So 19. Apr 2015, 13:36
Epilog Menschliches Leid und Wiederaufbau Der Krieg war vorbei und Volgar sowie auch nicht zuletzt Draga hatten das geerntet was sie gesät hatten. Brügge konnte sich mit vereinten Kräften gegen den Aggressor aus dem Osten behaupten und war wieder so sicher, wie man es nun einmal sein konnte, in Zeiten wie diesen. Dennoch war die Stadt noch lange Wochen und Monate erfüllt von schwermütiger Trauer und Gram ob der vielen Opfer, welcher dieser Krieg gefordert hatte. Kaum gab es eine Familie, die nicht einen geliebten Menschen verloren hatte. Da gab es die Frauen von Handwerkern und Stadtgardisten, die bittere Tränen vergossen und kleine Kinder, die sich verstört in die sichere Umarmung ihrer Großmütter pressten und nach ihrem Papa fragten, unfähig zu verstehen was in jener Nacht geschehen war. Junge Männer, viel zu jung für ihr Alter die ihren Onkel neben sich hatten fallen sehen und nun oftmals nicht nur physisch sondern auch psychisch gezeichnet waren und bleiben würden. Aber auch völlig unsinnig ermordete zivile Opfer gab es zu beklagen. Frauen die mutig zu Küchenmessern und Fleischerbeilen hatten greifen wollen als der General der Hölle ihnen auf dem Weg zum Stadtzentrum begegnet war und Säuglinge, die zu den wenigen, meistens selbst mit der Situation völlig überforderten Verwandten oder Bekannten gegeben worden waren.
Nicht nur die vielen Gefallenen und die allgemeine Verbitterung, machten der Stadt zu schaffen sondern auch die vielen Versehrten. Denn diejenigen, welche nicht in den zahlreichen Massengräbern am Totenacker beigesetzt wurden, hatten häufig verkrüppelnde Wunden und Verletzungen davon getragen, die es ihnen beinahe unmöglich machten weiter ihrem Handwerk nachzugehen. Da war ein Schmied, der die rechte Hand verloren hatte und gerade noch so das Fieber des Wundbrands überstanden hatte – mühsam und ungeschickt versuchte er als Ersatz die Linke zu verwenden, was ihm nur schwerlich glückte. Da war der Müllersbursche, ein kerniger, stattlicher Mann der ohne große Anstrengung schwere Mehlsäcke durch die engen Gassen geschleppt hatte und ob des Beines, das man ihm hatte abnehmen müssen, sich nur noch mit einer wackeligen Krücke durch die gepflasterten Gassen kämpfte. Selbst die fachkundige Medizin und liebevolle Fürsorge von Leif, Will und den Nonnen konnten in den Tagen und Wochen darauf, nicht jeden retten. Allzu oft hatten sich das Fieber und die Entzündungen durch den geschundenen Leib gefressen und jeden Lebenswillen getilgt. Leif war ein unsterblicher Kainit aber selbst er wusste, dass Gevatter Tod auf Dauer niemand überlisten konnte. Viele wanden angewidert und furchtsam den Blick ab, kämpften mit ihrem eigenen Leid und konnten oder wollten es einfach nicht mehr sehen. Und trotz allem…
Trotz all diesem schwerem Leid, den Spuren der Verwüstung und dem Geruch des allgegenwärtigen Todes, sah man die alten Mütterchen die zusammen mit ihren Enkelkindern die blutgetränkten Pflastersteine an den Orten der schrecklichsten Auseinandersetzungen mit dicken, drahtigen Bürsten schrubben und reinigen, bis unter der Blut- und Dreckkruste die einstigen blanken Steine der Straßen wieder sichtbar wurden. Männer wie Frauen schleppten angebrannte, abgebrochene und quer verstreute Balken und Trümmer durch die Gegend, luden sie auf von Ochsen gezogene Karren, die alles Verwertbare zu den Handwerkern der verschiedenen Zünfte brachten. Alles was nur irgendwie gebraucht werden konnte, wurde abgesägt, neu eingelassen, geschliffen, behauen und diente dem großen Wiederaufbau der sich unbeugsam und trotzig, der düsteren Schwermut entgegenstellte. Überall sah man Menschen, die sich gegenseitig unterstützten, Nahrungsmittel miteinander teilten und gemeinsam an ihrem Brügge arbeiteten. Die Weigerung der gewöhnlichen, sterblichen Brügger Bevölkerung ihre Stadt aufzugeben und die Energie und der Überlebenswillen der in den Monaten und Jahren nach der Belagerung, mit hämmerndem Werkzeug, knarrenden Sägen und geschäftigen Treiben zur Schau gestellt wurde, versetzte sogar den unmenschlichsten Kainiten in stummes, bewundernde Staunen. Menschen lebten keine Jahrhunderte und Jahrtausende lang, sie fochten keine unsterblichen Kriege und schlugen sich nicht mit den blutigen Intrigen der Clans herum. Menschen hatten nur dieses eine Leben und dafür kämpfte man auch in Brügge mit einem todesverachtenden Aufbäumen das seinesgleichen suchte. Niemand würde bei dem was man für dieses eine Leben, für diese eine Stadt geopfert hatte, aufgeben. Nicht umsonst hatte man sich vom Adel und den Ständen losgesagt, nicht umsonst blühte der Handel und machte Brügge zu einem der reichsten und wohlhabendsten Orte der Welt. Nicht zuletzt, galt es etwas anderes als nur goldene Münzen und edles Geschmeide zu verteidigen – man kämpfte und ertrug dies alles für seine Kinder und Kindeskinder; die Menschen die man liebte. Für ein Europa im Wandel.
In Flanders fields the poppies blow
Between the crosses, row on row,
That mark our place; and in the sky
The larks, still bravely singing, fly
Scarce heard amid the swords below.
We are the dead. Short days ago
We lived, felt dawn, saw sunset glow,
Loved, and were loved, and now we lie
In Flanders fields.
Take up our quarrel with the foe:
To you from failing hands we throw
The torch; be yours to hold it high.
If ye break faith with us who die
We shall not sleep, though poppies grow
In Flanders fields.
Sterbliche Politik und die Landkarte der Macht Der König ist tot – lang lebe der König. Balduin VI., der mit seinem Gefolge und Familie, als auch mit seinem rechtmäßigen, nunmehr aber als Bastard deklarierten Sohne, gleichen Namens in den 4. Kreuzzug gegen die Heiden gezogen war, fand sein Ende auf den Schlachtfeldern der Religionskriege anno 1205. Er war nicht nur der Anführer besagten Kreuzzuges gewesen sondern galt bis zu seinem Tode als der Begründer und Regent des Lateinischen Kaiserreiches. 1206 würde dieses Vermächtnis, an seinen Bruder Heinrich weitergegeben werden, nachdem Papst Innozenz III. dessen Vorgänger für tot erklärt hatte. Flandern war nunmehr zweitgeteilt – in einen französischen und einen flandrischen Teil. Die Regentschaft über das zerstrittene Reich übernahm in Folge Phillip I. von Namur, der versuchte zwischen den verfeindeten Parteien zu vermitteln aber schlussendlich erfolglos anno 1212 verstarb. Die Töchter von Balduin VI., Margarete und Johanna, waren damals noch minderjährig und somit unfähig die Geschicke des Landes zu leiten, übernahmen aber nach Phillips Tod, als Markgräfinnen der jeweiligen Teile die Herrschaft über Flandern. Ein blutiger und über Jahrzehnte andauernder flandrischer Erbfolgekrieg, waren die Folge.
Die Schlacht um das östliche Voivodat, sollte in die sterbliche Geschichte als einer der Versuche Frankreichs eingehen, das im Chaos der Kreuzzüge entstandene, kurzfristige Machtvakuum zu füllen und die Herrschaftsansprüche, direkt und ohne lange Umschweife, deutlich geltend zu machen ohne dabei aber direkt Flagge zu zeigen und das politische Gefüge zum Überkochen zu bringen. Dragas Drachenturm und der Angriff der Söldnerarmee, waren nunmehr teil eines kurzfristig unternommenen Eroberungsversuches, seitens des französischen Teils Flanderns geworden. Die Unterstützung der kleinen aber schlagkräftigen Rittertruppe, die somit eigentlich auf Seiten des Feindes gestanden hätte, ging in den Wirrungen der Geschichtsschreibung beinahe gänzlich verloren. Diejenigen, die sich noch erinnern konnten, sprachen von politischen Winkelzügen am französischen Hof während andere behaupteten, die Söldner hatten insgeheim Verrat begangen und vorgehabt zu plündern und zu brandschatzen, dementsprechend nicht zu erobern, was eine empfindliche Wertminderung für Frankreich dargestellt hätte. Eine zerstörte Stadt kann sich nicht verteidigen und würde mehr Unkosten verschlingen, als was das ganze Unterfangen eigentlich wert wäre.
Berichte vom General des Teufels und der schrecklichen Monster, die auf Brügger herabgeregnet waren konnten weder von den sterblichen Autoritäten Brügges, als von der kleinen direkt aus Rom entsandten päpstlichen Sonderkommission belegt werden. Die kleine Schar von Priestern, hatte lange mit der verängstigten Bevölkerung gesprochen und war aufgrund mangelnder Beweise, zu dem Entschluss gekommen, das die unsagbaren Gräuel und Monster, allesamt Hirngespinste gewesen sein mussten, die der Krieg in die verstörten und teilweise gebrochenen Geister der Menschen gepeitscht haben musste. Das Blutbad und die Söldner, als auch ihr General wurden scheinbar bis zur Unmenschlichkeit dämonisiert und Aussagen ob seines Aussehens wiedersprachen sich teilweise. Einmal war er ein monströser Koloss mit riesigem Schwert, dann wiederum war er von fliegenden Dämonen umgeben gewesen und anschließend mit den vier Reitern der Apokalypse durch das Südtor gebrochen. Da sich keine stichhaltigen Ansatzpunkte dafür finden ließen, keine Überreste oder Leichen gefunden werden konnten und nur der gepeinigte Geist einer malträtierten Bevölkerung übrig blieb, zog man ohne Ergebnisse wieder nach Rom. Papst Innonzenz III. nutze allerdings die Aussage, es hätten sich auch östliche, heidnische Truppen unter den Söldnerheeren des Feindes befunden, um den 4. Kreuzzug weiter zu legitimieren und die Krieger Gottes zu neuen Höhenflügen aufzupeitschen. Aus den Berichten seiner Priester formte er das Resümee, die gottlosen Ostlinge wären mit dem Teufel im Bunde gewesen und hätten nicht umsonst das ehrwürdige Nonnenkloster im Umkreis von Brügge in einen entweihten, blutbesudelten Ort verwandelt. Der Wahrung der Stille des Blutes, kamen also ironischerweise die Mahlwerke der Politik und Religion zu Hilfe, denn es war einfacher den nicht-französischen Söldnern dämonische, blasphemische Eigenschaften zuzusprechen und sie somit zu von Gott abgefallenen Monstern zu verdammen, als tatsächlich die Möglichkeit der Existenz eines Volgar einzugestehen. Zudem war die aktuelle politische Situation mit dem Tod von Balduin VI. einfach zu logisch nachvollzieh- und erklärbar.
Einzig und allein die Schriften und skizzenartigen Zeichnungen eines Gelehrten aus Brügge, mit dem Namen Hans Richard Geiger, ließen auf groteske Art und Weise erahnen, was hinter dem Schleier aus Lügen und Halbwahrheiten, wirklich vorgefallen sein musste. Das blasphemische Werk mit dem Titel „Der General des Teufels“, wurde von der Kirche konfisziert und in die Archive von Rom gebracht, wo man dem Mann schnell jede geistige Gesundheit absprach und ihn zu den prominentesten Opfern, wahnsinniger Umnachtung zählte. Erkundigungen ergaben, dass seine Frau als auch sein Sohn, in der Schlacht vom Feind vor seinen Augen, in Stücke gerissen worden sein mussten. Geiger wurde für wahnsinnig erklärt und durfte bis zu seinem Tode, in den tiefen Gewölben eines unbedeutenden Klosters sein Dasein fristen. Noch als er in den letzten Zügen lag, behauptete er sein Buch würde die reine Wahrheit enthalten. Lange Zeit jedoch, würde dieses Werk keinerlei Beachtung finden, denn erst 300 Jahre später, würde Dominik Kramer in Speyr, auch unter Zuhilfenahme von Geigers Schriften, das Malleus Maleficarum, den gefürchteten Hexenhammer verfassen.
Wirtschaft und Handel Krieg kurbelt die Wirtschaft an heißt es, unter der selbstverständlichen Prämisse, ein Land würde aufrüsten. Zu dieser Gelegenheit kam es für Brügge allerdings nie. Der Wiederaufbau, verschlang Unsummen und bedurfte großer handwerklicher Bemühungen und fachkundigen Händen, die entweder abgeschlagen oder einfach nicht vorhanden waren. Dennoch bekam Brügge auch von außerhalb tatkräftige als auch finanzielle Unterstützung. Die Markgräfin des flandrischen Teils, wandte große Summen auf um das Voranschreiten der Reparaturen zu beschleunigen und auch Gent und Antwerpen entsandte kundige Fachleute. Nicht zuletzt waren die teilweise entvölkerten Stadteile und leer stehenden Geschäfte und Betriebe ein Anreiz für viele, sich schlussendlich in Brügge niederzulassen und ihr Glück zu versuchen. Fleißige Hände und Wissen wurden überall in der Stadt gebraucht und viele Witwen heirateten auch einfach nur erneut, aus dem banalen Grund, ihre hungrigen Kinder versorgen zu können. In Brügge herrschte ein weiteres Mal Aufbruchsstimmung. Die unbekannten, neuen Gesichter in der Stadt mehrten sich denn in allen möglichen Bereichen, gab es mehr Arbeit als man ohne weiteres bewältigen konnte. Selbst der Handel, der zunächst bedrohlich eingeknickt war, da kaum Waren produziert und somit verschifft werden konnten, erholte sich stetig. Frische Arbeitskraft und neuer Tatendrang, füllten die Arbeitsplätze auf den Feldern und Schmieden, den Töpfereien und in den Handwerkszünften. Ganz selbstverständlich entwickelten sich mit neuen Menschen auch neue, kreative und vielversprechende Ideen und mancherorts wurden Abläufe und die Qualität von Produkten sogar weiter verbessert. Zwar musste man noch monatelang jede Münze zweimal umdrehen und konnte sich nur mühsam vom wässrigen Gemüsebrei am Mittagstisch ernähren aber es ging zunehmend bergauf. Die Kaufkraft und Innovation stieg und nicht zuletzt, weil der Handel in Brügge beinahe obligatorisch forciert wurde, konnte man bald schon an die vorrangegangen Erfolge anknüpfen. Brügge lebte vom steten, gewinnbringenden Handel sowie der sorgfältig geplanten Wirtschaft und als diese sich allmählich erholten, war beinahe ein allgemeines Aufatmen in den erneut geschäftigen Gassen und Straßen der Metropole zu vernehmen.
Kainitische PolitikFernab der alltäglichen Kriegs- und auch Friedenspolitik der Sterblichen, war die Schlacht um Brügge im Grunde einzig und allein ein kainitisches Unterfangen, welches aber trotz der Bereitschaft vieler unsterblicher Höfe der Nacht nunmehr auch offen gegen ihre Kontrahenten anzutreten, wohlweislich mit den Belangen der sterblichen vermischt wurde. Die schreckliche, schändliche Wahrheit warum Brügge derart leiden musste, blieb hinter dem eisernen Schweigen der Stille des Blutes verborgen und begraben; einzig den Unsterblichen in ihrer niemals endenden Existenz offenbar.
Nachdem Geoffrey du Temple, Prinz von Paris im Stillen seine Ränkespiele und politischen Einflüsse genutzt hatte, den Einfluss Dragas weiter überwachen und verfolgen zu lassen, kann davon ausgegangen werden, dass er bestens im Bilde über die drohende Katastrophe gewesen war. Nur dadurch erklärt sich, warum seine Armeen, die er den verzweifelten Brüggern, im Eintausch für einen Sitz im Rat der Madame Lavalle zur Seite stellen wollte, mehr als rechtzeitig zur Stelle waren als die Horden des Feindes an die Tore klopften. Es scheint demnach, dass die Höfe der Liebe durchaus ihre Augen und Ohren in und um Brügge aufgestellt hatten. Wie tief die Infiltration bereits vorangeschritten war, kann im Nachhinein niemand sagen aber es ist anzunehmen, dass sämtliche Kundschafter kurz vor der Schlacht flohen um das zu retten, was ihnen noch bedeutend mehr wert war als klingende Münzen - ihr Leben. Du Temple schien es lieber vorzuziehen aus der misslichen Lage der Stadt noch einen vermeintlichen Vorteil zu ziehen als hunderte Unschuldige rechtzeitig zu warnen. Es ging das Gerücht um, nachdem Brügge den Vorschlag von Paris abgelehnt hatte und dennoch rechtzeitig von Gent und einem Teil des französischen Heeres siegreich in der Schlacht unterstütz wurde, habe sich Geoffrey du Temple für über einen Monat lang in seinen Privatgemächern eingeschlossen und sämtliche Audienzen und Veranstaltungen abgesagt. Offensichtlich hatte er gehofft, das Brügge zerstört werden würde, wenn er es schon nicht besitzen konnte.
Kainiten und Höflinge, die dem Prinzen nahe standen sprachen im Flüsterton über zahlreiche Wutausbrüche und Schuldzuweisungen seitens des französischen Herrschers. Selbst Madame Lavalle war in dieser Zeit nicht beim Prinzen erwünscht; inwiefern sie in all diese politischen Strategien und Machenschaften verwickelt war, kann aber niemand mit Gewissheit sagen. Die gutaussehende, kühle Dame zog es vor sich wie üblich in eisernes Schweigen zu hüllen und war mittlerweile so hoch in der Gunst des nächtlichen Adels gestiegen, dass sie einen Teil der administrativen Tätigkeiten des Prinzen zusammen mit dem Seneschall notgedrungen übernahm. Besonders verbittert war der Regent über Etienne de Poitou, der zusammen mit ihm und anderen Fürsten, Baronen und Vasallen, das hilfreiche Heer gegen den Feind aufgestellt hatte und seinen Teil der abgesandten Truppen, in den Kampf schickte, obwohl der Oberbefehl bei Ablehnung des Vertrages, einen sofortigem Abzug vorsah. Die französische, nächtliche Innenpolitik blieb lange geprägt von diesen übergreifenden Spannungen und Anfeindungen, bis – so sagt man – Salianna persönlich die beiden Prinzen zur Ordnung gemahnte. Aber wie es bei den Kindern der Nacht so typisch ist: Eine solche Demütigung und Sabotage eines ausgeklügelten Plans mit weitreichenden Konsequenzen, bleibt niemals vergessen oder vergeben. Der vom Pariser Hof geächtete Etienne, ließ dem Rat von Brügge in einem offenen Brief, sein höchstes Bedauern und Mitgefühl ob der Situation übermitteln; gab aber auch zu verstehen dass er von den näheren Umständen vermutlich absichtlich in Unkenntnis gehalten wurde. Er selbst hätte von der Invasion erst erfahren, als Geoffrey bereits die Banner sammeln ließ. Des Weiteren erkundigte er sich höflich nach dem Zustand von Jaques de Camargue, den er ja vor so vielen Jahren dem Schutz und der Fürsorge Brügges überantwortet hatte. De Poitou wünschte seinen treuen Gefolgsmann, nach dieser langen Zeit und auch ob der noch anhaltenden, angespannten Situation in Flandern, wieder bei sich zu wissen und kündigte an, den Körper des Versehrten innerhalb eines Jahres wieder zurück in seine Domäne überführen zu wollen. Ob und wie gut der Franzose über die Lage in Ostflandern Bescheid gewusst hatte, wusste man nicht zu sagen aber böse Zungen behaupteten, er hätte noch eine Lebensschuld bei Jaques de Camargue offen gehabt, die er nunmehr getilgt und abgegolten sah. Sollte dies der Wahrheit entsprechen, dann wäre der modernde Leichnam, den Leif Thorson, tief in den Kellern des Krankenhauses für Jahre behütet und versorgt hatte, ohne das jemals jemand es ahnen hätte können, indirekt für die Rettung der Stadt verantwortlich.
Weiter nördlich, auf der anderen Seite des Kanals waren kaum Nachrichten oder Meldungen vorgedrungen. Es schien tatsächlich so, als habe sich England völlig aus den aktuellen Geschehnissen herausgehalten und es lieber vorgezogen, einen Drei-Fronten-Krieg zu vermeiden. Allein die Distanz und der logistische Aufwand, hätten es der Domäne ohnehin schwer gemacht aufs Festland zu übersetzen. Weder Glückwünsche noch Bedauern erreichten Brügge aus dem entfernten Norden aber ob diese Entwicklungen sich in Zukunft als günstig oder erschwerend, gar gefährlich herausstellen sollten, blieb hinter in den leise dahinkriechenden Nebelschwaden des Ärmelkanals verborgen. Zudem gestaltete sich eine kainitische Intervention von Seiten Englands, aufgrund der sterblichen, politischen Entwicklung in Flandern als äußert heikel. Vorerst konnte man sich also ein wenig sicherer vor dem zweiten, großen Kontrahenten der Domäne fühlen.
Das Städtebündnis, zwischen Gent und Antwerpen wurde eingehalten obgleich niemand damit gerechnet hätte, dass die verbündeten Truppen rechtzeitig erscheinen würden, geschah in jener Nacht ein kleines Wunder. Ein Wunder, das sich weder Margaretha Borluut von Gent, noch Cornelis Eisenarm, der die erst einen Tag später eintreffenden Antwerpener Truppen befehligte, sich recht erklären konnten. Für viele Menschen war dies, als auch der anhaltende Dauerregen der dem Feind den Vormarsch erschwerte und Brandherde löschte, ein Zeichen der Gnade Gottes- für die Kainiten der Stadt eine offensichtliche Intervention von außen, die nichts mit gar göttlichem Wirken zu tun hatte. Der oder die unbekannten Helfer, blieben im Verborgenen und gaben sich auch nicht zu erkennen, noch legten sie in irgendeiner Form, die Gründe für ihr Handeln dar. Gent und Antwerpen, halfen jedoch nicht nur mit reiner Truppenstärke sondern bemühten sich auch, die Ordnung innerhalb der Stadt aufrecht zu erhalten. Wenn ein Beutetier verletzt ist, kommt es nicht selten vor das die Aasgeier auch noch ein Stück abhaben wollen. Fast drei Monate, halfen die Soldaten des Städtebündnisses beim Wideraufbau und der Aufrechterhaltung der Sicherheit in Brügge, bevor sie wieder den langen Heimmarsch in ihre Domänen antraten. Margaretha und Cornelis hingegen blieben noch für einige Zeit länger in der näheren Umgebung der Stadt und dirigierten Hilfsgütertransporte, sowie andere wertvolle menschliche Ressourcen, die in diesen Zeiten der Not mehr als willkommen waren. Obgleich es ein Bündnis war, das vertraglich geregelt und als abgesichert galt, wusste Brügge, dass es tief in der Schuld von Gent, als auch Antwerpen stand. Blieb nur zu hoffen, dass die Gegenleistung die man eines Tages würde erbringen müssen, nicht bedeutende höher ausfallen würde.
Ostflandern wurde wieder in die Domäne Brügge eingegliedert und obgleich Draga nicht ungeschickt in ihrem Reich gewirtschaftet hatte, konnte sie naturgemäß nicht an die Erfolge von Brügge anknüpfen. Weitere Erkenntnisse, die aus den gefundenen Büchern und Aufzeichnungen gerettet werden konnten, bevor noch die euphorisch-siegreichen als auch wütenden Bürger und Soldaten die Drachenfeste niederbrannten, plünderten und schliffen, legten klar dar, das das Voivodat offensichtlich im Abstieg begriffen war. Draga war auf Dauer wohl tatsächlich keine andere Möglichkeit als eine direkte, unmittelbare Konfrontation geblieben. Umso mehr freuten sich die wiedervereinten Bauern und Leibeigenen, da sie in ihrer Niederlage, gleichzeitig auch einen wirtschaftlichen Neuanfang witterten, der vielversprechend klang. Brügge war eben immer noch eine der wohlhabendsten Städte jener Zeit.
Der Wald, die Felder und die ländliche, direkte Umgebung innerhalb Dragas Einflussgebiet, blieben jedoch weiter auf Jahre hin, dunkle, wenig einladende Orte, an denen sich schemenhaften Geistererscheinungen tummelten und trostlose, knorrigen Bäume ihre dünnen Äste in den wolkenverhangenen Himmel streckten. Die dort ansässigen Bauern, mussten doppelt so hart arbeiten um dem verfluchten Landstrich auch nur das kleinste bisschen Ernte abzuringen. Der Geist der Unholde, der sich tief in die Wurzeln und die Erde gegraben hatte, biss sich offenbar noch energisch an seinem einstigen Territorium fest und nur langsam versickerte die unheilige, böse Präsenz, die Ostflandern so lange dominiert hatte. Kaum jemand wagte sich in die Nähe des zerstörten Drachenturms, denn auch wenn man Volgar und seine Monster für den Rest der Welt als Hirngespinste abgetan hatte – für die Brügger, wohnten in den Ruinen des Voivodats, nach wie vor der Teufel und seine Lakaien. Die alte Festung Blenheim hingegen, wurden neu befestigt und diente forthin als Truppenübungsplatz und vorgeschobenes Lager der Brügger Freiwilligenheere. Dort übten die Wachen und Soldaten den Umgang mit Schwert und Schild, lernten den Pfeil ordentlich auf die Sehne zu legen und erprobten Schlachtformationen. Brügge würde nie ein stehendes Heer besitzen aber nichtsdestotrotz, würde man dafür Sorge tragen, das es der Feind das nächste Mal noch um einiges schwerer haben würde.
Der eigentliche Osten, die Lande der Unholde und wahrhaftigen Voivoden, äußersten sich kein einziges Mal zur gescheiterten Belagerung als auch zum endgültigen Tode Hieronymus Volgars. Weder gab es zerknirschte, inbrünstige Racheschwüre noch konnten man je den Hauch einer allzu Tzimisce gefärbten, politischen Präsenz in den nachfolgenden Jahren verspüren. Es schien so als würden gerade die Ursurpartoren, die als die erklärten Feinde des Rats von Brügge galten, ein vortreffliches Schutzschild gegen die vermeintlichen Tyrannen des Ostens darstellen. Volgar als auch Brügge im Westen, waren offenkundig viel zu belanglos als das man den Blick noch eine Minute länger vom eigentlichen Feind in seinen eigenen Heimatlanden abwenden wollte. Der Drache hatte scheinbar bei Weitem wertvollere Beute erspäht, die es zu jagen galt.
Was noch gesagt werden musste… Griselda, die einst ihren Peinigern vom Clan Tremere entkommen war und fortan bei Gerrit in der sicheren Finsternis der Katakomben gelebt hatte, war zu dem Entschluss gekommen, die Brügger Kainiten zu verlassen. Dies hatte sie dem Rat unmittelbar nach dem Ender der Schlacht mitgeteilt. Ihre Gründe mochten vielschichtig und nachvollziehbar sein, nicht zuletzt aber war sie wohl aufgrund der Gesellschaft der Ihren, in andere Gefilde aufgebrochen. Victor, der etwas einsilbige, eindrucksvoll erscheinende Gargoyle, den sie auf ihren Erkundungsflügen nahe den Grenzen von Frankreich kennengelernt hatte, war ihr mit den Jahren ein vertrauter Gefährte geworden. Gemeinsam wollten sie nunmehr aus ihrer Zuflucht in den französischen Alpen, dem Gerüchten zufolge neu gegründeten Gildehaus in St. Germaine, das Leben schwer machen; womöglich noch mehr Sklaven der Tremere, die Flucht in die lange ersehnte Freiheit ermöglichen. Die Befreiung ihrer Brüder und Schwestern war Griselda im Grunde immer schon ein großes Anliegen gewesen und auch wenn sie den Rat als auch die Stadt selber, mit der Zeit kennen und schätzen gelernt hatte, bot sich hier eine direktere Möglichkeit auf die Geschicke ihrer Blutlinie Einfluss zu nehmen, zumal Victor angeblich weitere Gargylen kannte, die sie bei diesem Vorhaben unterstützen würden. Einige Wochen stand Griselda dem Rat noch als Kundschafterin und beflissene Helferin zur Seite, räumte Trümmer und Felsbrocken von beschädigten Straßen wenn die Nacht hereinbrach und versetzte fliehende Söldner, zusammen mit Victor, in Angst und Schrecken. Sie würde, so versprach sie, die Stadt regelmäßig besuchen wann immer sie die Zeit dafür aufbringen konnte und dankte allen Anwesenden für die bedingungslose Anerkennung und den wertschätzenden Respekt, welchen man ihr in Brügge zu Teil werden ließ.
Zur Beerdigung Joachim ohne Schwerts, eines der ersten Opfer dieses blutigen Krieges, waren zahlreiche Überlebende, Freunde sowie die Familie des Mannes erschienen. Auf der steinernen Grabplatte, hatte Josef das frisch geschliffene, polierte Schwert des Kameraden eingelassen. Eben jenes Schwert, das der Verblichene so häufig vergessen hatte und aufgrund dessen ihm die zweifelhafte Ehre seines Titels zu Teil wurde. Gerüchten zufolge, war der schwere, kunstvoll gearbeitete Eichensarg vom Hauptmann der Nachtwache, in zweiwöchiger Feinarbeit höchstpersönlich angefertigt worden. Der Hauptmann soll am Grab Joachims, die folgenden Worte gesprochen haben: „Er war vermutlich der schlechteste Wachmann, den Brügge jemals gesehen hat aber zugleich einer der großartigsten und mutigsten Menschen, die ich jemals kennenlernten durfte. Was ist wohl am Ender einer Nacht das, woran man sich erinnern wird? Ich habe für mich eine Antwort gefunden.“
Die verbliebene Wolfsbrigade, ganze drei Mann, hatte in einem von Gerrit initiierten Ritual der „Ritter der blauen Flamme“, von dessen Blut gekostet und somit den Status von vollwertigen Ghulen erlangt. Mit dem Eintreffen vieler neuer Menschen, Handwerker, Geschäftsleute und Familien in Brügge, würden sich alsbald neue geeignete Kandidaten für die Ehre einer Mitgliedschaft, der Hand aus dem Verborgenen ergeben. Vorläufig würde man sich erneut um die Kernkompetenzen, wenngleich auch in verminderter Stärke bemühen: Die Sicherheit und den Schutz der Stadt. Der Wolf ist ein schlaues Tier und lernt aus seinen Fehlern. Sir Aldur, dem Helden der mutigen Herzen, wurde eine steinerne, lebensgroße Statue gestiftet, die vom Stadtrat in Auftrag gegeben und vom berühmt gewordenen Bildhauer Alfred Bilderberg geschaffen wurde. Sie schmückt nach wie vor den Marktplatz von Brügge.
Caminus der Ventrue aus dem Heiligen römischen Reich, zog aus den Vorfällen rund um der Schlacht von Brügge seine Konsequenzen und quittierte seinen Dienst als Sheriff der Stadt; wollte aber nach wie vor als Vermittler, Berater, Botschafter und guter Freund der Domäne, mit seinem Kind in der Stadt verweilen. Das Amt des Sheriffs, ist ein politisches und gerade dieser Krieg hatte ihm klar gemacht, dass er als Sheriff im Grunde handlungsunfähig gewesen war. Er konnte nicht die Interessen der Lehen Deutschlands, als auch Flandern vertreten und würde nur ungern den Feinden der Stadt einen politischen Vorwand liefern um sein Heimatland in weitere Ränkespiele zu verstricken. Als möglichen Nachfolger, schlug er sein Kind Jan van Hauten vor, der bislang zwar offiziell als Kainit anerkannt war aber noch keinem nächtlichen Lehen die Treue geschworen hatte. Caminus war überzeugt davon, dass sein Kind zum Wohle aller handeln und einen exzellenten, auch politisch tragbaren, Sheriff abgeben würde.
Die Asche von Lillianas Doppelgängerin, die zu einem vollwertigen Kainit herangereift und von Lilliana von Erzhausen den Kuss erhalten hatte, wurde auf offener See verstreut. Man hatte sämtliche Asche, die man aus dem halb verbrannten Gebälk der Wachstube sammeln konnte, fein säuberlich in einer Urne verwahrt und für diese Zeremonie aufgehoben. Gewiss war es etwas unbefriedigend aber ein anständigeres Begräbnis konnte man ihr nicht angedeihen lassen, da sich wohl die Asche ihres Körpers mit dem der verbrannten Einrichtung vermischt hatte. Eine kleine bronzene Gedenktafel am Nordtor, das mittlerweile das „Erzhausenertor“ genannt wird, erinnert an die einstige Frau die Schild und Tarnung für ihre Erzeugerin darstellte, bevor sie schon nach kurzer Zeit ihres selbstständigen, eigenbestimmten Unlebens, ein Opfer des ewig währenden Dschihads wurde. Nachforschungen betreffend ihres plötzlichen Aufbruchs nach Brügge, verliefen bedauerlicherweise ins Leere aber es war offenkundig, dass man die noch junge Toreador von den Höfen der Liebe weggelockt und irgendwo zwischen Paris und der flandrischen Stadt gepflockt hatte. Die genauen Umständen blieben in beiden Domänen rätselhaft aber ein leiser, trauriger Verdacht nagte an den Gemütern des Rates: Was wenn der Assamit, der eigentlich den Auftrag hatte die wirkliche Lilliane zu ermorden, von Seiten seiner Auftraggeber nicht ausreichend informiert wurde und erst im Nachhinein feststellte, dass er nur das rein äußerlich idente Kind vor sich liegen hatte? Vielleicht hatte die Doppelgängerin ein letztes Mal, erfolgreich als Ablenkung und Schild ihrer unsterblichen Herrin gedient. Die Wahrheit würde man wohl nie erfahren.
Die zärtliche Zuneigung und Sympathie, die Jean und Marlene sich mit den Jahren immer entgegen gebracht hatten, war gewachsen und zu etwas noch viel Schönerem erblüht: Wahre Liebe. Marlene liebte den sturen, idealistischen und mutigen Mann, der Lucien äußerlich so aufs Haar glich und innerlich doch so verschieden war. Jean hingegen konnte nicht mehr ohne die teils forsche, teils rebellische aber auch kluge und entdeckerische Art von Marlene auskommen. Sie brauchten, sehnten und liebten sich mehr als sie je bereit gewesen waren, vor anderen oder sich selbst einzugestehen. Der Krieg hatte beiden in deutlicher Nachdrücklichkeit vermittelt, dass es nur dieses eine Leben zu leben gibt und dass jeder Moment darin kostbar ist. Ein Leben das sie nie wieder getrennt voneinander verbringen, sondern gemeinsam als Mann und Frau begehen wollten. Die eigentliche Hochzeitszeremonie musste allerdings noch warten, denn die Stadt und deren Wideraufbau hatten selbstverständlich Vorrang. Und so verging beinahe noch ein halbes Jahr, bis sie endlich gemeinsam vor den Altar traten und sich gegenseitig, im Beisein ihrer Freunde, Familien, Verwandten, Kameraden und Bekannten das Ja-Wort gaben. Es wurde ein ausgelassenes, berauschendes Fest und auch wenn die Tafel sich vielleicht nicht mehr ganz so unter der Last der köstlichen Speisen und Getränke bog, waren alle Hochzeitsgäste glücklich und zufrieden; ließen das Brautpaar hochleben und beglückwünschten die junge Liebe, die sich trotz aller Widrigkeiten, selbst durch den Krieg hindurch ihren Weg gebahnt hatte. Alidas Familie, die van de Burse, ließen im Zuge der Arbeiten in der Stadt ein Haus für die jungen Eheleute errichten, das genau den Wünschen und Bedürfnissen der beiden angepasst wurde. Groß, geräumig und mit genug Platz für den einen oder anderen Nachwuchs, der sich, so hoffte man ja, auch bald einstellen würde. Auch ganz nach den Wünschen der Familie, befand sich besagtes Gebäude direkt gegenüber Luciens Haus in der Stadt. Es war Alida die sich aus Sicherheitsgründen dafür eingesetzt hatte.
Zur Hochzeitsfeier am Tage in der restaurierten Kirche der Stadt, gesellte sich eine anschließende kleinere, nächtliche Feier, welche das Brautpaar für den Rat ausrichtete. Eingeladen waren selbstredend nur Kainiten und solche, die zu tief hinter den Schleier des Untodes geblickt hatten um noch als unwissend zu gelten. Es hatte einen ironischen Anstrich, zusammen mit Toten das Leben zu Feiern aber Gerrit trug einige uralte Glückwünsche zur Hochzeit auf Griechisch vor, während Lucien ein paar schiefe französische Wanderlieder sang. Leif und Brunhild erzählten abwechselnd von nordischen Mythen und Legenden während Lilliana den gesanglichen Teil des Abends, nach Luciens Einlage, doch noch zu retten vermochte. Alida las zum Abschluss einige Verse aus einem alten in Leder gebundenen Buch und zumindest die Ghule des Rates, konnten sich die aufgetragenen Leckereien schmecken lassen, wenngleich auch Lucien erneut erfolglos versuchte einen Humpen Bier zu leeren und mit Leif über die Vor- und Nachteile des Mets debattierte. Natürlich war es ein merkwürdiger, vielleicht sogar kurioser Abend aber er gehörte den lebenden und den toten Bewohnern Brügges gleichermaßen. Ein neues, noch leeres Kapitel in einem spannenden Buch, wurde aufgeschlagen.
Vittorio Giovanis sterbliche Überreste wurden nie gefunden. Als man mit den Aufräumarbeiten in Blenheim begann, fand man zwischen den aufgetürmten Mauerteilen nur bröckelnden Verputz und Schutt. Niemand sah den Kappadozianer und ehemaligen Kardinal jemals wieder, noch hatte man in den umliegenden Domänen je wieder etwas über seinen Verbleib in Erfahrung bringen können. So schnell der beinahe unbekannte Mann aus Brüssel erschienen war, so schnell hatte er sich selbst als auch die Erinnerung an ihn, buchstäblich in Staub aufgelöst. Die Antwort auf die Frage, ob man ihn dereinst noch einmal wiedersehen würde, blieb der Zeit und dem Schicksal vorbehalten.
Der Assamit, den Lucien bald als den Mann, der einst Balduin und Jean im Namen der englischen Krone entführt hatte identifizierte, galt selbst unter seinesgleichen als Meister seines Faches und wäre, hätte man es darauf ankommen lassen einen mehr als formidablen Gegner abgegeben. Doch seine Spur, soweit man es sagen konnte, verlor sich irgendwo in Zypern und man konnte daher getrost annehmen, dass der rätselhafte Mann die lang ersehnte Heimreise angetreten hatte. Mit ein wenig Glück, würde man ihn auch nicht allzu bald mehr zu Gesicht bekommen.
Was Vanya, die wilde, eigenwillige Gangrel betrifft die sich wohl aus rein persönlichen Gründen dem Feldzug des Generals angeschlossen hatte, nun… um es mit den Worten des Hauptmanns zu sagen: „Wo soll sie schon sein? Irgendwo da draußen… so wie immer.“ Kein Anzeichen verriet allerdings, dass sie sich in absehbarer Zeit Brügge genähert hatte oder auch nur nähern wollte. Doch die Unsterblichen wissen nur zu gut, dass die Nächte oft finster und voller unliebsamer Schrecken sind.
Willkommen in Brügge im Jahre 1214 unseres Herrn!
ENDE
Theme:
Do you hear the people sing?
Singing a song of angry men?
It is the music of a people
Who will not be slaves again!
When the beating of your heart
Echoes the beating of the drums
There is a life about to start
When tomorrow comes!
Zuletzt geändert von Spielleiter am Do 23. Apr 2015, 21:28, insgesamt 9-mal geändert.