So 27. Dez 2015, 22:05
Gespräch mit dem Herrn der CamarqueLilliana stand nachdem Lucien sie mit seinen letzten Worten stehen gelassen hatte, für einen Moment lang mit leicht gesenktem Kopf vor der Tür des Hexers, ehe sie entschlossenen den Blick wieder erhob. Sie schritt zurück in den Saal der Madame Borluut um zu sehen, ob die Gastgeberin noch anwesend war.
Lilliana fand den Besprechungsraum leer vor. Weder von Leif noch von der Gastgeberin Margarethe war etwas zu sehen. Nur ein Diener, der begonnen hatte den Raum auszufegen, hielt bei ihrem Anblick inne und senkte beschämt und demütig das Haupt.
"Bitte, nein, senke nicht dein Haupt. Diese Form der Ehre haben wir, die wir die Gäste deiner Herrin waren, nicht verdient." Lilliana blieb in der Tür stehen und wartete einen kurzen Moment ehe sie fortfuhr. "Sofern deine Herrin Zeit findet, möchte ich die Gelegenheit nutzen um mich in aller Form bei ihr zu entschuldigen. Bitte richte ihr mein Anliegen aus und wir werden zu unserem Wort stehen. "
Er nickte ohne sie anzublicken. „Ich werde ihr ausrichten, dass ihr ein Gespräch mit ihr sucht. Sobald sie wieder zu sprechen ist, werde ich einen Boten zu euch schicken lassen. Euer Diener ist Michel von hohenstein, nicht wahr?“
"Michel von Hohenstein, das ist korrekt." sie nickte ihm noch einmal zu und machte sich dann auf den Weg in Richtung des Gasthauses in dem sie und ihr Ghul sich einquartiert hatten.
Lilliana hielt sich nicht lange am Gasthaus auf. Sie schaute nur kurz nach ihrem Ghul, sah aber das er friedlich am Schlafen war und beschloss ihn nicht zu wecken. Sie wusste nicht wer von ihren Begleitern aus Brügge, ob Leif oder Lucien, ihr gefolgt war,aber noch hatte sie einen gewissen Vorsprung. Sie ließ Michel eine Nachricht auf dem Nachtkasten zurück in der stand, wo er sie finden könnte. Dann ließ sie Tarbas und die mitgebrachte Stute fertig machen, während sie in der Zeit die Chance ergriff sich etwas frisch zu machen und die Bekleidung zu wechseln. Sie nahm die leichte Lederrüstung ab und wählte ein … Kleid.
Dann machte sie sich auf den Weg.
Ein Diener des Wirtshauses bot ihr gegen ein kleines Entgelt an, sie direkt zum Palast des Ventrue zu bringen. Er selbst hatte ein altes Ross, dass sich nur mit Mühe durch die Straßen schleppte, bestiegen und berichtete während des Rittes von allen Sehenswürdigkeiten, an denen sie vorbei kamen. Gents Verteidigung, davon berichtete er stolz, bestand aus mehreren Mauerringen mit direkt davor gelagerten Kanälen. Um in das Zentrum der Stadt zu gelangen musste man drei solcher Verteidigungseinheiten überwinden. Dafür gab es mehrere Brücken mit Wachtürmen. Er führte Lilliana auch gleich über eine solche und zeigte auf das direkt danebengelegene Wasserschloss Grafensteen, den Herrschersitz der flandrischen Grafen.
Schließlich erreichten sie den Palast des Franzosen, der sich etwas außerhalb der Stadt befand.
Ganz eines Dieners würdig, kündigte ihr Begleiter sie an und verbeugte sich tief als er sein bescheidenes Entgelt entgegen nahm.
Lilliana wurde durch die weiten im Vergleich zu seinem ehemaligen Brügger Palast eher dunkel gehaltenen Gänge geführt. Schließlich schritten zwei Wachmänner mit der Toreador durch einen Flur, der in einer breiten Flügeltür endete. Bevor der Wachmann anklopfen konnte wurden die Türen bereits aufgestoßen und ein bekanntes Gesicht wurde von den an den Wänden befestigten Kerzen erleuchtet.
Man konnte die Freude erkenne, die sich auf seinen Zügen ausbreitete als er die dunkelblonde Brüggerin erblickte.
Er versank in einer tiefen Verbeugung und ergriff ihre Hand zu einem formvollendeten angedeuteten Handkuss.
„Lilliana. Viele Jahre sind seit unserem letzten Treffen vergangen…“ Er gab den Dienern eine abfällige Geste mit der Hand damit sie sich entfernten. Dann griff er wie selbstverständlich ihren Arm und führte sie ins Innere des Zimmers. „Darf ich?“
Er trat mit ihr gemeinsam an ein weites Fenster an dem sich wie zur Begrüßung der Toreador wunderschöne Eisblumen gebildet hatten und hieß sie höflich sich in einen roten, weich gepolsterten Sessel setzen. Dann nahm er ihr gegenüber Platz und sah sie lang und mit strahlendem Lächeln an.
Lilliana ließ sowohl die Stute als auch Tarbas in den Händen der Diener von Jaques, wobei sie ihrem Pferd noch einmal sanft über die Schulter streichelte und klopfte. Bezüglich der Stute unterrichtete sie einen der anwesenden Stallknechte, dass diese ein Geschenk für seinen Herrn wäre und von Tarbas ihrem schwarzen Hengst gedeckt worden war.
Ihre Begrüßung mit Jaques fiel so warm aus, wie sie es konnte. Man sah ihr an, dass auch sie sich über das Wiedersehen mit ihm gefreut hatte, wobei ein trauriger Blick in ihren Augen zurückblieb, während sie in die Referenz zur Begrüßung versank und ihm dann ihre Hand für den Handkuss reicht. "Viel Zeit ist vergangen, doch in unserer Zeitspanne nicht mehr als ein Wimpernschlag." damit ließ sie sich von ihm an das Fenster führen und geriet beim Anblick der Eisblumen in die Verzückung. "so rein, so wunderschön, so unschuldig." wisperte Lilliana, als könnten ihre Worte allein die Schönheit des Momentes zerstören.
Die Blumen schienen zu wachsen, sich dem Mondlicht entgegen zu strecken. Etwas so Schönes, Zerbrechliches… ein Zeichen des Zeit, der menschliches Existenz… nur ein Wimpernschlag bis die Sonne des nächsten Morgens sie wieder zerstören würde.
Aus weiter Ferne drang eine Stimme zu ihr und eine starke Hand berührte ihre Finger.
„Lilliana? Ist alles in Ordnung mit euch?“
Lilliana spürte im Nebel die Berührung an ihrer Hand, doch noch immer war ihr Blick auf das Bild vor ihr gerichtet. "etwas vergängliches und einzigartiges, man kann es nicht erhalten, selbst wir nicht." wisperte sie erneut.
Sie spürte wie jemand sacht nach ihrem Kinn griff und ihr Gesicht vorsichtig drehte. Sie blickte in die blauen Augen des blonden Mannes nur wenige Zoll von ihrem entfernt. „Lilliana? Es sind nur Eisblumen… In einer Nacht wie dieser gibt es Wichtigeres…“ Er sah sie intensiv an. „Und Schöneres als dieses Gespinst aus Wasser.“
Er konnte sehen wie sich ihr Blick klärte und ihre rechte Hand kurz ihrem Kopf näherte und dann wieder sank. So intensiv wie heute Abend war es jahrzehntelang nicht mehr gewesen. Sie schloss kurz ihre Augen, öffnete sie wieder und ein gehauchtes "Danke" entkam ihren Lippen, während dessen sie ihm weiter in die Augen sah.
Er lehnte sich wieder in seinem Sessel zurück. „Ich hatte gehofft euch schon gestern empfangen zu können. Diese Stadt ist derzeit alles andere als ein Ort an dem eine Edeldame wie ihr sich aufhalten sollte. Verzeiht meine Einladung aber zu dem Zeitpunkt als ich sie schrieb, konnte ich noch nicht ahnen welche Ausmaße all dies entwickeln würde. Gent… die zweitgrößte Stadt der westlichen Welt…“ Er schüttelte den Kopf und blickte sie wieder fest an. „Ist es euch gut ergangen?“
Lilliana beugte sich aus dem Sessel, in den sie sich vor wenigen Sekunden hineingesetzt und die Beine überkreuzt hatte etwas weiter vor. "Ich konnte direkt aufbrechen, ansonsten hätte ich euch noch einen Boten geschickt, nachdem ich wahrscheinlich nur einen bisher kleinen Teil der derzeitigen Ausmaße kennenlernen durfte. Bisher beschränken sich diese jedoch in großen Teilen nur auf die kainitische Welt. Bis heute." sie brach kurz den Blickkontakt, ehe sie ihn wieder aufnahm. "Jaques." sie setzte an und machte aber eine Pause, während sie ihre Wörter sortierte. "Es liegt an mir euch um Verzeihung zu bitten. Ihr habt Brügge helfen wollen, als es nach dem Krieg am Boden lag. Ich hab eure Arbeit nicht ausreichend gewürdigt, weil ich die Methoden, die ihr dazu eingesetzt habt nicht gut zu heißen vermag. Und dennoch hegt ihr keinen Groll gegen mich, nachdem ihr aus Brügge verschwunden seid, sondern empfangt mich mit offenen Armen Jaques de Camarque, ganz eures hohen Standes würdig." Sie zeigte ihm ein warmes Lächeln, während dessen sie sich aus dem Sessel erhob. "Es war ein Fehler meinerseits an ein Ratssystem zu glauben, den Spiegel dieser Entscheidung bekomme ich hier in Gent wieder vorgehalten." sie drehte sich zu ihm um. "Handlung ist geboten, ihr seid in Gefahr, wegen eurer Person, aber auch wegen eures Clans Jaques de Camarque."
Er schüttelte den Kopf. „Es gibt nichts zu verzeihen, Lilliana. Ihr habt an das Ratsystem geglaubt und vielleicht mag dereinst eine Zeit kommen in der Menschen selbst edel und frei sind, es keine Kriege und Zwistigkeiten gibt. Aber bis dahin ist es unsere Aufgabe zu führen, zu richten und zu lenken. Zum Wohle der Sterblichen und der Kainiten. Bevor sie sich gegenseitig zerfleischen“ Er nickte ihr zu. „Ja, ihr habt Recht. Handlung ist geboten.“
Sie setzte sich wieder in den Sessel und lehnte sich erneut zurück, während dessen sie ihm zuhörte und bei seinen Ausführungen ernst nickte, zum ersten Mal an diesem Abend aber der traurige Blick aus ihren Augen verschwindet. "Ihr wisst sicher, dass der Sheriff dieser Stadt und Mitglied eures Clans unschuldig im Kerker sitzt. Das Dokument, das ihn weder be- noch entlastet liegt sicher verwahrt und er erwartet die Ankunft von Carminus aus Deutschland."
Jaques sah sie ernst an. „Er ist ein Mitglied meines Clans. Ich schätze, dass er unschuldig ist und dass die Beweise bald eintreffen werden. Es wird sicher nicht mehr allzu lange dauern bis all dies beendet ist. Er wird, so hoffe ich, auf unserer Seite stehen, wenn dieses lächerliche Ratssystem beendet ist.“
"Ich kann nicht für ihn sprechen, aber genau wie ihr ist er bereit für seine Ehre einzutreten. Das Ratsystem, welches hier herrscht ist spätestens seit heute Nacht ausgehebelt worden, weswegen Handlung vonnöten ist. Madame Borluut ist mit der Situation überfordert und hat bereits nach Hilfe verlangt. Die Menschen ahnen noch nichts davon, jedoch..." Lilliana hielt den Blick des Ventrue. "Der Kuss, der einen Menschen in unsere Welt führt, sollte niemals leichtfertig gegeben werden nur um eine größere Brut zu errichten."
„Absolut. Diese Nosferatu brauchen eine starke Hand, die sie führt, ihnen zeigt, wo sie hingehören. Wir werden uns der Sache annehmen, wenn es soweit sein wird.“ Hoffnungsvoll griff er nach ihrer Hand. „Lilliana? Ich habe schon damals in Brügge darauf gehofft, dass ihr die Stadt mitführen werdet. Ich würde mich unsagbar glücklich schätzen, wenn ihr den Posten der Primogen der Toreador annehmen würdet, wenn die Zeit gekommen ist.“
Es war dieser Moment der Stille, der alles bedeuten konnte. Ablehnung, Annahme, Enttäuschung, Überraschung. Doch dann endlich erlöste die Lilliana den Ventrue und umschloss seine Hand mit der ihren und schenkte ihm ein reines, warmes Lächeln und nickte ihm zu.
„Damit erfüllt ihr mir meinen größten Wunsch.“ Er beugte sich kurz zu ihr hinunter. Seine kalten Lippen berührten unmerklich die ihren, deuteten einen Kuss an. Dann sah er sie wieder eindringlich an. „Ich möchte, dass ihr euch solange es in diesen Straßen so gefährlich ist besser aus allem raus haltet.“ Er sah nach draußen, schüttelte den Kopf. „Wirklich kein Ort für eine Dame. Wollt ihr nicht bis wieder Frieden eingekehrt ist hier bei mir verweilen? Ich werde für alles sorgen nach dem euch verlangt sofern es in meiner Macht steht.“
Lilliana erstarrte etwas und schien hin und her gerissen seinen Kuss zu erwidern, doch in ihrem Inneren fühlte sie einen deutlich sichtbaren Zeigefinger und ein Bild von Will Adale tauchte vor ihren Augen auf und sie atmete ein wenig aus, während sie seinen Blick hielt. "Eure Sorge um mich Jaques ist ehrbar, doch habe ich diese Stadt nicht alleine betreten. Der Hilferuf der Madame Bourlout erklang laut und zwei weitere Brügger sind ihm gefolgt. Zwei Personen..."sie schloss die Augen. "Lucien Sabatier, unser Sheriff und Leif Thorson, unser Heiler. Sie beide...sie beide haben Scheuklappen auf, was euch betrifft und sehen in euch ein großes Unheil." Lilliana blickte ihn dabei ernst an und legte die linke Hand an seine Wange. "Ich nehme gerne euer Angebot an, wenn die Zeit des Friedens gekommen ist eine Weile bei euch hier in Gent zu verweilen, jedoch muss ich heute Nacht wieder fort. Zum einen würde es mir keine Ruhe lassen zu wissen, dass Menschen in diesen Nächten von den Nosferatu verwandelt werden und gleichzeitig ein Hexer dieser Stadt schadet. Ich stehe zu meinem Wort, dass ich Madam Bourlout Hilfe angeboten habe und meine Fähigkeiten können nützlich sein die Brut aufzuspüren. Zum anderen Jaques." Lilliana brach auch weiterhin nicht den Blickkontakt zum Ventrue. "sind die Tage des Friedens noch nicht erreicht und bis sie das sind, ist mein Platz nicht hier, sondern bei den Leuten, die meine Führung benötigen, damit sie nicht die falschen Schlüsse ziehen und am Ende euer Kopf rollt."
Jaques lachte amüsiert auf. „Mein Kopf sollte rollen? Durch den Kappadozianer und euer Tier? Seid unbesorgt. Das wird nicht geschehen. Ich bin hier um die rechtmäßige Ordnung wieder herzustellen und ich habe genug Verbündete“ Er schenkte ihr ein gutmütiges Lächeln. „Eure Sorge rührt mich dennoch zutiefst. Ich werde dafür sorgen, dass die Tage des Friedens schneller kommen als wir uns vorzustellen wagen “ Er küsste ihre Hände. „Dennoch behagt mir der Gedanke nicht euch in die Nacht zu entlassen.“ Er sah sie fest an und seufzte. „Erinnert ihr euch an diesen englischen Gesetzlosen? Diesen Ravnos? Auf ihn wurde eine Blutjagd ausgerufen und ich hoffe, dass es nicht mehr allzu lange dauern wird bis wir ihn fassen und vernichten werden, aber bisher strolcht er noch immer durch die Gassen dieser Stadt, verbirgt sich in ihren Schatten. Er hatte damals eine ungesunde Faszination für euch entwickelt, daran erinnre ich mich gut.“ Er erhob sich, ging ein paar Meter und griff in eine Schublade. „Das hier hat er verloren als er floh. Ich weiß, es ist das eure und ihr hängt sehr daran.“ Jaques legte zärtlich ein silbernes Medaillon in ihre Handfläche.
Das Lächeln, das sie ihm eben noch geschenkt hatte wich einem zunächst ungläubigen Blick, der dann durch eine neutrale Miene ersetzt wurde. Sie nahm das Medaillon, welches er ihr in die Handfläche gelegt hatte und betrachtete es für einen Moment länger, während dessen Emotionen auf sie einprasselten, die begannen sie aufzuwühlen. Es war der Innere Zeigefinger, der sich erneut aus ihren Tiefen erhob und sie wiederum lehrte. Lilliana schloss die Hände liebevoll und sanft um das Medaillon und ihre Miene drückte ihm wie schon zuvor Dankbarkeit aus. "In der Tat ist dieses Medaillon wertvoll für mich und so hoffe ich euch auch eine kleine Freude zu bereiten mit einem Geschenk, das ich bereits euren Dienern im Stall gab. Eine Stute aus meiner Zucht, die bereits tragend ist mit einem Fohlen meines Pferdes Tarbas. Ich denke ihr werdet an beiden Freude empfinden Jaques."
Er sah sie erfreut an. „Welch königliches Geschenk, da bin ich mir sicher. Ich werde gegen Ende der Nacht die Stallungen ansehen und mir das prachtvolle Geschöpf ansehen.“ Wieder drückte er eindringlich ihre Hände. „Seid vorsichtig, wenn ihr des Nachts durch die Straßen wandelt. Versprecht mir das. Es ist nicht sicher da draußen: Nosferatu, Ravnos, aufgewühlte Bürger, die Kontore anzünden und dann dieser Markt auf dem sich erst recht alles Gesindel herum treibt…“ Er sah sie traurig an. „Lilliana. Es tut mir sehr leid, aber ich habe noch ein Treffen mit einem Mitglied des derzeitigen Rats geplant, das ich für unsere Ziele gewinnen möchte. Einen einflussreichen Malkavianer. Möchtest du mich vielleicht begleiten?“
"Ich verspreche euch, dass ich auf meine Person aufpasse, ebenso wie mein Auge auf allen anderen Kainiten dieser Stadt ruht. Im Gegenzug versprecht mir Vorsicht walten zu lassen, wenn ihr das Ratsmitglied empfangt? Ich kann euch dorthin nicht begleiten, aber Madame Bourlout hat beunruhigende Sachen über die anderen Ratsmitglieder geäußert. In der Tat herrscht in dieser Stadt bereits das Chaos auf der kainitischen Ebene, wie ich es bereits erwähnte Jaques und es benötigt nur einen Funken um das Chaos sich weiter ausbreiten zu lassen." Sie entzog ihm vorsichtig die Hände und glitt in die Abschiedsreferenz.
„Lilliana, ich…“ Ein dröhnendes Pochen an der Tür ließ ihn inne halten. Er sah sie entschuldigend an. „Verzeiht, meine Teuerste… Mein Besuch. Herein!“ Seine Stimme war fast ebenso volltönend wie das Pochen. Die Flügeltüren öffneten sich und ein Mann wurde, flankiert von zwei Wachen, durch die Tür geleitet. Jaques de Camarque erhob sich, reichte auch Lilliana die Hand, damit sie sich erheben konnte. Die Wachen blieben stehen doch statt es ihnen gleich zu tun, kam der schwarzhaarige Mann auf den Ventrue und die Toreador zu. Er machte eine nachlässige jedoch akkurate Verbeugung in die Richtung der Kainiten. Jaques deutete auf den breitschultrigen Mann. „Das, meine Teuerste ist Hermann von Grauenstein, ein Landsmann von euch. Herr von Grauenstein?“ Er deutete auf die dunkelblonde Toreador. „Das hier ist…“ Der Besucher kam ihm zuvor und schritt auf Lilliana zu und sah sie eindringlich an.
Er verschränkte die Finger in einer seltsamen Pose. „Lilliana von Erzhausen.“ Seine Stimme war dunkel und rau, und hatte den seltsamen Nachhall einer tiefen Glocke. Etwas in seiner Aura ließ die feinfühlige Toreador einen eiskalten Schauer über den Rücken jagen. „Es freut mich ungemein, euch endlich kennen zu lernen. Ihr seid eine Schönheit und man hat bereits viel von euch gehört.“ Auch er griff nach ihrer Hand und führte die Finger an seine eiskalten Lippen. Tief sog er den Duft ihrer Haut ein. „Gut…“
Lilliana wartete ohne ein weiteres Wort an der Seite von Jaques. Ganz kurzzeitig erwog sie sich schnell zu verabschieden, da war jedoch dieser Herr, dessen Gang sie bis zu ihr selbst mit einer leichten Spannung verfolgte bereits im Raum anwesend. Sie ging in die Referenz und entzog ihm danach die Hand nicht, wenngleich es sie leichte Mühe kostete und sie sich bemühte ein Lächeln auf ihre Lippen zu bringen. So warm und herzlich wie bei Jaque de Camarque wurde es jedoch nicht. "Herr von Grauenstein. Es freut mich einen Landsmann hier in Gent anzutreffen. Es ist interessant wohin uns die Wege des Herren führen." Lilliana nahm den Blick wieder zu Jaques de Camarque auf, während sie wartete, dass der fremde Herr nun auch dem Gastgeber seine Aufwartung machte. Es wurde für sie Zeit zu gehen und doch wollte ein kleiner Teil bleiben um mehr über diesen Landsmann zu erfahren, der von ihr schon in der Welt gehört hatte.
Der schwarzhaarige Mann hatte nur Augen für die Frau aus Deutschland. Noch immer hielt er ihre Hand, fuhr mit dem Daumen darüber als wollte er aus ihrer Haut lesen und fixierte sie mit seinen stahlgrauen Augen. Eine Iris wieder Himmel kurz vor einem alles erfrierenden Schneesturm. In seinen Zügen lag ein sanftes Lächeln. Sein Blick schien ebenfalls etwas in ihr zu suchen und Lilliana hatte das Gefühl, dass er ihr Innerstes nach außen kehrte, jedes einzelne ihrer Geheimnisse aus den tiefsten Tiefen hervorzerrte um es zu analysieren und zu skelettieren.
„Ja, mein Kind,. Die Wege Kains sind unergründlich und mitunter führt er das wieder zusammen, was zusammen gehört, nicht wahr?“ Er warte nun wieder die Höflichkeit, ließ ihre Hand los. Ein dunkler Schatten hatte sich über die Züge des Ventrue gelegt, der jedoch wieder verschwand als der Malkavianer sich nun ihm zuwandte. Es wird Zeit über Geschäftliches zu sprechen, mein teurer Jaques de Camarque.“ Er rieb sich die Hände.
Jaques sah sie erleichtert an, schien froh zu sein, dass die Aufmerksamkeit seines Besuchers nun wieder von ihr abgelenkt war. „So nehmt doch Platz.“ Er deutete auf die Polster und gab den beiden Wachen ein Zeichen Lilliana zu begleiten. Sein Blick war hart und der Ton seiner Stimme befehlsgewohnt. „Tragt dafür Sorge, dass sie heil in ihrer Herberge ankommt. Wenn ihr dabei versagt, zahlt ihr entsprechend.“ Beide Wachen nickten, griffen fester zu ihren Waffen. Jaques schenkte Lilliana noch ein sanftes entschuldigendes Lächeln, dann führten die Wachen sie hinaus. Lilliana spürte den scharfen durchdringenden Blick zweier Augen in ihrem Rücken, die durch ihre Kleider, ihre Haut, ihr Herz zu sehen schienen.