Mo 17. Apr 2017, 21:12
"Matthias ist in der Tat gesund und mit uns hier." Leif schaute zwischen den Gängen hin und her und begann sich in Bewegung zu setzten. Je schneller sie von diesem Turm fortkamen umso besser. "Ich weiß, ihr würdet ihn lieber in Sicherheit sehen, aber er ließ sich nicht davon abhalten, euch zu helfen und entgegen wahrscheinlich aller Klugheit, ging es mir genauso." Dicker Rauch füllte die dunklen Gänge aus denen sie gerade entkommen waren und in diesem Moment war es gut, dass keiner der beiden atmen musste. "Schicksale und Prophezeiung haben die eklige Angewohnheit jene zu verfolgen, die sich ihnen am meisten widersetzen wollen. Zumindest fange ich langsam an das zu glauben. Was das am Ende bedeuten mag, wissen wahrscheinlich nur die Götter. So oder so müssen wir weiter, denn allen Schicksalen zum Trotz habe ich heute nicht vor hier zu sterben."
Trajan lachte bei Leifs Bemerkung leise auf. „Nein, ihr habt nicht vor hier zu sterben, Leif. Es tut gut zu wissen, dass es unter uns solche gibt, die bereit sind zu kämpfen und für den anderen einzustehen… Wir sind noch lange nicht besieht. Das wird mir bei eurem Anblick klar.“ Er nickte, wie um sich selbst Mut zuzusprechen. „Das Problem mit Prophezeiungen ist, dass man ihren eigentlichen Inhalt oftmals falsch deuten mag, dass derjenige, der sie ausspricht selbst nicht versteht, wovon sie handeln… Genug davon.“ Er trat einen Schritt weiter auf den Hof. „Matthias und ihr, Leif, scheint den gleichen halsstarrigen Mut in euch zu haben. Wer sonst wäre bereit sich in das Herz von Leuchtenberg zu begeben?“ Er schmunzelte dem Heiler zu und ein zufriedenes Lächeln zuckte um seine Mundwinkel.
“Herz und Halsstarrigkeit scheinen manchmal Hand in Hand zu gehen oder einander zumindest sehr ähnlich zu sein.” Auch Leif lächelte schwach und versuchte sich auf dem Hof umzusehen. Sie durften keine Aufmerksamkeit erregen, mussten sich aber trotzdem schnell bewegen. Die Tremere waren gewarnt und ihre Zeit begann zu verrinnen.
Die beiden Salubri traten aus dem Schatten des Durchganges und in die Dunkelheit der rauchschwadenverhangenen Nacht. Mit raschen, doch leisen Schritten hasteten sie zum Südtrakt in dem die Gefangenen inhaftiert waren ohne dass jemand sie bemerkte. Trajan blieb schließlich hinter einem großen, mit Backsteinen beladenen Fuhrwerk, in der Nähe eines großen, eisenbeschlagenen Tores stehen. Er sah hinüber und schien verwirrt. „Das Tor ist normalerweise stets verschlossen… Niemand kommt dort hinein oder hinaus ohne dass ein Wächter den Zutritt gewährt.“ Er stockte einen Moment, dann deutete er auf drei Gestalten, die leblos zerstreut am Boden lagen. „Zwei Sterbliche und ein gepflockter kainitischer Wachmann.“
“Matthias muss sich bis hierher durchgeschlagen haben.” Leif versuchte die Gestalten zu erkennen und schaute sich zur gleichen Zeit nach den vermaledeiten Krähen um. “Wir haben uns getrennt nachdem wir eingedrungen sind.” Die Stimme des Salubri war nicht mehr als ein Flüstern. “Ich habe die Bibliothek angezündet um für Ablenkung zu sorgen und er wollte sich zu den Gefangenen durchschlagen. Wir sollten weiter vordringen. Ich bin mir beinahe sicher, dass er Hilfe braucht.”
Leif sah sich um. Nirgendwo waren die Krähen zu sehen. Ganz offensichtlich wurden sie vom beißenden Rauch vertrieben. Plötzlich konnte er vor sich in einiger Entfernung eine vage Bewegung ausmachen. Ganz offensichtlich schlich dort eine Person in der Schwärze eines Mauervorsprunges von Schatten zu Schatten.
Trajan nickte anerkennend in Leifs Richtung. „Ganz offensichtlich habt ihr beide mit der Durchführung eurer Ziele Erfolg gehabt.“ Er trat näher an die leblose Wachmannschaft heran, beugte sich zu einem herab und fühlte mit den Fingerspitzen an der Haut des Halses nach dem Puls. „Matthias… er war schon immer ein wahrer Meister darin Leute ins Reich des Schlafes zu schicken…“ Er erhob sich.
Leif griff nach dem warmen Arm seines Clansbruders und gebot ihm einzuhalten. Er zeigte mit seinem Kopf in Richtung des sich bewegenden Schattens. Die Kommunikation verlief non-verbal, aber der Nordmann hoffte, dass Trajan den Hinweis verstand. Trotzdem machte sich Leif nicht zu viele Sorgen, in diesem Moment des Schreckens. Ein Feind aus Leuchtenberg würde sicherlich kaum hier herumschleichen wie ein gemeiner Dieb. Im Gegenteil vielleicht war es ein Verbündeter für ihre Aufgabe oder sogar Matthias selbst.
Trajans Augen verengten sich wachsam. Dann konnte Leif, aufmerksam gemacht durch die Bewegung und durch seine übernatürlichen Fähigkeiten, erkennen, was dort vor sich ging. Er erblickte eine Gruppe von sieben menschlichen Umrissen, die so leise als möglich durch die Nacht schlichen. Ihr Ziel befand sich ganz offensichtlich im Westen
Leifs Stimme war nicht mehr als ein Hauch. "Wartet hier, Trajan." Dann begann er in Richtung der Schatten zu schleichen um sich zu vergewissern um wen es sich handelte. Er hoffte das es Matthias war, der die Kerker ausgeräumt hatte, aber man konnte nie vorsichtig genug sein. Nicht in einer Festung der verdammten Bluthexer.
Leif gelang es sich hinter der vorsichtigen Gruppe herzuschleichen. Kurz bevor er sich endgültig so nah herangewagt hatte, dass er etwas erkennen konnte, fuhr der hinterste der Gruppe mit einer rasenden Geschwindigkeit herum und Leif sah den blanken Stahl eines Schwertes vor sich aufblitzen. Die Gestalt hob an um endgültig zuzuschlagen, hielt aber noch im gleichen Bruchteil eines Wimpernschlages inne und erstarrte. „Leif?“ Der Nordmann erkannte die vertraute Stimme und in dem Moment in dem der hochgewachsene Krieger die Kapuze des grauen Umhanges zurückschlug, auch den Salubri selbst, der ihn erstaunt anstarrte: Matthias
„Ich dachte mir, dass ihr es seid, Matthias. Der Heiler legte die Hand auf die Schulter des Kriegers und nickte ihm aufmunternd zu. “Ich habe Trajan. Habt bei euch alles geklappt?” Leif versuchte zu erkennen, wer mit Matthias unterwegs war.
Matthias ergriff ebenfalls den Arm seines Clansbruders. „Leif?“ Er nickte erfreut über den Anblick des Kampfgefährten. „Dank eurer Ablenkung war es fast ein Leichtes die Wachen zu überwältigen. Ich konnte die Eingekerkerten befreien. Zwei jedoch müssen gestützt, zwei getragen werden… Die Folter und Gefangenschaft…“ Er schwieg, da es keiner weiteren Erklärungen bedurfte. Leif konnte im Dunkeln mehrere Frauen und Männer erspähen. Die meisten Gesichter waren ihm unbekannt. Eines jedoch gehörte Arminius, der einen leblosen Körper über den Schultern trug. Ein anderes war so entstellt, dass es kaum noch menschlich wirkte.
Eine junge Frau trat auf die beiden Männer zu und fixierte Leif zunächst feindlich. In ihren Händen hielt sie eine Streitkeule. Sie kam ihm bekannt vor und nach einer Sekunde erkannt er in ihr die Besitzerin des Gürtels, den er von Arminius erhalten hatte: Ryanne
Ihre Stimme hatte einen gälischen Akzent. „Matthias? Wer ist das?“
Er wiegelte ab. „Keine Zeit für Erklärungen… Ein Freund, der auf unserer Seite kämpft- einer von uns.“
Matthias Antwort schien ihr zu genügen. Sie streckte Leif den Arm hin. „Ryanne.“ Sie wartete die kurze Begrüßung ab. Dann wanderten ihre Augen zur Gruppe zurück um einem der Verletzten zu helfen.