Vampire: Die Maskerade

Medwick lehte sich an einen der tief liegenden Äste der alten Apfelbäume und stöhnte leise vor Anstrengung und Schmerz. Dieser Moment gab Alida genügend Zeit den Mann mit Auspex anzusehen. Er war ein ehemaliger Ghul der offenbar alles Blut in sich verbrannt hatte da die Färbung seiner Aura leicht zwischen der eines Ghuls und eines Menschen lag. Medwick wirkte entschlossen, hatte aber auch Angst und darüber hinaus breitete langsam aber sicher in den Farben seiner Aura stille Verzweiflung aus. Wie Tinte im Wasser verbreiteten sich die schwarz-violetten Schlieren in den Farben. Er hustete und so konnte die Tzimisce auch sehen, dass seine Aura ganz leicht flackerte und blasser wurde. Nicht fahler wie bei einem Kainiten, sondern so als würde ein Kaminfeuer Stück für Stück verlöschen. Er sprach schließlich angestrengt, aber klar. "Unser Schiff von Antwerpen wurde kurz nachdem wir den Hafen verlassen haben angegriffen und in Brand gesteckt. Es war eine Falle. Eine Falle von jemandem der nicht will, dass irgendjemand aus Brügge den Sol Invictus erreicht." Medwick richtete sich langsam wieder gerade auf. "Ich wurde vom Feuer und unserem Angreifer verwundet. Charlotte und ich konnten uns auf das Festland retten und unter aller Heimlichkeit nach einiger Zeit ein neues Schiff auftreiben. Leider hat all das viel Zeit gekostet und meine Wunden haben sich auf der Reise entzündet. Charlotte selbst befindet sich noch in Canterbury um eine Frau namens Lucita zu finden. Aber sie hat mich vorangeschickt euch umgehend Bericht zu erstatten, wenn ich euch den finden kann." Medwick schien erleichtert seine Geschichte endlich erzählt zu haben, bevor ihr etwas einfiel. Leif hatte ihr einmal erzählt, dass er Charlotte nie die Fähigkeiten des Valeren beigebracht hatte um deren drittes Auge nicht zu wecken. Es war eine Vorsichtsmaßnahme vor der Verfolgung der Tremere die wie in diesem speziellen Fall einen nicht zu geringen Preis hatte. Leif hatte lange gebraucht um Alida als letzem Mitglied des großen Rates von seinem Kind zu erzählen, ebenso wie es ihn starke Überwindung gekostet hatte ihr bezüglich solch anderer interner Clansanglegenheiten zu vertrauen, aber die einzige Alternative wären immer mehr Lügen und Geheimnisse. Lügen und Geheimnisse die eine Zusammenarbeit zum Wohle Brügges und ihrer aller Domäne nur irgendwann schwierig oder gar unmöglich machen würden, je mehr Jahre und Jahrzehnte ins Land strichen.

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Alida betrachtete den Ghul. Es kostete sie einige Mühe nicht sofort stützend zur Seite zu springen oder ganz offen ihre kainitischen Fähigkeiten anzubieten. Er mühte sich ab seine Pflicht zu erfüllen und ihr Bericht zu erstatten auch wenn es ihn seine Gesundheit und vielleicht sein Leben kostete. Er war ein Ghul, sollte eigentlich in der Lage sein, sich selbst zu heilen, aber die Wunden waren wohl zu schlimm, vielleicht auch für ihn schwer heilbar, und sein Blutvorrat erschöpft. Sie überlegte wie sie bei ihren anderen Verbündeten und deren Ghule vorgehen würde und ihre Antwort war eindeutig. Sie wartete, dass Medwick seinen Bericht fertig stellen konnte und erzählte, dass sie Lucita bereits begegnet war. Sie erkundigte sich bei ihm wann Charlotte in London eintreffen würde.
Erst als er endgültig zum Ende gekommen war, fragte sie ihn schließlich. „Ich sehe, dass ihr fast am Ende eurer Kräfte seid. Ich denke, ihr wisst, dass ich in der Lage wäre euch zu helfen?“

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Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri

"Charlotte wollte nach London aufbrechen, sobald sie Lucita gefunden hat. Aber sollte ihr das nicht gelingen, wird sie spätestens morgen zum Sol Invictus hier sein." Medwick lächelte schwach. "Ich danke euch für euer Angebot, aber diese Brandwunden brauchen zu viel Blut und vor allem Zeit um zu heilen und wir sind nicht in der Situation diese Vitae zu verschwenden, wenn nicht klar ist ob ich diese Zeit überhaupt habe." Der Ghul war tapfer und loyal, aber Alida hörte wie schwer ihm diese Worte fielen. Feuer. Neben Sonnenlicht der Bann ihrer untoten Existenz, aber die Flammen die selbst ihr so gefährlich werden konnten hatten eine ebenso zerstörerische Wirkung auf die Physis von Ghulen und Sterblichen. Medwick hustete angestrengt. "Seid vorsichtig. Morgen wird etwas passieren das kann ich in meinen Knochen spüren, ganz so als würde ich einen guten Handel abschließen. Wenn ihr hier Verbündete habt, dann schart sie um euch aber entscheidet genau wem ihr vertraut. Irgendjemand spielt hier ein falsches Spiel und die Figuren auf dem Brett sind für den finalen Schlag aufgestellt."

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Alida sog tief die Luft ein. Der Süße Duft nach Äpfeln erschien ihr hier so falsch und deplatziert wie süßes Parfüm bei einer Beerdigung. Sie suchte krampfhaft nach einer Lösung für dieses Problem. Zunächst musste sie sich, soweit sie konnte, um Medwick kümmern, dann konnte er, falls es ihm noch möglich wäre, die restlichen Dinge berichten, die er wusste. Sie sah ihm fest in die Augen. „Vita ist nie an diejenigen verschwendet, die uns wichtig sind. Ich bin mir sicher, dass Charlotte das ähnlich sehen würde. Alles andere klingt nach einigen meiner Verwandten im Osten und die muss man sich nicht zu oft in dieser Hinsicht zum Vorbild nehmen.“ Sie schmunzelte ihm aufmunternd zu. „Da Charlotte nicht hier ist, nehmt meine Vita an! Sie würde es mit Sicherheit nicht gerne sehen, wenn es euch, ihrem treuen Gefolgsmann, schlechter und schlechter gehen würde.“ Sie vermied es ihm mit Worten über 'Tod' zu belasten.

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Tiefe Dankbarkeit zeigte sich in den Zügen des Ghuls als er Alidas Worte hörte. Er verbeugte sich schwerfällig. "Habt Dank Alida van de Burse. Ihr seid großherzig und gütig. Ich danke euch für eure Hilfe." Wind machte sich auf und fegte durch die die nahen Äste und Zweige und erfüllte die Luft mit einem steten Rascheln. Alida hörte von weitem eine Stimme die sie als die von Baroness Seren erkannte. "Alida van de Burse? Seid ihr hier?" Die Tzimisce wusste, dass sie nicht mehr viel Zeit hatte. Die Feierlichkeiten ihres Gastgebers nährten sich dem Ende und auch das erste zarte Blau am Osthimmel kündigte den baldigen Sonnenaufgang an.

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Alida wollte schon anheben Medwick zu antworten als sie die Stimme der Malkavianerin vernahm. „Wartet einen Augenblick hier auf mich. Es wird nicht lang dauern“, sagte sie zu dem ehemals rothaarigen Engländer und trat ein paar Schritte auf Seren zu. „Das bin ich in der Tat.“

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Alida fand ihren Weg aus dem Hain und sah das die Malkavianerin schon auf sie wartete. "Da seid ihr ja." Ein Lächeln umspielte Serens Lippen. "Ich weiß diese Zusammenkünfte können zuweilen etwas anstrengend sein. All diese Stimmen im Kopf sorgen für so viel Ablenkung." Die Blicke der Baroness wanderten zwischen Alida und dem Anwesen hin und her. "Ihr solltet euren Spaziergang bald beenden. Baron Hugh ist dabei seine kleine Zusammenkunft zu beenden und die Kutschen beginnen vorzufahren. Wenn ihr Hilfe braucht lasst es mich wissen, ansonsten verabschiede ich mich für heute. Die morgige Nacht wird noch genügend Gelegenheit für Aufregung geben."

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Alida benötigte einen Moment zum Nachdenken, der ihr eigentlich nicht blieb. Sollte sie die Malkavianerin in die Verschwörungspläne einweihen? Es hatte bisher keinen Hinweis gegeben, dass sie nicht vertrauenswürdig war und sie schien Mitras gegenüber loyal zu sein. Sie sah sich um, dass niemand sie belauschen konnte und trat dann näher an Seren heran. „Ich habe soeben Hinweise erhalten, dass für morgen ein kainitisches Attentat auf den obersten Herrscher, Mitras, ausgeführt werden soll, dessen Ursprung nach Brügge zeigen wird um so seinen Zorn nach Flandern zu richten. Diese Informationen sind bedenklich. Wahrscheinlich wäre es gut, Mitras selbst davon in Kenntnis zu setzen.“

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Die Malkavianerin schien zuerst gefasst, ganz so als hätte sie diese Information bereits gehört oder vermutet. Allerdings veränderte sich diese Haltung sofort, als Alida über die Verbindung zu Flandern und Brügge sprach. Serens Stimme hatte alle verspielte Freundlichkeit verloren und war gepresst. "Shh! Sprecht nicht zu laut über solche Dinge. Nicht hier. Man weiß nie wer sonst noch zuhört." Die Baroness schaute sich um bevor sie weitersprach. "Habt ihr irgendwelche Beweise?" Ihr Tonfall war nicht anklagend, im Gegenteil sie wirkte sogar hoffnungsvoll. "Hört zu Alida van de Burse. Es gab bereits ein Attentat auf Lord Mithras. Zugegeben es war schlampig geplant, aber dennoch ein Angriff auf den hohen Monarchen der Baronien von Avalon. Eine Tat die Konsequenzen haben muss. Trotz dieser unglaublichen Dreistigkeit haben wir noch immer keine Beweise wer hinter all dem steckt." Die Rothaarige seufzte dennoch auch ein wenig erleichtert. "Aber vielleicht haben wir endlich einen Hinweis bezüglich des Motives."

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„Soweit mir bekannt, gibt es auch diesmal keine Hinweise.“ Sie war sich sicher, wenn Medwick etwas gehört hätte, dann hätte er es ihr mitgeteilt. Dennoch würde sie ihn noch einmal diesbezüglich befragen. Alida sah Seren an. „Gab es beim letzten Mal keinen kleinsten Hinweis? Vor allem, wenn wir nun wissen, dass es Informationen geben wird, die nach Flandern deuten... Gäste aus Gent, Antwerpen oder Brügge? Diener aus Flandern?“

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