Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: So 31. Jul 2016, 11:53 
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Charlotte schien ihre Überraschung nicht verbergen zu wollen oder zu können. “Alyssa ist hier? Wie ist das möglich?” Ihr Gesichtsausdruck kehrte kurze Zeit später wieder in seinen gefassten Urzustand zurück und sie schien über etwas nachzudenken. “Ich bin vor drei Tagen aus London abgereist. Alyssa hat mir noch am Pier die Nachricht überbracht und selbst wenn sie gleich hinter mir auf ein Schiff nach Brügge gesprungen ist, dann hätte sie trotzdem nicht vor mir eintreffen sollen. Ich bin direkt von der Anlegestelle hierher gekommen. Aber ihr sagt sie ist hier? Wie außergewöhnlich.” Die alte Frau lehnte sich ein wenig zurück und schien kein Problem damit zu haben ein paar weitere Minuten zu erübrigen. “Was Lord Mithras angeht, sind im Moment wohl leider ein paar sehr unglückliche Zufälle zusammen gekommen, aber eins nach dem Anderen. Die Nachricht nämlich, dass Brügge eine Tremere in seinen Reihen aufgenommen hat, wurde mit einiger Verwunderung in London aufgenommen. Die besagte Tremere war in Paris und hat sich entsprechend angemeldet und vorgestellt. Von dort hat es dann, wie ihr euch sicherlich vorstellen könnt nicht sehr lange gedauert bis diese Information ihren Weg über den Kanal gefunden hat. Brügge galt für Mithras Hof immer als Feind der Hexer, zumindest hatte man das angenommen und dies mit sehr viel Wohlwollen betrachtet. Zu sagen das der alte Ventrue die Tremere hasst wäre nämlich gelinde gesagt eine Untertreibung. Leider sind in den letzten Nächten einige Kainiten in London verschwunden, darunter auch Mithras jüngstes Kind. In seiner Zuflucht hat man nur Asche gefunden und der darauffolgende Zorn des Prinzen war erschreckend. In seiner Rage hat er die Tremere für den Vorfall verantwortlich gemacht und sendet nun Armeen gegen die wenigen Gildehäuser des Landes, da er seit jeher den Einfluss der Hexer auf den britischen Inseln bekämpft. Das Brügge nun offensichtlich einen versöhnlichen Kurs mit ihnen eingeht, während er zum offenen Krieg aufruft hat er mit nicht sonderlich viel Wohlwollen aufgenommen.” Sie zuckte mit den Schultern.” Einige unglückliche Zufälle sind da zusammen gekommen, wie ich bereits gesagt habe aber ich denke dennoch der Rat sollte über die Entwicklungen in den Baronien von Avalon Bescheid wissen.

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Verfasst: So 31. Jul 2016, 11:53 


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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: So 31. Jul 2016, 14:16 
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Alida schüttelte nur ungläubig den Kopf. Sie konnte die Worte von Charlotte nicht recht glauben, auch wenn sie den Wahrheitsgehalt in keinster Weise anzweifelte. War Theresia tatsächlich so derartig dumm sich hier in Brügge als arme Verfolgte der Tremere zu präsentieren und um Zuflucht zu bitten um gleich im Anschluss brav in Paris hausieren zu gehen und jedem ihren Aufenthaltsort mitteilte? Was für ein Spiel spielte diese Hexerin? War sie bereits wieder in den Kreis ihrer lieben Clansgeschwister aufgenommen? Vielleicht sollte man wirklich die Tore von Brügge für die Tremere öffnen? Dann konnten diese sich selbst um das Problem kümmern. Grimmig sah sie aus dem Fenster
Alida war sich einmal mehr sicher, was für eine unsinnige Idee es gewesen war der Tremere Zuflucht zu gewähren, die sie ja ganz offensichtlich nicht brauchte. Die Händlerin würde sich wieder einmal vor dem Rat dafür aussprechen, das Bleiberecht der Tremere zeitlich zu begrenzen oder es gleich ganz zu beenden. Sie hatten hier in Brügge schon genug Probleme. Da brauchten sie ein solches nicht auch noch. Streit mit den Hexern, weil man sich gegen sie stellte, Streit mit den Hexern, weil man eine von ihnen verfolgte aufnahm, Streit mit einem mächtigen, englischen Kainitenkönig, weil man eine solche aufgenommen hatte. Wut stieg in ihr auf, die sie mit einem tiefen Ein- und Ausatmen herunter schluckte. Darum sollten sich am besten Gerrit und Lilliane kümmern. Die wären bestimmt eher in der Stimmung als sie selbst sich mit der neuen Bewohnerin zusammen zu setzen und den neuesten Klatsch und Tratsch über Paris auszutauschen.
Sie nickte Charlotte zu. „Danke für eure Neuigkeiten. Ich werde noch heute Nachrichten versenden und vorschlagen morgen eine Ratssitzung einzuberufen Wir werden das Problem mit der Tremere sowie dem englischen Königshof, von dem ihr soeben gesprochen habt, gleich morgen Nacht erörtern..“ Sie schloss kurz die Augen. „Und dann suche ich Alyssa auf und befrage sie zu der ganzen Angelegenheit. Ihr macht euch wahrscheinlich noch heute auf den Weg zu Leif?“

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: So 31. Jul 2016, 15:00 
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“Versteht mich nicht falsch Alida. Es gibt kein Problem mit Lord Mithras oder dem englischen Hof um das sich gekümmert werden muss. Zumindest nicht mehr als damals als es hieß Gent und Brügge würden mit den Hexern arbeiten um eine Verschwörung in der Stadt aufzudecken. Der Ventrue Methusalem ist wie er ist und sein altes kaltes Herz wird sich niemals für die Tremere erwärmen, egal unter welchen Umständen. Ich meine die Situation inzwischen gut genug einschätzen zu können um zu sagen, dass seine Verstimmung lediglich temporär ist. Er hat wahrlich dringendere Probleme um die er sich kümmern muss. Alles was ich wollte war euch über aktuelle Gegebenheiten und Neuigkeiten zu informieren wenn ich schon hier bin.” Charlotte erhob sich. Das Thema um Alyssa erwähnte sie nicht noch einmal, sie schien nicht weiter an ihren internen Angelegenheiten interessiert zu sein. “Ich werde jetzt aufbrechen. In der Tat zu Leif und ihm auch erzählen was ich euch gerade berichtet habe.”

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: So 31. Jul 2016, 17:05 
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Wieder folgte ein zustimmendes Nicken. „Ich bin sehr gespannt, was Leif zu diesem Thema zu sagen hat und hoffe, seine Meinung spätestens morgen zu kennen. Und ihr, Charlotte, als Bewohnerin Londons könnt am besten abschätzen, wie der kainitische Methusalem handeln wird. Wir hatten bisher keinerlei Probleme mit ihm und es wäre mir sehr recht, wenn wir diesen Kurs weiter verfolgen würden. Ist ihm geläufig, dass die Hilfe der Tremere in Gent angenommen wurde um einen weiteren Tremere, der eine Verschwörung mit einem französischen Abgesandten zur Übernahme Gents plante, zu vereiteln. Der Feind meines Feindes ist mein Freund, oder wie heißt es so schön? Hoffen wir, dass sich eure Vermutung bewahrheitet und sich seine Stimmung wieder mäßigt. Nichtsdestotrotz sollten wir uns auf Schlimmeres vorbereiten.“ Sie fragte sich wie weit wohl der Pfefferminztee geraten war und ob ihr Stallknecht wohl jeden Moment mit kochend heißem Gebräu hereinstapfen würde. Hoffen tat sie es nicht. „Darf ich so neugierig sein und mich erkundigen, welche Belange euch, Charlotte, derzeit nach Brügge führen?“

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Mo 1. Aug 2016, 11:09 
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Charlotte ergriff die Lehne des Stuhls und schaute zu Alida. “Was Mithras gesehen hat war das Gent von Tremeren angegriffen wurde und man als Belohnung eine von ihnen in die Stadt aufgenommen hat. Zumindest ist das was in London als Wahrheit gilt und die Tatsache, dass er dem eigentlichen Hauptverschwörer Zuflucht in den Baronien von Avalon gewährt hatte unterstreicht diese Haltung noch. Ich sage nicht das es fair ist, denn das ist kainitische Politik ja sowieso nie.” Sie seufzte zuckte mit den Schultern. “Ich weiß ja das mehr hinter all dem steckt, aber das eigentliche Problem hier sind weder die Tremere, noch einzelne Individuen. Es geht darum das Mithras Angst hat…” Es klopfte kurz und schließlich traf eine Küchenmagd mit der dampfenden Tasse Tee ein. Charlotte ließ sich das Gefäß überreichen und entließ das junge Mädchen gleich wieder. Mit offensichtlichem Wohlwollen sog sie das frische Aroma ein welches den Raum erfüllte. Dann nach kurzer Zeit stellte sie die Tasse zur Seite und sprach weiter. “Er hat Angst...vor der neuen Zeit die sich ankündigt und das die Tremere in immer mehr Städten aufgenommen werden unterstützt diese Furcht vor Veränderung nur noch. Als mächtiges und unsterbliches Wesen das er ist agiert auf die einzige Art und Weise die er kennt. Mit Gewalt, Misstrauen und Aktionismus, der üblichen Art und Weise Probleme unter unserer Art zu lösen wenn Intrige und Lügen versagt haben.” Sie schüttelte mit dem Kopf. “Ich weiß nicht wohin all das führen wird aber ich wünsche mir das Brügge das was da kommen wird unbeschadet überstehen wird. Ich bin im Moment auf der Durchreise und auf dem Weg nach Frankfurt in diplomatischer Mission. Da Brügge auf dem Weg lag war es eine gute Möglichkeit hier eine Nacht Rast einzulegen um ein paar alte Freunde zu besuchen, sowie um Neuigkeiten auszutauschen.”

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Mo 1. Aug 2016, 21:10 
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Alida seufzte kurz. „Dieses Problem lässt sich nicht so ohne weiteres lösen. Ich finde es erleichternd zu wissen, dass ihr euch in London aufhaltet, uns bei Gelegenheit informiert und gegebenfalls zu vermitteln sucht. Ich bedauere es in ausgesprochenem Maße wenn aus Missverständnissen Konflikte entstehen. Aber so ist die Nacht nun einmal. In sterblicher wie in kainitischer Hinsicht.“
“Das Problem existiert für Brügge im Moment zum Glück nicht und ihr solltet es auch nicht zu eurem machen. Beobachtet und hört gut zu, aber der Rat sollte einen kühlen Kopf behalten. Mehr Misstrauen, Gewalt und Aktionismus ist nämlich genau das, was im Moment niemand gebrauchen kann. Die verdammten kainitischen Höfe überall sind schon angespannt genug.” Charlotte nickte Alida zu. “Habt dank für eure Gastfreundschaft. Wenn es nichts weiter gibt werde ich dann gehen.”
Alida reichte ihr die Hand zum Abschied hin. „Ich wünsche euch einen angenehmen Abend und habt Dank für eure Kunde. Grüßt Leif von mir und seid so freundlich ihn zu bitten,, morgen, zur gewohnten Stunde zu einem Ratstreffen zu kommen. Mögt ihr mir diesen Gefallen tun?“
"Das werde ich tun. Wir sehen uns ein anderes Mal." Dann verließ sie die Schreibstube.

Alida saß einige Minuten grübelnd an dem großen Schreibtisch aus Eichenholz und massierte die Fingerkuppen aneinander. Sie griff nach Pergament, Schreibfeder und Tinte und begann ein Dokument aufzusetzen, dass die Kainiten der Stadt am nächsten Abend zu einer Ratsversammlung zusammen rufen sollte. Sie rollte es zusammen und versiegelte es. Dann suchte sie den Torwächter auf. Er würde nur zu gut wissen wohin es Frederik in dieser Nacht verschlagen hatte und mit Sicherheit auch, ob Alyssa noch im Anwesen weilte oder sie die Stadt aufgesucht hatte. Dann würde sie ihm das Pergament aushändigen und ihn bitten es an Frederik zu überbringen, der es vervielfältigen und dafür Sorge tragen sollte, dass es an die entsprechenden Personen gelangen würde. Sie wusste, ihr nächster Gang würde zu Alyssa gehen. Und ein Gefühl in ihrem Nacken sagte ihr, dass etwas bei der ganzen Angelegenheit mehr als faul war.
Draußen hatte es inzwischen begonnen zu regnen. Leise Tropfen schlugen gegen die Butzenscheiben des Anwesens, während sich der Wind aufmachte. Der Torwächter nahm ihr die Nachricht noch im eigentlichen Haus, ab war er doch gerade wieder eingetreten um die Abfahrt von Charlotte Erembald zu bestätigen. Alida konnte auch andere Diener sehen wie sie mit schnellem Schritt über die kanrrenden Holzböden liefen. Offensichtlich stellten sie sicher, dass alle Fenster geschlossen und in den entsprechenden Zimmern ein wohlig warmes Feuer geschürt wurde. Die Magd die zuvor den Tee gebracht hatte kam Alida entgegen. Sie knickste leicht vor Alida. “Herrin darf ich euch etwas bringen? Wünscht ihr ein Feuer im Zimmer? Die alte Berta sagt es wird heute noch Gewitter geben, die Milch ist nämlich sauer geworden.” Dann sah sie das Alida sich ausgehfertig machte. “Wünscht ihr eine Begleitung?”
Alida schüttelte nur den Kopf. „Danke, ich beabsichtige eigentlich nicht auszugehen.“
Alida kannte dieses Haus so gut wie kaum sonst etwas. Sie wusste welche der Dielen knarrten und wie man ohne einen Laut von sich zu geben Türen öffnen konnte. Das alte Zimmer von Alyssa wurde kaum benutzt und so lag es die meiste Zeit verwaist da. Als Alida schließlich das Zimmer öffnete fand sie nichts. Dunkelheit und Staub begrüßten sie, eine feine Schicht die sich trotz der Pflege der Diener so gerne auf Regale und Leuchter legte. Das Bett war sauber mit einer Tagesdecke abgedeckt und unberührt. Das Zimmer wirkte, als hätte hier schon einige Zeit niemand mehr gelebt.
Alidas Augen verengten sich skeptisch. Prüfend ließ sie den Blick noch ein letztes Mal über das Inventar gleiten, suchte am Fußboden nach Schritten und verließ den Raum dann wieder. Sie lief zurück in den Flur, der zum Ausgang des Anwesens führte, griff nach ihrem Mantel und schlüpfte aus der Tür. Zum Haus von Marlene und Jean, das direkt gegenüber von dem von Lucien lag, war es nur ein Fußmarsch von zehn Minuten und es würde länger dauern ein Pferd satteln zu lassen als den Weg rasch zu gehen. Sie nickte dem Torwächter noch einmal kurz zu bevor sie das Anwesen der Familie verließ. „Ich muss etwas mit Marlene besprechen. Falls man mich sucht, ich bin dort.“
Der Torwächter kannte sie lange genug um ihre Ausflüge in später Nacht nicht zu hinterfragen. Ganz im Gegenteil sogar, denn er nickte ihr nur höflich zu und öffnete die Tore. Es hatte inzwischen in der Tat angefangen zu regnen, aber der dicke Wollstoff den Alia trug war dicht gewebt und ließ keine Feuchtigkeit durch, Es dauert nicht lange bis sie ihr Ziel erreicht hatte. Im Erdgeschoss konnte sie ein warmes Licht sehen welches aus den Fensterscheiben einladend leuchtete und nach kurzer Zeit öffnete ihr Marlene. Sie trug die kleine Florine auf dem Arm, die wohl gerade eingeschlafen war und schien überrascht über Alidas unangekündigten Besuch. "Alida!" Sie sprach trotzdem leise um das Kind nicht zu wecken. "Komm doch rein." Es war wohlig warm und gemütlich in dem kleinen Haus. Nachdem sich beide Frauen gesetzt hatten sprach Marlene. "Was führt dich hierher, Alida? Warst du bei Lucien? Dann wirst du nicht viel Glück gehabt haben. Er ist heute Nacht nämlich nicht da und Jean ist kurz rübergegangen um zu sehen ob alle Fenster ordentlich verschlossen sind."
Es fiel Alida schwer in dem Lehnstuhl nicht nervös von einer Seite zur anderen zu rutschen. Ihr war durchaus nicht nach Sitzen zumute. „Marlene? Eine kurze Frage: Ist Hendrik hier? Beziehungsweise, formulieren wir es gleich richtig: Bist du sicher, dass er hier ist?“
"Was soll die Frage, Alida?" Die Tzimisce hörte am Ton ihrer Verwandten, dass auch diese plötzlich etwas nervös wurde. Sie wusste Alida stellte nicht einfach so eine solche Frage. "Ja. Ich war vor ein paar Minuten noch bei ihm. Er ist gerade erst eingeschlafen, du weißt ja wie wenig Schlaf er braucht." Marlene erhob sich und ging zu einer Tür, die sie vorsichtig öffnete und zeigte Alida, dass sie einen Blick in den Raum werfen sollte. Dort lag Hendrik und die leisen, tiefen Atemzüge zeigten in der Tat, dass er schlief.
Alidas Muskeln entspannten sich langsam und sie nahm wieder in dem Lehnstuhl Platz. „Tu mir den Gefallen und bring Florine ins Bett, ja? Dann erzähl ich dir, was los ist. Die Kleine versteht zwar noch nicht wirklich viel, aber sie plappert eine Menge nach und ich möchte nicht, dass Hendrik zu viel mitbekommt.“
Ohne lange zu zögern brachte Marlene das Kind in den gleichen Raum in welchem auch Hendrik schlief. Dann setzte sie sich wieder zu Alida. "Was ist hier los? Müssen wir uns Sorgen machen, Alida?" Der letzte Teil des Satzes war beinahe überflüssig, denn beide Frauen wussten, dass Alida nicht aus Spaß mitten in der Nacht und unangekündigt hier auftauchte und nach Hendriks Zustand fragte. Trotzdem machten die ausgesprochenen Worte die Situation gleich um einiges realer und auch bedrohlicher.
„Gestern bei Hendriks Geburtstagsparty begegnete mir eine Frau, die sich glaubhaft als Alyssa ausgab. Offensichtlich ist sie nur Leif, Mildred und mir aufgefallen, was ich sehr seltsam finde. Sie sprach mich an und erklärte, dass sie gekommen wäre um Hendrik mit sich nach London zu nehmen, da sie seine Mutter sei. Charlotte, die Vertraute von Leif ist erst heute aus London eingetroffen und weiß sicher, dass Alyssa gerade in London weilt.“ Sie schüttelte den Kopf. „Marlene, nur eine Handvoll Leute wissen, dass Alyssa die Mutter von Hendrik ist. Selbst in unserer Familie hat kaum jemand davon eine Ahnung, dass Alyssa schwanger war, da sie sechs Monate der Schwangerschaft außerhalb von Brügge verweilt hat. Wer um alles in der Welt kann einfach so an solche Informationen gelangen und hätte dann noch Interesse daran einen Jungen mitnehmen zu wollen? Und dann vor allem: Wenn sie es gewollt hätte: Warum hat sie es dann nicht einfach in der gestrigen Nacht, in der keiner einen Verdacht gehegt hätte, getan?“
Marlene schloss kurz die Augen und schien die Informationen erst einmal Stück für Stück verarbeiten zu wollen. Dann seufzte sie. “Ich weiß es nicht Alida aber ich habe Alyssa gestern auch nicht gesehen..” Sie schaute besorgt zur Tür. Offensichtlich fragte sie sich gerade wo Jean steckte. “Was schlägst du vor? Sollen wir die Stadt für eine Weile verlassen?” Sie kaute auf ihrer Unterlippe und schien nachzudenken.
Marlene war noch nicht einmal gänzlich fertig damit ihre Gedanken zu formulieren, als Alida bereits ein leises Summen hörte. Eine Melodie, oder ein Kinderlied, welches sie beinahe sofort erkannte. Ihr eigener Vater hatte es ihr und ihren Geschwistern so oft vorgesummt. Es kam aus dem Zimmer vom Hendrik und Florine.
Alida schluckte schwer. Wütend ballte sie die Hände zu Fäusten und griff nach dem Schwert. Sie gab Marlene ein Zeichen zurück zu bleiben, wusste sie doch, dass ihre Verwandte wahrscheinlich nicht viel würde ausrichten können. Marlene war eine exzellente Bogenschützin, aber dieses Talent war im Inneren eines Hauses nicht viel nutze. Leise schlich sie zur Tür, lauschte.
Das Geräusch wurde lauter und Marlene sah verwirrt aus. Aus den Augenwinkeln konnte Alida noch sehen wie sie 'Was ist denn los?' mit ihrem Mund formte, aber sie hielt sich zurück. Dann ging Alida in Richtung des Raumes und noch während sie lauschte, hörte sie ein tiefe Frauenstimme. "Komm herein, komm nur herein, Alida. Schöne Kinder sind das, die du hier hast nicht wahr?" Alida konnte die Stimme nicht ganz einordnen wusste aber, dass sie sie von irgendwoher kannte.
Sie zögerte keine Sekunde und riss die Tür auf. Ihr Blick war hasserfüllt, ahnte sie doch bereits, wen sie erblicken würde.
Eine blonde großgewachsene Frau drehte sich zu ihr um. Sie stand direkt über Hendrik. Draga!
Die Aura der Gestalt vor ihr war nichts als schwarze Flammen. Sie schienen beinahe zu brennen. Alida hatte so etwas noch nie gesehen. Das Feuer schien beinahe nach ihr greifen zu wollen und sie sah einen dünnen Faden der zwischen ihr und der Gestalt gewebt schien. An dem dünnen Band zogen sich schwarzen Flammen entlang in ihre Richtung. Draga lachte. "Gefalle ich dir etwa nicht Alida." Das Gesicht veränderte sich ganz plötzlich und ohne Vorwarnung. Es handelte sich nicht um Fleischformen, dafür war die Veränderung zu schnell und weder Knochen noch Fleisch bewegten sich. Trotzdem stand ein Mann vor ihr, der die Arme weit geöffnet hatte. "Alida meine liebe Schwester komm doch zu mir. Wir haben uns schon so lange nicht mehr gesehen." Es war ihr Bruder Christian.

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Es war als hätte jemand einen glühenden Pfahl in ihren Unterleib gerammt, als die schwarzen Flammen sie erreichten. Der Schmerz war so groß, dass sie für einen Moment in die Knie ging. Alida hörte nur Marlene hinter sich schreien, die sich in diesem Moment neben sie kniete und sie besorgt ansah. “Was ist denn los mit dir? Kann ich dir helfen?” Dann war der Schmerz plötzlich genauso schnell gegangen wie er gekommen war und das Band war verschwunden. Die Gestalt von Christian veränderte sich noch einmal. Dieses Mal war es Alyssa. “Oh, arme Alida. So stark und doch so schwach.” Sie drehte sich um und schaute wieder auf Hendrik. “Ist er nicht ein hübsches Kind?” Marlene schien gar nichts von der Gestalt zu bemerken. Sie schüttelte nur an den Schultern der Tzimisce. “Alida!”

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„Was willst du?“, presste Alida zwischen den Zähnen hervor. Sie griff das Schwert von Victor fester obwohl ihr klar war, dass sie damit wohl nicht viel würde ausrichten können und erhob sich.
Marlene sprach nun voller Sorge zu Alida. "Verdammt, Alida mit wem sprichst du denn?" Ob der Geräusche der beiden Frauen bewegte sich Florine kurz in ihrem Bettchen, schlief aber ruhig weiter. Alyssa verändere sich noch einmal und wurde größer. Sie füllte nun den halben Raum aus. Haut platzte auf und Knochen verrenkten sich grotesk zu Panzern und umschlossen Muskeln. Volgar stand vor ihr. Seine tiefe Stimme war rau und genauso unerbittlich wie sie sie damals im Krieg erlebt hatte. "Oh, Alida, nichts was du mir geben könntest. Außer dieser Stadt." Er fletschte sie mit seinen riesigen Zähnen an. Dann schien er mit seiner Pranke Hendrik über das Gesicht zu streicheln.

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Ganz vorsichtig. "Ihr habt diese Stadt zu lange mit eurer Anwesenheit besudelt. Es wird Zeit die Maden loszuwerden." Marlene zog noch immer an ihr. Sie flüsterte fast. „Alida, du machst mir Angst. Was ist los mit dir?"
Alida trat einen Schritt auf die Gestalt, die dem Volgar aus ihrer Erinnerung glich, zu und holte mit der Klinge aus.
Die Klinge traf ihr Ziel und glitt durch den Körper. der leicht flimmerte und dabei kurz durchsichtig wurde. Neben Marlene, die sich in Richtung Florine stürzte, hörte sie schließlich noch eine andere Stimme.

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Die von Jean. "Lass meine Familie in Ruhe, du Scheusal!" Auch er hatte da Schwert gezogen und rannte in Richtung der Erscheinung. Diese versank aber noch unter seinem wohl platzierten Hieb aber schließlich lachend und langsam im Boden. Dabei fletschte er noch einmal die Zähne. "Aus der Dunkelheit geboren euch zu verschlingen." Dann war die Kreatur verschwunden. Marlene war über Florine gebeugt und schaute nur verwirrt, Hendrik war wach geworden und schaute, beinahe ein wenig ängstlich in die aufgescheuchte Runde. "Was ist hier passiert?" Er schaue verwirrt, zwischen Alida und Jean hin und her.
Alida schluckte schwer und schob die Klinge zurück in die Schwertscheide. Zögernd sah sie zu Marlene, Jean, Hendrik. „Ganz ehrlich? Ich hab‘ keine Ahnung.“ Sie kniete sich auf den Boden und analysierte kurz die Stelle in der die Erscheinung verschwunden war. Dann erhob sie sich erneut.
Der Boden sah nicht anders aus als vorher, aber als sie ihre Auspexkräfte aktivierte begannen die Flammen sie wieder zu verbrennen, der Schmerz war zurück und hörte erst auf als sie ihre Hand wegnahm. Florine begann zu weinen. Marlene erhob sich. “Wollt ihr mir einmal erzählen was hier los ist? Jean!” Mit leiser Stimme beruhigte sie die weinende Florine. “Wieso führt ihr euch hier so auf wie zwei Wahnsinnige?” Jean ließ das Schwert fallen und schaute ein wenig rat- und hilflos zwischen Alida und seiner Frau hin und her. Er sprach langsam. "Ich weiß auch nicht so genau...Da, da war Volgar oder zumindest dacht ich das für einen Moment."
Alida nickte ihm langsam zu. „Ja, das habe ich auch gesehen, nur noch einiges mehr…“ Sie sah zu Marlene, Florine und Hendrik, überlegte einen Augenblick. Das hier war definitiv kein Thema für einen achtjährigen Jungen, aber wenn er schon mit rein gezogen werden musste, dann wäre es wohl sinnvoller ihn mit an dem Gespräch teilhaben zu lassen. Sie kannte ihn gut genug und wusste, dass er, wenn seine Neugier mal geweckt war und das war nach der Aktion mit Sicherheit so, nicht nachgeben würde sich Antworten auf seine Fragen zu holen.
„Glaubst du, du kannst Florine beruhigen und wieder ins Bett bringen? Wir reden am besten im Wohnzimmer weiter wenn die Kleine wieder schläft…“
Marlene nickte. Es dauerte keine 10 Minuten bis das Mädchen wieder eingeschlafen war und sie saßen wieder wie vor dem Zwischenfall im Wohnzimmer. Jean trug noch immer die schlammverkrusteten Stiefel und goss sich eine rote Flüssigkeit aus einer der Karaffen ein, die in der Mitte des Tisches stand. Alle schauten zu Alida, aber es war Marlene, die zuerst das Wort ergriff. "Ich habe nichts von all dem gesehen..." Sie schaute auf ihre Hände und zog Hendrik ein wenig näher an sich.
Alida sah sie bestätigend an. „So ähnlich war das gestern. Ich habe Alyssa gesehen, aber niemand außer Mildred, Leif und mir fiel sie auf. Vorhin habe ich jede Menge Gestalten gesehen, die innerhalb von wenigen Sekunden wechselten. Ich hatte keine wirkliche Möglichkeit mich ihr entgegen zu stellen.“ Ihr Blick verharrte bei Jean. „Ich bin froh, dass du sie auch gesehen hast, sonst hätte ich wohl an meinem Verstand geszweifelt.“ Dann sah sie Hendrik fest an. „Bist du sicher, dass du hier sein willst? Du kannst auch wieder zurück ins Zimmer gehen und eine Runde ausruhen. Immerhin reden wir ja hier ganz offensichtlich von was, das es anscheinend eh nicht wirklich gibt.“ Sie schenkte ihm ein verschwörerisches, soweit es ihr gelang, aufmunterndes Lächeln.
Hendrik schien zu überlegen, dann schüttelte er den Kopf. "Ich habe auch nichts gesehen, aber wenn es das alles nicht wirklich gibt, dann kann ich ja auch hier bleiben. Ich bin nämlich nicht müde" Er wurde wieder still. Jean räusperte sich. Er schien nichts gegen die Anwesenheit des Jungen zu haben, aber alles in allem wirkte er einfach nur ein bisschen verloren. "Aber warum haben ich und Alida das Ding gesehen und Marlene nicht? Und was meinte es mit: Aus der Dunkelheit geboren euch zu verschlingen? Das hat es doch gesagt, oder, Alida?" Alida wusste was in dem jungen Mann vorging. Gegen Feinde aus Fleisch und Blut konnte er seine Familie verteidigen. Bei Geistern und Erscheinungen sah das anders aus.
Alida wusste ganz genau wie es Jean erging, denn sie fühlte sich genauso. Einem Wesen aus Fleisch und Blut konnte man eine Klinge in die Brust stechen, aber hiergegen war sie machtlos. „Das hat das Vieh gesagt, aber ich habe keine Ahnung, was es gemeint hat.“ Nachdenklich kaute sie auf ihrer Unterlippe. „Die Frage wäre dann vielleicht, was Mildred, Leif, Jean und ich gemeinsam haben, das ihr anderen nicht aufweist?“
Alida dachte über ihre eigene Frage nach. Es gab ein paar offensichtliche Dinge die Jean, Leif und sie selbst gemeinsam hatten. Sie waren Kainiten oder Ghule, aber Mildred war ganz sicher kein Ghul, das hätte sie irgendwann gemerkt. Nein, es musste etwas Anderes sein. Etwas, dass nichts mit kanitischer Vitae zu tun hatte. Ihre Gedanken waren recht verworren, aber schließlich hatte sie eine Idee. Sie mussten in den tiefen ihrer Erinnerung graben aber eine Sache kam ihr noch in den Sinn. Mildred hatte sich damals, nachdem Bischof Martin sie verschleppt hatte eine schwere Lungenentzündung zugezogen. Sie schwebte tagelang zwischen Leben und Tod. War es bei Jean nicht ähnlich gewesen? Und sie und Leif? Nun ja technisch gesehen waren sie ja bereits tot. Das war die einzige Verbindung die sie zwischen ihnen allen vier sehen konnte auch wenn Jean und Mildred ja noch am Leben waren.
Sie verschränkte die Hände auf den Knien. „Das einzige, das mir einfällt, das uns alle vier verbindet, ist, dass wir alle dem Tod bereits ziemlich nahe gekommen sind. Mildred wäre beinahe einmal an einer Lungenentzündung verstorben, du Jean, warst schwer vergiftet.“
Er zuckte nur mit den Schultern. "Vielleicht." Er seufzte. "Aber sehr viel weiter bringt uns das auch nicht unbedingt, oder? Ich meine was sollen wir jetzt tun, Alida? Hoffen das das Ding nicht wiederkommt? Und warum hatte es die Form von Volgar? Den habt ihr doch vernichtet, oder?" Die Fragen sprudelten nur so aus ihm heraus.
„Ich hab‘ Draga gesehen. Und meinen toten Bruder. Irgendwie scheint sich das Ding wohl in unsere Gedanken einschleichen können und holt sich dort die Bilder her, die es verwendet. Aber was um alles in der Welt will es? Die Frage wollte es mir nicht beantworten.“ Sie sah zu dem achtjährigen Jungen. „Hendrik. Auch wenn du die Gestalt nicht sehen konntest, tu mir bitte den Gefallen und geh mit niemandem mit, wenn dir nur in kleinster Weise irgendwas komisch vorkommt. Nicht mit mir, Leif, auch nicht mit Marlene oder Jean, wenn dich ihr verhalten stutzig macht. In Ordnung? Und pass auf Florine auf. Sie ist noch zu klein um das zu verstehen.“
Alida grübelte einige Augenblicke weiter. Dämonen, Hexenwerk… Damit kannte sie sich nur marginal aus. Theresia, die neue Tremere, würde vielleicht Rat wissen, wenn sie nicht zufälligerweise genau für das ganze Geschehen selbst verantwortlich wäre. Aber das würde sie lieber am nächsten Abend mit dem Rat besprechen. Gretlin mochte vielleicht in einem ihrer Bücher etwas gelesen haben. Ansonsten fiel ihr niemand ein, den sie um Rat fragen konnte. Hilflos sah sie zu den beiden Erwachsenen. „Ich weiß nicht, was wir tun sollen. Ich habe keine Ahnung. Vorsichtig sein…“
Jean straffte sich. "Hm." Dann schüttelte er mit dem Kopf. "Ja, wir sollten vorsichtig sein. Wenn das Ding jemandem etwas antun wollte, dann hätte es das tun können. Wäre dies ein echter Kampf oder Krieg würde ich fast vermuten es wollte uns einschüchtern, uns unsicher machen."
Hendrik hatte die ganze Zeit noch nichts gesagt sprach dann aber. "Ich werde vorsichtig sein, Alida, und auch auf Florine aufpassen." Er klang entschlossen. "Aber du solltest auch dich aufpassen, Alida. Wenn es Bilder aus deinem Kopf nimmt und nicht aus meinem dann hat es bestimmt mehr Interesse an dir als an mir oder?"
Sie schmunzelte. „Das mag gut sein.“ Dann fuhr sie ihm über die hellbraunen Haare und verwuschelte ihm den Schopf. „Vielleicht kommt sie bei mir auch einfach besser rein als in deinen klugen Dickschädel.“ Sie erhob sich. „Ich halte euch auf dem Laufenden wenn ich etwas Näheres weiß. Morgen, so hoffe ich zumindest, wird eine Ratssitzung einberufen und dann äußern sich vielleicht auch ein paar andere schlaue Leute wie zum Beispiel Leif zu dem Thema.“
Jean und Marlene begleiteten Alida hinaus. Beide wünschten ihr eine gute Nacht und verschwanden dann wieder ins Haus. Die beiden hatten eine ganze Menge durchgemacht in dieser Nacht und würden sicherlich nicht gleich zu Bett gehen. Alida bekam von Hendrik noch eine seltene Umarmung. Dann trat sie wieder in die Nacht. Es stürmte noch immer und am Horizont konnte sie ein paar Blitze ausmachen.
Alida zog den Mantel enger um die Schultern. Wie fast alle Bewohner ihres Jahrhunderts fürchtete sie Gewitter. Blitze schlugen in Scheunen und Hausdächer ein und verursachten Brände, die vor allem innerhalb der Stadt kaum zu löschen waren. Sie eilte sich nach Hause zu kommen und nach dem Rechten zu sehen.
Alles war ruhig zu Hause und eine unheimliche Stille hatte sich über die Stadt gelegt wie eine Decke. Jeder suchte Schutz und würde sich irgendwo an einem warmen Ofen einrollen und das Haus nur verlassen, wenn es sich absolut nicht vermeiden ließ.
Alida vergewisserte sich noch einmal, dass soweit als möglich alle Vorkehrungen getroffen waren um einem Unwetter und einem möglichen Brand entgegen zu wirken. Sie suchte noch kurz Georg, Christian und Frederik auf um sie zu informieren und zu warnen, beließ es aber bei den nötigsten Informationen. Sie war innerlich zu aufgewühlt und erschöpft um jetzt noch langen Gesprächen stand zu halten. Sie verzog sich in die kleine gemütliche Bibliothek, die Teil der Wohnstube war.
Alles war für das Gewitter vorbereitet und sie konnte die Mitglieder ihrer Familie, die die neuesten Entwicklungen etwas angingen schnell ins Bild setzen über das, was passiert war. Endlich konnte sie sich in die kleine Bibliothek zurückziehen, die von gelegentlichen Blitzen erhellt wurde. In dem Kamin des Zimmers waren noch einige Reste Glut von einem heruntergebrannten Feuer zu sehen, ansonsten war aber alles ruhig. Plötzlich spürte sie ein kleines Ziehen im Bauch, dort wo die schwarzen Flammen sie getroffen hatten.
Sie schloss die Augen um sie fast einen Sekundenbruchteil später wieder aufzureißen. Fast erwartete sie wieder eine der seltsamen Gestalten vor sich zu sehen.
Sie hörte die Stimme bevor sie etwas. Kindlich und unschuldig. "Wollen wir Schach spielen Alida?" Sie kannte diesen Ton so gut. Es war die Stimme von Emilian als Junge.
Sie sah sich nach der Gestalt um, suchte den Raum mit den Augen ab.
Da stand er neben einem kleinen Schachspiel und lachte unschuldig. "Du spielst doch gerne Schach oder?"
„Ganz ehrlich? Nein! Denn ich verliere immer.“ Sie erhob sich aus dem Stuhl, fragte sich, was wohl geschehen würde, wenn sie den Teil ihres Körpers, der von den seltsamen Flammen berührt worden war, einfach abtrennen würde. Aber das hier war ihr Zuhause und nicht der Osten. „Willst du mir jetzt endlich den Gefallen tun und mir sagen, was du willst. Dann kannst du dir deine lustigen Spielchen schenken.“

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Die Kreatur, die so aussah wie Emilian ließ sich nicht beirren und grinste breit. "Spiel mit mir und wenn du gewinnst, beantworte ich dir eine deiner Fragen, kleine Untote."
„Ich gewinne dieses Spiel nicht… Aber wenn es sich glücklich macht…?“ Alida trat näher heran und sah zu dem Schachbrett. In diesem Moment war wenigstens kein Mitglied ihrer Familie in ernster Gefahr. Sie nahm auf dem Hocker Platz und beobachtete ihr Gegenüber.
Der Junge stand auf der weißen Seite. "B3," sagte er schlicht mit einem Blick auf das Brett. Er schaute Alida mit großen Augen an und schien darauf zu warten, dass sie die Figur für ihn bewegte.
Skeptisch legte sich ihre Stirn in Falten und sie schob die Figur nach vorne, rückte dann eine Schwarze näher ans gegnerische Feld heran.

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Die Figuren wurden hin und her bewegt. Die Kreatur schien nicht sonderlich gut, aber auch nicht schlecht in dem Spiel zu sein. Während sie zog spürte Alida, dass sie immer mehr in die Defensive geriet. Die Kopie von Emilian bewegte keine der Figuren selbst, gab immer Anweisungen und in einem überraschenden Manöver schlug Alida ihre eigene Königin mit einem weißen Pferd.
Wie konnte sie nicht genau sagen, aber sie schaffte es doch noch. Schachmatt, sie hatte gewonnen. Ein einzelner Turm und zwei Bauern waren neben ihrem König übrig geblieben. “Du hast gewonnen.” Der Junge lachte. Er schien sich ehrlich für Alida zu freuen. Dann in diesem einen Moment schaffte sie es die geistigen Barrieren zu durchdringen und sah sich in den schwarzen Flammen wieder. Dieses Mal brannten sie nicht, aber mehr war dort nicht. Alles war leer, keine Bilder und keine Gedanken schienen sich in diesem Geist zu formen, nur tiefste Schwärze und Leere. Den Sog spürte sie beinahe zu spät und es brauchte ihre ganze Konzentration um sich nicht in dem dunklen Nichts zu verlieren.
"Du darfst mir eine Frage stellen."
Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, wägte ab. Eine einzige Frage war nicht viel. „Was willst du von mir?“
"Ich will dich vernichten. Das bisschen was von deiner Seele noch übrig ist verschlingen und dich und die anderen Diebe für eure Dreistigkeit bestrafen. Du und deine Freunde habt diese Stadt gestohlen aber bald gehört ihr alle mir." Der Junge schaute auf das Brett und wieder zu Alida. Er freute sich und grinste breit.
„Schön, dass dich das erfreut. Dann wünsch ich dir mal viel Erfolg beim Zurückholen. Ich geh mal davon aus, dass du mir keine weiteren Fragen beantworten wirst, also brauch ich dich auch nicht fragen, wieso du der Meinung bist, wir würden dir eine Stadt stehlen, oder? Ich wohne hier seit meinem allerersten Atemzug und die von meinem Blut bereits zig Jahrhunderte vor mir.“ Sie fuhr sich mit den Fingern ans Kinn. „Was willst du denn überhaupt mit einer Stadt wie Brügge, wenn du sie denn dann hast?“
"Du verstehst nicht. Die Stadt ist nicht der Preis, ihr seid es. Ihr alle." Die Gestalt veränderte sich wieder. Der erwachsene Emilian stand nun vor ihr, die Stimme hatte alles kindliche und Unschuldige verloren.


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"Ich habe Geduld. Sehr viel Geduld, denn ich bin ewig, doch flüchte dich nur in Trotz und Leugnung, wenn es dir hilft, Alida van de Burse. Aber du bist schon sehr bald mein." Er legte seine Hand auf den Teil des Bauches wo die Flammen sie getroffen hatten. Sie spürte nichts von dieser Berührung, ganz so als wäre sie nicht da.
Alida musste sich zusammenreißen. Es war eines diesen Dämon in der Gestalt von Volgar oder Draga vor sich zu haben, aber Emilian? Das riss Wunden in ihr auf, die wirklich brannten. Sie biss sich auf die Lippen und lehnte sich ein Stück nach vorne. „Nun denn. Dann geht es dir um die Vernichtung der Kainiten in Brügge. Und wenn du damit fertig bist? Außerdem hast du gesagt, wir hätten sie gestohlen. Das würde bedeuten, du hättest sie bereits besessen.“ Fragend zog sie eine Braue in die Höhe.
Er legte eine Hand auf ihr Gesicht, eine Hand die offensichtlich nichts berühren konnte, denn sie spürte nicht einmal einen Hauch. "Ich besitze nicht. Ich bin nur. Aus der Dunkelheit geboren euch zu verschlingen. Wir werden in die Leere zurückkehren wie es abgemacht war." Die Nähe zu der Gestalt verursachte bei Alida Unbehagen, es war als würde sengendes Blut durch ihre Adern fließen, aber nur für einen Moment und nur an ihrem Bauch. Die körperlose Gestalt zog sich wieder zurück. Sie begann zu verblassen.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Di 2. Aug 2016, 19:04 
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Trotz dem Gefühl, sie würde von innen verbrennen, lief ihr ein eisiger Schauer über den Rücken. Die Worte des Geistes oder was auch immer es war, waren zu selbstüberzeugt um sie einfach ignorieren zu können und irgendeinen Wahrheitsgehalt mussten sie enthalten, da war sie sich sicher. Auch wenn sie gar nicht so genau wissen wollte, was genau das wäre. Sie schluckte schwer.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Di 2. Aug 2016, 20:20 
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Nach nur einem weiteren Augenblick war der Schemen von Emilian verschwunden, nicht aber ohne vorher noch einen letzten Satz zu hauchen. “Wir werden uns wiedersehen Alida van de Burse. Früher oder später. Ich freue mich schon” Dann sah sie nur noch die Helligkeit eines Blitzes und hörte wie der Donner nur einige wenige Augenblicke später laut rumpelnd folgte. Die Glut im Kamin war inzwischen beinahe erloschen und lediglich das benutzte Schachspiel zeugte noch davon, dass die letzten Minuten kein böser Traum gewesen waren. Das Brennen in ihrem Inneren zog sich langsam wieder zurück und Alida sah zum ersten Mal auf ihrem Bauch die schwarzen Adern die sich ohne erkennbares Muster von dem Punkt ausbreiteten an dem sie die schwarzen Flammen berührt hatten. Sie verblassten glücklicherweise mit jeder Minute mehr, bis sie schließlich nichts mehr davon sehen konnte. Auch der Schmerz war nur noch eine Erinnerung und zum ersten Mal an diesem Abend konnte sie sich sicher sein, dass sie ganz alleine war.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Mi 3. Aug 2016, 18:09 
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Die nächsten Stunden waren ohne besondere Ereignisse und weder der mysteriöse Besucher noch die schwarzen Adern auf ihrer Haut hatten sich bis jetzt nicht wieder blicken lassen. Es wartete neben ihren üblichen Aufgaben noch eine Nachricht unter ihren Korrespondenzen. Andros der Vorarbeiter wollte sie schnellstmöglich im großen Lagerhaus sehen, offensichtlich hatte er etwas wichtiges herausgefunden. Worum genau es ging war aus dem Brief zwar nicht ersichtlich, aber es hatte sicherlich mit den Nachforschungen zu tun die er anstellen wollte. Wahrscheinlich war er aber eh die ganze Nacht dort, weshalb das keinen Unterschied machen sollte.

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 Betreff des Beitrags: Re: Eisen und Blut
BeitragVerfasst: Do 4. Aug 2016, 13:52 
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Alida hatte Glück bei ihrer Suche nach der Vampirin Gretlin und fand sie in Luciens Waldzuflucht wo sie jetzt lebte. Die Tzimisce hatte gehört sie bevorzugte eine Gemeinschaftszuflucht darüber alleine zu leben, oder etwas in der Art. Es dauert nicht lange die andere Frau über die Ereignisse ins Bild zu setzten und Alida sah die Faszination, Interesse und vielleicht sogar ein wenig Sorge in den Augen der anderen Frau bezüglich dieser Enthüllung. Gretlin überlegte lange bis sie zu einem Schluss kam, wälzte verschiedene Bücher, kritzelte Symbole und Zeichen auf Pergament nur um sie dann gleich wieder durchzustreichen und stellte Alida detaillierte Fragen über das Wesen und dessen Verhalten. Schließlich kam sie zu einem Ergebnis. Es könnte in der Tat ein Geist sein, das würde seine Körperlosigkeit erklären. Was aber dagegen sprach war zum einen die Tatsache, dass er das Antlitz von Leuten annehmen konnte, die offensichtlich eine Verbindung zu Alida hatte und das nur bestimmte Leute seine Gestalt überhaupt wahrnehmen konnten. Das war gelinde gesagt ungewöhnlich, aber Gretlin meinte mit Bedauern sie sei eben keine Geisterexpertin. Also es könnte durchaus möglich sein, dass ein besonderer Geist mit solchen Talenten gesegnet war. Bei einer Sache war sich Gretlin aber sicher. Die ganze Art des Phantoms bewies das er nicht direkt mit der physischen Welt agieren konnte, da er es sonst sicherlich getan hätte. Das bedeutete das wenn er etwas unternehmen will das Alida schadet, dann müsste er durch Agenten aus Fleisch und Blut handeln, zum Beispiel einen Kult. Gretlin versprach Alida sich weiter umzuhören, aber im Moment fiel ihr nicht mehr zu dem Thema ein.

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Schließlich kehrte Alida in die Stadt und zu ihrem Anwesen zurück. Sie war etwa drei oder vier Stunden fort gewesen denn Luciens Zuflucht war weit draußen, aber die Nacht war noch nicht vorbei. Im September bemerkte man bereits sehr offensichtlich wie schnell die Tage kürzer wurden und im Gegensatz zum Sommer erlaubte es trotz des schlechteren Wetters das man sehr viel länger wach bleiben konnte. Noch bevor sie ihren Mantel ablegen konnte wurde sie schon von einer Dienerin abgefangen. “Herrin!” Sie lief im schnellen Schritt und half ihr sich zu entkleiden. “Entschuldigt, aber euer Verwandter Frederik wartet in der kleinen Bibliothek auf euch. Er sagt es sei dringend und ihr mögt ihn bei eurer Rückkehr bitte unverzüglich aufsuchen.”
In der kleinen Bibliothek war noch einmal ein Feuer entfacht worden und irgendein Diener, vielleicht sogar Frederik selbst hatte das Schachspiel wieder ordentlich organisiert. Der Toreador schaute sie mit ernsten Augen an. “Alida setzt dich vielleicht. Ich habe keine guten Neuigkeiten.” Er seufzte. “Du hattest mich doch geschickt um nach deinem Vorarbeiter Andros zu sehen, aber leider muss ich dir mitteilen, dass er ermordet wurde. Ich hatte zu tun und bin erst vor einer Stunde zum Lager gegangen. Er war an einen Stuhl gefesselt und man hat ihn offensichtlich gefoltert. Dann muss er an seinen Wunden verblutet sein, denn der ganze Boden war voll davon. Er kann noch nicht lange tot sein, denn er war noch nicht einmal steif.” Frederik setzte sich und seufzte tief. “Ich wollte dich fragen was wir jetzt machen sollen. Willst du das ich die Stadtwache einschalte?” Frederik schien offensichtlich überfordert mit der Situation, denn im Gegensatz zu ihr hatte er bei weitem weniger Leichen und auch Grausames in seinem noch jungen Unleben gesehen.

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Zuletzt geändert von Leif am Sa 20. Aug 2016, 18:22, insgesamt 1-mal geändert.

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