Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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 Betreff des Beitrags: Quaere et invenies
BeitragVerfasst: Di 31. Mär 2015, 09:02 
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Alida schritt durch die Ratskammer des Belfrieds und strich mit ihrer Hand kurz über die glatte Oberfläche des Stuhls an dem sie eben vorbeiging. Das Holz war dunkel und ebenso eben wie edel. Alida erinnerte sich noch wie ein Schiff das kostbare Material von einem Handelszug mitbrachte, der Waren aus dem fernen Afrika nach Brügge schiffte. Ein unregelmäßiger Nachschub sowie der hohe Preis sorgten bis jetzt noch dafür, dass der Handel mit diesem Holz weder gewinnbringende noch regelmäßige Formen hier im Norden Europas annehmen konnte, allerdings hatte sie damals genügend von dem Material auf Lager gehabt um zu beschließen dem Ratssaal eine neue Einrichtung zu schenken. Alida musste kurz seufzen, denn zum Zeitpunkt als diese Möbel entstanden, war alles irgendwie sehr viel einfacher. Der gewaltige Tisch war rund in seiner Mitte war das Stadtwappen von Brügge eingearbeitet worden. Dabei sorgten die Farben verschiedenster Hölzer wie Eiche, Kirsche, Birke und vieler weitere für die entsprechenden Farbkontraste. Die fünf größten Stühle die um die Tafel standen, waren aber der eigentliche Blickfang, denn obwohl sie nicht direkt prunkvoll waren, waren sie doch alle besonders und standen zwischen den kleineren Sitzgelegenheiten hervor, die in gleichem Abstand zwischen diesen standen.

Lucien nämlich, hatte jeden einzelnen dieser Stühle selbst angefertigt ebenso wie den gewaltigen Tisch, alles in einer unendlichen Geduld und Detailgetreue die wohl in dieser Form nur ein Unsterblicher aufbringen konnte wie man zum Beispiel an den Rosen sehen konnte die sich um Liliana Stuhl schlingen und auf denen selbst kleine Tautropfen, nachgemacht aus Bergkristallsplittern, glitzerten. Er hatte jedes einzelne der Ratsmitglieder befragt und die persönlichen Symbole und Vorlieben der einzelnen Kainiten im Holz verewigt. Die Tzimisce ging einen Schritt weiter und atmete einmal tief ein obwohl sie das eigentlich mehr musste. Es war ein purer Reflex gewesen. Auf dem Stuhl an dem Sie nun vorbeikam, lag eine dicke Staubschicht und man konnte nur noch mit Mühe die altnordischen Runen und Heilpflanzen wie Minze, Kamille und Eisenkraut erkennen die ebenso perfekt ins Holz geritzt waren wie die Blüten auf Lilianas Sitz. Auf der Lehne wiederum war ein Gott der Wikinger dargestellt, den Alida allerdings nicht kannte. Sie wischte kurz über die Augen der hölzernen Gottheit, was den Blick auf zwei gelbe Steine freigab die in die Augen eingelassen waren. Man könnte sie auf den ersten Blick für Bernsteine halten, aber Alida wusste das es sich hier um Citrine handelte, ein Edelstein der in Spanien und Russland geschürft wurde und manchmal auch wegen seiner Farbe und Klarheit 'Sonnenstein' genannt wurde. Vielleicht war es an der Zeit den Stuhl zu entfernen, denn bis jetzt hatte sich noch niemand darum gekümmert. Der Gedanke drängte sich ihr im Stillen auf, schließlich waren inzwischen über 10 Jahre vergangen, seitdem das letzte Mal jemand auf diesem Stuhl saß und selbst bei Ratssitzungen mit externen Gästen schien der Stuhl gemieden zu werden, als wäre er verhext.

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Alida drehte sich um, um durch das bunte Fenster aus Butzenglas auf das nächtliche Brügge zu schauen. Die Stadt mit der sie so viel enger verbunden war, als es jemand der nicht ihrem Clan angehörte je verstehen könnte. Erste Schneeflocken fielen vom Himmel, der Winter kam dieses Jahr spät, denn auf den Kanälen begann sich erst so langsam eine dünne Eisschicht zu bilden auf der die Kinder der Stadt ob reich oder arm in wenigen Wochen schlittern würden um Spaß haben und damit die Stadt mit ihrem Gelächter zu erfüllen. Brügge ging es gut und sie würde den Winter wohl ohne große Problem überstehen, aber das lag auch daran das sich die meisten sicher waren, dass er dieses Jahr nicht sonderlich streng ausfallen würde. Das war gut denn ein Winter wie er vor inzwischen über 10 Jahren geschah, könnte die Entwicklung einer Stadt um Jahre zurückwerfen. Der Platz innerhalb der Stadtmauern wurde inzwischen knapper und auch teurer – ihr Anwesen insbesondere mit all den Wirtschaftsgebäuden und ihrem geliebten Apfelgarten war inzwischen aufgrund der schieren Größe um so vieles wertvoller als noch vor ein paar Jahrzehnten. Der Reichtum und die Sicherheit der Stadt zogen eben viele Leute an, die ihr Glück hier versuchen wollten, damit allerdings gar nicht einmal so selten scheiterten.

Nun denn, Alida wandte sich wieder dem Ratssaal zu und entschied für sich, dass hier alles in Ordnung war. Sie hatte sich nur vergewissern wollen, da sie seit einiger Zeit das einzige Ratsmitglied hier in Brügge war und es auch noch mindestens die eine oder andere Woche sein würde. Liliana war wie so oft in letzter Zeit in Brüssel unterwegs, während Gerrit in den Höfen der Liebe zugegen war und diese Termine auch nicht ins neue Jahr verschieben konnte oder wollte. Lucien wiederum war irgendwo unterwegs, wahrscheinlich ohne ein genaues Ziel haben zu wollen sondern lediglich um ein wenig Zeit für sich in der Wildnis zu haben. Es sei ihm gegönnt dachte sie sich, denn die letzten Wochen waren hart für den Hauptmann gewesen. Alida nahm sich ihre Laterne, ein letzter gang stand heute noch aus. Sie wollte sich später mit Frederik treffen, denn es gab noch das eine oder andere was auch sie ihm beibringen konnte, nun da er ein Kainit war aber das Geschäft ließ sie heute noch nicht ganz los. Sie hatte versprochen noch nach der Ladung einer kleinen Kogge zu sehen, die heute Nacht angekommen war. Sie war reichlich verspätet, doch Stürme auf der Ostsee hatten ihren Kurs aufgehalten. Das Schiff war mit Waren aus dem Baltikum beladen, vorranging Pelze von denen sie hoffte diese im jetzigen Winter zu einem hohen Preis verkaufen zu können, allerdings gab es auch noch ein paar andere Dinge wie den starken Schnapps den man im Norden trank, sowie etwas Bernstein und ein paar Kisten hochwertiges Eisenerz. Ja diesen einen Gang musste sie heute noch erledigen bevor sie nach Hause gehen konnte, denn jeder andere der die Ladung abnehmen konnte, war bereits im Bett und zumindest die Pelze sollten morgen früh bereits mit einer Karawane in Richtung Frankreichs geschickt werden um nicht noch mehr Zeit vor dem Winter zu verlieren…

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Alida warf noch einen letzen Blick über die Dächer der Stadt, die hohen Kirchtürme, die dunklen Gassen und hell erleuchteten Straßen. Dann stieg sie die Treppe hinunter und ging zu den Stallungen wo die ihr graues Pferd angebunden hatte. Sie pfiff nach ihrem Hund Cato, der angespannt am Eingang des Gebäudes wartete und hechelnd auf sie zutrabte. Frederik hatte ihr damals geraten, das riesenhafte Tier so zu nennen. Warum hatte sie ihn nie gefragt.
Sie schwang sich in den Sattel und ließ ihr Pferd auf den belebteren Straßen durch die Nacht traben. Draußen war es kalt und desto eher die zu Hause in der warmen Wohnstube sitzen konnte umso besser. Sie näherte sich dem Hafenviertel.
Alida führte ihr Pferd durch die inzwischen gut gepflasterten Straße von Brügge. Das hatte den unschlagbaren Vorteil, dass man sich Kleidung und Schuhe nicht bei jedem Regenschauer, den es hier in Flandern doch häufiger gab einsaute. Alidas riesiger Hund Cato konnte problemlos mit ihrem Pferd mithalten und folgte ihr treu. Die schiere Präsenz des riesigen Tieres half ungebeten Besuch des Nachts von sich fern zu halten. Die Tzimisce erreichte die Unterstadt. Früher gab es hier nur windschiefe Hütten und strohgedeckte Lehmkaten. Diese wurden jedoch inzwischen abgerissen und durch die sauberen Häuser von Händlern und Kaufleuten des nahen Händlerviertels ersetzt, dass inzwischen aus fast allen Nähten platze. Alida kam neben einer Lagerhalle zu stehen, Diese Lagerhalle gehörte ihrer Familie schon seit Jahrzehnten und links und rechts wurden weitere Lagermöglichkeiten für Waren aus aller Welt gebaut. Sie mache ihr Pferd fest und ging in das Gebäude welches mehr schlecht als recht von einer kleinen Laterne erhellt wurde, aber genug Licht bot um die Warenliste der Kogge "Eisbär" einzusehen.

Cato setzte sich neben sie auf den gestampften Lehmboden und wartete. Auf einem Fass fand sie die entsprechenden Listen und sie hatte Jahrzehntelanger Übung einen schnellen Überblick über die Waren. Die acht Kisten Pelze waren da und stichprobenartig überprüfte sie die Qualität. Genauso fand sie die 8 Kisten Eisenerz und 4 Fässer Schnaps. Nur beim Bernstein musste sie nachzählen - es handelte sich lediglich um ein Säckchen voll.
Alida kaute kurz an ihrer Unterlippe. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass einer ihrer Leute die Steine mitgehen gelassen hatte. Die Arbeiter wussten, dass immer nachgeschaut wurde ob die Löschung der Waren erfolgreich verlaufen war und auf Diebstahl drohte die sofortige Entlassung. Vielleicht waren die Steine wo anders? Oder es gab einen guten Grund warum sie nicht mehr da waren. Sie sah sich noch einmal genauer um und würde ihrem „Onkel“ Christian morgen Bericht erstatten. Dann konnte er sich erkundigen warum die Ware fehlte und falls nötig die entsprechenden Schritte einlenken. Jetzt war niemand mehr da den sie fragen konnte. Noch während Alida darüber nachdachte welche Schritte sie heute Nacht einleiten wollte wurde ihr bewusst, dass Cato unruhig wurde und begann hin und her zu laufen. Er schnüffelte und schließlich begann er zu bellen während er vor einem großen Fass mit Getreide stand, dass nicht zum Verzehr sondern zur Aussaat im nächsten Jahr vorgesehen war.

Alida betrachtete den Hund nachdenklich. Dann machte sie sich auf das Fass zu öffnen und vorsichtig hinein zu spähen. Alida bemerkte sofort, dass der Deckel des Fasses nicht mehr fest darauf saß und noch bevor sie ins Fass schauen konnte sprang eine Frau aus dem Fass über und über bedeckt mit Weizenkörnern .Ihre Kleidung war recht schäbig und sie musste etwa Mitte bis ende 20 sein sah aber älter und verlebter aus. Sie zückte einen kleinen Dolch ließ diesen allerdings sofort fallen, als Cato begann bedrohlich zu knurren. Alida zog das Schwert an ihrer Seite und hielt es leicht gesenkt vor sich. Die Situation erschien ihr so unwirklich, dass sie fast lachen musste. „Ähm… Guten Abend. Es freut mich, dass wir euch in unserem gemütlichen Weizenfass beherbergen dürfen. Und ihr seid?“ An der Art und Weise wie die Kleidung der Frau geschnitten war bzw. auch den Gelben Bändern die teilweise daran festgemacht waren konnte Alida erkennen, dass es sich bei der Frau um eine Prostituierte handeln musste.
Die Frau war überrascht, schaffte es aber innerhalb von ein paar Sekunden ihre Haltung wiederzuerlangen und klopfte sich den Weizenstaub vom Kleid bevor sie auf die Frage antwortete. "Mein Name ist Juliana. Ich muss mich wohl verirrt haben...Ich werde mich gleich wieder los machen - ich hoffe eure riesige Bestie hier wird mich nicht zerfleischen?" Die blonde Händlerin verkniff sich mit Mühe ein Lachen. „Ihr könnt gern gleich wieder los. Aber vielleicht wollt ihr mir kurz erklären was ihr bei uns im Lagerschuppen macht, wer euch die Tür geöffnet hat und ob ihr zufälligerweise so freundlich gewesen seid die Bernsteine aufzuheben, die verloren gegangen sind?“ Die Frau atmete kurz durch und entspannte sich auch wenn ihr Gesichtsausdruck resigniert wirkte.

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"Ich bin zufällig hier reingekommen, weil ich dachte, dass... Ach was soll’s - ich hab… einer der Hafenarbeiter hat seinen Verdienst ins Bordell getragen und mir beim Akt erzählt welch schöne Dinge er von seiner letzten Fahrt mitgebracht hat - das typische bla bla bla der Männer eben, was sie sofort vergessen wenn sie ihre Bedürfnisse erfüllt haben." Sie seufzte. Nun ich dachte ich schaue mir die Sachen mal selber an...und ja dabei fand ich diese Steine auf dem Boden...ich wusste nicht das sie wertvoll sind..." Sie warf Alida eine kleine Tasche zu in der sich die Bernsteine befanden. Sie konnte sehen, dass noch einmal etwa die Hälfte fehlte. Sie schwenkte den Beutel in der Hand und seufzte. „Okay. Wenn ihr mir jetzt noch helft den Rest der Steine in den nächsten fünf Minuten zu finden dann vergess’ ich, dass ihr bei uns im Getreidefass übernachten wolltet und informiere nicht die Stadtwache. Seid ihr als ihr hier bei uns eingekehrt seid zufälligerweise auf aufgebrochene Türen oder Fenster gestoßen von denen ich morgen unseren Handwerkern berichten sollte? Seid ihr von den Mädchen aus (name des Bordells von Leif/ Gerrit bitte einfügen)? Ich dachte die Bezahlung wär da gar nicht so schlecht. Na ja… zumindest gut genug um nicht in Getreidefässern übernachten zu müssen.“ Sie versuchte ein Lächeln.

Sie seufzte noch einmal tiefer und griff dann in ihren Schuh um eine weitere handvoll Bernsteine daraus hervorzufischen. Damit war der Inhalt des Beutels wieder komplett. Sie schaute dich wirklich lange an schüttelte dann einmal kurz den Kopf warf dir einen Schlüssel für das Tor zu und sprach dann leise. "Ein einfacher Matrose wird sich niemals im (name des Bordells von Leif/ Gerrit bitte einfügen ;) ) vergnügen. Das ist nur was für die die wirklich Geld haben. Aber was stört es euch, nicht wahr? Ein paar Goldstücke mehr und mehr und immer mehr...ihr werdet immer reicher während wir immer ärmer werden. Es ist ja nur noch eine Frage der Zeit bis ihr uns aus eurer feinen Stadt werft, wenn wir nicht mehr ins Bild passen weil wir uns keine Silberschnallen an den Schuhen leisten können. "Die Frau machte sich schließlich auf den Weg nach draußen adressierte dann aber noch einmal Alida. „Habt dank, dass ihr nichts der Stadtwache verratet - sie würden schlimmere Dinge mit mir anstellen, als ihr oder irgendeine Frau sich je vorstellen sollte." Wieder seufzte Alida. „Danke für die netten unterschwelligen Vorwürfe, Julianna. Es tut mir leid, wenn ich dich enttäuschen muss, aber ich kann mich leider nicht um jeden einzelnen Bewohner von Brügge kümmern, aber ich geb’ dann und wann wenn ich mal nicht meine Silberschnallen an den Schuhen poliere mein bestes.“ Falls du noch über andere Fertigkeiten verfügst außer Männer glücklich zu machen und wundersame Geldvermehrung dann kann ich mich mal umhören ob wir vielleicht was für dich finden können.“

"Ihr versteht das Problem nicht, aber das ist weder mein Begehr noch habe ich es erwartet. Es geht nicht um mich oder um die ein oder zwei anderen die von den Almosen derer leben die Geld und Einfluss haben. Wir werden aus unseren Häusern geworfen weil ihr Platz für neue braucht und wenn wir uns versuchen zu beschweren lacht man nur über uns in eurem feinen Ratssaal. In den Slums vor der Stadt geschieht täglich Mord und Totschlag für einen Kanten Brot aber die Stadtwache schafft es immer diesen Teil der Stadt zu umgehen weil es wie sie sagen, ja technisch nicht mehr zur Stadt gehört. Ihr mögt euch alle Händler Patrizier und Kaufmänner nennen, Bürger von Brügge aber ihr seit auch nicht anders als die Aristokraten - wenigstens haben uns die Aristokraten nicht die Illusion gegeben, dass Dinge anders sein können und diese Hoffnung dann vor unseren Augen zu zerschmettern. Diese sogenannte 'Chancengleichheit' und Möglichkeit sich mit harter Arbeit Wohlstand zu erarbeiten ist der größte Witz dieses noch jungen Jahrhunderts. Fragt mal wie viel ich arbeite - ich mache Tag UND Nacht die Beine breit und stehe trotzdem am Ende jeden Monats vor dem Nichts." Sie schaute von dir weg und ging dann in Richtung Tür. "Es tut mir Leid. ich wollte euch nicht verbal angreifen. Es ist nicht eure Schuld und ihr seid auch nur ein Rad in diesem Getriebe. Gute Nacht Händlerin."

Wie sie es liebte für die Probleme der ganzen Welt verantwortlich gemacht zu werden. Immer das gleiche. Sie war wütend. Die junge Frau brach bei ihr ein, stahl fremdes Eigentum und besaß obendrein noch die Dreistigkeit sie zu beschimpfen. Da fühlte man sich doch für den Rest des Abends gleich besser. Sie setzte sich auf das Getreidefass und sah nachdenklich der Frau hinterher. Das einzige, das sie tun konnte war mit Lucien zu reden um die Stadtwache anzuhalten häufiger in den Armenvierteln zu patrouillieren. Sie konnte das Problem der steigenden Grundstückspreise mal ansprechen, versprach sich davon jedoch nicht viele Handlungsmöglichkeiten. Die Stadt wuchs, das machte den Kern attraktiver. Die Ärmeren wichen für gewöhnlich in die Gebiete außerhalb der Stadtmauer aus… Sie saß wohl noch eine halbe Stunde so da und grübelte.
es wurde schnell wieder ruhig und irgendwann merkte Alida, dass sie noch immer die Bernsteine in der Hand hatte. Als sie diese in den Beutel zu den anderen tun wollte, sah sie etwas. Einer der Steine war kein Bernstein sondern ein Citrin wie sie ihn heute schon gesehen hatte. Dieser Edelstein war bei weitem wertvoller als normaler Bernstein und irgendwie untermalte der Anblick ihrer Handfläche die Worte der Prostituierten gerade ein wenig. Alida griff zu einer Waage und wog die Steine. Es schien alles zu stimmen. Es gab eine kleine Diskrepanz aber die Möglichkeiten des Wiegen im Mittelalter waren eben nicht ganz genau und es lagt immer noch im tolerierbaren Bereich.

Alida zuckte mit den Schultern. Anscheinend hatte sich der Händler aus dem Baltikum vertan. Sie legte die Steine zurück in den Beutel, nahm sich den Citrin heraus und packte ihn in die Tasche ihres Mantels. Einen Moment war sie am überlegen ob die Prostituierte vielleicht die wahre Besitzerin des Steins war. Alida hatte keine Lust das Eigentum einer armen Hafendirne zu beanspruchen aber auf der anderen Seite stand ihr auch nicht der Sinn danach durch die Straßen der Stadt zu wandeln um eine Prostituierte zu suchen, die ihr mit Sicherheit nicht den richtigen Namen genannt hatte. Julianna würde sich schon melden, wenn sie den Stein vermissen würde. Alida entschied sich dazu ihn mitnehmen. Im Gedenken an den Heiler, den sie scheinbar nie wirklich verstanden hatte. Die nächste Nacht brach an und Alidas Gutsverwalter Georg würde schon gebannt und aufgeregt darauf warten, dass sie aufwachte. Alida setzte sich neben Georg an den Küchentisch. Sie wusste, dass es anstrengend für ihn war länger zu stehen. Bei dem Gedanken musste sie den Kloß aus Schlechtem Gewissen hinunter schlucken der nach wie vor auf ihr lastete. Sie versuchte wie in jeder Nacht sich nichts anmerken zu lassen und lächelte. „Erzähl schon Georg. Was war los?“ Georg würde so schnell er eben konnte Alida bitten mit ihm in einen Kellerraum zu kommen. Er würde keine Fragen beantworten aber zeigen wie wichtig es ihm war. In dem Keller wurde normalerweise Pökelfleisch und Gemüse für den Winter gelagert aber da lag noch etwas anderes ein Paket? eingewickelt in graues Tuch, auf dem Stein auf dem sonst immer das Fleisch zerteilt wurde. Georg würde schließlich mit einem Ruck das Tuch wegziehen und darunter kam ein Kopf zum Vorschein.

Ein abgetrennter Kopf von der Prostituierten Julianna. Georg würde sich räuspern. "Sagt dir das irgendwas Alida?" Er war nervös "Der Kopf lag vor dem Tor - ich habe beschlossen ihn hier runterzubringen damit keine Panik ausbricht. Der Kutscher hat ihn gefunden. Alida schüttelte nur den Kopf. Sie begann zu zittern und hatte Mühe auf den Füßen zu bleiben. Sie zwang sich den Kopf noch ein Mal näher zu betrachten dann würgte sie und legte das Tuch wieder über das Gesicht. Sie schluckte hart. „Ich hab das Mädchen gestern bei uns im Lagerhaus erwischt als es einen halben Beutel Bernsteine klauen wollte. Sie hat mir leid getan und ich hab sie gehen lassen. Sie hat mir beim Rausgehen noch ein paar Vorwürfe gemacht, über die Ungerechtigkeiten unserer Welt aber ansonsten war alles unauffällig.“ Sie seufzte, dachte noch einmal scharf nach und zog dann den Citrin heraus. Bis auf die Tatsache, dass ich später einen Citrin statt einem Bernstein im Beutel gefunden habe.“ Wieder schüttelte sie voll Unglauben den Kopf. Georg wurde wieder nervös und schien in seiner Jackentasche zu wühlen. "Alida das hätte ich fast vergessen! Hier sah ich in ihrem Mund blitzen als ich sie hier unten hingelegt hatte." Er zeigte ihr einen gelben, klaren Stein. Ein Citrin. Einer der dem anderen gar nicht so unähnlich sah. Er schwitze und schluckte. "Glaubst du das hängt zusammen?" Alida konnte sich ein Gedanke aufdrängen so viel Citrine in so kurzer Zeit...konnte das ein Zufall sein?

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Sie sog tief die kalte Kellerluft ein. Dann schritt sie näher an Georg heran und legte ihren Kopf auf die Schulter des alten Mannes. „Ach Georg…“ Sie blieb einfach so stehen und ließ die Sekunden verstreichen. Die folgenden Worte spie sie fast aus und ihre Stimme schwankte vor unterdrücktem Zorn. „Ich hab das alles so verdammt satt. Diese Intrigen und Spiele um Macht…“ Sie sah zu dem Bündel dann in die grauen Augen des alten Freundes und ihre Stimme wurde laut vor Wut. „Gottverdammt, Georg. Sie haben diese Frau geköpft um uns oder mir eine Warnung zu schicken! Geköpft! Sie war nur eine einfach Prostituierte und wer auch immer diese Leute sind: Sie ermorden eine Unschuldige um uns zu „warnen“. Ist die Vorstellung mancher Menschen nicht Wahnsinn? Ich wünschte sie würden alle für ihre Vergehen in der Hölle schmoren. Und ich verstehe, dass…“ Die folgenden Worte lagen ihr auf der Zunge, aber sie schluckte sie unter bevor Georg sie hören konnte. ‚… ich verstehe Emilians Wunsch sie alle in ihre persönliche Hölle schicken zu wollen!‘
Sie wandte sich ab und sah zu Boden. Sie fühlte sich uralt und erschöpft. Sowohl Georg als auch sie hatten ihre Zeit um ein vielfaches überschritten. Sie sah in das faltige Gesicht. „Danke, dass du da bist.“

Sie zog ihren Mantel enger um die Schultern. „Georg? Trommel Christian, Frederik und Marlene zusammen. Und wen du noch vertrauenswürdig hältst… Ich werde derweil Briefe an Lucien und Gerrit aufsetzen. Zum einen möchte ich schauen ob die Patrouillen in den Armenvierteln nicht verdoppelt werden können und ob die Stadtwache vielleicht noch irgendwas mitbekommen hat. Vielleicht hat Gerrit auch ein paar Informationen für mich. Und vielleicht können wir ein paar Leute drauf ansetzen herauszufinden, wer sich in letzter Zeit mit dem Handel mit Citrinen befasst hat.“ Sie wartete seine Antwort ab.
„Treffen wir uns in einer Stunde im alten Arbeitszimmer meines Bruders unterm Dach?“

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Alida hörte schnelle Schritte die Kellertreppe heruntereilen und Alida konnte eine gut aussehende, schlanke junge Frau um die Ecke biegen sehen. Es war ihre Verwandte Marlene. Sie war zu einer schönen und klugen jungen Frau herangewachsen, der durch die Kontakte von Alidas Familie sowie dem materiellen Wohlstand alle Türen dieser Welt offen standen. Ihre Erscheinung wirkte ein wenig durcheinander, denn der geflochtene blonde Zopf hatte sich bereits an einigen Stellen aufgelöst, während kleine Schweißperlen auf der Stirn und die schnelle Atmung zeigten, dass sie gerannt sein musste. Auch wenn sie inzwischen erwachsen war, war sie doch im Herzen noch immer der Wirbelwind, dem Alida vor inzwischen über 10 Jahren das Bogenschießen beigebracht hatte und die sich des Nachts aus ihrem Bett gestohlen hatte.

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„Alida da bist du ja! Du hast diese böse Überraschung also schon gesehen. “Das Mädchen, nein inzwischen die junge Frau musste kurz Luft holen bevor sie weitersprechen konnte. „…Puh aber da hört es noch nicht auf. Ich war gerade auf dem Weg zu Jean und als ich über den Markt lief war dort ein Aufruhr.“ Ihre Atmung normalisierte sich inzwischen wieder aber sie brauchte noch einmal eine kleine Pause. „Ich weiß auch was du sagen willst, Marlene geh nicht alleine in die Stadt, schon verstanden, aber darum geht es jetzt nicht. Was ich sagen wollte – in einem Kanal am Markt fand man eine kopflose Leiche, den einer Frau, einer Prostituierten ihrer Kleidung nach. Das kann kein Zufall sein, dass uns zum gleichen Zeitpunkt ein abgeschlagener Kopf für die Tür gelegt wird oder?“ Marlene klang besorgt aber nicht panisch, sondern reagierte genau richtig eines ihrer vielen Talente.

Marlene ging zu einem der Fässer und schöpfte sich einen Becher daraus, die sie in schnellen Schlucken trank. Sofort war der Raum von einem frischen fruchtigen Duft erfüllt, da es sich um einen schwachen Apfelwein handelte den sie gerade erst aus der letzten Ernte des Apfelgartens angesetzt hatten und der noch nicht völlig durchgegoren war. „Also Alida was sollen wir tun? Die Stimmung am Markt heizt sich gerade ganz schön auf. Sollen wir dem ganzen irgendwie nachgehen? Ansonsten könnten wir es vielleicht auch einfach aussitzen? Ich meine ich glaube nicht, dass irgendjemand das Ganze zu uns verfolgen könnte. Wenn du willst kann ich auch mal Jean fragen, ob er irgendetwas mitbekommen hat. Lucien ist zwar gerade nicht in der Stadt, aber sicher kann er uns auch weiterhelfen.“Bei dem letzten Satz musste Marlene, trotz der ernsten Situation unwillentlich grinsen und Alida konnte sich schon denken, dass ihre Verwandte nur zu gerne Jean aufsuchen würde.

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Alida kaute auf ihrer Unterlippe. „Ich vermute, wenns einen Mord gegeben hat, wird Jean wahrscheinlich eh schon dort sein. Ich hab Georg gerade vorgeschlagen, dass wir uns in einer Stunde oben im alten Arbeitszimmer zusammen finden und besprechen sollten. Aber wir können auch in drei Stunden zusammen kommen.“ Sie blickte Marlene mit besorgtem Blick an und war froh das Tuch über den abgeschlagenen Kopf gelegt zu haben. „Sollen wir die Zeit bis dahin nutzen, zum Markt gehen und schauen ob wir was herausbekommen können?“

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"Alea iacta est." oder "Die Würfel sind gefallen." - Lateinisches Sprichwort


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Verfasst: Di 31. Mär 2015, 09:02 


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 Betreff des Beitrags: Re: Quaere et invenies
BeitragVerfasst: Di 31. Mär 2015, 09:04 
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Marlene nickt in Zustimmung und begann auch gleich darauf Eigeninitiative zu ergreifen. „In Ordnung. Dann machen wir das so. Georg – sag den Anderen Bescheid, dass wir uns in drei Stunden wieder hier treffen werden. Wenn du sie nirgendwo findest schicke ein paar Boten zu den Kontoren und Lagerhäusern. Christian und Frederik sollen sich beeilen. Ich habe ein Ungutes Gefühl heute Nacht.“ Alida wusste, im Grunde konnte man sich sehr gut auf Marlenes Intuition verlassen sie hatte viel in den Jahren gelernt, insbesondere eine gesunde Vorsicht und Skepsis – und ihr damit irgendwie immer ähnlicher wurde. Alidas Verwandte verschloss das Fass mit geschickten Fingern um dann die Treppenstufen in schnellen Schritten wieder nach oben zu nehmen. Sie ging zu einem der Schränke in denen große, unauffällige Mäntel aufbewahrt wurden und warf Alida einen davon zu. Schließlich ließ sie noch einen Dolch unter ihrem Mantel verschwinden. Sobald Alida alles bereit wäre und alles vorbereitet hatte würde Marlene mit ihr auf die Straße in Richtung Markt treten, allerdings nicht ohne vorher noch mit einem schnellen Pfiff nach Cato zu rufen auf das er sie begleitete.

Der Winter stand kurz vor der Tür, was auch bedeutete das die Stadt bei weitem weniger geschäftstüchtig war als normalerweise üblich. Die Ernten waren eingefahren und verkauft was bedeutete, dass sich das Leben nun nach und nach in die Häuser verlagerte bis der Frühling kam. Trotzdem war heute bereits offensichtlich, dass etwas los war. Man konnte eine typische Unruhe spüren, die zwar nicht mehr unbekannt in der Stadt war heute aber stärker hervortrat. Auch Marlene spürte es und warf Alida einen besorgten Blick zu sagte aber nichts. Schließlich bogen sie um eine Ecke und konnten das Schauspiel bereits sehen. Auf dem Marktplatz standen sich Mitglieder der Stadtwache und eine ganze Gruppe von den Ärmeren Bewohnern der Stadt gegenüber. Sie waren bewaffnet und gepanzert mit Fleischermessern, Schmiedehämmern, Stöcken und zusammengeklaubten Teilen von Rüstungen aller Art. Die Stimmung war bis zum Zerreißen gespannt und Vorwürfe gingen hin und her. Diese Situation musste durch die Leiche im Kanal aufgestachelt worden sein, auch wenn die Unzufriedenheit bei weitem weiter zurückgehen musste, da sich ansonsten nicht so schnell ein Mob gebildet hätte. Jean war in der Tat hier und machte die beiden Frauen, dank des riesigen Hundes schnell aus und ging in ihre Richtung ohne aber die Situation aus den Augen zu lassen. Schließlich wurde es etwas ruhiger auch wenn es die Stimmung er noch bedrohlicher machte, etwas wie die Ruhe vor dem Sturm. Ein großer, bärtiger Mann ergriff schließlich das Wort für den Mob.

„Warum fordert ihr uns heraus ihr Söhne der Stadt? Wir wollen keine Gewalt wir wollen nur Gerechtigkeit und Sicherheit. Dinge die wir von euch nicht mehr bekommen. Wir mögen ja übersehen, wenn ihr uns vor die Tore der Stadt spült wie Abfall, oder die Obstbäume in unseren Gärten fällt um Platz für die neuen Häuser der Reichen zu schaffen aber genug ist genug! Wir können es nicht dulden, dass man uns überfällt uns köpft wie Vieh!“ Er spie die letzten Worte geradezu aus. „Deswegen werden wir unsere Sicherheit nun selber in die Hand nehmen wenn ihr damit überfordert seid. Also lasst uns durch.“ Trotz der ruhigen Worte des Mannes war die Stimmung klar. Ein falsches Wort oder eine falsche Bewegung könnte den Kessel zum Überlaufen bringen. Jean war inzwischen so nah bei den beiden Frauen, dass er flüstern konnte. „Verschwindet sofort. Die Situation hier kann jederzeit außer Kontrolle geraten und ich kann nicht für eure Sicherheit garantieren. Irgendjemand muss gleich mit dem Mob reden und als ranghöchster Vertreter der Stadtgarde hier fällt mir diese zweifelhafte Ehre zu…“ Man könnte in seinem Gesicht sehen wie entschlossen Jean war auch wenn er die leise Besorgnis in seinem Ton nicht komplett überspielen konnte auch wenn er es versuchte…

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Alida schluckte. „Verdammt.“ Wieso waren in den entscheidenden Momenten nicht diejenigen hier die wirklich in der Lage waren etwas an der Situation zu ändern. Wo war Lucien, der mit seiner eindrucksvollen Gestalt und mächtigen Stimme in der Lage war, die Bürger einzuschüchtern oder Liliana, deren Präsenz in der Lage war einen tobenden Mob zu beschwichtigen. Sie machte sich keine Illusionen: Sie war nicht in der Lage irgendetwas hier zu ändern. „Bist du sicher, dass du das hinbekommst?“ Sie blickte den Mann an, der mit seinen 23 Jahren ein jüngeres Ebenbild von Lucien zu sein schien. Sie wusste, er war aufgrund seiner offenen und zuverlässigen Art bei den Bürgern beliebt. Aber das hier? Es war eine unvorstellbare Gefahr. „Jean. Was wollen die Leute jetzt hier? Wo wollen sie hin?“ War es nur die Leiche der Frau, die sie wollten? Sie sah sich nach einem sichern Platz um von dem man sich alles genau anschauen, einen Überblick behalten und zur Not eingreifen konnte. Ihr Blick war voller Zweifel. Sie legte Jean die Hand auf die Schulter und murmelte „Viel Glück.“

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Jean nickte Alida nur zu und murmelte dann. „Ich weiß auch nicht was sie wollen, aber ich werde mein Bestes versuchen es herauszufinden.“ Dann ging er in Richtung des Mobs um mit dem Rädelsführer zu reden. Aber er hatte auch noch mit etwas anderem Recht. Dieser Ort war in der Tat nicht sicher und aus den Augenwinkeln konnte Alida eine kleine Treppe zu einem Balkon erkennen, der zu einem Privathaus führte. Das schmiedeeiserne Tor lag nicht im Schloss und sie und ihre Verwandte sollten dort sicher sein wenn doch etwas passiert, das Ganze aber gleichzeitig beobachten können. Sie nahm Marlene bei der Hand auch wenn diese kurz zu zögern schien, ganz klar war ihr nicht wohl bei dem Gedanken Jean alleine zu lassen, da sie verstohlen nach dem Dolch unter ihrem Gewandt fasste. Sie ließ sich aber schließlich überzeugen und beide Frauen nahmen leise den Platz im Versteck ein. Jean trat vor und man konnte an ihren Gesten sehen, dass beide Männer versuchten miteinander zu reden aber offensichtlich zu keinem Ergebnis kamen. Leider war es Alida nicht möglich das Gespräch direkt zu belauschen, da sie dafür zu weit weg war und auch ihre geschärften Sinne keinen Vorteil boten, da die Störgeräusche aus der Masse einfach zu groß waren.

Das Chaos selbst welches folgen sollte, brach nur wenige Minuten später aus und Alida hatte Probleme den Ausgangspunkt festzumachen, glaubte aber das ein paar fliegende Äpfel den Anfang des Tumults darstellten und plötzlich ging alles drunter und drüber. Fleischer hieben mit den Enden ihrer Beile auf Stadtwachen ein, während diese versuchten sich mit ihren Schilden zu verteidigen. Alida sah in Horror was sich vor ihren Augen abspielte und man konnte nicht sehen wer die Oberhand hier gewann. Sicherlich die Stadtwache war besser trainiert und ausgerüstet, aber der Mob hatte den Vorteil der Masse. Sie konnte allerdings erkennen, dass sich ein Teil der Armen gerade versuchte in die Richtung des Händlerviertels durchzuschlagen. Kurz nachdem sie das erkannte wurde sie von Marlene abgelenkt die gerade versucht hatte einen spitzen Schrei zu unterdrücken und sie panisch darauf aufmerksam machte, dass Jean gerade mit einem Stein an der Schläfe getroffen wurde und zu Boden ging.

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Alida zog ihr Schwert. Sie versuchte sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen und überlegte mit den wenigen klaren Gedanken, die sie fassen konnte ihre Möglichkeiten. Einen tobenden Mob beruhigen war unmöglich, Jean aus dem Kampfgetümmel heraus zu holen ebenso Wahnsinn. Sie wusste genau was ihr bevorstand, wenn man sie erkannte. Sie dachte an die Worte von Juliana, die bitter schmeckten und wusste, der Mob hatte sich für den Adel und gegen das Bürgertum gewandt. Aber weglaufen war genauso wenig eine Alternative. Das war sie Jean, Marlene und Lucien schuldig. Sie zog sich die Kapuze tiefer ins Gesicht und wandte sich an Marlene. „Versuch Hilfe zu holen. Informier Gerrit, warn unsere Leute. Ich versuch Jean da raus zu holen.“ Sie wusste genau, was Marlene dachte und drückte sie noch einmal fest an sich. „Du hast weniger Chancen heil durch die Menge zu ihm zu kommen als ich.“ Alida hatte einen Entschluss gefasst, den sie jetzt begann in die Tat umzusetzen. Marlene nickte ihr noch zu und begann dann in eine Seitengasse zu verschwinden. Sie kannte die Stadt besser als viele andere, hatte sie diese doch bereits seit ihrer frühsten Kindheit ganz offen und im Geheimen erkundet, weswegen Alidas Sorge sich in einem vertretbaren Rahmen hielt. Außerdem ging es jetzt darum sich um Jean zu kümmern, der offensichtlich Hilfe brauchte. Alida steuerte direkt auf den Jungen zu, während sie sich die Kapuze tief ins Gesicht zog um sich unauffällig und ohne Konflikte im Mob zu bewegen. Glücklicherweise begann dieser sich bereits aufzulösen aber sie musste trotzdem Acht geben. Jean lag nicht weiter beachtet im Rinnstein, zusammen mit zwei ärmlich gekleideten Männern und einer Frau. Blut rann an seiner Schläfe entlang aber es schien nicht sonderlich schlimm zu sein. Sie war fast da, obwohl sie plötzlich das Gefühl hatte beobachtet zu werden. Allerdings konnte sich die Tzimisce im Moment nicht mit diesem Detail auseinandersetzten, da zwei Männer in ihre Richtung gerannt kamen die sie wohl völlig übersehen hatten, aber wohl umrennen könnte, wenn sie in diese stoßen sollte.

Alida bemerkte die Männer rechtseitig und wandte sich nach links, so dass mehrere zusammen gekrümmte Personen zwischen ihr und den Männern waren. Sie schritt zügigen Schrittes voran und versuchte so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf sich zu ziehen. Ihre kalten Finger suchten den Griff ihres Schwertes. Alida bewegte sich geschickt durch den Mob auch wenn sich das ganze Chaos ebenso schnell aufzulösen schien wie es gekommen war. Ein Teil hatte sich in Richtung des Händlerviertels durchgeschlagen und der Rest begann in die verschiedenen Seitengassen zu verschwinden. Alida erreichte schließlich Jean und konnte ihm auf die Füße helfen. Er war recht schnell wieder bei Bewusstsein und nur kurz verwirrt. "Ali...Alida? Was zur Hölle ist passiert?" Aus den Augenwinkel nahm Alida aber auch noch etwas anderes war. Etwas abseits vom Getümmel stand eine Gestalt mit Mantel und Kapuze die offensichtlich nicht erkannt werden wollte und pfiff in Richtung der Leute die noch auf Krawall aus waren. Dieser Pfiff der der Tonlage nach von einer Frau stammte, bewirkte schließlich dass der Mob sich noch weiter ausdünnte.

Alida schüttelte ungläubig den Kopf. Seit wann reagierte ein Mob auf Pfiffe? Sie betrachtete die Frau kurz mit Auspex und verschaffte sich einen kurzen Überblick über Jeans gesundheitlichen Zustand. Im Moment konnte sich Alida keinen Reim auf das machen was gerade um sie passierte. Sie würde sich das wohl noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Glücklicherweise war ihr klar, dass Jean nicht ernsthaft verletzt war. Er hatte nur eine kleine Platzwunde die bei weitem schlimmer blutete als sie war. Er würde in kurzer Zeit wieder voll einsatzfähig sein. Leider hatte auch ihre übersinnliche Disziplin versagt, denn sie konnte die Aura der Frau im Mantel nicht wahrnehmen. Der Mob um sie begann bereits zu ersterben. Alida griff Jean an den Schultern. „Schaffst du’s zur Wachstube oder zu uns nach Hause?“ Sie ließ die Frau nicht aus den Augen und Jean konnte wahrscheinlich erahnen wohin ihr Blick ging. "Ich muss eh weiter Alida. Das hier ist ein Alptraum." Er schüttelte sachte den Kopf, nahm sein Schwert wieder auf und ging in Richtung Wachstube. Die Frau begann bereits sich vom Platz zurückzuziehen und Alida würde jetzt handeln müssen wenn sie sie noch erwischen wollte. Die blonde Frau sah ihn fest an. „Pass ja auf dich auf.“ Dann ging sie entschlossenen Schrittes hinter der Gestalt im Mantel her und machte sich bereit eventuell auch rennen zu müssen. Sie versuchte Fluchtwege auszuwerten. Wenn das eine Falle war und nach allem was geschehen war erschien ihr das gar nicht so abwegig, musste sie gefasst sein. Die Frau ging in Richtung des Osttores, welches aus den Stadtmauern führte und Alida musste irgendwann rennen um mit ihr mitzuhalten. Alida strengte sich an ihr zu folgen, aber sie schien sich gut in den Straßen auszukennen... Alida versuchte noch einmal ihr Bestes und bewegte sich mit gewohnter Leichtigkeit durch die Stadt. Aber die geheimnisvolle Gestalt blieb ihr einfach immer einen Schritt voraus und schließlich war Alida vor den Stadtmauern. Vor ihr bereitete sich ein Molch aus und die unangenehme Feuchtigkeit in ihrem Schuh ließ sie darauf schließen, dass sie gerade in etwas Unangenehmes getreten war. Vor ihr flossen die Abfälle in einer Rinne her und der Gestank nahm exponentiell zu. Die Leute die zwischen den Bruchbuden hin und her gingen wirkten ärmlich, verhungert und krank.

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 Betreff des Beitrags: Re: Quaere et invenies
BeitragVerfasst: Mi 1. Apr 2015, 09:40 
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Sie schluckte und insgeheim stieg der Ärger in ihr hoch. Solches Elend musste nicht sein. Sie kramte eine Münze aus der Tasche ihres Mantels und warf sei einem der Bettler in die Schale. „Verzeiht, aber habt ihr vielleicht mitbekommen, wohin sich die Dame, die gerade hier vorbei gelaufen ist hingewandt hat?“ Er griff die Münze und biss mit seinem zahnlosen Mund auf das Geldstück. "Hmm ich muss mal überlegen." Das niederländisch des Mannes war sehr mit Akzent behaftet und fast nicht zu verstehen. „Ihr wäret mir eine große Hilfe.“ Sie sah in die Richtung in der die Frau verschwunden war. Auch hier musste sich Alida wieder anstrengen den Mann verstehen zu können meinte aber die Worte des zahnlosen Alten richtig deuten zu können. "Geht in die Taverne zum alten Brunnen. Ihr solltet sie dort finden können." Alida kannte diese Taverne vom Hören. Es war eine inzwischen heruntergekommene Kaschemme ein paar Straßen von hier in den Stadtmauern. Es war nicht gefährlich dort hinzugehen aber es war auch kein Hochgenuss für die Sinne. Sie kramte eine weiter Münze heraus, die sie dem Mann zuwarf. „Gibt es vielleicht sonst noch etwas über die Dame, das ich wissen sollte?“ Der Mann schüttelte einfach nur mit dem Kopf, schien es sich dann aber noch einmal zu überlegen. "Sie ist bekannt dafür Dinge besorgen zu können, deswegen nennt man sie den 'Tandler'.

„Hm.“ Alida sah den alten Mann einige Sekunden an. „Danke, werter Mann.“ Sie spürte wie sie Erleichterung erfasste als sie sich abwandte. Es fiel ihr nicht leicht so viel Elend zu sehen und tief in ihrem Inneren spürte sie das schlechte Gewissen, das ihr im Nacken saß weil es ihr und ihrer Familie besser erging als diesen Menschen. Sie ging langsam die Straßen entlang, blickte über die heruntergekommenen Häuser und fragte sich zum Einen warum der Stadtrat der sterblichen Bevölkerung, der Rat der Kainiten oder auch sie selbst all die Jahre nicht bemerkt hatte, was für ein Elend sich in ihrer Stadt bereit machte. Solche Viertel waren ein Schandfleck für die Stadt, die wuchs und gedieh und es gab genug Möglichkeiten zumindest ein wenig zu ändern. Dann erreichte sie die heruntergekommene Taverne und sah sich genau um. Alida befand sich auf einer kleinen Freifläche auf der der Namensgebende Brunnen der Taverne stand. Alida wusste aber auch, dass dieser Brunnen wohl um einiges älter war als der Rest der umliegendenden Häuser, da er noch von der alten Römersiedlung stammte die hier vorher lag. Gerrit hatte einmal darüber gesprochen, zumindest meinte sich Alida zu erinnern das es Gerrit war, denn es konnte auch Kobalt gewesen sein. Die Menschen hier schienen nichts von dem Drama auf dem Marktplatz mitbekommen zu haben. Die wenigen Menschen die hier noch unterwegs waren gingen ihren Geschäften nach und aus dem kleinen Schankraum drang leises Gelächter und Geplapper. Dies war nicht weiter ungewöhnlich, immerhin war Brügge inzwischen eine Stadt mit vielen Tausend Einwohnern und kein kleiner Dorfweiler mehr. Die Größe der Stadt, brachte aber auch immer neue Herausforderungen mit sich und manchmal schien es einer Sisyphusarbeit zu gleichen sich um die Stadt zu kümmern. Wenn man hinten aufhörte, dann musste man vorne schon wieder anfangen. Nichts wirkte hier weiter auffällig.

Sie entschloss sich zu einem kurzen Besuch im Wirtshaus. Ihr war klar, dass die Frau so bald nach dem Aufstand wohl nicht sonderlich viel Lust auf ein Bier haben würde, aber sie konnte sich ja zumindest einmal umsehen. Sie atmete tief durch, schritt auf die kleine Eingangspforte und betrat den Schankraum. Sie sah sich um, musterte alles und entschied sich dann an einem der dunkleren hinteren Tische Platz zu nehmen an dem man sie nicht sofort erkennen mochte. Sie wartete auf den Wirt, bestellte ein Glas Wein und ließ die Minuten verstreichen. Das erste was Alida beim Betreten des Gebäudes auffiel war der Geruch. Ihr schlug der Geruch von schalem Bier und abgetragener Kleidung entgegen und sie musste sich kurz konzentrieren um nicht von den Sinneseindrücken übermannt zu werden. Die Einrichtung der kleinen Schankstube war zwar einfach, dafür aber überraschend sauber. Offenbar kam der Geruch ehr von den Gästen als von diesem Ort selber. Es waren noch etwa ein oder zwei Tische frei und sie setzte sich und machte die Bestellung bei einem jungen Mädchen, dass vielleicht 12 Jahre alt war. Sie schien hier zu arbeiten, denn sie bewegte sich mit Geschick und Sicherheit zwischen Tischen und Stühlen hin und her. Der Wein den man ihr brachte roch im Grunde nur nach Essig und war darüber hinaus noch mit Wasser verdünnt. Ihre feinen Sinne sagten Alida das ohne sich groß anstrengen zu müssen. Schließlich kam eine bullige Gestalt auf sie zu, die sie sofort erkannte. Es war der bullige Mann dem sie noch kurz zuvor ausgewichen war und er grunzte kurz. „Ist hier noch frei?“ Allerdings wartete er keine Antwort ab sondern ließ sich nur auf den Stuhl plumpen, der zu klein für den Mann zu sein schien. Ohne weitere Umschweife sprach er Alida an. „Ihr seid weit weg von zu Hause wenn mich nicht alles täuscht. Was wollte ihr hier?“

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Alida betrachtete interessiert das kantige Gesicht. Offensichtlich war doch etwas richtig gelaufen. Es konnte kein Zufall sein, dass der Mann genau zu diesem Zeitpunkt hier war. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Auch wenn es kein Zufall sein mochte, machte es die ganze Sache nicht einfacher. Sie nahm einen Schluck von dem schalen Essiggebräu und ließ sich nicht anmerken wie der Geschmack sei anwiderte. Sie beugte sich näher an den Mann heran. „Es tut mir leid, wenn ich euch enttäuschen muss. Ich bin nicht weit von zu Hause. Das ist nämlich Brügge.“ Sie legte eine seltsame Betonung in die letzten Worte. „Ich beabsichtige eine… Freundin zu treffen. Und woher kommt euer Interesse an meiner Wenigkeit?“

Der Mann schaute Alida kurz mit seinen durchdringenden dunklen Augen an bevor er mit den Fingern schnippte. Die junge Bedienung schien das Signal zu verstehen und erschien bereits kurze Zeit später mit einem Bier, dass ebenso verwässert schien wie ihr eigenes Getränk, allerdings schien er den Geschmack zu kennen, denn auch er verzog keine Miene. Noch etwas anderes war in diesem Zusammenhang interessant, denn offensichtlich schien er hier öfters ein- und auszugehen, wenn er quasi wie ein Stammgast Bestellungen abgab. Schließlich nickte er nur kurz. Die abgegebene Antwort schien ihn zufrieden zu stellen. Die dunkle Stimme war aber mit der Befragung noch nicht fertig. „Nun es verirren sich selten Leute eures Standes hier her. Deshalb müsst ihr mir auf die Sprünge helfen wen genau wollt ihr denn hier treffen. Schließlich sind wir hier alle ‚Freunde‘.“ In dem letzten Wort lag eine sehr seltsame, fast bedrohliche Betonung.

Alida schaute ihn lange an und hielt seinem Blick stand. „Ich glaube nicht, dass ihr sie kennt. Nun ja… vielleicht doch… wer weiß das schon? Hier wo ja alle miteinander „befreundet“ sind kennt ja jeder jeden, nicht wahr?“ Sie verschränkte die Finger ineinander. „Aber warum möchtet ihr das wissen?“ Sie betrachtete ihn näher und versuchte seine Aura zu erkennen. Bei dem Mann handelte es sich um einen Menschen. Seine Aura war von Vorsicht geprägt, ebenso wie von einer guten Portion Entschlossenheit und Selbstgerechtigkeit. Er wollte bereits erenut ansetzten als die Alida bekannte und verhüllte Gestalt auf der Bühne erschien. Sie ging mit schnellen Schritten in Richtung Alidas und legte dann dem Mann ihre Hand auf die Schulter. "Es ist gut Andros. Ich übernehme hier. Wir wollen nur reden" Der Mann dessen Name Andros zu sein scheint, zögerte kurz und verließ dann den Tisch, ohne sein Bier mitzunehmen. Schließlich setzte sich die Gestalt und schlug ihre Kapuze zurück. Alida konnte fast der Atem stocken, als ihr kastanienbraune Locken entgegenschlugen und grüne Augen die ihren suchten. Sie kannte diese Frau. "Also. Wie kann ich euch helfen? Ihr habt einige Anstrengungen unternommen mich zu verfolgen, wenn ich mich nicht irre."

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Ihr blieb einige Sekunden zu lange der Mund offen stehen und nur mit Mühe gelang es ihr diesen wieder zu schließen. Was für ein besch… Spiel war das hier schon wieder? Draga und ihre Freunde mal wieder? Eine Laune der Natur, eine unbekannte Zwillingsschwester. Sie selbst hatte den abgeschlagenen Kopf in ihrem Keller bewundern dürfen. Sie biss die Zähne aufeinander und schwieg.
Sie sah noch einmal genauer hin. „Gibt es vielleicht irgendetwas, das ihr mir berichten möchtet, Juliana?“

Bei der Frau vor sich, handelte es sich zweifelsfrei um einen Menschen. Ihre Aura war die einer sehr selbstbewussten, störrischen Frau. Es war auch eine gewisse Aufregung in ihrer Aura zu lesen. Auffällig war aber die Tatsache, dass sich die Aura der Frau in absoluter Trauer einfärbte, als Alida den Namen Julianna erwähnte. Trauer und Wut. Die Frau seufzte hörbar. „Für Julianna kommt ihr leider zu spät. Ich vermute aber ihr habt meine Schwester kennen gelernt, auch wenn ich euch nicht für eine Frau mit … solchen … Vorlieben gehalten hätte. Julianna war ihre liebste Bezeichnung und dieser Name ist wohl ebenso real wie der Geburtsname den unsere Mutter uns gab. Aber nun denn, was wollt ihr von mir Händlerin Alida van der Burse? ich bin mir sicher ich kann euch nichts anbieten, oder besorgen was ihr nicht auch selber organisieren könntet." Alidas Stirn legte sich in Falten. „Dann seid ihr Juliannas Schwester?“ Erleichterung stieg in ihr auf. Wenigstens einmal keine fleischgeformten Doppelgänger. Dennoch schämte sie sich ein wenig für ihre Gedanken. Die Frau, die ihr gegenüber saß hatte erst in der letzten Nacht ihre Schwester verloren. „Mein Beileid.“

Es fiel ihr schwer die richtigen Worte zu wählen und sie ließ sich Zeit. „Ich habe eure Schwester gestern Nacht kennen gelernt. Ich hätte nie erwartet heute von ihrem Tod zu hören und war ziemlich entsetzt darüber.“ Wieder sah sie das Ebenbild von Julianna an. „Ich will euch nicht zu nahe treten aber ich würde einiges dafür geben zu wissen, wer sie getötet hat.“ Sie ließ die Worte im Raum stehen und wartete auf die Reaktion ihres Gegenübers. "Woher wisst ihr, wer euch gegenüber sitzt?" Das Ebenbild von Julianna, dass sich noch nicht mit nahmen vorgestellt hatte nickte leicht und sagte dann ruhig. "Danke für eure Worte." Dann ging die Sanftheit in ihrer Stimme wieder unter und sie wechselte sie in eine typisch geschäftige Tonlage. "Nun Alida van der Burse, ihr glaubt doch nicht das ihr eine Unbekannte seid? Ihr steht der größten und wohlhabendsten Händlerfamilie dieser Stadt vor und unter Hehlern wie ich einer bin seid ihr so etwas wie ein Vorbild - oder zumindest eine Inspiration." Dann färbte sich ihre Stimme mit einer neuen Gemütslage ein. Wut. "Und wer meine Schwester auf dem Gewissen hat? Das kann ich euch sagen. Der geschätzte, erhabene, fette und in allen Dingen niederträchtige Dustin van Eyk hat sie ermordet." Dustin van Eyk. Alida kannte den Namen. Er ist Teil des Händlerrates, Oberhaupt der Kerzenzieher von Brügge und einer der wohlhabendsten Bürger.

Alida kaute auf ihrer Unterlippe. „Was macht euch so sicher?“ Die Frau grinste selbstsicher und verschlagen. "Ich weiß es eben - meine Schwester hat mir erzählt, dass sie nur noch einen Kunden hat im Moment. Einen der mehr als großzügig zu ihr war. Leider hat meine Schwester... oder besser hatte ... ein Talent dafür sich mit den falschen Leuten einzulassen. Leider hat es sie dieses Mal ihr Leben gekostet. Natürlich hat keiner gesehen, wie man ihre Leiche wie Müll abgekippt hat, aber wir werden bald Beweise haben! Noch heute Nacht wenn alles glatt läuft." Alida schüttelte leicht den Kopf und entschloss sich der Frau ihr Vertrauen zu schenken. „Ich zweifle an, dass dieser Kerzenzieher was mit Juliannas Mord zu tun hat.“ Sie seufzte. „Eure Schwester war gestern in einem unserer Kontore. Sie hat mir gegenüber angegeben, dass sie sich ein wenig Ordnung in unserem Kontor machen wollte und dabei waren natürlich die Bernsteine im Weg. Ich hab sie gebeten die Steine dazulassen aber als ich mir die Dinger nach einmal angeschaut habe, lag ein Stein dabei, der da nicht dazu gehörte. „Ihre Stimme wurde leiser und traurig. „Und die gleiche Art Stein haben wir heute beim Kopf eurer Schwester gefunden, den man bei uns vor der Haustür abgelegt hat.“ Sie zog die gelben Steine hervor und hielt sie der Frau hin. „ich denke, ihr wisst, was für Steine das sind, …?“ Sie ließ absichtlich eine Pause von der sie hoffte, dass ihr gegenüber ihren Namen nennen würde. „Für mich ist das eine Kriegserklärung an mich oder an meine Familie. Mit dem Kerzenzieher hat meine Familie in keiner Weise zu tun. Deshalb erscheint mir der Mord in Zusammenhang mit Dustin van Eyk eher unwahrscheinlich. "Einen Bernstein eben?" Die Frau schien überrascht und auch ein wenig ungläubig. (Wahrnehmung und Ausflüchte gegen 6 wenn du wissen möchtest ob sie etwas verbirgt.) Allerdings wurde ihr auch in diesem Moment noch etwas anderes klar. Dieser Mob war von Anfang an irgendwie komisch abgelaufen und jetzt wusste sie auch warum. Dieser Mob war ein Ablenkungsmanöver um die Stadtwachen zu beschäftigen - während ein Teil - wohl Verwandte oder Freunde von Julianna zum Händlerviertel eilten um Selbstjustiz am Kerzenzieher zu verüben. Die Frau sprach aber noch einmal. "Sie wurde ermordet von Dustin van Eyk. Auf ihrem Körper fand sich überall Kerzenwachs. Kerzenwachs von feinster Qualität. Zufall? Ich glaube nicht. Die Tatsache, dass ihr sie vorher getroffen habt muss ein Zufall gewesen sein. Sie ist letzte Nacht beim Kerzenzieher eingegangen und dafür gibt es Beweise. Einer der Wachmänner der Stadtwache hat es gesehen." Julianna schien extrem überzeugt von dieser Version der Geschichte zu sein.

Alida gab erneut ihre Zweifel zu bedenken. „Sie mag vielleicht bei dem Kerzenzieher eingegangen sein, aber wer sagt, dass sie dort nicht auch wieder hinaus kam. Und warum sollte der gute Mann mir den Kopf von Julianna schicken. Da ist mehr dahinter!“ Sie schüttelte den Kopf. „Lebt der Mann noch oder brennt mittlerweile schon das ganze Händlerviertel?“ Ihr Ton klang unbeteiligt. Alida musste sich eine Sache eingestehen auch wenn sie überzeugt war, dass noch mehr hinter der Geschichte steckte. Juliannas Schwester schien bezüglich der Dinge die sie sagte die Wahrheit zu sagen oder zumindest zu glauben, dass dies die Wahrheit war. Sie antwortete auch auf Alidas frage, fast verletzt. "Was glaubt ihr denn Alida? Wir sind keine Monster oder Söldner die fröhlich plündernd und tötend durch die Stadt ziehen. Wir wollen nur die Gerechtigkeit die uns sonst verwehrt bleiben würde - deswegen mussten wir es selbst in die Hand nehmen. Die Garde hätte sich nämlich nie um eine ermordete Prostituierte gekümmert." Den letzten Teil der Antwort spie sie fast aus. Alida erschien die Geschichte nach wie vor komisch und die Umstände unlogisch. Aber wenn der Mob bereits Selbstjustiz geübt hatte, dann schien das Problem wohl beseitigt. Warum sollte ihr der Kerzenzieher Citrine schicken? Aber vielleicht hatte er einen Groll gegen eines der Familienmitglieder von dem Alida nichts wusste. Sie seufzte erneut und sah dann wieder lang die Frau an. „Dann habt ihr euch also um das Problem gekümmert?“ Sie wartete die Antwort ab. „Ich verstehe euren Groll nur zu gut, aber seid ihr euch der Tragweite eures Handelns bewusst? Morgen werden die augenscheinlichen Rädelsführer des Aufstands verhaftet und ich könnte wetten bereits Ende der Woche hingerichtet…“ Sie schluckte. "Dazu müsstet ihr erst einmal die Anführer des Aufstandes finden. Oder es jenen die ihr dafür haltet ihre Verbindung beweisen. So einfach und so schwierig ist es. Unser fast Statusloser Zustand ohne Papiere oder offizielle Dokumente muss ja irgendeinen Vorteil haben. Gibt es noch etwas anderes was ihr von mir wissen wollt? Ich muss noch eine ganze Reihe beweise vernichten bevor die Nacht Vorbei ist Alida." Sie schaute dich fragend an.

Alida zog zweifelnd die Stirn kraus. „Die Leute sind gegen die Stadtwache vorgegangen und haben auf sie eingeschlagen. Glaubt ihr tatsächlich die Männer könnten sich nicht mehr an die Gesichter erinnern? Ich hoffe es für euch.“ Sie überlegte. „Danke, dass ihr euch die Zeit genommen habt. Hier!“ Sie drückte ihr einen der gelben Steine in die Hand. „Falls ich euch irgendwann mal bei etwas behilflich sein kann oder euch noch etwas zu eurer Schwester einfällt, lasst es mich wissen, Frau… ?“ Das Problem war offensichtlich beseitigt. Wenn auch anders als Alida gedacht hatte. "Mein Name ist im übrigen Antonia." Sie nahm den Stein an und schaute ihn Mehrfach und interessiert an schien sich aber keinen Reim darauf machen zu können. Irgendwann ließ sie ihn in einer Tasche verschwinden. Der Mann namens Andros war auch wieder da. "Wir werden sehen Alida. Ich hoffe es auch für uns aber wir werden schon einen Weg finden - wie immer. Ich habe allerdings noch einen letzten Rat für euch. Ihr solltet aufpassen wem ihr euer Vertrauen schenkt. Euer Rat ist voller Giftnattern, die nur auf einen Zeitpunkt warten sich so viel einzuverleiben wie sie eben können." Auch Andros schaute Alida noch einmal an. Lange und intensiv so als würde er etwas in ihrem Gesicht suchen, schien dann aber von seinem Vorhaben abzulassen, entweder weil er gefunden hatte was er suchte oder eben nicht. Alida unterdrückte ein Lachen. „Danke Antonia. Aber es ist eigentlich recht einfach: Ich vertraue niemandem im Händlerrat. Das macht die Sache einfacher. Ich wünsche euch alles Gute.“ Sie erhob sich. „Euch auch, Andros.“ Dann schritt sie zum Ausgang. Alida trat in die frische Nachtluft, die das Durchatmen endlich wieder etwas erträglich gestaltete. Auf ihrem Nachhauseweg bemerkte sie, dass die Stadt inzwischen um einiges ruhiger war als noch zuvor. Der Mob hatte sich inzwischen vollständig aufgelöst, zumindest hier, denn sie wusste noch nicht was sie im Händlerviertel erwartete. Alida war Vorsichtig auf ihrem Weg nach Hause und schließlich erreichte sie ihr Heimatviertel. Hier war alles ruhig. Abgesehen vom Haus des Dustin van Eyk. Das Haus befand sich nur eine Straße von ihrem eigenen Anwesen entfernt und war fast taghell erleuchtet. Wahrscheinlich von hunderten Krzen die sie selbst herstellten. Selbst die Nebengebäude die sie vor einiger Zeit dazugekauft hatten und in weitere Werkstätten verwandeln wollten um ihr Geschäft auszudehenen waren trotz der späten Stunde noch geschäftig. Alida könnte einen Blick wagen, oder aber nach Hause gehen. Bis zu ihrem verabredeten Treffen mit Marlene, Frederik und Georg hatte sie noch etwas Zeit.

Sie hörte die Glocke der Liebfreundkirche und ihr war klar, dass ihr noch eine geschätzte Dreiviertelsunde blieb. Sie trat näher an das Gebäude heran. Ein mulmiges Gefühl kroch ihren Rücken herunter. Da hatte der Mob jetzt Selbstjustiz verübt und wahrscheinlich beugten sich gerade alle Angehörigen der Familie über den Leichnam des Kerzenziehers. So zumindest stellte sich Alida die Szene vor, die sich wahrscheinlich gerade im Haus abspielte. Sollte sie wirklich hingehen. Das Kapitel war nach Angaben von Antonia beendet. Trotzdem hatte sie das Gefühl, dass Antonias Gründe nicht die richtigen waren und damit an Eyk auch nicht der Mörder. Sie trat näher. Alida sah das man wohl mit Gewalt in das Haus eingedrungen war, da einige Türen schief aus den Angeln hingen. Der Überfall war wohl ziemlich überraschend gekommen, da ein solches Eindringen, ähnlich wie bei ihrem Hof, recht einfach entgegen wirken konnte wenn man alles verriegelte und verrammelte. Das Haus war ruhig trotz dessen war passiert sein musste und links und rechts waren einige Diener am Werkeln die aufräumten. Es waren Töpfe und Vasen zerschlagen wurden und viel Unordnung wurde gestiftet. Die Diener zuckten bei Alidas Anblick kurz zusammen, allerdings hielt sie niemand auf da sie die meisten kannte. Sie war schon bei Feiern hier gewesen. Im Haus war das Chaos noch größer, alles hing drunter und drüber, Teppiche wurden von der Wand gerissen und Stühle umgeworfen. Der Kerzenzieher selbst war zu Alidas Überraschung allerdings gar nicht tot! Er saß in seinem Wohnzimmer und schien zusammengeschlagen worden sein. Neben ihm stand seine dralle Frau und hielt ihm ein Tuch hin welches mit Wasser getränkt war. Er schlug es jedoch weg uns murmelte nur. "Jetzt nicht Weib. Lass mich in Ruhe."

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Alidas Eindringen erschien ihr mit einem Male so unglaublich falsch. Sie hatte hier in der privaten Stube nichts verloren. Sie schluckte und versuchte ihre Unsicherheit zu verbergen. Ich habe gesehen, dass bei euch eingebrochen wurde. Und offensichtlich hat man euch Gewalt antun wollen? Kann ich euch irgendwie behilflich sein?“ Wie sonst sollte sie ihr Vordringen rechtfertigen? Die Miene des Mannes hellte sich auf einmal auf als er Alida sah und stand auf, auch wenn es ihm Schmerzen zu bereiten schien. "Kommt rein, kommt rein." Er rief nach einem Diener der gleich Wein bringen sollte. "Ja wir hatten Pech, konnten die Tore nicht schnell genug schließen, zum Glück ist nichts weiter passiert werteste. Geht es euch und eurer Familie gut?" Seine Frau nahm nur einen Platz im Hintergrund ein, offensichtlich daran gewöhnt, dass ihr Mann bei gesellschaftlichen Ereignissen die Bühne einnahm und begnügte sich nur mit einem kleinen Knicks, den sie ob ihrer Körperfülle mehr schlecht als recht hinbekam. Alida nickte der Ehefrau freundlich zu. Die Frage nach ihrer Familie ließ sie unbeantwortet aber wie immer spürte sie das ungute Gefühl im Nacken. Sie konnte nicht immer und zu allen Zeiten dafür Sorge tragen, dass es allen gut ging auch wenn sie das nur zu gern können würde. 2Was ist denn geschehen, Herr van Eyk?“ "Wir hatten einfach Pech. Die Tore waren offen, warum auch nicht und dann kamen diese Barbaren schon über uns. Ich wollte mich ihnen in den Weg stellen, konnte allerdings nicht viel gegen so viele Männer ausrichten und dann haben sie wohl nach Geld gesucht. Oder Wertgegenständen. So oder so sie bleiben nicht lange und irgendwann als die Wache schließlich zurückkam sind sie in die Kanäle gesprungen und geflohen. Was war eigentlich los mit der Wache - wie konnte es zu diesem Bruch in unsere Sicherheit kommen?" Der letzte Teil seiner Aussage klang ehrlich und vor allem bestürzt als zornig.

Inzwischen kam ein Diener mit Wein und Frau van Eyk hatte das Zimmer verlassen, man konnte aber sehen wie sie schwerfellig versuchte einige Scherben vor dem Wohnzimmer zusammenzukehren. Offensichtlich schien sie diese Tätigkeit zu beruhigen. Oder doch nicht? Alida konnte erkenne, dass die zerbrochene Schale aus chinesischem Porzellan war. Dieses Material wurde zweifach in Gold aufgewogen. Wenn der Mob stehlen wollte, warum hat er dann nicht das Porzellan mitgenommen? Und darüber hinaus - wieso sah es hier aus als wäre eine Horde Wildschweine durch das Haus gelaufen, wenn man doch nur van Eyk für den Mord zur Rechenschaft ziehen wollte? Es sah fast so aus als hätte hier jemand etwas gesucht. Alida kam das alles Spanisch vor. Die Männer von Antonia hatten den Kerzenzieher umbringen wollen. Warum war er noch am Leben? Mitgenommen hatte man scheinbar auch nicht wirklich was. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Alida musterte den Mann, der ihr gegenüber stand. „Herr van Eyk, habt ihr irgendeine Idee, was man bei euch gesucht haben könnte. Man erkennt, dass es den Räubern nicht um bloßen Diebstahl ging, dann hätten sie eure schönen wertvollen Dinge mitgenommen. Was könnte es sein, was sie wollten? Was glaubt ihr, fehlt? Als du dem Mann anschaust, hast du schon das Gefühl das er sich dir anvertrauen wollte, aber dann war da doch wieder eine Wand. Es schien doch nicht so einfach zu sein wie Alida es sich vorgestellte hatte. "Nun es ging ganz klar um Wertgegenstände. Zum Glück ist abgesehen von ein bisschen Geld nichts weggekommen und offensichtlich verstehen die Barbaren den Wert von Luxusgütern auch nicht immer. Ich meine wo wird man auch eine Porzellanschale los die ihr Gewicht in Gold wert ist? Und überhaupt wer sagt überhaupt, dass die Eindringlinge etwas wollten? Sei es drum. Alida van der Burse ich muss mich für meine schlechten Manieren entschuldigen, aber ich würde mich nun gerne zurückziehen. Es war eine lange Nacht. Bitte macht euch keine Sorgen ich werde morgen alles Weitere mit der Wache besprechen. Marie?" Frau van Eyk kam herein. "Bitte bring unseren Gast raus. Ich werde mich hinlegen. Wir sehen uns morgen." Man konnte es zuerst missversteheen, aber der letzte Teil seines Satzes ging nicht an Alida sondern an seine Frau. Alida nickte ihm zu. „Verzeiht mir bitte meine Störung, Herr van Eyk. Es ist wirklich spät und ich war besorgt um euch und eure Familie. Und: Das werdet ihr mir bitte nicht verübeln: auch um meine.“ Alida wusste es klang immer glaubhafter, wenn einer kleinen Lüge etwas Wahres beigefügt wurde. Sie ließ sich von seiner Gattin zur Tür bringen, drückte ihr noch einmal tröstend die Hand und wünschte der Familie im Namen der van de Burse alles Gute. Dann hastete sie nach Hause. Dustin van Eyk verabschiedete sie mit der gebotenen Höflichkeit und ein paar weiteren freundlichen Worten bevor er sich zurückzog nachdem er einen Becher wohlriechenden warmen Wein von einem Diener entgegen nahm, der das ganze Zimmer mit einem Zimtgeruch tränkte. Marie van Eyk hakte sich bei Alida auf dem kurzen Weg zum Tore ein. Sie war plump und ihre Hand fühlte sich teigig an, außerdem roch sie nach Schweiß was nur Notdürftig mit einem Parfum überdeckt wurde. Es kreierte im Grunde sogar einen sehr unangenehmen Mix aus Lavendel und Schweiß, der Alida die Sinne vernebelte. Ihre Nase hatte sie heute in jedem Falle zur Genüge auf die Probe gestellt. Schließlich sagte sie etwas, das erste Mal diesen Abend. Ihre leise aber unangenehme Stimme war wie ein Kratzen in der Nacht. "Ich hoffe nun ist alles vorbei.“ Man konnte Tränen im Mondlicht schimmern sehen die ihre dicken Wangen hinunter kullerten. Sie wartet nicht einmal eine Antwort von Alida ab sondern ging gleich wieder hinein. Auf dem Weg nach Hause spürte Alida jedoch etwas in ihrer Tasche. Es war ein harter Klumpen irgendeines Werkstoffes. Es handelte sich um Siegelwachs und zwar eine ganze Menge davon.

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 Betreff des Beitrags: Re: Quaere et invenies
BeitragVerfasst: Mi 1. Apr 2015, 12:27 
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Alida ließ das Anwesen des Kerzenziehers hinter sich, dass fast die gesamte Seite der Straße einnahm und ging in Richtung ihres eigenen Anwesens. Das furchtbare Gefühl welches sie schon die ganze Nacht begleitete ließ sie allerdings nicht los und es braucht wohl nicht einmal die übersinnlichen Kräfte des Auspex um sich diesen Gemütszustand unter all diesen Umständen zu erhalten. Und diese Nacht schien auch noch nicht vorbei zu sein. Als die Tzimisce in ihre Straße einbog sah sie schon wie sich die nächste Katastrophe anbahnte. Ein Trupp aus 8 Gardisten und einem Mann stand vor den Toren ihres Anwesens. Im Tor selbst standen Marlene, Georg und Christian, während zwischen beiden Parteien Jean stand dessen Gesicht wie versteinert wirkte.

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Der Mann neben den Garden drehte sich interessiert zu Alida um, aber es war nicht er der die Stille brach sondern Jean. „Guten Abend Alida van der Burse. Ihr kommt genau richtig den wir müssen einige Dinge besprechen.“ Der Junge presste die Worte geradezu heraus und die Nennung ihres vollen Namens zeigte, dass er wohl in offizieller Funktion hier war, als Stellvertreter der Nachtwache. „Ihr wisst sicherlich, dass es einen Aufstand in der Stadt gab. Nun das Gespräch was ich mit einem der Anführer hatte benennt als eine der Ursachen, die kopflose Leiche die aus dem Kanal am Markt gefischt wurde.“ Die Worte die Jean sprach schienen ihm beinahe körperliche Schmerzen zu bereiten. „Nun wie ihr sicherlich wisst müssen wir dem ganzen nachgehen, da die Folgen dieses Mordes Dimensionen angenommen haben die die ganze Stadt betreffen. Das ist auch der Grund wieso wir hier sind, denn wir haben erfahren, dass ein Kopf in eurem Anwesen gefunden wurde.“ Dann wurde Jean still und trat in den Hintergrund, während der Mann der offensichtlich nicht der Garde angehörte das Wort ergriff.

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„Guten Abend werte Alida van der Burse. Mein Name ist Claude von Paris und ich bin Blutrichter von Brügge. Es tut mir Leid euch zu so später Stunde stören zu müssen, aber wie ihr hört sind wir in wichtiger und offizieller Funktion hier. Aufgrund der Informationen die wir bekommen haben müssen wir allen Spuren nachgehen und hoffen auf eure Kooperation. Wir müssen euer Anwesen durchsuchen.“ Die Stimme des Mannes war sehr angenehm und er verstand es gut mit Worten umzugehen. Überhaupt schien er freundlich und höflich während er an einem kleinen Goldring drehte den er trug und ein Tonfall einschlug als würde er sich nur mäßig interessiert über das Wetter unterhalten. Es war beinahe unmöglich den Mann in dieser Hinsicht zu deuten, denn die Tonlage konnte bedeuten, dass es sich lediglich um eine Routine handelte, oder aber, dass er sich seine Meinung bereits gebildet hatte. „Ich gehe davon aus das ihr kooperiert und euch nicht dem Gesetzt entgegen stellt oder?“ Die Frage war wohl ehr rhetorischer Natur. „Jean, wenn es nichts weiter gibt dann nehmt eure Aufgabe war und beginnt mit der Durchsuchung.“

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 Betreff des Beitrags: Re: Quaere et invenies
BeitragVerfasst: Mi 1. Apr 2015, 17:20 
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Sie schloss für einen Moment die Augen. Sie hatte mit Georg über den Kopf sprechen wollen, dann aber aufgrund von Marlenes Ankunft darauf verzichtet um ihre Nichte nicht zu schockieren. Jetzt war es zu spät. Ihr Blick streifte die Mitglieder die am Tor standen und genauso hilflos wirkten wie sie selbst. Wenige Augenblicke lang ruhte er in den hellen Augen ihres alten Freundes und sie wusste er kannte sie lang genug um zu wissen was sie dachte: Wenn wir jetzt in der Scheiße sitzen, dann sag die Wahrheit, ansonsten halten wir den Mund. Sie hatte keine Ahnung was er mit dem Kopf gemacht hatte. Ihn liegen gelassen? Ihn der Stadtwache übergeben? Ihn irgendwo versteckt?
Sie atmete tief ein, hielt sich gerade und biss die Lippen aufeinander. Sie wünschte sie könnte diesem Wahnsinn entkommen.

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 Betreff des Beitrags: Re: Quaere et invenies
BeitragVerfasst: Mi 1. Apr 2015, 18:05 
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Es war alles unwirklich – ein wahrer Alptraum, ein wahnsinniger Alptraum. Alida wusste das es nichts brachte sich hier zu wiedersetzen das würde das ganze vielleicht noch schlimmer machen. Selbiges wusste auch Georg, der schließlich seufzte und den Weg freigab. „Kommen Sie.“ Sagte er mit kratziger Stimme und machte den Weg ins Anwesen frei. Claude der Blutrichter nickte nur und sagte dann. „Alois, Jean. Geht mit rein. Ich möchte, dass alles ganz nach Protokoll abläuft. Ihr zerstört nichts und wenn ich irgendwelche Klagen höre werdet ihr was erleben. Der Rest von uns wird im Hof warten und sich wie zivilisierte und gesetzestreue Leute unterhalten." Georg, einer der Gardisten und Jean machten sich schließlich auf den Weg ins Haus. Entgegen dem vorher Gesagten schien Claude nicht daran interessiert sich zu unterhalten und tauschte nur nötige Höflichkeiten aus. Auch Marlene und Christian schienen nicht groß an Konversation interessiert zu sein und sahen sie nur gelegentlich mit großen Augen an. Claude war währenddessen aber nicht untätig. Er maß die Höhe der Mauer und sah sich verschiedene Ecken im Hof an. Er schien auch das Wachstum der Pflanzen zu überprüfen und zerrieb ein wenig Erde die vor dem Tor lag und roch daran. Schließlich kamen die drei Leute aus dem Haus, gefolgt von einer ganzen Traube von Alida restlicher Verwandtschaft.

Jean Gesicht war wie versteinert und schaute Alida nicht direkt an. Schließlich händigte der Gardist namens Alois dem Blutrichter ein graues Tuch aus und nickte nur. Claude schaute sich den Inhalt an und schlang das Tuch gleich wieder darum. Dann erhob er seine wohlklingende Stimme, übergab das Paket wieder an Alois und drehte an dem Goldring an seinem Finger. „Jean. Wo habt ihr den Inhalt dieses Tuchs gefunden?“ Der stellvertretende Hauptmann antworte mit fester Stimme auch wenn es ihn viel Kraft kostete. „Der Verwalter Georg hat uns direkt dahingeführt. Er war im Keller. Er sagte uns aber auch, dass der Kutscher den Kopf gefunden hätte.“ Claude schaute Jean durchdringend an. Und dann Georg. „Hat man besagten Kutscher hier irgendwo finden können?“ Das jüngere Ebenbild von Lucien schwieg, seufzte dann und antwortete schließlich: „Nein.“ Claude nickte nur, als schien sich etwas zu bestätigen was er bereits erwartet hatte. „Nun denn Georg. Ihr habt uns zu einem Kopf von einer frisch Ermordeten geführt. Wusste sonst noch jemand in diesem Haushalt davon?“ Georg schüttelte nur mit dem Kopf, er weinte lautlose Tränen und schaute dann Alida durchdringend an.

Alida wusste sofort was hier geschah denn auch sie konnte seine Gedanken lesen. Er opferte sich, denn er wusste das ihrem Haushalt auch noch andere Geheimnisse verborgen lagen in die der Blutrichter nicht seine Nase hineinstecken sollte. Claude ergriff wieder das Wort. „In diesem Fall, nehme ich euch fest Georg, Verwalter der Familie van der Burse. Ihr seid verdächtig einen Mord begangen zu haben. Die Befragung wird in der Wachstube weitergeführt. Damit sind wir hier fertig.“ Den letzten Satz fügte er für seine Gardisten hinzu wandte sich dann aber noch einmal an Alida und ihre Familie. „Es tut mir sehr leid. Diese Umstände müssen schockierend für euch sein. Wäre es trotzdem möglich wenn ihr euch heute Nacht noch in der Wachstube einfindet?“ Er schaute Christian, dann Alida an. „Ich weiß es ist bereits spät, aber dieses Anliegen ist von absoluter Wichtigkeit. Ich schlage ein Treffen in etwa einer Stunde vor, Sie haben sicherlich noch einige Dinge zu bereden. Guten Abend.“ Mit einer galanten Verbeugung verabschiedete sich Claude und auch Jean ging mit ihm, halb wütend halb voll Trauer und ganz klar zwischen seinen Pflichten und seinen Loyalitäten hin und hergerissen. Alidas Familie starrte sie nur entsetzt an ob all dem, was gerade passiert war.

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 Betreff des Beitrags: Re: Quaere et invenies
BeitragVerfasst: Fr 3. Apr 2015, 15:23 
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Alida ballte beide Hände zu Fäusten. Georg hatte sich geopfert für… für was eigentlich? Das alles kam ihr vor wie ein abstruses Hirngespinst. Ein Mord, den man ihr in die Schuhe schieben wollte, den man dem Kerzenzieher in die Schuhe schieben wollte, ein Mob der statt wie erwartet Lynchjustiz zu betreiben im Haus des Kerzenziehers auf Raubüberfall ging… die geköpfte Julianna…
Sie rief ihre Familie und die Hausangestellten mit entschlossener Stimme, ließ sie im Wohnzimmer versammeln und erklärte in kurzen Worten die wichtigsten Punkte: dass sie die geköpfte Person gestern Abend zufällig getroffen hatte, dass der Kutscher den Kopf heute vorm Tor gefunden hatte, dass sie eigentlich beabsichtigt hatten den Mord zu melden, aber der Aufstand des Pöbels dies verhinderte und dass man offensichtlich den Van de Burses den Mord anlasten wollte. Den Rest verschwieg sie. Sie traf sich im Anschluss kurz in der Küche unter vier Augen mit Christian, Marlene und ihrer neuen Ghulin Alyssa. Die junge Frau, eine Cousine von Marlene, war das Organisationstalent der Familie und behielt selbst in brenzligen Situationen die Ruhe. „Christian? Kannst du versuchen alle Hebel in Bewegung zu setzen um das Verbleiben des Kutschers ausfindig zu machen? Der Mann wohnt doch mit seiner Familie im Osten der Stadt. Marlene, wenn du kannst, triff Jean oder irgendeinen anderen Wachmann von der Nachtwache, der Bescheid wissen könnte und frag, wer den Hinweis abgegeben hat, der Mord könnte etwas mit uns zu tun haben. Und Alyssa, schau, wo Frederik ist, okay? Habt ihr eine Ahnung wo er bleibt?“ Sie seufzte. Das alles setzte ihr wirklich zu. „Wir treffen uns in einer halben Stunde oben im Arbeitszimmer. Passt auf euch auf, ja?“
Sie würde Briefe an Lucien, Gerrit und Liliana aufsetzen und sich im Arbeitszimmer an die genaue Analyse der Citrine und des Wachs machen, auch wenn sie sich davon nicht viel versprach. (bitte Auspex 3 auf die Gegenstände. Kannst du für mich würfeln. Char blatt ist ja im Forum. Danke)

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 Betreff des Beitrags: Re: Quaere et invenies
BeitragVerfasst: Sa 4. Apr 2015, 16:23 
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Alidas Familie schaute sie besorgt an obwohl ihre wohl gewählten Worte die Situation zu entspannen schien. Ihre Familie war daran gewöhnt, dass die Oberhäupter der Familie Probleme lösten und bis jetzt war ja auch immer alles gut gegangen. Der Krisenrat den sie danach im engsten Kreis abhielt war schnell erledigt, kannte doch jeder seine Aufgabe. Danach ging Alida in ihr Zimmer und versuchte sich in der Ruhe zu konzentrieren, nachdem sie die Briefe verfasst hatte auch wenn die Gedanken um dieses ganze Chaos begann sie wahnsinnig zu machen. Sie suchte nach den Citrinen in ihrer Tasche, während ihr einfiel das sie einen ja Juliannas Schwester gegeben hatte. Also besaß sie nur noch einen der Steine. Eine Resonanz zu finden war schwer, sehr schwer sogar. Bilder und Emotionen drangen auf sie ein, aber nichts dass sie greifen konnte. Da waren die Schürfer die den Stein aus einer Miene im Osten geborgen hatten und das generelle Gefühl des Reisens, schien der Stein doch viele Besitzer gehabt zu haben. Dann schließlich fand sie etwas. Ein Gefühl, eine Emotion die sie greifen konnte. Die Citrine waren wohl eine Art Erkennungsmal wofür das wusste sie aber nicht. Und dann ja dann, war da auch noch etwas anderes – der Stein gehörte einem Mann, ja es muss ein Mann sein, ein Mann mit dunklen Haaren. Dann schwieg der Stein endgültig und mehr war nicht herauszufinden.

Schließlich blieb noch das Wachs. Alida hatte zwar Probleme einen übersinnlichen Eindruck von dem Gegenstand zu gewinnen, aber vielleicht musste sie das auch gar nicht. Alida kannte dieses Wachs und wofür es benutzt wurde. Es war im Gegensatz zu den üblichen Siegelwachsen von einer tiefgoldenen Farbe und Alida hatte keinerlei Ahnung wie man diese goldene Farbe in das Wachs bekam. Das wussten nur wahre Meister, weswegen man es für teures Geld aus Genua einführte. Der Rat von Brügge nutzte dieses Wachs nämlich um offizielle Dokumente zu beglaubigen, da man so die Chance für Fälschungen senkte. Interessanterweise erinnerte sich Alida auch noch an etwas anderes, denn Dustin van Eyk hatte auf Anfrage des Rates einmal gesagt, dass er nicht wusste wie man dieses Wachs herstellte weswegen auch keine andere Wahl blieb als es weiter teuer aus Italien zu beziehen. Dieses Wachs hier war aber nicht aus Italien, die Prägung der Gilde fehlte dafür und es war auch kein Versuchsstück von dem man schließen konnte das Dustin van Eyk lediglich mit dem Rezept experimentierte. Dies war ein perfektes Werkstück mit dem man sofort ein Dokument siegeln konnte. Könnte van Eyk gelogen haben über seine Fähigkeiten?

Schließlich klopfte es an ihrer Tür und die Tzimisce wurde aus ihren Gedanken gerissen. „Alida?“ Marlene trat ein ohne auf eine weitere Aufforderung zu warten. Beide Frauen hatten beschlossen gemeinsam zur Nachtwache zu gehen, denn Jean würde auch dort sein. „Hast du irgendetwas herausfinden können? Und noch viel wichtiger, hast du inzwischen eine Idee welches Spiel hier eigentlich gespielt wird?“ Marlene lehnte ihren Kopf an einen der Holzbalken, so wie sie es schon als Kind getan hatte und schaute Alida mit besorgtem Blick an.

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Zuletzt geändert von Spielleiter am So 5. Apr 2015, 10:35, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Quaere et invenies
BeitragVerfasst: Sa 4. Apr 2015, 19:46 
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Alida betrachtete die junge Frau und ein schwaches fast ironisches Lachen entstieg ihrer Kehle. „Wäre schön, wenn mir in der letzten halben Stunde die glorreiche Erleuchtung gekommen wäre, nicht wahr?“ Sie lehnte den Kopf nach hinten an die Lehne und atmete tief durch. „Keine Ahnung. Ich konnt’ nicht mehr rausfinden, als dass der Citrin häufig den Besitzer gewechselt hat und mal einem braunhaarigen Mann gehört hat. Dieses rote Siegelwachs, das ich nach dem Besuch beim Kerzenzieher plötzlich in meiner Tasche gefunden habe, wird normalerweise aus Italien bezogen, da hier in Brügge keiner der Handwerksmeister bisher die Rezeptur herausfinden konnte. Dieses Stück kommt aber interessanterweise nicht aus Italien." Sie blickte Marlene an. "Vielleicht sollte ich morgen noch mal beim Kerzenzieher vorbei schauen um nach seiner Gesundheit zu sehen?"
„Hast du vielleicht was von den anderen gehört? Gibt es schon irgendwelche Informationen?“

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 Betreff des Beitrags: Re: Quaere et invenies
BeitragVerfasst: So 5. Apr 2015, 17:20 
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Marlene schüttelte nur langsam ihren Kopf und schlang sich ein Tuch gegen die Kälte um ihre schmalen Schultern, denn auch wenn das Haus selbst gut beheizt wurde, verzichtete Alida aus nahe liegenden Gründen auf prasselnde Kaminfeuer in ihren Räumlichkeiten. Schließlich ergriff die junge Frau das Wort. „Wir sollten langsam los. Die Wachstube ist zwar um die Ecke, aber je ehr wir ein paar Sachen herausfinden, desto besser oder? Außerdem können wir gerade eh nicht viel machen, denn die Anderen sind nämlich noch nicht wieder zurück. Frederik wird aber in jedem Fall vor dem Morgengrauen zurück sein und vielleicht können wir dann noch einmal eine Bilanz über die Dinge ziehen die wir wissen.“

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Die Frauen machten sich auf den Weg zur Wachstube die in ihrem Viertel lag, genauer gesagt in einem Grenzbereich zwischen Händerviertel und dem Adelsviertel. Innerhalb weniger Minuten würden sie da sein. Marlene hakte sich bei Alida ein und begann leise mit ihr zu sprechen. „Die van Eyks.“ Sie warf nachdenklich den Kopf in den Nacken wie sie es immer tat wenn sie versuchte sich an etwas zu erinnern und fuhr dann fort. „Von den Dingen die du mir berichtet hast ist da sicherlich etwas faul. Ich meine die ganze Vermählung war ja schon ungewöhnlich genug, da wundert es mich nicht, dass irgendetwas im Busch ist.“ Alida musste innerlich vielleicht ein wenig grinsen. Marlene hatte eine gewisse Schwäche für Klatsch und Tratsch entwickelt auch wenn sie diesen Umstand ungerne Zugab und es auch gar nicht mochte, wenn man sie damit aufzog. Sie erzählte weiter und schien in ihren Erinnerungen zu kramen. „Dustin van Eyk ist ja schon ein echter Blickfang und du kennst Marie ja, die beiden sind wie Schwan und hässliches Entlein. Darüber hinaus ist er ja auch noch jünger als seine Frau. Man munkelte damals, dass die Mitgift die ihr alter Vater für seine liebste Marie bezahlte enorm gewesen sein muss. Du hast bestimmt mal mit dem alten van Eyk gearbeitet, er war auch im Händlerrat und der Gildemeister der Feinschmiede. Aus seinem Schmieden kamen fast alle Werkzeuge Brügges, die besten Messer die ich kenne sowie der offizielle Siegelstock von Brügge selbst.“ Alida erinnerte sich an den Mann ein angenehmer und ruhiger Zeitgenosse der vor einigen Jahren verstorben war. Mit ihm konnte man gut arbeiten, denn es war einer der Männer die das Wohl der Stadt immer vor Augen hatten und auch keine Skrupel hatten selbst mit anzupacken wenn eine extra Hand gebraucht wurde. Es gab immer weniger Leute von seiner Sorte.

„Er hat mir als Mädchen mal einen Armreif geschenkt. Gott möge seiner Seele gnädig sein. Aber wenigstens sein Name überlebt, da Dustin ja den Namen seiner Frau angenommen hat. Er war ja zuvor nur ein kleiner unbekannter Kerzenmacher und schlug danach so viel Profit aus dem guten Namen der van Eyks wie er konnte. Aber schauen wir einmal ob die beiden überhaupt Kinder haben werden. Es heißt ja, dass Dustin ein paar schönen Augen noch nie widerstehen konnte, seine Frau aber nicht anrührt. Ganz unverständlich ist es ja nicht, die gute Marie ist ja wirklich nicht die schönste Dame dieser Stadt. Irgendwie tut sie mir aber schon Leid. Was nützt dir ein Mann der dich nicht liebt? Dann kann man doch lieber alleine bleiben, oder?“ Die Frage war wohl ehr rhetorischer Natur und an sich selber gestellt schlussfolgerte Alida. „Darüber sie hat nicht einmal eine Freundin die ihr ehrlich sagte, dass sie mit ihrem lavendelfarbenen Kleid aussieht wie ein zu großer Kuchen, der zu allem Übel auch genauso riecht wie er aussieht, da sie immer zu viel von dem diesem schrecklichen Parfum aufträgt und eben auch nicht weiß, wie sie sich ihrer Figur entsprechend anziehen sollte.“ Marlene erzählte Alida all diese Dinge nicht aus Bösartigkeit oder Gehässigkeit. Sie liebte es immer schon gut informiert zu sein, immerhin stocherte sie in den kleinen und großen Geheimnissen der Familie rum, seit sie laufen und sprechen konnte. Die Idee etwas zu verpassen machte Marlene immer schon wahnsinnig. Aber da war auch noch mehr. Nach Marlenes Entführung vor inzwischen fast 10 Jahren, begann sie so viele Informationen wie möglich zu sammeln. Alida vermutete, dass es irgendwie darum ging die Kontrolle durch ihren Wissensvorsprung zu behalten. Darüber hinaus lenkt das Gespräch über diese trivialen Dinge auch von der grausamen Realität ab, wie eine kopflose Leiche oder die Tatsache, dass Georg im Gefängnis war.

Schließlich erreichten beide Frauen die Wachstube, an der auch gleichzeitig der Schuldturm von Brügge angeschlossen war. Marlene schaute Alida schließlich an und die die beiläufige Leichtigkeit war aus ihrer Stimmlage verschwunden und einem nüchternen, aber geschäftsmäßigem Händler- und Verhandlungston gewichen. Sie war eben doch durch und durch eine van der Burse. „Also gut Alida. Was genau soll ich machen? Nur mit Jean reden? Oder soll ich mich noch um etwas anderes kümmern? Außerdem was willst du den Blutrichter Claude von Paris eigentlich genau wissen lassen? Ich möchte nicht, dass wir uns in Widersprüche verstricken, falls er mich etwas fragen sollte.“

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