Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: Sa 3. Nov 2018, 14:36 
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Alida seufzte innerlich auf. Es tat gut für einen Moment das idyllische Bild zu genießen. Dann suchte sie sich jedoch eine der älteren Dienerinnen heraus und informierte sie, dass sie noch in dieser Nacht nach Flußfall zu reisen gedenke. Sie hielt nach Frederik Ausschau um ihn ebenfalls zu informieren. Es blieb ihr nicht mehr viel Zeit bis zur Abreise. Aber sie wusste, sie würde die meisten Gesichter ja bereits in wenigen Wochen bei Maria Himmelfahrt wieder sehen.

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Verfasst: Sa 3. Nov 2018, 14:36 


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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: So 4. Nov 2018, 11:07 
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Alida war klar, dass ihren Anweisungen Folge geleistet wurde. Die Angestellten im Haus wussten was ihre Herrin auf den immer wieder vorkommenden Exkursionen benötigte und darüber hinaus war eine plötzliche Abreise mitten in der Nacht auch nichts gänzlich Ungewöhnliches. Die Tzimisce konnte Frederik sofort ausmachen und einen Moment später hatten sie sich in eine ruhige Ecke zurückgezogen. Das Flötenspiel begleitete Alidas Erklärungen leise und schließlich nickte der Toreador. "Bist du dir sicher, dass du heute Nacht noch abreisen möchtest? Du wirst irgendwo übertagen müssen. Bis zum Sonnenaufgang wirst du es nicht ganz nach Flussfall schaffen, aber die Entscheidung liegt bei dir. Kann ich dir sonst noch irgendwie helfen?"

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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: So 4. Nov 2018, 14:46 
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Alida dachte einen Moment nach und stutzte. „Ich wusste nicht, dass es bereits so spät ist. Ich hätte nicht gedacht, dass es später als ein Uhr wäre. Hui. So sehr kann man sich irren. Bei solchen Feiern vergeht die Zeit wirklich wie im Fluge. Nein, dann breche ich selbstverständlich erst morgen auf.“ Sie schilderte ihm kurz das Wichtigste aus der Nachricht von Karl. „Hast du schon mal was von diesem französischen Grafen gehört? Was denkst du zu diesen Hochzeitsplänen?“

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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: So 4. Nov 2018, 16:18 
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Frederik schüttelte beinahe unmerklich den Kopf. „Es ist auch noch gar nicht so spät, aber die Wege und Straßen sind seit dem Bürgerkrieg immer noch nicht wieder so, wie sie einst waren. Es gab früher eine Fähre, die dich über den Fluss gebracht hätte, aber im Moment wirst du noch immer den Umweg über die Scheldenfurt nehmen müssen. Außerdem sollten wir kein Risiko eingehen, wenn es zu vermeiden ist. Die Sommersonnenwende ist erst eine Woche her. Es wird zeitig genug hell.“ Bezüglich ihrer letzten Frage dachte der Toreador um einiges länger nach. Schließlich antwortete er. „Ich denke schon, dass ich von der Familie Marquet gehört habe. Zumindest glaube ich nicht, dass es in Frankreich zwei Familien mit diesem Namen gibt. Nein, die Marquets gehören zum französischen Hochadel und haben ihren Stammsitz irgendwo in der Champagne. Ein alteingesessenes Geschlecht mit guten Verbindungen zum französischen Hof und der Kirche. Reich, demütig und äußerst gottesfürchtig.“ Alida konnte sehen, dass Frederik über verschiedene Dinge nachdachte und offenbar Schwierigkeiten hatte seine Gedanken zu ordnen. „Tja und wenn ich ehrlich bin weiß ich nicht so recht, was sie mit jemandem wie Karl wollen. Für einen einfachen Ritter, selbst wenn er der Bastard des Grafen von Flandern ist, wäre eine solche Verbindung weit mehr als er je hoffen könnte.“ Frederik zuckte ein wenig mit den Schultern. „Zumindest glaube ich das. Die sterbliche Politik ist schnelllebig und verworren genug. Es wird schon einen Grund geben, warum man eine solche Verbindung in Betracht zu ziehen scheint. Nicht zuletzt um die Verbindungen der Grafen von Flandern nach Frankreich zu stärken."

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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: Mo 5. Nov 2018, 10:06 
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Alida zuckte mit den Schultern. „Ich bin mir fast sicher, dass dieser Bote des Grafen von Marquet mir seine Gründe mitteilen wird. Hoffen wir nur, dass dieser Bote nicht zu viele Erkundigungen über seine Zieheltern einholen wird. Oder darüber, warum Karls Mutter ins Kloster eingetreten ist. Wenn die gute Familie so gottesfürchtig ist, hat sie möglicherweise eine Schmerzgrenze. Oder diese lässt sich durch Geld senken…“ Sie seufzte. „Ich frage mich, wie Karl zu all dem steht. Wenn es seine Ambitionen sind mehr Macht anzuhäufen, ist er bei dieser Familie sicher richtig.“ Sie sah einen Augenblick aus dem Fenster an den wolkenlosen Nachthimmel. „Ich hätte ihn aber eigentlich nicht so eingeschätzt.“

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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: Mo 5. Nov 2018, 15:07 
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„Ich auch nicht, aber du wirst sicherlich mehr wissen, nachdem du mit dir ein eigenes Bild in Flussfall gemacht hast.“ Frederik streckte sich ein wenig und ließ den Blick über die verbliebenen Familienmitglieder schweifen. Florine war auf einem Lammfell eingeschlafen und von Marlene liebevoll zugedeckt worden. Sie zuckte leicht im Schlaf und schien einen Traum zu haben. Mildred umgarnte gerade einen jungen Kaufmann aus Aachen mit Wein und ihren weiblichen Reizen, der als Gast dem heutigen Abend beiwohnte und Onkel Gustav schnarchte mit Arn van Bergen in einer Ecke um die Wette. Ein Großteil der Gäste hatte sich bereits verabschiedet. Heute mochte ein Feiertag gewesen sein, aber morgen warteten bereits wieder die alltäglichen Pflichten auf alle.
Der Toreador schaute wieder zu Alida. „Ich werde Anweisungen an die Dienerschaft geben aufzuräumen. Ich glaube, diese Feier neigt sich langsam dem Ende zu. Eine Sache noch bevor ich es vergesse. Nimm ruhig einen Wachmann mehr mit. Ich habe erst kürzlich gehört, dass wieder vermehrt Banditen gesichtet wurden. Deserteure des Krieges und andere mit bedauernswerten Schicksalen, die sich irgendwo in den Wäldern festgesetzt haben.“

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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: Mo 5. Nov 2018, 22:12 
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Alida nickte. Sowohl zu Frederiks Bemerkung die Feier ausklingen zu lassen als auch zu seinem Vorschlag etwas mehr Männer mitzunehmen. Die Zeiten waren wahrhaftig unruhig. Vielleicht gab es auch einen Tross Soldaten, die nach Flussfall unterwegs waren und denen man sich anschließen könnte. Sie würde noch jemanden bitten sich tagsüber umzuhören bevor sie ihre Kammer aufsuchen würde.
Die nächste Nacht brach ohne besondere Überraschungen herein und in ihrem Arbeitszimmer fand Alida bereits einige gepackte Taschen, die nur darauf warteten gesattelt und verstaut zu werden. Die Tzimisce sah eine Auswahl von Schuhen und Kleidung, praktisch bis festlich sowie ein paar einfach Schmuckstücke und Gegenstände für die persönliche Pflege. In einer zweiten, kleineren Tasche fanden sich Pergamente, Tinte, Löschsand und Federkiele. Meistens war der Ablauf immer der gleiche. Die Dienerschaft bereitete alles vorbereitet und Alida hatte dann noch die Möglichkeit alles durchzusehen und gegebenenfalls zu ergänzen. Danach wurden ihre persönlichen Sachen zur Abreise bereit gemacht. Man hatte ihr schließlich auch bezüglich ihrer Erkundungen Bericht erstattet. Es gab einen Händler, der Bauholz nach Flussfall zu liefern schien und dieser war sogar bereit gewesen auf sie zu warten, um ihren Tross zu vereinen. Er wartete am Osttor auf sie.
Alida lächelte still in sich hinein. Es war gut, dass sie so verlässliche Leute hatte auf die sie zählen konnte
Beide Taschen waren gut gefüllt worden. Sie öffnete die Schranktüren und griff nach ihrer Rüstung, die nur darauf zu warten schien. Irgendwie war es immer ein Jammer, die edlen Rüstteile unter der weiten Kleidung zu verstecken, aber so war das nun einmal, wenn man nicht gerade in einen offenen Kampf ritt, was sich als Frau nicht wirklich schickte. Sie würde zwei Wachmänner zusätzlich nach Flussfall mitnehmen. Sie dachte an den Händler. Wahrscheinlich würde er den Tross langsamer machen. Aber solang sie noch in der selbigen Nacht ankäme wäre das in Ordnung. Sie schulterte die Taschen.
Kurz hinter dem Osttor konnte Alida bereits ihre zukünftige Reisebegleitung ausmachen. Ein einzelner Wagen erheblich weniger schwer beladen als man vielleicht von einem Händler der ‚Bauholz‘ lieferte erwarten mochte, warte im Fackelschein auf sie. Alida ahnte, welche Art von Holz der Händler geladen hatte. Edle Balken und Bretter. Kirsche, Eiche, vielleicht goldene Birne. Dieser Werkstoff würde für Vertäfelungen und Dekoration benutzt werden, nicht für simple Konstruktionen und Bauvorhaben. Ein mittelalter Mann in praktischer Kleidung von hoher Qualität erwartete sie bereits. Der Händler hatte einen vollen Bart und verbeugte sich leicht. „Guten Abend wünsche ich euch. Ich gebe zu, es behagt mir nicht unbedingt so spät zu reisen, aber eine Gelegenheit unsere Männer zusammen zuschließen wollte ich mir nicht entgehen lassen.“ Er lächelte jovial. „Jost Westfurt, mein Name. Was führt ein Mitglied der berühmten van de Burses so spät auf die Straßen?“

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Alida begrüßte den Händler wie unter Kaufleuten üblich mit einem Handschlag. „Alida van de Burse. Es freut mich eure Bekanntschaft zu machen. Es ist gut, wenn wir zusammen reisen können. Ich muss gestehen: Eine Familienfeier zu Ehren von Peter und Paul wurde gestern in unserem Hause abgehalten und es bedarf ebenso viel Planung bei der Organisation einer solchen Festlichkeit, wie beim Aufräumen hinterher. Deswegen die späte Abreise. Wobei: Ich muss gestehen: Ich bin in meiner Familie eh als die ‚Nachteule‘ verschrien, weil ich mich häufiger als die anderen melde Geschäfte, die des Nachts getätigt werden müssen, wie das Löschen von Ladung, zu bewerkstelligen. Nun ja… einer muss es ja machen und ich habe mich in all den Jahren längst an den nächtlichen Rhythmus gewöhnt.“ Sie machte eine wegwerfende Handbewegung als beschriebe sie frühes Aufstehen.
Jost fragte nicht weiter nach und wechselte noch einige belanglose Kleinigkeiten und Gerüchte mit Alida, während er seinen Tross abfahrbereit machte. Der ältere Händler erwies sich als angenehmer und unaufdringlicher Reisegefährte. Er sprach nicht zu viel, hatte seine Leute gut im Griff und wirkte allgemein wie jemand, der es gewohnt war draußen unterwegs zu sein, zumindest was Straßen und Handelswege betraf. Dank des Halbmondes am Nachthimmel dauerte es auch nicht lange bis die Reisegruppe Brügge hinter sich gelassen hatte. Glücklicherweise hatte es heute einmal aufgehört zu regnen, was es trotz des schlammigen Bodens ein wenig einfacher machte voranzukommen. Ihr erstes Ziel würde die Scheldenfurt sein um den Fluss zu überqueren, aber bis dahin hatten sie noch einige Stunden Ritt vor sich.
Ihre Reise verlief ruhig und doch wurde die Aufmerksamkeit des Trosses gelegentlich auf die Narben gelenkt, die der Bürgerkrieg hinterlassen hatte. Mehr als einmal säumten ein verlassenes Gehöft, unbestellte Felder oder verwilderte Weiden ihren Weg.

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Es war nicht so, dass die, denen das Land gehörte, nicht versuchten diese Flächen zu bewirtschaften, aber es gab nach dem Krieg einfach nicht genügend Männer für die Arbeit. Irgendwann musste die Reisegruppe Rast machen. Ein nahes Waldstück mit kleinem Bach bot sich dafür perfekt an. Einige der Bäume waren gerodet worden und kreierten eine künstliche Lichtung, die wohl während des Bürgerkrieges als Heerlager gedient hatte. Die Pferde stürmten gierig zum Wasser und begannen zu trinken, während Alidas Begleiter Fackeln entzündeten und Wachen aufstellten. Jost gesellte sich zu der Tzimisce. „Ich schlage eine halbe Stunde Rast vor. Dann sollten wir uns wieder auf den Weg machen. Die Scheldenfurt ist nicht mehr weit.“

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Die Sterne leuchteten prachtvoll am Himmel und Alida konnte eine einzelne, beinahe lautlose Bewegung am Waldsaum ausmachen. Alidas Augen verengten sich und sie versuchte mit ihren übernatürlichen Fähigkeiten mehr zu sehen als es das bloße Auge her gab. Leider war, was auch immer die Bewegung verursacht hatte, wieder im Gebüsch verschwunden.
Die Kräfte des Auspex begannen ihre ganze Umgebung zu verändern. Alida hörte plötzlich wie sich einer der Wachen in einem nahen Busch entleerte, beinahe als würde sie direkt daneben stehen und roch den Teer der Fackeln. Da es beinahe Windstill war konnte sie sich nach einem kurzen Moment schließlich gut auf das verdächtige Geräusch einstellen und schließlich eine abgehackte Unterhaltung zweier Fremder hören. „...dieses Mal?“ „...“ „...aber du hast doch...“ „Nein habe ich gesagt...sind...viele.“ Das Schnauben eines Pferdes und die Stimme von Jost rissen sie aber schließlich aus der Konzentration. Sie wandte sich an die anderen. „Ich habe eine Bewegung am Waldrand gesehen.“ Sie deutete auf die Stelle. „Da war etwas. Und ich hab ein paar Gesprächsfetzen vernommen. Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist hier zu rasten. Wenn überhaupt nur mit gezogenen Waffen und in Verteidigungsstellung.“ Sie sah zum Wagen des Holzhändlers. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ihr das wollt.“
Der Holzhändler schien Alidas Urteilsvermögen komplett zu vertrauen und nickte ihr zu. "In Ordnung." Mit lauter Stimme an seine Leute rief er nur. "Aufsitzen!" und kurze Zeit später waren alle bereit zur Abreise. Die Pferde waren zwar müde, aber bis zur Scheldenfurt, oder zumindest in deren Nähe würden sie es allemal schaffen. Ihr Tross kam einmal mehr an überwucherten Weideflächen und einer verlassenen Fischerhütte vorbei, aber die Tzimisce konnte in dieser Zeit nichts Verdächtiges mehr ausmachen. Jost schien ebenfalls ein wenig von der Anspannung zu verlieren und schloss zu Alida auf. "Ihr habt gute Ohren, Alida van de Burses. Ich zweifele keine Sekunde daran, dass ihr etwas gehört habt. Dieser Abschnitt der Handelsstraße ist bekannt dafür gelegentlich überfallen zu werden. Irgendwo in den tiefen der Wälder gibt es sicherlich ein größeres Räuberlager."

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„Ein ausgesprochen unschöner Gedanke… Beten wir, dass uns keiner von dieser Truppe heute Nacht zu Gesicht bekommt. Das sind nun einmal die Folgen des Krieges. Marodierende Söldner, die nicht ausgezahlt wurden, Bauern, die ihr Vieh und Feld verloren haben, Halbstarke, denen man die Eltern abgeschlachtet hat und die nun ihren Weg nicht mehr vor sich sehen. Aber es wird nicht mehr allzu weit nach Flussfall sein. Ich bin mir sicher, ihr werdet dort sehnsüchtig erwartet.“
Jost zuckte nur kurz mit den Schultern. „Wahrscheinlich. Aber immerhin ist es nicht so, als würde ich Wasser zu Verdurstenden transportieren.“ Er lachte mit tiefer Stimme. „Das Holz mag für die Handwerker wichtig sein, aber es ist nicht so, als ob jemand Geist und Gesundheit verliert, sollte ich etwas später anreisen. Die Bezahlung ist dennoch ausgesprochen großzügig.“ Der Händler rieb sich begierig die Hände und das trotz der Tatsache, dass er auf einem Pferd saß. Sie ritten weiter und schließlich erreichten sie die Scheldenfurt. Hier war eine der größten Schlachten des Bürgerkriegs geschlagen worden und das Gebiet wirkte auch nach der Bergung all der Toten noch immer trostlos und leer. Die Scheldenfurt war eine Brücke, von beiden Seiten befestigt und an der ihnen zugewandten Seite, konnte man noch immer die Beschädigungen der Belagerungsmaschinen sehen, für deren Ausbesserung es bis jetzt wohl weder Zeit, noch Geld gegeben hatte.

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Die blonde Tsmiske ritt mit dem Tross darauf zu und beäugte missmutig die Einschlagslöcher. Hier hatten sie gekämpft: Lucien, Gerrit, Leif. Sie hatten in einem Krieg zwischen Schwestern Partei ergriffen und dafür gemordet. War das richtig gewesen? Hatte es Dorchas geschadet? Vielleicht hatte all das Blutvergießen dem Gott die Augen geöffnet, aber war es das wert gewesen? Sie vertrieb den Gedanken missmutig aus ihrem Kopf. Sie würde keine zufriedenstellende Antwort bekommen.
Sie erreichten die Brücke und nach einigen Worten von Jost konnten sie passieren. Die Wachmannschaften auf beiden Seiten waren bestimmt, aber freundlich. Nebel stieg vom Wasser auf und erfüllte die Luft mit einer klammen Kälte, die sie auf ihrem weiteren Weg nach Flussfall begleitete. Der Weg war nun nicht mehr weit und der Tross kam auf den gepflegten Straßen, trotz der Dunkelheit gut voran. Sie kamen an gut bestellten Weiden, ordentlich bestellten Feldern und den allgegenwärtigen Obsthainen von Flussfall vorbei. Die Festung war schon in der Ferne zu erkennen, als Jost noch einmal das Wort an sie richtete. „Wir reiten in drei Tagen zurück. Ich kenne eure Pläne nicht, aber es wäre mir eine Ehre wieder mit euch reisen zu dürfen, Alida van de Burse, egal zu welcher Zeit.“
Alida lächelte. „Danke, die Ehre ist ganz meinerseits. Ich weiß noch nicht wie lang ich hier verweilen werde, aber wenn wir in drei Tagen abreisen, dann gerne in eurer Gesellschaft. Ich wünsche euch gute Geschäfte!“
„Ich euch ebenso.“ Er nickte ihr zu, während sie den letzten Hügel nach Flussfall bezwangen. Unter ihr sah sie bereits die riesige Festung, die auf ihrer Insel direkt am Zusammenfluss zweier Ströme aus der Landschaft ragte. Dicke Nebelschwaden gaben der Gegend in der Dunkelheit etwas anderweltliches so wie sie die alten Mauern immer wieder verschluckten und freigaben. Alida erkannte aber trotz dieses vertrauten Anblicks, dass sich eine ganze Menge getan hatte. Vor den Toren der Festung gab es unzählige Baustellen und Konstruktionsstätten. Hölzerne Gerüste, Baustellen, Gräben und Pfähle im Wasser wirkten beinahe als würde hier ein Dorf als Ganzes aus dem Boden gestampft werden. Neben den Baustellen war eine riesige Zeltstadt zu sehen, die größtenteils bereits im Dunkeln lag. Hier und da waren aber dennoch einige Fackeln und Lichter zu erkennen. Alida sah bereits von weitem, dass die große Zugbrücke bereits hochgezogen war oder besser gesagt noch, da man am Osthimmel bereits das erste zarte Azurblau des kommenden Sonnenaufgangs ausmachen konnte. In einer Stunde etwa würde das geschäftige Treiben wahrscheinlich wieder beginnen, aber bis dahin hatte sie noch genug Zeit sich anzukündigen, ein erstes Gespräch zu führen und sich dann für den Tag zurückziehen. Jost verabschiedete sich wenig zeremoniell, aber herzlich von ihr und brach dann mit den seinen in Richtung der Zeltkolonie auf.

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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: Mi 7. Nov 2018, 17:24 
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Die blonde Kaintin schritt dem Tor entgegen. Hoffentlich würde man ihr nun keine zusätzlichen Steine in den Weg legen. Sie hatte oft genug sich für besonders wichtig haltende Wachposten verflucht, auch wenn sie wusste, dass die Männer nur ihre Arbeit taten und Befehle befolgten. Sie wollte zu Karl. Weder wollte sie sich groß anmelden, noch bis Sonnenaufgang vor den Toren rumsitzen. Sie seufzte innerlich und rief sich zur Geduld. Vielleicht hatte sie Glück und die Wachmänner kannten ihr Gesicht oder ihr Wappen. Dann würde es vielleicht schneller gehen.

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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: Do 8. Nov 2018, 18:24 
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Tatsächlich wurde Alida nach der Nennung ihres Namens erstaunlich schnell eingelassen. Offenbar hatten die Wachen entsprechende Anweisungen erhalten zu reagieren, sobald die drei goldenen Geldsäcke auf rotem Grund Flussfall erreichten. Ihre Wachen und die Pferde wurden von Knechten versorgt, während die blonde Händlerin sofort von einer ältlichen Dienerin in den Wohnturm geführt wurde. Die Frau begrüßte sie ein wenig mürrisch und Alida konnte die hastig gekämmten Haare und schnell geschnürte Arbeitsrobe sehen, als sie hinter der Dienerin herlief. Wahrscheinlich war sie erst im Moment von Alidas Ankunft geweckt worden. Auf ihrem Marsch durch die verwinkelten Gänge der Burg konnte Alida immer einmal wieder voll gerüstete Tempelritter erkennen, die neben den üblichen Wachen wie Pfauen unter Hühnern herausstachen. Die gepanzerten Männer mit dem Kreuz schienen einige Türen und Gänge gesondert zu bewachen, ihrer Person selbst aber keine besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Schließlich wurde sie in einen Innenhof geführt, an den sich ein kleiner Garten anschloss. Der Hof selbst war mit einem Baldachin überspannt und darunter standen mehrere gepolsterte Stühle um einen Tisch herum. Offenbar hatte bereits jemand Erfrischungen aufgetragen. Es gab einen Krug mit dampfendem Gewürzwein der einen sehr angenehmen Geruch verbreitete, kleine Pasteten die nach Fleisch rochen und eine Schale mit frischen Walderdbeeren die mit aller Sorgfalt zu einem Kreuz drapiert worden waren. Die ältliche Dienerin verbeugte sich leicht. „Wünscht ihr noch etwas? Der Graf wird jeden Moment hier sein. Er hat Anweisung gegeben gleich nach ihm schicken zu lassen, sobald jemand..." Die nächsten Worte sprach die Frau offenbar mit Widerwillen aus, ganz so als missbilligte sie diese irgendwie. "...jemand von seiner Familie hier eintrifft.“

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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: Sa 10. Nov 2018, 11:15 
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Alida besah sich das ganze Treiben in der Burg mit nachdenklicher Miene. Templer, vorbereitete nächtliche Gelage… Ein wenig ungewöhnlich, beschied sie schließlich. Sie musterte die Dienerin bei ihrer letzten Bemerkung ‚jemand von seiner Familie‘ fragend. Es müsste mittlerweile wohl jedem in ganz Flandern offensichtlich sein, dass Karl aus einem einzigen Grund Herr von Flussfall geworden war: weil er eben nicht Teil ihrer Familie war, sondern einer ganz anderen Linie entstammte. Darauf hinzuweisen, erschien ihr als geschmacklos. War es Absicht der Dienerin gewesen? Eine spitze Bemerkung wegen der Ruhestörung? Wahrscheinlich hatte die Frau nicht nachgedacht. Immerhin war es mehr als spät und man konnte ihr ja ansehen, dass sie gerade aus den Betten gerissen worden war.
Sie schüttelte den Kopf. „Habt Dank. Nein, ich benötige nichts. Ich werde warten. Gehabt euch wohl und verzeiht die späte Ruhestörung.“

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