Vampire: Die Maskerade

Alida unterdrückte mühsam ein Aufstöhnen. Erst eine Woche war die erneute Abstimmung über das Aufenthaltsrecht der Hexerin in Brügge her und schon bestimmte das Schicksal, dass die beiden Frauen sich erneut über den Weg liefen. Sie hatte offen dafür plädiert, das Aufenthaltsrecht der Kainitin nicht zu verlängern und natürlich war es ihr unangenehm, dass sie sich so bald wieder begegneten. Sie besah sich den Mann sowie Theresa einige Sekunden, dann, sobald sie den Blick der Tremere spürte, senkte sie den Kopf in einer knappen Verbeugung in deren Richtung. Ihre Stimme war ruhig und ohne jegliche Regung als sie leise bemerkte. „Es lag nicht in meiner Absicht die Versorgung eines Kranken zu stören. Ich werde draußen warten. Bitte, seid so freundlich und unterrichtet mich sobald ihr fertig seid.“

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Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri

Die Tremere zuckte kurz zusammen. Es war dabei schwer zu sagen ob aus schlechtem Gewissen oder da sie sich fürchtete. Innerhalb von ein paar Sekunden gewann Theresa aber ihre Fassung zurück und erwiderte die knappe Verbeugung. "Ratsmitglied Alida." Die beinahe schwarzen Augen der Frau krochen immer wieder zu dem Mann auf dem Bett zurück, aber sie adressierte trotzdem die Tzimisce. "Ich bin nicht als Heilerin hier, denn meine Fähigkeiten in dieser Kunst beschränken sich leider nur auf die nötigsten Grundkenntnisse. Ich will ihn lediglich besuchen. Aber unabhängig davon hat man mir gesagt, dass der Mann hier fiebrig und schlecht ansprechbar ist. Es wird also wahrscheinlich sowieso nicht lange dauern. Ich möchte euch nicht aufhalten, denn ich bin mir sicher eure Zeit ist kostbar. Ich rufe euch sobald ich fertig bin." Die Tremere nickte ihr noch einmal zu während sie ihre Aufmerksamkeit wieder voll auf den Mann richtete. Alida sah die Wunde und ihr Verständnis von Medizin sagte ihr, dass es dem Mann eigentlich recht gut gehen müsste. Sicherlich hatte er einen hässlichen Riss davongetragen, aber die Wund war sauber gehalten worden, genäht und begann bereits zu heilen.

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- Do not go gentle into that good night. Rage, rage against the dying of the light. -

Alida musterte die Tremere noch einige Augenblicke nachdenklich, dann senkte sie den Blick und trat wieder Richtung Tür. „Nehmt euch die Zeit, die ihr benötigt.“ Sie schloss die Pforte hinter. Einen Moment hielt sie nach einer Sitzgelegenheit Ausschau. Warum war Theresia hier? Wahrscheinlich kannte sie den Mann. War er selbst mit der kainitischen Welt vertraut? Immerhin hatte sie Alida in seiner Gegenwart mit ‚Ratsmitglied‘ angesprochen und das war sie in der Welt der Sterblichen in keinster Art und Weise. Sie wartete.

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Als Alida vor der Tür trat um zu warten kam ihr schließlich ein Gedanke. Es macht plötzlich etwas mehr Sinn, dass Theresa sie mit ihrem Titel als Ratsmitglied angesprochen hatte. Wenn der Mann wirklich wie angegeben fiebrig und wenig ansprechbar war, dann würde er keinerlei Gefahr für die Stille des Blutes darstellen. Noch während die Tzimisce abwartete, begann sie Geräusche aus dem Raum des Verletzten wahrzunehmen. Es fand dort ganz offensichtlich ein Kampf statt. Tönerne Gefäße zerbrachen auf dem Boden, während lautes Gerangel die Unordnung im Raum unterstrich. Dann war alles still.

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Alia riss beim ersten Ton eines Kampfes die Klinge aus der Scheide und fast ebenso rasch die Tür auf. „Was zum…“ Sie sah sich in dem Zimmer um.

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Die Unordnung war kaum zu übersehen und unter weniger ernsten Umstände, wäre der Anblick der die Tzimisce erwartete vielleicht sogar lustig gewesen. Was die Händlerin sah erinnerte sie an eine Szene aus Gerrits Theaterstücken. Theresa lag auf dem Boden, von mehreren Tonscherben umgeben. Der Hut den sie noch zuvor getragen hatte war ihr vom Kopf gestoßen worden und ließ nun die langen schwarzen Haare frei, die sie wie ein Schleier umgaben und ihr Gesicht verdeckten. Die Tremere begann zwar bereits sich wieder aufzurappeln, aber das Bett selbst war leer. Alida konnte den Patienten aber immer noch ausmachen. Er hockte im Fenster und drehte sich noch einmal zu Alida um. Er klang aufgeregt und panisch. “Haltet sie auf. Sie ist wahnsinnig und will mich umbringen.” Dann war er mit einem Sprung aus dem Fenster in Richtung Straße verschwunden. Theresa schien noch ein wenig benommen oder verwirrt während sie sich eine Hand an den Kopf hielt. Alida konnte sich relativ einfach zusammenreimen was passiert war. Der Mann hatte ihr Offensichtlich eine der Waschschüsseln neben dem Bett über den Kopf gezogen, sie gestoßen und war dann so schnell er konnte durch das offene Fenster geflohen.

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„Verdammt…!“ Alida versuchte mit einem kurzen Blick auf Theresa etwas über deren wahres Wesen heraus zu finden, aber sie war zu aufgeregt und ihre Kraft versagte. (Auspex 2 Fehlschlag) Sie hetzte zum Fenster, zögerte einen Moment, folgte dann jedoch dem Kranken. Weit konnte er in seinem Zustand nicht kommen.

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Die Tremere rief ihr im Vorbeigehen noch etwas zu während sie so schnell wie möglich die Haare wieder unter die breite Kappe stopfte. “Er wird mitten in eine Falle laufen. Er ist in Gefahr!” Dann spürte Alida auch schon die kühle Nachtluft, die im krassen Gegensatz zu den würzigen und medizinischen Gerüchen des gerade verlassenen Raumes standen. Das Zimmer selbst befand sich im ersten Stock und nach einem kurzen Sprung durch das offene Fenster stand die Händlerin auf der Straße. Hinter ihr konnte sie vernehmen wie Theresa ebenfalls aus dem Fenster sprang. Dieser Stadtteil von Brügge war einer jener der nicht im Krieg um Brügge in Mitleidenschaft gezogen worden war, was bedeutete das die Straßen und Gebäude nicht geometrisch und übersichtlich neu errichtet wurden, sondern eher wie die Ranken einer Pflanze in alle möglichen Richtungen wuchsen. Vor der Tzimisce taten sich im Moment drei verschiedene Wege auf: Eine kleine Gasse, der gut gepflasterte Weg zur Hauptstraße und ein recht enger Pfad zwischen den Häuserreihen. Jetzt war guter Rat teuer und Alida würde eine Entscheidung treffen müssen. Von dem Mann war nichts mehr zu sehen.

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Alida verharrte einen weiteren Moment und schärfte ihre Sinne. Es machte keinen Sinn einfach in irgendeine Richtung zu rennen. Vielleicht verlor der Mann Blut und war allein aufgrund seiner Erkrankung und dem Geruch leichter zu verfolgen. Vielleicht hatte er das Erdreich der Straße aufgewühlt oder man konnte das Geräusch seiner Schritte vernehmen.

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Es dauerte nicht lange bis Alida eine Spur hatte. Der Mann verlor in der Tat Blut und nichts war der Tzimisce so vertraut wie das salzig-metallische Aroma. Er musste die kleine Gasse entlanggegangen sein und offensichtlich war die Wunde durch seinen Sprung aus dem Fenster aufgeplatzt. Alida hatte so etwas schon vermutet. Theresa hatte sich wieder dem Hospital zugewandt und schien zu verfolgen was im Inneren des Raumes geschah. Chaos schien dort hereinzubrechen und sie schenkte Alida in diesem Moment auch keinerlei Aufmerksamkeit mehr.

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