Sa 9. Apr 2016, 17:36
Ein ängstlicher Ausdruck legte sich auf die Züge des deutschen Mädchens. Karl trat einen Schritt nach vorne. Offensichtlich war er weniger geduldig als sein Vorfahre. Er trat noch etwas näher. „Hör mal zu, Mira. Ich weiß ganz genau, dass du uns nicht kennst. Du wirst wahrscheinlich darauf gehofft haben, Erik zu treffen und die Nachricht für ihn dagelassen haben. Ich bin Karl, ein Freund von unserem Wikinger und mein Begleiter hier ist sogar mit ihm verwandt. Erik hat uns alles erzählt, auch von dir. Er ist noch in Brügge, versucht so lange es ihm möglich ist, dem Dämon Einhalt zu gebieten, aber sobald ihm das nicht mehr gelingt wird er hierher kommen.“ Er sah skeptisch zu Leif und fügte hinzu. „Ich befürchte mal, das wird nicht mehr allzu lange dauern.“ Wieder wandte sich sein Blick Mira zu. „Das Mädchen, das deine Mutter entführen gelassen hat heißt Thyra und sie ist Eriks Schwester. Du kannst dir sicher denken, dass sie ihn damit erpressen will und ihren kleinen schwarzen, schattigen Freund wieder bei sich wissen möchte. Und was das für alle bedeuten wird, weißt du genauso gut wie ich. Wenn du Erik und uns also helfen willst, dann spar dir bitte die Ausflüchte. Uns läuft die Zeit davon…“
Miras Augen verengten sich zweifelnd, dann abschätzend. Dann trat sie näher und blieb kurz vor Leif stehen.
Ihre Stimme war leise und vorsichtig als sie weiter sprach. „Erik hat erzählt, der Dämon wäre der Geist eines ruhelosen Vorfahren, den er vernichten müsse. Auch wenn das seinen eigenen Tod bedeuten würde.“ Sie biss sich kurz auf die roten Lippen. „Jede Nacht, in der ich gehört habe, dass der Schatten noch in Brügge umherwandelte war ich erleichtert, wusste ich damit doch, dass Erik seinen Plan noch nicht in die Tat umgesetzt hatte. Ich habe ihm damals auf dem Schiff gesagt, dass wir meine Mutter aufhalten müssen. Dass sie niemals Ruhe geben würde, bis sie das erreicht, was sie will. Und sie hat damals ihre Seele hergegeben um den Dämon zu beschwören… was also, hätte sie noch zu verlieren? Erik hat sich geweigert, gemeint, er könne sie nicht töten und mir damit die Mutter nehmen… Pah…!“
Die hellen Augen verengten sich hasserfüllt.
Offensichtlich waren Geduld und Einfühlungsvermögen einmal mehr fehl am Platze gewesen. Karl war es gelungen zu dem Mädchen durch zu dringen, auch wenn Leif am Anfang Angst hatte er würde sie mit seiner direkten Art eher erschrecken. Nun denn, sie brauchten mehr Informationen. “Erik hat sich geirrt. Der Dämon ist nicht der, den er gesucht hat, was seine Taten nicht weniger heldenhaft machen.” Leif hatte noch immer eine eher mitfühlende Stimme aufgelegt, wenn er inzwischen auch etwas schneller sprach. “Was willst du uns eigentlich damit sagen? Dass der, der den Dämon trägt getötet werden muss um ihn wieder zu verbannen?” Sie wussten diesen Teil zwar schon, aber es würde nicht schaden zu erfahren was das Mädchen wusste oder glaubte zu wissen. “Abgesehen davon fragen wir uns natürlich wo Thyra ist. Weißt du das zufällig? Den solange deine Mutter etwas gegen uns in der Hand hat können wir nicht viel machen.”
Das Mädchen nickte nachdenklich. „Es hätte mich stark gewundert, wenn der Dämon eine Verbindung zu ihm oder seiner…“ Ihre Augen sahen fragend zu Leif nach oben. Das Mädchen reichte ihm gerade mal knapp bis zur Schulter. „… eurer Familie gehabt hätte. „Meine Mutter hat den Dämon im Tausch gegen ihre Seele aus den tiefsten Tiefen der Hölle oder was weiß ich woher, heraufbeschworen. Ich habe sie dereinst gefragt, ob sie keine Angst hätte ohne Seele irgendwann zu vergehen, aber sie meinte nur, jemand, der unsterblich sei, brauche keine Seele.“ Sie wandte den Kopf Richtung Flussfall, dann wieder zu den beiden Männern. „So lange der Dämon in ihr gewohnt hat, hat er jegliche Gefahr von ihr fern gehalten. Jeder, der ihr schaden könnte, vor dem sie nur das winzigste Bisschen Furcht verspürt wird entweder direkt übernommen oder durch einen Unschuldigen, den dieses Schicksal stattdessen trifft, getötet. Der Dämon ist an die Person gebunden… genauer gesagt eine Symbiose mit deren Schatten eingegangen. Ohne die Person muss auch der Dämon vergehen oder zurück in die Hölle fahren. Das weiß ich nicht genau. Geht er Erik gut?“ Besorgt sah sie zu Leif.
Leif nickte nur. "Ihm geht es gut, ja auch wenn es ihn natürlich Kraft kostet den Dämon in Schach zu halten." Leif folgte dem Blick des jungen Mädchens zur Burg, die mitten auf diese Insel erbaut wurde. "Mira weißt du, was deine Mutter jetzt vorhat oder wo sie Thyra gefangen hält? Vielleicht können wir ja mit ihr reden, ihr die Falschheit ihres Tuns aufzeigen, aber das wird nicht funktionieren solange sie eine Geisel hat."
Mira lachte trocken auf. „Ihr die Falschheit ihres Tuns aufzeigen? Sie hat ihr ganzes Leben nur getan, was ihrem Zweck gedient hat. Was ihr genutzt hat um mehr Macht und Kraft zu erlangen. Und nichts, absolut nichts, was ihr im Weg steht, überlebt dabei. Sie ist eine Hexe und als solche handelt sie. Nur hatte ich bisher das Glück, dass sie mich nicht verdächtigt hat, da sie mich nur für ein unreifes kleines Mädchen hält. Eines Tages wird sie aber verstehen…“ Mira biss hasserfüllt die Lippen aufeinander. „Sie hat Fallen im Verließ auslegen lassen, weil sie wohl davon ausgeht, dass ihr dort zuerst nach ihr schauen werdet. Mit Sicherheit ist sie perfekt gesichert in ihren Gemächern, geschützt durch Zauberei, die eure Kräfte bannt.“ Wieder schwieg Mira. „Die junge Frau, wie habt ihr sie genannt? Theodora? Sie befindet sich…“ Mira überlegte. „Es gibt uralte Gemäuer unter der Burg, die von der Familie Ducrese schon seit langem nicht mehr genutzt werden. Ursprünglich müssen es Folterkammern gewesen sein, in denen die Familie diejenigen, die sie aus der Bahn haben wollte, platzieren konnten. Meine Mutter hat die geheimen Eingänge innerhalb weniger Tage mit ihrer Zauberei ausgekundschaftet. Dort befindet sich Eriks Schwester. Meine Mutter wollte Informationen von ihr, hat sie geschlagen und schließlich begonnen ihr als Demütigung das Haar abzurasieren, aber sie hat die Zähne aufeinander gebissen und geschwiegen wie ein Grab. Meine Mutter wollte, dass ich zuschaue… lerne…“
Es fiel Leif nicht ganz leicht den Ausführungen des Mädchens zu lauschen, aber das Tun von Jonarta wunderte ihn kaum. Sie mussten handeln. Je ehr desto besser. "Mit deiner Mutter befassen wir uns später. Thyra...so heißt Eriks Schwester, ist jetzt wichtiger. Kennst du den Ort an welchem sich die Eingänge befinden?"
Wieder nickte das Mädchen. „Ich weiß, wo der Eingang ist, aber ich habe keinen Schlüssel. Ich habe schon versucht, die Tür zu öffnen. Sonst hätte ich versucht Thyra zu befreien.“
"Hast du eine Ahnung wo man die Schlüssel auftreiben kann, oder hat deine Mutter sie in Verwahrung?" Leif griff nach seinen Dietrichen die er immer mit sich führte und zeigte sie dem Mädchen. "Ansonsten kann ich es mal hiermit versuchen."
„Den Schlüssel trägt meine Mutter als Fürstin von Flussfall an ihrem Gewand. Die Schlösser sind uralt und ich vermute damals war das Schmiede- und Schlösserhandwerk nicht so kunstfertig wie heutzutage. Wenn ihr mit diesem Gerät umzugehen wisst, dann mag es vielleicht gelingen.“
"Dann bringt und bitte dorthin wo wir diese Schlösser finden. Einen Versuch ist es allemal wert."
Das Mädchen trat noch einen Schritt näher heran und setzte dann kaum hörbar einen bloßen Fuß vor den nächsten. Sie wartete, dass die beiden Männer ihr folgen konnten und umrundete dann das Gebäude. Neben einem großen Stein schließlich blieb sie stehen, betätigte einen Mechanismus, der wohl dahinter verborgen war und setzte schließlich ihren Weg fort. Wohl fünfzig Meter weiter erreichten sie ein mächtiges Tor, dass die Burg und das Ufer miteinander verband. Mira zog einen Schlüssel hervor und ließ ihn in das Schloss einrasten. Die Pforte öffnete sich ebenfalls leise. Sie hielt den beiden Männern das Tor auf und folgte um die schwere Tür im Anschluß wieder zu verschließen und dahinter einen erneuten Mechanismus mit mehreren Handgriffen wieder in Gang zu setzen. Sie gingen durch die dunklen, verlassenen Gänge, stiegen mehrere Treppen in die Höhe, bis sie an einen schmalen Durchgang kamen, der zum letzten Turm führte. Der Wind blies hier oben durch das Mauerwerk und die Schießscharten. Schließlich blieb Mira bei einem Wandteppich stehen und zog einen bronzenen Kerzenhalter hervor an dem sie kurz darauf ein Licht entzündete.
Sie schob den Wandvorhang zurück und betrachtete nachdenklich das Mauerwerk. „Irgendwo hier muss das Schloss sein. Es ist unglaublich gut versteckt.“
Leif aktivierte schließlich die Kräfte seines Auspex um seinen Sinne, insbesondere den des Sehens und Tastens zu schärfen und begann die Wand nach etwas abzusuchen, dass wie ein Schlüsselloch aussah.
Leif konnte ein winziges Schlüsselloch ungefähr auf Hüfthöhe ausmachen. Es war perfekt im Schatten eines der Steine getarnt. Er suchte einige Zeit, bis er den rechten Dietrich gefunden hatte und führte das Gerät vorsichtig in das Schloss. Leif wusste, es war uralt, wahrscheinlich noch zu seinen eigenen Lebzeiten gefertigt und auch wenn Mira vorhin die Schmiedekunst des 13. Jahrhunderts gelobt hatte, so war diese Kunst hier so alt, dass es unter den Dieben und Einbrechern wohl keinen geben würde, der es heutzutage noch zu öffnen verstehen würde. Schließlich ertönte das verheißungsvolle Schnappen als das Schloss schließlich geöffnet wurde. Der Gang nach unten in die Tiefe war frei.
Als Leif das leise Knacken hörte stieß er einen erleichterten Seufzer aus und zog das Werkzeug vorsichtig wieder heraus. Diese Dietriche hätten ihm schon so oft wertvolle Dienste geleistet. "Ich gehe voran." Auch er hatte zwar in absoluter Dunkelheit Problem aber seine geschärften Sinne kamen trotzdem besser mit der Dunkelheit zurecht. Außerdem wusste niemand ob nicht vielleicht doch eine böse Überraschung dort unten auf sie wartete.
Die Treppen, die folgten, führten in unvorstellbar steilen Stufen unter die Erde. Leif musste sich bemühen nicht den Halt zu verlieren und in die Tiefe zu stürzen. Dieser Geheimgang musste in eine Zwischenmauer eingelassen worden sein.
Schließlich standen sie erneut vor einer großen breiten Tür aus angeschimmelten Holzbalken. Die Scharniere waren rostbefleckt und hatten längst bessere Tage gesehen. Auch hier zog er erneut die Dietriche heran. Mira trat näher um ihm mit dem Schein der Kerze zu helfen. Mühsam gelang es ihm auch diese Pforte zu öffnen. Mit lautem knirschendem Geräusch ließ sie sich mit viel Kraft von Karl und Leif aufziehen.
Er hatte keine Ahnung was sie jetzt erwarten würde, aber er ging durch die alte Pforte.
Die Tür machte den Blick frei auf einen langen Gang an dem mehrere weitere Türen abgingen. Leif spürte instinktiv, was das für Räume gewesen sein mochten. Es lag in der Luft wie der Angstschweiß von Schweinen bevor sie zum Schlachter geführt wurden, wie der Geruch von deren Blut auch wenn man die rote Flüssigkeit längst weggewischt hatte. In diesen Mauern waren Leute gefoltert worden, hier hatte man Antworten aus den Opfern heraus gepresst, Unschuldige vor den Augen der Angehörigen gequält um schnellere Geständnisse zu erzielen. In diesen Räumen waren Menschen über Jahre in schwärzester Dunkelheit langsam dem Wahnsinn anheimgefallen und Gefangene wenn man sie vergessen hatte oder sie hatte vergessen wollen einem qualvollen Hungertod ausgesetzt.
Jeder hatte seine Geheimnisse und das schloss offensichtlich auch eine alte Adelsfamilie mit ein. Die Gemäuer schienen aber schon seit einer Ewigkeit nicht mehr genutzt worden zu sein und er würde nicht einmal wetten, dass irgendwer außer Jonarta und ihrer Tochter von diesem furchtbaren Geheimnissen in den Eingeweiden der Burg wussten. Er hatte nicht vor Thyra einen Moment länger als nötig hier zu lassen.
Mira musterte sowohl Karl, der die Tür verschloss und dann den Boden nach Spuren im Staub abzusuchen begann als auch Leif. Dann trat sie näher an ihn heran, berührte ihn fast zaghaft am Unterarm um seine Aufmerksamkeit zu erhalten und sah ihm in die grauen Augen. „Ihr spürt es auch, oder?“
Leif nickte ihr zu. "Hier sind furchtbare Dinge geschehen. Es ist als würden die gepeinigten Seelen noch immer schreien und nicht in der Lage sein Ruhe zu finden."
Mira zog ängstlich die Stirn kraus und nickte. „Ein Ort den Menschen vor langer Zeit gebaut haben um unbemerkt grausame Dinge zu tun.“ Sie schüttelte den Kopf um sich ins Jetzt und Hier zurück zu rufen. Sie deutete nach rechts. „Thyra ist dort hinten drin.“ Sie ging auf die letzte Tür zu, doch Karl schob sich an ihr vorbei und begann bereits gegen das Holz zu schlagen. Er schien sich zu bemühen nicht laut zu rufen sondern seiner Stimme nur einen festen Klang zu verleihen. „Thyra? Bist du da drin? Mach dir keine Gedanken, wir holen dich raus. Wir sind da!“ Wieder ließ er seine Faust gegen das Holz hämmern.
"Menschen sind zu vielen Grausamkeiten in der Lage, genauso wie jedes andere denkende Wesen." Dann legte Leif Karl die Hand auf die Schulter. "Ruhig, Wir wollen keine unnötige Aufmerksamkeit auf uns ziehen." Der Salubri zog wieder seine Dietriche hervor. "Vielleicht helfen uns diese noch einmal weiter."
Karl gab die Tür nur ausgesprochen ungern frei, aber wenn einer hier etwas bewirken konnte, dann sein Vorfahr. Ein letztes Mal schien Leif seine Fähigkeiten im Schlösser knacken anwenden zu müssen. Auch dieses Mal verhieß das verheißungsvolle Knacken Erfolg. Die Tür öffnete sich erneut mit einem quietschenden Knarren und das Licht der Kerze drang in das Innere. Leif hörte das Rascheln von schweren Ketten und dann die schwache Stimme der blonden nordischen Schildmaid. „Karl? Bist du das? Erik? Bist du auch da?“ Die Worte waren brüchig und wurden nur mit Mühe hervorgebracht.
"Karl ist hier. Erik ist soweit sicher. Wir holen dich hier raus, Thyra." Leif ging in Thyras Richtung um sich den Zustand von Brunhilds Tochter anzusehen. Er hielt den Kopf unten, denn er wollte der jungen Schildmaid keinen zusätzlichen Schrecken verpassen, falls er sie doch erkennen sollte. Er hoffte auf die Dunkelheit, aber selbst wenn sie ihn erkannte mussten sie jetzt weitermachen.
In der Zelle war es stockdunkel. Mit Ausnahme der Kerze, die Mira, die noch immer im Durchgang der Tür verharrte, in der Hand hielt gelangte kein Lichtschein ins Innere. Karl wollte schon ins Innere stürzen, doch das junge Mädchen griff nach seinem Hemdärmel und deutete nach rechts. „Schau einmal da drüben. Dort müssen Fackeln sein, die meine Mutter dort abgelegt hat. Dann sehen wir hier drin auch was.“
Leif konnte die Gestalt von Thyra nur schwach erkennen. Sie war an eine Wand gefesselt und die Ketten hingen so, dass es ihr nicht möglich war sich hinzusetzen oder irgendeine Haltung einzunehmen, die ein wenig Erholung gespendet hätte. Sie hob den Kopf und spähte in Richtung Türöffnung. „Karl? Wie habt ihr mich hier in diesem Drecksloch gefunden. Bei Balder, ich habe nicht darauf zu hoffen gewagt.“
Leif entschied sich den Smalltalk Karl und Thyra zu überlassen. Er ging gleich auf sie zu um ihre Fesseln zu öffnen. "Wir können gleich alles besprechen Thyra. Erst einmal befreie ich dich von dieser verdammten Wand."
Karl hatte mittlerweile die Fackeln an Miras Kerze entzündet und stürzte auf die Gefangene zu. Dennoch blieb er wohl in zwei Metern Entfernung stehen und sah vorsichtig zu Leif, dann zu der zusammengekrümmten jungen Frau. Der Fackelschein fiel auf Thyra. Ihr rechtes Auge war blau und zugeschwollen und ihre Lippe nach mehreren Schlägen aufgeplatzt. Blutspritzer liefen ihr Kreuz und quer übers Gesicht und man hatte ihr die Hälfte des Schädels bis auf die teilweise blutende Kopfhaut geschoren.
Sie folgte Karls Blick und erblickte den unbekannten Mann neben sich. Für einen winzigen Moment öffnete sie den Mund wie um eine ungläubige Frage zu formulieren dann warf sie sich in Leifs Richtung in die Ketten. Hasserfüllt fuhr sie ihn an. „Erik hatte also doch recht. Ihr lebt nach wie vor, Dämon!“ Ihre Stimme war laut und fest und mit einem Mal war keine Spur mehr von der vorherigen Schwäche zu erkennen. Leif spürte, wie die Luft um ihn herum seltsam zu knistern begann. Sie versuchte mit den schweren Eisenketten nach ihm zu schlagen, doch sie waren zu kurz und es gelang ihr nicht. Voller Zorn warf sie sich erneut in die Ketten als könne ihr bloßer Wille sie zum Zerbersten bringen.
Leif ging trotzdem weiter auf Thyra zu und ließ sich nicht von ihren Drohungen aus der Ruhe bringen. "Du hast jedes Recht dein Schwert in meine Brust zu stoßen sobald wir hier raus sind. Aber das ist eine persönliche Sache in der keine wahnsinnige Hexe eine Rolle zu spielen hat. Außerdem mag Erik schreckliches geschehen wenn du jetzt den Fokus vom eigentlichen Problem verlierst und bevor du etwas sagst - ich habe nichts mit diesem wahnsinnigen Schatten zu schaffen, auch wenn es dich enttäuschen mag. Also halt still, wenn du von dieser Wand loskommen willst." Leif schnappte sich einen der Dietriche und wartete darauf am Schloss arbeiten zu dürfen. Leif betrachtete die Verletzungen, war sich aber sicher die Narben und Schnitte heilen zu können. Wenn sie ihn denn lassen würde.
Die junge Frau sah ihn an als wäre er der persönliche Feind aus ihrem schlimmstem Albtraum, der letzte Gegner, der auf dem Schlachtfeld wartete um den finalen Kampf auszutragen. Noch immer warf sie sich in die Ketten, trat nach ihm. Mira sah mit besorgter, nachdenklicher Miene zu und auch Karl weigerte sich in diese private Angelegenheit einzuschreiten. Die Schildmaid versuchte schließlich Leif mit einem Schlag ihres eigenen Kopfes zu verletzen und als auch das nicht gelang spie sie ihm einfach nur ins Gesicht.
Karl tat nun doch einen Schritt näher. Seine Stimme klang eher beruhigend als energisch. „Thyra. Nicht…“
Leif blieb ruhig. "Du kannst tun was immer du willst sobald ich dich von dieser Wand runtergeholt habe. Aber ein Kampf zwischen uns beiden auf diese Art und Weise wäre weder deiner noch meiner würdig."
Thyra versuchte so nah wie möglich an ihn heran zu kommen. Ihre Stimme triefte vor Hass und Verachtung. „Es gibt nichts, was deiner würdig wäre. Meine Eltern hätten dich schon vor Jahren töten sollen. Es war ein Werk des Teufels, dass du in Frankreich entkommen konntest. Du glaubst, wenn du mich hier losbinden würdest, würde das irgendetwas ändern? Pah!“
Sie sah zu Leifs braunhaarigem Begleiter. „Töte ihn, Karl. Das ist der Dämon, der unsere Familie seit Jahrhunderten heimsucht.“ Karl schluckte und trat einen Schritt nach hinten. Mühsam schüttelte er den Kopf. „Thyra.. ich…“ Er sah Leif mit ungewohnt flehendem Blick an.