Di 25. Apr 2017, 11:48
Trajan sah Leif bei eindringlich an. „Leif? Vergiss nie, welches Blut durch deine Adern fließt! Wir sind erst dann besiegt, wenn wir es zulassen.“ Er nickte. „Ich werde euch die Zeit verschaffen, die ihr benötigt.“ Er legte Leif die Hand auf die Schulter, dann drehte er sich zu Ryanne. „Sorg dafür, dass alle durch das Tor kommen. Ich bilde die Nachhut!“ Der alte Salubri hatte keine Waffe bei sich und doch spürte Leif ein seltsam schwaches Pulsieren in der Luft, das an Intensität zunahm. Das dritte Auge auf seiner Stirn öffnete sich: Trajan war dabei mittels Valeren ein Schild um sich und die anderen zu bauen und obwohl Leif durch die Mauern hinaus ins Freie schritt, konnte er fühlen, dass die Macht dieses Kainiten diejenige der Clansbrüder, die er bisher kennen gelernt hatte, um Weiten überstieg. Wie mussten wohl die Kämpfe der wahrlich Alten gegen die Baali vor Jahrhunderten abgelaufen sein?
Der Hexer, der ihm gegenüber stand, verzog bei Leifs Rede an die Gargylen das Gesicht zu einem abfälligen Grinsen. „Was erwartete ihr, Einhorn? Das hier sind nichts als hirnlose, Sklaven, unfähig auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen, der ihnen nicht durch uns eingegeben wird. Gezüchtet aus feinsten Unholden, Gangrel und Nosferatu, die wir in Ceoris gefangen nehmen konnten. Ein Tsimiske Kriegsfürst, ein tierischer Heerführer, ehemalige Meister des Unsichtbaren… Das machen wir mit unseren Gegnern, die sich uns inden Weg stellen und die wir wahrhaftig verabscheuen. Glaubt ihr, einer von denen weiß noch, wer er mal war, wofür er gekämpft hat? Alles, was für sie zählt, ist der Schutz ihrer Meister… unser Schutz. Und dafür…“ Er wandte den Kopf von links nach rechts, streifte die steinernen Kolosse. „… sind sie nur zu gerne bereit, ihr Unleben zu lassen.“ Ein lautes Kampfgebrüll, das wie das Donnern einer steinernen Lawine klang, war die zustimmende Antwort.
Matthias neben Leif straffte die Schultern und umfasste sein Schwert fester. Sein Gesichtsausdruck war angespannt, aber er nickte in Leifs Richtung. Das, was der Heiler getan hatte, war richtig.
Nur ein Gargyl, das merkte Leif, hatte sich hinter Leonhardt auf die Erde schweben lassen ohne in den Kampfruf einzustimmen. Er hielt das seltsam steinern wirkende Schwert in den Krallen, sah zu den verletzten Salubri, zu dem einsamen Hexer, seinen Clansbrüdern. Dann trat er einen Schritt nach hinten. Leif hatte das intensive Gefühl, dieser Gargyl würde sich nicht im Kampfgeschehen beteiligen
Hinter ihnen wurde lautes Rufen laut. Ein Blick über seine Schulter bestätigte Leif, was vor sich ging. Es war den restlichen Salubri durch die Hilfe Ryannes gelungen das niedrige Tor zu passieren. Trajan verharrte vor dem Ausgang. Blauweißes Licht umhüllte ihn und die um ihn herumstehenden, schützte vor dem, was kommen würde.
Im Burghof, in wohl 30 Schritt Entfrenung, hatten sich dutzende Gestalten versammelt. Es war Leif nicht möglich die verhüllten Gesichter auszumachen, doch er erkannte durch die noch immer dicht dahinziehenden Rauchschwaden schwarze, weiße, rote und hellgraue Roben.
Ein Mann schlug die Kapuze zurück.
„Euer Verhalten war ganz und gar nicht höflich, mein lieber Ithuriel. Behandelt man so seine freundlichen Gastgeber? Dem Gastgeber das Dach überm Kopf anzünden… Wohl kaum. Ergebt euch! Dann ist euch ein kurzer, schmerzloser Tod beschieden. Die anderen werden wir gehen lassen… Ihr habt mein Wort“
Trajan schnaubte hasserfüllt. „Ihr wisst, dass ich einen anderen Weg wagen werde.“
Gerhardt lächelte schmal und Herausforderung und Verachtung lagen darin. „Das gelingt euch nicht!“
„Wir werden sehen…“
Wütend schmetterte Gerhardt einen Befehl und die Tremere bezogen Aufstellung. Leif bemerkte seltsame dunkle und rote Spiralen, die in der Nacht vibrierten und zu leuchten begannen. Er hörte das Knistern von Flammen, roch das intensive Rauchen von Feuer. Ihm war bewusst: Die Hexer würden nicht lange zögern und alles in einem gleißenden Meer aus Feuer und was auch immer noch dabei war, untergehen lassen.
Mi 10. Mai 2017, 21:01
Im Burghof schwoll die Magie zu einer seltsamen immer heller werdenden Mischung an. Der größte Teil der Hexer war dabei ihre Kraft in Flammen zu bündeln, aber ein Teil schuf eine seltsame Magie, die in schwarzen Schlieren auf Trajan und damit auch alle anderen zuzuwabern begann.
Leonhardt stürzte sich auf Leif. Sein Schwert sprühte Funken als es auf die Axt von Leif traf.
Ein Moment der Entscheidung war gekommen, dass wusste Leif. Er konnte die Anspannung in der Luft genauso riechen wie die Flammen, welche die Hexer mit ihrer verderbten Magie in der kalten Nachtluft herbeiriefen. Hier sollte ein Exempel statuiert werden, denn es ging schon lange nicht mehr darum die Gefangen wieder in Ketten zu legen. Zu viel Schaden hatten sie angerichtet und zu groß wäre die Schmach für die Usurpatoren, wenn es jemanden geben würde, der von der großen Flucht aus Leuchtenberg berichten könnte. Leifs Hände umklammerten die Axt, die kurz darauf mit dem Schwert seines Gegners zusammenprallte. Leonhardt. Der Name kochte wie bittere Galle in seinem Magen auf. Er hätte den grausamen Hexer erschlagen sollen, als er ihn zum ersten Mal gesehen hatte. So oder so würde diese Auseinandersetzung heute hier ein Ende finden. Er hoffte inständig, dass jene, die noch kämpfen konnten, sich bereitmachten, denn das war ein Kampf den sie nur zusammen gewinnen konnten. Leif schlug zu.
Leif konnte die Mordlust in den fast wie besessen glänzenden Augen von Leonhardt schimmern sehen. Der Hexer schien auf jede von Leifs Bewegungen vorbereitet und sein Grinsen hatte etwas von einem Raubtiergebiss, dass kurz davor war seine Beute endgültig zu vernichten.
Leif spürte die seltsame Aura, die seinen Feind umgab, die er zuvor im Turm nicht aufgewiesen hatte. Mit welchen diabolischen, thaumaturgischen Mitteln auch immer: Leonhardt hatte sich eine Macht zu Nutze machen können, die seine Kraft potenzierte.
Noch während Leif sich auf den Schlag vorzubereiten begann, spürte er bereits das kalte schneidende Metall, das mit einer unvorstellbaren Wucht die dünne Kutte zerriss, in seine Rippen eindrang und seinen Brustkorb fast in zwei Teile spaltete. Mühelos, als schnitte er durch Butter, hieb ihm der Schlag den linken Arm ab. Leif spürte wie er jegliche Kontrolle verlor und zu Boden stürzte. Die Verletzung war so gewaltig, dass es ihn augenblicklich in Starre riss. Er spürte den harten Stein unter seiner Haut, unfähig sich zu rühren. Mit offenen Augen sah er Leonhardt auf sich zukommen, dass glitzernde Schwert in den blutbesudelten Händen. „Ha! Einhorn! Ich hab‘ dir doch gesagt, dass wir siegen werden! Wir sind eure Herren!“ Er warf den Kopf in den Nacken und lachte schallend auf. „Das ist dein Ende!“ Er kam näher, hob das Schwert um es endgültig auf Leifs Nacken niedersausen zu lassen und ihm damit den Kopf von den Schultern zu trennen.
‚Nein!‘ Leif vernahm das Wort mehr in seinen Gedanken als mit den Ohren. Mit einem Mal begann sich das seltsame Vibrieren, das in der Luft gelegen hatte, zu ändern. Er konnte spüren, dass die Hexer innerhalb der Tore der Festung alle auf ein Kommando ihres Meister Gerhardts ihre Magie zu einem finalen Angriff entfesselt hatten. Die Wand, die aus unzähligen gigantischen Kugeln von Feuer und schwarzer, undefinierbarer Dunkelheit bestand, wurde entfesselt und kam mit rasender Geschwindigkeit auf Trajan und den Rest der Entflohenen zu. Leif spürte die Hitze, gepaart mit unerträglicher Kälte, die näher und näher kam. Vor einem Angriff wie diesem gab es kein Entkommen, das war ihm bewusst. Die Wand erreichte Trajan.
Leif hätte wahrscheinlich die Augen vor diesem letzten verzehrenden Moment seiner Existenz geschlossen, wenn er gekonnt hätte, aber die Starre verhinderte jegliche Regung.
Er wartete auf die Wand oder den Schlag Leonhardts, aber beides ließ noch einen letzten kurzen Augenblick auf sich warten. Leif spürte wie sich die vernichtende Kraft der Wand um Trajans valerisches Schutzschild sammelte, schließlich eindrang und den Salubri erfasste. Statt jedoch innerhalb eines einzigen Atemzuges zu Asche zu zerfallen, bündelte sich die Kraft immer weiter um die hocherhobene Gestalt des alten Römers, sie trat durch seine Haut, erfasste seinen Körper, sammelte sich immer weiter. Dann, noch während Leif erneut den bestimmten und unabänderlichen Ruf in seinen Gedanken vernahm, begann sich der Körper des Salubri aufzulösen und die gebündelte Macht, die er in sich aufgenommen hatte, entlud sich wie eine gigantische Explosion.
Leif spürte wie die Reihen der Hexer wie von einem unaufhaltsamen Sturm weggewischt wurden, wie die Körper seiner Feinde zu Asche zerfielen. Das Grinsen von Leonhardt erstarb auf seinen Lippen als dieser sah, was vor sich ging. Sein Schwert sank langsam hernieder. Ungläubig starrte der Hexer auf die nicht mehr vorhandenen Burgmauern. Dann riss auch ihn die gewaltige Detonation von den Füßen, stieß ihn nach hinten. Er versuchte sich an einem Felsen festzuhalten, doch war der Abgrund, über dem er sich mit einem Male befand, unaufhaltsam. Er fiel, stieß einen panischen Schrei aus und spürte noch während er fiel, rettende Hände, die nach ihm griffen um seinen Sturz zu verhindern. Dankbar sah Leonhardt zu der Gargyle, die ihn an den Schultern gepackt hatte. Dann jedoch erklang erneut sein Schrei in Leifs Ohren.
Leif konnte aus den Augenwinkeln erkennen wie der Hexer in die Höhe getragen wurde um dort von den Fängen und Klauen der Gargyle, die zuvor nach seinen Worten nicht am Kampf teilgenommen hatte, zerrissen zu werden. Dann wurde es mit einem Male dunkel um ihn herum.
So schnell wie der Schmerz kam, lähmte ihn das Gefühl auch schon. In Geist und Körper und trotz der Eindrücke die er noch gewann, fiel es ihm schwer die Szenen in einen Kontext zu setzten. Dann wurde alles dunkel.
Es schienen Ewigkeiten zu vergehen bis Leif wieder zu sich kam. Er spürte die clanseigene Kraft des Valeren, die seine Wunden heilte und dann schließlich, fast unerwarteterweise, die Fähigkeit seine Glieder wieder zu bewegen. Es gelang ihm die Augen wieder zu öffnen und er erblickte einen recht großen dämmrigen Raum, der von schwachem Feuerschein erhellt wurde. Seine Pupillen wanderten von links nach rechts und bestätigten seinen Verdacht, dass er sich in einem alten, großen Bauernhaus befinden musste. Wie bei vielen Gütern üblich, hatte man auch hier die Schweine, Ziegen und Kühe gemeinsam mit den Menschen in einem Raum ruhen lassen, wie er an den großen Gattern unschwer erkennen konnte. Doch das alles musste einige Monate her sein, da der Geruch der Tiere bereits nachgelassen hatte: das Gut musste, warum auch immer, derzeit verlassen sein.
Leif lag in einem Bett, dass mit Stroh ausgelegt war und man hatte ihm eine Decke umgelegt.
Er vernahm eine ungläubige Stimme: „Er wird wach… Das kann doch gar nicht sein!“ Sein Blick wanderte in die Richtung der Sprechenden und erkannte das rothaarige Mädchen, das den Namen Ryanne trug. Zu ihrer Linken saß Matthias, der bei ihren Worten, die Hand von Leifs Arm nahm, auf einer Kiste. Ganz offensichtlich war er es gewesen, der die Wunden hatte verschließen können. Seine Augenbrauen verengten sich kurz fragend, dann nickte er in Ryannes Richtung. „In diesen Nächten scheint mir manchmal nichts unmöglich…“
Die junge Frau erhob sich rasch. „Ich gehe nach draußen und berichte den anderen! Vielleicht verschwindet der Gargyle endlich wenn er mit unserem Clansbruder sprechen konnte. Der Koloss ist mir nach wie vor unheimlich.“ Sie verschwand in den Schatten.
Matthias sah Leif an und schwieg abwartend.
Der Heiler brauchte einen Moment um sich zu sammeln. Er war noch am Leben und offenbar hatten sie es geschafft. Dieser Gedanke erfreute ihn nur für einen Moment bevor die Scham versagt zu haben über ihn wusch wie eine Welle, die ihm die Sinne raubte. Er schloss für einen Moment die Augen um sich einen kleinen Moment des Friedens zu erlauben, einen Moment, der nur ihm gehörte und in welchem er niemandem der Männer und Frauen in die Augen schauen musste, die er im Stich gelassen hatte. Er öffnete die Augen wieder und setzte sich auf. Dem Gespräch, das er gerade belauscht hatte nach, konnten sie noch nicht weit gekommen sein. Das er wieder wach war, war unmöglich. Er schaute Matthias an, auch wenn es ihn einiges an Kraft kostete nicht dem Blick seines Clansbruders auszuweichen. „Wo sind wir? Was ist geschehen? Wer…wer hat überlebt.“ Die Frage nach Trajan blieb unausgesprochen, denn er glaubte nicht, dass der alte Krieger diese letzte Schlacht überlebt hatte. Nicht nach allem was er in seinen letzten Momenten gesehen hatte.
Ein Lächeln huschte über die Züge des Kriegers. „Es tut gut, zu sehen, dass ihr wieder erwacht seid. Dass ihr nicht vernichtet wurdet!“ Er schien die Worte absolut ernst zu meinen und klopfte Leif nach kurzem Zögern, ob er soweit gehen konnte, auf die Schulter. „Wir hatten Erfolg! Euer Ablenkungsmanöver war in voller Länge ein Erfolg. Die Wachen, die beim Gefangenentrakt zurückblieben waren so abgelenkt, dass es fast ein Leichtes war, einzudringen. Ohne euer Feuer wäre das nie gelungen. Ihr habt den harten, aussichtslosen Kampf überstanden… Ich ebenso, auch wenn es mich einen Arm und das halbe rechte Bein gekostet hat.“ Er verzog schmerzhaft das Gesicht, bewegte dann jedoch, wie um sich selbst zu beweisen, dass er wieder geheilt war, die Finger seiner Hände. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass ihr noch in dieser Nacht wieder erwachen würdet, aber wieder einmal wurde ich überrascht.“ Er zögerte einen Moment, dann sprach er die Worte aus. „Trajan hat im Burghof gesagt, dass er euch Blut gegeben hat, das mächtiger ist als das seine… Das erklärt eure rasche Genesung… Und auch die meinige in den Hallen des Salubris Gabriel, nicht wahr? Blut mächtiger als das von Ithuriel… Es gibt nicht viele Salubri auf die das zutrifft…“ Er zog die eigene kleine Phiole mit Trajans Blut hervor und legte sie sacht neben das Bett auf einen Beistelltisch. „Dieses Geheimnis ist bei mir sicher, Leif.“ Er hob die Hand zum Schwur.
Leif ging nicht weiter auf die Worte seines Clansbruders ein. Er war noch immer zu verwirrt und orientierungslos ob der neuen Situation. Vor einem Moment waren sie noch von Hexenmeistern umgeben und jetzt war alles anders…Er stieg vom Bett auf und wollte schon in Richtung Tür gehen, bevor er sich eines Besseren besann. „Trajan ist vernichtet, oder?“ Die Worte laut auszusprechen hatten eine gewisse Endgültigkeit, die nicht in die bescheidene Behausung passen wollte in der sie sich gerade befanden.
Matthias schwieg einen Moment. Die Worte, das war Leif bewusst, schienen ihm nicht leicht zu fallen. Er zögerte. „Setzt euch bitte, Leif. Das ist kein Gespräch, das man zwischen Tür und Angel führen sollte.“ Der Krieger wartete ab, knetete dann die Knöchel der Linken mit den Fingern. „Ithuriel… oder Trajan wie ihr ihn nennt… Er hat sich für diesen Weg entschieden.“ Er suchte nach Worten um zu erklären. „Trajan war ein Suchender. Er hat nach Golconda geforscht und den Weg dahin gefunden. Jemanden wie ihn kann man nicht so ohne weiteres vernichten.“ Matthias massierte nach wie vor die verschwitzen Finger. „Allerdings hat er seine kainitische Existenz geopfert um die Macht der Usurpatoren zurück schleudern zu können.“ Seine Pupillen suchten in Leifs Gesicht nach einer Regung. „Trajan wusste, dass das geschehen würde und er hat sich dafür entschieden. Ich wollte das nicht wahrhaben als in der Festung er zu uns gesprochen hat, aber irgendwie habe ich es bereits damals geahnt… Er existiert weiter.“ Matthias sah auf die Phiole mit der roten Flüssigkeit, die seine seltsamen Worte zu bestätigen schien. „Ich weiß nicht, in wieweit ihr bewandert seid im Wandern der Seele, aber für diejenigen, die ihm vertraut sind, findet sich ein Weg zu ihm.“
Er nahm die Einladung sich zu setzten an und nickte nur leicht, als Matthias ihn über das Geschehene ins Bild setzte. Auch er hatte etwas in dieser Art geahnt. „Er wusste was kommen würde, da mein Erzeuger ihm dieses Schicksal prophezeit hatte.“ Leif ließ den Teil aus, der besagte dass Trajan sein Ende finden würde sobald er ihn traf. Das gehörte hier nicht her und brachte keinen Mehrwert für ihr Gespräch. „Ich weiß nicht was Ithuriel tun wollte, oder meinte tun zu müssen. Dennoch hat er uns mit seinem Opfer wohl alle gerettet, und das ist etwas, was zumindest ich ihm nicht vergessen werde.“ Leif suchte den Blick seines Clansbruders. „Dennoch muss ich auch sagen, dass ich nie in der Lage war eine besondere Verbindung zur esoterischen Seite unseres Clans aufzubauen. Visionen, Träume, Prophezeiungen und Geistreisen hatte ich schon genug für eintausend weitere Jahre des Unlebens.“ Er nickte nur kurz mit dem Kopf und schaute auf die Phiole mit Blut auf dem Nachttisch. „Ich hatte eine mehr als schwierige Beziehung zu meinem Erzeuger, einer die auf nicht erfüllten Erwartungen und Enttäuschungen beruhte…“ Leif schwieg für einen Moment bevor er mit leiserer Stimme fortfuhr. „…Die Spiritualität unseres Clans hat mir nie sonderlich gelegen und ich glaube auch nicht, dass ich je einen Zugang zu diesem Teil unseres Erbes finden werde. Ich weiß nicht einmal ob ich das überhaut will, wenn ich ganz ehrlich bin.“
Matthias hörte Leif aufmerksam zu als er von Trajan und seinem Erzeuger sprach, nickte ab und an zustimmend. „Auch Trajan war… ist kein Spiritualist. Im Gegensatz zu vielen unseres Clans wie eurem Erzeuger, Achmet, dem Meister der Träume, oder Gabriel, der sich in seinen düsteren Prophezeiungen zu verlieren scheint, hat er diese Seiten unseres Clans nur dann in Anspruch genommen oder ausgebaut, wenn sie ihm für seine Ziele nützlich erschienen. Und sein Zeil war der Schutz und die Sicherheit unserer Leute, unseres Clans.“ Er seufzte kurz und stieß die Luft aus. „Den Pfad des Animawandels vermögen viele Clans zu finden, aber er ist schwer zu erlernen… Das Aufsuchen eines Einzelnen, der sich darin aufhält, ist einfacher als die gesamten unbekannten Pfade zu beschreiten. Wenn Ihr wollt, kann ich es euch zeigen…“ Er schwieg wieder einen Moment bevor er fortfuhr. „Trajan wollte, dass sein Werk fortgeführt wird, auch wenn er nicht mehr in der sterblichen Welt zu wandern vermag… Dass wir Salubri einander zur Seite stehen, dass wir uns nicht hilflos in unser Schicksal ergeben, dass wir kämpfen…“
Leif lehnte sich ein Stück nach vorne und lächelte Matthias zum ersten Mal seit seinem Erwachen ehrlich zu. Er griff nach seiner Schulter und nickte. „Genau deshalb müsst ihr das Erbe von Trajan, der für euch Ithuriel ist, in die Welt tragen. Es reicht nicht dieses Wissen zu bewahren und wegzuschließen.“ Der Nordmann schüttelte mit dem Kopf. „Es muss erhalten und an andere unseres Blutes weitergegeben werden. Ich hatte nur für einen kurzen Moment die Ehre, ein wenig mit Ithuriel zu verbringen, aber auch ich habe in dieser Zeit verstanden, dass sein Weg und seine Botschaft für unser Überleben wichtig sind.“ Leif schloss für einen Moment die Augen. „Auch ich will kämpfen, werde immer kämpfen, mein Freund, aber ich glaube ich habe schon zu viele Grenzen überschritten. Die Rache und der Hass auf die Hexer werden mir immer im Weg stehen. Die Botschaft, die Worte und Erinnerungen Ithuriels – sie wären bei mir nicht in guten Händen.“ Leif schaute auf den jungen Krieger, der ihm wie er fand ein wenig ähnlich sah. „Ich glaube, das war es was ihr impliziert habt, oder täusche ich mich Bruder?“
Matthias verlor sich für einen Moment in Gedanken. Hier ging es nicht darum, was ihm richtig erschien, sondern um das, was Trajan gewollt hatte, für sinnvoll erachtet hatte. Seine Stimme war fest als er weiter sprach: „Trajan hat euch für würdig gehalten. Seine Worte waren mehr als eindeutig… Er hat euch vertraut.“ Der Krieger suchte einen Moment nach der Erinnerung, dann wiederholte er die ungefähren Worte seines alten Meisters. „Ihr seid in der Lage die Mitglieder unseres Clans zu schützen. Wenn ihr gemeinsam vorgeht, dann wird kein Hexer mit herkömmlichen Mitteln mehr in der Lage sein uns zu foltern, unsere Geheimnisse zu stehlen und uns zu enttarnen. Keiner wird mehr die Geheimnisse seines Bruders verraten. Wenn einer von euch ausbildet, der andere prüft und abwiegt, dann wird euch kein Fehler unterlaufen. Ihr beide seid Clansbrüder, die zu mehr berufen sind als dazu sich zu verstecken und zu fliehen. Du, Matthias, verfügst über Geduld und Weisheit, und wirst ein großartiger Lehrmeister werden.“ Er sah zu Leif. „Ihr verfügt über einen klaren Geist und einen wachen Verstand, hinterfragt und prüft bevor ihr urteilst. Euer Urteil ist eines, das Gewicht hat.“
Er blickte erneut ernst zu Leif. „Ich weiß noch nicht, welche Macht Trajan euch in die Hände gelegt hat, aber sie wird verhindern, dass man uns unter Folter das Geheimnis unserer Identität und die unserer Clansbrüder rauben kann. Ich schätze, er wollte, dass ich Kainiten unseres Clans ausbilde und ihr überprüft ob sie würdig sind, die Kraft zu erhalten um dazu fähig zu sein… Es hat mit dem Blut zu tun, nehme ich an, oder?“
Leif nickte, seufzte aber hörbar. „Ich glaube, jetzt solltet ihr euch setzten.“ Die Tatsache, dass der Salubri bereits auf einem der einfachen Stühle Platz gefunden hatte, zeigte, dass die Aufforderung lediglich rhetorischer Natur war. „Das Blut von dem Trajan gesprochen hat ist…“ Er berichtigte sich einen kurzen Moment später. „…besser war das Blut Saulots.“ Leif ließ seinem Clansbruder einen kurzen Moment um die Information zu verdauen. „Ein Tropfen des Vorsintflutlichen um die unseren vor Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden in den Kriegen der Baali zu stärken und zu leiten.“ Seine Stimme war beinahe ein Flüstern, ein Hauch der das Geheimnis beschützen sollte. „Wenig von diesem Blut hat bis heute überlebt, vielleicht war das sogar der einzige Tropfen…bis…bis ich ihn benutzt habe um euch zu heilen.“ Die darauffolgende Stille war lang und Leif überlegte genau, wann es an der Zeit war weiterzusprechen. Er log, aber auch wenn Matthias mit ihnen aus Leuchtenberg geflohen war, lieber würde er sterben als einem Salubri, der ein Agent der Tremere sein könnte, mit diesem heiligen Wissen zu vertrauen. Er würde lieber alle Tode dieser Welt sterben, als die Vitae in den Händen der Hexer sehen zu müssen. Das Lächeln seiner ebenmäßigen Züge war ebenso falsch, wie der unterstützende Händedruck auf Matthias‘ Schulter. „Ihr seid jetzt diese Kraft, von der Trajan gesprochen hat. Deshalb musstet ihr diese verwirrenden Visionen erleben und nur deshalb war ich in der Lage euch zu heilen.“ Er senkte, vor allem um demütig zu erscheinen den Kopf. „Ich weiß nicht was all das bedeutet, Bruder.“
Der Salubri Krieger sah zu Leif hinüber. „Dann ist das Opfer, das ihr für meine Heilung erbracht habt um so vieles teurer einzuschätzen…“ Mit leiser Stimme, gedankenverloren, fügte er hinzu. „Ob es das wohl wert war?“ Das kurze humorlose Auflachen das folgte, unterstrich wie wenig Bedeutung er seiner eigenen Rettung im Vergleich zum Wohlergehen seines Clans beimaß.
Matthias griff zu seinem Waffengurt, den er auf dem Boden abgelegt hatte und begann ihn wieder anzulegen. „Draußen befinden sich unsere Leute und die clansfremden Kainiten, die aufgrund ihrer Unterstützung für uns Opfer der Usurpatoren wurden. Bis auf einen, den ein Schlag eines Gargyle zu Asche verwandelte, haben alle überlebt. Und dann ist da noch ein anderes Wesen dieses seltsamen Clans. Wenn wir sein seltsames Gebaren richtig interpretieren, will es dich sprechen… Wenn man das sprechen nennen kann.“ Er seufzte mit einer Mischung aus Abscheu und Mitleid. Dann erhob er sich und legte Leif die Hand auf die Schulter. „Unser Clan ist noch lange nicht vernichtet. Das konnten wir in der letzten Nacht beweisen. Und dennoch gibt es mehr zu tun als wir uns heute unter diesem Dach auszumalen vermögen. Unser Clan wird Unterstützung brauchen… Welcher Art diese Unterstützung sein mag, darüber vermag jeder für sich entscheiden.“ Er nickte, dann trat er zum Ausgang. „Macht euch fertig und kommt hinaus, wenn euch danach ist. „Hier auf diesem Gehöft sind wir für einige Stunden sicher.
Sa 13. Mai 2017, 13:56
Ein schwaches Lächeln huschte über die Züge des Salubri als Leif von Ithuriels Vision sprach. Es war offensichtlich, dass zumindest dieser Mann versuchen würde seinen Teil dazu beizutragen sie wahr werden zu lassen. Er gab Leif schließlich mit einem Nicken recht. „Die Welt würde vielleicht für uns alle ein sicherer Ort werden, gäbe es keine mächtigen Waffen und Artefakte, die dem Besitzer Kräfte verleihen, die zum Schaden anderer eingesetzt werden können. Leider tun uns unsere Feinde nicht den Gefallen sich diesem klugen Gedanken anzuschließen. Und wenn es wahre Meister gibt, wenn es um alte Relikte und Fähigkeiten geht, deren eigentliches Ausmaß und deren Konsequenzen niemand zu erfassen vermag, dann sind es wohl die Kinder der alten Magi, die sich dazu entschlossenen mittels eines Rituals unsterblich werden zu wollen.“ Seine strichförmigen Lippen verzogen sich zu einem fast ein wenig hämischen Lächeln. „Nach allem, was ich gehört habe, erhielten sie, zu ihrem Leidwesen, nicht ganz das, was sie sich gewünscht hatten. Und wir Salubri ein Problem mehr…“ Er seufzte. „Nun ja…“
E verließ das Gebäude und betrat einen großen lehmigen Platz, der zwischen den Gebäuden lag. Leif konnte, nachdem er ihm gefolgt war, drei Häuser erkennen, die halbkreisförmig darum gebaut waren. Bei einem davon, wohl einem Stall, war das Dach eingebrochen, beim anderen fehlte die Tür. In diesem Gehöft brannte ein Feuer und ein paar Männer und Frauen waren darum verteilt, versorgten einander und redeten leise. Drei Gestalten mit grimmig dreinblickenden Gesichtern waren vor dem Eingang positioniert, alle waren bewaffnet, einer hatte die Hand fest auf dem Griff seiner Waffe, jeden Moment bereit zum Zug. Auch Ryanne stand mit verschränkten Armen bei ihnen als würde sie die Geflohenen im Inneren verteidigen wollen.
Dann erkannte Leif die Ursache: In einigen Metern Entfernung stand oder saß, so eindeutig war das bei der seltsam breiten Gestalt im Dunkeln nicht auszumachen, ein grauer Koloss. Auf den zweiten Blick waren die Umrisse der Gargyle zu erkennen, die sich dazu entschieden hatte, nicht in den Kampf einzugreifen und schließlich Leonhardt in der Luft zerrissen hatte. Das Ungetüm verharrte reglos wie der Stein, dem er so ähnlich sah und nur das Wandern der Augen zeigte, dass er mehr als eine Statue war.
Ryanne kam auf Leif und Matthias zu ohne die Gargyle aus den Augen zu lassen. „Wir konnten ihn nicht daran hindern mitzukommen. Wenn ich seine rauen Worte richtig vernommen habe, will er mit euch sprechen.“ Sie sah zu Leif, wandte sich dann aber an Matthias und griff nach seinem Arm. Der Blick ihrer dunklen Augen war eindringlich. „Wir müssen diese Gargyle loswerden. Wir alle wissen doch, dass diese Kreaturen die Haus- und Hofhunde ihrer Herren sind. Wir können nie sicher gehen, dass sich dieses…“ Sie verzichtete darauf weiter nach einem Wort zu suchen. „… er nicht bei der erstbesten Gelegenheit dem Ruf seiner Meister folgt, wieder zu ihnen zurück fliegt und uns ans Messer liefert.“
Matthias schwieg bei ihren Worten, sah dann schließlich zu Leif. Immerhin war er derjenige, nach dem die Gargyle verlangt hatte.