Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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BeitragVerfasst: Mi 15. Apr 2015, 22:19 
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Lucien war auf einer seiner Patrouillen. Er durchstreifte seine Domäne, sein Gebiet, seinen Wald, der Teil seines Knochens den er wahrlich nur für sich selbst beanspruchen wollte. Es war Ende Mai und die Bäume standen in erstem satten Grün, das auch in der noch immer recht hellen Dämmerung zu leuchten schien. Das Gras wuchs hoch und verbarg fast das Wild, das im Dickicht des Forstes äste.
Er merkte es erst unmerklich, dann deutlicher. Plötzlich legte sich das seltsame Gefühl um seine Schultern wie ein schwerer Mantel, aber es war nur die absolute Stille, die sich plötzlich ausgebreitet hatte. Er hatte die Grenze zu dem ehemaligen Voivoidat im Osten der Stadt überwunden. Kein Vogel sang hier und auch die Bäume waren zum größten Teil noch kahl. Wo vor wenigen Minuten noch das sanfte Rauschen der Blätter seine Schritte begleitet hatte war nun eine bleierne Stille. Alida, das wusste er, hatte in einem sentimentalen Anflug vereinzelte Pappeln, Apfel- und Birnbäume pflanzen lassen. Sie vertrat die komische Ansicht das würde das Land wieder mehr an Brügge binden, aber bisher standen die kleinen Bäumchen noch verloren in der Ödnis und waren genauso entlaubt wie der Rest des seltsamen Waldes. Dann erblickte Lucien die alte Festung. Die Mauern waren zum größten teil geschleift worden und nur ein einzelner Turm stand noch. Das ungute Gefühl wurde stärker. Er wusste, hier hatte man ihn gefangen gehalten, geflockt und hier hatte Draga ihm ihre Pläne eröffnet.
Er bückte sich kurz und griff mit einer Hand beherzt in die noch feuchte Erde, ließ diese nachdenklich durch seine Finger gleiten. Das Land schien tatsächlich verflucht zu sein und wenn es stimmte, was man über die Tzimisce und ihre Verbundenheit zu ihren Domänen sagte, dann hatte Dragas Präsenz den Wald innerhalb weniger Jahre zu einem knorrigen, düsteren Dickicht werden lassen das noch mindestens genauso lange brauchen würde, ehe es sich erholen würde. Selbst die Tiere schienen diesen Ort zu meiden und wenn es etwas gab, auf das man sich mit peinlicher Genauigkeit verlassen konnte, dann war es der Instinkt der Wildnisbewohner. Für sie gab es kein gestern und kein morgen, nur das hier und jetzt zählte. Kampf oder Flucht, Leben oder Tod. Hier war wohl eher nur der Tod zu finden. Mit ein paar großen Schritten, setzte er seinen Weg durch das verwurzelte Geäst fort, hielt dabei den maroden Turm, der schon zur Hälfte eingestürzt war beständig in seinem Blickfeld. Lange hatte er hier nicht bleiben müssen, Draga hatte anderes mit ihm vorgehabt. Seine Hand ballte sich zur Faust und Wut stieg in ihm auf. Er hätte es schon damals besser wissen müssen - Brügge hatte sich viel zu sehr auf seinen Lorbeeren ausgeruht. Man hätte das Unkraut ausreißen müssen als noch die Gelegenheit dazu bestand. Man hatte sich darum gedrückt, abgewogen und debattiert und heimlich über den Gartenverschlag des Nachbars gelinst aber getan hatte man nichts. Lucien schwor sich, dass so etwas nie wieder geschehen würde. Das nächste Mal, würden sofort Konsequenzen folgen ohne dass man dem Feind Zeit geben würde, hochzurüsten. Am Eingang zu dem dunklen Steingebilde blieb der Gangrel stehen und strich über den kühlen Felsen. Schade eigentlich, vielleicht hätte man noch etwas Nützliches daraus errichten können. Eine vorgeschobene Werfestung? Eine Kaserne? Ein Ausbildungslager? Ein Jagdsitz für ihn? Irgendwie war es schon eine Verschwendung von Ressourcen aber was sollte man machen? Solche Dinge in dieser trostlosen Landschaft zu errichten brauchte einen triftigen Grund und nicht zuletzt beträchtliche Geldmittel. Beides war momentan nicht vorhanden.
Lucien trat an das große Eingangstor, dessen Türen man schon vor zwei Jahren aus den Angeln gerissen und in einem großen Freudenfeuer verbrannt hatte. Plötzlich bemerkte er es: Oben im Turm brannte Licht. Und nicht nur dort. An mehreren Stellen bewegte sich Lichtschein… als würde man eine Fackel schwenken.
Lucien verharrte an den verbrannten Flügeln der Tür, die man mit lautem Gejohle und Getöse zerstört hatte um den Sieg über die Besatzer zu feiern. Er selbst war nicht dabei gewesen, das hatten wütende, euphorische Bürger und sicher auch die eine oder andere Wachgarnison tagsüber veranstaltet. Die Bauern und Leibeigenen ringsum, waren der Tatsache nunmehr wieder zur Stadt Brügge zu gehören auch nicht gerade mit offener Feindschaft begegnet. Brügge war reich, Brügge zog Menschen an. Und schlussendlich waren sie dereinst ein Teil von Brügge. Zwar würde es wieder dauern den östlichen Teil erneut zu integrieren aber mit den Jahren würde sich das beinahe von selbst regeln. Was allerdings um diese Zeit in einem der alten Wehrtürme vor sich ging, darüber konnte er nur wilde Spekulationen anstellen. Er zog vorsichtig das glänzende Schwert aus seiner Scheide, darauf bedacht so wenig Geräusche wie möglich zu verursachen und betrat den Turm, machte ein paar vorsichtige Schritte auf die Treppe zu. Wer immer außer ihm noch hier war, hätte besser einen guten Grund dafür.
Er hörte die lauten Stimmen in der Ferne, wahrscheinlich aus dem oberen Teil des Turms, die sich hastige Wortfetzen zuriefen. Von oben kamen Schritte.
Er konnte die Wortfetzen erkennen. Mehrere Männer riefen mit lauten Stimmen in Französisch und Deutsch. Irgendwo antwortete eine tiefe Frauenstimme. Die Rufe waren hektisch, getrieben. Lucien war sich sicher ein: „Wo ist sie? Verdammt. Eben war sie noch im Turm. Auf die Brüstung! Sie kann nicht weit sein. Holt die! Pfeile raus!“
Franzosen? Deutsche? Und darunter noch eine Frau? Das ergab nun für ihn wenig Sinn. Vielleicht hätte man noch von Händlern oder Reisenden aus dem Ausland sprechen können, die in den Ruinen der Draga Nefedov Schutz für die Nacht suchten ohne die Geschichte des Ortes zu kennen. Dennoch war 'Nacht' das Stichwort - bei Nacht war es äußerst unwahrscheinlich das sich noch jemand hierher verirren würde, als Lagerstätte boten sich die Bauernhöfe oder Wirtshäuser der Umgebung um einiges eher an als kahler Felsen. Zudem wurde hektisch und aufgebracht nach jemandem gesucht -'sie' wer immer sie auch sein mochte, hatte es aber offenkundig geschafft zu entkommen. Und wenn jemand floh, hatte er auch zuweilen einen guten Grund dazu. Lucien steckte das Schwert zurück an Ort und stelle, trat an die Schwelle des verkohlten Eingangs. Von oben würde man ihn so leicht nicht erkennen, weshalb er seine Augen die pechschwarze Finsternis absuchen ließ. Vielleicht war 'sie' noch in der Nähe?
Ein schwarzes Pferd, das er erst im letzten Moment wahr nahm, preschte an ihm vorbei und bog gleich nach dem Ausgang nach Norden. Die Gestalt darauf war in einen dunklen Mantel gehüllt und kaum zu erkennen, doch an der Art wie sie ritt war erkennbar, dass es wohl um ihr Leben ging. Die Frauenstimme war zu hören: „Sie hat eines der Pferde. Verdammt, ich weiß nicht welches!“ Eine Stimme, die ihm bekannt vorkam schrie die Antwort: „Auf die Brüstung mit dir, Ludmilla!“
So wie sich ihm die Sache darstellte, hatte der Gangrel zwei Alternativen. Er konnte bleiben und Ludmilla und den Rest der wütenden Meute oben im Turm stellen, sie niederstrecken falls notwendig und so die gewünschten Antworten erhalten oder er würde die Gestalt zu Pferde verfolgen, die ihm wohl bei weitem mehr über diese merkwürdige Situation erzählen könnte. Stutzig machte ihn nur die Stimme von oberhalb der Brüstung, eine Stimme die ihm merkwürdig vertraut vorkam. Und wenn er eines in Brügge gelernt hatte, dann die Tatsache, das Vertrauen rar war wie Diamanten und schon die eine oder andere unschöne Begebenheit bedeutet hatte. Sei’s drum, er würde das Pferd verfolgen müssen und zwar eilig denn es blieb keine Zeit mehr. Er hechte aus dem Turm und begann noch im Laufen seinen Körper zu verformen, der langsam die Gestalt eines Wolfes annahm. Nur so würde er mit dem Reiter mithalten können.

Die schmale Gestalt, die wahrscheinlich Ludmilla war, erschien auf der Brüstung. Sie lehnte sich über die Mauer und starrte nach unten in die dunklen Schatten des Waldes. Sie schien fast aufzulachen als sie mit lauter Stimme rief: „Cunradus! Es ist deins!“ Lucien suchte die altbekannte Kraft, die er schon seit so langer Zeit in sich trug und verformte während des Rennens seinen Körper, er verschob die Muskeln, die Knochen und die dicht behaarte Haut. Das Pferd vor ihm kam näher. Auf kurze Distanz war es dem Wolf immer möglich das Pferd zu erlegen. Nur auf lange Distanz war das Pferd der ausdauerndere Läufer. Plötzlich erscholl ein lauter Pfiff. Das Pferd blieb ruckartig stehen und bäumte sich auf. Die Gestalt, die eben noch fest im Sattel gesessen und zu einem Sprung angesetzt hatte wurde aus dem Sattel gerissen und flog in hohem Bogen in ein Dornengestrüpp. Das Pferd begann wie von einem Dämon besessen nach der Person am Boden zu treten und zu beißen.
Er sah den Reiter stürzen als der Pfiff ertönte. Das Tier war scheinbar gut trainiert und nur weil es sich von einem Wildfremden reiten ließ, hieß das nicht, dass es nicht seinem Herrn schon allein am Pfiff erkennen konnte. Etwas merkwürdig war das ganze dennoch. Das Pferd hätte womöglich halten sollen, möglicherweise sogar tatsächlich den ungewollten und ungewohnten Reiter abwerfen aber ihn nunmehr zu attackieren wie ein abgerichteter Kampfhund war... ungewöhnlich. Lucien blieb aber keine Minute länger um zu zögern ansonsten würden seine Antworten unter trampelnden, beschlagenen Hufen ein jähes Ende finden. Er riss das Maul auf und riss eine tiefe, blutige Wunde in die Flanke des Hengstes.
Das Tier bemerkte den ungewohnten Angreifer erst als bereits eine blutende Wunde aus seinem Hinterlauf klaffte.

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Als das Pferd sich für einen Moment umdrehte, sah er die Gelegenheit gekommen und biss ihm in die Flanke. Das Tier fuhr herum, zielte auf seine Kehle, traf genau und nur die übermenschliche Widerstandsfähigkeit von Luciens untoter Haut verhinderte, dass er den Hals aufgerissen bekam. Das Pferd schien einen Moment zu überlegen. Flucht oder erneuter Angriff. Lucien bemerkte, dass sich die Gestalt aufzurappeln begann.
Von oben war wieder das rufen zu hören. „Ich glaub, da unten ist sie. Cunradus Pferd folgt wieder seinem Herren. Es attackiert sie.“ Schaut, da in der Nähe der Birken… Was ist denn das da neben ihr? Ein Wolf. Wo kommt das Mistvieh her? Das Vieh hat das Pferd gebissen. Was für Reflexe. Wahnsinn.“ Eine melodische Stimme war neben der Frau zu hören. „Ludmilla! Steh hier nicht so blöd rum! Greif zum Bogen und schieß sie ab. Los!“ Mehrere Pfeile gingen auf die Gestalt vor dem Schattenwolf hernieder und er hörte den Aufschrei einer weiblichen Stimme.
Dann wieder den Mann. „Los, sie rührt sich noch immer. Legt erneut an!“ Lucien erkannte die Gestalt eines jungen Mannes auf der Brüstung.

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Lucien umtänzelte wie ein Wolf, der er nun mal war die Gestalt und machte Anstalten, dass sie ihm folgen sollte. Das klang zwar nicht sehr vielversprechend, denn ein Wolf war nun mal ein Wolf und kein Hirtenhund, zudem tropfte ihm das frische Blut und ein paar übrig gebliebene Fleischfetzen vom letzten Angriff auf den Hengst vom Maul was ihn vermutlich wenig vertrauenerweckend erscheinen ließ. Dennoch lief er auf eiligen Pfoten ein paar Meter durch das Gestrüpp, drehte sich dann um um ein paar Schritte nach vorne zu tun und sich wieder umzudrehen. Es war schon schwierig, wenn man keine Stimmbänder mehr hatte. Vielleicht hätte er ja Erfolg, ansonsten müsste er sie an der Kleidung in die gewünschte Richtung zerren.
Die Gestalt drehte sich in seine Richtung doch Lucien konnte das Gesicht im Schatten der Kapuze nicht erkennen. Sie wirkte unschlüssig, tat einen Schritt in seine Richtung. Der langgezogene Schrei des Mannes war über den Wald zu vernehmen. „Leeeeeeegt an! Schiieeeee….“ Dann war wieder die Stimme zu hören, die ihm vage bekannt vorkam. Sie klang fast amüsiert „Halt! Ein Wolf??? Ich will den Wolf! Schiieeeßt“ Dann gingen die Pfeile auf Lucien nieder und während er getroffen zu Boden sank gelang es der Frau vor ihm die Gelegenheit zu nutzen, endgültig auf die Füße zu kommen und sich ins Dickicht durchzukämpfen. Ein Pfeil hatte sich in seine Schulter gebohrt. Lucien war nicht schwer verletzt, aber der Schmerz behinderte ihn beim Rennen so lange sich der Schaft in seinem Körper befand.
Lucien spürte den scharfen Stahl, der sich zwischen seine Schultern vergraben hatte und die Knochen am arbeiten hinderte. Ein gewöhnlicher Wolf, hätte sich schon heulend die Lefzen geleckt und die Ohren wimmernd angelegt. Leider war er nur kein echter Wolf und lebendig schon gar nicht. Er bemühte sich den dumpfen Schmerz zu unterdrücken und mit der fliehenden Gestalt schritt zu halten, ihr eine kleine Führung durch den schwarzen Wald zu sein. Immer einen minimalen Abstand zu ihr einhaltend, hechtete er durch den Wald.
Mit seinem geschärften Gehörsinn konnte er nach wie vor die Stimme Ludmillas auf der Brüstung vernehmen. „Verdammt! Sie verschwindet im Dickicht. Da können unsere Pferde nicht folgen. Und der Wolf ist auch weg.“ Die Männerstimme schrie erneut. „Pfeile bereit machen.“ Doch die bekannte Stimme fuhr dazwischen. „Nein! Wir vergeuden keine Munition. Wir werden sie schon finden.“
Lucien humpelte leicht angeschlagen durch den Wald, immer ein kurzes Stück vor der Gestalt gehend um ihr den Weg als auch die Richtung anzuzeigen. Er versuchte wenn möglichst, die gröbsten Hindernisse zu umgehen, umgefallene Bäume, Wurzeln und das widerspenstigste Gestrüpp schon im Voraus zu meiden. Er schlug den Weg Richtung Brügge ein, schon allein aus dem Grund, weil dort die Vegetation dichter aber weniger 'feindlich' war. Mehr Orte um sich zu verstecken und schlussendlich auch seine Domäne. In seiner Domäne, gab es fast nichts das ihm gefährlich werden konnte.
Die Gestalt sog tief die Luft ein und folgte ihm über die Wurzeln und durch die Büsche und Bäume die sich erst in zartes Grün tauchten um nur wenige hundert Meter später bereits satt in dichte Blätter gehüllt zu sein. Die Wege, die sie einschlugen waren verwinkelt. Die Frau blieb zwischenzeitlich stehen, riss sich einen Pfeil aus dem Oberschenkel, der sie getroffen hatte und steckte ihn in die große lederne Tasche, die sie bei sich trug. Auch auf der Flucht legte sie den Beutel nicht aus der Hand. Lucien kannte den Weg den er einschlug. Er selbst hatte in jahrelanger Arbeit den Pfad zu der Hütte im Wald getreten
Lucien hatte die kleine, einstmals verfallene Hütte mittlerweile ordentlich auf Vordermann gebracht. Nicht nur weil er mit den Jahrzehnten immer besser in der Bearbeitung und Verarbeitung von Holz geworden war, sondern alleine schon aus Bedürfnis nach mehr Sicherheit. Die Katakomben, die Räuberhöhle, sein Haus und schlussendlich diese Jagdhütte, waren willkommene Zufluchten, sollte sich dereinst ein Notfall einstellen. Und natürlich war es auch um einiges bequemer auf einem halbwegs soliden Bett zu schlafen als auf dem harten Erdboden obwohl er das den anderen gegenüber nie zugegeben hätte. Lucien der Wolf, witterte kurz; hielt die Schnauze in den Wind um einen bestimmten Geruch aufzunehmen und machte sich dann kurzer Hand auf um zu einem nahegelegenen Baum zu trotten. Das Haus besaß einen Schlüssel, den er mit einigen Fleischresten eingerieben hatte und den er beim Verlassen einfach zufällig in den Wald warf. Kein Mensch würde ihn so finden können aber die Nase eines Tieres, war bedeutend feiner. Er scharrte kurz und wirbelte einige Blätter mit den Vorderpfoten auf, ehe er mit dem Maul nach einem rostigen Schlüssel schnappte; diesen vorsichtig zu der Gestalt trug und vor dieser ablegte. Er legte den Kopf schief. Vielleicht würde man ihm den Hund ja noch tatsächlich abnehmen.
Die Frau beugte sich hinunter. Zum ersten Mal erkannte er das blasse Gesicht, umrahmt von hellbraunen Haaren und die weitgeöffneten ungläubigen Augen.

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Mit vorsichtigen Fingern als würde sie jeden Moment darauf warten, dass der Wolf nach ihr schnappen würde, groff sie nach dem Schlüssel und nahm ihn. Sie schluckte und ihre Stimme war fast nur ein leises Flüstern. "Okay... Wolf. Du willst, dass ich da rein gehe? Ob das wirklich eine gute Idee ist???" Sie zog eine Augenbraue hoch. "Herr, jetzt rede ich bereits mit einem Tier... Ich werde wirklich langsam wahnsinnig"
Lucien wimmerte nur kurz und legte den Kopf noch ein kleines Stück schiefer, hechelte kurz und wedelte mit dem Schwanz. Menschen waren schon komisch. Natürlich wollte er, dass sie in die Hütte ging, was sollte er denn sonst noch machen? Sich tot stellen? Er würde geduldig abwarten bis sie die Hütte betreten hatte, schließlich würde er ja auch noch einen ungestörten Moment brauchen um sich zurückzuverwandeln. Zwar hätte er dann einiges an Mühe zu erklären wer er war und wie er von der ganzen Situation wusste aber was blieb ihm schon anderes übrig?
„Wohnst du hier mit deinem Herrn?“ Die junge Frau sah vorsichtig in seine Richtung trat ohne ihn aus den Augen zu lassen zur Tür und schloss diese auf. Sie klopfte sich auf den Schenkel um ihn zu rufen. „Na, komm Wolf.“ Sie hielt die Tür auf, spähte in den dunklen Raum und wartete auf ihn.

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Lucien hätte die Augen überrollt wenn er gekonnt hätte. Was das wohl für ein Bild gegeben hätte? Es war keine Zeit für lange Tierspielchen. Wer immer hinter ihr her war, schien sie für ausreichend wichtig zu erachten ihr auch noch zu dieser späten Stunde durch den Wald zu folgen. Und finden würde man sie, das war nur eine Frage der Zeit, schließlich war die Jagdhütte für einen einfachen Menschen ein zu offensichtliches, wettergeschütztes Versteck. Bei ihm verhielt es sich naturgemäß anders. Der Wolf machte ein paar Tapser nach vorne und stieß sie mit der Schnauze an, als ob er sie weiter in die Hütte drängen wollte. Er selbst würde diese aber nicht betreten sondern stattdessen kehrt machen und in der Dunkelheit des Waldes verschwinden um sich zurückzuverwandeln. Aus der Finsternis würde er sich aber zunächst vergewissern, dass sie endlich in seine Hütte verschwand und ihn auch nicht bemerkte wenn er wieder seine menschliche Gestalt annahm.
Die Frau schluckte wieder, ließ sich dann aber auf das seltsame Spiel ein, dass mit ihr gespielt wurde. Sie verschwand in der Hütte während Lucien seinen Weg durch die Dunkelheit um seine Hütte nahm. Er bemerkte, dass ein Licht, wahrscheinlich eine schwache Kerze in der Hütte entzündet wurde.
Er würde die Gelegenheit nutzen und sich zurückverwandeln, das Blut an seinem Mund argwöhnisch abwischen. Pferdefleisch war ja nun wirklich nichts mehr das es zu reißen lohnte, das Blut hingegen.. nun gut, das war eine gänzlich andere Geschichte. Wie der Hausherr, der er nun einmal war näherte er sich vorsichtig der Hütte und klopfte an die hölzerne Tür. Es war sein Haus, natürlich aber das wusste das Mädchen im Inneren ja nicht und sie hatte schon selbst zuvor die ersten Weichen für die kleine Farce gelegt, die er ihr auftischen würde. Der Jäger und sein treuer Wachhund.. oder Wolf, je nachdem. Lucien wartete auch gar nicht auf eine Antwort sondern sprach das ihm unbekannte Mädchen direkt an. "Mein Name ist Lucien Sabatier und dies ist meine Hütte. Mein Wolf hat euch gerettet und hierher geführt. Bevor ich euch fragt, wie das gehen mag, lasst es lieber. Ich bin sehr oft und schon lange in diesen Wäldern und mir entgeht fast nichts, so auch nicht eure Flucht. Ich kann euch Schutz gewähren wenn ihr mir ein paar Fragen beantwortet Mädchen."
Die junge Frau, die vorsichtig die Kerze auf einem kleinen Tisch abgestellt hatte tat einen kräftigen Satz nach hinten und presste ihre Tasche an sich. Sie sah sich nach etwas, dass sie als Waffe benutzen konnte, um, als er aber nicht weiter auf sie zuschritt ließ ihre Spannung nach. Auf ihre Stirn legten sich nachdenkliche Falten als sie dem Hauptmann der Stadtwache gebannt in die Augen sah. Sie schritt langsam näher, den Blick auf die grauen Pupillen gerichtet
Lucien fixierte sie mit seinen grauen Augen und nickte nur, seine Worte bekräftigend. "Ihr werdet in diesem Haus nur das vorfinden, was ihr mitbringt Mädchen. Wenn es der Wunsch nach Blutvergießen ist, versucht euer Glück allerdings...", Lucien lächelte, "Allerdings wäre es mir bei weitem lieber du setzt dich erst mal und erzählst mir wer diese Leute von der Ruine waren und warum sie hinter dir her sind? Was hast du mit denen zu schaffen, das sie dich um diese Zeit wie Wild durch den Wald jagen?" Der Gangrel schritt zu einem der eigens angefertigten Schränke, öffnete diesen und holte einen hölzernen Becher hervor. "Ich habe leider nur Wasser anzubieten aber es ist klar und abgekocht." Er entkorkte seelenruhig eine mit Leder umwickelte Flasche und schenkte ihr ein. Er wohnte hier, da konnte er es sich doch durchaus auch leisten etwas gastfreundlich zu sein, immerhin schien die Gute noch immer etwas verstört zu sein.
Die junge Frau griff gedankenverloren nach dem Becher, immer noch fasziniert von den Pupillen, ließ sich auf einen der Stühle sinken, blickte dann zu dem Wasser, schüttelte wie über sich selbst grübelnd den Kopf und stellte den Becher wieder zur Seite. „Verzeiht, aber das Wasser vertrage ich nicht so wirklich. Ähm… kaltes Wasser auf nüchternen Magen… ihr wisst schon.“ Sie sah ihn erneut an. „Hat man euch schon mal gesagt, dass ihr genau die gleichen Augen wie euer treuer Begleiter habt?“
Lucien hob eine Augenbraue. "Und hat man euch schon mal gesagt, dass ihr verdammt flink seid selbst wenn ein Pfeil euer Bein durchbohrt hat? Schmerzt es nicht? Wir sollten die Wunde versorgen." Er kniff die Augen zusammen. "Es sei denn es gibt andere Gründe warum ihr kein Wasser trinken wollt und ihr über Pfeile nur herzhaft lachen könnte junge Dame?" Sein Schmunzeln wurde etwas breiter als er sich neben sie setzte. "Doch vielleicht bist du nur äußerlich jung, hm?"

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Sie erhob sich wieder, trat nah an ihn heran. Sie stand so nah vor ihm und blickte ihn an, dass es Lucien fast unangenehm war. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Er erhob sich, überragte sie fast um einen Kopf und hatte wieder das Gefühl die Kontrolle zu behalten. Die Frau berührte mit ihren kalten langen Fingern seinen Arm. „und vielleicht bist du manchmal nur äußerlich ein Wolf? Oder nur äußerlich ein Mensch?“ Mit diesen Worten riss sie ihm den Pfeil aus der Schulter und hielt Lucien den Schaft des Pfeils hin. Der ganze Pfeil mit Ausnahme der Federn bestand aus Holz.
"Touche", meinte Lucien breit grinsend. "Jetzt haben wir nur ein kleines Problem: Entweder du hast gute Gründe ob dieser Feststellung so ruhig und gelassen zu bleiben oder aber ich habe jetzt einen guten Grund, dir den Kopf abzureißen." Er ließ sich auf den hölzernen Stuhl sinken und verschränkte die Arme. "Wer bist du? Was machst du hier und was hast du mit denen zu schaffen? Das hier ist meine Domäne, das dürfte dir wohl schon klar sein."

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"Alea iacta est." oder "Die Würfel sind gefallen." - Lateinisches Sprichwort


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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Mi 15. Apr 2015, 22:19 


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BeitragVerfasst: Sa 18. Apr 2015, 16:56 
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„Mir den Kopf abreißen? Ich hab mal gelesen, dass, auch wenn das sonst niemand für richtig halten mag, der Wolf ein ausgesprochen intelligentes und vorsichtiges Tier ist, dass nur im Notfall angreift… und wenn… dann wäre es doch wohl eher den Kopf abbeißen, oder?“ Sie grinste und ließ sich wieder auf den Stuhl sinken. Sie legte den blutigen Pfeil auf den Tisch, wollte schon nach dem Krug mit Wasser greifen, hielt jedoch in der Bewegung inne und verschränkte die Arme im Schoß. Sie sah ihn an. „Ich schätze mal, ich bin hier in deiner Domäne keine große Gefahr für dich und ich schmecke sicher auch ganz furchtbar.“ Ohne langes Zögern war sie zum du gewechselt. Sie hielt ihm die Hand hin. „Gretlin ist mein Name. Sehr erfreut deine Bekanntschaft zu machen. Danke, dass du mich aus dieser wirklich unangenehmen Situation raus geholt hast… ähm…“ Sie blickte ihn nachdenklich an. „Du bist entweder ein Kainit, wahrscheinlich Gangrel oder ein Wolfling. Aber ich tippe auf Gangrel, so blass und kalt wie du bist. Und wärst du ein Wolfling, wär ich wohl nicht mehr hier…?“ Fragend hob sie eine Augenbraue.

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BeitragVerfasst: Sa 18. Apr 2015, 18:40 
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Lucien verzog die Lippen zu diesem schiefen, schmalen Grinsen das er immer wieder gerne zur Schau stellte wenn er sich gerade insgeheim köstlich über etwas amüsierte. Dieses Mädchen schien nicht nur merkwürdig gut informiert und auf der Flucht vor jemandem, sondern zudem auch ziemlich schlagfertig zu sein. Die Tatsache, dass sie überdies keinerlei Angst in seiner Gegenwart zeigte imponierte ihm nicht minder. Jemand der gerade auf der Flucht erschossen hätte werden können sollte eigentlich verängstigter und beiweitem misstrauischer reagieren. Im Grunde dachte er, hatte sie ja doch wieder Glück an ihn geraten zu sein. Bis auf Weiteres würde ihr nichts geschehen, solange er bekam wonach er verlangte: Antworten. Er reichte ihr, die Hand abschätzend betrachtend seine eigene und nickte knapp. "Lucien, hocherfreut deine Bekanntschaft zu machen." Das nachfolgende Grinsen, war obligatorisch. Seine Schultern zuckten nur kurz als er mit dem Kinn eine Bewegung hinaus Richtung des pechschwarzen Waldes machte. "Wären da draußen Wolflinge meine liebe Gretlin und würden sie das hier als ihr Territorium betrachten, wären du, ich und auch alle anderen da drüben in der Ruine schon längst nur mehr ein blutiger Haufen totes Fleisch." Mit einer Geste forderte er sie auf zu Trinken. "Trink, ich bin Kainit und Gangrel, das hast du treffend erkannt und wenn du noch besser informiert bist, dann weißt du auch das Gangrel eher nicht dazu neigen Menschen zu vergiften. Es ist bloß Quellwasser." Als sie sich bei ihm bedankte, wehrte er nur müde ab. "Schon in Ordnung, das ganze war offen gestanden nur ein Zufall aber wie dieser nunmal spielt bist du jetzt hier in meiner Hütte und Domäne. Du weißt entschieden zuviel über das Geschlecht Kains, Vampirclans und Wolflinge für meinen Geschmack. Woher weißt du das? Wer bist du? Und damit meine ich nicht deinen zugegeben bezaubernden Namen. Auch stellt sich noch immer die Frage, wer die anderen an der Ruine waren und warum sie dich mit Holzpfeilen erschießen wollten?" Ruhig sah er sie an. Ihre Antworten, würden wie es bei solch leidlichen Situationen immer der Fall war, über ihr weiteres Schicksal entscheiden.

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BeitragVerfasst: Sa 18. Apr 2015, 19:55 
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Sie beugte sich ein wenig nach vorn und sah ihn grübelnd an. „Oh, das mit dem Wasser… Ich vertrag es wirklich seit einiger Zeit schon nicht mehr.“ Sie schmunzelte. „… so wie du. Nur den Reflex nach frischem, sauberen Quellwasser zu greifen, kann ich leider nicht so leicht unterdrücken. Das mit dem Vergiften jedoch, macht mir nicht so wirklich Furcht. Hat in den letzten Jahren sofern ich mich erinnern kann niemand hinbekommen.“ Nachlässig schob sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr.
„Du wolltest wissen, was ich da in der alten Ruine gemacht hab. Hm… nun ja. Ich war auf der Suche nach Büchern. Manch einer nennt das hochtrabend „Libroquaerant“. Ich habe gehört, dass die alte Besitzerin der Ruine, eine Frau namens Nefedov über eine ganz und gar erlesene Bibliothek verfügt haben soll, die aber nach der Stürmung der Festung vor 2 Jahren, nie gefunden wurde. Ich bin ziemlich gut im Aufstöbern von Schriftstücken und hab mich dort vor drei Tagen eingenistet um mein Glück zu versuchen und ich wurd tatsächlich fündig...“ Stolz griff sie in ihre Tasche und zog fünf alte, in Leder gebundene Exemplare hervor. „Das ist nur ein kleiner Teil von den Schätzen, die die gute Frau da versteckt hatte. Der Rest ist immer noch im Turm…“ Lucien konnte die Titel erkennen. Es waren Werke in Latein mit den Titeln „Heilkräuter aus dem nördlichen Zentralmassiv“, „Goatrix“, „Hierarchie des Gildenhauses von Paris“, „Astronomie im 15. Jahrhundert“ und „Präkognition- von Sekunden bis zu Jahren“. Liebevoll strich die Frau über den Einband eines der Bücher. Ihre Stimme war voller Bewunderung. „Toll, nicht?“

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Zuletzt geändert von Alida am Mo 20. Apr 2015, 17:44, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: Sa 18. Apr 2015, 20:53 
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Lucien hob leicht den Blick und überflog mühsam die von Staub und Dreck bedeckten Buchtitel. Mittlerweile war er gar nicht so schlecht im Lesen aber diese Bücher, egal worüber sie handelten, hatten wahrlich schon bessere Zeiten gesehen. Kein Wunder, waren sie doch im Grunde halbverbrannte Überreste, einer Epoche Brügges, die das Mädchen wohl selbst nur aus wortkargen Berichten kennen würde. Sie hatte den Krieg sicher nicht miterlebt - er im Grunde auch nicht aber das Wenige, dass er davon gesehen und erfahren hatte, reichte ihm völlig. Für den Bruchteil einer Sekunde, stieg so etwas wie Wut in ihm auf. Wut auf das Mädchen, die sich nunmehr wie viele andere Aasgeier auch, an den Trümmern eines Jahrzehnts bediente, für das sie einziges Mal geblutet oder gekämpft hatte. Aber wer konnte es ihr oder dem restlichen Abschaum schon vorwerfen? Die gute Gretlin wusste wohl nicht einmal recht, wer Draga Nefedov war und welche Hölle ihr nachfolgte. Der Gangrel nickte stumm und sah für einen kurzen Augenblick abwesend in die Leere. Dann griff er lustlos nach einem der Bücher und wog es kritisch. "Ein ziemlicher Aufwand für ein paar alte, verstaubte Bücher. Und recht gefährlich wie ich finde. Dieses hier ist sogar ein wenig angebrannt." Er pustete die dicke Staubschicht vom Einband. Hatte Gerrit die alten Tremere-Bücher von Draga nicht in den Steinernen Hallen untergebracht und las ab und an darin? Die alte Tzimisce, der Teufel hab sie selig, musste wohl noch mehr von den Bluthexer Manifesten mitgehen haben lassen. Mehr als der Rat jemals geahnt hatte. War es tatsächlich gut, diese Verräterschriften der kleinen Gretlin zu überlassen? Aktuell, war er immer noch nicht im Bilde, wer sie eigentlich war und auch ihre Begeisterung ob der 'fantastischen' Fundstücke, ließ sie offenkundig vergessen, dass sie ihm noch immer eine Antwort schuldig blieb.

"Gut. Du bist also in den Turm, weil du alte Schriften finden wolltest und nunmehr auch gefunden hast. Das erklärt aber immer noch nicht, warum du so gut über Kainiten, Clans und Wolflinge bescheid weißt. Spielen wir mit offenen Karten: Du kannst kein Wasser mehr trinken und bist nachts recht munter unterwegs. Wenn du Kainitin bist, von welchem Clan stammst du?" Sich etwas nach vorne lehnend fügte er hinzu. "Und wer zum Teufel waren die Leute in der Ruine? Haben die auch nach Büchern gesucht und mit dir darum gekämpft?"

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BeitragVerfasst: So 19. Apr 2015, 01:44 
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„Ich hab keine Ahnung wer die Leute im Turm waren. Sie waren plötzlich da und anscheinend waren sie hinter mir her. Vielleicht wollen sie in die Bibliothek, aber die hab ich wieder fest verschlossen… Sollen sie doch selbst ihr Glück versuchen. Wenn man nicht weiß wonach man suchen muss, dann findet man den Eingang nie. Oder sie wollen mich… aber das erscheint mir recht unsinnig. Na. Egal.“
Sie zog ein Lederetui hervor indem sich kleine Glasphiolen mit eingetrocknetem dunkelbraunem Sekret befanden. Man hatte in dünnen Buchstaben Namen in das Glas geschliffen.
„Das hier hab ich auch gefunden. Ich fand‘s interessant, auch wenn mir die Namen nichts sagen.“. „Da steht: Liliana, Erzhausen, Leif Thorson, Alida Burse, Carminus, Velasquez, Lucien Sabatier, Gargyle I-IV…“ Wieder blickte sie in seine Richtung. „Lucien Sabatier...? Das bist du!“ Sie nahm das Röhrchen vorsichtig zwischen die Fingerspitzen und drückte es ihm in seine rechte Hand. „Bitte schön. Sowas sollte meiner Meinung nach nur der Besitzer selbst in Händen halten.“ Sie verstaute ihre Kostbarkeiten wieder in der Tasche und strich noch mal über den Einband und lächelte. „Ich bin gespannt, was der Goatrix wohl so zu erzählen weiß…“
Dann saß sie einfach nur da, massierte fast nervös ihre Hände. „Ja, ich bin genauso Kainit wie du. Genauso untot, wenn du so willst…“ Gretlin sah sich verlegen im Raum um, fixierte ihn dann jedoch wieder. „Man rechnet mich dem Clan der Malkavianer zu, aber ich selbst finde diese Einteilung ein wenig voreilig. Ähm…“ Sie schien zu überlegen, öffnete kurz den Mund wie um etwas zu sagen, schloss ihn dann jedoch wieder. „Versteh mich nicht falsch. Ich halte nicht wenig von den Malkavianern aber wenn man zu ihnen gerechnet wird, wird man unvermeidlich mit aberwitzigen Vorurteilen belastet, die einem das Unleben nicht unbedingt einfacher machen…“

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Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


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BeitragVerfasst: Mo 20. Apr 2015, 17:41 
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Lucien kommentierte die Sache mit den anderen Leuten im Turm gar nicht weiter sondern nickte nur nachdenklich. Vermutlich war sie einfach nicht die einzige, die sich an den Überresten bedienen wollte. Dragas Turm war bei Tageslicht geschliffen und zerstört worden und es waren Menschen gewesen, die ihrer Wut und ihrem euphorischem Sieg über Ostbrügge damit Ausdruck verleihen wollten. Was Menschen gebrauchen könnten, das wurde entwendet, an kainitische Artefakte oder Schriften hatte natürlich keiner gedacht. Nicht das er erwartet hätte, Draga hätte diese einfach offen herumliegen gelassen. Als sie ihm die Phiolen zeigte, erstarrte der Gangrel und fixierte die kleinen Glaskolben mit abgestoßenem Blick, ließ sich sein eigenes Blut überreichen. "Die anderen Phiolen hätte ich ebenfalls gerne", erwiderte er mit festem Blick. "All dieses Blut gehört weder dir noch mir aber ich möchte es auch in niemand anderes Händen wissen. Jeden einzelnen dieser Kainiten kenne ich persönlich und ich werde dafür Sorge tragen, dass niemand sich ein weiteres Mal an ihrem Blut vergreifen kann." Die Bücher waren ein weiteres Kapitel über das er nachgedacht hatte. Vielleicht mochte sie nur eine bibliophile Sammlerin sein, vielleicht aber auch eine Spionin. Wer immer sie auch sein mochte, die Bücher waren allesamt so wie sie waren, besser in den Katakomben von Brügge aufgehoben als bei ihr. "Ich urteile für gewöhnlich recht schnell und bin bald mit einer Meinung zur Hand aber die Geschichte hat mich gelehrt dass man bei der Beurteilung von Kainiten nicht zu voreilig sein sollte. Das gilt auch für die Kinder des Mondes. Ob ihr dem Ruf der eurem Clan anhängt gerecht werdet oder nicht wird sich wohl erst zeigen." Er lehnte sich weiter zurück und betrachtete das Mädchen eingehend. Sie sah weder aus, als könne sie es mit ihm aufnehmen, noch so als würde sie für den Feind arbeiten aber was immer ihre Gründe sein mochten. Die Bücher konnten nicht dort bleiben wo sie waren. "Die Bücher sind also so gut wie unauffindbar sagst du? Dir ist klar dass ich dir diese Schwarten nicht einfach so überlassen kann oder? Erstens befinden sie sich in meiner Domäne und zweitens sind die Dinger viel zu gefährlich als dass ich dich damit herumlaufen lassen könnte. Das sind Tremere Manuskripte, also äußerst heiße Ware wenn man so will."
Sie lehnte sich in dem Stuhl zurück aber an ihrer Körperspannung erkannte er die Vorsicht und Wachsamkeit, die sich in ihr bereit machte, als Lucien ihr mitteilte, dass er nicht beabsichtigte sie mit ihren Schätzen wieder ziehen zu lassen.
„Nichts für ungut, Wolf. Aber ich kenne dich nicht und du meine Wenigkeit auch nicht. Warum sollte ich dir Dinge überlassen von denen ich nicht weiß ob du sie für deine Zwecke missbrauchst? Mit solchen Gegenständen spielt man nicht! Ich überlasse dir das Blut von dem ich annehme, dass es das deinige ist, aber sicher nicht das von anderen Kainiten auf dass du es möglicherweise meistbietend an den nächsten Tremere verscherbelst. Nichts für ungut…“ Sie ließ ihre Hand auf ihrer Tasche ruhen. „Und bezüglich der Bücher gilt das gleiche.“ Wieder legte sich für einen kurzen Augenblick ein abschweifender Gesichtsausdruck auf ihre Züge und in ihrer Stimme lag ein Vorwurf „Ich hab die Bücher ja noch nicht einmal gelesen!“
Er tippte ungeduldig mit den Finger auf der eigens angefertigten Tischplatte und hob eine Augenbraue. Allerhand, das Mädchen war vorsichtig und weniger verrückt als man annehmen musste. Und sie hatte scheinbar auch nicht viel für Tremere übrig. Lucien beugte sich wieder etwas nach vor und nickte. "Gut, das ist ein Argument. Dann lass mich dir erzählen wo du hier bist kleine Gretlin vom Clan des Mondes. Dieser Wald gehört zur Domäne Brügge und diese wird von einem Rat regiert, bestehend aus Lucien Sabatier, Gerrit dem Alten, Alida van de Burse und Lilliana von Erzhausen. Dieser Rat regiert, wenn auch nicht beständig in dieser Form, die Geschicke der Stadt schon einige Jahrzehnte lang und zählte zuvor ein weiteres Mitglied in seinen Reihen: Draga Nefedov." Er pausierte kurz damit sie seine Erzählungen kurz verarbeiten konnte. "Diese Draga war aber mit dem Konzept des Rates nicht einverstanden und zog sich nach Ostbrügge zurück, genau an den Punkt an dem heute die Ruine steht kleines Mädchen. Früher war es eine Festung, genannt Drachenfeste. Draga hat wo sie nur konnte versucht der Domäne zu schaden und den Rat zu zerstören um selbst über Brügge zu herrschen und es sich ihrem Voivodat - ich nehme an du bist mit dem Konzept vertraut - hinzuzufügen." Lucien legte den Kopf leicht schief. "Und noch viel früher, als die Stadt noch von einem Marionettenprinz regiert wurde und der Rat sich zur Führung aufschwang, musste ein Tremere vernichtet werden der eine Menge okkulte Schriften und Material gehortet hatte, unter anderem auch Blut von den ortsansässigen Kainiten - natürlich um sie mit seiner Zauberei zu vernichten. Diese Gegenstände hat Draga an sich genommen als sie ging um sie dereinst gegen Brügge zu verwenden." Er deutet auf die Bücher und das Blut. "Richtig, das was du hier in Händen hälst, sollte mich und den Rat vernichten. Deshalb und weil wir die Tremere verabscheuen, müssen wir die Bücher entweder verwahren oder vernichten." Lucien sah sie lange und unerbittlich an. "Diese Tatsache ist nicht diskutabel."
Sie lehnte sich nah zu ihm vor. Wieder einmal hatte er das unangenehme Gefühl, dass sie eine von Menschen ansonsten geachtete zwischenmenschliche Distanz missachtete. „Wolf? Die Bücher und das Blut hab ich unter Einsatz meines Unlebens da aus der kleinen Festungsruine der Frau Nefedov geschmuggelt. Wenn ich sie gelesen habe, magst du sie haben…“ Sie fuhr sich mit der Zunge kurz über die Lippen und zeigte dabei schmunzelnd ihre weißen Zähne. „Und wenn ich die Besitzer des Bluts ausfindig machen kann, dann erhalten sie ihre Phiolen zurück. Aber Ich kann sie dir trotzdem nicht überlassen. Auch wenn ich dich mit deinem Wolf hier ausgesprochen sympathisch finde. Schon allein weil du mir vorhin aus der Klemme geholfen hast. Du selbst hast mich in deine Domäne eingeladen. Also mach mir jetzt keinen Vorwurf, dass ich hier bin.“ Sie erhob sich und sah noch einmal zu dem Krug auf dem Tisch. „Danke für das Wasser. Sieht sehr erfrischend aus.“ Sie grinste.
"Ich sollte gehen. Wer weiß, ob da draußen nicht die netten Leute von vorhin rumstreunen.
Seine Augen verengten sich zu kleinen schmalen Schlitzen als er ihren Worten lauschte. Mit einer Hand deutete er auf den Stuhl. "Setzen." Dann schüttelte er beinahe ungläubig den Kopf. "Du bist ja genauso stur wie Alida, kaum zu glauben alle Achtung aber das löst dein und mein Problem nicht, Welpe. Du willst die Bücher lesen die du unter Einsatz deines Unlebens entwendet hast, nun gut." Er kratzte sich leicht am Kinn und nickte anschließend. "Das wird mir zwar nicht gefallen aber gut, hier ein Vorschlag: Ich begleite dich zurück zur Ruine und wir kümmern uns um deine Freunde. Im Anschluss zeigst du mir die restlichen, versteckten Schriften. Und ich gebe dir mein Wort darauf, dass du sie alle in Ruhe lesen darfst in den Katakomben von Brügge. Du musst wissen Gerrit hat mittlerweile eine recht stattliche Sammlung an allen möglichen kainitischen Schriften zusammengetragen und vielleicht lässt er dich sogar den Rest lesen wenn du brav bist. Anschließend wird alles was wir finden sorgfältig verschlossen und verwahrt und du kannst den Besitzern persönlich ihr Blut zurückgeben. Wie klingt das?"
Gretlin wandte sich zu ihm um und in ihren Augen funkelte Zorn. „…Vielleicht lässt er mich den Rest lesen, wenn ich brav bin?... wir kümmern uns um meine Freunde…? Bin ich vielleicht wahnsinnig mich noch einmal in die Reichweite ihrer Bögen zu begeben? Ein Hinweis: Nein!!! … Ich? zeige dir die restlichen versteckten Schriften? Wieso sollte ich? Weil ich in deiner Domäne bin und du dich für größer und stärker hälst als mich? Vergiss es!“ Sie griff zu dem erstbesten, was sie finden konnte und hielt den Pfeil, den sie zuvor auf den Tisch gelegt hatte in der Hand und streckte ihn wie eine Waffe vor sich, wenige Zentimeter von Luciens Gesicht entfernt. Dann ließ sie die Hand plötzlich sinken, musterte das Holz und die Federn. Sie blickte sich noch einmal im Raum um, betrachtete die handgeschnitzten Figuren auf dem Kamin. „Lucien? Ich vermute, du kennst dich mit Schnitzen aus?“ Mit einem Kopfnicken deutete sie in Richtung der Feuerstelle. „Was ist das für ein Holz?“
Ihre Reaktion war etwas unerwartet. Nun, gut möglich das er sie vielleicht ein wenig geängstigt, ja ihr vielleicht sogar unabsichtlich tatsächlich ein wenig gedroht hatte. Es steckte allerdings keine Böswilligkeit dahinter, rein gar nicht. Er hatte lediglich eine zufriedenstellende Lösung für sie beide zu finden versucht, ohne es wieder auf die altbekannte Art und Weise zu versuchen. Man musste ja nicht immer gleich handgreiflich werden. Lilliane wäre stolz gewesen obwohl er sich dennoch gerade Leif wünschte. Was würde er ihr wohl sagen um sie zum Umdenken zu bewegen? Der Pfeil vor seinem Gesicht irritierte ihn nur mäßig, man hatte ihm schon weitaus bedrohlicheres vor die Nase gehalten; da war ihre plötzliche Frage umso merkwürdiger. Lucien benötigte lange um das Holz richtig zuzuordnen. Er musste den Pfeil in die Hand nehmen und hätte zunächst aufgrund der dunklen Verfärbung auf Nussbaum getippt, aber der Russ, der über dem Holz lag ließ sich problemlos abwischen. "Eberesche", sagte er trocken und abwartend.
Das Mädchen grübelte, bis sich auf die Unterlippe, suchte etwas in ihrem Kopf. Sie schloss die Augen um sich weiter zu konzentrieren. Dann rezitierte sie als hätte sie den Text auswendig gelernt: „Ein Pfahl aus Ebereschenholz im Eichenholzfeuer erlischt, mit Blut durchtränkt, für immer das tote Herz durchsticht“… Das Ritual der verspäteten Ruhe.“ Angst lag auf ihren Zügen.
Lucien schüttelte nur ungläubig den Kopf und hob die Schultern. Was zum Teufel erzählte sie ihm da und was hatte das mit den Büchern oder dem Blut zu tun? Er betrachtete den Pfeil eine Weile, konnte aber nichts Außergewöhnliches daran entdecken - nun, die Spitze war aus Holz gewesen, das war vielleicht ungewöhnlich. Es war zwar nicht Usus aus Eberesche Pfeile herzustellen aber das Holz war hart und dennoch biegsam, die Flugeigenschaften wurden dadurch nicht sonderlich negativ beeinflusst. "Was zum Teufel faselst du da Gretlin? Ich hab schon verstanden, dass dir mein Angebot nicht zusagt aber was soll dieser Ebereschenunsinn? Wir sind in einem Wald, da findest du eine Menge Holz, Kleines. Ich hab hier auch Buche, Fichte, Birke... was immer du willst."
Wieder hielt sie ihm den Pfeilschaft vor die Nase. Sie ließ sich in den Sessel sinken, wirkte plötzlich müde. „Das ist ein thaumaturgisches Ritual, wenn ich mich richtig entsinne. Man schwärzt einen in kainitisches Blut getauchten Ebereschenpfeil über Eichenholzrauch. Das gesamte Ritual dauert 5 Stunden. Wenn es gelingt damit die Haut eines Wesens zu durchdringen und die Spitze dabei abbricht dann wandert der abgebrochene Splitter unabdingbar ins Herz seines Opfers.

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Für einen Sterblichen bedeutet das den Tod… Ich glaub hier hast du deine Antwort, warum sie mit Holzpfeilen durch die Gegend schießen…“ Sie drückte ihm den Pfeil in die Hand. Lucien erkannte die abgebrochene Spitze des Pfeils, der vor nicht allzu langer Zeit noch in seiner Schulter gesteckt hatte.
Lucien wirkte plötzlich sehr gefasst und ruhig. Wenn er der Verrückten Glauben schenken konnte, dann würde dies bedeuten, dass die Leute an der Ruine Tremere gewesen waren oder zumindest von solchen entsandt. Sollte dies tatsächlich in dieser Form möglich sein und er hatte eigentlich keinen Grund daran zu zweifeln nachdem was er von Oriundus gesehen hatte, dann bedeutete diese kleine lächerliche, abgebrochene Pfeilspitze auf kurz oder lang sein Verderben. Nun zumindest eine lange ausgedehnte Totenstarre stand ihm unmittelbar bevor und niemand konnte sagen wann er einfach umfallen würde. Es konnte gleich oder in ein paar Stunden kurz vor Sonnenaufgang passieren. Niemand könnte es mit Gewissheit sagen. Es war schon fast wieder witzig, das er einen Schwerthieb oder Dolchstoß ohne große Probleme abschüttelte aber jetzt an einem Stück Holz scheitern sollte. Der Gangrel sah sie eindringlich an, seine Stimme war tödlich ruhig. "Wie hält man es auf?"
Sie lachte ohne Humor auf. „Durch einen erfahrenen Chirurg, der sich gleich nach dem Eindringen ans Werk macht und den Splitter herausschneidet. Aber die Verletzungen, die dabei entstehen sind für Sterbliche meist tödlich, für uns… na ja…Es dauert meist nicht allzu lange bis das Ritual wirkt.“ Sie sah zu Boden
Lucien achtete genau auf seinen Körper und spürte, dass sich etwas in ihm bewegte. Es war als hätte man eine eiserne Nadel in seinen Körper eingepflanzt, die von einem unsichtbaren Magneten angezogen durch seine Muskeln und Sehnen wanderte und schmerzhaft am Knochen vorbeischliff. Er spürte den Holzsplitter, der sich fast unmerklich bewegte und Lucien wusste, was der Magnet war, der so unvorstellbar an diesem verfluchten Stück Ebereschenholz zerrte: Sein Herz.
Lucien ließ keine Zeit mehr verstreichen. Was hatte er sich da wieder eingebrockt? Ein Mädchen, das in Dragas Ruine eindrang um Bücher zu stehlen, wollte er vor vermeintlichem Gesindel retten und was hatte er bekommen? Eine verrückte Bücherfetischistin und einen Holzpfeil, der von den Tremere verflucht worden war und dessen Spitze sich nun unaufhörlich seinem Herzen näherte. Er fasste das Mädchen grob am Arm und zerrte sie hinter sich zur Tür hinaus, wies sie hastig an die Bücher mitzunehmen. "Wir werden jetzt in die Stadt gehen, zum Krankenhaus dort arbeitet Leif Thorson, der beste Arzt und Heiler den ich kenne. Wenn er das Ding nicht aus mir rausbekommt, dann niemand." Er warf hinter ihr eilig die Tür ins Schloss und sperrte zweimal ab, warf dann den Schlüssel mit einer schnellen Bewegung hinter sich in den Wald. "Falls ich unterwegs zusammenbrechen sollte hast du vielleicht Glück und entkommst deinen Häschern aber ich würde nicht darauf wetten, so wie die ausgerüstet sind. Ich weigere mich in meinem eigenen Wald draufzugehen weil ich mich für dich eingesetzt habe. Ahnst du jetzt ein bisschen was diese Bücher heraufbeschwören?"
Sie ließ sich wortlos hinter ihm herziehen aber Lucien merkte, dass es ihr schwer fiel mit ihm Schritt zu halten. Sie hatten erst wenige hundert Meter zwischen sich und die Hütte gebracht als er plötzlich Gestalten zwischen den Bäumen, seinen Bäumen ausmachen konnte. Es waren mehrere, mindestens sechs. Sie waren in dunkle Umhänge gehüllt, die ihre Gesichter verbargen. Lucien hörte das Lachen einer Frau. „Putzig! Sie glauben tatsächlich, sie könnten entkommen. Lauft nur, Welpen, lauft! Dann geht es nur noch schneller.“ Ihr kehliges Lachen brach sich an den bemoosten Felsen.

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Seine Augen glühten im Dunkeln und durchbrachen die finstere Nacht, erhellten den Weg vor ihm und ließen immer wieder kurz flackernd die Umrisse der verhüllten Gestalten zwischen den Bäumen auftauchen, die sie entweder verfolgt und erfolgreich gefunden oder aber bereits zuvor einen Hinterhalt vorbereitet hatten. Sechs Tremere waren genau sechs zu viel in seinem Wald aber das Mädchen war eine Behinderung und es konnte jeden Moment soweit sein. Zweifelsohne würden sie ihn vernichten wenn er erstarrt vor ihnen lag, selbst der dümmste Tremere auf Gottes Erden könnte eins und eins zusammenzählen und sich schnell einen Reim darauf machen, wer der Wolf war den sie angeschossen hatten. Er hatte keine Zeit, keine Zeit für einen Kampf gegen zu viele Gegner und auch keine Zeit sich einen kongenialen Plan auszudenken. Soweit er es beurteilen konnte, blieb ihm nur die Flucht nach vorne oder die Suche nach einem sicheren Versteck. Er erwog mit der Erde zu verschmelzen aber sollte er dabei in Starre fallen, würde dieses Versteck sich selbst auflösen. Alles was er bewerkstelligen konnte wäre unnütz und so müsste sein Wald die beiden verbergen oder seine Beine so schnell laufen, dass sie beide die Stadt erreichten bevor es zu Ende ging. Er sah sich im Laufen nach einem Versteck um, versuchte sich die Landschaft vor seinem geistigen Auge vorzustellen. Es war sein Wald und niemand kannte sich in ihm so gut aus wie er.

Lucien rannte und rannte. Der Splitter fraß sich durch seinen Körper und er bemerkte, dass die Frauenstimme Recht hatte. Desto schneller sie liefen, desto müheloser fand der Splitter seinen Weg. Vor ihm am Waldrand erkannte er die hohen Festungstürme von Brügge. Einer davon war noch immer im Wiederaufbau. Die Fahnen auf den Turmspitzen wehten leicht im Wind und er erkannte seine Männer, die auf den Zinnen patrouillierten. Er spürte, dass das Mädchen, das er neben sich an der Hand hinterher gezerrt hatte plötzlich ins Stolpern geriet und nicht mehr auf die Füße kam. Und dann brach auch er zusammen als hätte man ihm mit einem Mal die Kontrolle über seine Beine, seine Nerven, jeden Muskel seines Körpers beraubt. Der Schmerz, der sich in sein Herz fraß war unbeschreiblich. Eine Gestalt kam näher, musterte den am Boden Liegenden. Aus dem letzten Augenwinkel erkannte er den gutaussehenden blonden Mann wieder.

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Dieser blieb vor ihm stehen, holte mit dem Fuß aus und versetze ihm einen Tritt zwischen die Rippen. „Scheiß Brügger Bevölkerung. Wie ich diese arroganten Kainiten hier in Flandern hasse.“ Bevor er ein weiteres Mal ausholen konnte, war die schwarzhaarige Frau neben ihm und stellte sich in seinen Weg. „Cunradis. Nein.“ Dann wurde Luciens Blickfeld schwarz.



Lucien erwachte einige Zeit später. Die Schmerzen an seinen Handgelenken waren schier unerträglich. Das Licht in dem kalten dunklen Verlies war dämmrig und kam von einer einzelnen Kerze, die man auf den Resten eines alten Fasses abgestellt hatte. Daneben lehnte die Tasche des Mädchens in die sie die Bücher gepackt hatte. Schimmel bedeckte die feuchten Wände. Er erkannte ein großes offenes Fenster zu seiner Rechten und draußen in der Tiefe eine dunkle Landschaft, die von einem Vorhang aus laut prasselndem Regen eingehüllt wurde. Das Wasser tropfte durch die zerbrochenen Deckenbalken ins Innere. Offensichtlich hatte man ihn in ein Verlies im Turm eingesperrt. Er spürte die seltsame lautlose Aura des ehemaligen Voivodats. Wieder einmal die alte Festung… kam es ihm in den Sinn.

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Man hatte ihn in einer Zelle mit eisernen Ketten an den Händen wenige Zentimeter über dem Erdboden aufgehängt und an dem Ausmaß der Qualen, die ihm seine Arme bereiteten erkannte er, dass er schon seit Stunden so hängen musste. Er wollte sich bewegen, sich freikämpfen, aber ein dicker Pflock, den man ihm ins Herz gerammt hatte verhinderte jegliche Bewegung.
An einer Wand hatte man das Mädchen angekettet. Sie war ebenfalls gepflockt und sah mit leeren Augen auf die grauen Steine der Zellenmauer. Er vernahm die Stimmen von mehreren Leuten, die sich im Zimmer befanden. Die melodische Stimme, des Mannes, den man zu Beginn der Nacht Cunradis gerufen hatte, fauchte einige Männer an. „Hermann, Gerot, Ingo. Ihr verteilt euch draußen und bewacht das Gelände! Und wehe, draußen geschieht irgendetwas ohne, dass ihr davon etwas mitbekommt, wie vorhin. Noch einmal lassen wir eine solche Nachlässigkeit nicht durchgehen.“ Die Wachmänner verbeugten sich und verließen den Raum. Einer murmelte noch: „Verzeiht, Meister Cunradis. Es wird nicht wieder vorkommen.“ Drei Gestalten betraten die Zelle: die schmale ausgehungert wirkende Gestalt der schwarzhaarigen Ludmilla, ein gutaussehender blonder Mann, offensichtlich Cunradis und dann ein kräftiger Mann mit halblangem braunen Haar: Sebastian von Augsburg.
Ludmilla beugte sich zu der jungen Frau hinab, stieß ihr ohne Zögern ein Skalpell in die Halsschlagader und fing das Blut in einer Glasphiole auf, die sie an Cunradis weiter reichte. Dann trat sie zu Lucien und stieß ebenfalls zu. Der Schmerz war erträglich, aber Lucien spürte die unbändige Wut auf seine Hilflosigkeit, die in ihm hochbrach und nur von dem Pflock zurück gehalten wurde. Auch das Gefäß mit seinem Blut wurde an den blonden Mann weiter gereicht.

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Sebastian baute sich vor ihm auf. Er war nur wenig kleiner als Lucien und seine Stimme hatte einen auffallend neutralen Ton angenommen. „Lucien Sabatier… So sehen wir uns wieder. Wir haben noch eine alte Rechnung offen. Schön, dass du bei uns vorbeischauen wolltest.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete ihn lange mit nachdenklichem Blick. Dann wandte er sich zu Cunradis um und streckte die Hand aus um die Flaschen entgegen zu nehmen. Dieser tat als hätte er nichts bemerkt und begann Lucien abzutasten und nach verborgenen Gegenständen zu durchsuchen. Man hatte dem Hauptmann bereits jede Waffe abgenommen, seine Rüstung war verschwunden und anscheinend war ihm nur ein dünnes Hemd und seine Hose geblieben. Nicht mal mehr die Stiefel waren irgendwo zu erkennen. Er vernahm die Stimme von Sebastian: „Cunradis! Gib mir die Proben!“ Wieder reagierte der Angesprochene nicht und durchsuchte stattdessen das Mädchen. „Conradis“ Wut lag in der Stimme. Sebastian wandte sich an die schwarzhaarige Frau: „Ludmilla. Warte bitte draußen auf uns. Geh schauen, dass alles sicher ist.“ Die Frau nickte und verschwand aus der Tür. Mit einer Stimme in der unterdrückter Zorn mitschwang fuhr er Cunradis an. „Raus aus der Zelle!“ Er verschloss die Zellentür von außen nachdem beide hinausgetreten waren. „Was soll das? Ich leite die Mission und du! bist mir Gehorsam schuldig. Her mit den Phiolen!“ Lucien vernahm die melodische zornige Stimme. „Nein! Ich vertraue euch nicht, Sebastian. Damit ihr es ein für allem Mal wisst! Ich halte euch für einen Verräter in unseren eigenen Reihen. Die Mission damals im Zentralmassiv… wart vielleicht ihr für das Scheitern verantwortlich?“ Sebastians Stimme war eisig. „Wie kannst du es wagen??? Wie bereits alle unsere Anführer festgestellt haben, bin ich über jeden Zweifel erhaben. Ich habe meinen Wert und meine Loyalität für die Tremere mehr als ein Mal unter Beweis gestellt.“ Cunradis zischte zurück: „Ja, und mittlerweile ist fast jeder von diesen Alten tot. Verdächtig, oder?“ Sebastians Augen schienen Blitze abzuschießen. „Sei vorsichtig, Cunradis, wen du dir zum Feind machst! Du bist ein unfähiger Ableger des Primogen der Frankfurter Tremere, aber dein Erzeuger sitzt nicht fest im Sattel. Friedrich Barbarossa ist euch in seiner Stadt nicht wohl gesinnt. Und du kannst nichts! Nicht die einfachste Thaumaturgie, nicht das einfachste Ritual. Und du wagst es mich zu bedrohen?“
Der blonde Mann machte einen Schritt auf ihn zu: „Eure Behauptung ist falsch. Ich bin mittlerweile ein geübter Thaumaturg. Und eines ist sicher: Ich hab keine Angst vor euch, Sebastian. Auch wenn ihr Primogen des Gildenhauses von Augsburg sein mögt. Ich weiß, dass das Mädchen hier etwas mit euch zu tun hat. Zufälligerweise seid ihr beide, ihr Sebastian und Margarete von Bacharach, zum ersten Mal gleichzeitig am 21. Mai 1120, in den verloren geglaubten Aufzeichnungen des Frankfurter Gildenhauses erwähnt. Damals wart ihr noch ein Sterblicher, wenn ich euch daran erinnern darf. Und die geheimen Unterlagen hab ich zufälligerweise gefunden.“ Er funkelte Sebastian an. „Da staunt ihr, was? Auch wenn keiner von den Alten, die die Aufzeichnungen verfasst haben, mehr unter uns weilt, könnt ich wetten, dass ich nach einer ausführlichen Befragung mittels Auspex und zur Not auch Folter einiges herausfinden werde, dass mir hilft zu beweisen, was ihr wirklich im Schilde führt.“
Der braunhaarige Hexenmeister lachte auf aber Lucien hörte den Hauch eines Zweifels in dem selbstbewussten Lachen. „Cunradis. Ist euch irgendwas über das Mädchen bekannt? Die Erkundigungen, die ihr euch eingeholt habt waren nicht sehr ergiebig, oder? Sie ist Malkavianerin und weiß nichts. Gar nicht!“ Wieder huschte ein selbstgefälliges Lippen über die Lippen des blonden Mannes. „Das wird sich zeigen. Ich bin gespannt, ob ihr Blut wirklich das einer Malkavianerin ist, wie ihr behauptet und wie ihr damals in einem Dokument das nun über 20 Jahre alt ist, festgehalten habt. Vielleicht hat sie ja auch gar keine Amnesie und alles ist nur ein Trick“
Sebastian starrte den jungen Mann so lange an bis dieser den Blick abwandte. „Es wird Zeit dieses aberwitzige Gespräch zu beenden. Ich werde draußen gebraucht!“
„Ich hoffe, dir ist bewusst, welche Konsequenzen dein Verhalten haben wird?“
„Nur, wenn ich falsch liege. Aber ich bin mir sicher, dass ich recht habe!“
Sebastian schüttelte den Kopf, war scheinbar nicht länger gewillt weiter in dem Raum zu verweilen. „Dann geh doch bitte zu unseren beiden Gästen und entpflock sie, damit dein Verhör später auch besonders effizient wird.“
Furcht trat in Cunradis Blick. „Ich geh doch nicht in die Zelle und reiß zwei Kainiten den Pflock aus dem Herzen. Sie werden mich in ihrer Raserei zerfleischen.“ Sebastian lachte ohne Amüsement auf. „Cunradis? Du bist wirklich eine Schande für deinen Erzeuger und für alle Tremere. Meine Warnung gilt erneut! Pass auf, wen du zu deinen Feinden zählst!“ Er schüttelte den Kopf streckte seine Hand in Richtung Zellentür und zog die Handfläche mit einer langsamen Geste zu seinem Körper. Lucien spürte wie der Pflock ohne eine einzige Berührung aus seinem Herz gerissen wurde, er hörte das Schreien und Aufbäumen des Mädchens, der es ebenso erging. Dann verschwamm alles um ihn herum in einer Woge aus roter blinder Wut.

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Nachdem der rote Schleier der rasenden, unbändigen Wut über ihn vorüber gezogen war, natürlich nicht ohne eine weitere Spur des Tieres auf seinem Körper zu hinterlassen, konnte sich Lucien erst wirklich eingehend im Raum umsehen. Dragas Turm oder das, was davon noch übrig war, ganz ohne Zweifel. Es mochten nicht die Verliese sein, in denen er vor einigen Jahren von dem Türken auf seine Weiterreise per Schiff vorbereitet worden war, denn diese hatte man längst verschüttet und zum Einsturz gebracht aber er befand sich ohne Zweifel in der Ruine von Drachenfeste. Seine Arme brannten von der kraftlosen, erzwungenen Hängerei an den soliden Eisenketten und sein Mund fühlte sich elendig trocken an. Wenigstens war die Pfeilspitze nicht mehr dabei zu seinem Herzen zu wandern, was ihm zugegeben jetzt auch nicht mehr wirklich weiterhalf. Ein Seitenblick zu Gretlin, machte schnell deutlich, dass sie sich in der genau gleichen Position befand wie er und wie er aus dem Gespräch von Sebastian und Cunradis heraushören konnte, auch bei weitem mehr erzählen könnte als sie vor ihm bereit gewesen war zu tun. Zugegeben, er hatte nicht erwartet Sebastian auf dem Gebiet von Draga anzutreffen, noch dazu in der Begleitung einiger hochrangiger deutscher Tremere aber wenn es um unschätzbares, magisches Wissen ging, hatten sich die Bluthexer ja immer schon darin ausgezeichnet besonders gierig und ruchlos zu sein. Insofern war diese Begegnung gar nicht so verwunderlich. Wenngleich Sebastian sich offenkundig in der Hierarchie der Verräter nach oben gearbeitet hatte, wurde ihm bisweilen immer noch direkt misstraut und diese Sache mit Gretlin und ihrer gemeinsamen Erwähnung als Sterbliche in irgendwelchen Überlieferungen war äußerst suspekt. Hatte sich der verhasste Sebastian nun schon Feinde in den eigenen Reihen gemacht? Nun, er hatte andere Probleme. Aber er schwor dass er wenn es ihm die Situation erlauben würde, jeden einzelnen Tremere auf seiner Flucht zur Hölle schicken würde. Sein Blick ging Richtung Gretlin und seine Stimme war rau und kalt. "Du hast gelogen oder mir zumindest nicht die ganze Wahrheit erzählt, Hexe. Wer bist du und was hast du mit Sebastian von Augsburg zu schaffen? Rede, denn viel Zeit bleibt uns nicht. Es besteht sogar eine verschwindend kleine Möglichkeit, dass ich dich rette also überleg dir gut was du sagst Mädchen. Sehr gut."
Sie funkelte ihn wütend an. „Ich soll gelogen haben? Ich habe keine Ahnung wer diese Hexer sind. Und ich habe auch so lang ich mich erinnern kann nichts mit ihnen zu tun gehabt! Alles was ich gesagt habe ist die Wahrheit. Ich weiß nicht was sie von mir, oder von dir wollen. Vielleicht hat es mit mir ja nur nebensächlich zu tun?“ Ihr Blick war eine Herausforderung. „Scheinbar seid ihr ja ein alter Freund von diesem Sebastian aus Aschaffenburg oder wo immer der herkommt.“
Lucien musste unweigerlich grinsen und ein hämisches, kehliges Lachen unterdrücken um nicht gleich die gesamte Tremerebelegschaft hier bei sich zu versammeln. Hatten die Tremere nicht von einer Amnesie gesprochen? Nun, vielleicht hatte das dumme Gör am Ende doch nicht gelogen sondern wusste es einfach nicht besser. Tolle Aussichten waren das, gefangen vom verhassten Hexer und seiner Bande und eingesperrt mit einer Frau die alles wusste, sich aber an nichts erinnern konnte. "Augsburg und wenn er könnte würde er mich auf der Stelle töten, selbiges gilt in meinem Fall für ihn. Es gibt kaum jemanden der in Brügge mehr verachtet wird als er... aber sei‘s drum." Lucien zwang die Vitae in seinem Leib ihn zu durchströmen um seinen Leib in einen durchsichtigen Nebel zu verwandeln aber es gelang ihm nicht. Irgendetwas behinderte ihn und ließ ihn auch nicht sein Blut in die Areale seines Körpers lenken in denen er es im Moment benötigte.
Das Mädchen sah ihn an und ein wenig schien sie sich zu beruhigen. „Herr. In welchen Schlamassel bin ich jetzt wieder geraten? Eine Blutfehde zwischen einem Gangrel und einem Tremere. Womit hab ich das verdient? Und da sag ich doch noch immer brav sonntags drei Mal meine Vater Unser Auf. Tja… dass sollt ich mir wohl in Zukunft genau überlegen…“
Lucien ließ den Kopf hängen und rüttelte erneut an seinen Ketten. Keine Chance, die Magie der Tremere hatte den Ort hermetisch abgeriegelt. Keine seiner übernatürlichen Fähigkeiten funktionierte, und die Vitae in seinem untoten Körper ließ sich nicht an die richtigen Stellen lenken, sodass er die Möglichkeit gehabt hätte seine Fesseln einfach zu zerreißen. Er verzog die Lippen zu einem missmutigen, schmalen Etwas und spuckte aus. "Halt einfach den Mund Gretlin. Je mehr du plapperst desto schneller kommen die uns den Gar ausmachen. Da hilft dir auch kein Gott, Allah oder Abraham mehr. Unsere Kräfte funktionieren in diesem Raum nicht und ohne sie können wir eine Flucht vergessen. Genieß den salzigen Geruch des Regens und freu dich auf die Bluthexer Folter."
Sie verzog den Mund. "Bist du immer so gut drauf? Unglaublich. Lass mich raten: Der amüsante Höhepunkt eines jeden Festbanketts: Lucien Sabatier." Sie verdrehte die Augen konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen.
"Ich hasse Festgelage und feine Herrschaften in sündig teuren Tuchen, die sich zu fader, ewig gleicher Musik gegenseitig den Hintern abwischen und Honig ums Maul schmieren. Aber das tut hier nichts zur Sache. Wir haben ein Problem, das wir nicht lösen werden können falls du es nicht bemerkt haben solltest und wenn du nicht zufällig auch über ein paar magische Tricks verfügt seh ich eher Schwarz für uns... aber ich vergaß ja, du hast es ja vergessen bevor es überhaupt passiert ist hm?"
Sie verzog das Gesicht als hätte man sie geschlagen. Offensichtlich hatte er diesmal ins Schwarze getroffen und sie wirklich verletzt. Sie biss die Lippen aufeinander und legte den Kopf in den Nacken an die kalte Zellenwand. Sie schwieg.

Eine Stunde verging. Lucien hörte plötzlich, wie sich die Tür erneut öffnete. Eine einzelne Gestalt erschien und er erkannte die Umrisse von Sebastian. Er schritt zu den Gitterstäben und blieb in einigem Abstand stehen. Seine Augen hefteten sich auf das Mädchen und seine Stimme war leise „Hallo Gretlin. Es ist lange her, dass wir uns zuletzt gesehen haben.“ Die Angesprochene zischte ihn an. „Ich hab euch noch nie gesehen und kenne euch nicht!“ Lucien glaubte so etwas wie Traurigkeit in dem Blick des Hexenmeisters auszumachen Er starrte sie erneut an, doch sie wandte den Blick ab. Sie schien über etwas, das man zu ihr gesagt hatte nachzudenken. Ihre Stimme war leise aber wütend „Es ist mir egal, ob ihr das zugleich befürchtet und gehofft habt. Hört auf damit!“ Wieder vergingen einige Sekunden. Dann sprach sie ihn erneut an. „Wer sagt, dass eine Unterhaltung in Gedanken sicherer ist, Hexer?“ Sie sah zu Lucien. „Er hat mir grad in Gedanken erklärt, ihr wäret jemand, dem man nicht vertrauen kann. Jemand, der immer nur auf seinen eigenen Vorteil aus ist. Ein Verräter, der gemeinsam mit einem kämpft und einem dann sobald der Kampf entschieden ist die Kehle raus reißt.“ Sie wartete gar nicht erst Luciens Antwort ab sondern funkelte den Hexer an. „Er hat mir ohne zu zögern geholfen und sich in Gefahr gebracht. Das, was ihr zu sagen habt, könnt ihr auch laut sagen!“

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Lucien schüttelte den Kopf. "Nein er hat Recht, ich bin ein ausgemachter Halunke. Ich bin ein Schurke und Tunichtgut der einst Männern und Frauen überfallen, ausgeraubt und manchmal sogar getötet hat. All dies tat ich um zu Überleben und habe es nie bereut, so wie ich es noch immer tue und nicht bereue. Weint der Wolf um den Hirsch den er erlegt? Nein. Ich bin direkt und gradlinig und habe kein Interesse um politischem Firlefanz. Das Maul hab ich immer weit offen aber wer mich kennt kann eines mit Gewissheit sagen: Man misst mich an meinen Taten." Damit sah er Sebastian mit glühenden Augen an und grinste spöttisch. "Willst du es nicht zu Ende bringen Hexer? Die Sonne geht bald auf und dir bleibt nicht mehr viel Zeit. Welch Ironie mich hier in diesen Überresten einer Tzimiscefestung zu töten aber das Schicksal ist manchmal recht launenhaft."
Die Augen des Hexers waren voller Wut. „Wie kannst du es wagen meinen Bruder mit einem Stück Jagdbeute zu vergleichen? Er hat an eurer Seite gefochten! Für die gleiche Sache! Gegen den gleichen Feind! Und ihr habt ihn kaltblütig ermordet!“ Der Hexer griff mit der linken Hand um die Gitterstäbe und der Hauptmann war sich sicher, wenn nicht das Eisen zwischen ihnen gewesen wäre hätte er ihm die Faust ins Gesicht gerammt. „Man misst euch nach euren Taten, Sabatier?“ Er spuckte aus, Lucien direkt vor die Füße. Er schien um die Beherrschung zu kämpfen und zu seiner gewohnten Ruhe zurück zu finden. Er atmete tief ein, seufzte lang und sah in Richtung der jungen Frau. „Nun gut, wenn du es so willst, Gretlin.“ Er musterte kurz den Gangrel. „Du erinnerst dich also nach wie vor an nichts? Es scheint, du hast dir unser letztes Gespräch auch nicht aufgeschrieben…“ Sie sah ihn ungläubig an. „Woher wisst ihr?“
„Gretlin, ich weiß einiges. Warum wohl bist du hier?“ Sie schüttelte den Kopf. „Wo sollte ich sonst sein? Es ist Zufall. Ich habe in den Aufzeichnungen, die ich in Brüssel gefunden habe von diesem Ort und der Bibliothek, die nie gefunden wurde gehört und…“ Sebastian unterbrach sie mit einer raschen Handbewegung. „Ich meine nicht dieses ehemalige Voivoidat. Du bist nicht von hier. Du bist aus der weit entfernten Pfalz, aus Bacharach. Es ist kein Zufall, dass du hier direkt vor den Toren von Brügge bist. Du bist hier, weil jemand dir vor langer Zeit gesagt hat, dass du nach Brügge gehen sollst. Wenn es irgendwo jemanden gibt, der dir helfen kann, dann wirst du denjenigen in Brügge finden. Ich weiß, du vertraust mir nicht und das musst du auch gar nicht. Aber: Geh einfach nach Brügge! Es ist nur eine Stadt. Wo du bist ist doch gleichgültig, oder? Da kannst du genauso gut dort sein. Brügge soll schön sein.“
Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. „Das ist eine Falle, oder? Warum sollte ich auf euren Rat hören?“
In Sebastians Augen lag der Anflug von Hoffnungslosigkeit. „Kein Tremere wagt sich hinter die Mauern. Du wärst dort sicher.“
Lucien hob müde den Kopf. "Er hat Recht, Gretlin. Die Tremere sind unsere erklärten Erzfeinde. Es gibt viele Domänen, welche die Tremere verachten und missbilligen aber in Brügge werden sie gehasst. Es gibt nicht viele Orte an denen du sicherer wärst als hinter den steinernen Mauern unserer florierenden Stadt." Er hustete kurz, seine Kehle fühlte sich trocken an. "Erinnerst du dich an das, was ich dir bei unserer Flucht sagte? Geh ins Krankenhaus und frag nach Leif Thorson. Sag ihm Lucien Sabatier hätte dich geschickt. Wenn es jemandem gibt der überhaupt mit dieser Krankheit fertig wird, dann vielleicht er. Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert."
Gretlin sah ihn mit weit geöffneten Augen an. Sie hätte wohl mit allem gerechnet aber nicht damit dass Lucien dem Tremere Recht geben würde. Dann sah sie wieder zu Sebastian.
„Was wollt ihr Tremere von mir?“
Wieder vernahm Lucien das Seufzen. „Manch einer, wie Cunradis, geht davon aus, dass du Erinnerungen in deinem Kopf verborgen hältst, die ihnen einige Erkenntnisse bringen könnten. Andere wollen dich in den Diensten der Tremere aufgrund deiner Fähigkeit, verlorene Bücher auf zu spüren. Für einen Clan der Gelehrten, wie wir es sind ist diese Eigenschaft dein Gewicht in Gold wert. Einige wären wohl auch einfach nur erfreut, wenn du nicht mehr in der Lage wärst die Nächte nach Büchern zu durchstöbern in denen eventuell Wissen enthalten ist, das nicht für deine Augen bestimmt ist und das unliebsame Dinge über sie selbst enthält.“ Er sah sie eindringlich an.
„Hör zu, Gretlin. Ungefähr 500 Schritt von hier nach Norden, gibt es einen kleinen Hafen. Dort sind einige wenige Boote vertäut. Über den Landweg kannst du heute Nacht von uns verfolgt werden. Meine Leute finden deine Spur wie Bluthunde aber auf dem Wasser bist du in Sicherheit. Brügge ist nicht weit.“ Er lauschte nach einem Geräusch, das er vernommen hatte und seine Stimme wurde eindringlich. „Gretlin, pass auf dich auf, ja?“ Sein Blick wanderte zu Lucien und auch wenn er es unterließ in seinen Geist einzudringen enthielt sein Blick eine eindringliche Botschaft. Dann stand er einfach nur da und musterte den Hauptmann, atmete tief ein und wartete.
"Wegen deinem Bruder...", Lucien pausierte kurz, schien die richtigen Worte finden zu wollen. “Es tut mir leid. Die Umstände zwangen mich dazu so zu handeln wie ich es tat. Der Untod ist nicht die Lösung von Problemen sondern beschwört eine ganze Reihe noch größerer Probleme mit sich herauf. Ich denke, das weißt du so gut wie ich. Diese Existenz ist keine Belohnung oder Erlösung. Wer in diesem Glauben lebt, irrt gewaltiger als er es sich vorstellen kann." Der Gangrel hustete. "Sie zu das du sie hier rausbekommst, sonst endet sie genau wie dein Bruder als Spielball höherer Mächte auf die weder ich noch du Einfluss nehmen können."
Sebastian schien erstaunt über die Worte des Gangrels und ein winziges Nicken war schlussendlich zu erkennen. „Den Kuss sollte man nie verschenken, da gebe ich euch Recht und es mag Unheil heraufbeschwören wenn man es dennoch tut… aber was ist mit einem gegebenen Wort? Mit Loyalität …?“ Dann biss er die Lippen aufeinander und auch Lucien vernahm das Geräusch. Die Tür wurde plötzlich rapide aufgerissen und Cunradis stand im Torbogen und schien fast enttäuscht, dass er nicht so etwas wie eine Befreiungsaktion von Seiten Sebastians auf frischer Tat ertappen konnte. Er schritt näher und blieb neben dem Hexer stehen. „Na, Sebastian? Planst du schon wie du sie entkommen lassen kannst? Vergiss nicht, ich habe nach wie vor ihr Blut.“
Sebastian sah den blonden Mann an. „Aber nicht doch Cunradis. Gleich morgen sobald die nächste Nacht einbricht werden die beiden erneut gepflockt und dann macht sich unser Zug auf den Weg nach Rotterdam. Dort im Gildenhaus werden wir alle Informationen von den beiden erhalten, die uns eventuell etwas nützen mögen. Vielleicht lässt sich der Gangrel in unserem steten Kampf mit Brügge ja noch für unsere Zwecke verwenden. Er soll deren Bewohnern ja recht wichtig sein…“ Cunradis blickte etwas irritiert aufgrund der freundlichen Antwort in Sebastians Richtung. Dieser klopfte ihm auf die Schulter und lächelte süß. „So, junger Adept. Nun ist es an dir und deinen besonderen Fähigkeiten: Das Ritual, das auf der Zelle liegt und jeden Kainit daran hindert seine übermenschlichen Fähigkeiten einzusetzen erlischt mit dem letzten Schlag der Glocke um Mitternacht. Dann muss es erneuert worden sein. Und diese einfache, aber verantwortungsvolle Aufgabe überlass ich dir. Hier ist alles, was du brauchst“ Er drückte ihm eine dünne Holzplatte, ein Stück Kohle, einige runde Steine und 4 Nadeln in die Hand. „Beeil dich ein wenig, junger Thaumaturg, und gesell dich zu uns wenn du dieses kleine Ritual beendet hast. Dann planen wir Folter und so weiter…“ Er lächelte ihn noch einmal mit einer überschwänglichen Freundlichkeit an, ließ den Blick kurz auf den beiden gefangenen Kainiten ruhen und verließ dann den Turm.
Lucien ließ die Augen in Richtung des Mädchens gleiten und nickte kaum merklich in Sebastians Richtung. Es war klar, was er damit aussagen wollte. Sollten sie sich befreien können, würde er dafür Sorge tragen das Gretlin wohlbehalten den kleinen Hafen, nördlich des ehemaligen Voivodats und dann Brügge erreichen würde. Es war ein Geschäft, das er wort- und tonlos gerade mit dem Hexer geschlossen hatte. Sein Leben für ein anderes. So war es unter Kainiten solange man denken konnte.

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BeitragVerfasst: So 3. Mai 2015, 17:17 
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Cunradis blickte Sebastian hinterher und er wirkte plötzlich fast hilflos und verloren. Er sah zu der Zelle und spukte in ihre Richtung aus. „Wartet nur ab bis wir euch in Rotterdam haben. Ich bin sehr gespannt auf all die feinen kleinen Geheimnissen, die in euren Köpfen schlummern. Uns Tremeren gelingt es die Informationen aus euren Köpfen zu saugen egal wie stark ihr sie festhalten wollt.“ Er stand noch einige Minuten da als befürchte er, die Gefangenen könnten sich befreien und auf ihn stürzen, dann nahm er im Zentrum des Raumes auf dem Steinboden Platz.
Er griff nach der Kohle und begann einen Kreis und mehrere seltsame Zeichen auf die Holzplatte zu malen. Gretlins Blick verdüsterte sich zusehends mit jedem der Symbole. Der Mann holte vier Kerzen aus einer Jackentasche, die er vorsichtig entzündete und spießte dann die Nadeln in die Mitte der schwarzen Zeichen. Dann zögerte er und langte nach den Steinen. Schwer wog er sie in der Hand, positionierte dann je einen neben den Symbolen. Lucien bemerkte, dass sich ein schmales Lächeln über die Lippen der jungen Frau legte und in ihren Augen erkannte er ein lauerndes Funkeln, wie bei einer Katze, die eine Maus beobachtet und abwartet.

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Der junge Tremere kratzte sich zögernd am Bart, schien zu überlegen und entschied sich schließlich seltsame Wortfetzen vor sich hin zu murmeln, wahrscheinlich griechisch oder byzantinisch. Gretlin an Luciens Seite fuhr sich kurz mit der Zunge über die Lippen, blickte in seine Richtung und deutete dann mit den Augen in die Richtung des Hexers. Die Zeit verstrich quälend langsam.
Von irgendwoher aus weiter Ferne erscholl das leise ferne Läuten von Kirchenglocken: Mitternacht. Das dunkelblonde Mädchen zählte lautlos die Schläge mit, fixierte erneut den Gangrel. Cunradis erhob sich und trat mit selbstsicherem Schritt auf die Gitterstäbe zu. „Ihr seid gebannt. So wie zuvor. Ja, das wird eine lange, lange Nacht für euch. Aber freut euch! Schon morgen pflocken wir euch erneut und dann geht es gen Rotterdam!“ Er lächelte süß und wandte sich um. Der Hauptmann konnte erkennen, dass seine Mitgefangene Blut in ihren Körper leitete. Ihre Stimme hatte etwas Boshaftes: „Hättest du wohl gern, Hexer.“ Dann riss sie mit aller Kraft die Ketten aus der Wand.

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BeitragVerfasst: Di 5. Mai 2015, 10:16 
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Lucien zog lustlos an seinen eisernen Ketten und schenkte dem Tremere ein schiefes Lächeln, als dieser sich damit brüstete wie großartig die Hexenmeister doch wären, ihren Feinden jedes kleine Geheimnis zu entlocken. Sein Kopf, mit den klebrigen Haaren, die ihm wild im Gesicht hingen drehte sich für einen kurzen Moment in Richtung Gretlin, as Cunradis ausspuckte. Ein knappes, verächtliches Grunzen entfuhr seiner heißen Kehle.

„Pff… Rotterdam wäre noch viel schöner mit einem großen, brennenden Haufen aus aufgestapelten Schwätzern wie dir kleiner Cunradis. Tu uns einen Gefallen und halt die Klappe. Mach was dir der ‘große‘ Sebastian aufgetragen hat und reib dir die gierigen, kleinen Hexerhände solange du noch kannst Tremere. Wäre deine Kunst nur halb so groß wie dein Maul, hättet ihr Brügge schon längst in den Erdboden gestampft.“

Als der Hexer sich anschickte, die für den Gangrel völlig fremden und unverständlichen Rituale durchzuführen, verschmälerten sich seine grauen Augen zu schmalen Schlitzen. Magie.. Magie war nie etwas Gutes, ganz egal wer sie ausübte, vor allem nicht die Blutschänder. An Gretlins verstohlenem Lächeln aber, konnte er unschwer erkennen, dass irgendwas daran nicht stimmen konnte. Entweder waren die Kreise falsch gezogen oder die Steine falsch positioniert oder Cunradis stimmte die falschen Gesänge an – weiß der Teufel was nicht in Ordnung war. Schon aus Sebastians kleinem Wink mit dem Zaunpfahl, war klar geworden dass er der Wahnsinnigen nicht den Tod wünschte und auch ihn, im Gegenzug für das sichere Geleit der Malkavianerin, verschonen würde. Es war schon merkwürdig, wie die persönlichen Interessen eines jeden Kainiten, sich in bestimmten Situationen über Clanszugehörigkeit oder Treueschwüre hinwegsetzten und war es auch nur deshalb, weil man ein unverbesserlich menschlicher Wohltäter war. Sebastian war sein Todfeind, wie alle Tremere es waren aber in dieser Nacht, waren sie sich über einen Handel einig geworden. Lucien hatte nicht vor, diese Chance verstreichen zu lassen, immerhin würde er gewiss einen der Schänder mitnehmen; noch dazu ein besonders dummes Exemplar.

Die entfernten und doch so vertrauten Kirchenglocken von Brügge, kündigten das Ende dieses Tages an – Mitternacht. Die bitteren, verhöhnenden Worte des Tremere prallten mindestens ebenso selbstsicher an Lucien ab, wie der Gang des Tremere. Er schenkte Cunradis ein beinahe bemitleidendes Lächeln. Als dieser sich abwandte, räusperte sich der Gangrel für einen Moment.

„Weißt du Cunradis, das hier mag einmal Draga Nevedofs Domäne gewesen sein aber früher gehörte dieser Landstrich jemand anderem. Und dieser jemand hat es gar nicht gern wenn fremdes Tremere-Getier in seiner Domäne umher schleicht. Das Land hier…“ Seine Augen funkelten. „Ist Wolfsrevier.“ Dann zwang auch er die Vitae durch seinen untoten Körper, bis die Finger sich zu scharfen Krallen verkrümmten und verlängerten die mit unnachgiebiger Gewalt, durch die eisernen Ketten schnitten, wie durch Butter.

Der Gangrel kümmerte sich nicht weiter um die Schellen an seinen Handgelenken, sondern machte einen Satz vorwärts um seine grotesken Pranken in das rostige Schloss der Kerkertür zu rammen. Allein die Wucht hätte vermutlich ausgereicht, den alten Mechanismus zum Bersten zu bringen. Die Tür sprang auf, wie ein hölzerner, klappriger Gartenzaun.

„Und jetzt Hexer, werden wir mal sehen wie lange du schreien kannst, bevor es zu Ende geht.“ Seine Augen blitzten feurig rot auf.

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Through time, a Legend becomes a Myth.
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BeitragVerfasst: Di 5. Mai 2015, 16:20 
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Cunradis blickte den Gangrel, der sich mit seinen Krallen durch die Gitterstäbe arbeitete, die sich wie Butter teilten, mit entsetzten weit aufgerissenen Augen an. „Wie ist das möglich? Wie könnt ihr?“
Lucien verlor Gretlin für einen Sekundenbruchteil aus den Augen und erblickte sie erst wieder vor der schweren eichenen Kerkertür mit einem Dolch, den sie aus ihrem Rucksack gezogene hatte. Sie stand im Rücken von Cunradis und ihr Grinsen hatte fast etwas Dämonisches.
Der Hexer zog ein Schwert und blickte zu Lucien. „Du Abschaum bist gar nicht in der Lage dich mir entgegen zu stellen. Also lass mich einfach ziehen.“ Gretlins Stimme hinter ihm ließ ihn zusammen zucken, doch die Klinge zielte nach wie vor auf Lucien. „Ich würd den Kerl zu gern in 1000 kleine Teile zerlegen. Aber Lucien, du hast gesagt, der Oberhexer wäre dein Erzfeind. Wenn du diesen Großkotz hier am Leben lässt, wird er Sebastian die Hölle heiß machen und die Tremere schlachten sich gegenseitig ab. Dann bist du deinen größten Feind für immer los ohne dir die Finger schmutzig machen zu müssen. Diese hier Schlange ist intrigant genug dafür! Er hat das Potential dazu“ Sie trat einen Schritt näher.

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