Do 15. Feb 2018, 17:18
Rhajala hatte schließlich den ersten Abschnitt ihrer Reise erfolgreich beendet. Sie hatte es zum ‚Silberblut‘ geschafft und schließlich auch ihre Kontaktperson unterrichten können indem sie den Ring um Mitternacht während einer Bestellung auf den Tisch gelegt hatte. Das Gasthaus, in welchem vor allem Wachen und Gardisten zu verkehren schienen hatte aber noch mehr Geheimnisse als das Rezept ihres Kanincheneintopfs. Rhajala wurde nach einiger Zeit in die Kellergewölbe des Silberbluts geführt und traf dort in ihrer Werkstatt eine Kainitin namens Theresa Kymena, die hier ihre Zuflucht errichtet hatte.
Die beiden Frauen unterhielten sich und Rhajala bestätigte, dass sie von Charlotte Erembald nach Namur geschickt wurde um die aktuellen Ereignisse zu überwachen und möglichst viel über die neuen Verbündeten von Graf Philippe Cheval herauszufinden. Theresa konnte ihr wenig berichten, nur das seit einiger Zeit eine Delegationen aus Luxemburg in der Stadt weilte. Sie haben vor der Stadt ein Lager errichtet, welches sie nach dem großen Stadtfest in drei Tagen aber wieder in Richtung Heimat verlassen würden. Die beiden Kainitinnen tauschten sich darüber hinaus über die Nachrichten aus, die die Gangrel den Spähtrupp zwischen Gent und Brügge abgenommen hatte. Theresa meinte sie würde Zeit brauchen die Geheimschrift zu entziffern, aber die Tabellen mit den alchemistischen Zeichen waren ganz klar magischer Natur. Diese Erkenntnis bestätigte auch noch eine letzte Warnung der Tremere. Der blonde Hühne, der als Waffenmeister für Graf Cheval arbeitete war ein Magier.
Rhajala entschloss sich, noch in dieser Nacht das Lager der Luxemburger aufzusuchen und vorher in den Außenbezirken der Stadt jagen zu gehen. Die Gangrel durchstreifte die ärmeren Viertel der Stadt, die zu ihrer Überraschung trotz seiner Bewohner recht sauber und in standgehalten wirkte. Nach ihrer kurzen Stärkung machte sich Rhajala wieder auf dem Weg zu ihrem eigentlichen Ziel und hatte das erste Mal das Gefühl aus dem Schatten beobachtet zu werden. Am Südtor entschied sie sich dazu über die Mauer zu klettern, anstelle den Torwachen Rede und Antwort zu stehen. Es mag eine Sache sein als alleine reisende Frau mitten in der Nacht in eine Stadt zu wollen, aber eine ganz eigene Sache diese zu solch unchristlicher Stunde wieder zu verlassen. Zu ihrer Überraschung sah sie nicht weit außerhalb der Stadt einen riesigen Mustergrund der sich vor ihr ausbreitete. Eine ganze Armee könnte man hier aufmarschieren lassen, aber das war nicht einmal das was ihre Aufmerksamkeit fesselte. Riesige Belagerungsmaschinen wurden überall auf dem Exerzierplatz zusammengebaut, manche die Rhajala kannte wie Katapulte und Rammböcke, aber auch ihr unbekannte Modelle und Konstruktionen.
Rhajalas Magen zog sich bei diesem Anblick krampfhaft zusammen. Krieg bedeutete nichts als Leid, Unglück und Zerstörung und mit allem Verständnis das sie für Technik und Belagerungswaffen aufbringen konnte, suchte sie nach möglichen Stellen um die Geräte jetzt oder in Zukunft zu sabotieren. Aktuell etwas zu unternehmen wäre zwar sinnlos, da sich die Gerätschaften noch immer im Aufbau befanden und man sie einfach reparieren konnte, aber vielleicht war diese Erkenntnisse in der Zukunft von Wert. Die Gangrel ging schließlich widerwillig weiter zum Lager der Luxemburger. Dort angekommen fand sie durch kluges Schleichen und Zuhören ohne Probleme eine ganze Menge heraus, was bestehende Gerüchte nur bestätigte. Graf Cheval wollte sich in der Tat mit den Luxemburgern verbünden und würde dafür die verwitwete Gräfin Luxemburgs Ermesinde heiraten. Der Pakt war im Grunde geschlossen und wartete nur noch auf die Ehe der beiden Adeligen und in drei Tagen würde eine Delegation von Luxemburgern, zusammen mit Graf Cheval nach Luxemburg reisen um den Antrag zu machen.
Für die heutige Nacht zufrieden mit ihrer Ausbeute an Informationen beschloss die Gangrel sich zurückzuziehen, zumal der Sonnenaufgang nicht mehr ewig auf sich warten lassen würde. Noch in dem Moment in dem sie sich auf den Weg machen wollte, fühlte Rhajala das sich jemand in ihrer direkten Nähe befand. Ein Pfeil flog an ihrem Kopf vorbei und vergrub im nächsten Baum, während eine dunkle Stimme sie forderte sie auf sich nicht zu bewegen und sich für ihre Taten vor der Gerichtsbarkeit des Grafen zu verantworten. Wie aus dem Nichts sprang ein Wolf auf den Mann mit Pfeil und Bogen zu, der diesen mit einem Messerstoß in die Seite verängstigte. Noch bevor der Mann Zeit hatte sich neu zu orientieren hatte Rhajala ihn ohne sonderliche Mühe mit ihren Krallen in zwei Teile gerissen. Der Mann war tot bevor er es realisierte. Die Gangrel stärkte sich an dem noch warmen Blut ihres Opfers und durchsuchte dann seine Taschen. Bis auf einen kleinen Goldring, der beinahe an einen Siegelring erinnerte war nichts bei dem Mann zu finden. Rhajala gelangte ohne weitere Probleme nach Namur zurück und beriet sich noch einmal mit Theresa die noch keine zusätzlichen Fortschritte beim Entziffern der Unterlagen gemacht hatte. Allerdings konnte die Kainitin Rhajala mit dem Ring weiterhelfen, denn soweit sie bei ihren Nachforschungen erfahren hatte handelte es sich um das Erkennungszeichen der Spione des Grafen. Oder genauer gesagt seines Waffenmeisters, denn das Symbol auf dem Ring war das Zeichen eines Magierordens, der sogenannten ‚Zunft‘.
Rhajala hatte ihre Entscheidung getroffen wie es weitergehen sollte. Sie wollte den Kopf unten lassen für den Fall, dass die Spione des Magiers auf der Suche nach ihr waren und dann der Delegation folgen um die Dokumente zu besorgen, oder zumindest einzusehen die sie besorgen sollte.