Vampire: Die Maskerade

Leif hörte sich Alidas Ausführungen geduldig an, ja er schien nicht einmal überrascht. Dann nickte er nur einmal kurz. "Ich glaube ich weiß worauf du anspielen könntest." Er zeigte zu einem der Fenster durch die man in den Innenhof sehen konnte und zog den Vorhang aus einfachen grauen Stoff beiseite. "Aber zu mir einen Gefallen und schau es dir selbst an. Die verfügst über die Kräfte des Auspex. Schau dir den Jungen bitte einmal an, oder besser gesagt seine Aura. Das mag uns helfen das Geheimnis aufzuklären."

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- Do not go gentle into that good night. Rage, rage against the dying of the light. -

Alida konzentrierte sich auf die Aura von Karl-Christian und sie spürte bereits, dass es ihr nicht gelungen war diese zu lesen. Plötzlich war da aber doch etwas; es war als würde die Aura selbst auf den Versuch gelesen zu werden reagieren und sprang der Tzimisce nun allem Fehlschlag zum Trotz in die Augen. Die Aura des Jungen hatte die blasse Schattierung eines Kainiten, doch war das noch nicht einmal das auffälligste. Zusätzlich dazu pulsierte sie in reinstem weiß und schien keine andere Farbe in sich zu tragen, eben wie eine frisch gefallene und unberührte Schneedecke.
Überrascht und ungläubig legte sich Alidas Stirn in Falten. Sie blickte zu Leif und schüttelte den Kopf. „Das macht keinen Sinn. Hast du eine Erklärung dafür? So was schon mal gesehen?“ Sie kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe. „Außerdem erklärt es nicht die Befürchtungen von Alyssa und Hendrik, denn beide verstehen sich nicht auf das Auralesen…“

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Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri

“Das was du siehst Alida ist weder die blasse Aura eines Kainiten, noch weiße Farbe im eigentlichen Sinne. Es ist ehr die Abwesenheit von Farbe.” Leif ging zu einem Schrank und holte ein in löchriges Tuch eingewickeltes Packet hervor. Zum Vorschein kam aber nur grob gebackenes Brot das er begann mit einem Messer in kleinere Teile zu zerschneiden. “Es hat eine Weile gedauert bis ich eine Erklärung dafür gefunden hatte. Eine solche ‘unfertige’ Aura bedeutet mehr oder weniger das sich die Rolle ihres Trägers noch nicht erfüllt hat. Er mag entweder ein großer Held oder Schurke des gleichen Kalibers werden.” Leif legte das Brot in eine einfache Holzschale. “Ich habe beschlossen das ganze nicht weiter zu beachten und lediglich dafür zu sorgen, dass er eine gute Ausbildung bekommt. Aber Alyssa weiß davon. Balduin hat es ihr erzählt und er hatte ihr verboten darüber zu reden, auch wenn ich denke das sie es dir sagen wollte. Zumindest muss sie irgendwas dieser Art gesagt haben. Aber das wird nicht der einzige Grund sein wieso Alyssa so reagiert hat. Die beiden hatten einen Streit. Einen recht heftigen sogar. Karl wollte unbedingt wissen, wieso seine Tante seinen Vater so sehr ignorierte. Ich vermute da ist er ein wenig ausfallend geworden.” Leif seufzte. “Er ist recht impulsiv und darüber hinaus sehr beschützend wenn es um seinen Vater geht. Da hat Alyssa ihm dann auch gestanden, dass Balduin als möglicher Erzeuger für Hendrik in Betracht kommt und beide trennten sich danach mehr oder weniger im Streit.” Leif breitete die Arme aus. “Du siehst also es steckt nicht allzu viel dahinter, abgesehen von verletzten Gefühlen, zumindest soweit ich weiß.”

“Was Hendrik angeht...er ist ein Kind. Karl war ein wenig besessen von der Wahrheit die er erfahren hatte und der Möglichkeit das es sich bei ihm um seinen Halbrüder handelte. Ich wollte ihn stoppen, aber er hat nicht gehört und wollte mehr über den Jungen herausfinden und wenn immer er in Brügge war beobachtete er Hendrik. Ich vermute er hat sich dabei weniger geschickt angestellt als er dachte und Hendrik hat mitbekommen, dass Karl ihn verfolgt was ihn dann verständlicherweise verunsichert hat.” Leif schaute Alida an. “Das ist zumindest was ich weiß. Wenn noch etwas anderes dahinter steckt, dann habe ich davon leider keine Kenntnis.”

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Alida lehnte sich gegen den Fensterrahmen und sah noch ein Mal in die Richtung des braunhaarigen jungen Mannes. „Eine schwere Bürde für ihn und eine schwere für dich, denn der Junge war sein ganzes Leben lang bei dir und du hast deinen Anteil an seiner Erziehung gehabt…“ Sie schwieg einen Augenblick gedankenverloren. „Er trägt vielleicht den Nachnamen meiner Familie aber er ist dein Nachfahre und ich wünsche ihm und dir, dass sich alles für euch zum Guten wenden wird. Versteh mich bitte nicht falsch, aber ich bin fast froh, dass Balduin sich damals anders entschied und Karl-Christian nicht zu meinen engsten Vertrauten zählt und ich sein Schicksal nicht mit ihm tragen muss, denn ich fürchte mich fast ein wenig vor dem, was euch vielleicht bevor stehen wird.“ Sie sah Leif nachdenklich an.

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“Ich verstehe sehr gut was du meinst. Wir werden sehen welchen Einfluss das Alles auf sein Leben haben wird. Vielleicht gar keinen, vielleicht eine Menge. Die Frage ist ja auch immer noch was definiert einen Helden oder Schurken? ich vermute Bischof Martin hat eine ganz andere Vorstellung von beiden Begriffen als du oder auch ich. Im Grunde mache ich mir aber wenig Gedanken, was auch daran liegt, dass ich seine Erziehung in weit fähigere Hände als die meinen gelegt habe. Balduin, Brunhild und auch Catherina waren gute Vorbilder für den Jungen. Er wird in jedem Falle seinen eigenen Weg gehen, egal ob er mein Blut oder den Namen deiner Familie trägt. Im Übrigen hat er doch mehr von euch als du vielleicht denkst. Er ist aufgrund seiner Begabung in Mathematik und Zinsrechnung ein Laienmitglied des Templerordens geworden die er als einer der wenigen in diesen Breiten versteht. Alyssa hat ihm diese Dinge glaube ich beigebracht. Bald wird nun im Auftrag des Ordens ins heilige Land reisen. Wir werden sehen was die Zukunft danach bringt.” Leif setzte sich auf einen der Stühle der unter seinem Gewicht knarrte. “Wir alle haben unsere Prüfungen, das kommt glaube ich mit Alter und Unsterblichkeit und der ausgedehnten Zeitspanne die wir auf dieser Erde weilen, sowie unserem übernatürlichen Blut. Schau dir Lilliana die mit Maries Fertigkeiten umgehen muss, oder dich selbst und Hendrik. Am Ende können wir auch nur tun was wir für gut und möglich halten um ihnen zu helfen auch wenn wir es nicht übertreiben dürfen, denn ich denke inzwischen das jeder seine eigenen Erfahrungen machen muss mit dem Los das ihm das Schicksal zugeteilt hat. Es ist gefährlich wenn die Sterblichen um uns zu sehr von uns abhängig werden, zumindest ist das inzwischen meine Überzeugung.”

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Alida drehte sich in Richtung des Heilers. „Ja, wahrscheinlich…“ Sie sah zur Tür. „Ich denke, ich sollte gehen. Ich möchte nicht, dass sich Karl-Christian zu einem Gespräch mit mir gedrängt fühlt. Die ganze Geschichte mit Alyssa, Balduin, Hendrik… Das war für alle genug.“ Sie erhob sich. „Danke, dass du Zeit hattest und mir meine Fragen beantworten konntest.“

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"Jederzeit wieder. Aber ich denke du hast recht. Es ist einmal wieder eine ganze Menge geschehen." Er erhob sich wieder. "Ich wünsche dir auch noch eine gute Nacht Alida." Leif begleitete seinen Gast noch zur Tür. Bevor er diese jedoch schloss grinste er ihr noch einmal zu. "Wir sehen uns sicherlich bald wieder, immerhin habe ich ja noch ein Buch bei dir offen." Mit einen Schmunzeln schloss er schließlich die Tür hinter ihr.

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