Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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BeitragVerfasst: Do 11. Aug 2016, 20:25 
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Der Schreiber der Stadtwache blinzelte ein paar Male hintereinander. Öfter, als er wohl eigentlich beabsichtigt hatte. Seine Lippen wollten sich gerade zu einer Antwort teilen, als sie sich unvermittelt wieder schlossen. Hans wirkte etwas neben sich und schluckte kurz kopfschüttelnd. „Ich…“ Mehr konnte er nicht mehr von sich geben und die Toreador spürte förmlich wie ihre ehrfurchtgebietende Ausstrahlung mit den Gefühlen und Empfindungen des Jungen spielten. Als ihre Hände seine Stirn berührten, wirkte er bereits wieder um einiges ruhiger, was wohl nicht zuletzt genau an jener knappen Geste liegen mochte. Gebannt sah er der Gräfin in die Augen und schien jedes Wort in sich aufnehmen zu wollen. Einen Moment lang hielt er die Augen geschlossen und atmete tief ein und aus, so als ob in ihm ein unerklärlicher Kampf tobte. Dann verbeugte er sich plötzlich ganz unvermittelt und beinahe hastig. „Ihr seid gewiss schon lange genug in der Stadt, um wohl ohne Zweifel am besten von allen beurteilen zu können, wie es um die Herzen der Kinder bestellt ist. Und eurem Charme kann man sich nach wie vor unmöglich entziehen verehrte Gräfin. Ich werde über eure Worte nachdenken.“ Hans schüttelte den Kopf und lächelte zaghaft. „Ich denke wir sollten dieses Gespräch auf eine andermal verschieben. Ihr wollt gewiss zurück in euer Anwesen und meine Aufmerksamkeit wird anderswo gebraucht; es ergibt sich gewiss eine neue Gelegenheit. Habt Dank für die Freude mich mit euch zu so später Stunde noch unterhalten zu dürfen. Eine angenehme Nacht noch Lilliana.“ Damit erhielt die Toreador eine weitere Verbeugung von Hans, die sowohl ihr als auch ihrem gerüsteten Begleiter gelten mochte, bevor der Schreiber wieder in einer der Gassen verschwand. Sein Schritt war fest und zügig. Michel sah ihm skeptisch hinterher, die Hand am Schwertknauf. "Ich empfand ihn als bemerkenswert unhöflich, sich dieser Begegnung so unvermittelt zu entziehen. Er hätte noch etwas lernen können der Knabe", meinte ihr Leibwächter mit einer höflich-angedeuteten Verbeugung in Richtung seiner Herrin.

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Verfasst: Do 11. Aug 2016, 20:25 


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BeitragVerfasst: Sa 13. Aug 2016, 14:20 
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Sie war stehen geblieben und hatte dem Knaben, dem jungen Schreiber, erst nach einiger Zeit hinterhergesehen, als er schon aus ihrem unmittelbaren Blickfeld verschwunden war. "Der Junge mag noch lernen, doch eines ist ihm heute klar geworden, oder er wollte sein Wissen nun endlich teilen." Lilliana drehte sich zu Michel und ihr zunächst aufgelegtes Lächeln verschwand und machte einer nachdenklichen Miene Platz. "Er ist gut im Herzen, doch bedauernswert kreuzen seine Kreise unsere Welt. Mein Wunsch für ihn war gewesen, dass dies nicht geschieht. Aber ich sehe und höre Michel..." sie sah ihren Ghul an. "Kein Name wird leichtfertig gesagt..." sie ließ ihm Zeit seine eigenen Schlüsse zu ziehen, begann aber doch die Lösung zu präsentieren. "Den Namen Lilliana trage ich nicht. Zumindest nicht für die Menschen der Stadt." sie sah an Michel vorbei wieder hin in die Schatten der Nacht. "Sag mir deine Meinung. Abgesehen von seinen Manieren..." sie stoppte und legte ihr Lächeln auf. "Was macht er für einen Eindruck auf dich? Hast du etwas über ihn gehört, was ihn auszeichnet?"


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BeitragVerfasst: Mi 17. Aug 2016, 13:37 
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Ihr Ghul Michel, machte eine einladende Geste in Richtung einer schmalen Gasse, die eine Abkürzung zum Anwesen der Gräfin von Erzhausen bot. Dem allgemeinen Glauben der Brügger Bürger nach, war ihr großzügig angelegtes Stadthaus mit Pfirsichgarten und Rosenhecken schon immer im Besitz ihrer Familie gewesen. Zumindest soweit man denken konnte. Sterbliche waren eben genau das – sterblich. Ganz offensichtlich war ihr getreuer Diener und persönlicher Leibwächter darauf bedacht, gerade bei solchen Gesprächsthemen allzu neugierige Ohren zu vermeiden. Und wenn man in Bewegung blieb, erschwerte das einen möglichen Lauschangriff. Seine Hand verharrte auf dem Schwertknauf. „In der Tat hat er euch bei eurem wahren Namen genannt Herrin und einerseits, kann ich schwer glauben, dass dies ein Zufall gewesen sein mag. Auf der anderen Seite gibt es immer noch dein einen oder anderen Bürger, der in euch nach wie vor das sieht, was ihr zu verbergen sucht. Euer Äußeres, mag durch gezieltes Kaschieren und Verschleiern ein wenig anders wirken aber im Grunde tragt ihr noch immer das gut bekannte Gesicht eurer ‚Vorgängerin‘. Es mag möglich sein, das ihm Lilliana nur herausgerutscht ist, da er ein ganz besonderes Verhältnis zu euch pflegte. Zumindest glaube ich mich zu erinnern, dass Hans doch ebenfalls aus dem Waisenhaus stammte?“

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Während des kurzen Weges über verschlungene Pfade und Gässchen zu ihrem Anwesen, schien der Ghul an ihrer Seite angestrengt darüber nachzudenken, was er über den Schreiber der Nachtwache wusste. „Hm, ihr fragt mich zu viel Herrin. Ich glaube mich zu erinnern, dass ihr ihn oft im Waisenhaus besucht habt und er euch ganz besonders liebgewonnen hatte. Ihr habt ihn immer darin bestärkt sich dem Weg der Tugendhaftigkeit zu verschreiben, was in dem Knaben den Wunsch heranwachsen ließ, dereinst Ritter zu werden. Und bei euch zu wohnen und zu leben natürlich.“ Michel schmunzelte. „Ein verständlicher aber unerfüllbarer Wunsch, wie ich finde. Abseits davon weiß ich nicht viel Gräfin. Hans hatte einen Unfall aber genaueres weiß ich nicht zu berichten; seitdem ist er auf seine Krücke angewiesen, die ihm der Hauptmann geschnitzt hat, als er als Gardist abgelehnt wurde. Dafür ist wohl zur selben Zeit der alte Erich verstorben und der Magistrat hatte eine Ausbildungsstelle als Schreiber zu vergeben. Hans hat den Posten bekommen und konnte seine Ausbildung erfolgreich abschließen; wurde im Anschluss von Lucien Sabatier dann als Schreiber für die zentrale Wachstube verpflichtet. Ich glaube er arbeitet im Schichtbetrieb mit zwei weiteren Schriftgelehrten. Mehr weiß ich leider nicht zu berichten.“ Mit einem Schulterzucken, hielt ihr Michel das schmiedeeiserne Tor auf, das den Weg durch einen prachtvollen Garten zur Eingangspforte freigab. Die Rosen blühten und dufteten herrlich; während man hie und da die persönliche Leibwache der Gräfin über das Anwesen streifen sah. „Aber, wenn ihr es wünscht, werde ich mich für euch diesbezüglich umhören Herrin.“ Michel verneigte sich und begleitete die Toreador in ihr Anwesen…

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Zwei Wochen später...



Schreie… Schreie welche die Nacht durchbrachen. Schrille Schreie der Verzweiflung und panischen Angst. Todesangst. Lilliana wurde aus ihrem Schlummer hochgerissen, der für ihre Art normalerweise kaum zu durchbrechen war. Aber anstatt noch schläfrig und unkonzentriert zu sein, fühlte sie sich zu ihrer Überraschung hellwach und im vollen Besitz ihrer geistigen Kräfte. Ganz so, als ob sie gar nicht schlafen würde oder sich eben erst zu Bett gelegt hätte. Die Seidenvorhänge an ihrem kleinen Balkon im ersten Stock, wölbten sich unter einer angenehm kühlenden Brise, welche der heißen Sommernacht ein wenig ihrer Unerträglichkeit nahm. Einzig in ihr filigran gearbeitetes Nachthemd gehüllt, lag sie in ihrem Bett und lauschte dem Abendwind, der erneut Schreie an ihre Ohren trug. Sie hatte sich nicht geirrt; es waren spitze Kinderschreie und auch diese kamen ihr merkwürdig bekannt vor. Als sie sich aus den Seidenkissen und Laken erhob um zum Fenster zu eilen, bemerkte sie schon den leicht salzig-metallischen Geruch von Blut. Einer ganzen Menge Blut. Angst und die drohende Erkenntnis gleich etwas zu sehen, was ihr ganz und gar nicht gefallen würde, machten sich in ihrem toten Herzen breit. Mit geweiteten Augen blickte sie in ihren Garten und sah eine kleine Kinderschar sich an den Händen fassen und einen morbiden Reigen bilden. Sie drehten sich im Kreise; sie lachten und johlten als ob dies einfach nur ein witziges Spiel wäre. Die Stimmen klangen entfernt, gedämpft und als ob sie nicht von dieser Welt wären. Entsetzt stellte Lilliana fest, dass den Kindern die Augen ausgestochen worden waren und dicke Rinnsale aus schwarzem Blut die kleinen Leiber entlang floss; wo es von der ärmlichen Leinenkleidung aufgesaugt wurde und dunkle Flecken bildete. Bei manchen hatte sich das Blut bereits in Lachen unter den nackten Füßen gesammelt, die über die kahle Erde ihres Gartens hüpften. Inmitten des Reigens stand Leonore und schrie aus Leibeskräften, starrte dabei immer wieder hoch zum Balkon und der Toredaor. Die Kinder begannen einen kleinen Reim zu singen, der höhnisch und verachtend klang.

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„Eene meene Muh und raus bist du,
raus bist du noch lange nicht,
musst erst sagen wie alt du bist,
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7
Lauf nicht weg,
er wird dich kriegen!“


Leonores Augen waren getränkt von blutigen Tränen und ihr klagendes Wimmern und Schluchzen schmerzte beinahe in den Ohren. „Hilf mir!“, schrie sie immer wieder ohne sich von der Stelle zu rühren. „Hilf mir doch!“

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Die Kinder im Reigen lachten nur und tanzten weiter; wiederholten ihren Reim und kicherten vergnügt. Dann vernahm Lilliana plötzlich eine dunkle Stimme an ihrem Ohr, die so klar und deutlich erklang, als wäre sie nicht nur vor ihr oder neben ihr, sondern überall im Raum. Aus der Finsternis vor ihr, schälte sich ein bösartiges Grinsen, ohne dass sie weitere Konturen hätte wahrnehmen können.

„IhR sEId alLEs kLEine EnGEl…“, dröhnte ein vibrierender Bass.

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Dann riss es die Gräfin von Erzhausen erneut aus ihrem Bette hoch und als sie sich reflexartig nach Luft schnappend umsah, stellte sie sich nur äußerst langsam wieder beruhigend fest, dass sie geträumt haben musste. Ein regelrechter Alptraum, der sich da vor ihrem geistigen Auge abgespielt hatte. Nach wie vor aber war diese Halluzination, dieses Traumgespinst äußerst real gewesen. So real, dass sie nach wie vor hätte schwören können das Blut der Kinder auf ihren Lippen zu schmecken. Eine prüfende Bewegung ihrer Zunge, verriet ihr das dem natürlich nicht der Fall war aber sie hätte es beinahe beschwören können. Eine ihrer Kammerzofen saß besorgt an der Bettkante an ihrer Seite und fuhr ihr beruhigend über die Stirn. „Gräfin… meine Güte Gräfin… ist alles in Ordnung mit euch? Seid unbesorgt… ihr habt nur schlecht geträumt. Seht nur, ihr seid in eurem Gemach und es gibt keinen Grund sich zu fürchten.“ Das Mädchen eilte zu einer nahe Wasserschüssel, tauchte ein Tuch in das kühlende Nass und benetzte unnötigerweise die Stirn ihrer Herrin.

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BeitragVerfasst: So 21. Aug 2016, 12:02 
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Sie spürte wie ihre Gefühle, die sie im Traum durchlebt hatten noch einen Moment nachhalten. Ein flüchtiger Blick glitt an ihre linke Seite, aber sie wusste, dass diese leer war. Will und sie waren, auch wenn sie inzwischen offiziell in der kaintischen Welt zusammen waren, für die menschliche Welt bisher nur anverlobt. Und als solches hatte der Mann nicht im Bett seiner Frau zu sein, außerdem schlief Will auch mal gerne im Hospital, wenn die Arbeit zuviel wurde und er es nicht mehr in den frühen Morgenstunden zum Anwesen zurückschaffte. Doch jetzt wünschte sie sich ihren Gefährten an ihre Seite. Er wusste als einer der wenigen von ihrem Geheimnis, auch wenn sie sich bei diesem Traum gerade selbst nicht sicher war, ob dies wirklich eine Vision darstellte. Aber sie hätte dies mit Will besprechen können. Seinen Rat hören.

Mit einer knappen Geste wollte sie im Überschwang die Magd zurückhalten, ließ es dann aber doch zu, das Wasser ihre Stirn berührte und atmete ein und aus. Sie meinte es nur gut. "Schicke bitte jemanden in den Stall und lass mein Pferd satteln. Ich möchte einen kleinen Ritt zum Waisenhaus unternehmen. Schicke auch bitte einen Boten zu Michel, mindestens zwei Bewaffnete meiner Leibgarde und er sollen mich dorthin begleiten." Lilliana sah ihrer Kammerzofe an und wartete auf eine kurze Erwiederung, während sie selbst begann aus dem Bett zu steigen und sich alleine bzw. mit Hilfe anzuziehen. Ein weiterer Bote würde ins Hospital geschickt. Nicht unüblich, denn sie und Will pflegten einander zu sagen, wo sie sich befanden, wenn es abseits des üblichen geschah.
Während sie sich anzog dachte Lilliana über eine andere Person nach, die sie seit Jahren mit dem Waisenhaus verband: Hans. Das was Michel ihr zugetragen hatte, erfüllte sie zum einen mit Freude über seinen von ihm eingeschlagenen Weg. Auch wenn aus ihm kein Mitglied der Stadtwache geworden war, so hatte er dennoch eine Stelle gefunden in der er geachtet und geschätzt wurde. Gleichzeitig war sie traurig darum, dass ihm die Liebe bisher versagt geblieben ist und er sich unüblich mit der Geschichte der Stadt auseinandersetzte. Gefährlich. Sie musste dieses Thema bald ansprechen und ihn weiter im Auge behalten.


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BeitragVerfasst: So 21. Aug 2016, 19:43 
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Die Magd wirkte für einen kurzen Moment lang überrascht an; sorgte sie sich doch sichtlich noch immer um das Wohlergehen ihrer Herrin. Doch der feste und entschlossene Gesichtsausdruck Lillianas, ließ das Mädchen schlussendlich etwas verwundert innehalten und bekräftigend Nicken. „Aber natürlich, ganz wie ihr wünscht Herrin.“

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Als ihre Gräfin aus dem Bett stieg um sich anzukleiden, war die Dienerin bereits schon zur Tür hinaus verschwunden und hatte ihre Wünsche weitergegeben. Von unten hörte sie schon Metall auf Metall schaben und das Geräusch mehrerer Stiefel, die sich zu den, dem Gebäude angeschlossenen Stallungen begaben. Kein Zweifel: Michel ließ die Pferde satteln und bereitete sich und seinen Mannen auf den bevorstehenden Ausritt vor. Als Lilliana ihre Garderobe für den heutigen Abend gewählt hatte und sich nun ihrerseits auf zu den Stallungen machte, waren die berittenen Boten bereits mit eiligem Hufgetrappel ausgeritten. Michel und zwei seiner fähigsten Soldaten, verneigten sich respektvoll vor ihrer Herrin und führten ihr treues Pferd Tarbas am Zügel. Die Anordnung, die Herrin gedachte heute noch auszureiten und das Aussenden von mehreren Boten, ließen gerade ihren getreuen Leibwächter und Kommandant ihrer Wachen, etwas beunruhigt wirken. Für gewöhnlich hießen solche plötzlichen Ausritte nichts Gutes. „Herrin, die Boten sind bereist entsandt worden und meine Männer und ich stehen bereit euch mit ihrem Leben zu verteidigen. Doch verzeiht mir die Frage: Welcher Art von Bedrohung sehen wir uns gegenüber? Geht es in den Kampf? Man ließ mir ausrichten, wir reiten Richtung Waisenhaus. Erwartet ihr einen… Angriff?“

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Sie betrachtete mit großem Wohlwollen, wie ihren Anweisungen Folge geleistet wurden. Sicher waren sie verwundert, aber dennoch folgten sie. Auf die Frage ihres Getreuen Hauptmannes ihrer Leibgarde und gleichzeitigen Ghules nickte sie einmal leicht den Kopf, ehe sie aufsattelte. „Es kann uns alles erwarten oder auch nichts, doch möchte ich nicht unvorbereitet mir etwas genauer ansehen.“ Sie betonte das Wort „genauer“ um eine Nuance deutlicher als die Wörter zuvor und richtete dabei wieder ihren Blick auf Michel während sie mit beiden Händen in die Zügel von Tarbas griff um den Hengst hinaus zu lenken. Sie entschied sich dabei eine Kraft zu wirken, die sie in normalen Fällen nicht benutzte. Sie wusste, dass sie mit dieser Kraft in die Gedanken eines Menschen eindringen konnte um diese zu lesen, allerdings konnte man mit dieser Kraft auch Gedanken von einem selbst einem anderen übermitteln und genau das hatte sie mit Michel vor. Lilliana wusste, dass dies bei ihrem Ghul kein bzw. weit weniger ein Problem darstellte als bei anderen, denn Michel vertraute ihr und so gelangte sie mühelos in den Geist ihres Ghules und hob sachte die Stimme und übermittelte ihm die Bilder der Nacht. Angefangen beim Kinderreim hin zu Leonores Bild und ihrem Hilferuf und zuletzt dem Satz aus der Finsternis. Dann zog sie sich wieder daraus zurück und richtete ihren Blick auf das vor sich liegende „Das Waisenhaus genießt meinen Schutz mit all den Kindern und Ordensschwestern darin. Ich möchte sichergehen, dass dies von jedem anerkannt und akzeptiert wird. Vorwärts!“

Ihr Ghul wirkte für einen knappen Moment entsetzt; offensichtlich weniger über die Tatsache, dass seine Herrin ihn an ihren Gedanken teilhaben ließ; das hatte sie mittlerweile schon zu anderen Gelegenheiten getan, sondern vielmehr ob der Intensität und Eindrücklichkeit der gezeigten Bilder und Empfindungen. Seine einzige Antwort an die Gräfin von Erzhausen war ein bekräftigendes und verstehendes Nicken, das von purer Entschlossenheit zeugte. „Ich verstehe Herrin. Es sollte allgemein bekannt sein, dass die Kinder euren uneingeschränkten Schutz und euer Wohlwollen genießen. Was immer dort vor sich geht, wir stehen an eurer Seite und werden eure… Ansprüche zu verdeutlichen wissen.“ Mit grimmigen Blick, nickte er den beiden Soldaten an seiner Seite zu, die damit unweigerlich feststellten, dass dieses Aufgebot an Bewaffnung offenkundig notwendig war und ihr Können in dieser Nacht unweigerlich auf die Probe gestellt werden würde. Die Wachabteilung der Gräfin schien mehr als bereit dazu, als sie Lilliana in ihren blitzenden Rüstungen und gewachsten Stiefeln durch die Nacht folgten.

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Der Ritt dauerte nicht lange, wurde aber durch eine recht kurze Begegnung mit dem ausgesandten Boten des Krankenhauses unterbrochen. Der ausgesandte Mann, war unverzüglich losgeritten und hatte wie ihm geheißen worden war, nach Will gefragt. Zu seinem Bedauern musste er Lilliana jedoch mitteilen, dass dieser sich offenbar nicht in der Stadt befand, sondern nach Seebrügge zu einem besonders schwierigen Fall entsandt worden war. Der Zustand des Patienten, machte einen Transport unmöglich und ihr Geliebter hatte sich sogleich zu einem Hausbesuch aufgemacht. Nach wie vor war er nicht nur ein schelmischer Dieb und Trickser, sondern auch ein ganz passabler Heiler. So wie man ihm vor Ort vermittelt hatte, würde Will die ganze Nacht mit seinem Besuch zubringen; war also nicht verfügbar. Gerne erklärte sich der Bote aber dazu bereit, nach Seebrügge zu reiten um ihren Geliebten zu informieren. Es würde nur ein Wort aus ihrem Munde genügen. Wie immer sie sich entscheiden sollte, fürs erste war sie mit ihrem Ghul Michel und einer Abordnung ihrer getreuen Soldaten auf sich gestellt und müsste vorerst allein weiter zum Waisenhaus reiten. Der Ritt war ob der Distanz natürlich verhältnismäßig kurz und schon nach wenigen Augenblicken, konnte Lilliana an die altbekannte Pforte des Waisenhauses klopfen, wo ihr eine misstrauische Nonne, vorsichtig und ein wenig verängstigt öffnete. „Gräfin von Erzhausen?“ Sie senkte ehrfürchtig das Haupt. „Ihr seid gewiss hier um den Kindern vorzulesen nehme ich an? Warum… die bewaffnete Begleitung? Habt ihr Grund um euer Leben zu fürchten? Hat man euch bedroht Herrin?“

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Lilliana hieß den Boten mit einem Kopfschütteln an, dass sein Angebot nach Seebrücke zu reiten gut gemeint war, sie dies jedoch ablehnte. „Hab Dank für euer schnelles Kommen, aber ruht euch nun aus. Der Patient hat Vorrang.“ Damit entließ sie ihn. Angekommen beim Waisenhaus schenkte sie der Nonne des Hauses einen sanften Blick, während sie ihre Kräfte der geschärften Sinne aktivierte. Ihre Stimme erklang aber ungewohnt ernst und Maß den Worten mehr Bedeutung zu. „Nein, meine liebe Schwester, ich wurde nicht überfallen oder bedroht. Doch würdet ihr mich und meine Begleiter hineinlassen, ehe ich euch weiter berichte? Ich versichere euch, dass dies ehrbare Männer sind.“

Die Nonne wirkte ein wenig beunruhigt und brauchte gar einen kurzen Moment, um sich die Gesichter und Bewaffnung der Soldaten genauer anzusehen. Schlussendlich nickte sie aber und ließ die Gräfin mitsamt Entourage, etwas zögerlich eintreten. Die geschärften Sinne der Toreador, vernahmen die sehr deutlichen Geräusche von Gelächter das eindeutig von Kindern stammte, während ihr der deftige Geruch eines herzhaften Eintopfes, in dem eindeutig eine Menge Zwiebel verwendet worden war, um die Nase zog. Die Nonne vor ihr roch eindeutig nach Kernseife und Lavendelöl und auf dem Fußboden vor ihr, hatte jemand wohl versucht einen Fleck zu entfernen, der mit freiem Auge nicht einmal mehr sichtbar gewesen wäre. Die junge Nonne war etwas bleich im Gesicht, als sie die späten Besucher bat zu warten und davoneilte, um die Mutter Oberin zu informieren. Es dauerte auch nicht lange und Schwester Agnes erschien, eindeutig ein wenig ungehalten über die uniformierten, schwer gerüsteten Männer. Es war ihr anzusehen, das sie sich ob der Anwesenheit Lillianas sehr um Zurückhaltung bemühte. „Gräfin von Erzhausen, es ist mir wie immer eine besondere Freude euch bei uns begrüßen zu dürfen. Ich sehe euer Vertrauter Michel, weicht euch wie üblich nicht von der Seite aber verzeiht mir, wenn ich etwas verwundert über… die anderen Herrschaften bin.“ Ungehalten begutachtete sie die beiden Soldaten, die in schweren, lederverstärkten Rüstungen im Flur standen und die Hände auf der Schwertscheide hielten. „Es ist natürlich unabdingbar, dass ihr für eure eigene Sicherheit sorgt werte Gräfin aber findet ihr dieses Aufgebot an Bewaffneten, in einem Waisenhaus zu dieser Stunde nicht etwas…“ Sie suchte nach den richtigen Worten. „… unpassend?“

Lilliana glitt beim Eintritt der Nonne in eine leichte Referenz und blickte danach in einer Mischung aus Entschuldigung aber auch Entschlossenheit Schwester Agnes an, während sie sich wieder zur vollen Größe aufrichtete. „Es ist mir ebenso eine Freude euch wiederzusehen Schwester Agnes. Ich weiß, dass das Erscheinen von zwei weiteren schwer gerüsteten Männern euren Unmut hervorruft.“ Lilliana machte eine kurze Pause, während sie einen Schritt näher an die Ordensschwester herantrat. „Mir wurde zugetragen, dass in diesem Haus eine oder mehrere Personen sind, die den Frieden dieses Gemäuers nachhaltig stören möchten. Die Anwesenheit der Männer dient dem Schutz und damit euch. Ich möchte sichergehen, dass mein Wort gilt, dass der Frieden und die Liebe Gottes hier herrschen möge.“ Sie ging einige wenige Schritte, während sie versuchte in die Aura der Oberschwester zu blicken. „Sagt mir Oberin. Gab es etwas, das eure Augen, die Gott mit Weisheit und Schärfe gesegnet hat, euch missfielen?“

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Die Mutter Oberin wirkte für einen Moment lang noch immer ungehalten, dann wurden ihre Gesichtszüge aber kontinuierlich unsicherer und besorgter. „Ich bin dem Herrn sehr dankbar dafür, dass eine so liebreizende und tugendhafte Dame wie ihr es seid über unser aller Leib und Leben wacht. Es gibt nicht viele Menschen, die sich so sehr der Nächstenliebe und Großmut verschrieben haben wie ihr Gräfin von Erzhausen.“ Ihre Lippen umspielte ein nachsichtiges und verzeihendes Lächeln, als sie die Hände Lillianas umschloss. „Aber ich kann euch versichern, dass sich derzeit niemand in unserem Hause aufhält, der den Frieden unserer Gott wohlgefälligen Gemeinschaft stören wollte oder dies bereits getan hätte. Nun, bis auf unsere kleinen Satansbraten natürlich.“ Schwester Agnes lachte kurz auf und schüttelte dann langsam den Kopf. „Aber um sachlich zu bleiben, da ihr ja tatsächlich um unser aller Wohl so besorgt zu sein scheint: Nein, es gibt keine unmittelbare Gefahr vor der wir uns fürchten müssten liebste Gräfin; im Gegenteil. Es wird euch freuen zu hören das der Bischof zusammen mit dem Stadtrat von Gent darüber eingekommen ist, ein weiteres Waisenhaus zur Verfügung zu stellen. Somit können wir eurem Wunsche, weitere arme Kinderseelen zu retten und in christlicher Nächstenliebe zu unterrichten entgegenkommen. Tatsächlich ist das neue Haus bereits in Betrieb und versorgt nun die jüngsten unserer Kinder. In Brügge können wir somit alle Waisen beherbergen und verköstigen, die ein Lebensalter von ganzen sechzehn Jahren noch nicht überschritten haben. Der Bischof ist ein wahrhaft frommer Mann und ich glaube es war auch nicht zuletzt euer Name, der ihn dazu bewogen hat unsere heilige Mutter Kirche erneut in die Pflicht zu nehmen. Wir haben nun Platz für alle Kinder ab zwölf bis sechzehn und damit auch mehr Betten zur Verfügung.“ Die Mutter Oberin strahlte über das ganze Gesicht.

Es schien als ob Lilliana zu Beginn der langen Rede der Oberin tatsächlich entspannter wurde, umso alarmierter blickte sie auf, als die Sprache auf das neue Waisenhaus zu sprechen kamen. Doch der Moment verging und sie bemühte sich um einen neutralen Gesichtsausdruck und ein leichtes Nicken um keinen großen Verdacht zu erregen. Da sie aber seitlich zu ihrem Ghul stand, würde er die Zeichen zu deuten wissen. „Verzeiht meine Vorsicht Oberin Agnes, ich sehe, dass es hier keine Veranlassung gibt, eure großzügige Toleranz weiter herauszufordern.“ Sie drückte die Hände der Oberin und lächelte sie an. „Ich werde Gott um Vergebung bitten in euch Unmut geweckt zu haben. Außerdem muss ich den jüngeren Kindern noch einen Antrittsbesuch angedeihen lassen, um mich über ihre Lage zu erkundigen. Ich bin sicher die kleinen Kinder sind verwundert, dass sie nicht mehr hier in Brügge weilen und vielleicht mag ich mit einer Geschichte sie aufheitern, dass sie wissen, dass ich für sie natürlich nur mit eurer und der Erlaubnis des Bischofs da sein kann. Wie kam es zu der Entscheidung die jüngeren dorthin zu schicken und die älteren hier zu lassen?“

Michel ihr Ghul, der bereits seit einer Ewigkeit in Blut und Dienste seiner Gräfin stand, musste nicht lange darüber nachdenken, was dieser knappe Seitenblick seiner Herrin zu bedeuten hatte. Obendrein hatte sie ihre Vision mit ihm geteilt und so war es ein leichtes, sich die einzelnen Hinweise und Informationen aus den Worten der Mutter Oberin zusammenzureimen. Die jüngeren Kinder, das schloss die kleine Leonore mit ein, hatten nun ein Zuhause im neu gegründeten Waisenhaus von Gent gefunden. Und genau jene war es gewesen, die Lilliana flehentlich und voller Angst darum gebeten hatte sie zu retten. Offenkundig war das Üble, das die Toreador in Brügge vermutete, in Wahrheit in Gent beheimatet. Die Soldaten warteten nur noch auf das Signal zum Aufbruch. Indessen schüttelte die Mutter Oberin nur sachte und verzeihend den Kopf. „Mein liebes Kind, es gibt nichts wofür ihr euch entschuldigen müsstet. Ihr seid auf einen Hinweis hier in unser Haus gekommen, um uns vor Ungemach zu bewahren. Und auch wenn sich dies als Irrtum erwiesen hat, so danke ich doch dem Herrn für eure Anteilnahme und euer Wohlwollen. Es beweist mir erneut, wie klar und rein euer Herz ist und wie stark die Flamme eures Glaubens lodert.“ Mit einem leichten Nicken, hieß sie die Gedanken der Gräfin gut. „Eine wunderbare Idee meine Kind. Es war sicher für manche nicht einfach, eine so vertraute Umgebung zu verlassen aber neue Umstände lassen sich oft nicht vermeiden. Auch diese Prüfung legt der Herr uns auf. Dafür wird es das letzte Mal sein; von nun an werden wir die älteste und Gent die jüngsten in unsere sicheren Arme schließen. Geht nur und stattet dem Haus einen Besuch ab wenn es euch danach verlangt; ihr werdet gewiss mit der Örtlichkeit zufrieden sein. Der Leiter ist ein frommer und gebildeter Mann und die Damen bringen den Mädchen und Jungen allerlei nützliche Fertigkeiten bei ließ man mir ausrichten. Die Entscheidung der Unterbringung, traf jedoch der Bischof; warum kann ich euch nicht sagen. Und um seinen oder meinen Segen, müsst ihr gar nicht lange bitten, jeder weiß welch aufrichtige und ehrbare Christin ihr seid. Ich sehe ihr könnt es kaum erwarten.“ Die Mutter Oberin wirkte wieder um einiges beruhigter und sogar ein klein wenig stolz, schließlich war es Lilliana gewesen, der es ein besonderes Anliegen gewesen war weitere Kinder und vor allem auch ältere Kinder im Waisenhaus aufzunehmen.

Lilliana bedankte sich ohne gesprochene Worte, sondern glitt nur wieder über in die leichte Referenz, welche sie der Mutter Oberin auch schon bei deren Eintritt erwiesen hatte. Dann ging sie zunächst einige Schritte rückwärts, nur um sich dann langsam umzudrehen, um den Weg den sie hineingekommen war, wieder hinaus zu gehen. Sie sagte bis sie endgültig draußen war kein Wort zu Michel oder gar den beiden Soldaten, sondern hielt die Stille. Erst beim Aufsatteln auf Tarbas atmete Lilliana kurz ein und aus. Ihre Stimme erklang wieder gewohnt fest und betont „Wir werden es diese Nacht erst spät schaffen nach Gent zu reißen, so wäre es womöglich angebracht ins Anwesen zurückzukehren und Vorbereitungen zu treffen und Boten auszuschicken. Vielleicht können wir zwar diese Nacht noch Aufbrechen, aber ich denke mehr als bis nach Gent und sich in ein Gasthaus einquartieren, werden wir nicht schaffen. Was meint ihr Hauptmann?" Lilliana blickte zu ihrem Ghul, während sie Tarbas Zügel aufnahm. Der Hengst wieherte sachte. Es heißt das Tiere ein feines Gespür haben, was die Gefühle eines Menschen/eines Kainiten angeht und so sehr Lilliana es auch zu verbergen versuchte spiegelte Tarbas ihre Gefühlswelt wieder und begann nervös zu tänzeln.

Der Hauptmann ihrer Leibgarde, ließ die Männer aufsitzen und begab sich selbst auf sein gut trainiertes Reitpferd, aus edler flandrischer Zucht. „Es ist uns ein leichtes bis nach Gent zu kommen Herrin allerdings habt ihr selbstredend recht was eure Bedenken bezüglich der Uhrzeit angeht. Vor Mitternacht können wir unmöglich dort ankommen selbst, wenn wir unverzüglich nach eurer… erholsamen Ruhephase aufbrechen sollten. Aber ob wir morgen dorthin aufbrechen oder heute und uns vorerst in einem Gasthof einquartieren, es wird immer ‚zu spät‘ sein für einen offiziellen Besuch im Waisenhaus. Ihr trefft die Entscheidung Herrin aber wenn es nach mir ginge, so würde ich heute noch dorthin reisen und mich für den Tag in einer Gaststube zurückziehen. Ich und meine Männer werden euch zu schützen wissen und auch der Rat von Gent, wird gewiss auf einen besonders geschätzten Gast wie ihr es seid, achtgeben. Nachdem ihr euch erholt habt, könntet ihr zu einer halbwegs angemessenen Zeit im Waisenhaus erscheinen. Sagen wir zu einer Zeit, in der ein Besuch noch… im Bereich des plausiblen scheint und wo ihr darauf hoffen könnt, noch eingelassen zu werden ohne neugierige Fragen beantworten zu müssen. Nach wie vor trefft aber ihr die Entscheidung Gräfin. Wir folgen eurem Urteil wie immer es ausfallen mag.“

Lilliana nickte ihrem Ghul zu und lächelte etwas still in sich hinein. „Lasst uns zunächst zum Anwesen zurückreiten einige wenige Vorräte und Packsachen mitnehmen, Boten verschicken und dann Geschwind in Richtung Gent reiten. Dort mögen wir uns zur Erholung in ein Gasthaus einquartieren und bereits einen Blick von außen auf das Waisenhaus werfen. Sollte nichts für unsere Augen Erkennendes sich zu sehen ergeben, so ruhen wir uns am Tage aus, um morgen Abend gestärkt das Haus zu betreten.“ Sie ließ Tarbas in einen Trab fallen und gab dem Hengst etwas Freiraum. „Außerdem fehlt noch das Märchenbuch für unsere Reise.“ Ein Grinsen seitens Lillianas an Michel beendete augenscheinlich die Konversation. Während sie wieder nach vorne blickte, verschwand aber das Lächeln in ihrem Gesicht und ein jeder der sie von vorne sah würde eine Gräfin voll von Sorge erblicken, wie diese weiter in ruhigem Trab und manchmal nur im Schritt wieder den Weg zurück zum Anwesen nahm um dort die entsprechenden Personen anzuweisen ihren Plan in die Tat umzusetzen. Lilliana ließ Tarbas nicht absatteln, aber von einem Stallburschen abreiben, während ein anderer das Packpferd sattelte. Eine Magd war losgeschickt worden das Märchenbuch zu holen und vorsichtig zu verstauen, während der Schreiber des Hauses weitere Boten aussendete nachdem Lilliana ihm mehrere Briefe diktiert hatte. Ein Bote ging zu Will nach Seebrücke, ein anderer an die Brujah von Gent in der ihr Aufenthalt angekündigt und gebeten wurde sie für 2 Tage aufzunehmen. Ein dritter und letzter überbrachte eine Nachricht an Gareth in die Kanalisation in der Lilliana ihn über die neueste Entwicklung im Fall des Bischofs von Brüssel informierte. Dann war es auch schon wieder soweit.

Alle Vorbereitungen für die Reise waren getroffen worden. Ein wenig Proviant und Verpflegung, genug Pechfackeln und Sturmlaternen mit Zunder und einige eilige Briefe, die von zuverlässigen Boten einmal nach Seebrügge, dann nach Gent und schlussendlich in die Kanalisation entsandt wurden. Nachdem die Pferde noch ein letztes Mal gestriegelt und getränkt worden waren, brach man in zügigem Trap Richtung Gent auf; eine nächtliche Reise die sie schon oft unternommen hatte, wenn auch nicht immer unter so beängstigenden Vorzeichen. Ungefähr fünf Stunden mochte der Ritt dauern, doch die Straßen und Wege nach Gent waren viel bereist und in gutem Zustand, sorgten dafür doch nicht zuletzt alle Handelsstädte gemeinsam. Das dunkle Land mit seinen Äckern und gelegentlichen Wölbungen flog an ihnen vorbei und selbst das Wetter war den Reisenden gewogen und brachte keinen frühlingshaften Wind oder peitschenden Regen.

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Deutlich kühl mochte es des Nachts noch sein aber gegen die Kälte war die Leibgarde der Gräfin bestens gerüstet und hatte sich in dicke Wollmäntel gehüllt. Die Toredor selbst, hatte zur Tarnung natürlich auch entsprechende Kleidungsstücke, sowie ihr kostbares Märchenbuch mitgenommen; benötigte aber gerade ersteres in Wahrheit natürlich nicht. Dennoch galt es so wenig wie möglich aufzufallen, vor allem da man sich an einen Ort begab, der potentiell gefährlich war und von dem man bisher nichts Näheres hatte in Erfahrung bringen können. Schlussendlich erreichten sie wohlbehalten und ohne größere Verzögerung die Stadt Gent, über der ein klarer Sternenhimmel prangte und die noch um diese Zeit, von vielen Kerzen und patrouillierenden Nachtwächtern erhellt wurde. An einem der vier Tore, wurden sie ohne viel Aufhebens eingelassen und nur kurz darauf, durch einen Abgesandten des Genter Rats persönlich begrüßt und in Empfang genommen. Der Eilbote war wie der Wind geritten und hatte die Kainiten der Stadt noch rechtzeitig von der Ankunft Lillianas in Kenntnis setzen können. Man geleitete die Brügger Gäste zum Anwesen der Residenz des Rates und abermals betrat die Gräfin von Erzhausen, die mittlerweile gut bekannten Hallen in denen sich Madame Borlut zuweilen aufzuhalten pflegte.

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Es wurde ihr eines der prachtvollsten und bestausgestatten Zimmer zur Verfügung gestellt und ihre Wächter durften in einem beinahe ebenso komfortablen Raum ihr gegenüber Quartier beziehen. Der Bedienstete des Rates, informierte Lilliana darüber das Madame Borlut, sich noch in einer dringlichen Ratssitzung befände aber im Anschluss daran gerne für sie Zeit hätte. Sie würde es sich gewiss nicht nehmen lassen, Lilliana persönlich zu begrüßen, auch wenn ihr Besuch etwas überraschend käme. Durch ihr breites, gläsernes Fenster, konnte die Toredor die Stadt unter sich erkennen und gelegentlich leise Musik aus den Wirtsstuben vernehmen.

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BeitragVerfasst: Sa 27. Aug 2016, 15:28 
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Sie entließ den Boten mit einem dankbaren Nicken, ehe sie sich kurz mit ihrem Ghul in ihr Zimmer zurückzog. Ihre beiden mitgenommenen Wächter waren in der Zeit angewiesen worden die wenigen Packsachen auszuräumen und sich bereit zu halten. "Ich wünsche, dass wir in Richtung des Waisenhauses aufbrechen. Wir mögen zwar heute nicht eindringen, aber auch ein Blick von außen kann so manchen Aufschluss darüber geben, ob sich jemand oder etwas in seinem Inneren aufhält. Die Sonne ist noch fern und Dämonen tauchen für gewönlich bei Tage nicht auf. Madame Borlout wird gewiss verstehen, dass ich nicht hier warten kann." Lilliana wirkte ernst, wie auch schon die ganze Zeit der Reise. Kein Lächeln, doch Michel sah, wenn er in die Augen seiner Herrin blickte immer noch das Feuer der Herzlichkeit und des Mitgefühles mit dem sie jedes Wesen bedachte. Unvermittelt richtete sie wieder die Worte an ihn und dieses Mal erklang es milder im Ton, freundlich und aufmunternd. "Sage mir ob du noch Blut brauchst, jetzt ist noch dafür Zeit." sie würde abwarten was er erwiedern würde, danach wurde sie wieder ernst. "Sollten wir nichts entdecken, so kehren wir hierher zurück und ihr ruht euch aus, der Ritt war gewiss Kräfte zerrend. Solltet ihr dann wieder eure Kräfte gesammelt haben, so möchte ich, dass ihr mindestens zu zwei bei Tag das Haus beobachtet. Unauffällig. Wer geht hinein, wer kommt heraus. Kündigt mein Kommen offiziell für den nächsten Abend an, wenn ihr eine Möglichkeit sucht, dass Haus unauffällig bei Tag zu betreten. Sagt, dass ihr einen Raum sucht, in dem ich den Kindern vorlesen kann und Michel"...sie sah ihm in die Augen. "Ich weiß, was du Leonore bedeutest, sei ihr Ritter und suche sie explizit auf, der Hilferuf ging von ihr aus." Sie lächelte ihn nun doch aus ihrem tiefsten Inneren an, wurde dann aber wieder ernster. "Passt auf euch auf. Geht jedem Kampf aus dem Weg, solltet es sich vermeiden lassen." Sie streckte ihre rechte Hand aus, die seine linke Schulter berührte. "Ich weiß, was deine Schultern tragen, zögere niemals mir dies zu berichten."

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BeitragVerfasst: Di 30. Aug 2016, 13:43 
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Die abgesandten Soldaten ihrer Entourage, taten unverzüglich wie ihnen geheißen worden war und verstauten das wenige aber ausgesuchte Reisegepäck ihrer Herrin, welches in kleinen und größeren Truhen von absichtlich eher unauffälliger Machart transportiert worden war, sorgsam in den dafür vorgesehenen Schränken und Kommoden. Es hatte sich auf derlei Reisen mittlerweile eingebürgert, nur das notwendigste an Utensilien mitzunehmen und doch für fast jeden erdenklichen Anlass gerüstet zu sein. Nicht selten verlangte ihre Anwesenheit öffentliche Auftritte oder Galanterie und geschickte Diplomatie, sodass der Hauptbestandteil des Gepäcks aus ausgewählten Kleidern, Unterröcken und passenden Schuhen bestand. Ein Beutel Handgeld, Bürsten und Kämme sowie ihr stets sorgsam gehütetes Märchenbuch, rundeten ihre Ausstattung ab. Der Bedienstete des Rates, hatte der Gräfin einen Schlüssel zu den beiden zur Verfügung gestellten Gemächern überlassen, sodass ihre Privatsphäre während ihres Aufenthaltes auf jeden Fall gewahrt sein würde. Ihr getreuer Leibwächter Michel, betrat mit ihr das Gästezimmer der Wachen, während diese noch in ihrem eigenen beschäftigt waren und wirkte ernst und gefasst; las er doch die Sorge und Beunruhigung seiner Herrin in ihren bemüht ruhigen Blicken. Beide wussten über die geteilte Vision ihrer prophetischen Träume, das etwas äußerst Beängstigendes im Waisenhaus von Gent vor sich zu gehen schien. Mit einer Hand auf dem Schwertheft, schüttelte er nur verneinend den Kopf, als sie ihn auf ihre Vitae ansprach. Es war erst einige Tage her gewesen, da sie ihn von ihrem Blut gegeben hatte und so war ein weiterer Schluck bis auf Weiteres wohl nicht zwingend erforderlich.

„Ich verstehe Herrin“, bekräftige ihr loyaler Diener mit einem weiteren Nicken. „Ihr habt wohl Recht Gräfin. Die Zeit mag drängen und doch sind die unheiligen Wesenheiten der Finsternis, zumeist bei Nacht zugange. Ein erster prüfender Blick auf das Waisenhaus, könnte uns womöglich schon erste Hinweise auf die Art der Bedrohung liefern; ich werde die Männer dementsprechend instruieren.“ Bezüglich Madame Borluut, wusste der kampfgeprüfte Mann nicht allzu viel zu sagen. Zwar hatte er seine Herrin auch oft zu diversen offiziellen Anlässen oder Festlichkeiten begleitet; sich dabei still und abwartend die Umgebung und Manierismen ihrer regelmäßigen Gesprächspartner eingeprägt, doch gerade wenn es um sehr delikate Angelegenheiten ging, war ihm der Zutritt zumeist aus Geheimhaltungsgründen verwehrt geblieben. Nicht dass er großes Verlangen verspürte, allzu viel über die dunklen Wege und Pfade der unheiligen Toten der Nacht Bescheid wissen zu wollen. Er zog es vor streng nach seinen Pflichten und übertragenen Aufgaben zu handeln und diese sorgefältig und zur Zufriedenheit seiner Herrin auszuführen. Und hinsichtlich dessen, war Michel bisher ohne gleichen geblieben. „Madame Borluut ist gewiss eine vielbeschäftigte Frau und offenkundig gerade noch selbst mit wichtigen Angelegenheiten betraut. Es wäre auch nicht so, dass wir dazu verpflichtet wären dem Rat von Gent jedes Mal den Grund unseres Erscheinens vorzulegen. Wir stehen in einem Städtebündnis zueinander und die Herrin Borluut, will sich sicher nur höflich nach eurem Befinden erkundigen. Sie wird sich deshalb wohl nicht wirklich grämen Herrin.“
Die weiteren Anweisungen seiner Herrin, quittierte er hin und wieder mit einem verständnisvollen Nicken. Michel war mehr als bereit dazu, hatte er doch abseits der Dienstbarkeit gegenüber der Gräfin, auch nicht zuletzt ein persönliches Interesse an der kleinen Leonore, die so großen Gefallen an ihm gefunden zu haben schien. „Dann lasst uns unverzüglich Aufbrechen Herrin, denn viele Stunden sind es nicht mehr, da ihr unbeschadet durch Gent wandern könnt. Die Sonne wird sich bald hinter dem Horizont erheben.“ Der Ghul vollführte eine tiefe Vorbeugung. „Was eure anderen Befehle betrifft, so seid völlig unbesorgt. Ich werde einen Wachwechsel veranlassen, der jeweils immer zwei eurer Wachbediensteten für die Observierung des Waisenhauses vorsieht. So wird der Ort nicht eine Minute lang unbeobachtet bleiben und alles was dort geschieht, soll euch zugetragen werden. Euer Kommen soll angekündigt werden, obgleich ich es bezweifeln mag, dass man mir so ohne Weiteres Zugang gewährt, doch will ich es natürlich gerne versuchen. Es mag vielleicht seltsam anmuten, dass ein bewaffneter Leibwächter sich so für einzelnes Kind interessiert und noch wissen wir nicht was genau vor sich geht und wer daran beteiligt ist Herrin.“ Michel erwiderte das Lächeln seiner Herrin; sah darin die unendliche Güte und Sorge ob seiner Unversehrtheit und der hilfsbedürftigen Kinder, derer sie sich so von ganzen Herzen verschrieben hatte. Es war ihm klar, dass er Zeit seines Lebens wohl niemals mehr einer frommeren und mildtätigeren Frau dienen würde, als Lilliana von Erzhausen. Allein diese Tatsache, erfüllte den tugendhaften Kämpen mit Zuversicht und Stolz. Behutsam legte er seine Hand, auf die auf seiner Schulter ruhenden. Mit gefasstem Blick, lächelte er die Gräfin entschlossen an. „Sie mag eine kleine Prinzessin sein, die lediglich einen Vater sucht oder den strahlenden Rittern, der sie dereinst aus dem Waisenhaus in ein schöneres Leben entführt; fort von aller Sorge und Gram. Ich kann nicht alles für sie sein aber so viel ich vermag, will ich versuchen. Ich werde jeden Kampf vermeiden und mich mit allen Männern zurückziehen, um das Wohl des Kindes nicht zu gefährden.“ Erneut verbeugte er sich tief vor seiner Herrin; schritt dann durch das Zimmer, wo die beiden Wachsoldaten Haltung annahmen und soeben ihre Tätigkeit beendet hatten. Kurz klärt er sie über den Sachverhalt weitergehend auf, ohne zu sehr ins Detail zu gehen und verordnete den morgigen Dienstplan. Anschließend wurden beide Zimmer sorgsam versperrt; ein Schlüssel verblieb bei Michel selbst, der andere ging an Lilliana.

Gemeinsam machte man sich auf durch die Straßen von Gent, in denen man nur hin und wieder das alltägliche Leben vermuten konnte. Die Stadtwachen zogen etwas müde ihre letzten Runden bis zur Wachablöse, hie und da sah man bereits vereinzelte Handwerker und in diesem Falle gerade die Bäcker, schon ihr Tagwerk beginnen. Frisch gebackenes Brot, war beliebt bei Alt und Jung doch nur die wohlhabendsten konnten sich diesen Luxus leisten. Davon lebten die Bäcker aber generell war es üblich die Öfen schon frühzeitig anzuheizen, denn die Bürger wollten essen. Viel lauter durfte es jedoch nicht werden, war doch eine gewisse Nachtruhe unumgänglich, sodass es auch keine betrunkenen Schankgäste oder allzu viel zwielichtiges Gesindel auf den Straßen anzutreffen war.


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Die Schmieden heizten ebenfalls die Öfen auf und ab und an sah man noch andere Kaufleute sich auf den kommenden Tag vorbereiten. Das eigentliche Leben, spielte sich bei Tage ab; eine Tatsache die niemand leugnen konnte und die den Kreaturen der Nacht doch stets nur eine sehnliche Erinnerung an die Sterblichkeit blieb. Einer der Bäcker, wies ihnen kurzerhand den Weg zum Waisenhaus und wirkte für diese Tageszeit schon bemerkenswert wach; wohl alles eine Frage der inneren Uhr. Über einige gepflasterte Straßen und mit hübschen Blumen verzierten Gässchen, erreichten sie an diesem kühlen Morgen die besagte Stelle des neu errichteten Waisenhauses von Gent. Interessanterweise, war das eigentliche Haus rund um einen Innenhof angelegt worden, den man durch einen relativ schmalen Rundbogendurchgang betreten konnte. Ein kleines, schmiedeeisernes Tor, stand offen und konnte wohl im Bedarfsfall auch verschlossen werden, sodass man an einem kleinen Seil ziehen konnte, welches wohl zu einer Glocke ins Innere des Hauses führte. Eine zweistöckige Anordnung von eher kühlen, nüchternen, dafür aber sehr soliden Stein der den Witterungen standhaft trotzte und ein kleiner Innenhof mit eigenem Brunnen und ein paar herumstehenden Fässern, aufgestapeltem Feuerholz und einer gemauerten Nische, aus der es stark nach Pferdemist stank. Das ganze Gebäude war vermutlich sogar unterkellert und wenn man sich noch den kleinen, viereckigen Turm an der einen Seite besah, musste man unweigerlich feststellen, dass dies wohl ein ehemaliges Wirtschaftsgebäude gewesen sein musste, das ein ganzes Heer an Arbeitern und Tagelöhnern Unterkunft gegeben hatte. Das oder ein Gefängnis. Schroff und solide, nicht sonderlich ästhetisch oder einladend aber äußerst zweckdienlich. Alida wäre wohl begeistert gewesen. Jedes Zimmer schien Fenster zu besitzen und schon jetzt brannte noch Turm als auch in einigen Zimmern bereits das Licht von hellen Kerzen, die sich zu den Pechfackeln und Ölpfannen gesellten. Irgendwo schnaubte ein Pferd und wenn sie sich nicht ganz verhört hatte, hatte da auch ein Schwein gegrunzt. Vielleicht hatte das Waisenhaus sogar einen kleinen eigenen Stall für den täglichen Bedarf? Und da hinten flatterte etwas in einem hölzernen Verschlag: Hühner? Es mochte vielleicht nicht schön sein und hätte gut und gern etwas Farbe vertragen aber rein äußerlich gesehen, war an dem Standort wirklich nichts zu bemängeln. Was aber in seinem Inneren vorging, darüber konnte die Gräfin von Erzhausen nur Mutmaßungen anstellen. An einem großen, eisernen Wandschild vor dem Durchgang, das wohl erst kürzlich angebracht worden war stand zu lesen:

Zitat:
Heim für unerwünschte Kinder Gent; gestiftet von seiner Eminenz Bischof Martin von Brüssel anno Domini 1225.


In geschwungenen Lettern stand darunter noch ein recht kunstfertig graviert Bibelvers:

Zitat:
venite ad me omnes qui laboratis et onerati estis et ego reficiam vos.



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[Seltsam aber wahr: ]

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BeitragVerfasst: Fr 2. Sep 2016, 14:16 
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Lilliana bewegte sich vorsichtig um das Gebäude einmal herum, begutachtete es von allen Seiten. Die Nutzfläche, der Aufbau des Hauses gefielen ihr und wie es scheinte, hatte man Gottes Segen an diesem Ort. Vor der Plakette blieb sie einen Moment stehen und schüttelte bedeutsam den Kopf, während sie gleichzeitig den lateinischen Bibelvers für sich, für Michel und die Soldaten übersetzte. (Linguistik 2: Latein) Ungewohnt war die Stimme bei der Übersetzung nüchtern, sogar nicht ganz zufrieden, mit dem was sie dort las. "Wahrlich, seine Eminenz maßt sich an ein Urteil zu fällen, dass Gottes Kinder, die er hier bei sich beherbergt, unerwünscht für ihre Eltern waren oder sind. Nennt mir eine Mutter, die leichtfertig ein Kind, welches sie Monate unter dem Herzen getragen hat, weggibt." Lilliana hielt die Stimme gesenkt, aber ihr Stimmton unterstrich nur noch die ausgesprochenen Wörter. Dann strich sie mit den Fingern einmal über die Plakette, als wolle sie die Wörter dort wegwischen und ihre Stimme erklang wieder sanfter: "Aber Jesus sprach: Lasset die Kinder und wehret ihnen nicht, zu mir zu kommen; denn solchen gehört das Himmelreich." Sie schlug ein Kreuz und trat dann etwas zurück. Erst jetzt aktivierte sie ihre geschärften Sinne, suchte mit den Augen nach Bewegungen, roch mit der Nase nach Blut und hörte mit den Ohren nach menschlichen Schritten. Natürlich war auch ein Waisenhaus mit Kindern ein Haus, in dem nie alle schlafen, aber sie erwartete ja auch nicht, dass es alle taten, wenn ihre Vermutung stimmte und etwas oder jemand dort sein Quartier aufgeschlagen hatte.


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BeitragVerfasst: Fr 2. Sep 2016, 20:05 
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Das kleine, gravierte Schild vor dem Durchgang war höchstwahrscheinlich von der Stadtverwaltung oder der Schwesternschaft in Auftrag gegeben worden, ohne das der Bischof dafür ein persönliches Eigeninteresse gezeigt hätte. Es durfte durchaus bezweifelt werden, dass der mächtige Kirchenmann überhaupt nur einmal einen Fuß in das von ihm zur Verfügung gestellte Haus gesetzt hatte. Falls jemand den hier lebenden Kindern und Angestellten Gottes Segen erteilt hätte, dann war es im besten Falle noch der örtliche Pfarrer gewesen. Bischof Martin von Gent, geruhte wohl eher nicht sich mit derlei Kleinigkeiten zu befassen. Trotzdem konnte man Anstoß an der Bezeichnung des Gebäudes, als auch dem darunter verzeichneten Bibelvers nehmen, so man sich denn näher damit beschäftigte. Dem gemeinen Bürger, der ohnehin nicht lesen oder schreiben konnte, blieben solche Feinheiten jedoch zumeist verborgen. Ebenso die Feinheiten und Nuancen der Umgebung, den nur ein geschultes oder gar übernatürliches Auge in gestochener Klarheit und Genauigkeit wahrzunehmen vermochte. Die Gräfin verfügte über diese Kräfte und noch einige mehr. Die Schatten an den Wänden traten zurück, bildeten scharf geschliffene Kontraste und Ränder zu den erleuchteten Bereichen. Die Luft war erfüllt vom Gestank des Stalles und sie vernahm das leichte Grunzen der Schweine und das Schaben der Hühner auf altem Holz des Verschlages. Dann öffnete sich recht zügig eine der Türen zu ihrer linken und heraus kam eine recht junge Frau, die sie um die achtzehn schätze und zwei weitere Mädchen, die um einiges jünger schienen. Vielleicht fünf oder sechs.

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Sie trugen einfache aber saubere Kleider mit ausgefransten Schürzten und mühten sich einmal mit einem großen Jutesack, sowie zwei schweren Holzeimern ab. Beide Mädchen wirkten müde und noch etwas benommen; kein Wunder bei der Uhrzeit. Aber Morgenstund hatte ja bekanntlich Gold im Mund und schwere Arbeit war das Los der einfachen Bevölkerung. Die ältere Frau, trug selbst einen großen Eimer in der Hand und schritt an einen kleinen Brunnen, wo sie ihn an einen rostigen Haken hängte und hinabließ. Ihre Worte wären für einen Sterblichen nicht zu vernehmen gewesen aber dank ihres ausgezeichneten Gehörs, verstand Aurora jede Silbe der gebrochenen Sprache. „Du… Milch…“, meinte die Frau zu einem der Mädchen und machte eine flinke Geste Richtung Stall. Das andere Mädchen wurde mit: „Füttern… Hühner… nichts Korn verschwenden… Frühstück müssen fertig - Davaj. “, davongeschickt. Sich eine Strähne des dunklen Haares aus dem Gesicht streichend, betätigte sie die quietschende Handkurbel und schöpfte Wasser.

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BeitragVerfasst: So 18. Sep 2016, 13:54 
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Lilliana blieb starr stehen, gleich einer Statue, auch wenn ihre Augen gespannt und konzentriert auf die älteste der drei Personen gerichtet war. Aber an den gezeigten Taten war nichts auffälliges, Milch musste von den Kühen gemolken, Schweine und Hühner gefüttert werden.
Und dennoch, wenn sie näheres wissen wollte, muss sie versuchen mehr in Erfahrung zu bekommen. Dawaj: das Wort kannte sie nicht aus ihrem Wortschatz, die Sprache ihr fremd. Lilliana wechselte die Stufe ihrer Disziplin und drang weiter vor. Aus dem sichtbaren zum sehen wurde das nicht sichtbare klarer. Ihre Aura drang zu ihr durch (Auspex 2: 3 Erfolge) und malte eine neue weitere Facette der jungen Frau.

"Sie beginnen zu erwachen." leise an Michel gerichtet.


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