Vampire: Die Maskerade

Alida sah ihr Gegenüber interessiert an. Sie fragte sich, wie lang die beiden Gesprächspartner noch Komplimenten und Höflichkeiten austauschen würden. Eine langwierige Angelegenheit, aber nötig für Kommunikation und Geschäfte. Sie lächelte schließlich süffisant. „Eure Meinung über Frauen klingt in meinen Ohren ja fast revolutionär. Ob der Oberste eures Ordens, Gottes Stellvertreter auf Erden ebenso denkt?“ Sie lachte beiläufig wie über einen leicht dahin gesprochenen Scherz. Sie ergriff erneut den Pokal und führte ihn an die Lippen. „Ich bin mir sicher, dass Geschäfte mit eurem Orden, und mit euch, und meiner Familie sich als gewinnbringend und lohnenswert für beide Parteien herausstellen können. Mögt ihr mir berichten, was euch vorschwebt? Ich werde meine Familie dann sobald als möglich von euren Vorschlägen in Kenntnis setzen.“ Wieder folgte ein warmes Lächeln.

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Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri

„Ich weiß nicht was meine Obersten denken. Dennoch glaube ich kaum, dass unser Gott so grausam ist, Männern und Frauen die gleiche Kapazität zum Verstehen und Denken zu geben, nur um dann von den Töchtern Evas zu verlangen diese Gaben nicht zu nutzen? Das ist, als würde man jemandem Augen schenken und verlangen er dürfe sie nicht zum Sehen benutzen.“ Marquet schüttelte den Kopf, sagte aber nichts weiter zu dem Thema. „Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir uns über das Geschäft zu unterhalten.“ Der Ritter legte die Hände wieder zusammen und überschlug die Beine. „Der Orden der Templer würde gerne expandieren. In den Norden und Osten dieses Kontinents um genau zu sein. Vorrangig nach Bergen, Dänemark, Gotland und die Gebiete der Rus die an die Ostsee grenzen.“Henri Marquet lehnte sich vor. „Die Idee wäre, dass ihr uns erlaubt die Infrastruktur der Familie van de Burse zu nutzen, um den Aufbau der unseren zu erleichtern. Im Gegenzug sind wir bereit eurem Handelshaus im Mittelmeer Zugang zu neuen Märkten, sowie unserem gesamten Finanznetzwerk zu erheblich vergünstigten Raten zu verschaffen.“ Ihr Gegenüber verstummte und wartete auf eine Reaktion der Tzimisce.

(Ein Wurf auf INT + Theologie gg. 8 ; INT + Handel gg. 6 bitte)

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„Hm…“ Nachdenklich nickte sie ihm zu. „Bergen, Dänemark und Gotland also? Das ist ganz schön weit entfernt von der Heimat der Templer. Mit Tuche aus Flandern und Stockfisch aus Skandinavien jedoch werdet ihr in der Lage sein eure Männer ausgesprochen gut zu versorgen. Sofern der Handel floriert… Ein gewagtes Unterfangen, wenn ihr mich fragt, aber so lukrativ, dass es sich ein erfahrener und weltoffener Mann wie ihr zum Wohle des Ordens unmöglich entgehen lassen möchte, nicht wahr? Ich verstehe eure Beweggründe nur zu gut. Beweggründe, die man sicher mit guten Argumenten gegen zögerliche Meinungen verteidigt.“ Sie schmunzelte zustimmend. „Ich bin mir sicher, meine Familie wird großes Interesse an euren Vorschlägen haben. Vor allem der Zugang zu den Märkte in Frankreich und Spanien, die ihr unterstützt, erscheinen lukrativ. Außerdem ist euer Finanz- und Wirtschaftssystem, wie alle Welt weiß, herausragend. Es lohnt sich darüber noch lang und ausführlich zu beratschlagen.“

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Henri Marquet schien mehr als nur verblüfft, von Alidas offenbar genau zutreffenden Einschätzung der Lage zu sein. Es dauerte eine ganze Weile, bis sich die Überraschung in seinen Zügen von ehrlicher Bescheidenheit abgelöst wurde. Er senkte leicht den Kopf, als Zeichen des Respekts bevor er sprach. "Ihr seid wahrscheinlich die beste Händlerin, der ich je begegnet bin. Mindestens jedoch die schlauste." Er schmunzelte leicht. "Ich wünschte, manche meiner Brüder hätten eure Auffassungsgabe, dann müsste ich erheblich weniger Zeit mit Erklärungen verschwenden." Der Wind außerhalb des Turms heulte noch immer, der Regen hatte aber anscheinend etwas nachgelassen. "Eure Worte verraten mir, dass ihr meinem Vorschlag nicht gänzlich abgeneigt seid. Das freut mich sehr und ich glaube, unsere Zusammenarbeit könnte sich als äußerst gewinnbringend herausstellen." Der Templer schien nachdenklich. "Wenn ihr erlaubt würde ich euren wachen Geist gerne noch einmal bemühen. Der Tag heute und das Zusammentreffen mit den Banditen hat mich zum überlegen gebracht, aber ihr kennt diese Lande zweifelsfrei besser als ich. Glaubt ihr, es wäre möglich, dass diese arme Seelen ihren Irrwegen abschwören? Solange sie den richtigen Anreiz haben meine ich, wie zum Beispiel Absolution für ihre Sünden und ein Stück Land mit dem sie ihre Lebensgrundlage sichern können?" Er dunkelhaarige Mann schaute neugierig zu Alida.

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„Mein N…“ Sie räusperte sich um das Wort, das ihr eigentlich auf den Lippen gelegen hatte, soweit als möglich zu verschlucken. „Der Herr von Flußfall vermag die Lage sicher besser einzuschätzen als ich. Ich mag etwas von den Gefahren des An- und Verkaufs verstehen, Angebot und Nachfrage stets im Auge behalten, und in den Irrwegen der Märkte einen Überblick behalten, aber über Vergebung und Absolution oder zur Natur der Räuber im Wald solltet ihr jemanden befragen, der mehr Kenntnisse als ich besitzt.“ Sie wartete einige Sekunden und sah zu den Speisen, die vor ihnen aufgetürmt lagen. „Ich verstehe wenig von Hunger und im Vergleich zu den meisten in Flandern haben mir Siechtum und Leid wenige meiner Liebsten genommen. Ich habe nicht in einem…“ Sie überlegte, vermied es dann jedoch direkt auf die Gräfinnen anzuspielen. „… ‚Bruderkrieg‘ zufällig die falsche Seite gewählt und wurde dafür vom Schicksal bestraft.“ Sie seufzte. „Ich weiß nicht aus welchen Gründen die Banditen in den Wäldern sich diesem Weg zugewandt haben, aber ich spreche wenigen Menschen die Möglichkeit auf eine Absolution ab.“ Wieder zögerte sie. „Ihr wisst darüber mit Sicherheit mehr, habt ihr doch sicher bereits mit dem Herrn von Flußfall darüber gesprochen, oder?“

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„Ich habe Karl tatsächlich schon meine Gedanken mitgeteilt. Bis jetzt allerdings sehr grob, denn das Problem ist leider vielschichtiger als es den Anschein hat. Es geht nämlich nicht nur um Spiritualität und Vergebung, sondern auch um Fragen der Ökonomie und wirtschaftlichen Entwicklung.“ Der Templer war ernst. „Flandern hat durch seinen jüngsten Konflikt vor allem eins verloren. Menschenleben. Es gab viele Tote auf beiden Seiten, Vertriebene, Flüchtlinge und nicht wenige die während des kalten Winters ihr Ende in irgendwelchen Lagern vor den Toren der Städte gefunden haben. Ganze Landstriche liegen brach und werden nicht bestellt, während ehemalige Deserteure und Versehrte als Banditen auf den Straßen den Handel stören.“ Marquet zählte die Fakten auf und seufzte leise. „Ich denke all diese Faktoren werden noch ein Nachspiel haben, insbesondere wenn man die Augen davor verschließt. Ich spiele mit einer Idee, die vielleicht dabei helfen könnte zumindest hier in Flussfall einen Teil der Probleme zu lösen. Allerdings ist diese vielleicht als ein wenig radikal zu bezeichnen." Die wachen Augen des Templers suchten die der blonden Händlerin. "Sagt euch der Begriff Zinspacht etwas Meisterin van de Burse?“

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Alida hatte ihm aufmerksam zugehört. „Der Betrag, den ein Pächter dem Besitzer der Ländereien, die er bestellt, bezahlt. Quasi dem Zehnt entsprechend, oder?“ Sie bemerkte, dass sie nachdenklich auf der Unterlippe zu kauen begonnen hatte und ermahnte sich damit aufzuhören. „Eure Ambitionen klingen mehr als ehrenhaft. Welcher Nutzen ist jedoch für eure Brüder und den Obersten eures Ordens, den Stellvertreter Gottes, ausschlaggebend? Die reine Versorgung eurer Truppen? Die Erwirtschaftung von finanziellen Mitteln für eure Brüder im Osten? Die Rekrutierung von Männern für die Rückeroberung Jerusalems?“ Sie sah ihn an und ergänzte. „Wahrscheinlich wäre der Kampf im Heiligen Land zum Erreichen der Absolution auch die einzige Möglichkeit marodierende Wegelagerer und verzweifelte, plündernde Vertriebene vor dem Schafott zu retten, denn der Gerechtigkeit muss auf die ein oder andere Art genüge getan werden.“ Sie konzentrierte sich auf seinen Blick und lächelte verschmitzt. „Warum konzentriert sich ein bisher noch Fremder wie ihr, ein Franzose, auf diese Ländereien?“

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Ihr Gegenüber beobachte Alida neugierig. Er schien sich sehr wohl bei ihrer Unterhaltung zu führen. Als Alida das Gespräch auf seine Motivation lenkte, musste der Templer leicht schmunzeln. „Mit aller Bescheidenheit kann ich von mir sagen, dass ich durchaus guter Verwalter und Seneschall bin. Ich ziehe große Freude und Erfüllung daraus, Dinge prosperieren und sich entwickeln zu sehen.“ Sein Grinsen wurde breiter. „Natürlich bin ich kein Heiliger. Ich sehe auch das Potenzial für meinen Orden. Genauso tun das meine Oberen, sollten wir es schaffen engere Bindungen mit Flandern und seiner Tuchindustrie aufzubauen. Nicht zuletzt wünsche ich mir aber, dass meine Nichte in Zukunft gut versorgt ist und ich bin durchaus bereit meinen Teil dafür beizutragen.“ Der Templer füllte noch einmal ihre Becher nach. „Das führt uns auch wieder zum Thema der Zinspacht. Im Grunde habt ihr recht. Es ist ein Zehnt, aber das ist nicht alles. Ein Pächter ist kein Höriger. Er muss also nicht auf dem Land seines Lehnsherren arbeiten, braucht keine Einwilligung von diesem für eine Heirat oder den Bau eines Hauses und entscheidet selbst welche Feldfrüchte oder Tiere er auf seinem Grund kultivieren möchte. Diese Idee steht und fällt natürlich mit dem Vorhandensein von Pächtern und da dachte ich, vielleicht ist es ja möglich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.“



„Ich würde den Banditen gerne Land um Flussfall anbieten, gepaart mit einem Versprechen der Absolution, dass von den Männern vielleicht nicht verlangt den langen Weg nach Jerusalem antreten zu müssen. Die verbliebenen Männer werden hier gebraucht, insbesondere jetzt wo die Gräfin von Flandern großzügigerweise bereit war den Kreuzzug zu unterstützen.“ Die Betonung seines letzten Satzes war eigenartig. Beinahe als würde der Templer die Entscheidung der Gräfin missbilligen, was für einen Mann in seiner Position aber eigentlich undenkbar wäre. Henri Marquet legte die Fingerspitzen aneinander. „Natürlich könnte man ein solches Arrangement durchaus als unkonventionell bezeichnen, insbesondere konservative Herren fürchten den Verlust des Status Quo...oder Macht.“ Henri schwieg einen Moment. „Ich habe mich in diesem Zusammenhang natürlich gefragt, wie weltoffen der Herr von Flussfall eigentlich ist. Bis jetzt habe ich einen guten Eindruck gewinnen dürfen, allerdings kenne ich ihn noch nicht sonderlich lange. Daher würde mich interessieren was ihr denkt? Ist Karl von Flandern offen gegenüber neuen Ideen? Oder meint ihr, er ist mehr als Traditionalist zu bezeichnen? Immerhin ist er als Knabe gelegentlich bei euch ein und ausgegangen? Sein Stiefvater war ein Mitglied eurer Familie oder irre ich mich?“ Die Mimik und Gestik ihres Gegenübers machten klar, dass er sich keinesfalls irrte. Er hatte sich offenbar informiert.

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Alida griff nach dem Becher und führte ihn erneut zum Mund. Mehr um Zeit zu gewinnen als wirklich einen Schluck zu nehmen. Sie sah zu den Bediensteten hinüber sowie zu Siegfried, dann wieder zu Henri de Marques. Es war jedem klar, dass bei diesen Zuhörern ihr Gespräch nicht über viel mehr als Geschäftliches hinaus gehen konnte. „Ich bin mir sicher der Herr von Flussfall ist genau so weltoffen oder konservativ wie seine Stellung es erfordert.“ Sie stellte den Becher wieder ab.

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„Der alte römische Gelehrte Seneca hat einst geschrieben, es braucht erheblich mehr Intelligenz und rhetorisches Geschick um mit vielen Worten nichts zu sagen als umgekehrt. Nachdem ich euch endlich kennenlernen durfte, kann ich nur sagen das niemand euren Intellekt oder eure Eloquenz je anzweifeln sollte.“ Der Templer nickte Alida zu. Er schien ihre Antwort zu akzeptieren. „Ich habe eure kostbare Zeit schon zu lange in Anspruch genommen. Ich werde eurer Familie ein offizielles Angebot zukommen lassen und dann können wir alle weiteren Details aushandeln. Ist das für euch annehmbar?" Der Hochmeister drehte sich zu seinem Ordensbruder um. "Siegfried? Wärst du so freundlich den Dienern Bescheid zu geben, dass wir fertig gespeist haben?“ Der ältere Templer schien kurz zu überlegen. Wahrscheinlich ob es schicklich wäre seinen Herrn mit einer fremden Frau alleine zu lassen, entschied sich dann aber offenbar dafür. Immerhin waren die beiden kein junges, verliebtes Paar, sondern ein Hochmeister der Templer und eine ältliche Matrone, die einer respektablen Familie vorstand. Schließlich nickte der Deutsche und verließ den Raum. Marquet nahm ein paar letzte Bissen zu sich.

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