Vampire: Die Maskerade

"Begeistern? Allerdings!" erwiderte Louisa. Wie ein Flämmchen, das durch einen Windstoß auflodert, schien sich ihre Tatkraft an der neuen Idee zu entzünden. Die Brujah wirkte, wenn man sie mit sehr feinen Sinnen betrachtete, fast ein wenig fiebrig. Ihre schlanken Hände gestikulierten eigenständigen Lebewesen gleich. "Wir könnten uns zusammentun, um eine jede von Einfluss und Möglichkeiten aller zu profitieren. Gewiss habt Ihr selbst schon oft genug die Erfahrung gemacht, dass unsere Welt von Männern geprägt ist. Und selbst die meisten Kainiten unter ihnen verharren allzu gern in der vermeintlichen Gewissheit ihrer Überlegenheit, als mache es reifer oder weiser, Hosen anstelle eines Kleides zu tragen." Sie lächelte Theresa grimmig zu, vielleicht mit einem winzigen Hauch von Bitterkeit. "Lasst es uns ihnen zeigen, dass dem nicht so ist! Ich bin mir fast sicher, dass die Herrin Erembald ganz ähnlich denken wird, denn auch sie muss zweifellos mit jenen festgefügten Urteilen kämpfen."

Zurück auf das Elysium geführt lehnte sie sich zurück und legte sich eine Hand auf die Brust, als müsse sie wie eine Sterbliche erst einmal wieder Atem schöpfen. Dann runzelte sie fragend die Stirn. "Eine neue Klientel..? Ich muss gestehen, ich vermag mir noch nicht ganz vorzustellen, was der Herrin vorschwebt." Indem sie die Hände faltete und eingehend zu betrachten schien, fuhr sie nachdenklich fort: "Ihr seid recht informiert, ja. Ich glaube, man kann die Jungfrau als ein sicherlich wohl etabliertes Elysium bezeichnen, das allen formalen Anforderungen gerecht wird und einen würdigen Rahmen für offizielle Anlässe bietet. Indes... wie soll ich sagen? Es ist vielleicht ein wenig zu sehr etabliert. Ihr werdet kaum erstaunt sein, dass ich mich eher an einer gewissen Dynamik erfreue, einem frischen Wind, der es beispielsweise Frauen, wie Euch und mir, erlaubt, sich ihre Stellung selbst zu erobern. Dafür mag ein neues Elysium sich eher anbieten, wie es die Herrin ja offenbar auch bereits in Angriff genommen hat. Jedenfalls schließe ich das aus ihren und Euren Worten. Doch nun sagt, ehe ich vor Neugier einen zweiten Tod sterbe: Wisst Ihr näheres über ihr Vorhaben?"

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~ Begehren ist die Triebfeder allen Handelns ~

„Soweit mir bekannt ist, sieht Charlotte Erembald das genauso. Ein würdiger Rahmen für offizielle Anlässe. Gepflegt und zivilisiert, so wie es sich gesellschaftsfähige Kainiten eben wünschen.“ Theresa lächelte verschwörerisch. „Die uns beiden bekannte Ventrue fragte sich aber auch, ob es nicht lohnenswert sein könnte, sich auch um die weniger ‚gesellschaftsfähigen‘ Mitglieder unserer Art zu kümmern.“ Der Tremere schien der Gedanke offenbar zuzusagen, denn so führte ihre Erklärung mit Begeisterung fort. „Wie ihr wisst, wird Brügge von einem Bund aus fünf Kainiten angeführt. Zwei dieser Vampire gehören den niederen Clans an, der Hauptmann und Gangrel Lucien Sabatier, sowie der Anführer der Nosferatu Gerrit der Alte. Diese hohe gesellschaftliche Position der beiden gibt anderen Mitgliedern der niederen Clans Hoffnung hier in Brügge ebenfalls ihr Glück, sowie gesellschaftliche Anerkennung finden zu können.“ Theresa schwieg kurz, um Louisa die Zeit zu geben, über das gesagt nachzudenken. „Charlotte Erembald möchte diese Hoffnung unterstützen.“ Sicherlich würde die Ventrue auch Kapital, sei es materiell oder anders, aus all dem schlagen wollen. Zumindest konnte Louisa dieser Gedanke kommen, aber dieser Teil blieb ungesagt. „Ein offizielles Elysium, ein Ort des Friedens und der Zusammenkunft, nur eben mit einer anderen Klientel im Blick. Was haltet ihr von dieser Idee?“

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- Do not go gentle into that good night. Rage, rage against the dying of the light. -

Louisa erwiderte das Lächeln der Tremere. "Eine sehr gute Frage. Ich vermute, die geehrte Dame sieht hier ein Potential, das mir ebenfalls lohnenswert erscheint." Mit einem gewissen Amüsement nahm sie wahr, dass sich Theresa nun ihrerseits zu begeistern begann. Waren nicht beide Frauen, wie sie hier saßen, ebenfalls nicht ganz gesellschaftsfähig in den Augen so manches etablierten Kainiten? Indem sie sich nach vorn beugte, hörte sie den Ausführungen ihres Gegenübers mit sichtlichem Interesse zu. "Den Hauptmann habe ich bereits näher kennengelernt, den Nosferatu noch nicht" bemerkte sie und schauderte leicht. Trotzdem sie bereit war, sich jedem möglichen Verbündeten offen zu zeigen, hinterließ das grausige Äußere vieler Nosferatu bei der in die Schönheit verliebten Brujah stets ein unbehagliches Gefühl. Dass sich die meisten Angehörigen dieses besonders beladenen Clans den Sinnen zu entziehen vermochten, nahm sie als einen Segen für beide Seiten.

Langsam nickend befingerte sie gedankenverloren ihre Haube und ringelte dann eine Strähne ihres Haars um den Zeigefinger. "Sicherlich wären diejenigen höchst dankbar für solche Unterstützung" sinnierte sie, hielt inne und warf Theresa einen verständnisinnigen Blick zu. Sie schienen sich bestens zu verstehen, denn die Möglichkeit, hieraus seine Vorteile zu ziehen, waren offenkundig. "Ich muss sagen, ich bewundere den Unternehmungsgeist der Herrin" meinte sie denn auch ohne zu zögern. "Es will mir scheinen, dass ein solches Unternehmen auf mindestens ebenso viel Unterstützung gleichgesinnter Kainiten stoßen wird wie auf Widerstand seitens derer, welche den Status Quo unverändert erhalten möchten." Das Glitzern in ihren Augen deutete an, welcher Gruppe Louisa zuzurechnen wäre. "Ich darf wohl behaupten, dass ich mich dem bereitwillig anschließen würde. Ich nehme an, Ihr seht es ebenso, meine Liebe? Denn letztlich gehören wir als Weibsvolk ganz ähnlich zu den von diesem Status Quo Benachteiligten wie jene, deren Blutlinie man als nicht rein oder edel ansieht."

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Theresa lauschte Louisas Worten und schien beinahe verzückt über das Gehörte. „Meine Wenigkeit wird dieses Vorhaben ebenfalls unterstützen, das habt Ihr richtig erkannt.“ Die Magierin nickte langsam, während sie ihre goldenen Armreifen richtete, die einen leisen, metallischen Klang von sich gaben. „Unter uns beiden.“ Theresa lächelte verschwörerisch. “Ich denke Euer Interesse, an dieser Unternehmung, ist klug. Dennoch, ihr seid ein Mitglied der hohen Clans. Ihr solltet Euch bewusst sein, dass Euer Einsatz bezüglich dieser Unternehmung sowohl mit Vorteilen als auch mit Nachteilen einhergehen kann. Insbesondere bei denen, die, wie ihr so schön sagt, eher geneigt sind, am Status Quo festzuhalten.“ Die Tremere lächelte. „Die Herrin Erembald erwarte nicht, dass Ihr Euch sofort entscheidet. Der heutige Abend sollte vor allem dazu dienen Euch die Idee…nun sagen wir schmackhaft zu machen.“ Theresa wirkte zufrieden. „Allerdings freut es mich zu sehen, dass dies ganz offenbar der Fall ist. Effizienz und Entscheidungsfreude sind Tugenden, denen man unter unserer Art selten begegnet. Nur so aus Neugierde, in welcher Position würdet Ihr Euch denn im Gefüge dieser Idee sehen? Welche Stärken habt Ihr, die Ihr gewinnbringend für alle Beteiligten und natürlich auch Euch selbst ausspielen könntet?“

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Louisa lehnte sich zurück und spielte an den Stickereien ihres Mieders. "Unter uns beiden, meine Liebe: Es liegt im Blut meines Clans, unabhängig zu sein. Selbst jene Brujah, die als etabliert gelten, rebellieren gegen die Dinge – auf ihre Art." Hier hielt sie inne und sah nachdenklich vor sich hin. Dann huschte wieder ein mutwilliges Lächeln über ihre Züge, und sie fuhr fort, die kleinen glitzernden Muster der Stickerei in einer Weise mit den Fingerkuppen nachzufahren, bei der einem sterblichen Mann heiß und kalt geworden wäre. "Und wir, die wir ihnen folgen, begehren wiederum gegen sie auf. Es liegt in der Vitae. Und ich glaube, das ist, was uns sehr mit dem Leben verbindet, auch wenn wir es selbst nur noch wie Diebe in der Nacht kosten. Ohne dies..." Louisas schlanke Finger unterbrachen ihre laszive Tätigkeit und machten eine obskure Geste. "...wäre es ein reines Existieren. Und das, meine Liebe, ist mir zu wenig!"

Sie schürzte die Lippen. "Insofern könnt Ihr und kann auch die Herrin Erembald davon ausgehen, dass ich eine Unterstützerin dieses Unternehmens sein werde. Und da Ihr mich so direkt fragt," schloss sie an und lächelte Theresa äußerst gewinnend an, "möchte ich behaupten, dass ich es sehr gut verstehe, Beziehungen zu knüpfen. Ich spreche gern mit anderen und könnte mir durchaus vorstellen, Aufgaben der Etikette zu übernehmen. Zu repräsentieren und die Balance zu finden zwischen der Formalität, ohne die man die direkte Feindschaft der Mächtigen herausfordern würde, und der Offenheit, mit der sich jener Kreis angesprochen fühlen wird, den Ihr im Auge habt." Sie tippte sich einige Male sinnierend mit dem Zeigefinger auf die Lippen. "Ich denke, man könnte eine solche Position als die Hüterin des Elysiums bezeichnen, auch wenn ich dies mehr auf den Umgang miteinander beziehe. Mit offenen Streitigkeiten und Regelbrüchen umzugehen, diese Aufgabe wäre glaube ich bei anderen besser aufgehoben. Hierfür ist kühleres Blut als das meine ratsam."

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„Ich weiß aus persönlicher Erfahrung, dass die Herrin Erembald entschiedenes Handeln schätzt und weder Zeit noch Geduld für leere Worte hat.“ Theresa kicherte kurz. Offenbar erinnerte sie sich an eine spezifische Begegnung mit der Ventrue. Dabei strich sie sich eine ihrer kohlschwarzen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Louisa sah in diesem Moment, dass auch die Tremere grundsätzlich das Erscheinungsbild hätte, Männern oder Frauen die Knie weich werden zu lassen und diese zu verführen. Dennoch hatten ihren Gesten und Bewegung nicht die Fähigkeiten der Brujah, die es ihr erlauben würden, so viel Tieferes als das Gesagte zu kommunizieren und Lust auf ‚mehr‘ zu machen. Es war beinahe eine Verschwendung von Potenzial, welches Louisa zweifelsohne besaß und meisterlich beherrschte.

Die Tremere wurde wieder etwas ernster und geschäftiger. „Was die Vergabe von Positionen angeht, wird es sicherlich noch eine Weile dauern, bis solche Entscheidungen final getroffen werden. Dennoch mag es sein, dass ihr bezüglich Eurer Aspirationen Konkurrenz haben könntet. Mit der Eröffnung eines neuen Elysiums wird die von Euch genannte Position nämlich einiges an Aufmerksamkeit auf sich ziehen und es wird gemunkelt, dass ein Lager in der Stadt ebenfalls ein Auge auf die Rolle des Hüters geworfen hat.“ Theresa Mimik und Intonation ließen darauf schließen, dass die Worte wohl platziert waren, und diese gespannt war, wie die Brujah auf diese Information reagieren würde.

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Nicht zum ersten Mal glitt der Blick Louisas mit einer Mischung aus Anerkennung und Begehren über den Körper der Tremere. Ohne falsche Scham, was ihre Begierden anging, stellte sie fest, über welches brachliegende Potential Theresa verfügte – womöglich gar ohne sich dessen gänzlich bewusst zu sein. Erneut nahm ihr Zeigefinger seine laszive Wanderung über den Rundungen unter ihrem Mieder auf, während sie sinnierend diejenigen Theresas mit ihren Augen erforschte. "Leere Worte muss sie von mir nicht befürchten. Wenn ich ein Ziel vor mir sehe, kann ich sehr... zupackend sein." Ihr Lächeln wirkte wie das eines boshaften Engels, als sie den Blick hob, deutlich nachdem sie ihren Satz beendet hatte, die Worte in ihrer Zweideutigkeit beinahe lustvoll unterstreichend.

Trotzdem ihr dieses Spiel endlose Freude bereitete, schloss sie sich jedoch der Tremere an, als deren Ton wiederum geschäftlich wurde. "Nun, das erstaunt mich nicht. Allerdings, wie ich soeben sagte: Wenn ich ein Spiel beginne, bin ich bereit zu einem angemessenen Einsatz. Und ein Ziel, das niemand sonst zu erreichen sucht, ist nur selten lohnend. Wiewohl ich nicht daran interessiert bin, meine Beziehungen zu irgendeinem der Lager in der Stadt mutwillig zu schädigen" – an dieser Stelle ahmte sie Theresas Sprachrhythmus nach, ohne den Eindruck zu erwecken, eine Parodie anzustreben. Vielmehr schien sie zu verstehen geben zu wollen, dass sie die feinen Nuancen in deren Worten durchaus wahrgenommen hatte - "so gedenke ich meine Ambitionen nicht zu beschneiden, denn ich bin überzeugt davon, der Domäne und dem geplanten Elysium sehr nützlich sein zu können."

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„Die Domäne wird zweifelsfrei profitieren, es ist nur die Frage, wer am Ende die Lorbeeren für dieses Unterfangen ernten darf.“ Theresa lehnte sich zurück und schwieg für einen, beinahe unangenehm langen Moment, bevor sie weitersprach. „Bezüglich dem, was ich gehört habe, wollen die Nosferatu den Platz des Hüters für sich beanspruchen. Nicht Gerrit der Alte selbst, aber einer seiner Brut. Ein Verborgener namens Kobalt. Er ist als Chronist der Stadt und Liaison des Clans tätig. Kobalt ist lange schon in dieser Domäne tätig und wird von den meisten Kainiten hier für seine Verlässlichkeit geschätzt. Dennoch…“ Die Tremere schien die nachfolgende Information auskosten zu wollen, beinahe wie eine Süßigkeit, die sie langsam auf der Zunge zergehen ließ. „… Dennoch wird gemunkelt, dass dieser eigentlich kein Interesse an dieser Position hat.“ Theresa lehnte sich zurück und wartete. Sie schien die Reaktion der Brujah abwarten zu wollen.

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"In der Tat" nickte Louisa. Die Lorbeeren – Verdienste, Gefallen und das Schulden ebensolcher, die Währung unter den Kainiten, mit denen Ruf, Einfluss und Macht rasant steigen, aber auch fallen konnten... "Ein Chronist?" wiederholte die Brujah und legte die Fingerspitzen aneinander. "Ein Gelehrter also, der zudem im Ruf der Verlässlichkeit steht? Zweifellos ein Mann, von dem man treue und gleichbleibende Dienste erwarten kann." Ein schmales Lächeln spielte um ihre Lippen. "Allerdings auch einer, dem der Fluch seiner Blutslinie im Wege sein würde, wo es darum geht, konziliant zu sein, zuzuhören, Wogen zu glätten und Mächtige zu betören. Und wie Eure Worte anzudeuten scheinen..." fügte sie hinzu und machte ebenfalls eine bedeutsame Pause, "...teilt er meine Auffassung diesbezüglich. Was mich vermuten lässt, dass dieser Kobalt fürwahr ein Mann mit Weitsicht ist." Wiederum pausierte sie kurz. "Womöglich lassen sich Verstimmungen oder gar ein unangenehmer Konflikt vermeiden, indem man das Gespräch mit ihm sucht, ehe die.... Wahrnehmung entsteht, es bestehe Anlass zu einem solchen."

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Die Tremere schien die Wortwahl der Brujah mit einem zufriedenen Eifer aufzunehmen. „Es wäre als würdet Ihr meine Gedanken lesen. Zumindest denke ich, dass es einen Versuch wert sein könnte. Über die Motive von Gerrit dem Alten kann ich nur spekulieren, aber vielleicht spielen diese am Ende auch keine Rolle. Die Brut der Nosferatu hält hier in Brügge wie auch in anderen Städten eng zusammen, aber die individuelle Freiheit seiner Mitglieder, eigene Entscheidungen treffen zu können, ist dem Alten ungemein wichtig.“ Theresa zuckte mit den Schultern. „Habt ihr dem Ratsmitglied bereits Eure Aufwartung gemacht? Wenn nicht, könnte das nämlich ungemein hilfreich sein, da der Nosferatu solche Fragen der Etikette gerne von seiner rechten Hand – Kobalt – erledigen lässt…“ Den weiteren Gedanken ließ die Tremere ungesagt, damit Louisa ihre eigenen Schlüsse ziehen und Gedanken über die Situation spinnen konnte.

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