Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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 Betreff des Beitrags: Konstantinopel bei Nacht (Alida)
BeitragVerfasst: Sa 11. Jul 2015, 23:54 
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K0nstantinopel bei Nacht 1218 (?) weitere Photos werden nachträglich eingefügt

Konstantinopel: Ein Moloch, geformt aus religiöser und historischer Bedeutsamkeit. Ein Ort der Kunst und Kultur, ein Ort der Spiritualität und der Wissenschaft, des Handels und der Wirtschaft aber auch eine Stadt des regelmäßigen Blutvergießens und die idealisierte Vorstellung, einer Welt im Gleichgewicht. Der Grenzpfeiler zwischen Ost und West. Nicht zuletzt ein glänzender, friedlicher Traum der nicht nur vom Primarchen Michael erträumt und gepflegt wurde, sondern auch die Sterblichen immer wieder in seinen Bann zieht. Konstantinopel ist anders als die übrigen Domänen der mittelalterlichen Weltgeschichte und seine Andersartigkeit, zieht auch heute noch Lebende wie Untote, beinahe magisch an. Jeder möchte teilhaben an dieser gigantischen, kosmopolitischen Welt.

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Es war bereits zwei Wochen her, seit Alida und Emilian von Genua aus nach Konstantinopel aufgebrochen waren. Alidas Erzeuger schätze die weit gezogenen Ausläufer der Stadt, die verschiedenen Kulturen und ehrfurchtgebietenden Monumente, die sich überall in der Stadt finden ließen. Das laute, hektische und wild feilschende Markttreiben beruhigte sich zwar nachts ein wenig, aber das hieß noch lange nicht, dass die unzähligen Bazare und Verkaufsstände, nicht weiter im Schein von kunstvoll gefertigten Öllampen und fremdländisch duftenden Pechfackeln, ihre erlesenen und exotischen Waren anboten.

Alida stand am Bug des Schiffes. Auch nach einer schier endlosen Einfahrt in die Stadt kam sie noch immer nicht aus dem Staunen heraus und bemerkte immer wieder, dass es ihr schwer fiel ihren Blick von all dem Fremden und Unbekannten los zu reißen, dass sie erblickte: gigantische Paläste in bunten Farben und mit seltsamen Ornamenten geschmückte, enge Straßen, mit bunten Laternen behängt, seltsame nie zuvor gesehene gewaltige Pflanzen, Stadtmauern von solchem Ausmaß, dass sie sich nicht vorstellen konnte, dass es möglich sein könnte sie je zu überwinden. Auch wenn sie gehört hatte, dass dies vor wenigen Jahren geschehen war.
Dann hatte sie die gewaltige Kuppelkirche erblickt, die wie eine seltsame Wolke über der Stadt thronte und zum ersten Mal verstand sie das ehrfürchtige Staunen, dass Toreador beim Anblick von Schönem überkam. Mit Mühe schloss sie den Mund und beugte sich noch etwas weiter über die Reling.
Emilian war an Deck getreten, auf seinen Zügen lag ein zufriedenes Lächeln als er das Erstaunen in Alidas Gesicht bemerkte. Die Mannschaft der ‚Iskatel‘, war geschäftig an Bord unterwegs und rief sich gegenseitig Befehle und Anweisungen in, für Alida gänzlich fremden Zungen zu, während Taue eingeholt, Segel gerafft und Fässer herangerollt wurden. Der Wind war etwas abgeflaut und über der Stadt, lag eine leicht salzig duftende Brise, getränkt vom Geruch von Fisch und Meerestieren. Ihr Erzeuger lehnte sich neben ihr an die Reling und nickte, geradeaus blickend, auf die schier grenzenlose Pracht einer Stadt, die selbst das alte und von so vielen Kainiten geschätzte Rom überdauert hatte. Während die Iskatel fast wie in Zeitlupe und kaum merklich, auf einen freien Bootsanleger zusteuerte, konnte man die prachtvolle Ansammlung anderer Handels- und Kriegsschiffe des gewaltigen Hafens bewundern. Von 4-mastigen Galeeren und kleinen Ruderbooten, bis hin zu schlachtschiffartigen Konstruktionen, gab es in der Tat alle möglichen und unmöglichen Formen und Varianten von Schiffen, manche ohne Prunk und Protz, andere in leuchtenden Farben und mit bunten Fähnchen geschmückt. Selbst um diese Zeit konnte man noch Menschen am Pier entlang gehen, Waren verladen und in den Spelunken am Hafen den Arbeitstag ausklingen lassen sehen.

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Emilian beugte sich näher zu Alida heran ohne sie anzusehen, folgte ihrem Blick, der über die gesamte Stadt zu gehen schien. „Prachtvoll nicht wahr? Es ist jedes Mal ein überwältigender Anblick nach Konstantinopel zu kommen. Ich weiß Brügge ist unser beider Heimat aber diese Stadt…“, er sinnierte für einen kurzen Moment um die richtigen Worte zu finden, „Diese Stadt ist ein lebendes Denkmal der Menschheitsgeschichte, allein ihre Ausmaße sind unüberschaubar, ganz zu schweigen von den Monumenten und Kunstschätzen, die sich innerhalb ihrer Mauern befinden. Es wundert mich nicht, das der Patriarch hier residierte.“
Alida nickte nachdenklich, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und schmeckte das Salz, das in der Luft lag. „Ich habe einige gewaltige Städte gesehen, für mich erschien Paris immer als Zentrum der Welt… oder vielleicht Rom… aber diese Stadt raubt einem Sterblichen wohl schon den Atem bevor man sie überhaupt wirklich gesehen hat.“
Sie warf einen kurzen Seitenblick in seine Richtung. Sie dachte an andere Male als sie mit ihm am Bug der Handelskoggen gestanden hatte… beim Beladen der Schiffe und später bei ihrer Flucht aus Windau. Das war so unvorstellbar lange her. Dann streifte ihr Blick wieder die Silhouette der Stadt.

Das Schiff lief gemächlich in den Hafen ein und ein paar der Mannschaftsmitglieder, griffen nach langen Holzplanken, um das schwer beladene Frachtschiff vom Pier abzustoßen und an seinen Anlegeplatz zu dirigieren. Zusätzlich hatte man einige sandgefüllte Säcke an langen Tauen an der Längsseite des Schiffes befestigt. Der erste Arbeiter von Emilians Tross sprang behände auf den hölzernen Steg und rief den Kameraden an Deck weitere Anweisungen zu. Emilian bot ihr seinen Arm an und machte eine weit ausholende Geste. „Rom ist Rom und Paris mag in den Augen der europäischen Höfe das Zentrum der Welt sein, aber wie du schon richtig bemerkt hast: Keine Stadt lässt sich mit Konstantinopel vergleichen. Nirgendwo findest du mehr Unterschiedliches. Bitterste Armut und den höchsten Reichtum, funkelnde Schätze und trostlosen Unrat. Es ist eine widersprüchliche Stadt, die durch die verschiedenen Völker, die hier zusammenkommen, geeint wird. Vielleicht ist es wirklich ein Traum, wie der Patriarch einst gemeint haben soll.“ Er tat einige Schritte in Richtung Bug und führte Alida, in Richtung einer hölzernen, solide wirkenden Plankenkonstruktion, die mit Seilen zu einer Art Auf- und Abstieg verarbeitet worden war. „Iskatel heißt mein Schiff. Das ist russisch und bedeutet ‚Der Sucher‘. Ich hoffe auch du wirst in Konstantinopel Dinge finden, von denen du nicht einmal geahnt hast, dass sie existieren. Willkommen in der vermutlich größten und reichsten Stadt zwischen Ost und West.“

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Mit diesen Worten, verließ er zusammen mit Alida das Schiff, während die Arbeiter sich daran machten die Iskatel fest an der Anlegestelle zu vertäuen und die Segel einzuholen. Es war spät und dementsprechend würden heute keine Waren mehr verladen werden, dennoch musste das Schiff und seine kostbare Fracht festgemacht und gesichert werden. Ein Mann mit krausem Bart und dicken wulstigen Lippen, gekleidet in feine Seidentuche, kam ihnen mit einem Stück Pergament entgegen. Er lächelte und verbeugte sich vor Emilian. „Allah mit euch, Belinkov, es freut mich das ihr uns wieder die Ehre erweist, dieser Tage offensichtlich in Begleitung?“
Seine dunklen Augen musterten Alida, aber Emilian, der sich ebenfalls knapp verbeugt hatte, winkte nur ab. „Eine Verwandte von mir aus Europa, die ich nicht davon abbringen konnte sich die schönste Stadt auf Erden gemeinsam mit mir anzusehen. In diesem Sinne Jamal, ist es ein Privileg, dass wir in eurer Stadt verweilen dürfen.“

Jamal machte eine weitere, tiefe Verbeugung vor Alida und lächelte. „Es ist mir ein außerordentlich großes Vergnügen euch hier willkommen heißen zu dürfen, ehrenwerte Dame. Ich hoffe ihr werdet Konstantinopel so lieben lernen wie euer Freund hier.“
Auch Alida verbeugte sich und schenkte dem Mann ein höfliches Lächeln. „Ich schätze, ich bin bereits seit den wenigen Stunden seit ich eure Stadt erblickte dabei, werter Herr Jamal. Habt Dank für eure freundliche Begrüßung.“
Jamal nickte, sichtlich angetan von Alidas Erscheinung und überreichte dann Emilian die Pergamentrolle. "Ich hoffe ihr habt mir den italienischen Wein mitgebracht Belinkov, die Großbürger sind ganz wild darauf. Im Gegenzug habe ich mir erlaubt die Öllampen für euch in Augenschein zu nehmen. Sie sind von guter Qualität, ihr werdet zufrieden sein, davon bin ich überzeugt." Gemeinsam schlenderten Emilian, Alida und Jamal über den Pier des großen Hafens von Konstantinopel, lenkten ihre Schritte langsam in Richtung Stadtinneres. Hier, an den Außenbereichen des Hafens, waren die Häuser noch einfach und recht schmucklos, eher praktisch und funktionell gehalten. Verladekräne, hohe Kisten und Fässer, Netze und Warenlager, dominierten das Bild. Aus den Kneipen am Hafen, duftete es nach allerlei fremdländischen und auch wenn es noch kein großer Bazar sein mochte, wurde schnell klar, dass es in dieser Stadt eine schier endlose Flut an kuriosen, merkwürdigen und erstaunlichen Dingen zu entdecken gab.
Emilian nickte Alida zu. "Jamal ist der zuständige Aufseher für unsere Anlegestelle und steht im Dienste von Karim Mustafa el Hajid, einer der größten Handelstreibenden hier am Hafen. Er selbst wurde hier geboren und macht sich gar nicht die Mühe in fremde Länder zu reisen und neues zu akquirieren. Alles was für uns interessant sein könnte und auch für andere, weiß Hajid uns zu vermitteln. Er ist also eine Art Zwischenhändler, der zwei Handelsparteien ins Geschäft bringt. Zudem bürgt er teilweise für die einwandfreie Qualität der Namen. Mittlerweile ist er recht angesehen." Jamal nickte zustimmend. "Und alles was Herr Belinkov wünscht, soll Herr Belinkov erhalten. Da fällt mir ein, es ist spät und ihr seid sicher müde. Wie immer bietet euch mein Herr seine Heimstatt als Bleibe für die Zeit eures Aufenthaltes an." Emilian sah fragend zu Alida. "Hajid stellt mir für ein geringes Entgelt als einer seiner Stammkunden eine sichere Bleibe in der Stadt zur Verfügung, wenn du willst können wir dort unterkommen. Oder wir sehen uns nach etwas anderem um."
Alida schüttelte mit einem freundlichen Zug um die Lippen den Kopf. Sie blickte von Jamal zu ihrem Erzeuger. „Diese Entscheidung solltest du vielleicht mit deiner Erfahrung alleine fällen. Du warst bereits häufiger Gast dieser großartigen Stadt und magst eher abzuschätzen, wo sich eine Unterkunft finden lässt die den Ansprüchen von banalen Europäern wie uns genüge tut.“ Sie betrachtete für eine Sekunde die Stadt, wurde von einer Flut an Eindrücken schier überwältigt und zwinkerte ihm dann kurz zu.
Emilian lächelte Alida an und nickte dann bestimmt, wandte seinen Blick in Richtung des Arabers. "Sag deinem Herrn, dass es uns wie immer ein großes Vergnügen sein wird, in seiner Gaststätte zu residieren. Ich hoffe, es macht ihm nichts aus, dass er für die Zeit meines Aufenthalts nun zwei Leute unterbringen muss." Der Tzimisce schnippte mit den Fingern. "Ah, und ich habe das Brügger Tuch mitgebracht um das er mich gebeten hatte. Zwei große Kisten erstklassiger Qualität und in gut eingewirkten Farben." Jamal lächelte ein breites Lächeln. "Oh, dem Herrn Hajid wird es eine Ehre sein einer so reizenden Dame sein bescheidenes Heim als Unterkunft anzubieten. Folgt mir doch, er isst gerade zu Abend und würde sich sicher über eure Gesellschaft freuen."

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„Es wird mir eine große Freude sein. Ich hoffe, euer Herr wird nicht zu überrascht sein?“ Sie wartete seine Antwort ab, unterdrückte ein unmerkliches Seufzen und sah zu einem Gewürzstand. Die Aussicht nun den Rest des Abends einem lokalen Händler Gesellschaft leisten zu dürfen, konnte unterhaltsam aber auch eine anstrengende Sache sein. Sie beherrschte das Austauschen höflicher Floskeln seit ihrer Kindheit, da ihr Vater großen Wert darauf gelegt hatte den Kindern auch Benimmregeln und Etikette beizubringen, war aber auch immer erleichtert wenn sie einen solchen Abend erfolgreich hinter sich gebracht hatte.
Jamal führte die beiden Europäer tiefer hinein in den Moloch dieser riesigen Stadt und überquerte den großen Platz am Hafen. Aus vielen Fenstern, brannte Licht. Hier und da schrie ein Säugling und lautes, kehliges Gelächter erklang während Krüge aneinandergestoßen wurden. Ein Hund bellte und in einer Seitengasse die nach Urin stank, zankten sich eine Herde Katzen um die Überreste eines Fisches, während ein wie tot wirkender ganz und gar in Lumpen gehüllter Bettler eine irdene Schale zu seinen Füßen aufgestellt hatte. Er sang eine leise, traurige Melodie. Je weiter sie gingen, desto ausladender, größer und eindrucksvoller wurden die Behausungen Konstantinopels. Fester Stein, weißer Marmor, Sandstein, hie und da Granit und gar Basalt, formten hohe Gebäude mit festen geschindelten Dächern, die allesamt recht flach ausgelegt waren. Die hübsch gepflasterten Gassen und Straßen begannen sich immer weiter zu verzweigen, auszudehnen, abzubiegen und sich in einem unüberschaubaren Labyrinth aus Wegen zu verirren. Und wer den Weg nicht kannte, der konnte sich in Konstantinopel nur allzu leicht verirren.
Immer wieder kamen sie an steinernen Monumenten vorüber, die aus längst vergessenen Zeiten stammten, ein Abbild dessen was die Stadt früher einmal gewesen sein musste. Vielleicht war dereinst ein römischer Legionär just an diesem sorgfältig behauenen Torbogen vorbeigekommen oder ein gelehrsamer Grieche hatte endlich die Schriften von Sokrates in seiner Gänze erfasst. Wie viele Füße mochten schon laufend, rennend, springen, flüchtend, tanzend oder schlendernd über diesen Boden gegangen sein? Generationen von Gesellschaften hatten ihr Leben hier verbracht und was die Zeit vergessen hatte, wurde immer weiter in den ständig wachsenden Moloch integriert.
Emilian neigte den Kopf sachte in Alidas Richtung während Jamal ein, zwei Schritte vorne hinweg schritt. Sie hatten sich eine Weile über die neuesten Gerüchte und Geschichten Europas ausgetauscht und der Unhold, nutze den Moment um sich flüsternd an Alida zu wenden. "Keine Sorge, mir ist schon klar dass du keine große Lust hast die Adelige für einen arabischen Handelsherren zu spielen. Wir werden nur kurz bleiben, der Höflichkeit wegen. Danach kannst du sofort die Stadt unsicher machen, versprochen." Er zwinkerte ihr aufmunternd zu. „Behalt deine Taschen aber immer nahe bei dir. Die Brügger Diebesgilde ist nichts im Vergleich zu den flinken und gierigen Fingern von Konstantinopel."
Alida grinste. Sie kannte genug Tricks von Lucien und Gerrit aus deren Diebesgilde um halbwegs sicher durch so manche dicht bevölkerte Straße beim jährlichen Markt zu gelangen und war recht zuversichtlich heil durch diesen urbanen Moloch zu gelangen. Sie lächelte ihm dankbar zu, schwieg erwartungsvoll.
Inmitten der Ausläufer des Zentrums der Stadt blieb Jamal dann stehen und verbeugte sich erneut, machte eine einladende Geste in Richtung eines erhabenen Gebäudes. Der Flachbau, bestand hauptsächlich aus Sandstein aber einige römische Einlegearbeiten durchzogen die edel wirkende Fassade. Es gab eine recht hohe, solide Mauer und eine großen Torbogen, der mit vielen kleinen Marmorfließen bedeckt war, die eigentümliche Muster bildeten. Über der Mauer, konnte man schon dichten Bewuchs erkennen. Palmen und allerlei fremdartige Sträucher und Blumen. Es roch nach gebratenem Fisch und starken, kräftigen Gewürzen. "Nach euch, verehrte Gäste, ich werde euch dem Herren ankündigen. Er wird hocherfreut sein, euch selbst zu so später Stunde wiedersehen zu dürfen, Belinkov." Jamal wartete bis die beiden das Tor passiert hatten und schritt dann selbst durch das große Eingangsportal.

Das innere des prachtvollen und kostspieligen Gebäudes, war mit unzähligen Kostbarkeiten geschmückt. Persische Teppiche an Wänden und Böden, fein gearbeitete Krüge und Karaffen, sowie meisterlich gefertigte Möbel, zierten das Haus des Karim al Hajid. Es hatte einen unverkennbar, arabischen Einschlag und so fehlten auch nicht die zahlreichen Messing- und Metallbecher, die mit schmuckvollen Steinen versehen waren, auf der reich gedeckten Tafel. Diener, in leichte Leinenstoffe gehüllt, eilten zwischen dem großzügig dekorierten Speiseraum und der Küche hin und her, trugen köstliche duftende, mal süß mal scharf und dann wieder besonders würzig riechende Gerichte auf und räumten benutztes Geschirr ab. An einem großen, hölzernen Tisch, saß Hajid und ließ sich gerade von einem Diener Wein nachschenken. Um ihn versammelt, eine Schar von größeren und kleineren Kinder, vermutlich alles seine eigenen, sowie drei hübsche Frauen, alle sonnengebräunt, vermutlich die Mütter der Familie. Die Kleidung war hell und farbenfroh gehalten, von edlen Stickereien durchwirkt und durchaus exotisch. Wobei das gesamte Anwesen, als auch die Ausstattung, ohne das Alida es wusste, bestenfalls gehobener Mittelstand in Konstantinopel war. Um den niedrigen Tisch, auf dem sich die reich gedeckte Tafel fand, waren viele bunte und weiche Kissen und Pölster aufgeschichtete worden und der Herr des Hauses, winkte den beiden Neuankömmlingen zu.

„Willkommen, willkommen, Herr Belinkov, und willkommen, Alida van de Burse. Willkommen in meinem bescheidenen Heim. Setzt euch zu uns und esst eine Kleinigkeit, Baba in der Küche hat sich wieder einmal selbst übertroffen. Es gibt allerlei Köstlichkeiten und auf den Nachtisch freuen sich die Kinder schon den ganzen Tag“. Liebevoll, tätschelte er einem kleinen Mädchen den Kopf, das Alida fasziniert anstarrte. „Amalia, sei höflich zu unsern Gästen“, sagte Hajid gutmütig.

Emilian verbeugte sich knapp und nahm an einer freien Stelle des Tisches Platz, deutete Alida sich zu ihm zu setzen, sein Lächeln war nach wie vor ungebrochen. Jamal wartete am Durchgang zum Vorhof, der mit feinen Vorhängen, teilweise überdeckt war. Die Nacht war schwül und fiebrig.
„Vielen Dank, Karim, dass ihr uns die Ehre erweist. Danke auch, dass wir eure Gastfreundschaft in Konstantinopel, so über Gebühr beanspruchen dürfen. Bezüglich des bestellten Weines…“,
Er wurde von Karim mit einer knappen Geste lächelnd unterbrochen. „Der gute Belinkov, immer bei der Arbeit. Wir unterhalten uns morgen über den Handel, Sergej, lasst und doch den Abend genießen und die Dame doch erst einmal richtig ankommen, ich bin überzeugt davon, sie war noch nie zuvor in Konstantinopel und alles mag ihr recht fremd erscheinen. Alida van de Burse…“. Er sprach sie direkt an. „Was verschafft mir das besondere Vergnügen, euch hier begrüßen zu dürfen? Belinkov hat euch, glaube ich, einmal erwähnt aber ich hätte nie gedacht, dass ihr jemals mit mir hier am Tisch sitzen würdet. Hat er euch doch noch überreden können, der alte Geschäftsmann? Was hat er euch versprochen?“, witzelte er.
Alida neigte bescheiden das Haupt. „Vielen Dank für eure großzügige Gastfreundschaft. Auch mir ist es eine große Ehre eure Freundlichkeit in Anspruch nehmen zu dürfen.“ Sie griff in ihre Tasche und förderte vier Flaschen Weißwein hervor, die sie Hajid zeigte und dann an einen seiner Diener weiter reichte. Sie lächelte. „Was mein… Vetter sagen wollte… Es wäre uns eine große Freude, wenn ihr zunächst kosten möget. Der Wein, man nennt ihr Weißherbst, ist aus den Rheinlanden und würde euch mit Gewissheit ganz vorzüglich zu eurem Festessen munden.“ Sie sah zu Emilian, dann wieder zu dem Familienoberhaupt. „Mein… Vetter ist so wie ich bewandert in geschäftlichen Belangen. Ich unterstütze tatkräftig die Geschäfte meiner Familie und Sergej hat sich freundlicherweise bereit erklärt mich ein wenig mit dem Handel des byzantinischen Kaiserreichs vertraut zu machen. Für gewöhnlich erstreckt sich mein Handelsbereich über die nördlichen Lande Skandinaviens, Frankreich, Spanien, das Heilige römische Reich, die Küstenstädte der Ostsee und seit einiger Zeit haben wir eine Handelsneiderlassung in Genua gegründet.“

Hajid lächelte sie wissend und vergnügt an, bedankte sich dann für ihr großzügiges Geschenk und wies den Diener an, für sich, die Frauen als auch für die Gäste einzugießen. Emilian lehnte für die beiden Brügger dankbar mit der Ausrede ab, man würde dem Herrn des Hauses, sicher nicht seine eigenen Geschenke wegtrinken und könne es unmöglich verantworten, das Karim Hajid, einen so edlen und weit gereisten Tropfen an sie verschwenden würde. Lieber wäre ihm, mit allem nötigen Respekt, einer dieser orientalischen Gewürzweine, die er mit Alida später verkosten wollte. Das war dem Hausherrn nur recht, war er doch selbstredend stolz auf den so fein importierte Gewürzwein und hatte mehr als Verständnis dafür, das Belinkovs Cousine etwas Neues ausprobieren wollte.

An der Tafel tat Emilian so, als würde er mit großer Begeisterung essen und wahrlich, hätte man sich noch an gewöhnlicher Nahrung erfreuen können, man wäre niemals hungrig vom Tische gegangen. Die Varianten der unterschiedlichen Gerichte waren raffiniert zubereitet und gewürzt und es wurde ein entspannter Abend für die Brügger an dem sie mit Karim, als auch seinen Frauen und gelegentlich auch etwas gebrochen mit seinen Kindern sprechen und sich über den Osten, als auch den Westen und die Sitten und Bräuche des Landes, unterhalten konnten. Die jüngsten der Kinder lernten gerade erst Latein. Es mochten gut zwei Stunden vergangen sein, da wurde es Zeit für Karim sich zu verabschieden. Da sein Tag früh begann, wollte er sich zur Ruhe begeben, die Kinder mussten ebenfalls ins Bett. Er verabschiedete sich von seinen Gästen und überreichte Emilian einen Schlüssel. „Wie immer bekommt ihr von mir den Schlüssel für den Seiteneingang. Euer Zimmer ist das übliche im ersten Stock, für eure Cousine, habe ich anliegend aufbetten lassen. Die Ausstattung ist genauso, wie sie euch zusagt Belinkov und ich weiß auch, das ihr sicher noch ein wenig die Nacht unsicher machen wollt, wie ich euch kenne. Zeigt eurer Cousine ruhig die Stadt aber seid bitte vorsichtig, hier treibt sich auch viel Gesindel herum.“ Anschließend, geleitete Jamal Emilian und Alida wieder zurück zur Eingangspforte und wünschte ihnen ebenfalls einen schönen Abend.

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"Alea iacta est." oder "Die Würfel sind gefallen." - Lateinisches Sprichwort


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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Sa 11. Jul 2015, 23:54 


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 Betreff des Beitrags: Re: Konstantinopel bei Nacht (Alida)
BeitragVerfasst: Sa 11. Jul 2015, 23:57 
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(der folgende Teil ist hier als FSK 12 Version veröffentlicht- wer statt dessen die FSK 18 Version lesen möchte- bitte anfragen)

Emilian sah sie grinsend an. „Die Zimmer sind über die Rückseite des Hauses zu erreichen und natürlich sonnendicht, keine Sorge, außerdem gibt es ausreichend Bewachung. Es trauen sich nicht viele, bei Hajid einzubrechen, die Strafen hier in Konstantinopel sind… etwas schneller und harscher als bei euch.“ Er bot ihr seinen Arm an und machte eine einladende Geste. „Darf ich bitten? Möchtest du etwas Bestimmtes sehen oder einfach nur die Stadt auf dich wirken lassen?“
Sie atmete tief ein, erleichtert, das Gastmahl erfolgreich beendet zu haben. Sie betrachtete die weiten Flure, warf einen kurzen Blick aus dem Fenster. „Wenn ich mir was aussuchen darf, dann würd ich gern kurz ins Zimmer. Du kennst doch die Frauen… immer die unbestimmte Neigung sich zu erfrischen und hübsch machen zu wollen.“ Sie schmunzelte.
Er nickte ihr wohlwollend zu und konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen. "Als ob du so etwas jemals nötig gehabt hättest. Du siehst wie immer fantastisch aus." Sachte ergriff er ihre Hand und umrundete, das große, prachtvolle Gebäude. An der Hinterseite, konnte man einen schmalen Durchgang erkennen in den ein Schmiedeeisernes Tor eingelassen war. Davor, hielt ein stämmig aussehender Mann Wache. Es stellt sich heraus, dass der Mann Hassan genannt wurde und im Grunde ein Flüchtling des Krieges war. Damals hatte er angeblich Christen enthauptet und für Saladin gekämpft aber er prahlte oft und gern mit allen möglichen Geschichten. Der Schlüssel passte ins Tor und auch Hassan ließ Emilian, den er als Belinkov erkannte, passieren. Ihr Erzeuger, geleitete sie über eine Treppe, in den ersten Stock und schloss dort eine weitere, solide Holztür auf. "Bitte. Ich hoffe es gefällt dir." Alida erkannte, dass die Wände frisch ausgemalt worden waren, ein solides europäisches Bett war darin und dicke schwere Vorhänge, zusammen mit Fensterläden, sperrten die todbringende Sonne aus. Teppiche auf dem Boden und hübsche Blumen waren einladend auf einer kleinen Kommode mit Spiegel, als Dekoration aufgestellt worden. Emilian lächelte. "Willst du kurz allein sein?“ Alida betrachtete das edle Zimmer, die orientalischen Teppiche. Sie erwiderte nichts, holte tief Luft, trat zu dem Bett und warf sich mit dem Rücken zuerst in die Kissen. Sie breitete die Arme aus und hatte zum ersten Mal das befreiende Gefühl, eine schwere Last von den Schultern genommen zu bekommen. Dann atmete sie lang aus.
Emilian schloss langsam und die Stirn runzelnd die Tür, kam dann näher an ihr Bett. Sein Tonfall klang ein wenig besorgt. "Ist alles in Ordnung mit dir? Ich weiß die Hitze hier bist du nicht gewohnt. Ich musste mich auch erst einmal daran gewöhnen. War dir der Abend zu viel?"
Alida sah zur Decke. „Es ist alles… es erschlägt einen fast. Diese riesige Stadt, so viele neue Gesichter, die ich nicht einschätzen kann, so viele Eindrücke, andere Sitten und Gebräuche.“ Sie schwieg eine Weile. „Ich glaub, ich habe einfach Angst. Angst vor den Kainiten und vor allem den Unholden dieser Stadt, oder des Ostens, wenn du so willst. Ich begeb mich in die Höhle des Löwen und hab keine Ahnung, ob ich heil wieder raus komme. Und wenn ich dabei… drauf gehe… ich will nicht, dass irgendjemand sonst mit drunter leiden muss.“
Sie biss sich auf die Unterlippe und spürte das Blut. Sie sah ihn eindringlich an. „Bist du sicher, dass du das hier mit mir durchziehen willst?“
Er sah sie eindringlich und langsam den Kopf schüttelnd an. "Alida, mit niemand anderen würde ich lieber durch diesen Moloch oder sonst wohin gehen. Niemand anders, wäre mir als Gesellschaft lieber. Hab keine Angst. Konstantinopel ist auch nur eine Stadt wie jede andere. Vielleicht größer, vielleicht verschmolzener mit ihrer ganz eigenen Atmosphäre aber im Grunde laufen die Dinge auch nicht anders, als in Brügge. Du wirst hier ganz sicher nicht sterben, egal was passiert. Die Stadt hat mit dem Osten nur marginal etwas zu tun. Du bist hier ziemlich sicher. Sicherer als in Russland oder Ungarn auf jeden Fall. Und niemand kennt dich im Detail, dir stehen alle Möglichkeiten offen. Und ich bin ja auch noch da."
Sie lachte kurz auf. „Du scheinst dir dabei recht sicher zu sein? Ich wünschte, ich hätte deine Zuversicht. Wenn mir hierbei unverzeihliche Fehler unterlaufen bring ich dich in Gefahr, Georg, vielleicht noch meine Familie in Brügge, wenn sich irgendjemand tödlich beleidigt fühlt.“ Sie richtete sich auf. „In Ordnung. Auch nicht viel anders als in Brügge. Ein wenig größer und verwinkelter. Damit komm ich zurecht.“ Es war deutlich ersichtlich, dass sie versuchte sich selbst Mut zuzusprechen. „Dir ist schon klar, dass man in Brügge schon seit einiger Zeit nicht mehr lang fackelt, wenn einem das Gesicht eines Kainiten nicht gefällt.“ Auch wenn sie Lucien mehr als genug Vorwürfe gemacht hatte wegen seiner Attacke gegen Carminus musste sie doch bei der Erinnerung an die Kurzschlussaktion grinsen. „Wird schon schief gehen.“
Er schüttelte den Kopf, sodass die merkwürdig dunklen Locken ihm ein wenig schief ins Gesicht hingen. "Es gibt keine unverzeihlichen Fehler, in Konstantinopel herrschen abgewandelte Regeln und Sitten. Um dich zu blamieren, müsstest du nur die Grundregeln des Anstands vergessen." Er grinste und dachte für einen Moment lang nach, schien sich an etwas zu erinnern. "Und manchen hier wäre selbst das wohl egal, also mach dir mal keine Sorgen." Zu der Geschichte mit Lucien und Carminus nickte der Tzimisce nur. "Ich schätze den Hauptmann aber ab und an, ist er etwas... unüberlegt. "Er betrachtete sie.
Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn an. „Emilian? Beantwortest du mir ein paar Fragen?“ Alida sah ihn nachdenklich an.
"Natürlich. Soweit ich kann? Was hast du auf dem Herzen?"
Er schenkte ihr erneut ein gutmütiges, breites Lächeln und nickte knapp. Es schien ihn ein wenig zu belustigen, dass sie sich so schwer tat mit ihren Fragen. Offenkundig rechnete er nicht mit allzu heiklen oder schwierigen Fragen. "Bereit wenn du es bist Alida. Schieß los."
„Es gibt da etwas, das mich seit Ewigkeiten beschäftigt…“ Sie blickte sich in dem orientalisch eingerichteten Zimmer um, wandte sich dann wieder ihm zu und suchte die rot braunen Augen. „Draga. Wir haben sie damals auf dem Schiff nicht vernichtet. Ich hätte es ohne Zögern getan, wenn ich gemusst hätte, aber ein Assamit, der eigentlich in ihren Diensten stand, kam uns zuvor.“ Sie ließ ihm Zeit, musterte ihn lang. Tief in ihrem Inneren hatte sie das Gefühl, dass sie die Antwort kannte.
Er nickte kurz und knapp um ihr zu signalisieren, das er ihren Ausführungen folgte. Bei der Erwähnung von Draga, bekam das Gespräch eine neue Ernsthaftigkeit und Seriosität. Der Krieg hatte viele Opfer gekostet, menschliche, wie auch kainitische - dessen war sich der Tzimisce völlig bewusst. Emilian hielt ihren Blick; verzog dabei auch keine Miene sondern nahm stattdessen, einen neutralen, nichtssagenden Ausdruck an. Dieser war durchaus als unterkühlt zu bezeichnen. "Dann hat ihn wohl jemand bei weitem besser bezahlt als Draga", antwortete er kalkuliert feststellend. "Ist es wichtig zu wissen, wer den Haschaschin beauftragt hat? Draga Nefedov und alles wofür sie stand, ist nicht mehr. Brügge ist wieder sicher. Ist es nicht das, was zählt Alida?"
Sie strich sich eine Haarsträhne zurück. „Und in wieweit bist du für die derzeitige Sicherheit verantwortlich?“
"Wenn Brügge sicher ist, bist du sicher Alida. Allein darum geht es mir. Wenn ich dazu etwas beitragen kann, dann werde ich es tun...." Er pausierte. "Und habe es auch bereits getan. Manchmal müssen schnelle und endgültige Entscheidungen getroffen werden. Den Drachen hält man nicht mit Worten auf."
„Nein, nicht mit Worten. Zur Not mit dem Schwert. Vielleicht auch mein eigenes, wenn es darum geht Brügge und das, was mir wichtig ist zu verteidigen. Draga war besiegt. Sie hätte uns nicht mehr schaden können und ich bezweifle, dass sie jemals wieder einen Verbündeten im Osten gefunden hätte, der bereit gewesen wäre ihr die Unterstützung zuzusichern, die sie vorher erhalten hatte.“
"Volgar war ein Drache, Draga ein Dämon. Einen Drachen kann man nicht zähmen und einem Dämon kann man nicht trauen." Er bedachte sie mit einem mitfühlenden Blick. "Ich weiß, dass dir Mord und dergleichen missfällt aber der Osten ist eine teilweise sehr blutige Angelegenheit. Ihr Tod nützt euch mehr als ihr Fortbestehen. Mitleid ist durchaus angebracht allerdings nur in gewissen Situationen. Draga war ein Feind und Feinde sind erst dann besiegt, wenn sie nicht mehr sind."
Alida nickte und ihr Mund nahm einen harten Zug an. „Ich schrecke nicht vor Mord zurück, wenn ich es für notwendig halte,“ Dann lächelte sie wieder leicht. „Weißt du, was seltsam ist? Du kennst mich: Ich bin recht schnell mit meinem Urteil zur Hand. Aber wenn es um dich geht…“ Wieder kaute sie nachdenklich auf ihrer Unterlippe. „… Ich glaube, ganz egal, was du getan hast, tust, oder irgendwann zu tun bereit bist: ich würde nie über dich urteilen.“
Emilian beugte sich weiter nach vorne und fixierte ihren Blick "Wir urteilen alle, Alida, jede Nacht aufs Neue. Und du sollst dir auch über mich ein Urteil bilden. Wie jeder andere auch, habe ich gute und schlechte Seiten. Dunkle und helle. Vielschichtigkeit ist ein Teil des Lebens und macht einen erst lebendig oder zumindest zu etwas, das noch annähernd den moralischen Grundregeln der Sterblichen folgt. Volgar war nicht besonders vielschichtig, aber hätte er sich außer dem Töten von Unschuldigen, noch für andere Dinge begeistern können, vielleicht wäre er ein beinahe verträglicher Zeitgenosse gewesen. Urteile, aber vergiss niemals zu hinterfragen und dein Urteil entsprechend anzupassen."
„Und ja, du hast recht. Ich sollte urteilen und hinterfragen. Aber mein Urteil über dich habe ich schon vor Jahrhunderten gefällt.“
„Meine letzte Frage betrifft Victor, deinen Vater.“ Ein kurzer trauriger Zug legte sich auf ihre Züge als sie an den hingerichteten rothaarigen Verbündeten und Freund und dessen Frau Livia dachte. „Warum galt er bei den Mitgliedern seiner Tsimiske als Geächteter? Was hat er Schändliches getan, dass man ihn verfolgt hat? Die Tatsache, dass er dich erschaffen hat?“
Die Thematik schien ihm gar nicht recht zu sein. "Ist es von Belang? Es hat doch keinerlei Bedeutung mehr. Wir haben ein neues Leben oder Unleben, fernab von all diesen düsteren Vergangenheiten?"
Alida sog tief die Luft ein und seufzte dann. „Ist dem so?“ Ein trauriges Lächeln legte sich auf ihre Züge. „Du bist nicht mehr Emilian Victorovich. Somit hast du seine Vergangenheit hinter dir lassen können. Aber ich bin immer noch Alida van de Burse, Kind des Emilian. Somit haftet mir seine Vergangenheit an. Und es würde es vielleicht einfacher machen, wenn ich wüsste, was man ihm und damit meinem Erzeuger und mir vorwirft.“
Emilian seufzte und nickte bedächtig, es fiel ihm offenbar recht schwer darüber zu sprechen aber in ihrer Gegenwart, würde er nicht umhin kommen die Wahrheit über seine Vergangenheit zu offenbaren. "Du hast Recht, entschuldige. Du bist mein Kind, die Erbin meiner Linie. Du hast selbstredend ein Recht darauf zu erfahren, weshalb unsere Linie in Ungnade fiel."
"Im Grunde, war es wenn man so will, die Schuld meines Vaters. Du musst wissen, meine Familie stand viele Jahrzehnte lang in den Diensten eines einflussreichen Seitenarms der Vlaszi Ritter des Ostens. Wir hatten uns als tüchtig Arbeiter und redliche, loyale Leute einen Ruf gemacht, weshalb meinem Vater, als auch meiner Mutter die Ehre des Ghulstatus zuerkannt wurde."
"Selbst in den harten Wintern, die einst über das karge Land peitschten, war die Familie dafür bekannt, eisern zusammenzustehen und der Erde das abzuringen, was für das Überleben notwendig war. Wir dienten mit Stolz, Ehre und ungebrochenem Vertrauen. Dies ging sogar so weit, dass mein Vater Victor, nach jahrelangen, treuen Diensten den Kuss erhielt. Wir waren im Grunde Großgrundverwalter für unseren Fürsten."
Emilian starrte an die Decke, ganz so, als ob die Bilder und Geschehnisse über die er sprach, sich in diesem Moment erneut vor seinem Auge abspielen würden. "Mein Vater, hatte schon vor seinem Untot bei meiner Mutter gelegen und daraus war ich entstanden. Nur kurz darauf, erhielt er die größte Ehre unseres Fürsten. Allerdings waren die Winter hart. Siechtum, Krankheit und Hunger regierten die kurzen Tage und langen, bitterkalten Nächte. Der Fürst war eines Tages ausgeritten, um den Voivoden um Hilfe zu bitten. Du musst wissen, nicht alle Tyrannen sind so kurzsichtig wie Draga. Wenn es keine Bevölkerung gibt von der man sich nähren könnte, verliert die Domäne gänzlich ihre Bedeutung. Alles steht und fällt mit der Vitae."
"Ich war ein schwaches und ausgemergeltes Kind, kaum dazu in der Lage den Löffel beim Verzehr der dünnen, wenig nahrhaften Suppe zu halten, was mich aber nicht davon abhielt draußen zu spielen und herumzutollen. Dann... wurde ich krank...." Er sah Alida mit einer melancholischen Traurigkeit an.
"Schwer krank und meine körperliche Verfassung tat ihr Übriges. Ich lag tagelang im Bett unfähig mich zu rühren oder viel mehr als Wasser zu mir zu nehmen und die Krankheit schritt dahin. Anderen Domänen, ging es nicht anders und der Hunger trieb die Menschen in den Wahnsinn. In einer Nacht, wurden wir von einer ganzen Schar von ausgemergelten, hungrigen Männern überfallen. Sie mussten schon durch einige Gegenden gekommen sein, Plünderer, die sich den Rest nahmen, der noch übrig war.
"Die Männer des Dorfes kämpften verbittert und mit der letzten Kraft, die ihnen zur Verfügung stand aber der Winter und die Kälte, zehrten an ihren Kraftreserven. Mein Vater war kein Kämpfer, musst du wissen, er war Gutsverwalter. Natürlich war er als Kainit den Horden zehnfach überlegen, aber allein die Masse hätte ihn hinweggefegt. Der Stadthalter trat an ihn heran, er war ein Anwärter auf den Kuss. Ein durchtrainierter, adeliger Spross von einwandfreiem Leumund und untadeliger Abstammung. Er war geradezu prädestiniert für den Kuss und das Leben als Fürst und Anführer einer der Ländereien im Osten."
"Und vermutlich, hätte er demnächst den Kuss empfangen. Nur war niemand hier, der ihn in die Nacht geholt hätte. Es war niemand da, außer meinem Vater. Dieser aber wollte sich nicht den Horden entgegen stellen, denn als unser Haus angegriffen wurde, verteidigte er in erster Linie mich und meine Mutter. Ich war mittlerweile immer schwächer geworden und dem Tode nahe, nichts hätte mich noch davor bewahren können. So schenkte mir mein Vater in höchster Verzweiflung den Kuss und machte mich zu einem Unhold - mich ein einfaches, krankes Kind, von geringer Statur und völlig ungeeignet für den Kampf. Er hätte wohl dem Statthalter auch den Kuss gegeben, doch da war es bereits zu spät. Victor hatte sich für mich entschieden und mir das Unleben geschenkt. Der Statthalter, ein reiner Mensch kämpfte verbissen aber vergeblich. Als Victor mit den verbliebenen Mannen am Ort des Geschehens eintraf, war er bereits tot."
"Meiner Familie und mir, gelang die Flucht aus unserem Dorf, zusammen mit ein paar weiteren. Die Plünderer, nahmen sich was sie wollten und ließen nichts zurück. Wir verbargen uns in den Höhlen und Silberminen der Umgebung und wie durch ein Wunder, überlebten wir bis der Fürst mit einigen Notvorräten vom Voivoden eintraf. Sein aussichtsreichster Kandidat, der Statthalter, war unwiederbringlich tot, die Stadt verwüstet und geschliffen. Und mein Vater, hatte mir den Vorzug gegeben, vor einem Kämpfer, der vermutlich wie Volgar selbst durch die Reihen der Angreifer gefegt wäre. Er gab ihm die volle Verantwortung."
"Das war der Anfang unseres Niedergangs. Wir hatten einen aussichtsreichen Vlaszi als Mensch sterben lassen und dafür unsere Familie gerettet. In den Augen unserer Fürsten, hatten wir damit unser Wohl über das der Stadt gestellt. Seine Stadt. Und das grenzte an Hochverrat." Traurig sah er Alida an.
"Der Rest, ist Geschichte. Wir führten ein karges Wanderleben, ständig in Angst. Ständig in Furcht vor dem Zorn und der Rache unseres Fürsten. Ein Fürst, der über beträchtlichen Einfluss und Macht verfügte, selbst die anderen Häuser gegen uns aufzubringen. Wer nicht für das Land auf dem er lebt steht, hat seine Rechte als Tzimisce verwirkt. Für das Land eines Unholdes, opfert man alles. Dazu war mein Vater nicht bereit."
Alida hatte gebannt zugehört. Nur mit Mühe gelang es ihr den Mund geschlossen zu halten. Und sie bedauerte schwer, nicht früher gefragt zu haben. „Das muss unglaublich hart für dich und deine Familie gewesen sein. Machst du deinem Vater Vorwürfe?“
Emilian schwieg eine Weile und starrte etwas verloren vor sich hin, bevor er sich wieder an Alida wandte, seinen Kopf langsam schüttelnd. "Nein, ich mache ihm keine Vorwürfe. Mein Vater war ein rechtschaffener, loyaler und großmütiger Mensch. Ich kann ihm nicht den Niedergang der Stadt anlasten denn er hat getan, was er für richtig und wichtig hielt. Er war untot und hätte nie wieder Kinder haben können und er hat meine Mutter geliebt. Ich war das einzige Vermächtnis, seiner sterblichen Existenz. Vlaszi Ritter, gibt es nach wie vor viele. Dem Fürsten mag ich allerdings auch nichts vorwerfen - ein Fürst hat sich um das gesamte Wohl einer Stadt zu kümmern und dieses war empfindlich gefährdet."
Er sah sie eindringlich an. "Manchmal müssen wir solche unmöglichen Entscheidungen treffen. Wichtig ist nur, dass wir sie treffen und dann dazu stehen. Mein Vater hat dies alles auf sich genommen, weil ich es ihm wert war."
Alida lächelte. „Ich bin froh, dass er sich so entschieden hat.“ Sie schmunzelte. „Du erscheinst mir eindeutig die bessere Wahl gewesen zu sein.“ Alidas Stimme war leise, mit zweideutigem Unterton. „Nun, egal, was früher war: Der gute Fürst hat wohl seine Chance verspielt. Jetzt ist er um einen fähigen Gefolgsmann ärmer.“
Der braunhaarige Mann, lächelte sie aufmunternd und bekräftigend an. "Ich denke, dass wenn er wüsste, zu was ich heutzutage fähig bin, er seine damalige Entscheidung bestimmt überdacht hätte aber es hat keinen Sinn, sich über die Vergangenheit Gedanken zu machen.“
Sie kaute überlegend auf ihrer Unterlippe. Sie sah ihm in die rot-braunen Augen. „Irgendwann kehre ich zurück nach Brügge, das weißt du. Ich wünschte du würdest mitkommen, aber ich habe Angst, dass du das nicht tun wirst.“ Ein kurzer Schatten legte sich auf ihre Züge.
"Natürlich wirst du wieder zurück nach Brügge gehen, es ist deine Heimat. Dein Ort der Ruhe und der Kraft und obendrein, wäre man ohne dich wohl rettungslos verloren dort. Was täte die Familie nur ohne ihre starke und gewiefte Anführerin?"
Alida grinste kurz. „Meine Familie ist stark und kommt ganz gut ohne mich klar. Das war sie schon immer. Ich bild‘ mir nur gern ab und zu ein es wäre anders, damit ich mich ein wenig unersetzbar fühle. Das ist leider alles.“
Er ließ einen kurzen Moment verstreichen, bevor er sachte den Kopf schüttelte. "Ich weiß nicht, Alida. Genua ist nah genug an Brügge und ich bin gerade dabei, die alte Villa wieder restaurieren zu lassen, nach Originalplänen. Brügge war und ist nach wie vor ein Teil von mir aber... irgendwie, war das ein anderes Leben. Ein Stück weit ist es wohl tatsächlich so, also ob ich meine Jugend dort verbracht hätte."
Zu seinen weiteren Worten nickte sie nur. Was sollte sie schon sagen? Sie ließ einige Zeit verstreichen, atmete tief ein. „Jetzt bin ich hier.“
Dann nickte er erneut. "Aber jetzt sind wir hier ja. In einer Stadt, in die keiner von uns wirklich gehört und die sicher fremdartiger ist, als alles was du bisher gesehen hast. Trotzdem ist sie voller Wunder. Jede Nacht kann man ein neues entdecken."
Alida grinste. „Sie ist schön. Gigantisch und undurchschaubar. Faszinierend…“
Emilian nickte bedächtig. "Und gerade diese Undurchschaubarkeit, macht sie auch so gefährlich, Alida. Brügge ist klein, geradezu winzig und klar abgegrenzt. Konstantinopel" Er war einen sinnierenden Blick zum Fenster hinaus. "... Konstantinopel ist ein sich ewig verändernder Moloch. Es gibt so viele unterschiedliche Meinungen, Vorstellungen, Überzeugungen, so viele Kulturen und Welten die hier miteinander verschmelzen dass es einen manchmal regelrecht überfordert. Was hältst du davon, wenn du dich ein wenig frisch machst und wir danach den ortsansässigen Kainiten einen Besuch abstatten? Zumindest Caius, sollten wir die Aufwartung machen. Er schätzt es sehr zu wissen, wer sich in der Domäne des Triumvirats aufhält." Mit einem knappen Nicken, deutet er in einen Nebenraum. "So wie ich Hajid kenne, hat er bereits ein Bad vorbereiten lassen, die lange Reise verlangt förmlich nach etwas klarem und heißen Wasser. Du wirst begeistert sein von den arabischen Duftnoten. Es ist ganz anders als in Brügge."
Er würde ihr zunächst alle Zeit lassen die sie brauchen. Das Badezimmer ihres Zimmers, war ein bunter und wohlduftender Traum. Die Wanne bestand aus edel geschnitztem Holz, das mit hübschen Symbolen übersäht war. Eine der wohl feinsten Arbeiten, die Alida je gesehen hatte. Überall im Raum, gab es wohlriechende Kerzen und Duftöle, die nach exotischen Orten und verführerischen Ländern dufteten. Nicht zuletzt, war das Badewasser das man eingelassen hatte, ebenfalls mit solcherlei Ölen versetzt und ein bunter Blütenteppich krönte die schäumende Oberfläche. Ein großer Spiegel mit anschließender Frisierkommode, befand sich ebenfalls im Raum, der über und über mit bunten Seidentücher, die teils als Dekoration, teils zur Abteilung des Zimmers dienten, behangen war.
"Möchtest du die Herrscher von Konstantinopel treffen?"
Sie suchte eines der Kleider in Blau heraus, das vom Schnitt eher der dünnen Mode der südlichen Stadt, so wie sie bisher beobachtet hatte, entsprach und schlüpfte hinein. Sie bürstete sich das Haar, band es zu einer Hochsteckfrisur und versuchte sich auch bezüglich Schmuck, Schminke und Schmuck den hiesigen Gegebenheiten anzupassen. „Wäre unsere Toreador hier in diesem Raum, sie würde erstarren und nie wieder aus diesem Entzücken aufwachen.“ Sie lachte. „Ich bin gespannt auf die Herrscher der Stadt. Ja… aber ob ich sie treffen möchte?“ Sie seufzte. „… das beantworte ich dir wohl besser nach dem Treffen.“
"Oh ich denke eure Rose würde gar nicht mehr dazu kommen irgendjemanden zu treffen, diese Stadt ist wie ein Mosaik, das sich immer wieder verändert und dabei ganz neue Wunder preisgibt." Dann bot er ihr galant seinen Arm an, geleitete sie zur Tür vorbei an Hassan, dem mürrischen Torwächter, und vorbei am Rundbogen des Anwesens von Hajid.

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 Betreff des Beitrags: Re: Konstantinopel bei Nacht (Alida)
BeitragVerfasst: Sa 11. Jul 2015, 23:59 
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Beruhigend tätschelte er ihren Arm. "Du wirst feststellen, dass die Dinge hier in Konstantinopel gänzlich anders verlaufen als in Brügge, Frankreich oder England. Wir befinden uns nicht nur in einem menschlichen sondern auch unsterblichen Schmelztiegel. Es gibt gewisse Gesetzt und Regeln in der Stadt aber davon abgesehen, ist im Grunde jeder willkommen." Der braungelockte Mann, sinnierte für einen kurzen Augenblick. "Vermutlich ist es das, was dem großen Traum des Patriarchen tatsächlich am nächsten kommt, selbst wenn Michael nicht mehr ist. Ein kleiner Funke dessen was hätte sein können und selbst dieser ist schon gewaltig für unsere Verhältnisse. Mach dir also keine Sorgen, du hast vor niemanden etwas zu befürchten. Hier kümmert sich jeder um seine Belange und die westlichen Höfe sind weit entfernt." Er führte sie weiter durch die dunklen aber teilweise auch mit Pechfackeln oder Öllampen beleuchteten Gassen. Da gab es viel behauenen Stein, kleine Treppchen und verschlungene Pfade und breite, einladende Straßen in denen selbst zu dieser Zeit Fuhrwerke ihre Waren transportierten und der Menschenstrom nicht wirklich zu versiegen schien. An einer Ecke, tranken dunkelhäutige Männer seltsame Getränke aus silbernen Krügen lachten laut und herzlich. Dann und wann, sah man bewaffnete Gardisten in fremdartigen Rüstungen einen Torbogen passieren und zuletzt, konnte auch Alida ein recht bekanntes Bild sehen. Drei in schimmernde Kettenhemden gerüstete Männer, mit wachsamen Blick, die dennoch etwas unruhig wirkten.

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Alida folgte ihm ohne zu zögern. Er wusste, was er tat, das genügte ihr. Sie blickte zu den dunkelhäutigen Männern, versuchte zu riechen, was diese tranken und musterte die Templer und lauschte um zu hören aus welchem Land sie wohl kommen mochten.
Es musste sich wohl um einen ganz besonders stark aufgebrühten Tee handeln, denn er hatte beinahe die Farbe von Teer. Erdig roch er und kräftig, mit einem Hauch von Exotik die nichtsdestotrotz, verlockend war. Vor ihnen war ein kleines Brett aus Holz aufgebaut und Alida würde sofort erkennen: Es handelte sich um ein Schachbrett. Emilian an ihrer Seite, schmunzelte, ließ aber die Mundwinkel ein Stück weit misstrauisch sinken, als die Templer an ihnen vorbeigingen. Der Klang der Sprache, war Alida vertraut denn selbst Caminus, hatte sich in seiner flandrischen Sprachmelodie, stets den deutschen Tonfall behalten. Offenbar waren die Templer aus dem Heiligen römischen Reich, deutscher Nation angereist. Ihr Begleiter zog Alida etwas fester an sich und die Bewaffneten, passierten sie ohne von ihnen Notiz zu nehmen. ".... und wenn Innozenz das so haben will, dann soll er meinetwegen...." Ein anderer mischte sich ein: "Pass auf was du sagst, dafür wirst du exkommuniziert Friedrich." Dann waren die Männer außer Hörweite. Alida würde aber auffallen, das die dunkelhäutigen Männer ein paar angewiderte Blicke zu den Templern warfen und einer mit einer vielsagenden Handbewegung nur ein Wort sagte das Alida völlig unbekannt war. "Bausch." Emilian lachte knapp und trat näher an das Schachspiel heran. Ohne zu Zögern bewegte er eine Figur und zunächst schien es so, als ob die beiden Spieler verwundert und misstrauische Blick auf ihn warfen, jedoch bald dazu übergingen, seinen Zug zu studieren. In einer fremden melodischen Sprache sagten sie einige Worte und schienen begeistert, einer bot Emilian und Alida von seinem Getränk an aber zumindest der Braunschopf, würde ablehnen. Er grinste zu Alida. "Übung, ist das halbe Leben. Selbst hier."
Sie schmunzelte. Emilian hatte seine Obsession bezüglich des Schachspieles auf wohl fast jedes Mitglied der Familie van de Burse weiter geben können, wie eine seltsame Passion, die von Generation zu Generation vererbt wurde. Sie selbst war nie ein annähernd würdiger Gegner gewesen und auch die meisten ihrer Nichten und Neffen bevorzugten jemanden mit mehr Geschick und Spieltalent für die Schachpartie. Alida nippte an dem seltsamen Tee, versuchte ein komisch klingendes Danke in der griechischen Sprache und ließ sich dann von Emilian weiter ziehen. Die Templer hatte sie nicht weiter beachtet. Kreuzzügler…
Emilian führte sie weiter über die verschlungenen, labyrinthartigen Pfade von Konstantinopel. Schnell hatten sich einige etwas verwahrlost wirkende Kinder um sie geschart und schienen um Almosen zu betteln. Der Tzimisce allerdings, behielt ein waches Auge auf das bunte Treiben und hielt seine Wertgegenstände nahe bei sich, wies Alida an es ihm gleichzutun. Schlussendlich verscheuchte er die kleine Kinderansammlung auch ein wenig, als er ein paar funkelnde Münzen hinter sich auf den Boden warf. "Wo viel Reichtum ist, da ist auch bitterste Armut nicht weit. Dennoch... sie stehlen gerne und darauf können wir verzichten." Nur wenig weiter, würden sie von einem Tuchhändler belagert werden, der ihnen alle möglichen Stoffe und Färbemittel aufschwatzen wollte. Der Händler verwies ihn nur an den Hafen, bot ihm somit die Möglichkeit zumindest bei Girland vorzusprechen. Er erwartete kein großes Geschäft aber Höflichkeit war in dieser Stadt eine wertvolle, sittsam gepflegte Tugend. So ging es noch eine ganze Weile, bis die beiden Westler schlussendlich vor einem prächtigen Anwesen zu stehen kommen würden. Allein die Ausmaße des Gebäudes, ließen vermuten dass es einst römischen Ursprungs gewesen sein musste. Hie und da, zeichneten sich die Einflüsse der Griechen ab und über dem Eingang, prangte ein Fresko des Sonnenwagens.

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Wie unpassend passend, für das Domizil eines Kainiten. Viele steinerne und breite Stufen, führten zum Eingang des Prachtbaus und Emilian half Alida diese zu erklimmen. Oben angekommen, standen bereits mehrere Wachleute in kurz geschnittenen Rüstungen. Die Hitze in der Stadt, war selbst um diese Uhrzeit drückend. Fast schien es so, als hätte Carminus die Wachleute ausgewählt, denn der Helmschmuck und die kurzen, flachen Schwerter hätten gut ins alte Rom gepasst. Der Händler kündigte sich und Alida mit vollem Namen an und wurde vorgelassen. In einem pompösen Vorraum der mit zahlreichen, alten Wandbildern, Tonkrügen und Vasen, sowie Teppichen und brennenden Ölschalen gefüllt war, die wabernde Schatten an die steinernen Wände warfen, hieß man sie auf einem geschwungenen, mit Kissen bedeckten Sofa zu warten. Auf einem kleinen Tisch vor ihnen, waren viele verschiedene, frische Früchte aufgedeckt und ein bronzener Krug, schein Wein zu enthalten. Daneben, zwei bronzene Becher die ganz klar einen griechischen Einschlag hatten.
Alida blickte ihn an, beugte sich näher und flüsterte ihm zu. „Gibt es über unseren Gastgeber etwa wichtiges, das ich wissen sollte? Hast du einen wichtigen Hinweis für mich, damit ich mich und damit dich nicht gar zu ausgeprägt blamiere?“
Emilian lächelte und schüttelte nur sanft den Kopf. "Caius ist Ventrue aber anders als andere Ventrue, hegt er keinen Groll gegen die Tzimisce. Zumindest nicht wirklich. Der Krieg im Osten scheint ihn nicht wirklich zu interessieren, mehr noch es ist ihm im Grunde völlig egal." Schmunzelnd fügte er hinzu. "Wäre es dir wohl auch, wenn du einer der Herrscher von Konstantinopel wärst. Diese Stadt ist zu einflussreich und wichtig und hat eine ganz und gar andere Lebensgrundlage als der Osten und der Westen: Vielfalt und Offenheit in einem gewissen Rahmen. In Konstantinopel entstehen Träume und Ideen, keine Kriege." Geschickt griff er sich eine Feige aus dem Obstkorb und warf sie Alida zu. "Probier, ich habe mir sagen lassen niemand schätzt den Geschmack von Feigen so sehr wie Caius. Generell ist er den leiblichen und sinnlichen Genüssen nicht abgeneigt. Der alte Römer, so geht das Gerücht, besitzt sogar ein eigenes Dampfbad unter seinem Anwesen. Die Ahnen werden schon verschroben nach einigen Jahrhunderten. Sei einfach du selbst. Bring keine Politik mit, mit der Konstantinopel nichts zu tun hat und er wird dich lieben." Sachte, schenkte er ihr einen Kuss auf die Wange.
Alida versuchte die Frucht zu schälen ohne den roten Saft über ihr Kleid zu verteilen und es gelang ihr mit etwas Mühe. Sie kostete nur ein wenig, denn sie wusste, all das würde alles wieder seinen Weg nach oben finden. Die blonde Frau strich dich eine Haarsträhne zurück und nickte Emilian zu. Sie musterte die edlen Räume und wartete auf ein Zeichen, dass man sie einlassen würde.
Es würde nicht mehr lange dauern und am Ende des langen, mit langen römischen Teppichen gesäumten Ganges, würde eine hohe und massive Tür geöffnet werden. Ein Mann in makellosen Tuniken aus edlen Stoffen und mit einem bezaubernden Lächeln, kam mit leicht federnden Gang auf die beiden Brügger zu. Sein Gesicht war braungebrannt und auf seiner kahlen Stirn, spiegelte sich das Fackellicht. In seinen Augen lag etwas Scharfes, Ungebrochenes. Eine Wachsamkeit und manch einer mochte sagen Abgründigkeit, derer man sich nur schwer entziehen konnte. Der Mann verbeugte sich knapp, als Emilian aufstand und es ihm gleichtat. "Ah, verzeiht dass wir euch so lange warten ließen, Sergej, aber Caius befand sich gerade noch in einer Besprechung. Einer äußerst dringlichen Besprechung", fügte er schelmisch grinsend hinzu. "Es wird ein Fest geben, zu Ehren von Dionisios’. Caius hatte lange überlegt und einige Details mussten unbedingt noch festgelegt werden. Eventuell werden sogar Gäste von auswärts geladen werden." Er machte eine einladende Geste. "Aber wo sind meine Manieren? Ich muss mich doch noch richtig vorstellen. Mein Name ist Kaital." Und damit sprach er wohl geradewegs Alida an. "Und ihr seid?" Emilian würde Alida selbst antworten lassen, in der Zuversicht dass sie solche Empfänge und Begegnungen ohne Zweifel meistern konnte.

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Alida verbeugte sich etwas tiefer vor dem Fremden und ließ dann einen interessierten Blick über das dunkle Gesicht streifen. „Alida van de Burse. Es freut mich außerordentlich eure Bekanntschaft machen zu dürfen.“ Sie nickte um ihre Worte zu bekräftigen. Ein kurzer Blick zu Emilians Augen, dann ließ die Höflichkeit sie wieder zu dem gerade Eingetretenen schauen.
Kaital nickte nur lächelnd und gerade so, als würde er allein aus ihren Worten nachhaltiges Wissen ziehen können. Seine Lippen umspielte ein vergnügliches Lächeln, als er erneut eine einladende Geste Richtung der Tür am Ende des Ganges vollführte. "Er erwartet euch bereits, geht nur voran, Belinkov. Ihr Alida, seid gewiss auch herzlich willkommen. Möge euch Konstantinopel soviel Glück bringen, wie es eurem Freund hier gebracht hat." Mit diesen Worten und ohne eine weitere Erklärung, verabschiedete sich der Mann wieder und eilte sich Richtung Ausgang. Während Emilian ihm noch ein wenig nachblickte verfinsterte sich seine Miene ein Stück weit; sah für einen Moment besorgt aus. "Du warst großartig, keine Sorge, aber Kaital ist.. nun wie sagt man es am Besten? Immer bemüht um alle um sich herum. So sehr bemüht und beflissen das es schon eigentümlich wirkt. Ich traue ihm nicht wirklich und ich glaube er ist in zweifacher Hinsicht eine Schlange. Allerdings genießt er wie so viele, zumindest teilweise das Vertrauen oder das Gehör des Triumvirats." Er ergriff ihre Hand und lächelte als sie durch die hohe, schwere Tür schritten. "Ich bin froh, dass wir ihn nicht mehr sehen und wohl so bald auch nicht mehr sehen werden müssen."
Sie beugte sich näher zu ihm, hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und ihre Worte in sein Ohr. „Du mistraust ihm?“ Sie lächelte. „Und ich vertraue deinem Urteil. Sollte mir dieser Mann noch einmal über den Weg laufen, werde ich vorsichtig sein.“ Sie stand so wie er auf und ging neben ihm her durch die hohen eindrucksvollen Türen. Alida ließ den Kopf in den Nacken gleiten und bewunderte die Schnitzarbeiten
Ihr Erzeuger nickte knapp und bestimmt. "Du musst dir ein eigenes Urteil bilden Alida aber ich gebe wie gesagt schon zu, dass ich dich ungern in seiner Nähe wissen würde. Er gefällt mir einfach nicht, woran immer das auch liegen mag." Ihren knappen Kuss, nahm er mit einem wissenden, freudigen Lächeln auf. Wenn sie nicht noch andere Dinge zu tun hätten, dann könnte man sich fast ausmalen, wonach ihm erneut der Sinn stünde. Doch zu diesem Zwecke, war man just in diesem Moment nicht in das römische Anwesen gekommen und so durschritt Emilian mit Alida an seiner Seite, die hohe Tür. Kaum hatte man den Eingang passiert, so würde Alida sogleich merken, dass der Raum im Grunde nur zentral eingerichtet war. Überall standen kleine, abgetrennte Separees bestehende aus Liegen und Divanen die mit üppigen, weichen und prunkvollen Kissen ausgelegt waren, davor reich gedeckte große Tische mit allen möglichen Köstlichkeiten, Früchten und Obst, Leckereien und Naschwerk, sowie erlesene Weine aus silbern glitzernden Krügen. Die einzelnen Separees, waren durch von der hohen Decke hängende, riesige Seidenvorhänge in unterschiedlichen Farben getrennt. An den Seiten des Raumes, sah man nur leicht bekleidetete Dienerinnen und Diener mit Tabletts und Getränken gelegentlich durch den Raum eilen. Flankiert wurde die ganze Szenerie, durch mehrere beinahe athletisch-maskulin gebaute Wachen mit Speeren und Schwertern an der Seite. Im hinteren Bereich, konnte man leise weibliches Kichern und verträumtes Lachen, ab und an ein verstohlenes Stöhnen hören. Aus den anderen Bereichen klang ebenso mal männliches, mal weibliches Lachen, Stimmen, Diskussionen und Philosophische Gedankenspiele. In viele der Separees, konnte man ob des dünnen Stoffes durchblicken, obgleich man nicht sofort alles und jeden erkennen mochte, dafür musste man sich schon sehr nahe am Geschehen befinden. Zudem hatten einige Séparées durchaus 'blickdichte', schwere Vorhänge und scheinbar extra dafür abgestellte Bewachung.
Im Hintergrund, am anderen Ende des Raumes spielte sehr leise und gediegen eine kleine Gruppe von Musikern eine verträumte Weise, die Alida gänzlich unbekannt war und überall duftetet es verführerisch nach ätherischen Ölen, duftenden Kräutern, weihrauchgeschwängerter Luft und... Moschus. Getaucht war dies alles in äußerst gedämpftes, beinahe in sich erstickendes Licht nur Kerzen erhellten im direkten Bereich jeder dieser abgeteilten Kissenformationen, den unmittelbaren Bereich. An den Wänden hingen in regelmäßigen Abstand, Öllampen.
Im Hintergrund, am anderen Ende des Raumes spielte sehr leise und gediegen eine kleine Gruppe von Musikern eine verträumte Weise, die Alida gänzlich unbekannt war und überall duftetet es verführerisch nach ätherischen Ölen, duftenden Kräutern, weihrauchgeschwängerter Luft und... Moschus. Getaucht war dies alles in äußerst gedämpftes, beinahe in sich erstickendes Licht nur Kerzen erhellten im direkten Bereich jeder dieser abgeteilten Kissenformationen, den unmittelbaren Bereich. An den Wänden hingen in regelmäßigen Abstand, Öllampen.
Alida kaute grübelnd auf ihrer Unterlippe. Woher sollte man hier wissen, wo man hin sollte? Sie blickte sich um, versuchte näher einen Blick auf die in den Separees Sitzenden zu erhaschen.
Bevor Alida sich auch nur an Emilian wenden konnte oder auf eigene Faust Nachforschungen anstellen konnte, in welchem der Lager sich Caius befand, hörte man am anderen Ende des Raumes ein quitschendes, heiteres Lachen und ein Mann in römischer Senatorengewandung, begleitet von zwei hübschen, ebenfalls in römische Gewänder gehüllten Damen verließ eines der Separees. Er hatte kurz geschnittene, helle Harre und Augen, eine markante Nase und scharf geschnittene Züge. Ein gutmütiges Lächeln auf den Lippen machte er ein paar Schritte weiter, die Damen immer noch an seiner Seite. Als er Emilian erblickte, sprach er kein Wort doch seine Miene schien sich noch weiter aufzuhellen. Er flüsterte den Damen etwas zu, woraufhin diese sich einen Knicks vollführend, wieder nach hinten begaben. Caius, so schien es hielt auf ein anderes Separee zu und deutete lapidar in Richtung der Brügger ihm zu folgen. Würden sie dies tun, so kämen sie in ein Separee in dem es sich Caius gerade auf einer der Liegen gemütlich zu machen schien. Zu seinen Füßen, saß eine nackte Frau mit dunkler, sonnengegerbter Haut. Nur ein Hauch von Seide bedeckt ihre Scham die Brüste waren frei. Sie sah unterwürfig auf den Boden, als die beiden das Séparée betraten. "Setzt euch doch Belinkov, es tut so gut euch zu sehen mein Lieber. Und wie mir scheint, habt ihr Gesellschaft mitgebracht. Habt ihr doch auf meinen Rat gehört?" Sachte strich er der Frau vor sich durch das dunkle, lockige Haar. Wie einem Hund oder liebgewonnen Spielzeug. Emilian machte es sich auf einem Divan bequem, sitzend, nicht liegend und deutete Alida sich zu ihm zu setzen. "Oh weit gefehlt Caius, derartige Vergnügungen sagen mir nicht zu. Das hier ist Alida, eine Verwandte aus dem fernen Brügge." Caius Hand strich über den Rücken der Frau und umfasste schließlich eine ihrer Brüste, wog sie ein wenig. Seine Augen waren voller Gier und wenn man genauer hinsah, würde man Bissabdrücke auf der nackten Haut der Schönheit erkennen können. "Dann verzeiht mein ungebührliches Verhalten eurer Verwandten gegenüber. Er hob ein Glas. "Willkommen in Konstantinopel ehrenwerte.....?"
Alida verbeugte sich tief und ließ sich neben Emilian nieder. Sie strich beiläufig über den weichen Stoff der Liege und vermied es mit seltsamer Mühe nicht zu der Blutsklavin zu blicken. Welch fremdartiger Unterschied zwischen dieser Frau und den Mitgliedern ihrer Herde… Sie beugte erneut den Kopf. „Mein Name ist Alida van de Burse aus dem fernen Flandern. Es freut mich sehr eure Bekanntschaft machen zu dürfen, werter Caius. Es ist eine große Ehre…“
Caius erwiderte amüsiert ihren Blick und schien durchaus angetan von ihrer Erscheinung. "Ihr seid mir mehr als herzlich willkommen teuerste Alida. Wenn ihr mit Belinkov unterwegs seid, dann habe ich keinerlei Bedenken bezüglich eures Aufenthaltes. Höchstens um meinen Geldbeutel mache ich mir Sorgen." Er lachte knapp und heiser. Offenbar bezog es sich auf die Geschäfte die Emilian hier in Konstantinopel tätigte. Selbiger nahm es schmunzelnd gelassen obwohl ihm der Humor nicht wirklich zuzusagen schien. "Und Ehre, es ist mir eine besondere Ehre so eine Schönheit der Unholde empfangen zu dürfen aber sagt mir... wie haltet ihr es mit euren Günstlingen und Untergebenen? Mir scheint ihr pflegt einen ähnlich lapidaren Umgang mit den Sterblichen wie euer Vetter?" Amüsiert besah er Alida und es bezog sich ganz offenbar auf seine vermutliche Sklavin zu seinen Füßen.
Alida ließ eine Sekunde verstreichen in der sie nachdachte. „Der Umgang zwischen Herren und Dienern, Adeligen, Bürgern und Leibeigenen scheint mir in Westeuropa ein anderer zu sein als hier. Da stimme ich euch durchaus zu. Allerdings halte ich mich erst seit wenigen Stunden in dieser großartigen Stadt auf und bin mit den Sitten und Gebräuchen noch nicht gänzlich vertraut.“
Caius nickte bedächtig, es schien geradeso als ob er diese Antwort erwartet hätte, sie ihn damit aber nicht wirklich verstimmen konnte, schließlich war Emilian diesbezüglich ja wohl nicht anders als sie. Er kannte demnach schon die Sitten des Westens. "Sklaven waren in den guten alten Zeiten ein gewöhnliches Stadtbild und gehörten zum Leben wie ein guter Becher Wein und die formidablen Spiele im Colosseum. Man mag es halten wie man will aber ich glaube immer noch dass es wichtig ist, seinen Platz zu kennen." Er umschlang den Haarschopf der Frau und zog ihr den Kopf etwas unsanft nach hinten, sodass sie ihren Hals entblößte und die Brust nach vor streckte. "Nur dadurch ist eine gewisse Ordnung möglich. Ordnung und das Wissen um den eigenen, zugewiesenen Platz, wird dieses heillose Chaos zusammenhalten und ich wünsche eurem Brügge, niemals diesen Niedergang zu erleben, den mein geliebtes Rom einst erleiden musste." Caius machte eine einladende Geste. "Esst und trinkt. Blut und Wein, Wein und Blut und natürlich beides zusammen. Kostet die Feigen, sie sind köstlich.. oder kostet von ihr." Emilian nahm einen der Becher und fühlte ihn mit Blutwein, reichte ihn an Alida weiter und goss sich selbst etwas ein. "Auf euch und Konstantinopel Caius." Er prostete ihm zu und es schien Caius zu gefallen. "So ist‘s recht, wenigstens eine Sache konnte ich euch beibringen. Das Unleben muss auch ein Genuss sein, woran sollte man sich denn sonst erfreuen. Ich hoffe zumindest, das euch unsere Stadt erfreut Alida. Habt ihr denn schon ein wenig von Michaels Erbe bewundern dürfen?"

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 Betreff des Beitrags: Re: Konstantinopel bei Nacht (Alida)
BeitragVerfasst: So 19. Jul 2015, 20:03 
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Auch Alida nahm den Becher, prostete den Männern zu und nahm einen kleinen Schluck des vollmundigen Weines, dessen darin enthaltenes Blut das Aroma noch unterstrich. Obwohl ihr die ganze Szenerie ein wenig seltsam vorkam, ließ sie das Bild von Konstantinopel, das sie bisher in sich aufgenommen hatte vor ihrem inneren Auge erneut aufleben. Sie suchte nach Worten. „Konstantinopel… ist ein lebendig gewordener Traum aus See, Stein, Holz, Marmor, Atem und Blut. Ein Bild, das einen beim Erwachen noch greifbar erscheint und zu verschwinden droht, desto fester man es bei sich behalten möchte.“ Erneut griff sie zu dem Becher, und genoss einen kleinen Schluck des Getränks auf der Zunge.
Caius Lippen umspielte ein amüsiertes Lächeln, als er Alidas Worte vernahm. Der Römer hielt den mit Blutwein gefüllten Becher, eine Armeslänge von sich entfernt und hob diesen erneut. In seinen Augen lag ein beinahe nostalgischer Glanz. Kaum einer mochte das wahre Ausmaß und die Bedeutung der Stadt so sehr verinnerlicht haben, wie der Blaublütige. Die Kainiten der Stadt waren tief mit deren Geschichte verwurzelt, ganz genauso wie die Tzimisce es mit Brügge war. In einer Stadt zu wohnen, war nichts im Vergleich dazu, in ihr zu leben und deren Veränderung, maßgeblich mitzugestalten. "Wahre Worte, meine Liebe, wahre Worte. Heute trinken wir auf den Traum vieler Generationen von Kainiten, morgen schon werden wir diesen gebührend feiern. Die Feste hier in der Stadt sind ausgelassen und superb, keine Kosten und Mühen werden gescheut um sich ganz und gar in der eigenen unnachahmlichen Finsternis zu ergehen." Er zwinkerte Emilian, der in diesen Augenblicken ein wenig reserviert dreinblickte aufmunternd zu. "Tagsüber feiern die Kinder Seths, doch des nächtens gehört die Stadt ohne Ausnahme uns. Es wäre mir ein großes Vergnügen, euch beim morgigen Fest willkommen zu heißen. Ihr erweist mir doch die Freude und nehmt Teil?"
Alida hatte den leichten Unmut in Emilians Zügen bemerkt als der Ventrue das Fest ansprach. Sie sah abwartend in seine Richtung. Es war an ihm für beide zu antworten.
Emilian schenkte ihr einen vielsagenden Seitenblick, ließ sich aber gegenüber Caius nichts anmerken.

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Dezent lächelnd nickte er. "Ihr wisst werter Caius, dass ich mir nicht viel aus derlei Vergnügungen mache und Alida hier, möchte gewiss noch mehr von dieser prächtigen Stadt sehen, als nur die Innenarchitektur der großartigen Paläste und Villen. Wer würde das besser verstehen als ihr? Um Konstantinopel zu erfassen, muss man in seinen Straßen wandeln und das Leben pulsieren spüren." Ihr Erzeuger pausierte kurz. "Dennoch würden wir uns geschmeichelt fühlen, euch und der ehrenwerten Gesellschaft auf eurem Fest beizuwohnen und sei es nur, um sich mit den ortsansässigen Kainiten auszutauschen. Ich bin überzeugt davon, nur jemand aus Konstantinopel kann einem Fremden diese Stadt begreiflich machen." Caius nickte wissend und vielleicht sogar eine Spur verschmitzt, schließlich war es ein offenes Geheimnis, das Belinkov die diversen Veranstaltungen der Stadt eher mied. "Es wäre zumindest schön, wenn sich der Rest der Stadt ein eigenes Bild von eurem Blute machen könnte, als sie auch von ihnen. So viele gewinnbringende und faszinierende Gespräche, begannen doch einst auf solch reizenden Festivitäten. Ich denke die liebreizende Alida wird selbst entscheiden können, ob ihr unser Fest zusagt oder nicht." Emilian kaute auf etwas unsichtbarem herum und brummelte dann etwas gedrückter. "Gewiss werter Caius, gewiss. Dann wird es uns ein Vergnügen sein an eurem Feste teilzunehmen." Der Römer nickte nur und lachte kurz. "Nicht so förmlich Belinkov, nicht so förmlich. Ich bin davon überzeugt jeder wird seine Vergnügung finden auch wenn es gar nur das eine oder andere Handelsgeschäft sein mag. Zerstreuungen sind ja so mannigfaltig. Noch etwas Wein?" Fragte er in Richtung Alida.
Sie lächelte dezent zurück und nahm einen weiteren Schluck. „Danke, ich genieße derzeit noch das Aroma des ersten Bechers.“ Sie hatte noch ein paar schmeichelnde Worte auf der Zunge, wie sie vielleicht Liliana gewählt hätte, aber der Mann ihnen gegenüber war Ventrue, kein Toreador und mit Sicherheit war er nicht zu einem der mächtigsten Kainiten der Stadt aufgestiegen, weil er der größte Weinkenner der Stadt war.
Das Lächeln nahm einen verschmitzten Zug an. „Es wird uns eine Freude sein, einige Flaschen unserer besten Weine zu dem Fest dazu zu steuern. Dessen Bouquet passt besonders zu hellem Teint, wenn mir der Vorschlag erlaubt ist.“
Caius klatschte knapp in die Hände und sah gespielt erleichtert gen Himmel. "Meine Güte Belinkov, nun hört sie euch an. Ihr solltet euch wirklich einmal ein Beispiel an ihr nehmen. Es gibt eine Zeit des Arbeitens und eine Zeit des Müßigganges und die liebreizende Alida, hat gerade überaus trefflich bewiesen, das für beides Zeit sein muss." Der Römer besah sie mit einem wohlwollenden Lächeln. "Es wäre mir ein pures Vergnügen, einige eurer flandrischen Weine zu verkosten. Hach, ich sehe schon ihr werdet euch geradezu wie zu Hause fühlen. Dazu noch meine neueste Attraktion..." Schwärmend griff er erneut zu seinem Becher und leerte ihn in einem Zug. "Eine dunkelhaarige Blüte von ebenmäßiger Haut, noch niemals von einem Manne berührt. Sie hat ihr ganzes Leben lang nur zwischen Wilden verbracht, wo sie die verführerischen Künste des erotischen Tanzes erlernte und perfektionierte. Ihr müsstet sie sehen, Belinkov, das Mädchen ist zauberhaft, unsere Rosen werden buchstäblich starr vor Bewunderung sein. Ein Fest für die Sinne, ein wahrer Traum." Er hielt der Sklavin zu seinen Füßen den Becher hin, welchen sie ohne den Blick zu heben, schnell wieder auffüllte. "Aber diese ganzen kleinen Freuden, werden wir dann zur Genüge morgen genießen dürfen, ihr könnt euch schon freuen, Belinkov." Kaum hatte der unbeschwert wirkende Römer diese Worte gesprochen, da betrat ungefragt einer der Wachen das seidene Séparée und verneigte sich knapp. Das Missfallen in Caius Augen war mehr als deutlich. "Herr. Meister Gesu ist hier und wünscht eine Unterredung mit euch, es geht um die Festlichkeiten." Caius wirkte beinahe etwas angenervt als er eine wegwerfende Handbewegung vollführte. "Gut, gut. Führt ihn in meine Gemächer und füllt die Karaffen, ich werde mich ihm gleich widmen." An seine Gäste gewandt, setzte er ein bedauerndes Gesicht auf und erhob sich langsam. Emilian tat es ihm gleich. "Verzeiht meinen plötzlichen Aufbruch aber ihr wisst ja wie die Zeiten vor großen Veranstaltungen sind - knapp bemessen, wie üblich. Es war mir ein großes Vergnügen euch wiederzusehen und euch kennenzulernen, werte Alida." Er verbeugte sich knapp und würde Alida einen Handkuss geben, bevor er das Séparée verließ. "Bis morgen Abend dann, meine Freunde, und lasst euch nicht stören, besucht ruhig die anderen Kammern, es dürfte euch angenehm überraschen." Sein Lächeln war geheimnisvoll, als er ging.
Belinkov verabschiedete sich ebenfalls mit einer knappen Verbeugung, stets bemüht sein Lächeln zu wahren. Alida würde, da sie ihn sehr gut kannte und einschätzen konnte, ohne Weiteres feststellen, das ihm das Fest so gar nicht schmecken wollte und er gar nicht daran dachte, irgendwelche mit Seide verkleideten Kammern zu erkunden. Stattdessen würde er Alida höflich seinen Arm anbieten und mit ihr den Weg zurückgehen, den sie gekommen waren. Vor dem großzügigen, prächtigen Palais seufzte ihr Erzeuger. "Mir war klar, dass wir um einen Höflichkeitsbesuch nicht vorbei kommen und da hier andauernd irgendwelche Feste gefeiert werden, ist es wohl auch kaum möglich sich diesen zu entziehen. Dennoch hatte ich gehofft, dort nicht erscheinen zu müssen." Er lächelte Alida von der Seite aus an. "Du hast dich großartig geschlagen, er ist sichtlich angetan von dir, deshalb werden wir der nächtlichen Gesellschaft, morgen auch kurz unsere Aufwartung machen. Ich denke du wirst...." Sein Ausdruck wurde nachdenklich-einschätzend. "Ich denke du wirst... irritiert sein."
Sie sah sich um, vergewisserte sich, dass keine nächtlichen Zuschauer in der Nähe waren und beugte sich dann zu ihm. „Was missfällt dir so an der ganzen Sache? Feste werden doch überall gefeiert und sind oftmals eine gute Möglichkeit um mit wichtigen Personen in Kontakt zu kommen…“ Sie lächelte und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. „… wenn man die möglichen Geschäftsbeziehungen mal außer Acht lässt…“ Sie sah noch einmal zu dem prächtigen Palais und ihr Lächeln verschwand wieder. „Du warst schon mal bei einer seiner Feiern, oder?“
Emilian setzte ein leicht schiefes Lächeln auf und nickte bedächtig. "Der Patriarch war Toreador und wie alle Toreador schätze er das Feinsinnige, Schöne und Ästhetische. Ein Genuss der Sinne, wie auch Caius es andeutete." Sein Blick fiel kurz hinter sie, auf das erkennbar römisch angehauchte Palais, als wenn er einen unliebsamen Gedanken verscheuchen wollte. "Aber wie alles sinnliche hat auch dieser Zug eine Kehrseite. Konstantinopels Führungsrige ist mit allerlei Dingen beschäftigt, vom Ränkespiel und Handel, bis hin zu spirituellen Anliegen und uralten Fehden. Die Politik kriecht hier langsamer durch die ehrwürdigen Zufluchten als anderswo und dennoch... haben sie alle über die Jahre eine etwas abgründige Dekadenz entwickelt." Sein lockiger Kopf nickte knapp über seine Schulter, als sie erneut unter seiner kundigen Führung, die weitläufigen Straßen von Konstantinopel durchwanderten. Er führte sie unter einen runden Torbogen, zu einer überdachten Seitenstraße, die über und über mit buntem Tuchen überdacht war. In zahlreichen Aussparungen und Kammern an der Wand, hatten Händler ihre hölzernen Auslagen aufgeschlagen und sogar um diese Zeit, bot noch der eine oder andere lautstark seine Waren an.

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Es roch nach altbekannten, rauchigen Gewürzen und Speisen und an einem Stand, der gebratenen Fisch verkaufte, versuchte ein mager aussehender Junge einen Bulk hungriger Straßenkatzen zu verscheuchen.
"Diese Feste sind immer sehr blutig und abgründig. Nackte Sklaven und allerlei obszöne Spiele, ganz nach dem Vorbild Roms sind dort Gang und Gäbe. Man badet förmlich in Blut, erbricht sich, nur um dann erneut zu Trinken. Ich bin kein Mensch und du ebenfalls nicht mehr Alida aber die Art wie manch einer sich in seiner Raubtiernatur auf den Festen ergeht ist... buchstäblich unmenschlich." Emilian blieb an einem Stand, der über und über mit bunten Stoffrollen und Tuchen übersäht war stehen und befühlte versonnen, die Oberfläche eines besonders edel durchwirkten Stoffes.

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Alida presste abfällig die Lippen aufeinander, wusste nicht recht, was sie sagen sollte. Vor allem nicht in einer belebten Straße wie dieser hier. Sie seufzte. „Hm, wir werden es wohl hinter uns kriegen…“ Sie blickte über die edlen Stoffballen, dann wieder zu Emilian. „Gibt es einen anderen Ort hier in Konstantinopel, den wir heute Nacht aufsuchen sollten?“
"Nun, ich denke es würde dir vielleicht gefallen, jemanden aus unserem Clan zu begegnen. Sein Name fiel bereits - Gesu. Er ist ein begnadeter Former und sehr gebildeter Mann. Vermutlich wird er wohl noch mit Caius zu tun haben aber..." Weiter kam Emilian nicht mehr, denn ein spitzer, unverkennbar weiblicher Schrei durchzog den nächtlichen Bazar. Er kam vom anderen Ende des Marktes, demnach nahe dem Ausgang. "Was zum....", murmelte der Tzimisce mit einem reservierten, angespannten Gesichtsausdruck und eilte in selbige Richtung, stets darauf bedacht, das Alida ihm folgen würde.
Sie folgte ihm so schnell es ihr gelang. Sie hatte genug Übung darin sich durch Verkaufstheken, an Ständen und neben Tischen vorbei zu zwängen. Schließlich gab es auch in Brügge regelmäßige Markttage. Eine Hand hatte sie auf den Griff ihres Schwertes gelegt. Sie versuchte sich einen Überblick zu verschaffen
Würde Alida ihren eilig aufgebrochenen Erzeuger begleiten, so würde man am Ende des Bazars einige umgeworfene, geflochtene Körbe mit allerlei Obst und Früchten sehen. Einige bärtige Händler und Passanten liefen an den Brüggern in heilloser Flucht vorbei. Offenbar fand gerade ein Kampf statt und eine Gruppe in dreckig-grauen Kapuzen gehüllter Gestalten, umringte eine Frau in verhüllenden, kunstvollen Kleidern. Lediglich ihre hübschen dunklen Augen, waren zu erkennen. Jede der Gestalten, trug einen gekrümmten Säbel, sowie einen breiten Gürtel an dem ein spitzer, schmuckloser Dolch hing. Zu ihren Füßen, bot sich Alida schon ein altbekannter Anblick: Blut floss in einem dünnen Rinnsal über den gepflasterten Bazarboden und sammelte sich in einer schmutzigen Pfütze. Mehrere verwundete oder sterbende Wachleute, vermutlich wohl die Wächter der Dame, hatten bereits ihr Leben gelassen oder waren auf dem besten Wege dorthin. Gerade eben, durchstach einer der Gestalten die Kehle eines vor sich hin röchelnden Mannes. Die Frau schrie wie von Sinnen, als jemand an ihren Kleidern riss und den Überwurf entfernte. Dann packten zwei der Vermummten die Frau, schwangen sie sich über die Schulter und nahmen Reißaus. Drei weitere Gestalten drehten sich zu Alida und Emilian um, während der Junge mit den Katzen hinter einem Verkaufsstand Schutz suchte.

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Alida griff nach Emilians Hand, zog ihn neben sich an einen der Verkaufsstände. Aus dem Sichtbereich der Männer, die den beiden Kainiten hoffentlich nicht allzu viel Beachtung geschenkt hatten. Ein Kampf hier inmitten des Bazars konnte nicht gut ausgehen. Sie deutete mit einem Nicken in Richtung der Entführer, fixierte dann die auffallend hellen Augen des Mannes neben ihr. „Unbemerkt hinterher?“
Emilian ließ sich etwas überrascht von Alida zu den Verkaufsständen ziehen und drückte sich nahe an eine der Auslagen. Seine Hand, ruhte auf seinem Schwertheft und er schien in höchster Alarmbereitschaft. Mit einem knappen Blick, sah er um die Ecke und atmete schwer aus; wandte sich dann nickend Alida zu. "Sie flüchten, alle miteinander. Die Wache dürfte in wenigen Augenblicken hier sein aber Konstantinopel... nun, du kennst das Straßengewirr. Sollten diese Leute sich hier auskennen, können sie so ziemlich jegliche Wachmannschaften umgehen. Wir sollten uns beeilen." Der Tzimisce würde noch einen kurzen Moment abwarten, dann mit zügigen Schritten den Gestalten folgen. Er wusste weder wer die Frau war, noch was ihr Häscher von ihr wollten aber es war klar, dass er nicht zögern würde es herauszufinden.

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Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Zuletzt geändert von Alida am So 22. Nov 2015, 21:13, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Konstantinopel bei Nacht (Alida)
BeitragVerfasst: Di 28. Jul 2015, 21:00 
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Ihr Erzeuger ging eiligen Schrittes voran, hielt zwischenzeitlich immer wieder etwas mehr Abstand und verbarg sich in den kleinen Abteilen des Bazars. Als sie den Bazar über einen erneut, ausladenden Rundbogen verließen wurde schnell klar: Die Entführer der fremden Frau, waren zügig und sicher unterwegs. Kein Zweifel also, dass sie sich in Konstantinopel bestens auskannten. Zwei der Gestalten, bogen in eine kleine Seitengasse nach links ab, die restlichen drei, hielten sich auf dem rechten Wege, der in eine größere Wohnstraße führte. Hier waren vor allem Tücher und Stoffe auf langen Leinen von Haus zu Haus gespannt worden und es roch scharf nach allen möglichen Substanzen. Liebliche Düfte und brennender Gestank wechselten sich ab. Man befand sich offenkundig in einem der größeren Färber- und Tuchviertel. Lilliane von Erzhausen hätte sich hier wohl wie zu Hause gefühlt und unter anderen Umständen, wären die kleinen Läden und Handwerkerstuben durchaus einen Besuch wert gewesen. Emilian drückte Alida neben sich hinter einen Berg aus hohen Tonkrügen, die sie vor den immer wieder herumschweifenden Blicken der Vermummten verbargen. "Sie spalten sich auf. Gar nicht mal ungeschickt. Graue Kapuzen merkt man sich aber bei der Fülle an Gässchen und Straßen, und bis zu 5 Möglichkeiten den richtigen Kapuzenträger zu erwischen, sind die schon längst über alle Berge bevor jemand das Mädchen findet. Ich bin mir nicht sicher aber ich glaube die Frau schon einmal gesehen zu haben...." flüsterte Emilian Alida zu.
Alida sah ihn fragend an. „Du hast sie schon mal gesehen?“ Sie sah hinter den Männern her. Man konnte die Hast in ihrem Blick erkennen. „Wir sollten sie nicht aus den Augen verlieren. Sie sind schnell.“ Sie strich sich die blonden Haare zu einem Zopf zusammen, folgte dann weiter den verhüllten Gestalten. Es gelang ihr in einigem Abstand zu folgen.
Emilian nickte leicht nachdenklich. "Für gewöhnlich würde ich so eine Sache die Stadtwache erledigen lassen, auch wenn diese es in diesem speziellen Fall wohl recht schwer haben dürfte. Es geht mir nicht darum mich als barmherziger Retter der Nacht aufzuspielen allerdings.... ich glaube es handelt sich um Alara die Tochter eines reichen Kaufmanns aus dem Osmanischen Reich. Hashid hat mir letztens davon berichtet. Sein ältester Sohn hat um ihre Hand angehalten und ihr Vater hat zugestimmt. Man plante eine große Hochzeit; das war letztes Jahr." Er schmunzelte leicht. "Was ist schon ein Jahr gemessen an unserer Ewigkeit? Für die Menschen aber ist es eine große Spanne." Gemeinsam mit Alida, drückte sich Emilian mal gegen die schmutzigen Mauern des Tuchviertels, mal gingen sie hinter großen, geknüpften Teppichen in Deckung oder suchten zwischen Verkaufsständen Schutz vor den Blicken der Entführer. Vor ihnen, schritten die Vermummten zwischen Ständen hin und her, schufen sich Platz wenn sie welchen brauchten und bogen nach einiger Zeit, kurzerhand nach rechts ab. Emilian mühte sich redlich ab einem allzu eifrigen Händler klar zu machen, dass sie gerade keine Zeit hatten seine Waren zu bewundern während die Brügger langsam aufholten.
"Der osmanische Händler ist recht wohlhabend - gut möglich dass wir hier in so etwas wie eine kleine Stadtinterne Intrige geraten sind. Es ist in etwa so, als würde eine van de Burse, das Oberhaupt der Medici heiraten." Noch immer hinter den Gestalten herlaufend, schüttelte ihr Erzeuger leicht den Kopf. "Im Grunde ist Konstantinopel nicht anders als der Westen, das gleiche Ränkespiel, die gleichen Probleme."
„Dann wäre nur die Frage zu klären, warum man so erpicht darauf ist eine verheiratete Frau entführen zu wollen. Lösegeld? Vielleicht sollten wir einfach herausfinden wohin man sie bringt und dann deren Aufenthaltsort an die Stadtwache weiter geben.“ Man konnte an ihrem Tonfall hören, dass es nicht in ihrem Sinne lag sich in die Ränkespiele der Konstantinopler Händlerschicht einzumischen.
Als Alida und Emilian um die nächste Ecke bogen, nahmen sie in Sekundenbruchteilen, das bösartige Glitzern von blitzenden Klingen wahr, die auf sie herniedersausten. Einer der Gestalten, musste die Verfolger bemerkt und einen Hinterhalt vorbereitet haben. Während der letzte, verbliebene Vermummte, die Frau immer noch auf der Schulter, seine Flucht ungehindert fortsetzte, sahen sich die Brügger nunmehr zwei Angreifern mit Krummsäbeln gegenüber. Beide konnten im letzten Moment ausweichen, während eine der scharfen Klingen, mühelos einen unterarmdicken Stützbalken, einer der Überdächer der Verkaufsstände entzwei hieb. Der dazugehörige Händler schrie panisch auf und fluchte ängstlich in fremden Zungen.
Emilian rollte sich ab und zog mit kühl-kalkuliertem Gesichtsausdruck sein Schwert aus dem Heft, stemmte beide Füße in den staubigen, gepflasterten Boden und nahm einen sicheren, kampferprobten Stand ein. Er ließ sein Schwert kurz provokativ schwingen und hielt die Spitze des selbigen, dann provokant auf die Gegner gerichtet. Ohne sich an Alida zu wenden, sprach er sie auf flandrisch an. Was für ein Glück, das kaum jemand hier des Flandrischen mächtig war. "Wir dürfen nicht zulassen, dass er entkommt. Zumindest müssen wir herausfinden wo er hin will. Lauf ihm nach, ich übernehme die beiden hier und folge dir dann. Falls wir uns verlieren, treffen wir uns wieder beim Hafen, diesen Weg kann dir jeder beschreiben." Der erste Säbel kam schon auf ihn zugeschossen, doch der Tzimisce blockte ihn federleicht ab. "Lauf. Ich kümmere mich um dieses kleine Problem."

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Alida sah ihn einen Moment an. Ihre Züge waren von Unentschlossenheit gezeichnet. Dann hatte sie den Entschluss gefasst, den sie in einer solchen Situation immer treffen würde. Sie zog ihr Schwert. „Vergiss es! Ich bin hier!“
Die Gegner vor ihnen, machten keine Anstalten auf irgendwelche spontan abgesprochenen Strategiepläne, zwischen den beiden einzugehen. Wenn Alida bleiben würde, dann würde der nächste Schwerthieb gegen sie gerichtet werden. Einer der Kapuzenträger holte aus und zielte auf Alidas Hals doch war er zu langsam für die kampferprobte Brüggerin. Noch immer die Worte ihres Lehrmeisters, des Gangrel Lucien im Ohr, blieb sie gänzlich ruhig und suchte sich einen festen Stand während der Säbel an ihr vorbeiraste. Ihr Gegenangriff, fiel dafür umso heftiger aus. Alida verlagerte ihr Gewicht und stieß nach ihrem Gegner, durchbohrte mühelos den alten Stoff und durchtrennte, blutendes Fleisch an dessen Schulter. Gurgelnd schrie die scheinbar männliche Gestalt auf und hieb wie besessen nach seinen Peinigern, doch die Schläge fanden kaum ihr Ziel. 'Jetzt' - hörte Alida Lucien neben sich sagen, als sich ihr eine Lücke offenbarte und stieß ihr Schwert, tief in den Körper des Mannes. 'Schräg durchziehen', bellte die Stimme des Hauptmanns in ihrem Kopf und Alida riss an ihrem stählernen Heft, das wie eine Sense durch reifes Korn pflügte. Blut und Gedärme quollen aus dem offenen Bauch heraus und tränkten den schmutzigen grauen Stoff. Die Farbe war merkwürdig, beinahe gallertartig und dunkel. Der Körper als auch die darin befindlichen Säfte stanken verfault und ätzend, beinahe so, als wäre ihr Gegner wie ein Apfel langsam vor sich hin verfault. Röchelnd brach der Vermummte zusammen, während sich das Blut wie schwarzes Öl über den Boden ergoss. Emilian hatte scheinbar einen etwas herausfordernderen Gegner vor sich und rief ihr nur zu: "Ihm nach. Ich schaffe das schon, die wollen uns doch nur aufhalten! Um nichts anderes geht es! Wenn du ihn jetzt verlierst, finden wir ihn nie wieder."
Alida starrte einen Augenblick angewidert auf die Gestalt am Boden. Dann zögerte sie nicht länger. Sie rannte hinter dem Mann her, versuchte seine Fährte nicht zu verlieren. Irgendwie gelang es ihr im Rennen das Schwert an einem Stück Stoff abzuwischen und es in die Scheide zu schieben. Dennoch versuchte sie so gut es ihr irgendwie gelang ungesehen zu bleiben. Vielleicht wähnte sich der letzte im Bunde ja in Sicherheit und vermutete keine Verfolger mehr.
Während Emilian hinter ihr sich noch immer mit seinem Kontrahenten beschäftigt schien, hechtete Alida weiter durch die Gassen von Konstantinopel auf der Suche nach dem vermeintlichen Lösegeldopfer Alara. Vor ihr konnte sie jedoch niemanden mehr erblicken und die Straßen, fingen schon bereits wieder an, sich in unzählige Seitenarme, Gässchen, Winkel und Plätze zu zerteilen. Links? Rechts? Geradeaus?
Es war wohl fast unmöglich, jemanden durch Konstantinopel zu verfolgen, wenn man sich nicht auskannte, nicht beständig am Ball blieb und stets wachsam und konzentriert war. Eine falsche Entscheidung und der Verfolgte hätte eine unermessliche Zahl an Versteckmöglichkeiten aufgetan, die niemand in absehbarer Zeit alle hätte absuchen können. Aus den Augen aus dem Sinn - traf für Konstantinopel in mehrfacher Hinsicht zu. Doch gerade als Alida dabei gewesen war die Verfolgungsjagd aufzugeben, viel ihr Blick auf etwas, das zwischen zwei gesprungenen Pflastersteinen, in Richtung des rechten Pfades lag. Es handelte sich um einen abgetrennten Finger, der bei näherer Betrachtung übel roch und über und über mit Pusteln, Warzen und schwelenden Pilzen überwuchert schien. Die Fingernägel waren eitrig und die Wundränder bräunlich. Dennoch glänzte ein Ring auf dem Finger.

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Alida schüttelte sich innerlich als sie mit einem Stück Stoff bewaffnet den Ring vom verfaulenden Finger zog. Sie überlegte kurz ihre Auspexfähigkeiten anzuwenden um mehr über den Gegenstand heraus zu finden, doch dafür war keine Zeit. Sie griff nach ihrer Klinge, zog sie und versuchte dennoch die Waffe vor neugierigen Blicken verborgen unter dem Mantel mit sich zu führen. Sie trat vorsichtig in die rechte Seitengasse
Es würde sie zu so später Stunde kaum jemand bemerken, auch wenn gerade eine mehr oder weniger wilde Verfolgungsjagd stattgefunden hatte. In Konstantinopel war immer irgendjemand am Laufen: Taschendiebe, Stadtgardisten, Eilboten, Dienstmägde - dies als auch die Tatsache, dass es bereits recht spät und somit eher ruhig in den labyrinthartigen Straßen der Stadt war, verbarg die Tzimisce vor allzu neugierigen Augen. Wobei man sich bei so vielen potentiellen 'Augen' nie sicher sein konnte. Die Straße zu ihrer rechten, war recht schmal und konnte wohl ohne weiteres zu den eher ärmeren Vierteln Konstantinopels gezählt werden. Von der Fassade bröckelte der Verputz und löchrige Wäsche, reihte sich an langen Schnüren, die von Hauswand zu Hauswand gespannt waren. Nach einigen Metern erreichte Alida einen offeneren Platz, auf dem einige eher hager aussehende Gestalten, ein Feuer entzündet hatten und in einem großen Bottich eine wohl dicke Suppe kochten. Die brüchigen Wände waren hier recht hoch und die übrigen eher einfach gehaltenen Steinhäuser, standen hier so aneinander gereiht, dass sie mehr oder minder eine Sackgasse bildeten. Falls der Kapuzenträger nicht pfeilschnell, mit seinem Opfer auf der Schulter geklettert war, musste er in einem der Häuser verschwunden sein. Die Brüggerin wurde von den Anwesenden nur knapp begutachtet aber wie das eben in Konstantinopel so war: Leben und leben lassen. Ein bärtiger Mann, rührte mit einem großen Schöpflöffel weiter im Bottich, während eine runzlige Alte, Zwiebel in die zähe Brühe schnitt. Zwei Kinder kämpften im Staub der Straße mit zwei Stecken, die als Schwerter dienten und lachten schallend.

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Alida sah sich um, musterte die Häuser, suchte nach irgendeiner Spur, die ihr weiter helfen vermochte, schnupperte nach dem durchdringenden süßlichen Geruch von Verwesung
Alida konzentrierte sich auf die ihrem Blut innewohnenden Kräfte und schärfte all ihre Sinne, um den süßlichen Geruch der Verwesung in all dem Dreck, den gekochten Lebensmitteln, dem Kot am Straßenrand und den frischen Gewürzen, die über mancher Tür hingen herauszufiltern und folgen zu können. Selbst mit ihren Sinnen, wurde dies zur Herausforderung da Konstantinopel ob seiner Größe und Einwohnerzahl gar selbst förmlich 'lebte' und tagtäglich ein Miasma an tausenden und abertausenden Duftfacetten produzierte. Selbst die Hunde, stumpften hier allmählich ab. Dennoch gelang es ihr eine auf jeden Fall menschliche Verwesungsnote wahrzunehmen. Sie schnüffelte und fing den süßlichen Geruch auf, der sie direkt vor die solide Holztür, eines einfachen Hauses führte. Aus den Augenwinkeln, konnte sie erkennen wie einige der Einheimischen sie hin und wieder irritiert beobachteten.
Sie seufzte und verdrückte sich kurzzeitig an einer dunkleren Hausecke. Es war nicht in ihrem Sinne Aufmerksamkeit zu erregen. Sie überlegte. Nun war wahrscheinlich der Zeitpunkt gekommen der Stadtwache einen Hinweis zu geben. Sie selbst konnte wohl schlecht an die Tür des Hauses klopfen und es lag auch nicht in ihrem Sinne, sich wie ein Dieb ins Innere zu stehlen um sich um für jemanden den sie nicht einmal kannte in Gefahr zu begeben. Sie zog den silbernen Ring aus der Tasche, wischte noch einmal mit dem Stück Stoff darüber um sicher zu gehen, dass er wirklich sauber war und betrachtete ihn dann genau.
Alida zog sich in die dunkle Hausecke zurück und betrachtete den Ring genauer, schloss für einen Moment die Augen und versuchte ihre Aufmerksamkeit ganz und gar auf den Gegenstand zu richten. Die Eindrücke, die sich in dem etwas schäbigen Kleinod gesammelt hatten, waren allerdings nur marginal für sie erkennbar. Knappe Bilder, die vor ihrem Auge vorbeihuschten. Bilder, die nicht viele Gefühle in sich trugen, dafür reichte ihr geistiger Blick nicht tief genug; schürfte lediglich an der Oberfläche. Schatten in der Dunkelheit, Hunger und unendliche Schmerzen, dann Erlösung und Konstantinopel im Abendrot. Ein merkwürdig leuchtendes Licht, das seine Farbe änderte und stechende Augen, die einen ansahen. Mehr würde Alida nicht mehr aus dem Ring herauslesen können. Wenn sie ihre Augen wieder öffnen würde, um sich einen Moment lang zu sammeln, dann würde sie plötzlich in das Gesicht der alten, runzligen Frau blicken, die zuvor die Zwiebeln der Suppe hinzugefügt hatte. Sie war tatsächlich alt und zerfurcht, eine Warze am Kinn und eine knorrige Nase. Das strähnige, graue Haar, hing ihr ungekämmt ins Gesicht und die Haut war teilweise von der starken Sonneneinstrahlung verbrannt. Nur in ihrem Blick lag eine merkwürdige Fassung und Erkenntnis. Die alte Vettel war es nicht gewohnt, ihren Blick von Dingen abzuwenden und so starrte sie nur knapp auf den Ring den Alida in Händen hielt. Ihre Aussprache war gebrochen aber dennoch hörte es sich nach Latein an. "Du von der anderen Seite?", fragte die Alte heiser.

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Alida wunderte sich über das plötzliche Auftauchen der alten Frau. Sie schluckte kurz, versuchte ihrer Stimme statt der Überraschung einen freundlichen Klang zu geben. „Was kann ich für euch tun, Mütterchen?“
Die Alte sah anstatt Alida zu antworten, nur auf den Ring und ergriff dann ohne zu fragen Alidas Hände, rieb mit den Daumen über die Innenseite ihrer Handflächen und beugte sich mühsam darüber. Ihre Augen wanderten über Alidas kalte Haut und die merkwürdige Frau brummelte beinahe höhnisch. Sie schloss Alidas Hände zu einer Faust, in der rechten hatte die Brüggerin noch immer den Ring verborgen. Dann glitt der einschätzende Blick mit der knorpeligen Nase, wieder nach oben. "Du von der anderen Seite...", meinte die Vettel feststellend und deutete dann mit einer zitternden Hand, auf die Tür zu der Alida den Geruch verfolgt hatte. “Du von der anderen Seite aber du nicht verbunden mit ihm... in deiner Seele, ein anderer Drache wohnt. Willst du ihn fordern den Dschinn?"
Die Brügger Händlerin runzelte fragend die Stirn. Offensichtlich erzählte die Alte von einem anderen Kainiten, oder von einem unbekannten Dämon, der in diesen Breiten sein Unwesen trieb. Sie schüttelte zögernd den Kopf. „Ich bin nicht hier um jemanden zu fordern, Mütterchen. Wenn es Probleme gibt sollte sich die Stadtwache darum kümmern.“ Ihr selbst erschienen die Worte ein wenig lächerlich, doch wusste sie aus eigener Erfahrung nur zu gut, was der Besuch von Stadtwache, Inquisition und anderer offizieller Würdenträger für Probleme auslösen konnte. „Was wisst ihr von dem, den ihr Dschinn nennt?“
Die Alte schmunzelte und ihre aufgesprungenen Lippen kräuselten sich dabei. Faulige, schiefe Zähne kamen zum Vorschein als sie kichernd lachte. "Der Dschinn? Ich mir nicht sicher bin. Ist es Ghul? Ist es Ifrit oder gar einer der Marid? Schwer zu sagen. Der Fluch auf dir unsagbar alt ist, nicht gebrochen er werden kann. Doch den Fluch des Dschinn du vielleicht wirst brechen können, wenn nicht...." Die Alte sah vollends überzeugt aus von dem was sie von sich gab. "Wenn nicht die anderen Drachen und Wölfe, Schafe und Lämmer alle auf die Schlachtbank geführt werden. Schicksal von rotem Drachen untrennbar mit dem von Dschinn verbunden... sein Zeichen du gefunden hast... bösartig und giftig ja..." Sie sprach heiser und fast flüsternd. "Der Leviathan.... ah, geboren in einer Grube aus Tod und Hass... doch kein Marid nein, nur ein Diener... ein Ifrit vielleicht? Halte den Frevel auf, bevor der Frevel uns vernichtet." Sie zog an Alidas Ärmel, drängte sie ihr zu folgen. "Wachen nutzlos, allesamt nutzlos... sie leben auf dieser Seite. Du und Dschinn, ihr von der anderen Seite...."
Wieder schluckte Alida. Das alles war ihr ganz und gar suspekt. Sie verstand nichts. Sie schloss für einen Moment die Augen und rekapitulierte noch einmal alles. Sie war hier um Kontakt aufzunehmen zu den Tzimisce der Obertus und nicht um vielleicht in deren Haus einzusteigen und sich endgültig bei allen Kainiten der Stadt unbeliebt zu machen. Es ging um zu viel. Sie konnte weder ihr eigenes Schicksal, noch das von ihrer Familie oder das von Emilian aufs Spiel setzen.
„Es tut mir Leid, Mütterchen. Ich würde euch gern helfen, aber ich kann nicht einfach in die Häuser fremder Männer einsteigen und mich in Dinge einmischen, die mich wahrscheinlich nichts angehen.“
Die Alte tätschelte ihr nur die Hand, während sie die blonde Frau immer weiter in Richtung der Tür zog. Vor der Tür angekommen, hantierte die Frau etwas ungeschickt an ihren langen Kleidern herum, bevor sie den Lumpen einen rostigen Schlüssel entzog, mit dem sie die Tür vor sich quietschend aufschloss. Höchstwahrscheinlich, hätte man die mit zahlreichen morschen Brettern beschlagene, kontinuierlich unsauber geflickte Tür, ohnehin mit einem Minimum an Kraft eintreten können. Offenbar besaß sie einen Schlüssel zu dem Haus oder es war ohnehin das ihre. Das Mütterchen mühte sich ächzend ab die einzige, hohe Steinstufe durch den Eingang zu nehmen und brabbelte etwas in fremden Zungen, winkte Alida dann ihr zu folgen. "Du mitkommen roter Drache, dein Blut klar und hell und dein Blick ungetrübt. Du bist nicht von hier, der Traum dich nicht gefangen hält. Der Abfall des Guten stets das Böse ist... komm Kind... komm.... das Geschwür zu entfernen dir beschieden ist.... reinigendes Feuer oh ja."
Alida blieb in der Tür stehen. Das war Wahnsinn. Sie würde nicht hinter der Alten her treten, mochte sie auch noch so viele Visionen von glücklichem reinigendem Blut in ihren Träumen haben. Sie war nicht Liliana. Sie glaubte nicht an Visionen. Sie sah sich die Alte näher an.
Die fantastisch verschlungenen Farben der alten Vettel genauer in Augenschein zu nehmen gestaltete sich schwieriger als erwartet, immerhin waren die dahinkreisenden und flackernden Farben allesamt kräftig und ausdrucksstark - ein sicheres Zeichen dafür, dass das merkwürdige Mütterchen vor ihr so lebendig war wie man mit siebzig nur sein konnte.
Schließlich zuckte Alida nur mit den Schultern. Die Alte hatte einen Schlüssel, sie hatte sie eingeladen. Wenn tatsächlich jemand näher auf sie aufmerksam werden würde… sie hatte eine Ausrede in Form einer alten, greisen, verwirrten Vettel. Alida schluckte, strich sich die Haare nach hinten und betrat das Haus
Die Alte schloss dir Tür wieder hinter Alida und schritt voran. Im Inneren des kleinen Hauses, hingen alle möglichen kunstfertigen Kleinode. Ketten und Kettchen, Schmuck und Girlanden; Lederarmbänder mit Steinen und Perlen, Federn und Knochen. In einem Regal links im Raum, waren verschiedene kleine Holzschatullen und verschiedene Messingbehälter, die allesamt würzig dufteten. Vermutlich handelte es sich um medizinische Heilkräuter oder eben Gewürze. In der rechten Ecke des Raumes, hingen mehrere kleine Eisenkäfige in denen schwarze Krähen saßen die sich immer wieder schrill bemerkbar machten. Überall wimmelte es von Mörser und Stößeln, kleinen Schälchen mit Pasten und Ingredienzien. Ein großer Kessel, hing am Herdfeuer und blubberte vor sich hin, während Kerzen in schmuckvollen kleinen Laternen Schatten an die eher bräunlichen Mauern warfen. Um Alidas Beine schmiegte sich eine dicke schwarze Katze, die zufrieden schnurrte und um ihre Aufmerksamkeit buhlte. Die Alte schob ihre Kapuze nach hinten und spuckte in den Kessel am Herd; rührte noch einmal um und riss ein paar Lorbeerblätter von einem Stängel ab, die sie ebenfalls hineinwarf. "Sie kaufen bei mir... ja, sie kaufen viel bei mir.. früher schon, doch jetzt nicht mehr. Ihr Leid niemand lindern konnte aber jetzt fühlen sie keinen Schmerz mehr, keine Kräuter mehr notwendig, keine Verbände und Salben... jetzt, sie glauben geheilt zu sein doch nur der Tod Heilung verspricht. Das haben sie nicht verstanden." Die Alte griff zu einem Beutel auf dem Tisch und warf ihn Alida zu. Würde sie ihn öffnen würden sich darin goldene Münzen befinden. "Mich gezwungen, mich bezahlt. Wir arm und Kinder hungrig.... ich ein Mensch und nicht von der anderen Seite, wenn ich tot.. Kinder tot, Mann tot, Nachbarn tot, alle tot aber das jetzt egal...." Mit knappen Schritten kam sie auf Alida zu und umfasste ihre Hände. "Denn jetzt.. wenn sie Dschinn helfen, dann noch viele mehr tot auf den Straßen. Schicksal... ja, Schicksal das du nun gekommen. Die Drachen so selten hier. Beeilen... ja, eilen du dich musst. Du auch verhungern wirst wenn Dschinn gewährt seinen Wunsch. Handeln... jetzt...." Ihre rechte Hand, deutete auf eine Tür etwas im hinteren Bereich des einzelnen Raumes. Daneben führte eine Treppe in den ersten Stock.

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Sie hatte nach wie vor keine Ahnung wovon die alte sprach. Handelte es sich vielleicht um die Beschwörung eines Dämons? Gab es nicht in der Bibel Geschichten von solchen Geschöpfen?
Sie blickte zu der kleinen Frau. „Mütterchen. Was rätst du mir?“
Das Mütterchen tätschelte Alida leicht den Arm und würde dann erneut, sanft ihre Hand öffnen um ihr den Ring zu entnehmen - eben jenen Ring, den sie an dem halb verfaulten Finger gefunden hatte. Mit einer hastigen Bewegung, warf sie ihn in die heiße Glut des Feuers. "Der Leviathan.... ah, ein böser Dschinn und so unsagbar alt. Ihn zu bezwingen, nein... das dem letzten Tage vorbehalten sein wird. Du aber sehen kannst! Sehen die Diener seiner Diener und warnen die Drachen der Stadt. Ihre Feste und ihre Tuche, ihre Gesänge und ihre Tänze sie blind gemacht für die Gefahr mitten unter ihnen. Das Schicksal der deinen, mit unserem verknüpft ist. Geh durch die Tür und bleibe verborgen vor den Augen des Dschinn.... wenn sein wahres Wesen offenbar du wissen was zu tun sein wird!"
Alida griff nach der Kette, ließ sie durch die Finger gleiten. Sie spürte die seltsame Präsenz des Glücksbringers und hängte sich den Anhänger um den Hals. Sie dachte an Emilian und Frederik, konnte die Gesichter der beiden Männer vor sich sehen, wie sie Alida irritiert anstarrten und mit großen Gesten auf sie einreden würden sich nicht auf ein solches Risiko einzulassen. Wenigstens dieses Mal wären sie sich einig und wahrscheinlich hatten sie Recht. Alida nickte der Frau noch ein Mal zu, trat dann durch die Tür.

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 Betreff des Beitrags: Re: Konstantinopel bei Nacht (Alida)
BeitragVerfasst: Fr 7. Aug 2015, 21:59 
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Alida würde sich in einem muffig riechenden, von Spinnweben als auch von vielen Kerzen erhelltem Raum wiederfinden, in dem dutzende alte Möbel standen. Teilweise waren diese mit Tüchern abgedeckt, manche waren schon komplett zerfallen. Der gesamte Raum machte eher den Eindruck eines Kellers, als eines gewöhnlichen Wohnraumes. In einer der hinteren Ecken, machte sie eine besonders grausame Entdeckung. Hunderte kleiner und großer verschiedener Knochen lagen verstreut am Boden und grinsende Totenschädel zierten die Aussparungen an der Wand. Auf einem steinernen Podest, stand ein dunkler Holzsarg.

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Alida aktivierte ihre Sinne und trat langsam näher. Sie schluckte. Natürlich war es ein Fehler gewesen hier einzudringen. Wenn das hier der Frühstücksraum eines Kainiten war, wer war sie um ihn jetzt in diesem Moment dafür zu kritisieren. Sie seufzte unhörbar und schritt an den Sarg heran.
Das erste was Alida auffiel, war ein minimaler Luftzug der über ihr Gesicht strich. Für einen gewöhnlichen Sterblichen unmöglich zu entdecken. Der Luftzug schien von einem winzigen Gitter über dem kleinen Alkoven zu kommen und eher in eine Richtung hinter ihr zu gleiten. Sie roch eine Vielzahl merkwürdiger Gerüche, altes und neues Kerzenwachs, Schimmel und Moos, Flechten und feuchtes, brackiges Wasser, kühlen Stein. Irgendwo tropfte es beharrlich aber aus dem Sarg vor ihr, drang nicht der geringste Laut.
Sie nahm den Luftzug näher in Augenschein. Sah nach wo er herkam, wo er hinging.
Er schien aus dem kleinen, besagten Gitter zu kommen und eine der schimmligen, feuchten Steinwände entlang zu ziehen, wo er sich schließlich hinter einem halb verschimmelten und vermoderten Schrank verlor.
Wenn sie näher trat, dann würde sie, wie sie wohl schon vermuten konnte, feststellen dass man den Schrank betreten konnte und hinter ihm ein Gang verborgen lag - ein geheimer Zugang ganz offensichtlich. Früher mochte hier wohl eine verschiebbare Rückwand oder ein anderer Mechanismus den Gang verborgen gehalten haben aber die Jahrzehnte hatten jegliche Geheimhaltung in morsches Holz verwandelt. Betrat sie den Gang, würde sie in einem um einiges saubereren Raum gelangen, der völlig rund zu sein schien. Dicke Steine waren in den Boden und in den Wänden verarbeitet worden und Kreis um hingen Fackeln. Zentral stand ein Gebilde, stumm und starr das wohl aus Eisen gearbeitet worden war und einem merkwürdigen Altar oder etwas ähnlichem glich. Direkt davor, der gähnende Abgang einer Steinwendeltreppe.

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Alida sah sich näher im Raum um. Gab es noch einen anderen Weg, eine andere Möglichkeit hier in diesem netten Haus ein- und auszugehen ohne gleich den finsteren Keller betreten zu müssen. Wieder schluckte sie. Dann, da es keinen anderen Weg zu geben schien, ging sie vorsichtig und so leise wie möglich die Stufen hinab. Irgendwo musste die Frau vom Markt doch sein.

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Sie schritt die Stufen hinab, alle paar Meter hatte jemand eine Pechfackel entzündet. Ein gähnender, schwarzer Abgrund der sich immer weiter in den Boden zu bewegen schien. Tiefer und tiefer. Hatte die alte Vettel nicht irgendwas von Teufeln gesagt, die man in die Grube geworfen hatte? Wie dem auch sei, Teufel konnte Alida aktuell noch keine entdecken, dafür war die Luft, als sie unten angekommen war viel zu geschwängert vom Duft eines schweren Kräuter- oder Weihrauchsuds. Am Ende der Wendeltreppe lag ein Haufen vor sich hin faulender Knochen, die teilweise noch ein paar Brocken gammeliges Fleisch aufwiesen. Das blieb jedoch nicht lange dort, denn gierige kleine Nager, taten sich den Überresten gütig. Jetzt wo sie genauer hinsah, würde sie feststellen das dort viel zu viele Knochen lagen für nur eine einzige Person. Die Chancen standen gut, dass man die Leute hier einfach runter geworfen hatte, denn sie erkannte Lederstiefel, Dolche, Gürtel und ein Wams mit Prägung. Wenn sie dem Gang weiter folgte, würde sie bald zu einer Art kurvigen Holztreppe kommen, die eine Biegung über einem weiteren, finsteren und bodenlosen Loch machte, bevor sie unter einem Torbogen wieder festen Boden unter den Füßen hatte.


Dann hörte sie es. Stimmen... Stimmen aus der Dunkelheit, die dröhnend durch die steinernen Gänge hallten. Sie hätte sich wohl nie gedacht, dass man so tief unter Konstantinopel eindringen konnte. Vielleicht war das ja doch die Hölle. Auf jeden Fall war man hier unten komplett verloren, wenn man den Weg nicht wusste. Soviel stand fest.
Alida lauschte, versuchte etwas zu verstehen, anhand der Klangmelodie etwas über die Sprecher in Erfahrung zu bringen. Sie verbarg sich im Schatten und trat langsam näher
Sie ging mehrere langezogene Gänge entlang, die nur spärlich ausgeleuchtet waren und gelangte schließlich durch einen Bereich unterhalb der Stadt, der bald schon neu wirkte. Die Steine waren scharf gekantet und weder brüchig noch vom Schimmel zersetzt. Alida konnte es im Halbdunkeln nicht recht erkennen aber die Struktur ließ beinahe auf Sandstein schließen.

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In einer der Wände, waren große Steine herausgebrochen und gaben eine Art Durchgang frei. Breit und hoch genug für einen erwachsenen Menschen. Dahinter glomm ein merkwürdig blaues Licht, das bis auf Alidas Gang nach außen zu dringen schien. Die Stimmen waren immer lauter geworden und es bestand kein Zweifel, dass die Sprecher sich hinter dieser leuchtenden Pforte verbergen mochten. Während sie so die Gänge entlang gehuscht war, hatte sie abwechselnd männliche als auch weibliche Stimmen hören können, gelegentlich auch alle gemeinsam. Es war ein hallendes Gemurmel gewesen und jetzt vernahm sie sogar eine Art Singsang in fremden Zungen.
Wenn sie selbst diese letzte Hürde überwinden würde, dann fände sie sich plötzlich ein einer erdigen Höhle wieder, aus deren Decke, dicke graubraune Wurzeln ragten. Die Erdhöhle war langezogen. beinahe gleich hoch, wie sie breit war und inmitten des Ganzen war ein kleiner See, zumindest schien es etwas Derartiges zu sein. Der kleine See aus dunkler Flüssigkeit, trennte die Höhle in zwei Bereiche und überall an der Oberfläche waren kleine Pfähle angebracht, auf deinen Leichen aufgespießt schienen. Man hatte die Toten artig so drapiert, dass sie jeweils für sich eine Fackel in den Händen hielten und somit das brackige Wasser unter sich erleuchteten. Der Gestank nach Fäulnis und Verwesung war mit einem Mal fast unerträglich geworden. Ein knapper Blick ins Wasser, verriet Alida auch warum: Hier zersetzten sich die Leichen von dutzenden und aberdutzenden Menschen, vermischte sich mit allen möglichen Insekten, Unrat, toten Ratten und Ungeziefer zu einer Brühe die bestialisch stank Da war es nur gut, das eine kleine aus Holzplanken bestehende Brücke aufs andere Ufer führte.
Alida wurde übel. Sie musste an sich halten um sich nicht zu übergeben. Sie hatte immer gedacht als Tzimisce, konfrontiert mit Tod und Elend, würden ihr solche Bilder irgendwann keine Regungen mehr entlocken. Sie hatte sich getäuscht.
Dort am anderen Ufer, sah Alida eine versammelte Gruppe von Menschen, die einer Frau auf einer Tribüne zusahen, wie sie aus einem alten Buch vorzulesen schien. Zu ihren Füßen, lag das entführte Mädchen. Die Brüggerin wusste gar nicht was schlimmer war, das merkwürdige bläuliche Licht im Hintergrund, das die Höhle in ein schattenhaftes Licht warf, die Leichen oder der Gestank der Brühe vor ihr. Bei genauerem Betrachten fiel ihr auf, das die kleine Menschengruppe, die sich vor der Rednerin versammelt hatte auch keineswegs 'normal' war. Und irgendwie verstand sie plötzlich, warum sie den Ring des einen flüchteten Kapuzenträgers, mitsamt Finger gefunden hatte.


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Alida würde hinter einer großen Felsformation, unlängst dieses 'Sees' ein geeignetes Versteck finden um beobachten zu können. Dann drehte sich die hübsche, tätowierte Frau erneut ins Licht. Das etwas mit ihr nicht so ganz zu stimmen schien, zeichnete sich buchstäblich in ihren Augen ab

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Alida wurde übel. Sie musste an sich halten um sich nicht zu übergeben. Sie hatte immer gedacht als Tzimisce, konfrontiert mit Tod und Elend, würden ihr solche Bilder irgendwann keine Regungen mehr entlocken. Sie hatte sich getäuscht.
Das Gesicht wirkte unecht. Genauso unecht wie die Gestalten: Untote. Es musste sich um kappadozianischen Zauber handeln…
Die Frau auf der Tribüne, die in nichts weiter als beinahe durchsichtige Seide von rötlicher Farbe gehüllt, stieß einige Worte in einer harschen, groben aber sehr alt wirkenden Sprache aus und hielt schlussendlich einen Kelch aus einfachem Kupfer in die Luft, der weder besonders schön gearbeitet, noch von edlem Material war. Dann wandte sie sich an die Versammelten 'Zombies' und lächelte triumphierend. "Es ist vollbracht. Baras hat dieses Gefäß zu einem Gefäß seiner Macht werden lassen und nunmehr wird dieses Mädchen zum Träger seines Wunsches, unser aller Hoffnung." Die halb verschimmelten Menschen vor ihr johlten und jubelten, stimmten gemeinsam in einen ehrfürchtigen Gesang ein. "Baras, Baras, Baras...". Einer von ihnen, er schien von der Leichenzersetzung noch recht unberührt zu sein, streckte die Hand empor. Mit Entsetzen, stellte Alida fest, dass der Knabe keine 20 sein mochte. "Priesterin Shakti, warum muss sie das Geschenk in die Welt tragen? Warum kann nicht einer von uns..." Ihr Blick war von zerstörerischer Gewalt, als sie ihn bitterböse anfunkelte. "Schweig Unwürdiger. Das Geschenk wird von Gefäß zu Gefäß weitergereicht werden, bis schließlich alle in vollen Zügen von seiner Herrlichkeit kosten werden. Diese Frau ist das Lamm der Wölfe und die Wölfe reißen jede Nacht. Niemand wird uns aufhalten aber ich erwarte nicht, dass ein Initiand wie du das versteht." Die anderen 'Zombies' um ihn herum grinsten spöttisch, Shakti zog eine Augenbraue nach oben. "Hab Vertrauen, niemand wird sich den Uneingeweihten offenbaren müssen, egal wie viele Segnungen er schon erhalten haben mag. Dieses Mädchen wird uns alle erlösen und sein Herrlichkeit in die Welt tragen." Damit schritt die Frau nahe an den Rand des Leichensees und füllte den Becher, trug ihn schließlich zu der am Boden liegenden Frau auf der Tribüne. Sie legte ihren Kopf beinahe zärtlich in ihren Schoß und flößte ihr die Brühe lächelnd wie eine dunkle Mutter, die ihrem Kind zu trinken gibt ein.
Alida biss die Lippen aufeinander um keinen Laut von sich zu geben. Am liebsten wäre sie eingeschritten, aber ihr war genau bewusst, dass das nicht möglich war. Wut stieg in ihr auf. Sie verstand nichts von dem Geschwafel, aber jedes der Worte erfüllte sie mit Zorn
Nachdem die Priesterin der Frau die wohl absolut widerliche Flüssigkeit eingeflößt hatte, hob sie diese leicht an und drehte leicht den Kopf. "Wie schön Großmeister, das ihr es doch noch einrichten konntet." Dann würde Alida aus dem Schatten eine recht hoch gewachsene Gestalt kommen sehen die im Schein des fahlen, bläulichen Lichts kaum mehr menschlich wirkte. Das Reptil nickte leicht und kam der Frau sehr nahe, nahm mit geblähten Nüstern ihren Geruch auf. "Sie ist trächtig von seinem Wirken, wie wundervoll. Doch wir haben keine Zeit zu verlieren, die Gunst seiner unendlichen Liebe muss geboren werden. Aus Gift und Dekadenz, wird der eigene Untergang sich erheben. Das ist wahre Ironie. Selbstvernichtung bis zum letzten." Triumphierend verengten sich seine schlangenartigen Augen und er deutete auf zwei der versammelten Zombies. "Ihr da, seht zu das sein Samen die Oberwelt heil erreicht. Übergebt sie unseren loyalen Dienern damit diese sich weiter um sie sorgen können. Es eilt." Dann sah er in die Richtung des Jungen, der zuvor Einwände vorgebracht hatte. "Agram... deine Großmutter hat womöglich Ungläubige in unser Allerheiligstes gelassen. Du wirst dich darum kümmern, denn es ist deine letzte Prüfung. Bestehst du sie, wirst du zum vollwertigen Mitglied auserkoren und darfst um seine Geschenke bitten. Tu seinen Willen und wer weiß, vielleicht wirst du eines Tages den Platz deiner Großmutter als Siegelbewahrer einnehmen können. Maranka ist auch nicht mehr die jüngste...." Der junge Knabe, der wohl Agram hieß schluckte schwer aber nickte nur knapp. Die Zombies ergriffen daraufhin die junge Frau, die noch immer ohnmächtig schien und trugen sie fort, über die hölzerne Brücke des Sees, direkt an Alida und ihrem Felsversteck vorbei.

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Alida wollte sich gerade enger an ihr steinernes Versteck drücken, als einer der nachschleifenden Zombies, ein älterer Mann mit ziemlich 'offenem' Fuss an ihrem Felsvorsprung zu stehen kam. Er blickte aus seinem verbliebenem Auge nach unten und kaute schmatzend auf der dick angeschwollenen Lippe. "Icccchh glaaaub icccch chab da waaas...." In just diesem Augenblick, spürt Alida an ihrer Brust eine kleine Bewegung und wenn sie den Blick senkte, würde sie sehen das der kleine Stein ein Auge darstellende Stein, der in dem Anhänger eingelassen gewesen war, den ihr die alte Vettel gegeben hatte, zersprungen und zu Boden gefallen war. Der aufgeblähte, verkrüppelte Zombie neben ihrem Versteck blinzelte mit seinem trüben Auge und schlurfte dann weiter als hätte er nicht ein Wort gesprochen und alles vergessen war gerade vor nur einer Minute geschehen war. Der Anhänger fühlte sich auf Alidas Haut merkwürdig warm an und sie bemerkte feines Pulver in ihrem Ausschnitt. Der Stein war nicht nur zersprungen sondern hatte sich buchstäblich aufgelöst. Ob die alte Vettel doch ein Stück weit magisch begabt sein mochte? Aber Hexen und Zauberer gab es doch gar nicht? Oder?

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 Betreff des Beitrags: Re: Konstantinopel bei Nacht (Alida)
BeitragVerfasst: So 20. Sep 2015, 21:05 
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Alida machte sich zügig aber nicht ohne sich immer wieder umzusehen und auf mögliche Gefahren zu achten, auf den Rückweg. Es war noch immer sehr dunkel in dieser unterirdischen Höhle und jetzt, da sie das bläuliche Schimmern der übel riechenden Sickergruben und dieser merkwürdigen Versammlung verließ, stellte sie fest das sie der unterirdische Höhlenkomplex schier endlos verzweigte. Sie musste an jeder Kreuzung und Gabelung, an jeder Biegung und Steigung zweimal überlegen, ob sie noch dem richtigen Weg folgte - dennoch schaffte sie es, wieder zur lang gewundenen Treppe zurückzufinden und diese zu erklimmen. Oben angekommen, suchte sie nach der Tür, durch die sie den Abgang betreten hatte nur... da war keine Tür mehr und selbst als sie mit einer an den Wänden angebrachten Fackel die Wände des Raumes ableuchtete, war kein Ausgang in Sicht.
Sie fluchte und strich sich die blonden feuchten Haare zurück. Die Tür war dort gewesen. Es musste einen Mechanismus geben. Ängstlich fuhr sie mit den Fingern über die Steinplatten und suchte nach einem Mechanismus. Es musste einen Weh nach draußen geben. Das hier war die Kanalisation von Konstantinopel und jedes Rattenloch führte hinein und hinaus. Da musste es auch größere Pfade geben.
Ja es war Konstantinopel und ja, es war jedem klar das es unterhalb der Stadt uralte weit verzweigte Kanäle und Katakomben gab - sicherlich auch durchzogen von seltsamen Gängen und Ecken, die niemals auch nur etwas menschenähnliches je betreten hatte aber wie tief reichten die Gänge wirklich? Die Treppe in die endlose Tiefe, versprach eine vermutlich endlose Auswahl an Möglichkeiten die richtige zu wählen - oder sich für immer in diesem finsteren Labyrinth zu verirren. Bevor sie aber über die merkwürdige Tür und deren Verschwinden noch weiter nachdenken konnte, hörte sie eine Stimme hinter sich, die sie dem Hören nach dem Arabischen zugeordnet hätte. Als sie sich umdrehte, sah sie das Kind von vorhin wieder, das sie mit ängstlichem und bemüht gefasstem Blick ansah. In der Hand, hielt der Junge einen schmucklosen Dolch, dessen Spitze in ihre Richtung deutete. Harte, fordernde Worte die ihr in der rauen Sprache entgegen geschleudert wurden.

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Alida hob langsam die Hände um sich zu ergeben. Vorsichtig trat sie einen Schritt zurück. Sie sah ihn vorsichtig und abwägend an, schwieg einen Moment. Dann versuchte sie es in langsamem Griechisch. „Ruhig. Junge.“
Der kleine Junge zog die Augenbrauen zusammen und betrachtete Alida argwöhnisch, der Dolch blieb weiterhin auf sie gerichtet. Langsam machte er einige vorsichtige Schritte auf sie zu und sah sich knapp im restlichen Raum um, wohl um sicher zu gehen das die Brüggerin alleine wahr. Dann sprach er sie erneut an. Wie sie feststellen konnte, sogar in perfektem Griechisch. "Wer bist du und was willst du hier? Ich hab dich noch nie gesehen und du siehst auch nicht aus, als wärst du von hier? Ich warne dich, ich hab keine Angst den hier zu benutzen!" Es klang fast ein wenig trotzig - offensichtlich war dem Jungen wohl klar das er keine besonders einschüchternde Figur abgab.
Alida hob die Hände noch ein wenig höher. „Das ist mir schon klar. Deshalb hab ich mich dir ja auch ergeben.“ Sie überlegte. „Hm… wo fang ich an. Ich habe gesehen wie die arme Frau auf dem Basar überfallen und verschleppt wurde, bin dabei einer alten Frau, ich vermute, es handelt sich bei ihr um deine Großmutter, über den Weg gelaufen und nun ja… sie hat mich hier in die Katakomben geschickt, da sie daran zweifelt, ob das, was hier geschieht richtig ist.“ Alida seufzte. Sie hatte zwar nach wie vor keine Ahnung, was sich hier abspielte aber die nächsten Worte konnte sie mit voller Überzeugung sprechen. „Ich für meinen Teil hege auch starke Zweifel daran, dass das hier gut und richtig ist… Aber du weißt da sicher besser Bescheid…?“ Wenn sie eines in den Zeiten ihrer Existenz gelernt hatte dann Kinder nicht zu unterschätzen.
Der dunkelhaarige Junge macht noch einen weiteren kurzen Schritt auf Alida zu und schien gerade ihre blonden Haare besonders interessant zu finden. Seinen Kopf leicht schief legend studierte er förmlich ihren Gesichtsausdruck bevor er langsam aber immer noch misstrauisch nickte. "Ja, Großmutter hat das schon länger gesagt. Sie meinte es wäre schwarze Magie, böse schwarze Magie die nicht gut ist für uns und für unser Viertel. Ihre Magie wäre gut und rein und sie achtet das Wort Gottes aber das hier.... Großmutter hat recht aber es will ja niemand mehr auf sie hören." Ein knappes Seufzen bevor er den resignierenden Blick wieder zu ihr wandte. "Du bist nicht von hier und dennoch hast du das Mädchen bis hierher zurück verfolgt. Aber es ist wohl egal... du solltest zusehen das du alles vergisst was du gesehen hast und verschwinden. Ich lasse dich ziehen." Mit einer betont langsamen Geste, verstaute der Jungen den Dolch unter seinem langen Leinenhemd am Gürtel.
Alida musterte ihn erneut. „Das ist sehr ehrenhaft von dir, aber es ist nicht unbedingt meine Art solche Sachen zu vergessen. Meine Art ist es mich in solche Angelegenheiten einzumischen und zu verhindern, dass es schlimmer wird… wenn ich’s schon nicht besser machen kann. Wenn sich keiner gegen Leute wie die da unten auflehnt… du kannst eher abschätzen was dann passiert, denn das hier ist dein Viertel, deine Familie, deine Freunde.“ Sie ließ dem Jungen Zeit. Sie wusste, dass ihn längst selbst Zweifel plagten.
Er lächelte knapp und ging kopfschüttelnd an ihr vorbei. "Ich weiß, es ist schlimm wenn man es das erste Mal sehen muss und es wird noch bei Weitem schlimmer werden glaub mir. Fernando war einer der ersten und jetzt ist er nicht viel mehr als..." Er pausierte kurz und sein Blick war vielsagend." Bakara Shari meinte zwar, das er in einem anderen Teil der Kanalisation untergebracht ist aber ich hab ihn gesehen.... er... sah nicht gut aus. Die anderen glauben mir aber kein Wort, für sie ist das die Antwort auf alle ihre Probleme aber es ist falsch. Djinnis sind böse und niederträchtig und man darf ihnen nicht dienen." Seine Hände griffen nach einer Fackel an der Wand und er leuchtete die Umgebung aus, schien nach etwas zu suchen. "Aber du kannst nichts mehr aufhalten, die meisten im Viertel beten schon zu Molag Bal und bitten um seine Gunst." Mit einer Hand kratzte er sich an der Stirn und schüttelte unsicher den Kopf. "Nicht zumindest seitdem sie Ral Zarek gesehen haben. Du kannst dir vorstellen wie die meisten da drauf reagiert haben. Merkwürdig... die Tür ist exakt 10 Schritte von der letzten Leitersprosse entfernt."
Die Worte des Junges sorgten nicht dafür, dass sie mehr verstand als zuvor. Bei seinem letzten Satz blickte sie nach oben, versuchte zu verstehen, was er meinte.
„Ich hab zwar nicht wirklich eine Ahnung was du meinst, und du hast absolut Recht. Ich bin nicht von hier und ich kenn mich nicht aus. Ich weiß nicht, was hier geschieht. Aber es gibt Leute, die sind von hier, die kennen sich aus. Denen ist die Stadt und das, was hier passiert nicht egal. Die wissen, was zu tun ist und sie haben die Macht gegen die Djinnis, oder wie auch immer die heißen mögen, vorzugehen.“ Tief in ihrem Inneren hoffte sie, dass ihre Worte der Wahrheit entsprachen. Dass die Bewohner Konstantinopel in der Lage waren gegen diese Machenschaften vorzugehen war ihr absolut klar, ob sie es auch tun würden bei weitem nicht.
Nach wie vor schien der Junge nach der Tür zu suchen, die auch schon Alida Kopfzerbrechen bereitet hatte - nur war eigentlich davon auszugehen das er diese problemlos finden sollte, wenn man davon ausging das er nicht zum ersten Mal hier war. Er fand sie aber nicht und wirkte zunehmend besorgter und eingeschüchterter. Alida kannte die Situation nur zu gut: Der Kleine hatte Angst, die beständig wuchs. "Warum ist die Tür nicht mehr da? Großmutter lässt den Eingang immer offen. Er war noch nie versperrt. Sie weiß das ich mich hier rumtreibe und niemand würde es wagen Großmutter... also... niemand außer...." Der Junge schluckte und wurde fast ein wenig panisch, seine Augen weiteten sich. Er ergriff Alidas Hand und hastete mit ihr davon, zumindest versuchte er es. Angestrengt, drängte er sie es ihm gleichzutun. "Komm, wir müssen weg von hier! Schnell!"
Alida folgte ihm. Sie wusste, sie wäre allein schneller, aber er kannte sich besser aus. Sie lauschte, versuchte etwas wahrzunehmen, das die Angst des Jungen auch für sie verständlich machen konnte. Die Erinnerung an eine andere Situation zu einer anderen Zeit stieg in ihr hoch. Die Gedanken an Blut, Feuer, Verzweiflung, Tod und das Gefühl von kalten kindlichen Fingern in ihrer Hand und ihr wurde so übel, dass sie sich am liebsten übergeben hätte. Sie riss sich zusammen. Das hier war eine andere Situation und sie war nicht mehr die junge Frau, die sich durch die Straßen Windaus kämpfte… Sie hielt nach einem Lichtstrahl Ausschau, irgendetwas, das einen Hinweis auf einen Ausgang verhieß.
Alidas übernatürliche Sinne, verrieten ihr ohne Zweifel das es sich bei dem Jungen um einen Menschen handelte. Jung, ängstlich und vor allem nur allzu sterblich. Seine Aura war getragen von einem latenten, beinahe flüssigen Strom an Sorge und Zweifel, überdeckt mit Trotz und Wut. Angst verwob sich mit den anderen Gefühlen und ganz selten, "zischte" es auch in seiner Aura und hie und da stob ein goldener Funken durch das wabernde FArbengewirr.
Er hechtete mit ihr zur gegenüberliegenden Wand und drückte ihr ohne zu Fragen seine Fackel in die Hand damit sie ihm leuchten konnte, danach zog er seinen Dolch und klopfte langsam gegen eine Reihe von Ziegeln in der Mauer. Sorgsam lauschte er dem Geräusch und irgendwann klang es hohler als eigentlich angenommen. Ohne zu Zögern griff der Junge mit den Fingern zwischen die schon teilweise ausgebrochenen Fugen und betätigte scheinbar einen Mechanismus, der ein Stück der Wand, interessanterweise nach oben klappen ließ. Staub und Sand wurde aufgewirbelt aber der Junge zögerte keinen Augenblick sondern sprang durch die Öffnung, rief nach Alida. Dahinter angekommen, zog er an einem Hebel, woraufhin sich die Wand wieder ächzend und schabend schloss. Sie befanden sich innerhalb von gemauerten Gängen, die zwar alt aber nicht wirklich staubig wirkten. Alles war recht sauber und auch Spinnweben suchte man vergebens. Die Fackeln... flackerten immer wieder.
Alida wurde klar warum es hier so schön sauber war: diese Gänge waren mehr oder weniger luftdicht.
Verdammt, schoss es ihr durch den Kopf. „hier drin gibt’s keine Luft“ sprach sie den Jungen eindringlich an. „Schaffst du das? Kannst du so lang die Luft anhalten? Ich bin verdammt gut darin, aber wie steht’s mit dir?“ Echte Besorgnis lag in ihrem Blick.
"Konstantin, ich heiße Konstantin und mir ist klar das wir hier drin bald ersticken werden, das ist auch der Grund warum diese Gänge keiner benutzt außer die Djinni - denen und ihrer bösen Magie ist das egal. Aber sie würden nicht erwarten, dass wir über diesen Weg flüchten." Mit einem Mal schien Konstantin auch zu bemerken, dass er die ganze Zeit erzählt und erzählt ohne das Alida eigentlich recht verstehen konnte, was hier gerade geschah. Er drehte sich knapp zu ihr um und sah sie ernst an. "Du bist durch Großmutters Geschäft gekommen, durch die hintere Tür, nicht wahr? Nur ist das keine Tür in dem Sinn. Hast du die Zeichen an der Schwelle gesehen? Das war Großmutters Magie, die macht, dass du hier herein kannst. Früher hat sie so immer Diebe versteckt und den Leuten geholfen. Dann hat Bakara Shari, die Frau ohne Haare und den Tätowierung sie gezwungen den Eingang nur für die Jünger Molag Bals freizugeben und hat ihr dafür jeden Monat ein paar Münzen gegeben." In Konstantins Augen spiegelte sich Hoffnungslosigkeit. "Shari kann das nicht, deshalb hat sie Großmutter gebraucht aber sie hatte auch Angst vor Großmutters Kunst. Wenn die Tür weg ist, dann hat jemand das Zeichen entfernt und der einzige der dazu in der Lage wäre außer Großmutter, ist Ral Zarek. Das war der Eidechesendjinni den du gesehen hast. Wir müssen nach meiner Großmutter sehen!" Er zog sie weiter am Ärmel. "Wir müssen es bis zu den Kanälen schaffen, dort suchen wir uns einen Ausgang. Ich wette Zarek oder irgendjemand hat herausgefunden, dass du hereingelassen wurdest. Wenn man nicht eingeweiht ist, kommt man nämlich nicht so ohne Weiteres in ihren Tempel."
Alida nickte. „Scheint ganz so zu sein. Jetzt müssen wir erst mal hier durch… Danach können wir überlegen, ob wir zuerst Hilfe holen oder nach deiner Großmutter sehen müssen.“ Sie holte tief Luft und pumpte das wenige an Sauerstoff, das da war in ihre toten Lungen. Vielleicht konnte sei dem Jungen zur Not helfen. Dann folgte sie ihm in den Gang.

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Sie liefen und liefen, während Konstantin immer wieder die Richtung vorgab. Einmal hechtete er nach links, dann wieder nach rechts oder geradeaus. Die Gänge schienen in keiner wirklich nachvollziehbaren Anordnung angelegt worden zu sein, möglicherweise waren sie genau aus eben diesem Grund so sinnlos verstreut: Sicherheit. Kein Sauerstoff und kein Licht, ein Labyrinth aus tiefster Schwärze. Was immer hier unten einmal gehaust haben mochte, war entweder teuflisch raffiniert oder so widerwärtig, das es sich genau den richtigen Ort zum leben ausgesucht hatte. Wenn es noch lebte - vielleicht waren die Gänge auch einfach nur verschüttet und von jeglicher Sauerstoffzufuhr abgeschnitten worden. Jussuf hechtete durch die Gänge und eine der Fackeln erlosch, er strauchelte, kippte gegen eine der Wände aber lief wackelig weiter, sein Atem ging schwer. Alidas Fackel brannte noch aber machte immer wieder Anstalten endgültig zu erlöschen. Wo immer sie waren, was immer sie tun würden - es blieb zumindest Jussuf nicht mehr viel Zeit dafür. An einer Abzweigung ging er beinahe auf die Knie und röchelte schwer. "Es.... es ...... ist.... entweder links oder... oder rechts.... ich kann mich nicht erinnern, alles alles... dreht sich.... beim Allmächtigen...."
Wut stieg in ihr auf. Sie bewunderte diesen tapferen Jungen, der durch die Gänge dieses Labyrinths floh und sich dabei der Gefahr dennoch bewusst war. Sie war hilflos und sie hasste dieses Gefühl. Sie versuchte sich in der Dunkelheit zurecht zu finden, suchte nach Licht, einem Lufthauch, aber da war nichts. Sie schluckte schwer. Das einzige, was ihr noch blieb war sich auf ihr Gefühl zu verlassen… Sie zog den Jungen hoch, drückte ihn an sich. Dann ging sie weiter.
Jussuf ließ sich ohne große Mühe hochnehmen. Erstens weil er langsam drohte ohnmächtig zu werden und zweitens, weil er ziemlich unterernährt schien. Straßenkinder bekamen in Konstantinopel ungefähr genau soviel zu essen wie in Brügge - wenig. Als die zweite Fackel ausging, hörte sie nichts. Totenstille, bis auf das gequälte erstickende Einsaugen von Luft. Sie mühte sich ab den richtigen Weg zu gehen, hatte versucht anhand von verräterischen Merkmalen an der Wand, vielleicht einen Hinweis herauszufinden aber alles war vergebens gewesen. Ihre kainitischen Instinkte aber, die noch weitaus feiner waren, als es ihrer Rasse ohnehin zu eigen war, ließ sie nicht im Stich. Ein Luftzug wurde spürbar, ein kleiner feiner Luftzug der selbst mit ihrem Auspex kaum mehr war als ein behutsames Streichen der winzigen, Härchen auf ihrer Haut. Es zog sie nach rechts und diesen Weg wählte sie auch, immer ihrer einzigen Hoffnung hinterher. Der schmale Luftstrom befand sich vor ihr, zu ihren Füßen. In völliger Finsternis, bückte sie sich den Jungen an sich gepresst nach unten, fühlte mit ihren Fingern die raue Oberfläche des Steines vor ihren Füßen. Ein schmaler Spalt, gerade breit genug um die Finger dazwischen zu klemmen. Dann krachte es und sie verlor den Boden unter den Füßen, die Schwerkraft hatte sich soeben verabschiedet.
Eine halbe Ewigkeit schwebte sie in Finsternis dann wurde es plötzlich wieder dämmrig hell dann wieder kurzzeitig dunkel, als sie wider Erwarten, nicht am Boden sondern in Wasser aufschlug. Brackiges, abgestandenes und fauliges Wasser. Konstantin riss vor lauter Schock den Mund weit auf und steckte japsend den Kopf in die Luft, sog diese tief und panisch ein. Er klammerte sich heftig atmend, an den schmalen Sims des Kanals, in den sie soeben gestürzt waren. Der Gestand, war für ihn scheinbar völlig nebensächlich. Er lächelte Alida müde aber dankbar an. "Du hast uns gerettet... wie hast du das... völlig ohne Licht. Die Götter müssen mit uns gewesen sein."

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 Betreff des Beitrags: Re: Konstantinopel bei Nacht (Alida)
BeitragVerfasst: Do 1. Okt 2015, 21:02 
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Konstantin hielt sich an etwas Treibgut fest, das aus einigen morschen Holstücken bestand und ruderte ein wenig auf Alida zu. Die Tzimisce hatte ob ihrer Körpergröße ausreichend Stand in dem trüben Nass, auch wenn es ihr fast bis an die Brust reichen mochte. Der kleine Junge schlug mit den Füßen und unterdrückte ein leichtes Würgen - hier unten war der Gestand wirklich unbeschreiblich ekelhaft. "Ich kenne diesen Kanal, das ist einer der Haupttunnel die tief unter der Stadt verlaufen damit der Gestank nicht durch ganz Konstantinopel zieht. Eigentlich waren es natürliche Höhlen die man äh.. umfunktioniert hat." Er deutete auf seiner behelfsmäßigen Schwimmhilfe nach vorne. "Wenn wir dem Treibgut folgen, kommen wir durch einige größere Kavernen und Abzweigungen, da gibt's Tunnel die wir nehmen können. Wird ein ziemlicher Aufstieg aber wir können es schaffen."
Alida zuckte mit den Schultern. „Wir haben wohl nicht viele Möglichkeiten zu wählen, oder? Die Hauptsache ist, wir sind aus diesem anderen Tunnel raus.“ Sie versuchte sich soweit als möglich aus der stinkenden Brühe zu kämpfen. „Müssten wir nicht am Meer rauskommen, wenn wir den Tunneln hier folgen?“
Konstantin nickte. "Ja, sollten wir eigentlich aber soweit reichen die Tunnel nicht, also zumindest nicht so, das sie passierbar wären denn das Wasser fließt unterirdisch ab, also durch Risse und zerklüftetes Gestein hindurch." Missmutig betrachtete er einen Totenschädel, der an einer Seitenwand aufgereiht war und schluckte knapp. "Es heißt einst habe jemand tatsächlich einen Durchgang entdeckt, unterirdisch ohne Luft zum Atmen. Janus der Ältere. Die Legenden sagen, er nahm einen tiefen Zug und schwamm den Rest durch die stockfinsteren Gänge unter der Erde um den Häschern eines reichen Händlers zu entkommen, dessen Tochter er heiraten wollte. Seitdem versuchen angeblich immer wieder irgendwelche Verrückten, einen passierbaren Zugang zum Meer zu finden. Frag mich nicht wie viele dabei schon zu Tode gekommen sein müssen." Sein Blick wirkte aber selbst bei diesem eher unerfreulichen Thema recht gefasst und zuversichtlich. "Wir werden nach oben Klettern, keine Sorge. Sobald ich wieder eine halbwegs Orientierung habe, schaffe ich uns hier raus, versprochen."
Noch bevor Alida tatsächlich etwas sehen, hören oder körperlich spüren kann, schlugen ganz andere, weitaus übernatürlichere Sinne in ihr Alarm. Ihr wird mit einem Mal unmissverständlich klar, dass sich ihr als auch dem Jungen eine große Bedrohung nähert. Die Gefahrenquelle selbst, macht sie einige Meter hinter sich aus und wenn sie sich dann, immer noch durch das brackige, beinahe breiige Wasser nach vor kämpfend, kurz umdreht um nach hinten zu sehen, sieht sie auf den ersten Blick nichts. Auf ihrer Haut aber scheint sich die gemächliche Fließrichtung des Wassers nach vorne ein Stück weit beschleunigt zu haben, ganz so als ob ein Objekt das Wasser von hinten nach vorne drückt. Jetzt kann sie auch in ungefähr 10 Meter Entfernung gelegentliche kleine Wellen ausmachen, die leicht schwappen und näher kommen. Rein visuell kann sie nichts ausmachen. Konstantin neben ihr verschafft sich mit den Beinen nach wie vor Antrieb und lächelt dann freudig, als er nach vorne blickt. "Hey, die Abzweigung kenn ich. Da gibt's eine Möglichkeit nach oben zu kommen."
Alida riss den Jungen zur Seite, Richtung Mauer. Ihre Stimme hatte einen kaum hörbaren panischen Unterton. „Verdammt. Konstantin. Raus aus dem Wasser! Los!“ Sie hastete nach vorne, versuchte den Jungen mit sich zu reißen und gleichzeitig den Dolch aus der Scheide am Gürtel zu ziehen. Ein Schwert wäre in diesen engen Kanälen absolut nutzlos.

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Kleine Luftblasen stiegen auf, gar nicht so sehr als ob jemand unter Wasser Atemluft ausblasen musste sondern geradewegs so, als ob sich ein großes Objekt nach oben bewegte. Und das tat es auch, immer schneller dann mit einem Ruck schiebt sich ein bulliger, massiger Körper in einer großen brackigen Fontäne aus dem Kanalsud, der über und über mit dicken, fleckigen Schuppen übersäht scheint. Der massige Schädel mit mächtigen Kiefern und schmalen, schlangenartigen Pupillen richtete sich auf Alida und wanderte dann bedrohlich zu Konstantin. Dieser wiederum verzog panisch das Gesicht. "Zarek!!", schrie er voller Furcht. Die Schlange oder Echse vor ihnen schnappte kurz in die Luft bevor sie sich heiser an die beiden wandte. "Ich wusste doch, dass ich etwas gespürt hatte. Eine kleine, kaum auffällige Vibration. Ein Eindringling, der nicht zu finden war und doch habe ich mich nicht geirrt." Konstantin ließ sich von Alida aus dem Wasser helfen und presste sich an die glitschige Kanalmauer. "Sie kam schon vorher ohne mich herein, ich äh wollte sie zu euch bringen oh großer Ral Zarek." Es war offenkundig eine schlechte Lüge. Die Echse nickte nur und starrte zwischen Alida und dem Jungen hin und her. "Nein? Dassss dachte ich mir bereits. Niemand betritt diesen Teil der Kanäle ohne unsere Zussstimmung. Keine Sorge, der Verräter ist bereits nicht mehr und ihr beide werdet folgen." Nach diesen Worten des Schlangen- oder Echsenmannes, sah man eine langsam aufdämmernde Erkenntnis auf den Zügen des Jungen. Der Verräter wurde bereits eliminiert, der Zugang über die magischen Zeichen versperrt. Das konnte nur eines bedeuten. "Neeeeein! Ihr Teufel, ihr verdammten, verfluchten Djinni. Ihr Dämonen, der Shaitan soll euch zu sich nehmen! Ihr habt uns lange genug betrogen, belogen und benutzt!" Die Echse lachte grollend und machte dann einige Schritte auf Alida zu. "Dann hoffen wir das sich der Shaitan damit nicht allzu viel Zeit lässt, denn nach nichts anderem dürstet es uns du sterblicher Narr. Euer Blut wird Molag Bal milde stimmen."

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 Betreff des Beitrags: Re: Konstantinopel bei Nacht (Alida)
BeitragVerfasst: Sa 3. Okt 2015, 20:54 
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Das schuppenübersäte Echsenwesen schnappte nach Alida, die ihr Schwert gezogen hatte und alle ihr zur Verfügung stehenden Kräfte aufbrachte um geschickter zu agieren und zu parieren. Sie schob den Jungen weiter vor sich her, der damit jedoch alles andere als einverstanden war und selbst einen Dolch gezückt hatte, mit dem er mit wutverzerrtem Gesicht versuchte nach dem Monster zu schlagen.
Alida stieß ihn in eine Spalte und wich dem nächsten Angriff wieder mit letzter Mühe aus. Sie war geschickt, aber das seltsame Wesen nicht minder. Sie drängte sich in den schmalen Durchgang und hieb ein letztes Mal nach der Echsenkreatur, ohne sie zu treffen. Dann warf sie sich mit der letzten ihr zur Verfügung stehenden Kraft in das brackige Wasser des kleinen Kanals während das Ungetüm davor tobte ohne ihnen folgen zu können.

Konstantin führte Alida über viele verschlungene Pfade durch die tiefen Eingeweide von Konstantinopel. Mal waren es schmale Durchgänge und kaum zu bewerkstelligende Passagen, dann enge Schlurfe unter die man sich hinweg bücken musste, wollte man sich nicht den Kopf stoßen. Vorbei ging es an schroffen Kluften, langen Rissen und herabbröckelnden Geröll.
Allein an der minimalen Temperaturzunahme, konnte Alida feststellen das es wohl langsam bergauf gehen musste.
Der Junge hatte kurz nach der Konfrontation mit Zarek noch schwer ein paar Tränen hinunterschlucken, als auch seinem Ärger hinabwürgen müssen aber er riss sich wirklich hart am Riemen um die Tzimisce so schnell wie möglich aus den Kanälen zu führen. Das tat er wohl nicht nur selbstlos für die Brüggerin sondern natürlich auch für sich selbst, stand doch die Drohung des grotesken Schlangenwesens immer noch im Raum. Eine dunkle Vorahnung machte sich breit und verfinsterte zunehmend sein Gemüt sodass er den ganzen Weg hindurch nur geschwiegen hatte, nur unterbrochen von knappen Anweisungen.
Schlussendlich erklommen sie einen schmalen Pfad, robbten durch einen schmale Öffnung in einer Felswand und konnten, wenn sie nach oben blickten, das Funkeln der Sterne erkennen. Es handelte sich offenbar um einen trockenen Brunnenschacht, der schon lange kein Wasser mehr gab. Die gemauerten Steine waren trocken, teilweise abgekantet und brüchig, boten aber guten Halt als sie sich Meter für Meter nach oben arbeiteten um nach schier ewig langer Zeit wieder in der Oberwelt angekommen zu sein. Ein kurzer Blick verriet Alida, das sie sich sehr weit östlich des Zentrums befanden, genauer gesagt in einem ausladenden Innenhof, der umgeben war von schlecht verputzten Gebäuden.
"Wir müssen zu Großmutter! Zarek wird es nicht wagen ihr etwas anzutun, sie ist der Torwächter, er braucht ihre Zauberkraft."
Konstantin zog Alida energisch am Ärmel und eilte in die Nacht davon.
Die blonde Händlerin schluckte nur. Dieses Schlangenwesen hatte sicher keinerlei Schwierigkeiten damit seine Worte der Wahrheit entsprechen zu lassen. Sie hatte die alte verwirrte Frau kennen gelernt und egal, was für ein Wesen es war, es würde sicher nicht zögern jemanden zu töten, der ihm im Weg stand. Sie folgte dem Jungen. Auch wenn sie lieber nach Emilian gesucht hätte, um endlich denjenigen in Konstantinopel Bericht zu erstatten, die wirklich etwas an dieser Lage ändern konnten, wusste sie doch, dass sie es dem Jungen schuldig war ihm zu folgen. Dass sie es vielleicht auch der alten Frau schuldig war…
Alida hätte keine Probleme dem Jungen zu folgen, denn dieser achtete trotz einer wohl unvermeidbaren Eile darauf, dass sie ihm dicht auf den Fersen blieb.

Es dauerte dennoch eine ganze Weile, bevor sie sich durch das Gewirr der nächtlichen Häuser, Straßen, Gässchen und Gebäude gekämpft hatten, ehe sie wieder bei der Hütte der alten Vettel ankamen. Viele Menschen hatten sie während ihres eiligen Aufbruchs nicht mehr auf den Straßen ausmachen können und auch hier im Armenviertel, gab es nur noch gelegentlich den einen oder anderen einsamen Obdachlosen oder Bettler, der sich zusammen mit seinesgleichen an einem offenen Feuer aufwärmte. Die Tür zum Haus der Großmutter stand weit offen und Konstantin hechtete außer Atem hindurch. Das Schloss, Alida erkannte es gleich, war gewaltsam aufgebrochen worden, selbst den schweren Holzriegel dahinter hatte man buchstäblich in Stücke gefetzt. Es bedurfte großer Kraft oder der Anstrengung mehrerer Männer so eine Tür ohne Werkzeug brachial aufzubrechen. Drinnen herrschte heilloses Chaos. Alle merkwürdigen, seltsamen Kleinode der Vettel lagen verstreut im Raum, Vasen und Krüge lagen zerbrochen herum während sich übel riechende Flüssigkeiten aus den Behältnissen auf den schmutzigen Boden ergossen. Etwa in der Mitte des Raumes, lag die alte Frau das Gesicht erstarrt in einem Ausdruck des Entsetzens. Ihre Gliedmaßen waren merkwürdig verdreht und allein an ihrer Lage war zu erkennen, dass man ihr vermutlich das Genick gebrochen hatte.
Der Junge hockte schweigend auf seinen bloßen Knien neben der Toten und starrte in die Leere. Ein Anblick, den Alida nur allzu gut kannte.
Auch Alida stand einen Moment wie versteinert da. Sie ließ ihre Umgebung nicht aus den Augen: ein Hinterhalt war zu allen Zeiten und vor allem in denen, in denen man vor Trauer blind sein mochte, möglich. Erst als sie das Gefühl hatte, dass keine Gefahr drohte trat sie näher. Vorsichtig kniete sie sich neben die Alte und schloss deren erkaltende Lider. Sie faltete zaghaft deren Hände und tat ein Kreuzzeichen. Diese Gestik wurde auch im oströmischen Reich verwandt.
Ihr Blick glitt zu dem Jungen. Sie kannte ihn zu wenig um zu wissen, was er in einem solchen Moment brauchte. Schließlich griff sie nach einem der letzten blauen Talismane, die nicht in tausend Stücke zersprungen waren und reichte ihn an Konstantin weiter.
„Deine Großmutter würde wollen, dass du ihn bekommst. Sie war eine weise Frau.“

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Von einem Hinterhalt war soweit Alida das beurteilen konnte nichts mehr auszumachen. Wer immer hier gewaltsam eingedrungen war, hatte sein tödliches Handwerk, schnell und ohne Reue vollbracht. Ganz genauso war er wohl auch wieder verschwunden. Schnell und ohne wirkliche Spuren zu hinterlassen obgleich man sich wohl vorstellen mochte, wer dahinter steckte.
Für den Moment schienen die beiden sicher und Konstantin schloss einen tiefen Atemzug nehmend die Augen nur um sie im Anschluss wieder um eine Spur gefasst wirkender zu öffnen.
Langsam hielt er seine Hand auf um einen der letzten Talismane seiner Großmutter von Alida in Empfang zu nehmen und lächelte schwach. Es war ihm anzusehen, dass er mit den Tränen kämpfte aber er ließ es sich nicht anmerken. "Das war sie und sie war alles was von meiner Familie noch übrig geblieben ist. Ob sie weise war, kann ich nicht sagen. Sie wusste viel über die Heilung von Krankheiten und Wunden, die Mütter kamen mit ihren Säuglingen zu ihr und die Alten wegen ihrer Knochen. Manchmal fragten sie sogar einige der angesehenen Männer um einen Rat aber es war ganz sicher ein Fehler, sich mit den Djinni einzulassen."
Langsam ließ er den Talisman unter seinem dünnen Leinenhemd verschwinden, bevor er sich wieder erhob. "Meine Familie als auch das ganze Viertel hier war schon immer arm gewesen. Das machte uns nichts, denn wir hatten was wir zum Leben brauchten. Großmutter kochte oft für uns und gab auch an die Nachbarn etwas ab, wenn der Monat wieder schlechte Einnahmen gebracht hatte und pflegte die Kranken, selbst die um die sich niemand scherte." Er nickte nachdenklich.
"Dann wurden plötzlich ein paar Leute schwer krank. Es war ansteckend und führte zu widerlichen Ausschlägen am ganzen Körper. Selbst Großmutter konnte ihnen nicht recht helfen, da ihr die Heilkräuter und Tinkturen fehlten. Die gab es nur teuer aus fernen Ländern und dazu fehlte uns das Geld. Da kamen die Djinni, Ral Zarek und Bakara Shia und haben mit meiner Großmutter gesprochen. Irgendwie wussten sie, dass sie eine weise und mächtige Zauberin war und versprachen im Austausch für ihr Wissen und ihre Kunst, eine hohe Summe regelmäßigen Geldes und frische Arzneiwaren. Dafür musste Großmutter ihnen mehrere Zugänge in der Stadt einrichten, magische Zugänge natürlich. Aber recht geholfen hat es nicht. Sie konnte die Krankheit nur eindämmen und sie am schnellen Fortschreiten hindern aber heilen konnte sie niemanden." Konstantin biss sich auf die Lippe. "Dann haben die Djinni von Göttern und Erlösern gesprochen, die den Kranken Heilung versprachen, keine Schmerzen mehr, kein Leid und viele aus dem Viertel haben auf ihre Worte gehört und sind zu den finsteren Altären der Djinni gepilgert. Einige hast du bereits gesehen. Die Krankheit tötet sie nicht aber es frisst langsam ihren Körper und ihren Geist. Ist das ein Leben, das es noch wert ist gelebt zu werden?" Er sah sie lange in einer Mischung aus Trauer und Wut an. "Manche wurden verrückt und verbergen sich seitdem in den Gewölben unter der Stadt aber andere sahen es als Wunder von den Djinnis und dienen ihnen seither. Großmutter hat schon lange darüber nachgedacht, wie sie die Dämonen vertreiben könnte aber sie waren zu mächtig und hatten zu viele Leute auf ihrer Seite. Wenn sie Großmutter umgebracht haben, dann kann das nur bedeuten, dass sie ihre Funktion erfüllt hat und nicht mehr gebraucht wird. Was die Djinnis planen... ich weiß es nicht aber es ist klar, dass es mit dieser Krankheit zu tun hat und mit dem Mädchen, das sie entführt haben. Am Ende wollen sie noch die ganze Stadt vergiften und sich untertan machen, das wäre schrecklich."
Wieder schluckte Alida. “Konstantin? Was sind Djinni?“
"Djinni sind böse Geister, die nicht aus unserer Welt stammen. Wenn man klug und gewitzt ist, kann man sie dazu bringen einem Wünsche zu erfüllen aber die Djinnis sind verschlagen und einfallsreich. Die Legenden sprechen davon, dass es sehr schwer ist einen Wunsch erfüllt zu bekommen, weil die Djinnis am Ende immer ihren bösen Willen bekommen. Djinnis sind uralt und können viele beliebige Gestalten annehmen aber sie sind egal wie sie aussehen mögen, ganz sicher keine Menschen. Manche essen sogar Menschen oder tun ihnen schreckliche Dinge an, trinken ihr Blut und rauben ihre Seele."
Ihre Augen verengten sich nachdenklich zu Schlitzen. Entsprach seine Schilderung dem, was in der westlichen kainitischen Welt dem „Dämon“ gleichkam?
„Deine Großmutter hat mich hinunter in die Kanalisation gelassen. Sie hat mir, ohne, dass sie mich wirklich gekannt hat, vertraut und geglaubt, dass ich helfen könnte, diese Djinni aufzuhalten. Sie wollte, dass ich hinunter gehe…“ Wieder wanderte ihr Blick zu dem Jungen, dann zu der alten Frau. „Ich bin nicht aus dieser Stadt und ich kenne mich zu wenig aus. Auch verfüge ich nicht über so mächtige Kräfte, dass ich mich einem Djinni, den wir in meiner Heimat wohl Dämon nennen, entgegen stellen könnte. Aber ich kann Kontakt aufnehmen zu Leuten, die vielleicht helfen können, Männern und Frauen, weit mächtiger als ich.“ Ein grimmiger Zug legte sich auf ihren Mund. „Aber ich kann wohl mit einer großen Portion Glück gegen den ein oder anderen bestehen, der die Djinni angerufen hat.“
Der Junge sah sie gefasst und überlegend an, warf einen raschen Blick zu seiner Großmutter, dann wieder zurück zu Alida. "Wenn sie dich durch den Eingang gelassen hat, dann wird sie ganz sicher ihre Gründe gehabt haben. Normalerweise gewährt sie nur den Eingeweihten Zugang, das war auch ein Teil der Abmachung mit den Djinni. Ich weiß zwar nicht warum aber Großmutter hat schon immer mehr in Menschen gesehen als andere, vielleicht nicht die Zukunft die uns erwartet aber eine gewisse Vorahnung... mit der hat sie immer richtig gelegen. Wenn sie dich hereingelassen hat, dann wohl damit du die Djinni aufhältst, ganz egal, ob du allein gegen sie bestehen kannst oder Hilfe brauchen wirst. Es gibt einen Grund, warum du das alles heute Nacht gesehen hast. Es gibt immer für alles einen Grund."
Er sah sie bitter aber ernst an, als würde er eine offene Entscheidung von ihr erwarten. "Willst du uns helfen die Djinni zu vernichten, Fremde? Ich hab nicht viel das ich dir geben kann aber irgendwo dürfte noch ein bisschen Geld sein und die eine oder andere Kostbarkeit."
Alida lachte kurz auf und in diesem Ton lag mehr Traurigkeit als Amüsement. „Das ist lieb von dir, aber wirklich nicht notwendig.“ Sie sog tief die Luft ein. „Eigentlich hatte ich ganz andere Pläne als ich mich auf den Weg nach Konstantinopel gemacht habe… Ich wollte versuchen mich und ein paar Personen, die mir wichtig sind aus einer seit Ewigkeiten andauernden Schei…“ Sie biss die Lippen aufeinander. „… Misere zu holen.“
Sie versuchte ein zaghaftes Lächeln. „Aber das alles hier, geht vor. Und ich bin mir sicher, dass meine Bekannten es sehr begrüßen werden über die Lage in der Kanalisation in Kenntnis gesetzt zu werden. Wie sieht’s mit dir aus? Willst du mitkommen und das, was du weißt berichten?“ Sie zögerte kurz bevor sie die nächste Frage stellte. „Du bist, das hab ich mittlerweile festgestellt, sehr clever, selbstständig und tapfer. Aber trotzdem: Wer wird sich in Zukunft um dich kümmern?“
Konstantin versuchte sich an einem zaghaften Lächeln. "Ich wusste gleich dass du nicht von hier bist, das sieht man sofort. Tut mir fast ein bisschen leid, dass du diese Stadt nur..mmh.. von unten kennenlernen konntest. Vielleicht zeig ich dir wenn das alles vorbei ist, die Stadt so wie ich sie kenne. Mit ihren Türmen und Toren, Straßen und Menschen wenn das Licht der Morgensonne über die Dächer gleitet. Es ist auch schön hier und nicht nur schmutzig." Es klang fast ein wenig entschuldigend.
Danach richtete er sich auf und begann ein wenig in den Schränken und Kästen seiner verblichenen Großmutter zu stöbern, es schien fast als wolle er packen. "Wenn du Probleme hast, dann helf ich dir. Du hilfst mir die Djinni aufzuhalten und ich helfe dir mit den Dingen die du in der Stadt wieder in Ordnung bringen musst ok? Ich erzähl deinen Leuten auch gern was ich weiß, Hauptsache ist, das dies alles endlich endet."
Ihre Frage, wer sich denn ab jetzt um ihn kümmern wurde, ignorierte er fast; wirkte beinahe etwas in seinem Stolz gekränkt. Vielleicht wollte er aber auch einfach nur nicht zugeben, das auch er sehr verletzlich sein konnte. "Ich habe ein paar Freunde in der Verwandtschaft, etwas zu essen und einen Platz zum Schlafen finde ich schon denke ich. Ich komm klar."
Konstantin hatte einen kleinen Beutel gefunden und begann einige Dinge darin zu verstauen. "Ich werde noch dafür sorgen das Großmutter anständig begraben wird, ich kenn da jemanden."
Alida nickte wieder und sah ihm zu wie er seine Sachen zusammen suchte. Der Junge hatte Stolz, das musste man ihm lassen.
„Falls es dir je in Konstantinopel zu langweilig werden sollte: Jemanden wie dich könnt ich zu Hause sicher sehr gut gebrauchen. Bei uns ist es nicht so heiß wie hier, bei uns weht im Herbst Nebel statt Staub durch die Straßen und wenn man schnell vorankommen möchte fährt man manchmal besser auf dem Wasser als auf der Straße. Auch bei uns schippern riesige Dreimaster in den Hafen ein, aber die See bei uns ist rauer und stürmisch. Im Winter fällt Schnee. Aber zu Hause bei meiner Familie ist es schön, jeder hat ein Bett zum Schlafen und im Kamin prasselt ein Feuer, das die Kälte im Winter draußen hält. Also: Falls du mal eine neue Aufgabe suchen solltest…“
Sie nickte ihm zu und überlegte dann ob sie ihm helfen konnte, das Wichtigste einzupacken.
Er würde sie um einige Sachen fragen, ihr erklären wo sie diese finden könnte und diese anschließend in seinem kleinen Beutel verstauen.
Anschließend, sank er vor seiner Großmutter noch ein letztes Mal auf die Knie und küsste sie zärtlich auf die Stirn. "Du hast dich immer gut um mich gekümmert und warst immer für mich da, hast mir eins mit dem Kochlöffel gegeben wenn ich frech war und mich getröstet wenn ich traurig war. Ich weiß nicht wo Mama und Papa jetzt sind, ganz sicher im Himmel aber ich glaube sie würden auch sagen, dass wir das gar nicht so schlecht hinbekommen haben, wir zwei."
Dann stand er auf und sah Alida mit leicht glänzenden Augen an, wischte sich eine kleine Träne aus den Augenwinkeln. "Ich glaube ich habe alles, unterwegs sag ich noch Rafik Bescheid, der kümmert sich um Großmutter. Lass uns zu deinen Leuten gehen, die Djinnis sind immer nur in der Nacht unterwegs, tagsüber verstecken sie sich. Je mehr Leute darüber Bescheid wissen, desto mehr können morgen früh nach ihnen suchen. Sag mir wo du hin musst und ich bring dich hin."
Auf dem Weg nach draußen sah er sich noch einmal in seinem etwas heruntergekommenen Viertel um und schloss die Tür hinter sich. "Gibt es da wo du wohnst auch.... Süßigkeiten?" Zaghaft und fast schon beschämt kam diese Frage.
Alida die bei seiner Beschreibung über die Djinnis erneut nachdenklich in Gedanken versunken war, lachte bei seiner letzten Frage kurz auf. „Manchmal gibt’s auch Süßigkeiten. Vor allem an den Festtagen des Jahres und in der Zeit vor Weihnachten. Aber wehe die Köchin erwischt jemand dabei, wenn er zu viel in der Küche stibitzt. Dann nichts wie weg, sonst werden die Finger ganz schön rot.“ Sie grinste. „Aber unsere Köchin ist alles andere als schnell…“ Sie begleitete den Jungen noch zu den Menschen un d Orten wo er hinmusste.

Alida spürte, dass es nicht mehr allzulange dauern würde bis die Sonne aufgehen würde. Sie fluchte leise in Flandrisch. Ausgerechnet heute. Es gab noch viel zu viel zu tun und zu erledigen. Sie konnte, durfte nicht ausruhen, bevor eine Nachricht an die wichtigsten Kainiten der Stadt herausgegangen war. Aber zuvor musste sie Emilian wieder finden. Sie schlug sobald als möglich den Weg zum Hafen ein.

Konstantin würde ihr auf dem Fuße folgen, ihr sogar helfen sich zurechtzufinden sollte sie Hilfe benötigen. Zwar war der Hafen mehr oder weniger noch einfach zu finden aber der Junge überraschte sie immer wieder mit seiner ausgezeichneten Ortskenntnis, kannte viel Abkürzungen und Umwege, so dass sie am Ende ein gutes Stück Weg sparen konnten und recht rasch am Hafen eintrafen.
Von der Entfernung aus, konnte Alida schon die hohen Masten des russischen Schiffes ausmachen und Lichter in der Kapitänskajüte. Kaum hatte sie sich ein wenig dem Schiff genähert, kam ihr auch schon Girland entgegen der sie, ganz ungewohnt überglücklich an der Schulter packte.
"Meine Güte, Alida van de Burse, wir haben die halbe Stadt nach euch abgesucht und vermutlich jede uns bekannte Zunge mit den Einheimischen gesprochen, weder diese noch die lokalen Wachleute konnten uns sagen wo ihr zu finden wäret. Herr Belinkov ist halb wahnsinnig vor Sorge um euch und das obwohl der Morgen bald graut. Er wollte uns gerade erneut losschicken. Ihr ward wie vom Erdboden verschluckt."
Neugierig musterte er dann Konstantin, der sich ein wenig an Alidas Seite versteckte. "Wer ist das? Ein Betteljunge? Belästigt er euch?"
Konstantins Augen wurden schmal. "Ich bin Konstantin und ich verstehe sowohl Latein als auch Arabisch und wenn ihr die Stadt auch nur halb so gut kennen würdet wie ich, dann hätte ihr uns ganz sicher gefunden."
Es klang trotzig, vermochte aber nicht einmal ein verwundertes Lächeln in das Gesicht Girlands zu zaubern. Der Major Domus von Belinkov hatte Mühe die Situation als auch den Jungen einzuordnen.
Alida freute sich sichtlich den zuverlässigen, gradlinigen Ghul zu sehen. „Girland? Das ist Konstantin. Wohl einer der tapfersten jungen Bewohner von Konstantinopel, die man nur treffen kann. Kannst du dafür sorgen, dass er sobald als möglich etwas zu essen bekommt? Und einen guten Platz zum Schlafen? Ohne ihn wäre ich wahrscheinlich jetzt nicht hier.“ Sie sah zu dem Jungen. „Ist es für dich in Ordnung, wenn ich kurz meinen Freund auf diesem Schiff aufsuche? Er will danach sicher auch mit dir reden.“ Ihr Blick wanderte wieder zu Girland. „Er ist in der Kajüte, oder?“
Der treue Girland nickte verständnisvoll, offensichtlich gab es genug das es zu besprechen galt und wie das so oft der Fall war, würde er wohl auch früher oder später erfahren was denn nun geschehen war. Für den Moment, genügten ihm allein die Erzählungen von Alida. Erneut nickte er bekräftigend. "Natürlich, ich werde ihn zu Anuschka und Anna bringen, die kochen ihm etwas Kräftigendes und vor allem warmes. Eine heiße Tasse Milch mit Honig wird auch noch aufzutreiben sein." Freundlich lächelte er den Jungen an und deutete ihm an zu folgen. "Ich glaube da dürfte auch noch etwas russisches Gebäck an Bord sein...", sinnierte er nachdenklich.
War Konstantin zuerst noch sehr misstrauisch und zaghaft so lächelte er jetzt umso breiter. Man hätte es Girland gar nicht zugetraut aber auch er war wohl ein Familienvater und kannte sich mit Kindern aus.
Ein letzter Blick zu Alida, dann folgte er Girland, der sich noch einmal zu ihr umdrehte.
"Herr Belinkov ist in der Kajüte ja und ihr seid wohl momentan die einzige, die sich im gefahrlos nähern kann, er war... leicht ungehalten über unsere erfolglose Suche. Ihr solltet gleich zu ihm."
Mit diesen Worten verschwand er mit dem Jungen unter Deck, wo es schon angenehm nach gebratenem Fleisch roch. Das Abendessen der Mannschaft und des Suchtrupps, das fast schon ein Frühstück war.

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 Betreff des Beitrags: Re: Konstantinopel bei Nacht (Alida)
BeitragVerfasst: Mi 7. Okt 2015, 20:13 
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Sie sah dem Russen und dem Jungen aus Konstantinopel noch einmal hinterher. Dann machte sie sich so schnell sie konnte auf den Weg zur Kabine
Die würde sie problemlos erreichen und mit einer schnellen Handbewegung, war die schwere fensterlose Holztür zur Kapitänskajüte geöffnet. Im Inneren roch es ganz genauso wie Alida es gewohnt war nach muffigen, geölten Holz und spärliches Licht aus mehreren Lampen erhellte den recht großzügigen Raum. An der Hinterseite befanden sich mehrere Regale und eine großer, ausladender Tisch. Über diesen gebeugt saß Emilian und wirkte, wenn man es nicht besser wüsste, noch bleicher als üblich. Ohne hochzusehen fuhr er Alida an. "Habe ich nicht befohlen sofort noch einmal auszurücken Girland? Muss ich mich wiederholen? Es ist mir egal wie lange es dauert und was es kostet, ihr werdet sie finden." Erst als Alida schwieg und keine Rückantwort auf seine harschen Worte kam, würde er kurz den Kopf anheben um mit zunächst verstörten Blick auf sie zuzulaufen. Scheinbar konnte er es gar nicht recht fassen aber je näher er ihr kam, desto sicherer wurde er sich: Sie war noch am Leben und wieder zurückgekehrt. Er drückte sie beinahe verzweifelt an sich und küsste ihre Stirn. "Bei den Göttern, ich dachte ich hätte dich in Konstantinopel verloren. Ich hätte dich niemals alleine lassen dürfen, verzeih mir - es war mein Fehler. Diese Stadt ist fremd und neu für dich. Vergib mir Alida." Er wiegte sie in seinen Armen, offensichtlich überglücklich das ihr nichts geschehen war. Dann sah er sie lächelnd und vor allem erleichtert an. "Wo warst du? Ich habe die halbe Stadt auf den Kopf stellen lassen. Sogar Caius habe ich informiert. Du warst wie vom Erdboden verschluckt."
Sie drückte ihn fest an sich, vergrub ihren Kopf an seiner Schulter und in den welligen braunen Haaren. Sie war erleichtert, dass es ihm gut ging.
„Ich bin so froh, dass du am Leben bist. Der Schwertkampf gegen diese seltsamen Gestalten muss alles andere als einfach gewesen sein. Ich wollte dich nicht alleine lassen…“
Wieder zog sie ihn an sich, drückte ihre kalten Lippen auf die seinen.
„Ich war quasi vom Erdboden verschluckt.“ Sie ließ sich in einen der Stühle sinken und begann zu erzählen. Von der alten Vettel, den Katakomben, dem Amulett, das einem blauen Auge glich, dem seltsamen Treiben im Untergrund, von Konstantin, seinen Erklärungen, dem Tod der alten Frau, dem Ungetüm in der Tiefe. Sie erwähnte die Namen, die ihr einfielen und hielt sich die ganze Zeit zögernd an Emilians Hand fest wie ein Kind, das man in tiefes Wasser geworfen hatte.
Er erwiderte ihren Kuss sachte und mit der zärtlichen Zuneigung, die nur die Liebenden kannten bevor er ihr einen Stuhl zurechtrückte, auf dem sie Platz nehmen konnte. Emilian selbst ließ ihre Hand nicht los während sie ihm erzählte, küsste diese sogar an manche Stellen ihres Berichtes und nicke gelegentlich verständnisvoll. Als sie geendet hatte, wirkte er nachdenklich; nachdenklich und unverkennbar müde. "Ja mein Kampf verlief nicht ganz so einfach wie ich zunächst angenommen hatte aber das was du erleben musstest, war bei Weitem schlimmer. Schlimmer und mit möglicherweise weitreichenden Folgen für diese schöne Stadt, wenn wir uns nicht unverzüglich an die offiziellen Vertreter der Stadt wenden. Und gerade wenn es um Dämonen, Hexenwerk und merkwürdige Echsenmonster geht...." Er lächelte zwinkernd. "Hat unsere Art wohl die meiste Erfahrung. Einem Sterblichen kann man das nicht überlassen. Morgen Nacht gehen wir zu Caius und berichten ihm, mal sehen was er dazu sagt aber für heute..." Der russische Unhold, tat einen Schritt zur Seite und ergriff das Ende eines dicken Teppichs, das er langsam zurückzog. Darunter befand sich eine hölzerne Einstiegsluke, die so genau gearbeitet worden war, dass kaum eine Fuge die Holzenden voneinander trennte. Emilian trat an verschiedenen Stellen des Holzes mit dem Fuß auf und schon sprang der Eingang auf. Lächelnd deutete er ihr hinabzusteigen. "Mechanik. Meine neueste Errungenschaft. Es hat mich ein Vermögen gekostet. Dort unten werden wir es sicher und vertretbar gemütlich haben, denn die Sonne geht bald auf. Ich gebe noch Girland Bescheid, sich um den Jungen zu kümmern dann bin ich bei dir."

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Alida schüttelte vehement den Kopf. „Nein! Wir müssen noch heute eine Nachricht an Caius schicken, damit er uns gleich zu Beginn des Abends empfangen kann. Und wenn ich noch so müde bin. Das schulde ich dem Jungen und der Alten. Wer weiß, was an diesem Tag noch alles geschehen kann.“
Er sah sie ernst und etwas ungehalten an. Offenbar galt seine Sorge nunmehr wohl in erster Linie ihr; schlussendlich nickte er dennoch zustimmend. "Du hast Recht, in Ordnung. Ich lasse die Mädchen ein Lager für Konstantin bereiten und verfasse eine schnelle Nachricht an Caius, die Girland ihm überbringen soll." Und das tat er dann auch in angemessener Eile. Zückte Pergament und Federkiel und verfasste einige Zeilen, in der schönsten Schrift zu der er eine Stunde vor Sonnenaufgang noch fähig war. Anschließend faltete er das Schriftstück mit einiger Kunstfertigkeit und versiegelte es; tropfte Siegelwachs darauf und presste sein Wappen in das heiße Wachs. Dann trat er vor die Tür der Kajüte und rief nach Girland, erteilte diesem letzte Anweisungen. Mit einem rauen Quietschen wurde die Tür wieder verschlossen und verriegelt und alsbald gesellte sich auch ihr Erzeuger zu ihr in die kleine Mulde unter Deck, die gerade mal so für beide reichte. Stroh war ausgelegt worden und zwei dicke Daunenkissen, darüber eine lange Decke von gewöhnlicher Machart. In einer kleinen Öllampe, brannte ein flackerndes Licht und in kleinen Netzen, hingen an der Seite Bücher. Emilian grinste verlegen. "Ich hoffe es macht dir nichts aus aber hier ist es recht sicher. Manchmal komme ich auch einfach hierher um... mich zu verstecken und zu lesen, wenn ich ganz allein sein will. Wirst du so schlafen können?" Fragte er unsicher, als er die Klappe, an der eine Öse mit Seil befestigt war wieder verschloss.
Sie holte tief Luft, merkte, dass sie merklich entspannte. Wenigstens das war geschafft. Zu mehr war sie so kurz vor Sonnenaufgang nicht fähig. Sie vergrub sich in dem kleinen Raum, warf noch einen kurzen Blick auf die Titel der Bücher. Sie lächelte Emilian schwach an. „Danke.“
Dieser erwiderte ihr Lächeln nur schläfrig und blies die Kerzen aus. Es wurde stockfinster und Alida spürte langsam, wie die Wärme des beginnenden Tages durch jede Ritze des hölzernen Bugs kroch, Mensch und Material langsam wie in einen sanften Mantel hüllte und ihren Geist in einen gähnenden, leeren und schweren Schlaf verfallen ließ.
Der Tag verging und bald wurde es auch wieder Nacht. Alida würde genauso erwachen, wie sie eingeschlafen war und fände, wenn sie ungefähr die Richtung der Lampe ausmachen könnte auch ein kleines Zunderkästchen mit dem sie die Kerzen entzünden könnte. Das Licht erhellte die hölzerne Kule und fiel auch auf Emilian, der nach wie vor schlief. Ob sie genauso leichenhaft aussah wie er? Es dauerte noch knapp eine Viertelstunde, dann kam auch in ihren Erzeuger wieder plötzliches und unheiliges Leben, als dieser die Augen aufschlug um sie nur kurz darauf lächelnd anzusehen. Er gab ihr einen leidenschaften Kuss und es war ihm deutlich anzusehen, wie froh er war sie endlich wieder in seinen Armen halten zu dürfen. "Na dann lass uns mal keine Zeit verschwenden und unverzüglich Caius Bericht erstatten. Womöglich dürfte dir das auch hinsichtlich deiner diplomatischen Beziehungen zu Russland ein wenig helfen. Von Nachteil ist es gewiss nicht." Er stieg aus dem Versteck und reichte ihr galant die Hand; half ihr wenn nötig.
Sie sah ihn fragend an. „Sollen wir Konstantin mitnehmen? Ich will ihn nicht mehr als irgendwie nötig in die Sache mit reinziehen. Er hat schon genug durch gemacht. Auf der anderen Seite sind seine Aussagen mit Sicherheit genauer als meine.“ Wieder zögerte Alida. „Der Junge hat mir geholfen. Ich weiß nicht, ob ich es ohne ihn hinaus geschafft hätte… Ich schulde es ihm, ihm nicht noch mehr Probleme aufzuhalsen.“
Emilian nickte ruhig und strich ihr zärtlich durchs Haar, bevor er ihre Hand umfasste um zusammen mit ihr die Kajüte zu verlassen. "Ich verstehe was du meinst. Du willst ihn nicht einer unnötigen Gefahr aussetzen und das zeigt, das du nach wie vor die gerechte Frau bist, die ich liebe. Natürlich wären seine Beschreibungen und Aussagen eventuell genauer aber allein die Tatsache das wir uns zu den Mächtigen von Konstantinopel begeben und einen Menschen mitbringen.... " Seine Schultern zuckten kurz, als man in einiger Entfernung schon Girland in zügigen Schritten auf die beiden zukommen sah. "Lass ihn lieber hier Alida, Girland und der Rest passt auf ihn auf und selbst wenn man einen 'Zeugen' loswerden will, würde man es nicht wagen das hier auf meinem Schiff zu tun. In der Stadt allerdings wäre ich mir da nicht so sicher. Wenn du zusammen mit mir deinen Bericht vorträgst, wird man dir sicher glauben schenken. Ich bürge zusätzlich für dich. Caius vertraut mir genug um mir keine Lügen zu unterstellen." Er drückte sachte ihre Hand. "Bist du damit einverstanden?"
Sie nickte, hielt kurz nach dem Jungen oder Girland Ausschau.
Der Junge ging neben Girland und wirkte sogar irgendwie fröhlich - vielleicht mochte die dicke Speckwurst zusammen mit dem deftigen Brot in seiner Hand dazu beigetragen haben. Als Alida ihm alles erklärt, verfinstert sich seine Miene kurz, weil die Gefahr die von der ganzen Situation im Kanal ausging wieder deutlich spürbar wurde. Lang ließ er sich aber die Laune nicht verderben und zumindest etwas schien Girland gestern noch richtig gemacht zu haben: Man hatte sich rührend und einfühlsam um den Jungen gekümmert. Alida bekam sogar den leichten Eindruck, er hätte ein bisschen mehr Farbe bekommen. Und er aß wie Lucien, wenn dieser es noch gekonnt hätte. Schmatzend, gierig und fernab jeglicher Tischmanieren. Emilian grinste leicht und nickte Girland zum Abschied noch einmal zu. "Ich glaube zur Feier des Tages kannst du vielleicht auch eine Kiste von dem italienischen Torten aufmachen Girland. " Konstantins Augen wurden so groß wie Brügger Goldmünzen und strahlten mindestens genauso hell, bevor er schon dem Major Domus voraus Richtung Lagerraum unter Deck ging. Alida und Emilian ihrerseits, machten sich auf zum Anwesen von Caius.
Alida grinste. Sollte der Knabe das Schiff je wieder verlassen würde man ihn wahrscheinlich rollen müssen. Sie hatte den Weg noch recht gut im Kopf, rüstete sich soweit als möglich für den Weg und schritt schließlich neben ihrem Erzeuger zum Palast
Es dauerte nicht lange und Alida und Emilian fanden sich wieder vor dem nur allzu römisch anmutenden Palazzo des Ventrue wieder, das genau wie in jeder anderen Nacht von zwei gut ausgestatteten Wachen flankiert wurde. Dieses Mal würde man sie aber nicht mehr schon am Eingang anhalten sondern gleich vorlassen. "Man erwartet euch bereits", kam es knapp von einem der konzentriert wirkenden Männer. Die Brügger konnten nur einige wenige Schritte tun, bevor ihnen schon ein leicht bekleidetes Mädchen mit dunkelbraunen Haaren auf halbem Wege in der Eingangshalle entgegen kam und sich leicht verbeugte. "Mein Herr schickt mich, Meister Belinkov. Er hat euer Schreiben erhalten und ist sehr bestürzt; bittet euch ihn doch auf der Terrasse der Gartenanlagen zu empfangen. Bitte folgt mir." Das Mädchen würde dann vorausgehen und Emilian würde ihr wortlos folgen. Alida würde im goldroten Schein der Öllampen an den Wänden, die vielen Striemen und Narben auf dem Rücken des Mädchens erkennen. Sie schwieg, war wohl nur dazu da als Wegweiser zu dienen und führte die beiden über viele verschiedene gerade Wege und Abzweigungen zu einer großen Terrasse mit Brüstung, an der links und rechts üppig gearbeitete Treppen aus Marmor in einen prachtvollen Garten führten. Auf einem kleinen Sofa lag dort Caius, umgeben von drei weiteren nur in sachte Seide gekleideten Frauen. Ein Jüngling schenkte ihm gerade in einen goldenen Becher nach. Er bedeutete Belinkov sich zu setzen. "Setzt euch, setzt euch, Belinkov. Ich habe eure Nachricht erhalten, schrecklich, schrecklich. Aber da müsst ihr mir schon genauer von euren Erlebnissen berichten, beziehungsweise ihr Frau Alida. Laut dem Brief von Meister Belinkov habt ihr Dämonen in der Kanalisation unterhalb der Stadt gesichtet?" Er deutet auch ihr an sich zu setzen, woraufhin weitere Diener, dick gepolsterte Sitzgelegenheiten herantrugen. Caius wirkte irgendwie abwesend und nicht sonderlich interessiert, gar ein wenig spöttisch. Dämonen in der Kanalisation? Oder hatte Alida nur den ersten Nosferatu ihres Lebens gesehen?
Alida nahm auf einer der Liegen Platz. Ihr Gesicht wirkte ernst und sie verkniff sich mit etwas Mühe einen abfälligen Ausdruck. Sie warf einen Blick auf die Sklavinnen. Dies hier war nicht ihre Stadt. Mochte der ehemalige Senator es also halten wie er mochte. Dennoch hoffte sie, dass die Dienerinnen vertrauenswürdig genug waren. „Ich habe keine Ahnung ob es sich dabei um Dämonen handelt. Ich kann nur das berichten, was ich gesehen habe. Ihr seid mit den Entwicklungen dieser Stadt besser vertraut und mögt die Begebenheiten mit Sicherheit zum Wohle eurer Stadt zu deuten.“
Sie begann zu berichten und hielt sich dabei so exakt wie möglich an eine genaue Beschreibung der Personen und Umstände. Konstantin und seine Großmutter erwähnte sie so nebensächlich wie nur möglich. (sie hat nen Bonus auf gezieltes Weglassen) Auch äußerte sie bei der Schilderung des Kampfes mit dem Echsenwesen den Verdacht eines Zusammenhangs mit sethitischen Kräften.
Caius nickte bei ihren Ausführungen immer wieder gelegentlich, bemühte sich sogar ein halbwegs ernstes Gesicht zu machen indem er die Augen an gewissen Stellen zusammenkniff. Ab und an ging sein Blick an dem Jüngling vorbei, der in eine helle Toga gekleidet war und ihm eilig nachgoss. Auf ein Schnippen seiner Finger hin begann eines der Mädchen ihm die Schultern zu massieren und mit etwas ätherischen Ölen wieder wärmendes Leben in das kalte Fleisch zu treiben. Als Alida bei ihrem Kampf mit dem Echsenwesen angelangt war, schienen ihre Erzählungen so furchterregend zu klingen, das der dienstbeflissene und schweigsame Jüngling den Inhalt der Karaffe kurz zusammenzuckend daneben goss. Ein Schwall rötlicher Flüssigkeit traf das Handgelenk von Caius und noch während Alida berichtete, stellte dieser den Becher vor sich ab während der Jüngling sich nicht zu rühren traute. Der Römer ließ einen Blick zu dem Mann gleiten und im Bruchteil einer Sekunde, hatte er sein Handgelenk gepackt und mit einem lauten, knackenden Geräusch und einer einzigen Umdrehung, gebrochen. Der Junge biss mit unglaublicher Kraft die Zähne zusammen und Tränen liefen seine Wangen hinab, sein ganzer Körper zitterte, dennoch kam nicht ein Laut über seine Lippen. Zwei der Mädchen führten ihn von der Sitzgruppe weg und es hatte den Anschein, als würden sie ihn begleiten. Keiner der Sklaven sagte auch nur ein Wort, alle nahmen die Szenerie wie selbstverständlich hin. Caius hingegen lächelte nur wieder als er sich zu Alida drehte als wäre gerade nichts, bestenfalls eine Lappalie geschehen. Als sie geendet hatte nickte und lächelte er. "Eine spannende und interessante Geschichte. Echsenwesen und dunkle Rituale mit finsteren Göttern direkt unter unserer schönen Stadt. Krankheit und Siechtum na... wenn das nicht nach einer Aufgabe für unsere Malachit klingt. Ich werde sogleich nach ihm rufen lassen." Emilian beugte sich zu Alida und flüsterte ihr ins Ohr: "Malachit ist einer der einflussreichsten Nosferatu, die ich kenne und der Führer seiner Brut hier in der Stadt, für gewöhnlich meidet er den Pomp der hohen Clans und bleibt unter seinesgleichen obwohl man ihm nachsagt im Sinne eines gleichen unglücklichen Loses, die minderen Clans nach Kräften zu unterstützen." Caius klatschte in die Hände. "Aber von solchen Dingen lassen wir uns hier nicht die Nacht verderben nicht wahr? Nichts kann das Fest trüben zu dem wir morgen geladen haben und nach wie vor erwarte ich nichts sehnlicher als eure Teilnahme meine werten Gäste."
Alida nickte langsam und das Lächeln auf ihren Zügen hatte etwas Steifes. Ihre Worte klangen ein wenig hölzern auch wenn sie ihre Mundwinkel nach oben zwang. „Selbstverständlich wird es uns eine Ehre sein, ehrenwerter Caius.“
Sie versuchte die verbleibenden Minuten mit belanglosem Small talk zu füllen und es gelang ihr ohne Mühe… das Wetter, die neuesten Gerüchte aus dem Mittelmeerraum… Immer wieder dankte sie ihrem alten Vater dafür, dass er darauf bestanden hatte seine Kinder auch in solchen Dingen ausbilden zu lassen. Sie selbst achtete bei ihren Familienmitgliedern zu wenig darauf. Glücklicherweise gab es in ihrer Familie weisere Charaktere als sie.
Caius bedeutete einem anderen jungen Mann, der an einer hohen Säule stand näher zu kommen und Kelche an Alida und Emilian zu verteilen, anschließend ließ er einschenken. "Im Übrigen habe ich auch schon einen Namen für das Fest erwählt.. es wird zu Ehren.." Weiter kam er nicht mehr, denn jemand anders beendete seinen Satz. "... zu Ehren des Dyonisos ausgerichtet werden, wie wunderbar." Die Stimme gehörte, das konnte Alida mittlerweile eindeutig zuordnen, dem freundlich lächelnden Kaital, der sich in langsamen Schritten der Gruppe näherte. Caius wirkte amüsiert. "So ist es. Ihr müsst teilnehmen, es haben sich auch noch andere Gäste aus aller Welt angekündigt, deshalb werden die Feierlichkeiten um einiges größer ausfallen als ursprünglich gedacht. Es gibt sogar ein paar Wettkämpfe und mein Lieblingsspiel." Seine Lippen verzogen sich zu einem wissenden, vorfreudigen Grinsen. "Auf euch, meine Freunde." Er hob das Glas und prostete den Brüggern zu.

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Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


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