Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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BeitragVerfasst: Mi 30. Mär 2016, 17:28 
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„Was soll das alberne Geschwätz, Wolf?“ Der Kainit mit dem blutbeschmierten Mund wandte sich um und in diesem Moment ging bereits der erste Angriff auf ihn nieder. „Zum Teufel… was?“ Er sah die mächtigen Klauen, die nach ihm hieben und den entschlossenen Ausdruck im Gesicht seines Gegners. Im letzten Moment gelang es ihm sich herum zu wenden und dem nächsten Schlag auszuweichen. Lucien erkannte das plötzliche Erkennen in den Augen: er hatte einen großen Fehler gemacht. Er trat mehrere Schritte zurück und langsam begannen sich seine Hände zu tödlichen Krallen zu verformen. Bleiche weiße Pupillen starrten Lucien mit einem Male hasserfüllt an.

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Verfasst: Mi 30. Mär 2016, 17:28 


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BeitragVerfasst: Mi 30. Mär 2016, 19:46 
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Dies alles geschah jedoch zu langsam. Erneut hagelten die Klauen des Brügger Hauptmanns auf ihn ein wie Klingen von Schwertern. Fünf rote Streifen zierten das blasse Gesicht beim ersten Hieb, dann vergrub Lucien seine Hände im weichen Bauche und versuchte zu verletzen, was immer es dort noch zu verletzen gab.

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Dann setzte Lucien am Hals an und drückte mit einer Kraft zu, die für Sterbliche unvorstellbar war.

Der Gangrel ging zu Boden und rührte sich nicht. Es war Lucien bewusst, er war in Starre. Wie war doch oftmals sein Motto: Ein Gangrel gewann fast jeden Kampf mit Ausnahme des letzten.

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BeitragVerfasst: Mi 30. Mär 2016, 21:04 
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Der Hauptmann würde nicht aufhören. Er würde nicht zögern, er würde nicht inne halten oder irgendeine Art von Bedenken oder Bedauern verspüren. Wer immer dieses Stück totes Fleisch war, er würde ihn in kleinen Einzelteilen über dem Boden verstreuen. Eine weitere, namenlose Made, die sich ganz offensichtlich übernommen hatte. Das war das drohende Schicksal, auf das sich dieser 'Jäger' eingelassen hatte. Überleben des Stärksten, Schlausten und Geschicktesten. Lucien selbst hatte sich in diesen Wald begeben, mit der Aussicht auf seine endgültige Vernichtung und er war tatsächlich bereit dafür. Bis dahin, würde er aber alles in seiner Macht stehende tun um Jean zu finden, den 'Bären' zu töten und seinen Neffen damit zu befreien. Die Chancen standen schlecht, denn wenn dieser da bereits vom 'Boss' redete, konnte man davon ausgehen, dass sich noch weitere Anhänger des breitschultrigen Hünen entgegen stellen würden. Ein Kampf gegen alle war aussichtslos; er würde jeden einzeln töten müssen. Und selbstredend würde er nicht zögern, dies zu tun, selbst wenn er damit ein Schlachtfest anrichtete und eine Spur aus Asche und Knochen hinter sich her zöge.

Seine Klauen rissen tiefe, blutende Furchen in das Gesicht des Mannes, während die andere Hand sich tief in die vermodernden Gedärme seine Opfers bohrten - dann riss er sie nach oben und der Bauch des Mannes zerplatzte fast in einer knochenbrechenden Fontäne aus Fleisch und dickem Blut. Es spritze ihm an die Kleidung, es bedeckte sein Gesicht doch es irritierte ihn kaum oder verlangsamte seine Bewegungen gar. Die klauenbewehrte, zweite Hand fasste ihm an die Kehle und bohrte sich eisern in das weiche Fleisch; riss einen Großteil der Kehle heraus und streifte gar schon die Wirbelsäule. Dann war das Morden vorrüber und er ließ den Mann wie einen nassen Sack zu Boden kippen. Ein 'glorreicher' Sieg und eine Starre, waren ihm aber zuwenig. Er hob den Fuss an und setzte die schweren, eisenbeschlagenen Stiefel auf den Kopf des Gangrel. Dann trat er zu, mit einer ehrfurchtgebietenden Kraft, die zwar bei weitem nicht an Gerrits unheimliche Stärke heranreichte aber den Schädel schlussendlich doch langsam und allmählich wie in einer hydraulischen Presse zermalmte. Knochen knackten und brachen, mischten sich mit den Überresten seines Gehirns und liefen mit den herausquellenden, weißen Augen, in einer breeigen Massen auf den Boden. Dann war es wirklich vorrüber und der endgültige Tod war unausweichlich. Das Stück blutende Fleisch auf dem Boden, löste sich langsam in Asche auf. Zurück blieben nur Kleidung und Ausrüstung, der Rest dieses fremden Wilden, löste sich im Nichts auf. Keine Geschichten würden über ihn erzählt werden und keine Lieder gesungen. Das war sein Ende, in jeder nur denkbaren Form.

Langsam formten sich die Klauen an seinen Händen wieder zurück und der Gangrel besah sich die Überreste seiner Beute emotionslos. Einer weniger... es gab noch genug, das er in dieser Nacht würde töten müssen und da spielte der Clan eine eher untergeordnete Rolle. Feinde waren Feinde ob sie jetzt Gangrel oder Franzosen waren. Zuneigung aus irgendwelchen nostalgischen oder verwandtschaftlichen Gründen, waren fehl am Platz. Mit einem bedauernden Seufzen, wandte er sich dem Gebüsch hinter ihm zu und ging in die Hocke. Da war noch immer das letzte, überlebende Wolfsjunge, das es sogar geschafft hatte, sich vor einem Gangrel zu verstecken. Lange genug zumindest, damit dieser sein eigenes, vorzeitiges Ende finden konnte.

"Komm her Kleiner, ich tue dir nichts." Seine Stimme klang merkwürdig sanft, beinahe so, als müsse der alte, räudige Wolf noch ein letztes Mal etwas 'menschliches' oder 'gutes' in diesem Dasein vollbringen. Er wechselte über in die Sprache der Tiere: "Deine Mutter und deine Geschwister haben sie dir genommen aber du hast überlebt; du bist noch hier. Weil du schlauer, stärker und kräftiger bist als deine Feinde. Die Rache wird eines Tages dein sein, vertrau mir. Auch mir wurde die Mutter genommen aber auch ich habe überlebt. Wir müssen der Natur und unseren Gegner immer einen Schritt voraus sein wir beide. Wir Wölfe des Waldes..." Er streckte eine offene Hand, freundlich in Richtung des Gebüsches.

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BeitragVerfasst: Do 31. Mär 2016, 17:42 
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Eine scheinbare Ewigkeit war kein Geräusch zu hören als das gespenstische Rascheln des Windes in den Zweigen der morschen Bäume. Dann vernahm Lucien ein leises, vorsichtiges Schnüffeln und dann ein kaum wahrnehmbares Tapsen. Den Kopf wachsam gesenkt schlich der kleine Wolf langsam näher. Das Tier witterte erneut nach dem Feind, konnte aber wohl nur noch einen schwachen Duft, der langsam wie die Asche im Wind verwehte, erkennen. Fast ängstlich schlich es in weitem Bogen um Lucien, den unbekannten Mensch, herum. Das Fell des Tieres war von einem hellen Grau, struppig und schlammverkrustet. Der kleine Wolf rieb seine Schnauze am Fell des Muttertieres. Dann ließ er sich auf die Hinterpfoten nieder und stieß ein langes, fast klagend klingendes Geheul aus. Ein einziger langer Ton, der nicht abzuebben schien. Dann senkte er den Kopf. Es blieb still. Von nirgendwoher kam eine Antwort.

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BeitragVerfasst: Mi 13. Apr 2016, 20:39 
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Lucien sah den kleinen, unbeholfenen Welpen lange und eingehend an; lauschte dem kleinen langgezogenen Heulen, das schließlich verebbte. Natürlich hätte er ihn aufhalten können; ja vielleicht sogar müssen, denn nach wie vor war dieser Teil des Waldes nicht sicher und wer wusste schon, wer hier ein Wolfsheulen richtig interpretieren konnte? Wenn schon nichts anderes, so war es möglicherweise etwas, dem man nachgehen könnte, falls man neugierig war. Und wenn diese Gangrel Truppe auch nur halbwegs was drauf hatte, dann würde sie allem nachgehen, das sie merkwürdig fanden. Das schloss heulendes Fiepen mit ein. Der Hauptmann näherte sich dem jungen Wolf langsam und setzte sich vor diesem auf den Waldboden. „Ich kann dir nicht versprechen, das ich mich lange um dich kümmern kann; es ist gut möglich, dass ich bereits der nächste bin der heute ins Gras beißt mein Freund aber wenn du willst, dann nehme ich dich mit. Willst du mit mir gehen? Du sollst es gut bei mir haben.“
Das kleine Tier machte ein paar Schritte nach hinten, knurrte ängstlich, streckte dann jedoch erst die schwarze Nase nach vorne und trat dann langsam und vorsichtig ein paar Zoll nach vorne um an Luciens Hand zu schnuppern.
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Er ließ das Tier gewähren. Es musste sich womöglich überhaupt erst an den Geruch von Menschen und jetzt noch einem Untoten gewöhnen. Nicht, dass der durchschnittliche Wolf ihn mögen würde aber Gangrel hatten es da seines Wissens nach, ein klein wenig leichter. Nicht viel aber es mochte ausreichen um ein Stück vertrauenswürdiger zu wirken. Genug um den kleinen Welpen mit sich nehmen zu können? Natürlich war es eine dumme Idee von ihm aber er konnte den Wolf nicht einfach sich selbst überlassen, dass hatte der kleinen nicht verdient. Schließlich war er diesem Scheißehaufen, pardon ehemaligen Scheißehaufen, nunmehr Aschehaufen da entkommen. „Du wirst nicht allzu sehr domestiziert werden versprochen. Ein paar einfache Regeln und Tricks, der Rest ist frei Wildbahn und ein riesiges Revier.“ Der Hauptmann lächelte fast schon behutsam. „Zuerst werden wir dir aber wohl die Brust geben müssen, das heißt in diesem Fall das Fläschchen.“
Der kleine Wolf ließ sich zunächst auf die Hinterpfoten sinken, dann legte er sich neben seiner toten Mutter nieder. Eines war Lucien klar. Das Tier würde nicht fortgehen, sondern hier auf ihn warten.
Lucien schüttelte nur den Kopf und seufzte. „Hör zu junger Wolf, das mag jetzt hart für dich klingen aber ich kann dich nicht hierlassen. Diese Blutbad wird andere Raubtiere anziehen, welche wie mich und welche wie dich und denen bist du nicht gewachsen, hörst du? Ich kann dich aber auch nicht meinen ganzen Weg mitnehmen, denn du könntest mich verraten.“ Er beugte sich etwas zu dem kleinen Wolf nach unten. „Also werde ich dich auf halbem Weg irgendwo verstecken, wo dich niemand findet und komme dich im Anschluss wieder holen ja?“ Es gab im Grunde keine Zeit mehr zu verlieren. Der Hauptmann griff nach den übrig gebliebenen Fetzen des Aschehaufens neben sich und zerriss den Stoff; formte eine Art Trageschlinge in der er den Kleinen bettete und vor sich trug. Sollte er sich groß wehren, würde er ihn noch einmal energisch ansehen. „Eins muss dir klar sein, wenn du bei mir mitmachen willst, dann habe ich das sagen. Ich bin der Leitwolf und der Leitwolf sagt: Zappel weniger und sei möglichst ruhig, sonst finden sie uns beide noch.“
Der Welpe wehrte sich tatsächlich heftig und begann auch zu fiepen, wurde aber beim ersten festen Blick von Lucien sofort ruhig und senkte reumütig den Kopf und wich dem Blick des neuen Anführers aus, wie es sich für ein Jungtier gehörte. Lucine fand tatsächlich einen Felsvorsprung in 2 Metern Höhe auf dem er den jungen Wolf absetzen konnte. Mit Ausnahme einer Raubkatze würde niemand dort oben rankommen. Der Kleine winselte erneut als Lucien davon zu schreiten begann, aber ein erneuter fester Blick ließen ihn innehalten. Er legte sich hin, nahm den Kopf zwischen die Pfoten und beobachtete wie der Leitwolf davon schlich

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BeitragVerfasst: Do 14. Apr 2016, 20:52 
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Lucien ging weiter bis zum nächsten Felsvorsprung. Er sah sich genau um, musterte mit seinen scharfen glühenden Augen die Umgebung und sah schließlich, wonach er Ausschau hielt. In einigen Meilen Entfernung wuchsen hohe eng stehende Felswände wie Mauern dem Nachthimmel entgegen und Mondlicht waberte durch die nebeligen Wolken, die wie Geister zwischen den Klippen dahin wehten. Das musste es sein, wovon der Kainit geredet hatte. Die lange Schlucht.
Es schmeckte ihm nicht den Wolf zurückzulassen aber er versuchte sich die Entfernung zum Felsen, als auch die Erscheinung der näheren Umgebung gut einzuprägen damit er das kleine Fellknäuel später würde wiederfinden können. Ob er zurückkam, war überhaupt fraglich. Jemand wie Mitru, der obendrein noch ein wildes Kainitenrudel an seiner Seite führte, war ganz sicher einige Nummern zu groß für ihn. Trotzdem stellte sich nicht die Frage ob er das hier alles wollte oder nicht; er musste. Schließlich ging es um Jean. Er schlich sich langsam durchs Dickicht und nahm Kurs auf die lange Schlucht. Je näher er dieser kam, desto vorsichtiger und aufmerksamer wurde er.
Das Dickicht war fast undurchdringlich, aber schließlich fand Lucien einen winzigen Pfad. Erst wirkte er wie der von Tieren, aber er bemerkte recht schnell die abgetretenen Zweige und Abzweigungen, die eher auf menschliche Wesen schließen ließen. Er folgte ihm und mühte sich redlich ab möglichst leise zu sein, was ihm aber aufgrund der völlig fremden Umgebung und der Dunkelheit nur schwer gelang. Ab und an hatte er das Gefühl Schritte oder Stimmen in weiter, weiter Ferne zu vernehmen, aber er könnte sich genauso gut auch irren. War da irgendwo ein kaum hörbares Lachen? Oder war das nur der Wind, der dessen Echo an den Felswänden widerhallte?
Lucien verharrte plötzlich am Ende eines Sees. Das Wasser in der Schlucht hatte sich gestaut und bildete einen ca 100 Meter langen und wohl 50 Meter breiten See, dessen Wasser dunkel wie schwarze Tinte vor ihm lag. Nicht einmal die Sterne schienen sich darin zu spiegeln. Ein Aufplatschen hatte ihn alarmiert. Dieses Geräusch gehörte nicht hier in diese Wildnis…
Er sah sich um. Nein dieses Dickicht war sogar noch gefährlicher und undurchsichtiger als sein Wald um Brügge. Hier draußen verirrte sich wirklich kaum ein Mensch. Er ging hinter einer Gruppe aus Büschen in Deckung und funkelte argwöhnisch hinüber zu dem Geräusch das ganz definitiv nicht hierher gehörte.
Lucien erkannte irgendetwas am anderen Ende des Sees. Irgendetwas musste ins Wasser gefallen sein? Ein Stein? Ein abgerutschter morscher Baumstamm?
Er robbte beinahe auf allen vieren durch die Hecken, immer näher auf das Geräusch zu. Sein Ziel war es ja nach wie vor, ja nicht entdeckt zu werden.
Seine Position ermöglichte ihm ein besseres Bild auf das spiegelglatte Wasser. Und dann sah er die Bewegung. Jemand bewegte sich mit geschmeidigen Schwimmzügen durch das kalte Nass.
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Lucien war sofort bewusst, dass es sich um einen Menschen handeln musste, aber näheres konnte er in der Dunkelheit nicht erkennen. Dafür war er noch immer zu weit entfernt. Er konnte seine kainitischen Fähigkeiten einsetzen und er wusste, er würde sofort alles erkennen, aber genauso war ihm klar, dass er im selben Moment enttarnt wäre.
Mensch oder Kainit, das war die eigentliche Frage. Humanoid, schön und gut aber das allein half ihm noch nicht weiter. Zu gern hätte er seine die Finsternis durchbrechenden Augen eingesetzt, aber das hätte ihn nur verraten. Wer immer hier schwamm, hatte ganz offensichtlich keine Angst in einen völlig unbekannten Tümpel zu springen, mitten in der Nacht und noch dazu ganz allein. Es gab nur eine Möglichkeit mehr herauszufinden ohne sich zu offenbaren – er musste näher ran. Geduckt kroch er durch das Miasma aus Wurzeln, Pflanzen und Büschen näher an den Rand des Sees; umrundet diesen dabei allmählich. Vielleicht hatte er ja sogar Glück und es handelte sich um Jean selbst? Sogar das mochte möglich sein obwohl er es bezweifelte.
Lucien hielt an der Böschung inne und wartete, dass das blasse Mondlicht sich in den Tiefen des Wassers spiegelte.
Dann erkannte er die Gestalt plötzlich und ihm war bewusst, hätte er noch ein schlagendes Herz, es hätte für einen Moment ausgesetzt. Sie zog mit gleichmäßigen Zügen durch das rabenschwarze Wasser, hielt einen Augenblick inne, tauchte unter und wohl eine Minute später an der gleichen Stelle wieder auf. Sie drehte sich während des Schwimmens auf den Rücken und genoss sichtlich die Mischung aus Bewegung, dem eiskalten Element, Natur und Sein. Sie setzte dieses Spiel wohl weitere zehn Minuten so fort, dann schwamm sie zurück zu den Steinen von denen sie gekommen war.
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Klatschnass entstieg sie dem See. Lucien erkannte, dass sie nackt war und das Wasser an ihrer porzellanweißen Haut abperlte. Sie strich sich die Haare zusammen und wrang sie mit einer fließenden Bewegung aus. Sie schien ihn nicht bemerkt zu haben.
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Er grinste fast schon idiotisch in sich hinein. Nun mochte man vielleicht annehmen, dass dies aufgrund des Anblicks seiner nackten Erzeugerin der Fall war; nichts könnte weiter davon entfernt sein. Es war nicht ihr Anblick, der ihn so blöde grinsen ließ, sondern schlichtweg die Tatsache, dass sie genau in dieser Nacht, in diesem Wald, an dieser Stelle baden musste. Ein vollkommen Wahnsinniger hätte unvermittelt angegriffen, aber wer Vanya kannte, wusste, dass sie selbst mit nassen Haaren, splitternackt und unbewaffnet eine ernstzunehmende Gegnerin war. Und die, welche jetzt nur wegen nackten Brüsten gegrinst hätten, wären ohnehin im nächsten Augenblick tot gewesen. Was also tun? Fakt war natürlich, dass ihre Begegnung kein Zufall war. Seine Erzeugerin war nicht einfach nur so in der Gegend. Kommandierte sie die verbliebenen Wilden? War Mitru ihr Verbündeter und agierte gar auf ihren Befehl hin? Vielleicht sogar ihr Kind? Mein Gott, das würde sogar noch Sinn ergeben. Vanya, die Jean entführen ließ um ihm damit wieder irgendetwas zu beweisen oder ihm drohen zu können. Die Chancen jemanden wie Vanya auf dem falschen Fuß zu erwischen waren gering, umso mehr musste er jeden guten Moment ausnutzen. Er wartete bis sie ihm ahnungslos den Rücken zugekehrt hatte, um dann einen schnellen Satz nach vorne zu machen und sie festzuhalten; die Klinge lag bereits in seiner Hand, positioniert sie an ihre Kehle zu pressen und ohne Problem zuzudrücken. Mit einer blitzschnellen Bewegung jedoch fuhr sie herum und nutze seine Wucht um ihm die Klinge zu entwenden. Mit einem platschenden Geräusch landete sie in den Tiefen des Sees.
Sie drehte sich zu ihm um und ein amüsiertes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Sie fuhr ihm mit einem ihrer kalten noch feuchten Finger über seine ausgeprägten Halsmuskeln zu seinem Nacken und trat dann wieder zwei Meter nach hinten aus seiner Reichweite. Ihre Stimme war wie immer wenn sie es wollte ein verheißungsvolles Flüstern. „Schön dich wieder zu sehen, Schattenwolf.“

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Er war perplex, hatte den Schlag nicht kommen sehen da er davon ausgegangen war, sie hätte ihn nicht bemerkt. Oh, wie dumm er doch war, nicht auf seine eigenen Warnungen zu hören. Vanya hatte die Augen und Ohren einer Katze - ein dicker, in Eisen gepackter Krieger wie er und mochte er noch keinen so besonders starken Geruch ausströmen, würde von ihr sofort entdeckt werden. Kein Wunder das ihr niemals jemand entkommen war, nun ja... fast niemand. Gelegentlich entkam auch der Katze jemand. Es gab ja durchaus noch scheußlichere Monster. Mit einem schiefen Grinsen, drehte auch er sich um und watete ein paar Schritte ins Wasser, genau an dies Stelle wo sein Schwert versunken war. "Ich muss sagen, das habe ich schon einmal besser gekonnt. Für gewöhnlich schaffe ich bei dir immerhin 10 Meter, früher sogar noch mehr. Wahrscheinlich die fehlende Übung..." Er griff in das schwarze Wasser und aktivierte auch seinen Augen um die Klinge zu finden. Dieses Schwert war aus der ehemaligen Mondklinge der Wolflinge gefertigt und mit seinem eigenen Blut geweiht und beschichtete, damit verwoben worden. Auf der ganzen Welt gab es nichts Vergleichbares. Er würde es ganz sicher nicht zurücklassen. Als er nach dem Schwert suchte, blickte er kurz über die Schulter. "War es deine Idee? Die Entführung von Jean? Es würde dir ähnlich sehen. Komm schon, du weißt das wir immer ehrlich zueinander waren. Schonungslos ehrlich."

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Er glaubte die Klinge im Wasser funkeln zu sehen und griff danach.
„Waren wir das?“ Sie wrang sich erneut das nasse Haar aus und ließ es mit einer raschen Kopfbewegung nach hinten gleiten. Wie ein seidenes schwarzes Tuch umspielte es ihre Brüste, die geschmeidigen Schultern und den ebenmäßigen Rücken. Mit katzenhafter Eleganz trat sie näher heran und musterte ihn während er das Schwert herauf zog. „Seit wann kämpfst du mit kaltem Eisen?“ Ihre langen schmalen doch messerscharfen Klauen waren im selben Moment ausgefahren und sie fuhr sich damit fast zärtlich an der Halsbeuge entlang. Lucien sah die dünnen roten Striche, die im selben Augenblick erschienen. Vanya leckte sich genussvoll die rote Vitae von den Klauen und ließ die Wunden augenblicklich wieder heilen. Genausoschnell waren die scharfen körpereigenen Waffen wieder verschwunden und sie berührte mit ihren langen Finger ein letztes Mal die blutroten Lippen.
Er betrachtete den fein gearbeiteten Stahl und nickte nur sinnierend. Feinster Stahl aus Norwegen, verarbeitet nach Damaszener Art, darin gebunden sein Blut und der Rest Mondstahl der Wolflinge. Eine Verzauberung von einer Priesterin seines Weges. Nein, das war bei weitem kein kaltes Eisen mehr. Mit einer Hand wog er nachdenklich das Gewicht in seiner Hand ohne sie nur auch eines Blickes zu würdigen, dann ließ er die Klinge in der Scheide verschwinden und wandte sich ihr zu. "Es ist keine gewöhnliche Klinge so viel steht wohl fest. Oder glaubst du ich begnüge mich mit dem Gewöhnlichen?" Seine Lippen umspielte ein schiefes, herausforderndes Lächeln, während seine Augen die Konturen ihrer üppigen Brüste verfolgten, die von ihrem pechschwarzen Haar umrahmt wurden. Ebenmäßige, fahlweiße Haut rundete ihren verlockenden Anblick ab. Sie war absolut hinreißend und hinreißend tödlich und so würde sie bis zum bitteren Ende aussehen. Was für eine Frau, was für ein Monster. "Du hast mir gesagt, wenn ich das Maul halten soll und zugucken soll und ich hab dir später gesagt wenn ich etwas gänzlich beschissen finde. Ja wir waren immer recht ehrlich miteinander. Also... was ist diesmal der große Plan hinter deiner Entführung? Geht es darum mich hier in die Wildnis zu locken? Anschluss an dein Rudel oder der Tod? Wird es darauf hinauslaufen?" Der Hauptmann verschränkte die Arme und sah sie fragend an.
Vanya kam näher und schüttelte amüsiert den Kopf. Gespielt empört sah sie ihn aus ihren großen dunklen Augen an. „Da sehen wir uns nach so vielen Jahren endlich ohne die Wirren der menschlichen Scharmützel dort wo wir hingehören wieder und dann solche Reden?“

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Sie fuhr mit den zarten Fingerspitzen über die Muskeln seines Oberarmes. „Du bist noch genauso geradlinig wie früher, Schattenwolf. Das habe ich immer an dir bewundert… Und noch so manch anderes, das kein anderer Mann mir bieten konnte…“ Sie lächelte verschmitzt bei den alten Erinnerungen, die vor ihrem inneren Auge aufblitzten. „Was hat dazu geführt, dass du so schlecht von mir denkst? Dieser kleine Krieg um die paar flandrischen Hütten und deine Schäfchen? Du musst mir zugestehen, dass ich es zumindest versuchen musste, oder?“ Sie schmiegte sich ein wenig näher an ihn, dann beugte sie sich zu seinem Ohr. Lucien spürte den Hauch ihres weichen Atems als sie flüsterte. „Ehrlichkeit also? Ich habe nichts damit zu tun, dass der Wolf hier ist. Es ist interessant, durchaus… aber nicht mein Werk“

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BeitragVerfasst: Fr 15. Apr 2016, 21:03 
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Lucien schmunzelte leicht. „Geradlinig? Ach wenn du wüsstest…“ Er dachte daran wie er als der Hauptmann von Brügge durch die Straßen stapfte und den Siegelring bei Ratsversammlungen vorhielt. Ja geradlinig aber viel zu eng mit der städtischen Politik verwoben, die immer wieder Kompromisse und komplexe Entscheidungen forderte. So geradlinig wie sie sich das vorstellte, war er ganz gewiss nicht mehr; konnte es gar nicht sein. „Im Übrigen bitte ich dich um Verzeihung, das mit den Unholden aus dem Osten war tatsächlich nur eine günstige Gelegenheit. Ich weiß, dass du so etwas niemals von dir selbst aus machen würdest. Meine Meinung von dir ist nach wie vor dieselbe. Draga hat diesen Krieg heraufbeschworen, nicht du.“ Der Hauptmann genoss ihre Nähe, der Duft ihrer Haare die nach Wald und kaltem Wasser rochen, das Gefühl ihrer schweren Brüste an seinem Oberkörper. Ah, es war eine berauschende Zeit gewesen, in welcher er alles was er tat bis zum letzten ausgekostet hatte. Eine neugewonnene Freiheit, die ihm nie zu viel wurde. „Er ist also weder dein Kind, noch hast du mit der Entführung Jeans etwas zu tun? Dann ist unsere Begegnung tatsächlich nur ein Zufall.“ Seine Mundwinkel hoben sich schief an. „Soll ja auch vorkommen….“ Dann räusperte er sich und trat einen Schritt zurück.
„Aber auch wenn es ganz schön ist dich hier anzutreffen, ich bin nicht deinetwegen hier, sondern wegen Mitru. Er hat Jean in seiner Gewalt, womöglich bereits geguhlt und spielt mit dem Gedanken ihm den Kuss zu geben. Woher sie sich kennen, warum er gerade Jean haben will, ist mir unerklärlich. Fakt ist, dass ich ihn aufhalten werde und zwar um jeden Preis. Kannst du mir etwas über ihn und seine Anhänger berichten? Etwas das mir weiter hilft?“
Sie wandte ihm den Rücken zu und Lucien erkannte die tierischen Merkmale, die sie an ihrem Körper trug, einzelne Streifen braunen Fells, die sich perfekt in die Schatten, die die Rundungen ihres Körpers warfen, einfügte und sie damit noch hervorhob, die schmalen fast raubtierhaften Füße, die für einen Menschen fast zu hellen Augen. Sie ging mehrere Schritte zu einem der Steine und griff nach einem dünnen Kleid, dass sie dort abgelegt hatte. Sie zog es sich über den Kopf. Es enthüllte mehr als das es verdeckte. Sie trat wieder näher, und schlich katzenhaft an seine Seite. „Was hast du mit dem jungen Wolf zu schaffen, Lucien. Er fiel mir bereits vor Jahren in Brügge auf… dein appetitliches, menschliches Ebenbild übersieht man nicht so leicht.“ Sie schmunzelte.

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Sein Blick ruhte nach wie vor auf ihr und erneut musste er ungläubig den Kopf schütteln. In einer Situation wie dieser, befand er sich ausgerechnet im tiefsten Unterholz von hier bis Köln und traf, wie der Zufall es wollte seine Erzeugerin. Entweder war das Schicksal oder kalte Berechnung. Anders als Leif glaubte er jedoch nicht an Schicksal. „Es ist schwierig zu erklären Vanya… mmh…“ Nachdenklich strich er sich über den schroffen Bart. „Er kam eines Tages nach Brügge und…“ Er schüttelte abermals den Kopf. Wie sollte er ihr das wohl erklären? Wenn er ehrlich war konnte er es ja selbst kaum glauben. „Er war der Begleiter von Balduin von Flandern, dem Bastardsohn; hat dort jahrelang in seinen Diensten gestanden. Die Geschichte ist zu lang, als dass ich sie dir hier in aller Kürze darlegen könnte. Zu lang und zu kompliziert. Fest steht aber, dass er wohl so eine Art sterblicher Nachkomme meiner Familie sein muss – die Ähnlichkeit lässt keinen anderen Schluss zu. Wir dachten ja zuerst an die Drachen aber scheinbar ist das tatsächlich seine Erscheinung.“ Er hob die Schultern. „Ich weiß selbst wie das klingt aber mehr gibt es da nicht wirklich zu erzählen. Jean ist Hauptmann der Tagwache, ich übernehme nach wie vor die Nacht. Er ist ein guter Junge… mmh… Mann.“ Versonnen lächelte der Gangrel in sich hinein, ja die Zeiten des ‚Jungen’ waren vorüber, als er noch gemeinsam mit ihm vor dem Kamin saß und Wildschweine mit Soße übergoss. Jean war erwachsen geworden und zudem noch Familienvater. Seine Augen hoben sich in ihre Richtung. „Kann ich Mitru töten? Wie schätzt du ihn ein? Was weißt du über ihn?“
Sie hatte seinen Ausführungen gelauscht, aber die Art wie sie den Blick ihrer hellen Augen über seine Muskeln wandern ließ, machte es schwer nachzuvollziehen wieviel Konzentration sie seinen Worten zu Jean wirklich beimaß.
Sie schüttelte leicht den Kopf. „Findest du nicht, dass du dieses Spiel als Hüter der braven, kleinen Schäfchen lang genug gespielt hast? Schau dich um und sag mir, dass es dich nicht nachts danach verlangt deiner wahren Bestimmung zu folgen.“ Ihre Finger griffen nach seiner Hand und ihre Lippen pressten sich auf sein Fleisch. Dann spürte er das kurze Aufzucken, als ihre Zähne durch seine Haut brachen und ein wohliges Entzücken, dass nur wenige Augenblicke später wieder verschwand. Sie ließ ihren Blick über das Dickicht der Pflanzen gleiten und nichts bot einen Hinweis auf das, was sie zuvor getan hatte. Ihre Stimme klang fast ein wenig gleichgültig als sie weiter sprach. „Warum solltest du Mitru töten? Er ist einer der fähigsten Anführer unseres Clans… Wegen einem Sterblichen?“ Sie watete mit den nackten Füßen in das eiskalte Wasser, genoß sichtbar die Intensität des Gefühls bevor sie sich umwandte. „Der junge Wolf ist ausgesprochen vielversprechend, da gebe ich Mitru recht. Er ist dir ausgesprochen ähnlich, verfügt über deine Willensstärke, deine Kampfkraft, deinen Mut weiter zu kämpfen auch wenn der Kampf längst verloren ist…“ Sie schwieg als würde sie nachdenken. „Aber er ist von der Zivilisation gebändigt, sieht dort sein zu Hause… Mitru vertritt die Ansicht, er habe das Potential zu einem wahren Gangrel. Vielleicht hat er recht… vielleicht auch nicht…“ Sie kam auf Lucien zu, schmiegte sich wieder an ihn und Lucien spürte ihre weiche Haut. „Der interessante Zustand, dass du jetzt hier bist… ist auf jeden Fall ein erfreulicher Nebeneffekt

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BeitragVerfasst: Sa 23. Apr 2016, 21:41 
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Fast hätte er ihr seine Hand entzogen, als sie sich ihm so unvermittelt näherte. Er war es offenbar nicht mehr gewohnt, sie so nahe bei sich zu haben. Früher war das anders gewesen; gänzlich anders. Nur zu gut erinnerte er sich an seine wilden Wanderjahre, in denen er mit seiner Erzeugerin quer durch Europa gezogen war. Tagsüber schliefen sie, doch des Nachts waren sie wie ein Rudel hungriger Wölfe. Hungrig nach dem Blut der Lebenden, dem Kitzel der Jagd und hungrig auf einander. Es gab nichts was sie aufgehalten hätte, kein verängstigter Bauernmob, kein noch so kühner Fürst, keine wachsame Garde und keine Mauern. Sie gingen dorthin wo es ihnen gefiel und blieben solange es ihnen passte. Niemand verlangte etwas von ihnen, niemand widersetzte sich ihnen. Eine gute Zeit. Alles änderte sich. Scharf sog er die Luft zwischen seinen Zähnen ein, als sich ihre Fänge wie kleine Nadeln in das kalte Fleisch seiner Hand bohrten. Dieses neckende Spiel hatte sie schon immer mit ihm getrieben und es hatte ihn stets unsagbar angemacht. Er folgte ihren Bewegungen, als sie durch das Wasser watete und verschränkte die Arme; schenkte ihr das berühmt berüchtigte, schiefe Lächeln. Ah, sie war noch immer die Krönung unter den Frauen. Ein Weib wie man es sich nur wünschen konnte: Wild, verwegen, ungestüm und gefährlich. „Ab und an würde ich dir sogar Recht geben. In manchen Nächten stelle ich überraschend fest, dass mein Beitrag zur Sicherheit in der Stadt eher zum Gegenteil wird. Die Sterblichen hätten ohne uns bei weitem weniger Sorgen. Das scheint sich auch gerade wieder in diesem Fall zu bewahrheiten.“ Sein Kopf neigte sich nachdenklich mal in die eine, dann wieder in die andere Richtung.

„Ich kenne Mitru nicht. Vielleicht ist er mir meilenweit überlegen, vielleicht ist er sogar der größte Krieger, den unser Clan je hervorgebracht hat. Möglicherweise sollte man ihm deswegen Anerkennung und Respekt zollen, wer weiß? Und würden die Dinge nicht so stehen, wie sie es nun einmal tun, so könnten wir diese Angelegenheit auch mit einem einfachen Zweikampf entscheiden. Das wäre ehrenhaft und gerecht, so wie wir es schon seit Äonen tun. Bedauerlicherweise ist es in diesem Fall ein wenig schwieriger.“ Er seufzte kurz und ließ nun seinerseits den Blick über das undurchdringliche Dickicht schweifen.

„Du streichelst mein kleines, verwöhntes Ego Vanya, sehr freundlich.“ Der Hauptmann grinste sie breit an. „Aber wo ich dir natürlich nur zustimmen kann, ist die Tatsache dass Jean ein sehr fähiger und talentierter Kerl ist. Er ist verlässlich, willensstark, mutig, schlau und geschickt. Er weiß mit dem Schwert und dem Bogen umzugehen, kann reiten, klettern, Fallen bauen. Jean würde ohne große Schwierigkeiten eine lange Zeit in der Wildnis überleben können und das obwohl er noch atmet. Möglicherweise wäre er wirklich ein hervorragender Kandidat für die Bürde. Nur vergisst Mitru seine weiteren Vorzüge mit zu bedenken…“ Lucien sah sie scharf aus den Augenwinkeln an.

„Er ist ein treuer und liebevoller Ehemann und Vater, Befehlshaber der Tagwache und Vorbild für die Truppen. Er ist ein gern gesehener Gast beim Kartenabend und in der Taverne. Er hilft dem alten Torben die Räder am Karren zu wechseln und Gitta trägt er die Einkäufe nach Hause. Oder anders ausgedrückt: Jean ist ein Mensch und er hat keinerlei Ambitionen der Zivilisation den Rücken zu kehren. Dort ist alles was er will, dort ist alles was er liebt. Und auch wenn er große Stärke, unbeugsamen Willen und seine eigene Freiheit sehr schätzt: Unser Leben hat er nicht verdient Vanya. Jean ist glücklich mit dem was er hat und wie es ist. Ich hätte es ihm jederzeit nehmen können; habe sogar mehrfach mit dem Gedanken gespielt aber es wäre schlussendlich nicht richtig gewesen. Er gewinnt dadurch nichts sondern verliert alles. Du magst mich für diese Worte geringschätzen, gar verhöhnen; es ändert aber nichts an meiner Entscheidung. Entweder Mitru lässt Jean in Frieden oder ich werde ihn in seine Einzelteile zerlegen.“ Er lächelte sie erneut schief an.

„Und da wir beide wissen, wie Mitru oder jeder andere durchschnittliche Angehörige unseres Blutes es mit seiner Beute hält, kannst du dir vorstellen worauf das hinausläuft. Ich töte ihn oder er tötet mich, eine andere Möglichkeit käme für die Wilden auch gar nicht in Betracht. Für mich ist das gut so, es ist direkt und brutal ehrlich. Genauso wie das Unleben sein sollte.“ Immer noch lächelnd, schloss er genießerisch die Augen, als sie sich an ihn schmiegte. Ah, dieses Gefühl ihres Körpers an ihm. Mit einem Mal, packte er ihren Arm und drehte ihn ihr am Rücken über; drückte sie damit weiter nach vorne noch näher an ihn. Mit der rechten, hielt er sie am Nacken fest und beugte sein Gesicht knurrend über das ihre. Es mochten sie vielleicht Zentimeter voneinander trennen, während er tief ihren Geruch in sich aufsog. Mit einer wilden Geste, drückte er seine unrasierte Wange an die ihre und schmiegte sich an Vanya, wie der Alphawolf, der sich sein Weibchen nahm. „Mmh… wenn es doch nur so ein netter Zufall sein könnte. Diese Wildnis erstreckt sich über hunderte Meilen Vanya und Mitru und seine Bande haben sich akkurat hier mit Jean versteckt. Und du warst bei allen möglichen Orten an denen du sonst sein könntest, ausgerechnet hier in diesem Tümpel baden ja? Du bist eine gerissene, unglaublich sinnliche Raubkatze Vanya aber diesen Unsinn nimmt dir nicht mal der dumme, alte Lucien ab.“ Er zog sie fester an sich, drehte ihren Nacken so dass er ihren Hals mit wilden Liebkosungen überschütten konnte; gelegentlich saugte er sogar an ihrer fahlen Haut. „Was hast du mit Mitru zu schaffen? Wir wissen beide, das da mehr ist…“ flüsterte er ihr dunkel grollend ins Ohr, während er sie noch immer fest hielt.

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BeitragVerfasst: Sa 23. Apr 2016, 22:28 
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Vanya schloss genießerisch die Augen wie eine Katze, die man kraulte und die es in einer großzügigen Geste geschehen ließ. Es war offensichtlich: Der einzige, der ihr je Respekt abverlangt hatte, ob in sterblicher oder kainitischer Gestalt, war wieder in ihrer Anwesenheit und sie suchte seine Nähe genau so wie sie es früher ab und an wenn ihr danach war, getan hatte. Lucien spürte ihre Klauen an seiner Hand mit der er ihren Arm nach hinten gebogen hatte und die Erregung, die in ihm aufflammte als diese spitz seine Haut durchbohrten. Vanya wandte ihm leicht das Gesicht zu. Er sah, wie sie jedes einzelne Wort mit ihren vollen Lippen betonte. „Selbstverständlich habe ich gewusst, dass du kommen würdest. Du hast ein wenig nachgelassen, mein Wolf. Dein Geruch war intensiv, der Klang deiner Schritte verheißungsvoller als der eines fliehenden, von Blut strotzenden Sethkindes. Hat dich die Stadt etwa verweichlicht, dich gezähmt, so dass dein Jagdinstinkt erloschen ist? Ich habe auf dich gewartet.“ Sie bog ihren Hals noch weiter zu ihm und vergrub plötzlich mit einer unvorstellbar schnellen Bewegung ihre Raubtierzähne in seinen Halsgefäßen. Lucien spürte die Ekstase, die dieser Kuss mit sich brachte, das Gefühl ihrer Krallen, die seinen Rücken entlang wanderten und dabei mit gewalttätiger Zärtlichkeit alles zerrissen, was in ihren Weg kamen. Er war gefangen in diesem kurzen intensiven Moment. Vanya ließ von seinem Hals ab und presste ihre blutfeuchten Lippen an die seinen. Sie grinste mit einem Lächeln, das seinem an Zweideutigkeit nichts schuldig blieb. Es war ihr ohne Mühe gelungen die Situation in ihrem Sinne zu nutzen und sich zu befreien. Sie trat auf den Stein zu, nahm Platz und schlug fast kokett die Beine übereinander. “Du hast schon immer eine ausgesprochen rasche Auffassungsgabe besessen, Wolf. Aber es ist nicht unbedingt so, dass ich im Moment schon viel mit Mitru zu schaffen hätte. Er ist wegen mir hier, buhlt um meine Gunst, meine Aufmerksamkeit. Jean, da bin ich mir sicher, soll wahrscheinlich eine Art Geschenk an mich sein… als kleine Erinnerung an den einstmals stattlichen Schattenwolf Lucien, den sich die Zivilisation geholt hat.“ Sie rieb die Füße aneinander und ihr Kleid rutsche nachlässig zur Seite und entblößte ihre Schenkel. „Unterschätz Mitru nicht. Er ist einer der fähigsten unseres Clans. Er hatte schon immer eine kleine Schwäche für mich… deshalb schenkte er mir den Kuss. Alles, was ich weiß habe ich von ihm gelernt. Und ich habe es an dich weiter gegeben. Alles! Unseren Weg, unsere Ansichten von Ehre, Freiheit, Wildheit, Jage, Kampf. Alles stammt von ihm.“

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Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


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BeitragVerfasst: So 24. Apr 2016, 11:32 
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Wie Tiere hatten sie sich geliebt, einzig und allein dem Blut verschworen; die einzige Möglichkeit sich noch gegenseitig in wilde Ekstase und animalisches Verlangen zu steigern. Damals hatte er es geliebt; nein mehr noch: damals hatte er sie auf seine Weise geliebt und sogar verehrt. Genauso oft wie sie sich neckten und übereinander herfielen, genauso oft stritten sie sich. Eine von Kontrolle und Dominanz geprägte Beziehung, die in einem Wechselbad der Gefühle, bestehend aus Abstoßung und Annäherung bestanden hatte. Tief drin in seinem ungezügelten, durchtriebenen Herzen wünschte er sich jene Zeit wieder herbei. Ein zufriedenes Knurren entfuhr seiner Kehle, als er die scharfen Klauen auf seinem Fleisch spürte, die feine Linie durch seine Haut zogen. „Oh du unterschätzt dich Vanya. Es bin nicht ich, der in seinem Können und seinen Instinkten nachgelassen hat, sondern du, die noch immer so gerissen und wachsam ist wie damals. Du bist immer noch die listige Jägerin, mit diesen verheißungsvollen Rundungen, die mich damals durch die Wildnis hetzte und zur Strecke brachte. Niemand sah dich kommen und ehe man sich versah, war es auch schon wieder vorbei. Keine Beute war vor dir sicher, dafür habe ich dich stets bewundert.“ Seine Stimme war ein verlangendes Raunen, das er ihr mit gelegentlich brummenden Knurren ins Ohr flüsterte. Dann vergrub sie ihre Fänge in seinen Hals und zerschnitt ihn mit ihren rasiermesserscharfen Krallen, beinahe die Rüstung. In dieser köstlich-sinnlichen Agonie, vermischte sich sein tiefes Grollen mit einem erlösenden Seufzen, als er ebenfalls hungrig nach ihr die spitzen Fänge hervor schnellen ließ.

Dann war es wieder vorbei und seine Muskeln zitterten noch leicht in der erregenden Anspannung, ihrer blutigen Umarmung; die Krönung ihres Spiels wurde ihr blutgetränkter Kuss, dem sie ihm förmlich aufzwang und den er sich nur allzu gerne nahm. Sie schmeckte nach ihm, sie schmeckte nach Vanya und sie schmeckte nach einer Leidenschaft, die sie eine lange Zeit miteinander geteilt hatten. Reflexartig keuchend, leckte er sich über die Lippen um den Nachgeschmack der Gangrel in sich aufzunehmen, während sie es sich auf dem Stein gemütlich machte. Ungläubig starrte er sie an, schüttelte irritiert den Kopf mit den kaum gekämmten Haaren und ließ den Blick, nach einer möglichen Erklärung suchend über die Umgebung schweifen. Das was sie ihm da gerade offenbart hatte, schien ihn tatsächlich aus der Fassung zu bringen. Viel hatte er erwartet aber das war wohl des Guten zu viel. Dann verzogen sich seine Lippen zu einem düsteren Lächeln, als er sie wieder sinnierend fixierte.

„Du hast mir nie von deinem Erzeuger erzählt und ich habe nie gefragt. Das war auch nicht nötig, es war für uns beide nie von großem Interesse. Und jetzt, hier am Ende der Welt in diesem urtümlichen Wald voller Gefahren und unsicherer Pfade, treffe ich auf meinen Großerzeuger Mitru. Dein Lehrmeister und Gönner; offensichtlich auch noch Verehrer. Ich kann mir gut denken, warum er dich in die Nacht geholt hat, du machst unserem Clan in allen Belangen Ehre.“ Nachdenklich starrte er in die mondbeschienene Schwärze des spiegelglatten Sees vor sich.

„Wer immer er ist, was immer er dir beigebracht hat und wie immer unser Verhältnis auch zueinander sein mag, Jean ist nur ein Mittel zum Zweck für ihn. Gut vielleicht sieht er tatsächlich einen vielversprechenden Anwärter in ihm aber in erster Linie will er dich. Dich will er in seinem Rudel und umwirbt dich, mit etwas das dich an mich erinnern soll. Kein Wunder bei dieser Vielzahl an angeblichen Ähnlichkeiten.“ Der Schattenwolf lachte. „Er will dich und du willst mich, was für eine witzige Geschichte. Selbst Leif hat bessere Familienverhältnisse, die wollen ihn einfach nur alle töten.“ Mit einer raschen Drehung, wandte er sich seiner Erzeugerin wieder zu und sah sie scharf und ohne die Spur eines wie immer gearteten Lächelns an.
„Ich male mir nicht allzu große Chancen im Kampf gegen ihn aus, zumal er noch sein Rudel mitgebracht hat. Gespräche und Verhandlungen sind sinnlos, Kompromisse schließt er ebenfalls nicht. Und doch muss es eine Möglichkeit geben, Jean aus dieser ungnädigen Situation zu befreien. Mein eigenes Schicksal spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Für mich ist noch niemals jemand gestorben und das soll auch niemand; ich kämpfe und sterbe für mich selbst.“ Er schielte zu Vanya.

„Kannst du ihn davon überzeugen, den Jungen aufzugeben? Er vertraut dir und respektiert dich; will dich in seiner Meute. Auf mich wird er nicht einmal im Ansatz hören aber dir wird er zumindest sein Gehör schenken.“

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