem Versteck hervor und riss die fremde Person an sich. Mit einem Arm, hielt er sie im Schwitzkasten, mit der anderen führte er den kalten Stahl auf Höhe der Kehle. Mit einem kalten Ausdruck in den Augen, zog er den Fremden zurück in die schattenhafte Umarmung des Torbogens. "So spät noch unterwegs? Ihr scheint großes Interesse an mir gefunden zu haben Signore oder Signora? Wie kann ich euch behilflich sein?"
Die Gestalt, die ihm gegenüberstand war ein wenig kleiner als er und in einen dunkelgrauen Mantel gehüllt und hatte die Kapuze weit ins Gesicht gezogen, so dass er ihre Züge nicht erkennen konnte. Sie zuckte zurück als Lucien ihr den kalten Stahl an die Kehle drückte, rührte sich jedoch um keinen Millimeter. Ihre Stimme war unbestimmbaren Geschlechts, dunkel, heiser und rau. Lucien hörte den schwachen Nachklang von Angst darin„Ich habe Euch gesucht. Verzeiht mein ungewöhnliches Auftreten.“ Sie sprach Latein mit einem ungewöhnlichen Akzent, der ihm seltsam bekannt vorkam. Er erinnerte ihn an Wind, Eis und die stürmische See.
Lucien spuckte aus und schüttelte ungläubig den Kopf, riss die Gestalt dann herum und presste sie gegen die Hausmauer, die Klinge noch immer zum tödlichen Stoß bereit. "Und wer seid ihr, dass ihr mich zu dieser Stunde an diesem Ort aufsucht? Es gibt nur wenige die überhaupt wissen oder auch nur ahnen, dass ich in Genua bin. Wer seid ihr? Gebt euch zu erkenen!" Nachdem der Hauptmann der Gestalt diese geknurrten Worte zugeworfen hatte, ließ er ein Stück weit von ihr ab, hielt den Blick aber immer noch angriffsbereit auf sich gerichtet. Diese Stimme.. und dieser Akzent, irgendwie.... Wer konnte ihn hier suchen? Und was mochte so dringend sein, dass es nicht bis zu seiner Rückkehr nach Brügge warten konnte?
„Es gibt einige Dinge, die ich euch gerne fragen würde, aber es weder für Euch noch für mich von Vorteil wenn man uns zusammen sieht.“
Lucien nickte abwägend und ließ hastig den Blick die nächtlichen Straßen entlang gleiten um sich zu vergewissern, dass sie allein waren. "Dann hoffe ich in eurem eigenen Interesse, dass die Dinge die ihr mir sagen wollt die Gefahren die ihr hier auf euch genommen habt um mich ausfindig zu machen, überwiegen." Er steckte demonstrativ den Dolch zurück in den Gürtel, ließ aber keinen Zweifel darüber aufkommen, was passieren würde, sollte der Fremde eine falsche Bewegung machen. "Habt ihr einen Ort der euch sicher für eine Unterredung erscheint?"
Die Gestalt unter der Kapuze nickte, wandte sich dann vorsichtig in Richtung Straße. Sie schien noch immer zu zögern ob sich Lucien es nicht doch nicht anders überlegen würde um ihr den Dolch ins Herz zu rammen.
Der Gangrel folgte der Gestalt in knappem Abstand, stets bereit die Waffen zu ziehen. "Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich folge euch und will euch zunächst glauben schenken aber sollte das eine Falle werden, kennt ihr mich noch nicht gut genug. Seid also vorsichtig." Die Umgebung eingehend begutachtend hielt er mit der verhüllten Gestalt schritt.
Die Person ging vor ihm weg, wandte sich häufig nach links und rechts und spähte über Plätze und in Straßen bevor sie ihre Schritte setzte. Sie mied große freie Flächen und jegliche Menschenansammlungen. Die Gegend um sie herum wurde einsamer. Die meisten Häuser waren verfallen und standen leer. Ab und an knurrte ein verwilderter Hund den sie in seiner Nachruhe störten, ansonsten war kein Ton außer dem leisen Wind, der trockenes Laub vor sich herwehte zu vernehmen. Schließlich ging die Gestalt über einen Platz, der am ehesten an ein antikes Forum erinnerte und betrat den Eingang eines hohen eingestürzten Gebäudes vor dem noch immer hochgewachsene Marmorstatuen standen und mit leeren Augen in die Schatten der Nacht starrten. Sie gingen über große Steinquader und gelangten schließlich durch ein Portal in einen dichten Wald, der vielleicht vor Jahrhunderten ein Garten gewesen sein mochte. Sie schritten über weiches Moos und gelangten an eine Quelle, die in ein weißes Marmorbecken mündete.
Lucien schritt weiter etwas versetzt hinter der Gestalt her, die zumindest den Weg zu dieser merkwürdigen Quelle gut zu kennen schien. Aufmerksam stellte er fest, dass der Fremde es geschickt zu vermeiden wusste entdeckt zu werden, indem er häufig begangene Straßen und belebte Orte mied und sich stets abseits hielt. Selbst den Weg in den Wald zur Quelle, legten sie über ein eingefallenes Haus zurück. Wer immer sie noch verfolgen mochte, hätte es zunehmend schwerer. Wer immer ihm hier einen Hinterhalt setzen mochte, zunehmend leichter. Anerkennend nickte der Gangrel seinem unbekannten Begleiter zu. "Bemerkenswert. Entweder ihr kennt euch hier besonders gut aus oder ihr stammt aus dieser Stadt. Beides wäre auch möglich aber lassen wir die Spekulationen und Spielchen; so schön dieser alte Tempel auch sein mag." Seine Hand griff and den Schaft seines Schwertes, bereit es zu ziehen. "Also... wer seid ihr? Woher kennt ihr mich und warum folgt ihr mir bis nach Genua um mich irgendwelche Dinge zu fragen? Sprecht rasch und möglichst so, das ihr noch eine weitere Nacht erlebt."

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Die Gestalt wandte sich ihm zu und schob die Kapuze zurück. Die Frau, die ihm gegenüberstand war groß gewachsen, ihr blondes Haar in langen Zöpfen geflochten und ihre Züge ebenmäßig und edel. Der Ausdruck ihrer Augen ließ ihn für einen Sekundenbruchteil zurückweichen: es war der gleiche, den er so oft bei Leif gesehen hatte.
„Mein Name tut eigentlich nichts zur Sache, aber wenn ihr ihn dennoch zu hören wünscht: Er lautet Brunhild.“ Sie sog tief die Luft ein, die nach Harz und Kiefern roch.
„Darf ich?“ Sie zeigte ihm ihre Handfläche und griff nach seinen Fingern. „Ich verspreche, ich werde euch nichts antun.“ Sie zögerte.
Lucien wiegte den Kopf leicht seitwärts und fixierte die junge Frau. Diese Ähnlichkeit war verblüffend und er konnte sich nicht erwehren, dieses Gesicht schon einmal gesehen zu haben. Es erinnerte ihn an Leif, Leif Thorson der sie alle verraten hatte. Und für einen Augenblick hatte er kurze Erinnerungsfetzen, einer sterblichen Familie, Söhne und Töchter die Leif zurückgelassen hatte. Brunhild - der Name schien zu passen. Als sie ihm ihre Handflächen zeigte, wich der Gangrel zurück. "Die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend. Gehe ich recht in der Annahme das ihr die Überbleibsel von Leif Thorsons sterblicher Vergangenheit seid?" Er grunzte kurz süffisant. "Und fragen dürft ihr mich von mir aus alles aber bleibt mir mit euren Händen fern, das letzte Mal als mir so freundlich jemand die Hand reichte, wurde ein Blutsband daraus."
Die junge Frau lächelte und betrachtete ihre Hände im Mondlicht. „Über solche Fähigkeiten verfüge ich nicht. Ich binde niemanden an mich.“ Sie sah ihn mit den hellen blauen Augen an. „Eine Berührung sagt nur um so vieles mehr aus als es die Worte eines ganzen Lebens vermögen.“
Ein hämisches Grinsen folgte. "Falls ihr mir etwas intimer an die Wäsche wollt, fürchte ich dass ihr bitter enttäuscht sein werdet, junge Dame. Der Untod nimmt einem die Freude an der Sache." Es schien so, als ob der zynische Lucien ihre Worte absichtlich missverstand. "Leif hat uns verraten und auch wenn ihr ihn angeblich jagt, habe ich noch lange keinen Anlass euch auch nur soweit zu vertrauen, dass ihr eure merkwürdigen Hexenkräfte auf mir wirken dürft, Weib." Sein Blick musterte sie von oben bis unten. "Leif erwähnte einst, dass seine Familie über merkwürdige Fähigkeiten verfügt aber ich bin gegen Magie mittlerweile allergisch - warum sollte ich eurer Bitte also nachkommen? Ihr habt mir noch immer nicht gesagt, was ihr von mir wollt."
Seine Worte schienen sie zu überraschen und sie legte die Stirn kraus. „Ihr seid ein Kainit aus den Mauern der Stadt Brügge. Ihr kennt einen Mann namens Leif Thorson?“
Er runzelte die Stirn. Hatte er seine Worte übereilig gewählt? Nun, er konnte sie noch immer einfach umbringen und die Sache auf diese Art und Weise erledigen. Ihre Antworten würden ihr weiteres Schicksal besiegeln. "In der Tat, wundert euch das? Ich dachte ihr wisst wem ihr des nächtens hinterher pirscht? Oder habt ihr einfach nur einen beliebigen Kainiten gesucht?"

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Sie ließ ihre Finger durch das Wasser der Quelle gleiten ohne dass sich Wellen bildeten. „Vor einiger Zeit erschien ein Handelstross aus dem Osten, der über Flandern anreiste. Und nun habe ich erfahren, dass nur kurze Zeit später eine andere Reisegesellschaft aus Brügge hier her gekommen ist.“ Sie blickte über die Wipfel der Bäume. „Wir Kinder des Vidarr erfahren schnell wenn ungewöhnliche Fremde in die Stadt eingelassen werden. Meine Familie wundert sich nicht über Wanderer aus Flandern. Sie stellen keine Verbindung zwischen Brügge und den dort lebenden Kainiten her. Ich schon. Und aus diesem Grund ist es nicht gut wenn man uns zusammen sieht.“ Sie nahm ihre Finger aus dem kühlen Wasser und blickte ihn erneut an. „Ich bitte euch um den Gefallen: Wenn ihr es vermögt: Sagt mir, wie geht es Leif Thorson?“ Sie wartete einige Atemzüge und fügte dann leiser hinzu: „Seid ihr ein Freund von Leif?“
Lucien ließ die Hand an der Schwertscheide verwundert sinken, nicht jedoch seine Aufmerksamkeit. Die Frau hatte ja tatsächlich von nichts eine Ahnung. Zugegeben, vielleicht vermochte sie mit ihren ererbten Fähigkeiten, Lebende von Untoten zu unterscheiden wissen, dass sie ihn heute Nacht getroffen und gefolgt war, war dennoch nur eine zufällige Verkettung von umso größeren Zufällen. Schicksal mochten es einige nennen - er würde es bestenfalls als Glück betiteln. Schwer sog er unnötigerweise die kühle Abendluft ein. Eine Geste nur, die früher mehr Sinn gemacht hatte als bloße Kommunikation. In diesen Nächten war sie hingegen nur ein Überbleibsel aus längst vergangenen Tagen. "Leif Thorson ist tot oder möchte uns das zumindest glauben machen. Er stürzte viele Meter tief in den Flammentod, den er selbst verursacht hatte. Er war ein guter Freund, Heiler von Weltformat und ernstzunehmender Gegner im Kampf, doch er hat uns alle verraten und wollte Brügge an den Feind verkaufen. Dafür zahlte er den ultimativen Preis." Lucien hob eine Augenbraue. "Und immer noch weiß ich nicht warum er dies alles tat, es ergab niemals Sinn und doch war es so."
Brunhild sah ihn irritiert an und ihre Augen weiteten sich. „Ist dem so?...“ Lange Zeit verstrich in der er nur ihre ruhigen Atemzüge und den raschen Schlag ihres Herzens vernahm. „Ich hatte ein anderes Schicksal für ihn gesehen, aber wie ich schon zu ihm sagte, weben die Nornen ihre Bänder so, dass wir Sterblichen sie nicht zu verfolgen vermögen.“ Sie seufzte und legte den Kopf in den Nacken. „Die Götter mögen seine Beweggründe verstehen.“ Sie atmete tief durch und blickte Lucien dann mit traurigen Augen an. „So nanntet ihr ihn einst Freund und nun Verräter? Ein trauriges Schicksal für einen Mann wie ihn. Ich wünschte, ich wäre ihm noch einmal begegnet.“
Ein kurzes Achselzucken. "Was immer eure Götter bereit gehalten haben mochten, der Fluch des Kain war stärker, meine Liebste. Wir sind dazu verdammt uns gegenseitig an die Kehle zu springen und uns durch die Jahrhunderte hinweg zu bekriegen und zu töten. Kainiten finden keinen Frieden. Dieses Glück ist uns nicht beschieden und es scheint mir, als ob euer Leif schlussendlich der Spirale des Djihads erlegen ist, die sich unermüdlich dreht." Lucien kniete sich neben sie an den See, war kurz versucht sein Spiegelbild im Wasser zu betrachten aber ließ es dann mit einem unsicheren Seitenblick zu Brunhild. Er wollte ihr und auch sich selbst den Anblick ersparen. "Leif war ruhig und ausgeglichen. Wenn der Rest sich zerfleischen wollte, behielt er immer einen kühlen Kopf. Er hat schwerste Wunden geheilt, die selbst mich aus den Stiefeln gehoben hätten wie eine Feder im Wind und er hat sich politisch neutral positioniert. In gewisser Weise war er die Stimme der Vernunft, die schlussendlich dem Wahnsinn anheim fiel. Scheinbar ist es uns auch nicht vergönnt in einer Ruheposition zu verharren. Wir können nur Engel oder Teufel sein. Über kurz oder lang, werden wir alle in die eine oder andere Richtung gehen." Ein Stein platschte übers Wasser, den er mit einer raschen Bewegung geworfen hatte - ein altes Kinderspiel, das er früher.. Gott, wie lange war das her? ... gerne gespielt hatte. "Vielleicht werdet ihr ihn noch sehen, Brunhild. Er fiel in die Flammen aber niemand hat einen Leichnam oder Asche gesehen bzw. zuviel Asche um noch sagen zu können ob es Gebälk oder Kainit war. Genau wie ich hält Leif eine Menge aus; niemand war und ist sich sicher ob er nicht einfach geflohen ist."
Sie sah dem Stein hinterher und wieder glitt ein Lächeln über ihre Züge. „Leif war weder Engel noch Teufel. Und er war weit davon entfernt dem Wahnsinn anheim zu fallen. Auch wenn ich keine der euren bin: Soviel weiß ich. Er hat tapfer für seine Freunde gekämpft und war bereit für sie sein Leben zu lassen. Er war vorsichtig und dennoch bereit zu vertrauen. Er hat mich gelehrt, dass es wichtiger ist zu verstehen, zu hinterfragen und zu begreifen als gleich zu den Waffen zu greifen. Dafür bin ich ihm dankbar.“ Sie griff selbst nach einem Kiesel, tat es Lucien nach und betrachtete den weißen Fleck, der über die Wasseroberfläche sprang. „Ihr mögt mich eine Närrin schelten, aber in einer anderen Welt habe ich an seiner Seite für einen Freund gefochten und die Ehre, die er an den Tag gelegt hat, würde in den Liedern unseres Volkes besungen werden, wenn es noch von altem Blut wäre und nicht den Einflüsterungen der christlichen Priester lauschen würde.“
Lucien blickte dem geworfenen Stein ebenfalls nach. Es hatte etwas sehr stilles, vereinnahmendes, wie sich der weiße Kiesel in der dunklen Nacht verlor. Für gewöhnlich waren diese philosophischen Dinge nicht sein Metier aber sie war nur eine Sterbliche, die den Verlust eines ihrer Verwandten beklagte. "Die Zeit tötet alles, selbst uns. Leif mochte einst so gewesen sein, am Ende war er es nicht mehr und warum kann niemand sagen. Darüber zu spekulieren ist müßig und sinnlos. Bedauerlicherweise stehen die Chancen nicht schlecht, das ihr wo ihr euch endlich mit ihm versöhnt zu haben scheint, nur mehr ein Grab errichten könnt und selbst das ist nicht mal mehr mit Asche zu füllen." Der Gangrel erhob sich und blickte über den kleinen Weiler Richtung Wald. "Vielleicht ist er aber noch da draußen; geröstet wie ein Spanferkel oder bereits wieder völlig hergestellt. Bei seinen Künsten wäre es ihm locker zuzutrauen. Wo immer er ist, tot oder lebendig, untod oder eine alte Erinnerung - wir wissen es nicht und Brügge will es auch nicht wissen. Sollte er sich erneut zeigen, wird wie immer die Zeit zeigen was geschehen soll; ich werde ihn sicher nicht suchen." Seine schweren, stapfenden Schritte namen wieder Kurs auf die alte Tempelruine. "Gibt es sonst noch irgendwelche Fragen die ich euch beantworten soll Brunhild?"
Die junge Frau sah ihm hinterher, leicht verwundert, dass er schon bereit war zu gehen. „Nein. Ich wollte wissen wie es ihm ergangen ist.“ Sie ließ sich auf einen umgestürzten Baumstamm sinken und blickte wieder auf ihre Handflächen.
Lucien kratze sich leicht am Bart und hob die Schultern. "Was wollt ihr wissen? Er hat ein Bordell betrieben und ein Krankenhaus. Die gesundheitliche Versorgung der sterblichen Bevölkerung verdankt ihm sehr viel und das Informationsnetzwerk aus Huren und Bettlern, sichert unser Überleben. Leif war bei jeder größeren kriegerischen als auch politischen Situation, bei der es auch tatsächlich um etwas ging dabei. Er hat sich als Vermittler zwischen den hohen und niederen Clans bewiesen und war stets bemüht seinem zerstreuten Clan zu helfen. So sehr bemüht, dass er sogar einen schändlichen Pakt mit einem widerlichen Betrüger einging, in der Hoffnung etwas Gutes zu tun." Der Gangrel richtete den Blick zurück zu Brunhild. "Er lebte ein gutes Unleben und hatte es besser als so mancher andere, war schlussendlich auch bei der Eroberung Brügges dabei. Er war Gründungsmitglied des Rates und hat schlussendlich auch Bündnisse für uns ausgehandelt. Brüssel geht, wenn man so will auch auf sein Konto."
Brunhilds Augen verengten sich plötzlich. Sie lauschte und flüsterte dann leise:
„Versteckt Euch! Ich möchte nicht, dass unsere Begegnung tödlich endet.“
Lucien sah sich rasch um, vertraute Brunhilds Urteil und den ebenfalls vernommenen Schritten ausreichend, um sich umgehend ins nächste Dickicht rund um den See zu bewegen. Dort kauerte er sich hinter einer größeren Heckenansammlung nieder und beobachtete argwöhnisch die Lichtung. Das war nunmehr ein wenig des 'Glücks' zufiel befand er.
Die blonde Frau stand noch immer an der Quelle, senkte den Kopf und strich mit einer Hand durch das Wasser ohne dass sich Wellen bildeten. Ein hoch gewachsener blonder Mann betrat die Lichtung und ging mit ausholenden Schritten auf sie zu.
„Brunhild? Hier bist du also? Ich hätte mir denken können, dass du die Lichtung aufsuchen würdest.“ Er kam neben ihr zu stehen und legte ihr die Hand auf die Schulter. Seine Stimme klang so als hätte er gute Nachrichten. „Es gibt Neuigkeiten von unserem Feind. Er hielt sich offensichtlich bis vor wenigen Monaten in Brügge auf. Weißt du, was das bedeutet: Wie haben ihn! Endlich! Nach all den Jahren… Diesmal entkommt er uns nicht. Diesmal werden wir nicht versagen! Meine Axt und deine Magie werden ihm das Ende bereiten, dass er verdient hat.“ Brunhild nickte ohne vom Wasser auf zu blicken. „Dann brechen wir also nach Flandern auf. Ist der Plan schon von den anderen abgesegnet worden?“ Der Mann wirkte ein wenig irritiert. „Ich hätte mit mehr Freude gerechnet, Schwester. Bei Thor: Wir sind am Ziel. Wir können unsere Familie von dem Fluch befreien, der auf ihr liegt.“ Die blonde Frau lächelte. „Wir haben schon oft geglaubt, wir hätten ihn. Doch er entkam immer. Und eines, Asbjorn, sollten wir nicht vergessen: Den Fluch, von dem du sprichst, haben wir uns selbst aufgeladen.“ Der Hüne neben ihr schüttelte voller Unverständnis den Kopf und überlegte. Dann schluckte er. „Ich weiß, dass es dich noch immer sehr traurig stimmt, dass er uns beim letzen Mal entkommen ist. Aber das wird nicht wieder geschehen. Das schwöre ich bei O…“ Brunhild legte ihrem Bruder mit einer raschen Bewegung den Finger auf die Lippen. Sie klang wütend und der Mann zuckte zurück. „Leiste keine Schwüre, die du vielleicht nicht zu halten in der Lage bist.“ Der große Mann trat einen Schritt zurück. „Du bist in missgestimmt. Ich werde dich allein lassen und mich mit den Ältesten beraten.“ Er holte tief Luft. „Wir sprechen uns wenn du wieder besserer Stimmung bist, Schwester.“ Brunhild nickte und ließ ihn ziehen.
Lucien kam langsam aus seinem Versteck, zurück auf die Lichtung und sah dem hochgewachsenen Mann hinterher, der ja voller Begeisterung und Eifer zu sein schien. "Euer Asbjorn kann es ja kaum erwarten seine Axt in Leifs Schädel zu rammen. Ist das euer Rache Trupp? Ihr seid ja ein merkwürdiger Haufen." Ein schiefes Grinsen. "Allerdings hab ich das auch schon zu anderen Grüppchen gehört. Brügge ist auch ein komischer Haufen." Ein Seufzen entfuhr ihm. "Ich habe ja nichts dagegen, dass ihr alle immer noch 'Hau den Leif' spielen wollte aber könntest du deinem Bruder und eurem Ältesten ausrichten was ich dir gesagt habe? Jagt wen auch immer ihr wollt aber haltet euch von Brügge fern. Euer Ziel ist dort ohnehin nicht mehr, das kann ich dir versichern."
Sie sah ihn lächelnd an. „Und wie soll ich ihnen das mitteilen. Soll ich von einem nächtlichen Kainiten berichten, der mir geheime Details aus Flandern mitgeteilt hat oder von einer mystischen Version, die mir erschienen ist, erzählen.“ Sie lachte trocken auf und schüttelte den Kopf. „Nein, sie werden nach Brügge gehen und ich werde mit ihnen ziehen. Und in Brügge erhalten sie die Informationen, die ihr mir mitgeteilt habt. Es wird einige Generationen dauern aber dann wird wohl irgendwann Leifs Wunsch Wirklichkeit und die spärlichen Überreste seiner Familie werden ihren Frieden finden und die Zeit ihres Lebens damit verbringen zu leben statt zu jagen.“ Wieder huschte der Schatten eines Lächelns über ihr Gesicht. „Ich weiß wohin mein Weg mich führen wird, aber wisst ihr etwas? Mir gefällt die Vorstellung, dass er mit einem Humpen Met an der Tafel in Walhalla sitzt und dort mit unserem König und seinem alten Freund Knut auf unsere Torheiten anstößt und sich lachend von den Walküren bedienen lässt.“ Sie grinste.
Lucien stimmte in ihr Grinsen mit ein. "Eine tröstliche Vorstellung und vielleicht wiegen seine Taten am Ende soviel, dass ihm wirklich sein Met und die barbusigen Walküren vergönnt sind zusammen mit wem auch immer und allen Königen und Fürsten aus unzähligen Zeitaltern." Seine Schultern hoben sich. "Ich gebe nicht viel auf derlei Dinge und bin eher der Überzeugung das Kreaturen wie wir allesamt zur Hölle fahren, wie auch immer die aussehen mag. Die Kunst besteht darin, einfach nicht zu sterben sondern zu überleben um jeden Preis." Bei seinen nächsten Worten wurde sein Gesicht jedoch wieder eine Spur ernster. "Was Brügge betrifft, so könnt ihr diese Sache mit der Informationsweitergabe gerne so geschickt und unauffällig lösen wie ihr es euch vorgestellt habt - nur tut mir und euch einen Gefallen und macht mir keinen Ärger diesbezüglich. Es würde mich ja beinahe schon Schmerzen die gesamte Familie vorzeitig zusammen zu führen. Seht zu dass ihr wenn ihr in meiner Domäne fertig seid, schleunigst wieder abzieht. Wir haben genug andere Feinde um die wir uns kümmern müssen, also erledigt eure Aufgabe und verabschiedet euch danach ohne großes Aufsehen. Ich werden den Rat vorsorglich unterrichten."
Sie blickte ihn fragend an, schwieg jedoch eine lange Zeit. „Nennt Ihr mir euren Namen?“ Sie betrachtete ihn musternd. „Wer seid ihr?“
Der Hauptmann, begutachtete die blonde Frau wiederum eingehend unschlüssig ob er ihr Antworten sollte oder nicht. "Eine wandelnde Leiche, die schon vor Jahrhunderten den Tod in irgendeiner trostlosen Gosse hätte finden sollen aber die sich weigert vor die Hunde zu gehen sondern nochmal kräftig mitmischen möchte. Mein Name ist Lucien Sabatier, der Schattenwolf." Er grinste. "Auf den Beinamen bin ich besonders stolz, er hat sowas mystisch-dramatisches."
Sie grinste und hielt ihm die Hand hin. „Brunhild Vidarrsdottir, Nichte des Ulfhart Vidarrson.“ Sie zögerte und zog ihre Hand zurück. „Ich vergaß…“
Er wollte ihr schon die Hand geben, als sie ihre zurückzog. Sein Grinsen bestätigte nur abermals was beide wohl in diesem Moment denken mochten.
"Ihr wisst nicht zufällig wo man diesen östlichen Handelstross finden kann? Mir wurde leider nicht mitgeteilt wo er sich zurzeit in Genua aufhält?"
"Warum wollt ihr deren Aufenthaltsort wissen?"
"Ich habe etwas mit dem Anführer zu besprechen. Einer der Gründe warum ich heute in Genua bin."
Sie lächelte interessiert und eine leichte Herausforderung lag in ihrem Blick: "Dann solltet ihr wissen, wo sich der Tross aufhält, oder?"
"Warum sollte ich das wissen? Ich weiß das er nach Genua aufbrach nachdem er zuvor in Leuven halt gemacht hat. Welche Route er nahm weiß ich nicht und ich habe auch keine Ahnung wie viel Leute er genau umfasst. Ich habe etwas mit dem Anführer der östlichen Karawane zu besprechen und das war’s auch schon wieder."
Brunhild zuckte mit den Schultern. „Der Tross gehört einem Händler namens Belinkov. Er besitzt ein altes heruntergekommenes Haus etwas außerhalb an der Küste im Norden. Eine alte, vor langem verfallene Villa. Er ist wohl einer von euch, oder? Sonst hättet ihr wohl nicht ein solches Interesse an ihm?“
Lucien nickte. "Ich habe etwas mit ihm zu besprechen, gar nicht mal so sehr für mich sondern quasi im Auftrag für jemanden. Dennoch habe ich guten Grund zu der Annahme, dass er mir Gehör schenken wird - sehr gute Gründe. Danke für die Information, ihr habt mir wirklich weitergeholfen."
„Begebt euch nach Norden. Die Villa ist ungefähr eine Meile von einem kleinen Fischerdorf namens Il Martino entfernt. Ihr erkennt sie an den alten Statuen, die Meeresgötter darstellen. Ein gigantisches Anwesen. Ihr solltet vorsichtig sein. Das Haus wird gut bewacht und Eindringlinge sollen ohne lange Gespräche entfernt werden… Zumindest sind das Gerüchte.“
Sie erhob sich. „Es wird Zeit für mich zu gehen.“
Der Hauptmann der Nachtwache nickte nur bestätigend, so als ob er ihre Verabschiedung als 'in Ordnung' befunden hätte. "Gewiss, ich denke ich sollte mich auch wieder aufmachen. Uns führen beide verschiedene Aufgaben hierher. Ihr habt eure wohl zu einem großen Teil erfüllt, meine liegt noch vor mir." Er deutete eine knappe Verbeugung an. "Es hat mich gefreut euch kennengelernt zu haben. Vielleicht kreuzen sich unsere Wege dereinst noch einmal Brunhild Vidarrsdottir. Man weiß nie wie das Glück oder Unglück einem gewogen ist dieser Nächte."
Sie tat eine seltsame Bewegung mit der Hand. „Mögen die Götter mit euch sein, Lucien Sabatier, Schattenwolf.“ Sie nickte und schritt in die Dunkelheit der Nacht
"Und die Zeit mit euch junge Dame." Lucien sah ihr noch einige Minuten hinterher bis er der Meinung war, es würden sie genug Augenblicke voneinander trennen um bei der Rückkehr zur Stadt, nicht in Verdacht zu geraten, auf welche Art auch immer miteinander zu tun gehabt zu haben - danach setzte auch er sich wieder in Bewegung. Was für seltsame Begebenheiten sich doch manchmal fernab der Heimat auftaten. Er sollte wirklich wieder auf Wanderschaft gehen, dachte er bei sich, als er den Weg zum Lager des Brügger Trosses einschlug.

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Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


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 Betreff des Beitrags: Re: Gen Süden bei Nacht
BeitragVerfasst: Sa 21. Mär 2015, 21:18 
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Lucien II

Lucien verließ die alten Tempelruinen und schritt durch die Finsternis der Nacht. In der Ferne schlug eine Kirchturmglocke. Er zählte die Schläge mit: 1 Stunde vor Mitternacht. Die Händler hatten die Straßen verlassen doch noch immer waren sonnengebräunte meist dunkelhaarige Menschen unterwegs und gingen ihrer Wege. Die Menschen verbrachten die unerträglich heißen Mittagsstunden in der Kühle ihrer Häuser um dann ausgeruht die angenehme Nacht zu genießen. Sie saßen laut philosophierend zusammen und gönnten sich den dunklen schweren Rotwein, den Lucien auch aus Brügge kannte, da Alida damit handelte, spazierten im Mondschein unter bunten Wäscheleinen dahin die von Haus zu Haus gespannt waren oder beugten sich über ein Kartenspiel. Einige dralle schwarzhaarige Italienerinnen schimpften sich von einer Dachterrasse zur nächsten an um dann im nächsten Moment gemeinsam in schallendes Gelächter auszubrechen. Erst gegen Mitternacht würden sich die Straßen wirklich leeren, das wusste er.
Sein Blick ging durch die Straßen, die ihm so fremd und unwirklich erschienen. Zwar hatte er Europa in der 'horizontalen' bereist, war bis nach Spanien im Westen und Ungarn im Osten gelangt aber bevor er den Süden hätte bereisen können, war er nach Brügge gekommen. Ein leichtes Grinsen stand in seinem Gesicht, als er an das bevorstehende Gespräch mit dem Prinzen der Stadt dachte - vielleicht und daran hatte er schon öfter gedacht, seitdem er hier war, vielleicht war das auch ganz gut so. Wenn schon der sonst eher ruhige Kappadozianer überall Spione und Spitzel fürchtete dann mochte an der ganzen Sache mit den unglaublich verschlagenen Lasombra und der Falle, die ihnen der Haushofmeister Cato gestellt hatte, durchaus etwas dran sein. Nun, er hatte andere Pläne und war, gestärkt von einer kleinen Jagd, bereit das eigentliche Unternehmen, weswegen sie diese Reise überhaupt angetreten hatten, wieder in Angriff zu nehmen. Brunhild hatte ihm in etwa den Weg zur alten Villa außerhalb der Stadt gewiesen, in der sich Emilian aufhalten sollte. Nach kurzem Fragen bei den Stadtwachen und einigen anderen Bürgern, die des Lateinischen mächtig waren, hatte er nunmehr eine etwas präzisere Richtung. Den Weg den er einschlug, sollte ihn die Landstraße entlang zur Villa führen.
Er wanderte aus den Toren der Stadt hinaus in das umliegende Gebiet. Schon wenige Minuten nachdem er die Tore verlassen hatte wurden die Siedlungen spärlicher, die Häuser ärmer, die Menschen dünner. Äcker und kleine Wäldchen breiteten sich aus und ließen ab und zu den Blick auf die Ausläufer der Alpen zu.
Lucien folgte der staubigen Landstraße, die ihn zügig Richtung Meer führte. Die Gegend, die er durchlief hinterließ einen seltsamen Eindruck. Überall lagen verlassene Ruinen und hohe ehemalige römische Prunkgräber am Wegesrand. Man konnte vermuten, dass die Stadt vor einigen Jahrhunderten noch um vieles größer gewesen sein musste. Jetzt dienten die alten Paläste der ehemaligen Senatoren und Konsuln als Steinbrüche für die Bauern, die damit die Scheunen für ihre Tiere erbauten, wie Lucien immer wieder erkannte wenn er an dreckigen Kuhställen vorbei kam, die wunderschönen marmornen Blumenemblemen enthielten oder Bilder von marschierenden römischen Heeren auf dem Siegeszug in die Heimat… längst vergessene Zeiten.
Die ehemals reiche Küste war jetzt nur noch von einigen kleinen ärmlichen Fischersiedlungen durchbrochen, in denen Lucien jedoch kaum eine Menschenseele erblicken konnte. Die Fischer waren anscheinend auf dem Wasser unterwegs und gingen dort ihrer Arbeit nach. Er wanderte nach Norden, kam durch ein Dorf, das mit einem ärmlichen Holzschild als „Il Martino“ markiert wurde und dann immer wieder vorbei an ehemals gigantischen prunkvollen Villen, die nun im Dornröschenschlaf langsam zerfielen und von wilden Gewächsen und üppigen Blumen überwuchert wurden bis kaum noch etwas an die glänzende menschliche Zivilisation erinnerte, die hier einst ihr Zuhause gefunden hatte.
Bemerkenswert wie vergänglich Zivilisation doch war und war sie auch Jahrhunderte alt. Für ihn waren dies alles Zeiten, die er sich nicht einmal im Entferntesten vorstellen konnte und den Sterblichen ging es ebenfalls so. Was übrig blieb waren ein paar emsige Wissensbewahrer und der große Teil an praktisch denkenden Arbeitern, die nunmehr die einstigen Prunkvillen von römischen Legionieren, Justicaren, Konsulen und Fürsten, in dreckige aber notwendige Kuh- und Schweineställe verwandelten. Das pralle, pumpende Leben und die volle Schüssel mit dampfenden Eintopf, war dem Großteil dieser Menschen mehr wert als jede noch so erhabene Statue; jedes noch so fein gearbeitete Relief. Für ihn war das mit ein Zeichen, das er selbst auf dem richtigen Weg wandelte - hinsichtlich seiner Mission aber umso mehr auch seiner persönlichen Einstellung nach. Von Brügge würden irgendwann wohl auch nur mehr Ruinen vorhanden sein aber er wäre dabei gewesen und was noch wichtiger war: Für ihn hatte es immer genug dampfende Schüsseln gegeben um in der Zukunft darüber berichten zu können. Überleben war alles und so schlenderte Lucien etwas müßig, sich die Gegend genau und zeitweise auch sogar durchaus interessiert betrachtend durch die Nacht und sammelte die ersten Eindrücke einer Stadt, deren Umgebung im Grunde das widerspiegelte was überall in Europa passierte. Es gab eine große Stadt und je weiter man sich von dieser entfernte, desto einfacher und praktischer wurde das Leben, bis man fast da angekommen war wo die Gangrel hausten. Kurzweilig prüfte er den Sitz seiner Schwertscheide und schickte sich an, die Umgebung mit seinen Augen abzusuchen, die ihn selbst in tiefster Finsternis, nie im Stich ließen. So ging er die Straße entlang, darauf achtend sich immer etwas weiter links oder rechts davon zu halten um im Notfall hinter Sträuchern oder Bäumen verschwinden zu können.

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Desto näher er ans Meer kam desto heftiger wehte der warme Wind, der ihm das Haar ins Gesicht blies und den salzigen Geruch der See mit sich führte. Lucien schritt an den alten Villen vorbei, ließ große vergoldete Portale hinter sich deren Tore aus den Angeln gerissen worden waren und schon seit Jahrhunderten als Feuerholz gedient hatten und bemerkte plötzlich ein breites Eingangstor, das im Gegensatz zu den meisten anderen ausgebessert und fest verschlossen war. Man hatte die Türen, das erkannte er gleich, extra verstärkt und die hohen Mauern ausgebessert. Im hellen Mondschein erkannte er, dass die Spitzen der Mauerwerke mit scharfen Steinen und Glasscherben versehen waren, so dass die Idee hinüber zu klettern sich als sehr gefährlich erweisen würde. Lucien sah sich um und erkannte durch einige kleine Ritze im Mauerwerk die Statuen von denen Brunhild gesprochen hatte. Mit Blattwerk und Algen überwucherte Marmorstatuen standen in einem großen Wasserbecken, bei dem nur der Pflanzenbewuchs aus Seerosen und Wasserlinsen vermuten ließ, dass darunter Wasser zu finden sein musste. Einige Stauten waren umgestürzt und ihre Gliedmaßen ragten an mahnende Warnungen erinnernd gen Himmel auf.

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Er nickte leicht, wie um seine eigenen Gedanken zu bestätigen. Zweifelsohne war er hier genau richtig denn wenn nicht schon die Beschreibung Brunhilds gereicht hätte, die Glasscherben und die verstärkte Tür waren ein so deutlicher Hinweis, dass selbst eine von Erzhausen ihn erkannte hätte. Etwas unschlüssig legte er den Kopf schief und führte sich erneut ins Bewusstsein, was er von Emilian und dem östlichen Handelstross bisher wusste - viel war es nicht, zumal er den eigentlichen Anführer der Russen gar nicht zu Gesicht bekommen hatte, damals in Leuven. Vermutlich würde aber Girland Lucien erkennen, sollte er hier sein und der Gangrel hatte keinen Grund anzunehmen, er wäre nicht hier, war er doch so etwas wie der Majordomus seines Gebieters. Nach einigem hin und her, entschloss er sich es auf die altmodische Art zu versuchen: Er klopfte entschieden und betont auf die Tür. Was sollte er sonst auch tun?
Es dauerte einige Zeit bis er feste Schritte in schweren Stiefeln hörte und ein Riegel in der Tür zur Seite geschoben wurde. Lucien erkannte ein vernarbtes bärtiges Gesicht, das ihn finster anstarrte und ihn in einer groben rauen Sprache anfuhr, die er nicht verstand. Es klang laut und drohend.

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"Girland", sagte Lucien laut und deutlich, auch wenn er die Sprache des ungewaschenen, stinkenden Mannes nicht verstand. Wer immer der da sein mochte, er war kein Kainit und vermutlich auch kein Ghul, wohl eher einer der Arbeiter der Karawane der nunmehr zum Türe öffnen abkommandiert worden war. Der Gangrel schüttelte auf alles was der Mann sagte nur höflich aber bestimmt den Kopf und wiederholte den Namen des Majordomus - "Girland". Niemand anders würde sich an ihn erinnern und dem Russisch, das der grobe Mann hier höchstwahrscheinlich sprach, war er nicht mächtig.
Der Mann schrie noch einige Zeit lautstark auf Lucien ein und gab ihm mit Gesten zu verstehen, dass er sich entfernen sollte. Er drohte, zeigte ihm ein scharfes Messer aber all das schien an dem Hauptmann der Brügger Stadtwache keine Wirkung zu zeigen. Lucien hatte den keifenden, stinkenden Bastard von einem Arbeiter und seine fremdländischen Flüche und Beschimpfungen ertragen ohne sich davon auch nur im Geringsten beeindrucken zu lassen. Er fand es selbst schon ein wenig befremdlich, dass er den Dolch, mit dem der Bärtige vor seinem Gesicht herumfuchtelte, nicht einmal mehr recht als Bedrohung wahrnahm. Entweder er war überheblich geworden oder aber diese ganzen kleinen sterblichen Regungen und Allüren waren ihm so gänzlich fremd geworden, das er sie nicht einmal recht beachten konnte, bis sie nur noch zu einem Hintergrundrauschen einer beliebigen Szenerie wurden. Der Schreihals konnte ihn nicht einschüchtern, da müssten ganz andere kommen und Dolche waren Zahnstocher für den Hauptmann der Wache. Irgendwann wurde der Riegel zurück geschoben und die Schritte entfernten sich nur um ungefähr eine Minute später gefolgt von dem Klappern zusätzlicher Geräusche, die von Stiefeln verursacht wurden, wieder zurück zu kommen. Lucien vermutete an die drei oder vier Personen. Der Riegel verschob sich und schließlich wurde das ganze Tor einen Spalt geöffnet. Ein gutaussehender breitschultriger Mann trat in die Lücke und verschränkte die Arme vor der Brust. Der Kerl war jung, wohl um die 25 und strotze vor Kraft und Überheblichkeit. Er hielt den Kopf gerade und schaute abschätzend auf Lucien herab. Sein Latein war schlecht und sein abgehackter Dialekt machte es kaum verständlich. „Was er hier will?“

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Schlussendlich war wohl ein Wachwechsel angesagt, denn die schweren Schritte deuteten darauf hin, dass der Bärtige Verstärkung holen musste um der Lage Herr zu werden. Mit einem misstrauischen Blick beäugte der Gangrel die ankommende Kavallarie, die dem Bartträger helfen sollte, allen voran der junge Mann - der eher einem stolzen Gockel glich. "Girland", wiederholte Lucien und deutete hinter den Mann in die Villa. "Girland", so laut und akzentfrei er es zustande bekam. Für einen Moment überlegte er, deutete dann noch einmal ins Innere des Anwesens und nickte kurz. "Belinkov?". Vielleicht wäre das ein noch deutlicherer Hinweis, was er zu suchen hatte. Immer diese Sprachbarrieren.
Der Mann vor ihm fuchtelte mit den Armen und zeigte mit dem Arm in Richtung Genua um Lucien zu verstehen zu geben, dass er verschwinden sollte. „Girland nix da. Belinkov nix euch sehen will. Er nix gestört werden will von …“ er suchte nach einem Wort. „… Landstreicher wie euch. Er in Zimmer am Meer und besseres zu tun als Zeit vergeuden mit Dreck wie euch. Verschwinden er sonst wir machen ihn verschwinden.“ Er übersetze für seine russischen Kampfgefährten und alle begannen gleichzeitig laut zu lachen. Sie hatten die Hände an den Griffen ihrer Schwerter. Lucien vermutete vier Wachen hinter dem Tor. Der Mann spuckte aus und musterte Lucien fragend.
Lucien nickte nur gelassen und schmunzelte etwas als das Lachen leicht anschwoll. Wie schön war es als Franzose in Flandern zu leben und einen russischen Händler in Italien zu besuchen um dann von dessen stinkender, grobschlächtiger Meute ausgelacht zu werden. Höchstwahrscheinlich hätte er es dazumal nicht anders gemacht, wenn jemand an die Tür des eben bezogenen Räuberlagers geklopft hätte, um den alten Onger zu sprechen. Damals war man ja noch jung, überzeugt davon es mit jedem aufnehmen zu können und der gute Wein, dem man dem bleichen Adligen vor zwei Tagen abgenommen hatte tat sein Übriges. Er überdrehte leicht die Augen - vielleicht hätte er doch eins der Brügger Sprachgenies mitnehmen sollen, das hier war wiederum nichts wofür man einen Lucien Sabatier schickte. Der Griff an die Schwerter hingegen war etwas wofür man ihn holte, nur war er deswegen nicht gekommen. Er seufzte und versuchte es erneut so gut er konnte. "Belinkov - Girland." Er deutete auf sich. "Lucien Sabatier - Brügge." Dann entnahm er seinem Wams den Lederbeutel, den ihm Alida gegeben hatte. "Alida van de Burse, sagt das eurem Herren." Damit reichte er den Beutel an die Meute weiter. "Alida van de Burse", wiederholte er laut und klar.
„Alissa va de Burze?“ Der Mann sah seine Kumpane fragend an, blickte in ebenso desinteressierte und ratlose Gesichter und zuckte dann gleichgültig mit den Schultern. Er nahm den Beutel in Empfang, öffnete ihn und ließ die dunkelbraune Erde in seinen Lederhandschuh rieseln. Mit einer abfälligen Geste warf er die Erdklumpen zu Boden und schüttelte den Beutel fester in der Annahme, dass darin doch noch etwa enthalten sein müsse, dass die Mühe wert war. Schließlich fiel nur ein kleiner brauner Stein in seine Handfläche. Ungläubig sah er Lucien an und der Hauptmann erkannte diesen Blick sofort. ‚Keine Goldmünzen? Was soll der Scheiß? Willst du mich verarschen?’ Er warf den Stein mit einer kurzen Geste auf die lehmige Straße und trat demonstrativ einmal mit dem Stiefel in die dunkle Brügger Erde. „Ihr verschwinden. Niemand euch hier will sehen. Sonst wir euch teilen in viele viele kleine Teile.“ Lucien hörte, dass die Schwerter gezogen wurden.
Lucien zog ebenfalls sein Schwert. Zischend glitt die Klinge den Schaft entlang, das Schaben von blankem Metall aneinander, flammte der beinahe künstlerisch wirkende Damaszenerstahl auf. Er hatte genug gehört und gesehen. Es war ihm gar nicht darum gegangen, dass die jungen Gecken sich ihm gegenüber raubeinig und abfällig verhielten - das mochte die Torheit der dummen, sterblichen Jugend sein. Auch das Ausspucken bereitete ihm keine Probleme, da ihn ganz andere Dinge empfindlich in seiner Ehre kränkten und er einen Auftrag zu erfüllen hatte. Sein eigentliches Problem war, dass diese Erde samt dem Stein, nicht nur ihm von Alida persönlich ausgehändigt worden war, sondern gleichsam als Beweis oder Erkennungssignal für Belinkov gedient hatte. Mochte es sein das Belinkov ein mächtiger Unhold war und mochte es auch sein das er einige Wachen und Diener beschäftigte - er war der Hauptmann von Brügge, der Schattenwolf und wenn sie es ohne Wenn und Aber auf eine Gewaltprobe ankommen lassen mussten, dann würde er dafür Sorge tragen, dass der Brügger Erde, die da zu seinen Füßen lag, etwas Blut hinzugefügt würde. Er machte ein, zwei bedachte Schritte nach hinten, hielt die Klinge behände gegen seine Angreifer, sagte aber keinen Ton, ließ nur seine Augen aufglühen, die in der Schwärze der Nacht wie zwei Kohlen brannten. " Mort sourit à nous tous meine Freunde. Der Tod erwartet euch."
Der junge überhebliche Mann schluckte, hielt sein Schwert fester, zitterte jedoch so sehr, dass er es fallen ließ. Mit einem Mal wirkte er gar nicht mehr so sicher. Er trat genau wie seine Gefährten einige Schritte zurück. Schweißperlen standen auf seiner Stirn und das Entsetzen war in seinem Blick zu sehen. Einer der Wachmänner schlug von innen die Tür zu und riss den Riegel zurück. Lucien hörte wildes Getuschel von drinnen und heftige scharfe Worte. Die Männer schienen sich gegenseitig harte Drohungen zuzurufen.
Lucien nickte erneut, wie um sich selbst zu bestätigen. Das hatte er erwartet: Einen Haufen sich überlegen glaubender Saftbeutel, die kaum ein Schwert in Händen halten konnten. Mehr Kinder als ernstzunehmende Gegner, wobei vier von ihnen selbst für ihn gar nicht so einfach zu bezwingen wären. Allein die schiere Masse hätte zum Problem werden können und das waren nur die ersten vier Dummköpfe die es versucht hätten, soviel stand fest. Er hätte sie einen nach dem anderen töten müssen. Bedauerlicherweise erübrigte sich diese Frage nunmehr, denn die Tür war verschlossen und vermutlich noch stärker verbarrikadiert worden, als sie es ohnehin schon gewesen war. Er bückte sich nach Alidas Stein und ließ ihn erneut im Stoffbeutel verschwinden, sammelte dann mit einer Hand den Rest Brügger Erde wieder auf und füllte sie ebenfalls in den Beutel. Es war nicht mehr so viel wie zu Beginn, das war klar - aber immerhin noch genug um.. na ja... irgendetwas für den eingeweihten Kenner, in diesem Falle Belinkov, zu beweisen. So hoffte er zumindest.
Die Dummköpfe waren nicht allein und eine einfache, höfliche Unterredung mit Belinkov, würde es nunmehr nicht mehr geben befand er stoisch die Glasscherben auf den Mauern begutachtend. Entweder würde man den Herren verständigen oder sich Verstärkung suchen und zum Angriff blasen, vielleicht aber auch nur die Tür weiter verbarrikadieren. Lucien war sich unsicher wie die Angeber hinter der Tür reagieren würden aber eines war klar: Untätig würden sie nicht bleiben - er konnte also nicht warten. Ob Ablenkung oder Verstärkung, er würde sich dieser potentiell gefährlichen Situation nicht alleine stellen. Den Kopf in den Nacken legend, stieß er ein lautes Heulen aus das die Nacht durchdrang und wohl auch für die Leute im Inneren des Anwesens mehr als gut zu hören sein musste.
Es dauerte nicht lange bis er in der Ferne ein schwaches Jaulen vernehmen konnte. Es war nicht weit fort und ihm war bewusst, dass es nur wenige Minuten dauern würde bis seine tierischen Unterstützer bei ihm sein würden. Er hörte das leise Tapsen von Pfoten auf der lehmigen Straße und im Gestrüpp hinter sich, kurzes Hecheln und ein zögerndes Knurren in Richtung des Anwesens.

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Die Tiere sahen sich ähnlich und Lucien vermutete, dass es sich um die Wurfgeschwister eines Rudels handeln musste. Sie setzten sich auf die Hinterläufe und warteten auf seine Befehle.
Lucien stand inmitten seines neugewonnen Rudels und lenkte seine Blicke erneut Richtung Anwesen. Dann nickte er den Hunden zu und deutete auf das Gebäude. "Niemand geht in dieses Anwesen oder aus diesem Anwesen außer mir! Ihr werdet euch rundherum positionieren und jeden angreifen der es versuchen sollte. Versteckt euch im Gestrüpp und gebt Laut falls ihr etwas entdeckt, damit der Rest informiert ist." Er selbst, würde sein Schwert erneut in der Scheide verstauen und sich daran machen die Mauer des Anwesens zu erklimmen, was ihm überraschenderweise schwerer fiel als er angenommen hatte. Dennoch musste es sein, denn was er von den jungen Gecken gehört hatte, befand sich Belinkov in seinem Zimmer am Meer - dementsprechend an der Rückseite des Gebäudes. Er würde die Mauer erklimmen und den verwilderten Garten dahinter passieren müssen.
Das Rudel knurrte um ihrem neuen Anführer zu verstehen zu geben, dass sie verstanden hatten. Sie stoben auseinander und begannen sich um das Gebäude herum zu positionieren. Ab und zu hörte Lucien ein warnendes Gekläff und er wusste, dass die Wachmänner es ebenso hören würden. Es gelang ihm sich auf die Mauer zu ziehen ohne große Verletzungen davon zu tragen. Von oben konnte er den Garten überblicken.
Lucien zog sich etwas mühsam über den Rand der halbverfallenen Mauer, den jemand sorgsam mit spitzen Glassplittern, Metallresten und Steinen gesäumt hatte. Belinkov war anscheinend ein wenig paranoid und vorsichtig. Wenn er daran dachte, dass Vito für ein simples Gespräch schon einen Bannkreis gezogen hatte, musste er dem Russen recht geben: Genua war eine Stadt in der man lieber vorsichtig war. Hinter der Mauer angekommen, verbarg er sich rasch hinter einem verwilderten Rosengestrüpp und beobachtete seine Umgebung, hin und wieder ein raues Kläffen seines Rudels vernehmend.
Es gelang ihm seine Augen durch die Dunkelheit sehen zu lassen ohne selbst gesehen zu werden. Lucien erkannte immer wieder Wachleute, die die Mauer abschritten und offensichtlich nach möglichen Eindringlingen Ausschau hielten. Im letzten Moment schloss er die Augen bevor das Leuchten ihn verraten konnte. Die Hunde bellten bei der Gefahr als würden sie sie ebenfalls spüren können. Lucien sah sich um. In einiger Entfernung erkannte er die alte verfallene Villa, die wohl direkt ans Meer gebaut worden sein musste. Dazwischen lag der verwilderte Garten, wahrscheinlich ursprünglich ein prunkvoller Rückzugsort einiger reicher römischer Adeliger war nun nur noch eine vage Ahnung von der einstigen Pracht vorhanden. Links von ihm stritten die Männer noch immer in der harten Sprache, die Lucien nicht verstand. Der junge Mann schien den anderen zu drohen, hielt ihnen die Fäuste und schließlich ein Messer entgegen. Die anderen senkten die Köpfe und schienen ihm nachzugeben. Lucien erkannte zwei Möglichkeiten um das Haus herum zum Meer zu gelangen. Er konnte entweder durch die ehemalige Wasserlandschaft und würde sich dabei von Becken zu Becken bewegen müssen oder sich durch ein dichtes Geäst an Schlingpflanzen kämpfen müssen, was Ewigkeiten dauern würde.
Lucien spähte die Optionen aus, die sich ihm boten. Der eine wäre ein mühseliger, sehr langer Weg durch verwilderten Wuchs und scharfe Ranken, die ihm ein Fortkommen immens erschweren würden. Der andere wäre ein mitunter sehr auffälliger Weg durch das brackige Wasser, längst verfallener Brunnen und kleiner Teiche. Die Wachen, die den Garten systematisch patrouillierten und ein waches Auge auf ihre Umgebung hatten - jetzt umso mehr, da der junge Gecke den Rest der Mannschaft offenbar mit Drohungen und wüsten Beschimpfungen wieder an ihre Pflichten erinnerte, hatten ihn noch nicht entdeckt. Aber jeder weitere Schritt erhöhte sein Risiko entdeckt zu werden beträchtlich. Der Gangrel war nicht gerade schlecht sich unbemerkt von Ort zu Ort zu bewegen obgleich der eigentliche Meister dieser Kunst gerade in der formvollendeten Nachbildung einer römischen Therme unterhalb der Straßen von Brügge residierte und sich im Gegensatz zu Lucien an heißem frischen Wasser erfreute, das die Knochen durchwärmte. Es half alles nichts, er würde zu einem Trick greifen müssen, der ihn ungesehen und unbemerkt bis zur Villa an den See bringen würde und darüber hinaus, wohl auch ins Innere des Gebäudes. Er konzentrierte sich auf seine ihm angeborenen Kräfte, die tief in seinem blutigen Erbe verborgen lagen. Jahrzehnte lang hatte er sich in dieser Disziplin befleißigt und nunmehr machte sie sich bezahlt. Luciens Umrisse zerliefen und schienen sich langsam in einer diffusen Nebelbank aufzulösen, sein Grinsen blieb aufrecht bis vom einstigen Hauptmann nicht mehr übrig war als ein Wolkenfetzen, der sich gemächlich von Becken zu Becken bewegte, wie kondensierter Wasserdampf der in der abendlichen Kälte abkühlte.

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Lucien glitt durch den ruhigen Garten und schwebte vorbei an alten Statuen und Mauerresten. Er näherte sich mühelos dem großen Gebäude, schwebte an den Wachmännern vorbei wie Nebelschwaden und merkte erst als er die Villa umrundet hatte wieder den aufkommenden Wind, der ihn am weiterkommen hinderte.

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Die Villa war wie er vermutet hatte direkt ans Meer gebaut. Eine große Terrasse hatte wohl vor Jahrhunderten den direkten Einstieg in das kühle erfrischende Wasser ermöglicht, doch war nun ein Großteil der Konstruktion zerbrochen und brüchig. Lucien erkannte vor sich hohe Fenster. In drei Zimmern brannte Licht. Ein weiteres Vorankommen in der Nebelgestalt war nicht möglich.
Der Wind machte ihm, je näher er der alten verfallenen Villa kam, zusehends zu schaffen. Schlussendlich konnte er seine Nebelgestalt nicht mehr aufrechterhalten, ohne vom auffrischenden Seewind in eine gänzlich andere Richtung getragen zu werden und das in einer Geschwindigkeit, die ihn innerhalb kürzester Zeit weit von seinem eigentlichen Zielort weggebracht hätte. Als Lucien wieder klare Formen annahm, fiel sein Blick einschätzend auf das alte Gemäuer; glitt nach Schwachstellen und Zugängen Ausschau haltend, die Fassade entlang. Die Villa hatte tatsächlich schon bessere Tage gesehen aber auf eine morbide Art und Weise, war sie seiner Art würdig - eines Kainiten würdig. Wenn man auf abgebröckelten Putz und zerbrochenem Brunnenzierrat Wert legte, die den Verfall der Zeit widerspiegelten. Einen Blick zurück in den Garten werfend und sich nach weiteren patrouillierenden Wachen umsehend, konnte er die drei beleuchteten Zimmer, in der Schwärze der Nacht deutlich ausmachen. 2:1, dachte Lucien bei sich. In einem der Zimmer, so hoffte er zumindest, würde er Belinkov finden oder zumindest Girland... oder... er verspekulierte sich ganz einfach. So oder so, er würde nachdem er schon so weit gekommen war eine Entscheidung treffen müssen. Zumindest Fluchtwege gab es zur Genüge und die Wachen würden einige Zeit brauchen, ehe sie bei ihm eintrafen. Jeder leise Schritt, würde ihm kostbare Zeit schenken und so begann er sich an alten brüchigen Steinen und vermoderten Ranken, die Hausmauer hochzuziehen und nach einem Balkon Ausschau zu halten. Über diesen wollte er dann das Gebäude betreten und das oberste Zimmer als Erstes überprüfen.
Lucien zog sich mit einiger Mühe an einem alten Spalier hoch. Als er fast oben angekommen war, brach das Holzkonstrukt plötzlich unter ihm weg. Im letzten Moment konnte er nach dem Fenstersims greifen um sich daran nach innen zu ziehen, aber die Teile fielen zu Boden und schepperten laut. Er zog sich in ein altes Treppenhaus, dessen Stiege längst zerfallen war. Man hatte stattdessen eine breite Leiter angebracht.

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Unten auf der Terrasse hörte er laute herbeieilende Stimmen. Er konnte aus dem Augenwinkel erkennen, dass sich die drei herbeigeeilten Männer daran machten die Terrasse und den umliegenden Gartenbereich zu durchkämmen. Sie waren sich anscheinend sicher, dass es niemanden gelungen sein konnte hinauf zu klettern.
Seine Augen blieben in einem dunklen Grau, als sich die Wachen näherten um den soeben durch sein Missgeschick verursachten Lärm zu überprüfen. Er hätte es ahnen müssen - ein so altes Gemäuer war, wie man sich unschwer denken konnte, nicht dafür ausgelegt ausgedehnte Kletterpartien bei Mondschein und sanfter Meeresbrise durchzustehen. Ein Wunder im Grunde, dass es überhaupt noch stand. Er war kein gelernter Handwerker oder Architekt aber viel Zeit gab er der alten Villa nicht mehr, bis sich auch der letzte, morsche Balken verabschieden würde und das ganze Konstrukt in sich zusammenbrechen würde. Dennoch.. er stand in einem halb verschimmelten, modrigen Treppenhaus dessen eigentlicher Name, nichts mehr mit der Funktion zu tun hatte, lediglich die Leiter würde ihn nach unten ins Erdgeschoss führen. Lucien beeilte sich damit eben jene herab zu steigen- das einzige was, so hoffte er, hier noch seinem Gewicht standhalten mochte. Vorsichtig nahm er jede Sprosse, dabei genau auf seine Umgebung und jegliches Geräusch achtend.

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Er betrat eine weite Halle mit hoher Decke und einer großen Treppe, die in die Tiefen des Gebäudes zu führen schien. Allerdings hatte Schutt und Geröll den weiteren Abgang versperrt. Lucien hatte zwei Möglichkeiten. Nach links hin hörte er in den weit entfernten Zimmern laute Stimmen und das Klappern von Metall, nach rechts hin war in den Zimmern alles still. Nur der Schien von Kerzen durch die Türspalte hindurch ließ vermuten dass sich darin jemand aufhielt.
Irgendwie traute Lucien dem Frieden nicht ganz. Er hatte es geschafft unbemerkt in die Villa einzudringen und hatte sich das Zimmer im ersten Stock als das vielversprechendste auserwählt. Jetzt, da er das Klappern und Rasseln von Metall, sowie lautes Stimmengemurmel vernahm, war er sich nicht mehr ganz so sicher in seiner Entscheidung. Das roch doch förmlich nach der provisorischen 'Wachstube' in welcher der Rest der Russen sich den einen oder anderen Schnaps schmecken ließ. Oder aber es war Girland in seinem Kettenhemd, der sich mit Belinkov unterhielt... oder aber die Weiber der Arbeiter, die einen dicken Eintopf kochten. Ohne es wirklich zu müssen, sog er scharf die Luft ein und seufzte gepresst. Die restlichen Zimmer waren leer, er müsste es darauf ankommen lassen. Leise schlich er sich bis vor den Raum, aus dem die Stimmen zu hören waren und versuchte das Gespräch einzuordnen.
Lucien ließ den Hinterkopf für einen Moment an die Wand sinken und schloss die Augen. Kochtöpfe und das Geplapper von Frauenstimmen, waren deutlich zu vernehmen. Völlig falscher Es blieben noch zwei Räume, einer davon musste zu Belinkovs Privatgemächern gehören. Seine Schritte lenkten ihn zu dem ruhigen Zimmer.
Er klopfte an. Im Zimmer war es auch nach dem Klopfen noch immer erwartungsvoll still. Schließlich vernahm er das Geräusch von Schritten, die sich der Tür näherten. Ein kurzes Zögern dann wurde sie geöffnet. Aus dem Schatten löste sich eine Gestalt, die in etwa seine Größe zu haben schien und machte einen Schritt auf ihn zu. Der Mann wirkte wie Ende 20 und musterte ihn mit leicht zusammen gekniffenen Augen. Dann breitet sich ein knappes Lächeln auf seinen Zügen aus und mit einer angedeuteten Verbeugung stellte sich Mann höflich bei ihr vor. "Sergej Ivanovich Belinkov, meine Freunde nennen mich gerne Belinkov aber.... Freunde kommen und gehen, ihr wisst ja wie das mit den Jahrzehnten, die verstreichen so ist.“ Die hellen fast eisblauen Augen in dem makellos schönen Gesicht, die Haut fahl aber ebenmäßig, blitzen auf.

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„Ihr müsst Lucien Sabatier sein. Ich habe nicht so bald mit euch gerechnet.“ Er sah sich im Gang um. „Und ich hätte erwartet, dass meine Leute euch zu mir geleiten würden…“ Er schüttelte knapp den Kopf und das dunkle Haar bewegte sich dabei kaum. Sein Aussehen erweckte im Betrachter Ehrfurcht und merkwürdige Verstörung. Es war, als wäre ein Gemälde zum Leben erwacht. Schön, dunkel und kalt. „Nun denn. Kommt herein und seid mein Gast.“ Sein Flandrisch war für einen Mann aus dem Osten nahezu perfekt und Lucien hörte den vertrauten Brügger Akzent. Er hielt Lucien die Tür noch weiter auf. In der Hand hielt er ein Buch in dem er offenbar vor kurzem gelesen hatte. Er schritt durch eine große leere Halle. Die Fenster waren zum größten Teil zerbrochen und ließen die kühle Abendbrise hinein.

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Dann betrat er den kleineren hinteren Bereich des Raumes, der gemütlich mit den unterschiedlichsten Möbeln und Stoffen eingerichtet war und dabei wie ein Sammelsurium aus allen Herren Länder wirkte. Bunte orientalische Teppiche waren über teure Möbel aus Zitronen- und Olivenholz gelegt worden, auf einem Bett, das sich im Schatten einer Ecke befand waren gemütliche, jedoch schon zerrissene und ausgewaschene Kissen zu erkennen. In den Bücherregalen stapelten sich edle Werke und gelbliche zerfledderte Schriftrollen mit vergilbtem Einband. Einige Bücher lagen offen als hätte vor kurzem noch jemand darin geblättert. Vor einem Fenster bemerkte Lucien im Licht des Mondes ein bereits begonnenes Schachspiel mit fein gearbeiteten handgeschnitzten Figuren. Da er selbst über einiges an Fertigkeit imn diesem Handwerk besaß fiel ihm sofort auf, dass jede Figur Eigenarten und Makel aufwies, die sie einzigartig machten. Daneben war ein großer Schreibtisch aufgestellt, auf dem sich Berge aus Karten und Pergamenten türmten.

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Lucien betrachtete den jungen Mann eingehend und misstrauisch. Schön war er und das Gesicht ebenmäßig, beinahe makellos, würden manche behaupten. Und doch war da ein Fehler, vielleicht ein Fehler aufgrund der Fehlerlosigkeit? Mehr ein Gemälde oder Bild als ein Mensch; respektive Kainit aus Fleisch und Blut. Er mochte einen gewissen Eindruck hinterlassen aber irgendwie wirkte Sergej Ivanovich Belinkov fremdartig, trotz der höflichen und einer wohl guten Schule geschuldeten Verbeugung. Seine grauen Augen erfassten die von Belikov und in Ermangelung einer anderen Alternative, neigte er auch leicht sein Haupt zu einer allzu förmlichen Begrüßung und betrat dann äußerst überrascht und auch ein wenig verwirrt die privaten Gemächer des Russen. "Und ich habe nicht damit gerechnet, dass ihr mich kennt geschweige denn erwartet. Haben eure Wachen euch doch meinen Namen weitergegeben? Ich habe an der Tür geklopft aber leider war mir kein allzu angenehmer Empfang beschieden." Der Gangrel ließ den Fleischformer nicht aus den Augen; zu einfach und flüssig war er nunmehr bis an ihn herangekommen, wo sich doch der eigentlich Zutritt zur Villa als gar nicht so einfach herausgestellt hatte. "Ich danke euch...", antwortete er höflich, als ihm Belinkov offiziell zum Gast des Hauses erklärt hatte. Er folgte ihm immer noch unsicher, wie er die Situation für sich einordnen sollte durch die leere Halle, hinter zu einem Art Arbeitsraum, der mit allen möglichen passenden und unpassenden Möbeln und Gegenständen ausgestattet war. Sprachlich schienen überhaupt keine Barrieren zu bestehen, im Gegenteil, Belinkov sprach Flandrisch als ob er dort geboren worden wäre. "Woher wusstet ihr... das ich kommen würde Monsieur Belikov?", fragte er aufs gerate wohl nochmals heraus. Die Sache war ihm nicht geheuer.

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Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


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