So 18. Jun 2023, 21:44
Das nostalgische Festnetztelefon funktionierte nach wie vor einwandfrei. Sie konnte problemlos die Prager Polizei informieren. Eilig setzte sie ihren Notruf ab und der Beamte am anderen Ende der Leitung, gemahnte sie noch dazu die Ruhe zu bewahren und keine Heldentaten zu vollbringen. Sie sollte sich wenn möglich irgendwo einschließen und das Eintreffen der Einsatzkräfte abwarten. Es war davon auszugehen, das die Polizei sich daraufhin wohl auch mit den Sanitätern und Notarzt koordinieren würden. Mehr konnte sie wirklich nicht mehr tun; die gesamte Rettungskette inklusive der Hermetiker waren verständigt. Ihr Blick ging hastig über die rauschenden Bildschirme, die nach wie vor nicht betriebsbereit waren, einer blieb völlig schwarz. Der verbrannte Elektro Geruch hing nach wie vor in der Luft. Sie fand die Anzeigetafel mit den Glühlämpchen für die Sprenkleranlagen, Schutztüren und Rauchmelderüberwachung; ebenfalls ausgefallen. Daneben gab es Anzeigen für Bewegungsmelder, Alarmanlagen und etliche andere Instrumententafeln, die vermutlich in Wahrheit kaum beachtet wurden, außer es stand eine groß angekündigte Wartung oder ein Testlauf bevor. Erschwerend kam hinzu, das so gut wie alle Lämpchen nicht mehr leuchteten. Sie suchte angestrengt, las Abkürzungen und Beschriftungen über Lampen, Schaltern und Knöpfen die manchmal mehr und manchmal weniger Sinn für sie ergaben. Dann fand sie einen großen Knopf, der wie der Notausschalter einer Kreissäge wirkte. Keine Glimmlampe leuchtete um anzuzeigen ob der Schalter funktionstüchtig war oder nicht doch oberhalb prange in großen Lettern „Manual Override“. Sie atmete tief ein und aus und betätigte den Knopf. Es klackte überall im Museum, und ebenso an den großen Eingangstüren. Die Verriegelung aller Schlösser die nach draußen führten war soeben gelöst worden. Das Museum konnte nun vorerst von jedem verlassen und betreten werden. Und das vermutlich durch jede Tür. Kaum hatte sie dies erledigt, konzentrierte sich Apollonia wieder auf ihr Pendel das nach wie vor unbeirrt ausschlug und ihr den Weg durch die hohen Hallen mit den Exponaten wies; immer auf die hohe magische Energiekonzentration im hinteren Bereich gerichtet. Sie durchquerte die Halle mit Franti, der dort immer noch wimmernd zuckte, huschte an ihrer kleinen Werkstatt mit angeschlossenem Büro vorbei und erreichte schließlich jenen Teil des Museums, bei dem die Deckenhöhe kontinuierlich zunahm. Sie näherte sich der großen Lager- und Anfahrtshalle. Lastwägen, Transporteure und Frächter konnten durch ein großes, sehr stabiles und gut gesichertes Rolltor fahren um mithilfe von an der Decke montierten Kränen schwere Ausstellungsstücke abzuladen. Natürlich wurden hier auch andere Ausstellungsstücke fachgerecht gelagert und vorbereitet. Es gab sogar einen kleinen abgeteilten Raum, in welchem die Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Lichtintensität separat geregelt werden konnte. Ansonsten standen in der etwa acht Meter hohen Halle riesige, beinahe bis zur Decke reichende Regale auf denen sich Kisten und Kartons in allerlei größen Stapelten. Es erinnerte die Hermetikerin immer ein wenig an ein Lager bei großen Baugeschäften, mit langen Zwischenreihen und Gängen. Sie erreichte problemlos die große Flügeltür, die anders als der Rest der Museumstüren, eine metallene Brandschutztür war und dem restlichen Ambiente nicht sehr schmeichelte. Dahinter befand sich die Halle, aus der sie bereits in regelmäßigen Abständen Geräusche vernahm. Manchmal war es ein Splittern, dann ein Krachen, dumpfes Poltern, dann wieder eine kurze Pause. Ihr Pendel zog beinahe ein wenig leicht an der Kette um ihren Hals. Ohne Zweifel, der Magus war in der Lagerhalle.
Apollonia ging in Gedanken den Grundriss des Gebäudes nach. Gab es nicht irgendwo eine Möglichkeit möglich unauffällig in den Raum zu gelangen?
Der Grundriss war ihr natürlich mittlerweile geläufig und sie wusste, das so wie in den anderen Teilen des Museums auch in der Lagehalle an beiden Seiten bis hin zur Anfahrtsrampe am Ende der Halle, sehr großzügig bemessene Seitengänge verliefen. Immerhin musste man nicht nur chinesische Vasen und Bilder, sondern manchmal auch mannshohe Statuen transportieren können.
Apollonie fühlte das kalte Metall der Dienstwaffe von Franti in ihrer Hand, draußen grollte erneut der Donner und sie hörte in einiger Entfernung den Regen gegen die Fenster klopfen. Die Halle war nicht wie üblich grell mit Kunstlich erleuchet; es brannte lediglich alle paar Meter die Notbeleuchtung. Es war nicht so, als ob sie sich in völliger Finsternis befände, aber das Licht konnte durchaus als dämmrig bezeichnet werden. Apollonia musste eine Möglichkeit finden nicht gesehen zu werden. Sie war eine lausige Magierin, auch wenn es Mitglieder ihrer Familie gab, die ihr beteuerten, dass sie Potential habe, und eine noch schlechtere Kämpferin. Sie konnte es sich nicht leisten in einen Konflikt hinein gezogen zu werden. Sie versuchte ihren Griff um die Dienstwaffe zu lockern. Dann ging sie zu der Eingangstür von der sie sich die meiste Heimlichkeit versprach.
Sie konnte sich dunkel daran erinnern, das vor kurzem einige große Kisten angeliefert wurden, die sich noch nahe der Rampe befanden, von ihr aus gesehen links. Diese standen schon etwas weiter in der Halle und waren noch nicht ordentlich gestapelt, katalogisiert und überprüft worden. Da sie sich immer etwas links und rechts vor den meterhohen Regalen befanden, ergab sich dadurch eine vorzügliche Deckung sowie ein passabler Sichtschutz, da die Kisten Apollonia beinahe bis zur Brust reichten. Sie könnte somit etwas weiter in den Raum vordringen; möglicherweise sogar in nicht befüllten Plätzen der Regale ein Versteck finden. Auf bodenhöhe verstand sich, für alles andere musste sie die überall zugänglichen Rollleitern verwenden. Sie sog ein letztes Mal den Atem in ihre Lungen, dann setzte sie den ersten Fuß und betrat den Raum. Sie wusste, wo sie hinmusste. Sie war gespannt, was sie erwarten würde und bemerkte erst als sie bereits im Halbdunkel weiter ging, dass sie vor Aufregung die Luft angehalten hatte.
Mit pochendem Herzen und angehaltenem Atem machte sie ein paar vorsichtige Schritte in den dämmrigen Raum. Ein kleines Sichtschutzlabyrinth aus großen Transportkisten baute sich vor ihr auf und sie konnte bebückt und gebeugt von Kiste zu Kiste schleichen. Sie war erleichtert heute die hohen Schuhe zuhause gelassen zu haben; auf den nackten, hässlichen aber funktionellen Steinfließen hätte man sie sofort gehört. Irgendwo klirrte es, als ob jemand Glas oder Porzellan zerbrochen hätte. Danach machte es einen Rumms, als ob gleich drei Ölgemälde gleichzeitig von der Wand gefallen wären. Apollonia verharrte als sie fast den Mittelgang erreicht hatte, der die Halle in zwei Seiten trennte. Der Mittelgang war naturgemäß breiter und bot kaum Deckung. Falls sie auf die andere Seite wollte, wäre sie für einen kurzen Augenblick ungeschützt. Noch war nichts zu erkennen, bevor sie erneut ein vertrautes, leises Summen vernahm. Hinter einer der Kisten gebeugt, lugte sie auf den Mittelgang und sah in etwa sechs Meter Entfernung einen alten bekannten wieder. Eine Drohne schwebte abermals beinahe lautlos von der rechten Seite des Mittelganges nach links vorbei. Diesmal blieb sie jedoch nicht stehen um sich umzusehen oder die Umgebung abzusuchen und wenn Apollonia es recht bedachte, sah diese auch etwas andere aus als das erste Konstrukt dem sie begegnet war. Sie wirkte noch um einiges... bedrohlicher.
Die junge Magierin blieb in ihrer Deckung und bewegte sich nicht.
Sie verharrte ruhig und abwartend in ihrer Position. Es war unmöglich festzustellen um was für Konstrukte es sich handelte oder wozu diese in der Lage waren, aus diesem Grund war der Gedanke einer direkten Konfrontation auch sehr abwegig. Eine ganze Zeit lang geschah gar nichts. Das Summen verlor sich weiter irgendwo in der Halle und der Krach, der vor kurzem noch durch die Lagerhalle gehallt war, hatte ebenso aufgehört. Donner grollte und Apollonia vernahm mit einem Mal das Quietschen von Metall. Als sie sich umdrehte, war zunächst nichts zu erkennen, doch als sie den Blick nach oben wandte, erkannte sie eine Regaletage höher mit einem Mal eine dunkelhaarige Frau die eine metallisch glänzende Maske trug. Ihr Mund war von dieser ebenso verdeckt, wie eines ihrer beiden Augen die kühl auf Apollonia gerichtet waren. Grotesk wirkte die überdimensionale Handgelenkklinge an ihrem Unterarm, welche offenbar von Servomotoren gehalten und von diesen in der Kraftübertragung unterstützt wurden. Die rote Linse auf ihrer Maske leuchtet glühend auf, als sie zum Sprung ansetzte.
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