Vampire: Die Maskerade

Louisa schmunzelte. "Nun, da wir in gewisser Weise Schwestern im Geiste zu sein scheinen, erfordert es nicht viel, Eure Gedanken in dieser Angelegenheit zu erraten. Die meinen zu ahnen, dürfte Euch im Gegenzug ebenfalls kaum Probleme bereiten, vermute ich." Sie begann wieder das nachlässige Spielen an den Zierschnüren ihres Mieders, während sie die Beine elegant übereinander schlug und den einen Fuß ein wenig wippen ließ. "Die Verborgenen sind schwer durchschaubar" sinnierte die Brujah und warf Theresa dann einen Blick zu, der von einem weiteren Lächeln mit makellos blitzenden Zähnen begleitet wurde. "Ihr beweist einmal mehr Eure vorausschauende Art, meine Liebe: Ich werde das ehrenwerte Mitglied des Rats bitten, mich in aller Form vorstellen zu dürfen. Man hört, dass die seines Blutes sehr empfindlich sein können, was Unhöflichkeit angeht. Auf der anderen Seite mögen sie jenen gegenüber aufgeschlossener sein, die auch ihnen Ehrerbietung erweisen." Ein leises Lachen perlte von ihren Lippen.

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~ Begehren ist die Triebfeder allen Handelns ~

„Ich denke, Ihr geht den richtigen Weg, verehrte Schwester. Diese Domäne hält Belohnungen für jene bereit, die in der Lage sind, sich diesen als würdig zu erweisen und klug zu agieren.“ Ein anerkennendes Nicken begleitete die Worte. „Dennoch hoffe ich natürlich…“ Die Worte der Tremere waren präzise und vorsichtig gewählt, die Intonation ruhig und bescheiden. „…dass auch jene Eure Erinnerung nicht verlassen, die Euch bei Euren Vorhaben unterstützt haben und nichts anderes getan haben, als die Hand der Freundschaft auszustrecken.“ Viele Dinge blieben ungesagt, aber eine Sache war Louisa absolut klar. Theresa erwartete mindestens Anerkennung, wenn nicht sogar eine Belohnung für ihre zukünftige Unterstützung. Bei aller Freundlichkeit und Koketterie, blieb sie doch eine Kainitin, die das politische Spiel der Unsterblichen offenbar durchaus verstanden hatte.

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- Do not go gentle into that good night. Rage, rage against the dying of the light. -

"Ihr könnt versichert sein, liebe Schwester," erwiderte Louisa und legte ihre Hand leicht auf die Theresas, fast wie ein Galan bei seiner Geliebten, "dass ich mich nicht nur all jener erinnern werde, die mir zu schaden trachteten, sondern auch und besonders jener, die mir freundlich gesonnen waren." Sie neigte sich leicht nach vorn, sah Theresa in die Augen und fügte leise, mit weicher Stimme hinzu: "Ich werde mich ihrer erinnern und... dankbar sein. Sehr... dankbar." Nun glomm in ihren Augen ein Feuer, das selbst für einen aufmerksamen Beobachter nur schwerlich zu deuten war. Es schwang in ihren Worten und Gesten ganz eindeutig jenes schwere, samtige Element des Sexuellen und der Verführung mit, das Teil ihrer Persönlichkeit war. Dieses Mal jedoch blieb unklar, ob sie sich nur ein weiteres frivoles Locken mit ihren Reizen erlaubte, obwohl sie damit keine tiefergehenden Absichten verband, ganz die Geschäftsfrau, die soeben mit einer Gleichgesinnten verhandelt hatte – oder ob die leicht geöffneten Lippen und die Intimität der Nähe, die sie suchte, womöglich auf echte Leidenschaft hindeuteten, welche sie für die andere Kainitin empfand, ungeachtet der Tatsache, dass die eher ein Kopfmensch schien. Die Brujah verstand sich meisterlich auf die Kunst des erotischen Raubtiers. Ob sie jedoch in diesem Moment Raubtier oder Beute war, mitgerissen vom Strom ihres Bluterbes, oder gar beides zugleich...

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~ Begehren ist die Triebfeder allen Handelns ~

Theresa roch ausgesprochen gut. Nach exotischen Gewürzen und leicht süßem Räucherwerk. Diser Duft war dem sehr ähnlich, den Louisa bereits im Gildehaus gerochen hatte. Die plötzliche Realisation dessen, was die Brujah mehr oder weniger implizierte, schien die Magierin jedoch wie der Schlag zu treffen. Hätte die Tremere erröten können, hätte sie es in diesem Moment sicherlich getan und sie berührte mit einer scheuen Bewegung Louisas blonde Mähne. „Ihr habt so wunderschönes Haar...“ Sie murmelte, beinahe wie in Trance, nur um sich dann eilig, als hätte sie sich verbrannt, von der Brujah abzuwenden. Theresa wirkte irritiert, allerdings nicht abweisend oder erzürnt. „Also…ähm…ich meinte…“ Louisa hatte ihr Gegenüber offenbar völlig aus dem Konzept gebracht, das konnte sie voller Zufriedenheit feststellen. Die Tremere räusperte sich und schien sich wieder zu fangen. „Ihr habt Charme und Eure Worte versprechen viel, aber auch ich habe Erkundigungen über Euch eingezogen…“ Theresa stockte noch immer ein wenig. „Wie könnte ich je davon ausgehen, dass ihr mehr wollt, als nur mich zu umgarnen und Euch meine Hilfe ohne Gegenleistung zu versichern? Lasst Euch sicher sein, viele haben dies bereits versucht und ich bin durchaus bereit aus Fehlern zu lernen.“ Die Tremere wirkte nach ihrem vorherigen Durcheinander wieder etwas gefasster.

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Die Nüstern der Brujah zitterten leicht, als sie den Duft der Tremere in sich aufnahm. Ihr Lächeln vertiefte sich angesichts der Reaktion Theresas. "Ihr wisst gar nicht, wie recht Ihr habt und wie unrecht zur selben Zeit" lachte sie leise, legte ihre Hand auf die ihres Gegenübers und hielt sie dort, wo sie war, auf der honiggelben Pracht ihrer langen Mähne. "Gefällt es Euch, ja?" erkundigte sie sich sanft, zog dann die Hand Theresas an ihre Lippen und berührte sie zu einem Kuss, wobei sie über den Handrücken zur Besitzerin der Hand hinauf lächelte. "Gewiss habt Ihr gehört, dass ich ein schamloses Weib sei. Eine sündige Verführerin, eine Dirne, die einen jeden bezirzt, um ihn im Netz seiner Begierden zu fangen und an sich zu binden. Nun... ich kann nicht leugnen, dass ich eine leidenschaftliche Frau bin" murmelte sie, die Lippen noch an Theresas Hand. "Doch bin ich, im Gegensatz zu vielen anderen Kainiten, in der Lage, die Lust nicht nur als Mittel zum Zweck zu sehen, sondern sie auch auszukosten – mir in ihr einen Funken des Lebens zurückzurufen, das uns mit dem Kuss genommen wurde." Nun umfasste sie die Finger der Tremere mit beiden Händen, zog sie herab, sanft, und an ihren Busen, gegen den sie sie drückte, dabei zärtlich über den Handrücken streichelnd.

"Sagt mir, fürchtet Ihr mich oder Euch selbst? Habt Ihr Sorge, dass Euch die Leidenschaft ebenso packen könnte wie mich, dass Ihr Eure kostbare Vernunft für eine Zeit vergessen könntet? Denn auch ich fange mich gelegentlich in jenem Netz, erliege meinen Begierden... stehe vor Euch mit gebundenen Händen, wehrlos..." Nun näherte sich ihr Mund dem Ohr Theresas, bis ihre Lippen ihn fast berührten. "Wollt Ihr es riskieren?" hauchte sie kaum hörbar. "Eure Furcht überwinden, Euch freiwillig in das Netz begeben, mit mir, für ein paar Stunden nur, und die Glut spüren, die Ihr so lange vermissen musstet..?" Nach einer Pause fügte sie hinzu: "Ich wäre sehr gespannt, von Euch zu erfahren, ob Ihr es im Nachhinein für eine große Dummheit und Schwäche haltet wie so viele – oder ob Ihr Euch meiner Sicht anschließen könnt, dass Leidenschaft Leben und Stärke bedeutet und dass manche Fehler zu machen ein Gewinn sein kann..." Nun hauchte sie noch einen Kuss auf Theresas Wange, deren Hand noch immer haltend, so diese es zuließ, ihr aber auch keinen Widerstand entgegensetzend, würde sie sich zurückziehen.

((Wenn ich dir beschreiben soll, wie Theresa Louisas Beweggründe einschätzt, gib mir gern bescheid. Vielleicht mit einer Andeutung, wie gut sie sie durchschauen kann ))

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Theresa erstarrte unter den Berührungen ihrer Gegenüber. Sie schien wie versteinert, bis sie sich kurz vor dem Kuss ihrer Nähe entzog, um Distanz zwischen sich und Louisa zu bringen. Ihre Miene war eine Mischung aus Entgeisterung und Schock. „Ihr vergesst Euch!“ Die Tremere erhob sich und schritt in Richtung Ausgang. Louisa hatte genug Männer und Frauen in ihrem Leben kennengelernt, um ihren Fehler zu erkennen. Sie war zu schnell vorgegangen und zu fordernd aufgetreten. Offenbar hatte sie zu schnell Grenzen bei Theresa überschreiten wollen, die sie nicht kannte. Sie war eine Jägerin gewesen, die ihre scheue Beute verscheuchte, bevor sie überhaupt in Schussweite war. Theresa drehte sich noch einmal um, wirkte wieder gefasst und ein unter der Oberfläche brodelnder Zorn war in ihrer Stimme wahrzunehmen.

„Ihr habt recht. Ich habe all diese Dinge gehört, die ihr beschreibt. Ihr schmückt Euch damit als wären es Federn, aber nichts entspricht der Wahrheit. Ihr seid schlimmer. Ihr verbergt Euch hinter schönen Worten des Lebens und Versprechungen der Leidenschaft, die zu schön sind, um wahr zu sein und…ja genau das sind sie. Sie verbergen offenbar nichts als eine Sucht, die es zu befriedigen geht, wie ein Mann, der am Weinschlauch hängt und jede Möglichkeit nutzt, seinen Durst zu stillen und dies versucht hinter einer Fassade aus Geselligkeit und Schmeichelei zu verstecken.“ Der anfängliche Zorn war inzwischen aus der Stimme der Tremere gewichen und lediglich Erschöpfung und Resignation blieben zurück. „Ich habe Män…Menschen wie Euch gekannt und keine Bedürfnisse, solche Bande wieder zu knüpfen. Wenn Ihr meint, dass ich ohne Sinn und Verstand auf eine Fremde anspringen würde, wie eine Hure, dann hättet ihr wenigstens den Anstand haben können mich zu bezahlen. Theresa wandte ihre Züge ab. „Für das, was es wert ist – ich fand wirklich, dass ihr schönes Haar hattet, aber es wäre besser gewesen, wenn ich das nie gesagt hätte.“ Dann ließ Theresa die Brujah zurück, um in den labyrinthartigen Gängen des Gasthauses zu verschwinden.

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Auch die Brujah erstarrte. Ihre Hände verblieben, wo sie waren, auch wenn Theresa schon zurückgewichen war. Die Worte der Tremere vernahm sie noch immer reglos, nur die ohnehin schon blasse Farbe ihres Gesichts näherte sich noch weiter einem kalten Marmorweiß. Ihre Augen hingen brennend an der Frau, die ihr Vorwürfe entgegenschleuderte. "Ihr..." begann sie erstickt und fühlte ihre Stimme versagen. Für einen Moment zuckten ihre Finger, als sie eine Bewegung machte, als ob sie die Tremere ergreifen wolle. Ergreifen... packen und zudrücken, ihr Schmerzen zufügen, sie zwingen und ihr die bornierte Blindheit aus dem Leib prügeln, mit purer, brutaler Gewalt..! Die Welle der Aggression wusch über sie hinweg und drohte sie mitzureißen. Noch während sich Theresa zum Gehen wandte, schwankte sie einem Baum im Sturm gleich. Bis sie sich wieder weit genug unter Kontrolle hatte, war sie bereits allein, und alle Worte waren ungesagt geblieben, die ihr noch auf der Zunge gelegen hatten. Schließlich schloss sie die Augen und murmelte: "Ihr seid so blind..." Dann biss sie die Zähne aufeinander, trat zur Wand und schlug mit der geballten Faust dagegen. Noch einmal und noch einmal. So lange, bis der Schmerz in ihren aufgeplatzten Knöcheln den in ihrer Brust übertönte. "So blind und doch so überzeugt von Eurer Klarsicht..." Auch in ihrer Stimme lag Resignation. Es war eine Chance gewesen, jene Freuden mit jemandem zu teilen, der nicht nach wenigen Jahren altern und dahinwelken würde. Aber das Ding in ihr hatte sie wieder einmal zu schnell, zu ungestüm voranstürzen lassen. "Ich hasse dich..! Oh wie ich dich hasse! Willst du mir denn gar nichts lassen..?" flüsterte sie.

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Das Tier in ihr antwortete nicht. Es agierte und reagierte, aber es antwortete nicht und so senkte sich Stille über die Brujah herab, bevor sich ihre Wut Bahn brach. Die fest gemauerte Wand erzitterte unter ihren Schlägen und ein wenig Staub rieselte wie frisch gefallener Schnee auf Louisa herab. Dann herrschte wieder Stille, dieser unerträglich laute Stille und sie war allein.

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Sie stierte auf ihre blutigen Knöchel, als gehöre die Hand einer anderen Person. Zwei kirschrote Rinnsale zogen sich von den Augen der Brujah bis hinab zu ihrem Kinn, wanderten in trägem Tempo abwärts, stockten und begannen dann erneut ihre Wanderschaft, als sie die Augen schloss und die Lider fest zusammenpresste. Schließlich kam sie wieder so weit zur Besinnung, dass sie die Spuren aus ihrem Gesicht entfernen konnte, bevor sie mit erstarrten Zügen herumfuhr und in einem Wirbel rauschender Röcke den kürzesten Weg ins Freie nahm. Weg, so weit weg wie möglich von Mensch und Tier suchte Louisa zu gelangen, ehe die Erkenntnis des gerade Geschehenen sich wieder in den Vordergrund drängen und eine zweite, schlimmere Welle der Wut, der Verzweiflung und der sinnlosen Aggression auslösen würde.

Vielleicht würde man etwas später in dieser Nacht in irgendeiner abgelegenen Gegend der Stadt den langgezogenen Schrei einer Frau hören, bei dessen Klang sich so mancher fragen mochte, was dem bedauernswerten Weib wohl widerfahren sein konnte, dem diese Stimme gehörte. Der Zorn, das Aufbegehren, das Gefühl der Machtlosigkeit und Erniedrigung, die daraus sprachen, würden die einfacheren Gemüter wohl zu der Vermutung bringen, dass diese Evastochter in die Hände gottloser Lüstlinge gefallen sein musste – die Empfindsameren würden leicht erschauern, wenn sie sich nicht des Gefühls erwehren könnten, dass selbst diese größte Demütigung für eine Frau kaum solch eine unbeschreibliche, unmenschlich klingende Wut hervorrufen konnte...

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Die nächsten Nächte verliefen nach dem explosiven Ende ihrer Begegnung mit Theresa relativ ruhig. Die Tremere schien man allerdings nirgendwo anzutreffen, ebensowenig wie Charlotte Erembald. Wie Louisa herausbekommen konnte, war die Ventrue seit einiger Zeit in Gent und Theresa war im Moment wie vom Erdboden verschluckt. Ihre Unternehmung, die Angehörigen des jungen Opfers zu finden, waren da schon von mehr Erfolg gekrönt, auch wenn ihr Ghul Odric – wohl vergeblich, wie er irgendwann einsehen musste – ihr auszureden versuchte, sich dieses Problems anzunehmen.

Das Ratsmitglied Thorson hatte nämlich sein Versprechen erfüllt und den Mann und seine Hinterbliebenen ausfindig gemacht. Zwei Tage nach ihrem Treffen erreichte sie ein Brief mit den entsprechenden Informationen. Das junge Opfer, hieß Luca und war ein Tagelöhner, der tief in einem schmutzigen und heruntergekommenen Teil von Brügge, eine Frau namens Ida und einen kleinen Sohn von etwa 3 Jahren hinterlassen hatte. Offiziell hieß es, dass der junge Mann einer Krankheit erlegen war und dass einer der Heiler die Frau und das Kind schon aufgesucht hätte, um nach deren Gesundheit zu schauen und sicherzugehen, dass in der Stadt keine Epidemie ausbrach.

Herauszufinden, wer für diesen Angriff auf ihre Stellung in der Stadt verantwortlich war, stellte sich erst einmal als erheblich schwieriger heraus. Ohne zusätzliche Informationen würde es herausfordernd werden, diesem Mysterium weiter auf den Grund zu gehen. Im Grunde blieben ihr aber noch ein paar Möglichkeiten. Sie könnte zum Beispiel warten, bis Charlotte zurück war, oder versuchen, sich an die Nachtwache zu wenden, die unter dem Einfluss von Ratsmitglied Sabatier stand. Wenn es Hinweise auf verdächtige Geschehnisse in der Nacht gab, dann dort. Letztlich blieb auch noch wie in jeder kainitischen Stadt noch immer die Möglichkeit, die Nosferatu aufzusuchen, auch wenn nie genau klar war, wie ergiebig – oder eben auch teuer – eine solche Abkürzung bezüglich Informationen werden konnte.

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