Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
Aktuelle Zeit: Fr 3. Mai 2024, 03:01

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde





Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 27 Beiträge ]  Gehe zu Seite Vorherige  1, 2, 3
Autor Nachricht
BeitragVerfasst: Mi 29. Jul 2015, 09:39 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Mi 17. Jun 2009, 20:52
Beiträge: 1371
Alida strich sich die blonden Haare hinter die Ohren. „Ich habe keine Ahnung, was in einer solchen Situation zu tun ist. Ich weiß nicht, was richtig, was falsch ist. Hatten wir nicht schon einmal ein Gespräch über Entscheidungen und Konsequenzen?“ Sie seufzte. „Vielleicht habe ich mich tatsächlich in alle den Jahrzehnten tatsächlich in Alyssa getäuscht und sie ist ganz anders als ich dachte. Das macht alles so wenig Sinn. Das Blut eines Kainiten mag ein wenig verändern, ihn an einen binden, den Menschen etwas reizbarer machen, ein erster Schritt in Richtung Raserei, wenn man so will… aber es dreht den Charakter nicht komplett um. Zumindest dachte ich das…“
Sie schüttelte den Kopf. Ihre Stimme hatte etwas Scharfes. „Sobald dieses Kind da ist und sie nicht mehr gefährden kann, sollte sie vom Blutsband entwöhnt werden und ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Vielleicht will sie heiraten, irgendwo anders ihren Gefühlen nachgehen oder ins Kloster? Es liegt an ihr selbst zu entscheiden. Aber ein Ghul, der sich so wenig unter Kontrolle hat ist eine Gefahr.“ Sie seufzte wieder. „Vielleicht sollte sie mal mit Katharina reden…“
Sie blickte Leif von ihrem Stuhl aus an. „Du hast von Balduin geredet. Ich habe ihn damals sehr gut gekannt, als er jung war. Ein Junge mit unglaublichem Tatendrang und Idealismus. So viel, dass ich damals dachte er stürzt sich in die nächstbeste Schlacht um dort einen armen Verletzen heraus zu ziehen. Ich hatte gehofft, du könntest ihn auf eine realistischere Bahn lenken. Doch dann ist er in die Hände von Draga und Costayne geraten…“ Alida wartete, überlegte eine ganze Zeit lang. „Ich glaube nicht, dass ihn das Blutsband verändert hat, sondern die Macht seiner eigenen Taten. Die Tatsache, dass er zu Verrat und Zerstörung fähig ist. So wie wir fast alle.“ Ihre Stimme nahm eine kaum hörbare Lautstärke an. „Ich weiß nicht mehr, wie er jetzt ist. Er hat sich dafür entscheiden, dass van de Burse nichts weiter als ein Nachname für ihn und seine Kinder ist und das muss ich leider respektieren.“ Sie fuhr sich über die Unterlippe. „Aber ich denke, was ihn jetzt gebrochen hat ist die Trennung von Katharina. Das war nicht richtig, Leif! Einfach nicht richtig. Weder für Balduin, noch für Katharina, noch für Karl- Christian. Nichts hat das Recht eine Familie auseinander zu reißen.“ In ihrer Stimme lag ein Vorwurf. „Du hättest einschreiten, die drei irgendwo hin bringen müssen. Nach Konstantinopel, Deutschland, Amsterdam… was weiß ich. Wir verfügen über genug Einfluss um das zu bewerkstelligen. Das weißt du genauso gut wie ich. Warum hast du das zugelassen?“
Sie schüttelte den Kopf um die Gedanken zu vertreiben. „Es ist egal. Das ist vorbei, oder? Es lässt sich nicht mehr ändern. Jetzt darfst du dich mit Karl- Christian, alkoholkranken Balduin, deinem wenig vertrauenerweckenden Ghul John und deinen anderen Freunden aus Konstantinopel rumschlagen und ich mich mit der kontrolllosen Alyssa und der lieben alten Familie. Wer von uns beiden zieht wohl das bessere Los?“ Sie versuchte ein aufmunterndes Lächeln, aber so ganz wollte es ihr nicht gelingen

_________________
Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Mi 29. Jul 2015, 09:39 


Nach oben
  
 

BeitragVerfasst: Fr 31. Jul 2015, 14:27 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Fr 24. Jul 2009, 01:13
Beiträge: 1417
Der Sturm kam plötzlich und ohne Vorwarnung. „Du wagst es wirklich mir Vorwürfe zu machen Alida?“ Leif war empört und lief im Raum auf und ab, seine Stimme überschlug sich fast. „Von unserer heiligen Lilliana höre ich mir solche Sachen ja noch an, aber von dir? Ich habe eine Gegenfrage Alida. Warum behältst du deine ganze Familie denn immer um dich obwohl du jederzeit rasen könntest, lässt Vampire in deinem Haus aus- und eingehen und setzt den unwissenden Teil deiner Verwandten der Gefahr aus von denen die dir Schaden wollen als Bauernopfer missbraucht werden? Ich sage dir warum Alida – du brauchst sie um dich selber gut zu fühlen. Es hilft dir die Illusion zu erschaffen von jemandem gebraucht zur werden.“ Er setzte sich sprang dann aber gleich wieder auf, die Wut schien zurückgekehrt. „Glaubst du etwa es ist mir egal wie es Balduin geht? Nein, ich wollte nie das es so schlimm für ihn kommt, oder auch Karl. Sie sollten einfach nur ein normales Leben haben, ohne verfolgt zu werden oder auf der Flucht vor der Kirche und das an dem Ort wo sie alle hingehören - Brügge! Der Junge sollte als normaler Mensch aufwachsen und nicht als Teil meiner ‚Freunde von Konstantinopel‘.“ Leif ging immer noch auf und ab, inzwischen schneller beinahe wie ein gefangenes Raubtier im Käfig.

„Ich habe versagt. Sag es ruhig. Ich hatte die Hoffnung, dass Balduin und Karl besser mit allem klar kommen, aber so war es nicht. Offensichtlich ist es nicht jedem vergönnte eine perfekte Familie zu haben in der es nie Probleme gibt und alles immer wie geplant läuft.“ Dieser letzte Satz war von so viel Emotionen unterlegt, dass es Alida schwer fallen würde dessen Bedeutung zur Gänze zu erfassen. War da Verachtung in Leifs Stimme gewesen? Oder doch er Unglaube? Etwa...etwa Neid?

Dann schaute er ihr in die Augen. „Aber nun? Was ist jetzt? Etwas was du nicht vorhergesehen hast bedroht deinen perfekten Plan, deine perfekte Familie. Die gefallene Tochter der van de Burses. Das nicht perfekte Kind. Plötzlich ist sie doch nicht wie Frederik, Marlene oder Georg. Bringt das nun deine ganze heile Welt ins Wanken? Was wirst du tun? Mit Alyssa? Wirst du sie wegwerfen und austauschen, weil sie deinen Ansprüchen nicht genügt und aus der Reihe tanzt? Dann bin ich ja froh das wir niemals herausfinden mussten, was du mit Balduin getan hättest wenn er damals nicht von alleine gegangen wäre.“ Die Worte hatten einen trotzigen und giftigen Klang.

Leif ließ sich auf einen Stuhl sinken. Er schien die Worte in dem Moment zu bereuen, als sie seinen Mund verließen. Die Wut die vorher noch so lichterloh brannte war einfach verraucht. „Es tut mir Leid Alida. Du hast einen wunden Punkt getroffen und ich bin wütend geworden, habe mich dabei vergessen, war unfair zu dir und habe nur nach Worten gesucht mit denen ich verletzen kann. Ich hoffe du kannst mir irgendwann verzeihen auch wenn ich weiß das ich die Worte von eben nicht so einfach zurücknehmen kann.“

(Der Teil kommt nur wenn Alida seine Entschuldigung annimmt und nicht gleich entrüstet die Zuflucht verlässt. Ansonsten lösche ich es ;) )
---

Der Salubri fuhr fort und seine Stimme wurde wieder weniger emotional, aber auch distanzierter. "Wie ich bereits sagte es tut mir ehrlich Leid. Du musst selber entscheiden was du mit Alyssa machst. Ich bin wohl der allerletzte der dir Rat in dieser Angelegenheit geben darf, nach allem was ich falsch gemacht habe. Aber das Kloster klingt für mich nicht einmal wie die schlechte Idee. Katherina hat mir gesagt es geht ihr gut." Die Stimme des Nordmannes war erheblich leiser geworden als er seine Verwandte erwähnte. "Oder sie geht zu Balduin, dann hätte er wieder eine Aufgabe auch wenn dieser versuch vielleicht für beide nach hinten losgehen könnte wenn man nicht vorsichtig ist, eine Sache sollte aber trotz allem und generell klar sein. Unser Blut ist nach wie vor eine Droge und Menschen die einmal davon gekostet haben gieren oft auch noch Jahre später danach. Manche mehr, manche weniger, das hängt wohl mit ihrer Willensstärke zusammen, aber niemand ist danach wieder der Selbe. Ich habe selbst einmal gesehen wie ein alter Ghul seinen eigenen Enkel wie ein Schwein abgestochen hat, nur in der Hoffnung ein paar Tropfen vampirisches Blut trinken zu dürfen. Ich glaube ehrlich unsere Vitae kann gefährlicher sein als wir uns manchmal selbst eingestehen wollen." Leif zögerte kurz und sprach dann weiter. "Das ist auch der Grund wieso ich Karl-Christian in eine Pflegefamilie geben werde. In zwei Jahren ist er alt genug um als Knappe bei einem Ritter zu dienen. Der Junge ist brutal, ungeduldig und taugt weder zum Heiler, Handwerker noch Händler. Als Knappe lernt er wenigstens Disziplin und seine martialische Ader gereicht ihm zum Vorteil. Wer weiß wenn er sich gut anstellt könnte er sogar vielleicht irgendwann sein eigenes Rittergut erhaltene und in den niederen Adel aufsteigen. In jedem Falle wäre er weg von dem ganzen Chaos hier."

Leif legte den Kopf in den Nacken und schloss kurz die Augen und strich sich mit beiden Händen über die Schläfen, so als würde er böse Gedanken, oder einen Kopfschmerz verscheuchen wollen. Überraschenderweise lachte der Medikus aber als er Alida ansah. Eine ehrliche Zurschaustellung von Emotionen wie es schien. "Ich gebe dir Recht Alida. Wir reden wirklich immer nur wenn gerade das Schicksal dieser Stadt wieder einmal auf Messers Schneide steht oder es um Entscheidungen geht, die emotional und tiefgriefend sind." Er machte eine Pause und das Lächeln in dem schönen Gesicht wurde ein wenig weniger. "Das ist ermüdend. Ich will nicht immer mit dir kämpfen müssen und ich weiß auch nicht wieso wir immer eine solche Situation geraden. Vielleicht sollten wir einmal versuchen aus diesem Kreis auszubrechen und irgendwas Nettes machen. Ausreiten zum Beispiel, über den Markt schlendern oder zu einem von Gerrits geplanten Theaterstücken gehen. Eben etwas das nichts mit ewiger Verantwortung oder Vorwürfen und dergleichen zu tun hat." Die Stimme von Leif ließ den Vorschlag heiter klingen, fast wie eine Art gut gemeinten Witz aber in seinen Augen könnte sie sehen, dass der Vorschlag und die Idee die er ihr gerade unterbreitet hätte durchaus ernst gemeint war.

_________________
- Do not go gentle into that good night. Rage, rage against the dying of the light. -


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

BeitragVerfasst: Fr 31. Jul 2015, 21:08 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Mi 17. Jun 2009, 20:52
Beiträge: 1371
Alida hörte sich seine Vorwürfe ruhig an. Sie musterte ihn dabei als versuche sie ein schwer lösbares Rätsel zu ergründen. In den hellen Augen erkannte er schließlich etwas, das man nicht oft darin lesen konnte: Mitgefühl.
„Leif?“ Ihre Augenbrauen verzogen sich nachdenklich. „Was ist es, das dich wirklich beschäftigt?“ Sie kaute auf ihrer Unterlippe und ließ die Zeit verstreichen ohne ihn aus den Augen zu lassen. „Du hast ein seltsames Bild von mir und ganz gleich, was ich tue, du wirst mein Handeln immer gegen mich auszulegen wissen, oder? Ich habe meine Familie um mich, zum Guten wie zum Schlechten. Es ist eine stete Gefahr, aber ich bezweifle, dass sie ohne mich in geringerer Gefahr wären. Die Familie wäre längst auseinander gefallen, jeder müsste sich irgendwie allein durchschlagen. Das gelingt uns van de Burse scheinbar nicht so gut, wie man es sich vielleicht wünschen würde. Es macht keinen Sinn sich über was wäre wenn Gedanken zu machen. Es ist so wie es ist.“
„Ich denke nicht, dass du versagt hast. Das, was ich so bedenklich finde ist, dass du nicht versucht hast, sie als Familie zu retten. Sie gehören zusammen. Verdammt!“ Ihre Stimme war lauter geworden. Sie lehnte sich auf dem Hocker zurück und ließ die Zeit verstreichen. Dann seufzte sie und sah ihn fragend an. „Was ist dein wunder Punkt von dem du sprichst? Der, der dich wirklich beschäftigt, Leif?“


Sie hörte sich seine Ausführungen in aller Ruhe an, doch konnte er ein Aufblitzen erkennen als die Worte auf Karl- Christian kamen. „Ihre Antwort kam prompt. Der Junge ist dein Nachfahre, oder? Es ist nicht richtig, wenn du dich so aus der Verantwortung nimmst. Er hat dir doch einst mal viel bedeutet. Und jetzt, wenn er sich anders entwickelt als du dir erhofft hast, willst du ihn abschieben? Rede mit Katharina und Balduin, sorg dafür, dass die drei wo anders leben können, wenn du willst fernab des Chaos, das hier herrscht. Und wenn du das nicht kannst oder willst, dann schick sie zurück zu meiner Familie, denn da gehören sie auch hin.“ Ihre nächsten Worte klangen traurig. „Leif? Das alles endet nicht gut…“
„Ich glaube, wir beide eignen uns schlicht und ergreifend nicht für kurzweiligen Zeitvertreib. Wir planen, handeln, lernen vielleicht aus dem was wir tun, zumindest hoffe ich das, und ziehen unsere Konsequenzen. Haben wir eigentlich unsere steten Schwierigkeiten miteinander weil wie so verschieden oder so ähnlich sind?“

_________________
Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

BeitragVerfasst: So 2. Aug 2015, 19:34 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Mi 17. Jun 2009, 20:52
Beiträge: 1371
Da ich denke, dass die Antwort hier hinein gehört werde ich sie bereits jetzt posten.

2 Wochen später.
Alida stand am Fenster im alten Arbeitszimmer ihres Bruders und sah nach draußen auf den Hof und die dunklen Kanäle. Es klopfte und wenige Sekunden später öffnete sich die Tür. Ein braunhaariger Schopf schob sich durch den Türspalt: Alyssa.
Die Stimme der Frau klang vorsichtig. „Alida? Hast du Zeit für mich?“
Die blonde Frau nickte. „Immer. Das weißt du doch.“
Alyssa trat ein, neben sie ans Fenster und sah hinaus. Sie schwieg.
Die Tsimiske zog fragend eine Augenbraue nach oben, versuchte ein Lächeln. „Setz dich.“ Sie ließ sich auf ein Sofa sinken und hätte sich für die seltsame Förmlichkeit, die seit Alyssas Geständnis zwischen ihnen herrschte am liebsten selbst geohrfeigt.
Die junge braunhaarige Frau verschränkte die Hände ineinander. „Alida? Du hast mich gefragt wie es weiter gehen soll. Wie ich mir meine Zukunft vorstelle? Zunächst einmal: Es tut mir leid, das sich für solche Verwirrung gesorgt habe. Ich stand völlig neben mir. Etwas, das ich selbst so an mir noch nie erlebt habe. Ich möchte, dass du etwas weißt: So etwas wird nie wieder vorkommen! Ich weiß, dass ich in der Lage bin mich so zu kontrollieren wie es notwendig ist. Ein paar Dinge sind mir in der Zeit, die ich mit Nachdenken in meinem Zimmer verbracht habe, klar geworden.“
Alyssa machte eine Pause, sah aus dem Fenster nach draußen, dann z der Kainitin.
„Ich möchte weiterhin den Ghulstatus behalten. Ich kenne meine Aufgaben, meine Verpflichtungen und mir ist klar, dass ich dieses Privileg verliere, wenn ich zu einem unberechenbaren Risiko für die Familie, für dich, werde.“ Sie blickte Alida fest in die Augen um deutlich zu machen, wie ernst es ihr war.
„Aber mir sind auch andere Dinge klar geworden: Ich will auf keinen Fall in ein Kloster. Ich tauge nicht für das aufopferungsvolle Leben einer Nonne. Auch will ich derzeit niemanden heiraten. Vielleicht nehme ich Michel, der wirklich ein lieber Kerl und guter Mann ist, eines Tages zum Mann, aber derzeit will ich keinen Ehemann.“ Alida zog fragend eine Augenbraue in die Höhe. Doch Alyssa hob bereits an um weiter zu sprechen. „Ich liebe es, es mit Michel und dem ein oder anderen Mann zu treiben und darauf möchte ich auf keinen Fall verzichten. Es ist zu gut.“
Alida starrte sie an, schluckte.
Alyssa vollführte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich weiß, du machst dir Gedanken um mich, Gedanken um den Ruf der Familie.“ Sie sah sie eindringlich an. „Ich schwöre dir: ich werde aufpassen. Ich werde mich weder dabei beobachten lassen, noch werde ich zulassen noch einmal schwanger zu werden. Leif kennt genug Mittelchen um einen solchen Zustand zu verhindern. Ich weiß, was ich möchte und ich weiß, dass es möglich ist. Verzeih mir den einen Fehltritt und lass mich meinen eigenen Weg gehen.“
Alida schwieg abwartend und hörte ihrer Großnichte zu.
„Und dann zu dem Kind: Ich eigne mich nicht für die Mutterrolle, Alida. Ich bin nicht die liebevolle Mutter, die nichts als das Wohl ihres eigenen Kindes im Blick hat, ihre Zeit mit Stillen, Windeln wechseln, Kleidchen waschen verbringt. Ich plane die Finanzen unseres Unternehmens, Handelsrouten, den Vergleich von Ein- und Ausfuhrzöllen der verschiedenen Länder. Das ist es, was ich kann und gerne mache.“
Alida ließ einige Sekunden verstreichen, bevor sie ihre Frage stellte: „ Du willst das Kind wegmachen lassen.“
Sie sah den Blick in Alyssas Augen und erkannte, dass sie Recht hatte als diese zu sprechen ansetzte „Ich würde mich gern für diesen einfachen Weg entscheiden. Er wäre kurz und wenig schmerzhaft.“
Wieder schluckte Alida. „Ich glaube, es wäre nicht richtig. Das Kind ist, komme was wolle, Teil der Familie.“
Alyssa biss die Lippen aufeinander und seufzte. „Ich weiß, dass du so denkst. Aber ich bin noch nicht soweit. Vielleicht werde ich eines Tages Kinder haben, sie lieben. Ich habe einen Fehler gemacht, den man leicht wieder korrigieren könnte… „
Alida schüttelte ungläubig den Kopf. „Das kannst du nicht machen.“
Alyssa griff nach Alidas kalten Fingern. „Ja, so würdest du handeln. Ich weiß. Deshalb möchte ich dich bitten:
Lass mich weiterhin dein Ghul sein. Lass mich mein Leben führen so wie ich es möchte so lange ich niemandem damit Schwierigkeiten mache. Ich habe dir nie Probleme bereitet, habe so wie du auch meine Zeit damit verbracht das Beste für die Familie zu geben. Also verzeih mir den einen Fehltritt.“ Wieder wartete sie ab.
„Als Gegenleistung werde ich das Kind bekommen. Es wird sich in dieser großen Familie schon jemand finden, der sich darum kümmert. Vielleicht würde sich Marlene darüber freuen. Sie ist schon seit längerem mit ihrem Mann verheiratet ohne dass sie ein Kind hat, oder meine liebe Base Anna behauptet bei ihrer nächsten Geburt, die ungefähr zum gleichen Zeitpunkt sein wird, sie hätte Zwillinge bekommen. Sie hat bereits fünf. Ein Kind mehr oder weniger würde ihr auch nichts ausmachen. “ Zögernd und leise sprach sie weiter. „Vielleicht solltest du dich darum kümmern, Alida. Ich habe mit Leif geredet und ihn aufgefordert mir die komplette Wahrheit mitzuteilen, jede Vermutung, die er hegt und mir nichts zu verschweigen. Er meinte, es könne sein, dass es sich dabei um ein Monster handelt…“
Alida schluckte schwer.
Nach all der Zeit hatte sie mit allem gerechnet, aber nicht damit. Zum einen war sie froh. Die klar denkende, kalkulierende, logisch denkende Alyssa war zurück. Zum anderen hatten die Erfahrungen, die sie gemacht hatte, dazu geführt, dass sie selbstbestimmt und unbeirrbar ihren Weg gehen wollte.
Alida hatte keine Wahl. Zögernd nickte sie.

_________________
Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Zuletzt geändert von Alida am Mo 3. Aug 2015, 09:12, insgesamt 2-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

BeitragVerfasst: Mo 3. Aug 2015, 17:46 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Fr 24. Jul 2009, 01:13
Beiträge: 1417
(Die Antwort auf Alidas vorherigen Post)

Die Stille auf Alidas Worte zog sich unangenehm in die Länge. Sehr unangenehm, aber dann antwortete
Leif doch. "Es geht dich nichts an was mich wirklich beschäftigt Alida. Darüber hinaus bin ich überzeugt, dass es dich nicht einmal interessiert, schließlich bin ich keiner von 'deinen Leuten' wie du selbst immer so schön sagst." Damit war das Thema wohl für ihn erledigt, denn die Stimme hatte einen endgültigen und neutralen Klang.

"Es macht mich wahrlich traurig, denn ich habe dich hierher eingeladen weil ich dir, vor allem aber Alyssa helfen wollte. Sieh wo wir gelandet sind." Leif wich ihrem Blick aus. "Eine deiner Annahmen möchte ich noch aus dem Weg räumen bevor wir uns heute trennen." Der Nordmann setzte sich wieder hin und sah die Tzimisce wieder an. "Ich bin nicht der, der gerade darüber nachgedacht hat jemanden abzuschieben. Es war Karl-Christians eigener Wunsch Knappe zu werden. Ich spare deswegen seit Monaten jede Münze die ich verdiene um ihm Rüstung, Schwert und Pferd zu kaufen damit er einen guten Start hat. Wahrscheinlich ist dir die Vorstellung aber fremd, dass jemand in Adeligen und Rittern nicht nur Schinder sieht, sondern etwas wie Ruhm, Ehre oder eine Herausforderung der man sich stellen möchte. Eben weil mir der Junge etwas bedeutet lasse ich ihn ziehen. Was die Drei selbst angeht solltest du dir selber erklären können, warum das nicht geht. Bischof Martin wartet nur darauf das wir einen Fehler machen und wenn die drei gehen, dann würde jeder der zurückbleibt darunter leiden. Auch deine Familie. Katherina hat noch immer eine Reihe von Anklagen gegen sich laufen und nur die Klostermauern schützen sie. Das wäre ein gefundenes Fressen für Martin. Es ist schade, dass sich niemand um ihn gekümmert hat als es noch möglich war, wenn man ihn schon nach Genua verschifft, anstelle ins versprochene Norwegen." Der Vorwurf der hinter diesen Worten stand blieb unausgesprochen, aber Alida würde wissen worauf er hinauswollte.

Leif war wieder ruhig und beherrscht. Er hatte wieder sein typisches Wesen, ohne auch nur den kleinsten Riss in seiner Fassade zu hinterlassen, so wie zuvor. "Das einzige Bild das ich von dir habe ist das was du selber projizierst Alida. Nicht mehr und nicht weniger. Der Unterschied ist, dass ich mein Urteil nicht von romantischen Gefühlen wie Lucien, oder dem Wunsch nach einer besten Freundin wie Lilliana beeinflussen lasse. Belüge dich nur selber. Das deine Familie ohne dich auseinander brechen würde zum Beispiel. Das sind alles nur Dinge die du dir selber vormachst um dich. Wichtig und gebraucht zu fühlen." Leif schwieg einen Moment war aber noch nicht fertig. "Vor über einhundert Jahren hatten wir unser erstes Gespräch. Damals hast du kritisiert, dass Adelige sich durch Gottes Gnade herausnehmen über ihre Untergebenen zu herrschen und zu entscheiden. Das Gleiche galt für Prinzen die sich auf Kains Gesetze berufen. Doch die bist inzwischen nicht anders. Auch wenn du nicht Gottes Gnaden, oder Kains Gesetze als Grundlage nimmst, aber etwas das ebenso schlimm ist - deine eigene Überzeugung immer zu wissen was richtig und falsch ist und dich keinen Millimeter von diesen Position fortzubewegen bis dein Willen letztendlich erfüllt ist. Und wenn es nicht nach deinen Bedingungen geschieht, dann drehst du den Dingen einfach den Rücken zu. Du bist zu einem der Tyrannen geworden die du selbst einmal verabscheut hast. Ein anderer selbsternannter Herrscher der letztendlich seinen Willen, seine Werte und seine Weltsicht durchsetzen will. Der seine Günstlinge fördert und nur dann freigiebig und großzügig handelt wenn es ihn selbst nichts kostet. Du verstehst es nur besser dich zu verstellen." Leif stand wieder auf und begann ein paar Fläschchen in einen Lederbeutel zu räumen und suchte nur gelegentlich ihren Blick.

"Das ist es was ich im Moment sehe wenn ich dich anschaue Alida und mein Versuch dich vielleicht noch einmal neu kennen lernen zu dürfen wurde gerade von dir abgeschmettert, was meine Meinung im Grunde nur bestätigt. Ich will nichts gegen dich auslegen. Ich will nur das du einmal ehrlich zu dir selber bist." Leif ging zu einem Stuhl über dem ein grobgewebter schwarzer Mantel lag den er sich dann um die Schultern warf. Ein unmissverständliches Zeichen. "Ich bin müde Alida und damit meine ich nicht, dass ich schlafen muss. Ich bin es leid immer wieder mit dir kämpfen zu müssen und Gespräche zu führen die alles nur noch schlimmer machen. Ich sage nicht das es nicht auch meine Schuld ist, aber vielleicht wäre es gut wenn wir uns eine Zeit aus dem Weg gehen."

_________________
- Do not go gentle into that good night. Rage, rage against the dying of the light. -


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

BeitragVerfasst: Mo 3. Aug 2015, 20:59 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Mi 17. Jun 2009, 20:52
Beiträge: 1371
Alida erhob sich. Sie nickte nur, wandte sich zur Tür.
"Leb wohl, Leif Thorson."
Dann verließ sie den Raum

_________________
Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

BeitragVerfasst: Mi 5. Aug 2015, 10:54 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Fr 24. Jul 2009, 01:13
Beiträge: 1417
Alida hate Leifs Zuflucht bereits fast verlassen und der Nordmann wollte sie schon ohne weiteren Kommentar ziehen lassen, konnte dann aber nicht anders als noch einmal die Stimme zu erheben ob sie wollte oder nicht. "Genau das meine ich. Du drehst den Dingen die dir nicht gefallen einfach den Rücken zu. So wie mir gerade und unsrem Gespräch. Ich weiß auch warum. Du hast Angst das auch nur ein kleiner Funken Wahrheit in den Dingen steckt die ich gesagt habe und bevor du dich mit damit auseinandersetzen müsstest fliehst du lieber."

Mehr hatte der Salubri nicht zu sagen. Eine unheimliche Stille breitete sich in seiner Zuflucht aus. Nichts zeugte mehr von dem desaströsen Gespräch, dass gerade in diesen Hallen stattgefunden hatte. Es war in dieser Nacht etwas zerbrochen zwischen den beiden Kainiten und nur die Götter wussten, ob man je wieder in der Lage wäre etwas an diesem Band zusammenzufügen. Leif seufzte tief. Da war sie wieder die Stille. Die Stille die ihn so oft umfing in den letzten Jahren. Die Stille der Einsamkeit, des Verlustes und des unbarmherzig voranschreitenden Stroms der Zeit. Alida hatte Recht. Sie waren sich einfach zu ähnlich, waren beide zu stolz und unter der harten Oberfläche zu unsicher und verletzlich als man sich je eingestehen würde. Eine gefährliche Mischung. Der Nordmann war sich sicher, dass sie große Dinge vollbringen könnten wenn sie ein einziges Mal miteinander anstelle von nebeneinander arbeiten würden, wie damals als sie Volgar entgültig ausgeschaltet hatten. Das Schicksal hatte manchmal eigenartige Wege, Aber Leif wusste tief in sich auch das er und Alida noch nicht fertig miteinander waren. Es gab noch immer den Pakt den beide während der Nachwehen der Belagerung geschworen und geschlossen hatten. Bezeugt von beiden Familien, Sterblichen und Unsterblichen sowie geschlossen mit ihrem Blut und Erde aus Alidas Apfelgarten. Dieser Schwur um Brügge würde sie irgendwie aneinander binden, ob sie wollten oder nicht.

Bild

Leif begann die Kerzen zu löschen die für die spärliche Belichtung in seinen Räumlichkeiten sorgten und stieg die Treppe hinauf. John wartete auf ihn und Leif nickte ihn kurz zu. "Hast du alles gehört? Ich wäre ja überrascht wenn nicht." Die Stimm des Salubri klang keinesfalls vorwurfsvoll, mehr fragend und als wäre er enttäuscht wenn sich seine Vermutung als falsch herausstellen würde. "Aber wie auch immer." Er wartete nicht mal eine Antwort ab. "Du hattest Recht. Wir und sind kein Stück anders, als alle anderen Kainiten dieser verdammten und dunklen Welt."

_________________
- Do not go gentle into that good night. Rage, rage against the dying of the light. -


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 27 Beiträge ]  Gehe zu Seite Vorherige  1, 2, 3

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde



Wer ist online?

0 Mitglieder


Du darfst keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du darfst keine Dateianhänge in diesem Forum erstellen.

Suche nach:
Gehe zu:  
cron



Bei iphpbb3.com bekommen Sie ein kostenloses Forum mit vielen tollen Extras
Forum kostenlos einrichten - Hot Topics - Tags
Beliebteste Themen: Chat, Erde, NES, Essen, USA

Impressum | Datenschutz