Mi 25. Mai 2016, 21:24
Es war bereits Herbst in Brügge und trotzdem wehte noch immer ein warmer Wind bis in die späte Nacht durch die kleinen Gassen und Straßen der Handelsmetropole. Die Ernte war eine der besten der letzten Jahre gewesen und Scheunen und Lagerhäuser waren bis zum Bersten mit goldenem Korn, knackigen Äpfeln, nach Erde duftendem Heu und allerlei anderen Landwirtschaftlicher Erzeugnisse gefüllt. Das Erntefest war schon eine ganze Weile her, aber manchmal konnte man den Eindruck gewinnen das Bauern, Händler und Bürger noch immer den reichen Ertrag feierten wusste doch jeder das die Überschüsse eine Menge Geld in die Kassen spülten, die am Ende der Stadt und damit allen zu Gute kommen würden, sei es nun direkt oder eher indirekt wie das Beispiel von Christophe Ducrese zeigte. Der Herr von Flussfall hatte nämlich vor kurzem Verkündet den Bau einer neuen Kapelle in Brügge zu finanzieren und dabei bereits jetzt die besten Handwerker und Bildhauer der Stadt unter Vertrag genommen, damit sie den kommenden Winter für ihre Vorbereitungen nutzen konnten. Das Gotteshaut stiftete er zur Firmung seiner Ziehtochter Mira von Cramm. Deren Mutter war die erste Frau des Fürsten gewesen und leider bei einem Unfall ertrunken war. Auch nach seiner erneuten Vermählung bekräftigte Christophe Ducrese vor Gott aber das Versprechen sich um seine Ziehtochter zu kümmern, bis diese alt genug für die Ehe war. Man munkelte sogar das er das Mädchen so sehr liebte das er ihr selbst die Wahl ihres Gemahls überlassen wollte, aber niemand wusste genau ob das Gerücht der Wahrheit entsprach. Allerdings stimmte jeder darin überein das er seinem Stiefkind verfallen schien. Die mit dem neuen architektonischne Unterfangen verbundene Baustelle, neben der des neuen Doms machten Brügge inzwischen zu einem begehrten Ziel für Bauleute aus der ganzen westlichen Welt die dort ihren Wissen erweiteren oder neue Techniken erlernen wollten. Auch Handwerker und einfache Arbeiter aller Art zogen in die Stadt, waren klerikale Baustellen doch ergibige, vor allem aber sichere Arbeitgeber solange das Geld nicht ausging, was nach einhelliger Meinung bei diesen beiden Unterfangen kaum passieren konnte. Seit einigen Jahren gab es darüber hinaus einen neuen Stil mit dem die Gotteshäuser gebaut wurden, was höhere und schlankere Gebäude erlaubten die man wahrlich als nicht anderes als einen von Gottes Palästen auf Erden bezeichen konnte und nun auch in Brügge errichtet werden sollten. Manchmal war war es kaum zu glauben, dass der Krieg in welchem die Stadt beinahe erobert worden wäre noch keine 15 Jahre her war. Erinnerungen gab es abgesehen der dem Konflikt gewidmeten Denkmäler auf jeden Fall keine mehr und die Stadt erstrahlte im Moment, lebendiger, reicher und schöner als jemals zuvor.
Alida schlenderte über den Markt. Eigentlich war sie mit Lilliana im Elysium verabredet gewesen um einige Geschäfte, die Farbenmanufaktur betreffend, zu besprechen, aber die Toreador hatte wegen wichtiger privater Umstände kurzfristig absagen müssen. Das Treffen war auf ein anderes Mal verschoben worden. Statt nach Hause zu gehen hatte sie den Weg zum großen Platz vor dem Belfried gewählt. In den frühen Abendstunden hatten noch viele Händler ihre Waren in den Auslagen und es wurde Zeit, dass sich Alida das derzeitige Sortiment nähe ansah. Es gab immer wieder neue Handwerkskunst, Maschinen, die die Arbeit erleichtern wollten, neue Chemikalien, die Farben kräftiger, leuchtender oder länger haltbar machten. Zum anderen konnte man so am besten die derzeitigen Preise in Erfahrung bringen und herausfinden für welches Produkt der Absatz derzeit besonders hoch war. Sie blieb, mit den Gedanken noch bei Lilliana, an einem Stand mit Farben stehen und inspizierte die Pulver und Flüssigkeiten.
Die Augen der Tzmisce wanderten über das Angebot der Händler, die ihre Waren inzwischen aufgrund der zunehmenden Dunkelheit begannen in Kisten und Säcke zu verstauen um sich dann in ihre Häuser oder Herbergen zurückzuziehen um hoffentlich einen gelungen Tag auf dem Markt mit fruchtigem Wein oder dem lokalen Aldurbräu ausklingen zu lassen. Ihr Blick blieb aber schließlich an einem buntem Stand hängen der in orangefarbene Seide gehüllt war und von vier Fackeln nach wie vor hell erleuchtet wurde. Überall waren verschiedene Pigmente und Pülverchen zu sehen, die von saftigem Grün, über intensives Rot zu tiefem Blau alle Farben des Regenbogens abzudecken schienen. Neben den Farben konnte man auch noch einige Fläschen ausmachen in denen wohl exotische Düfte unter mit Bienenwachs versiegelten Korken verborgen waren, sowie einige Rollen mit Stoffen die in sauberen Reihen hinter dem Mann aufgereiht lagen und nicht weniger intensiv leuchteten, obwohl sie nur vom Fackelschein erhellt worden. Noch viel auffäliger war der dunkelhaarige mit langen Haaren versehene Händler der Hinter der Verkausfläche stand und Alida bereits zulächelte, als er ihren Blick auf seine Waren ausmachen konnte. “Salem Aleikum” Er verbeugte sich kurz. “Wofür kann ich einen blonden Engel wie euch begeistern? Seide die weich wie eine Wolke am Himmel ist? Rosenwasser welches nach dem Garten Eden selbst riecht? Oder sucht ihr nach besonderen Gewürzen die eure Zunge zum tanzen bringen kann wie die schönste Komposition? Kommt nur heran, kommt nur heran ich bin mir sicher ich habe etwas das ihr begehrt und wenn nicht dann möge Allah mich strafen wenn ich nicht in der Lage sein sollte es aufzutreiben.” Der Mann machte eine einladenden Geste und sein Flandrisch hatte einen ihr absolut unbekannten, aber dennoch herb-angenehmen Akzent. Er lächelte breit und Alida sah inzwischen nach dem sie etwas näher getreten war, dass er im Gesicht tätowiert war. Eine ganz und gar frendartige Erscheinung, die aber trotz oder vielleicht gerade wegen ihres exotischen Charmes genau hier und genau in diesem Moment auf den Markt von Brügge zu passen schien.
Alida verengte interessiert die Augen. Es geschah ausgesprochen selten, dass sich ein islamischer Südländer in den Norden verirrte. Für gewöhnlich waren die Waren, die diese Händler anboten erstklassige Qualität, aber die Umstände und Gefahren, die diese Reisen mitbrachten, ließen die Geschäfte zumeist nicht lohnenswert genug erscheinen. Vor allem in Zeiten in denen Andersgläubige immer wieder verfolgt wurden.
Sie trat näher heran und inspizierte die Waren genauer. „Ihr verfügt über ein ausgezeichnetes Sortiment und eure Zunge scheint für den Handel genauso geschaffen wie der Rest, den ihr mit euch führt. Euch gebührt mein Respekt, dass ihr euch hier in den hohen Norden verirrt habt. Ich hoffe, euch mögen reiche Geschäfte die Reise lohnen.“ Sie versuchte ein Gespräch mit ihm über seine neusten Produkte zu beginnen und die Qualität und Herkunft seiner Waren.
“Ich danke euch für eure edlen Worte blonder Engel, doch auch ihr scheint die Kunst der Diplomatie und Konversation mächtig zu sein. Aber Brügge ist nur ein Zwischenstopp für mich. Ich bin auf dem Weg noch weiter in den Norden auf der Such nach den Schätzen der eisigen Weiten und Heiden. Dort warten die reichsten Geschäfte meiner Reise auf mich.” Er lächelte warm und wurde sofort noch ein wenig gesprächiger als er an Alidas geschickten Fragen erkannte, dass sie etwas vom Handel verstand. Aber bevor er weiter auf sie einging oder weiter antwortete, beugte sich vor und reichte ihr auf einem weißen Seidentuch eine einzelne schwarze Kugel. Alida erkannte, dass es sich um ein Pfefferkorn handelte. Der Mann selbst roch intensiv nach Zimt und einem unbekannten Gewürz das die Tzimisce nicht kannte und sie konnte außerdem auch ohne ihre durch Auspex geschärften Sinne ein feines Öl wahrnehmen, welches ér wohl zur Haarpflege nutze. “Kostet dies edle Dame. Der beste Pfeffer der uns bekannten Welt.”
Alida schmunzelte und rieb das Pfefferkorn zwischen den Fingern. Das Aroma war intensiv und würzig. „Gute Qualität. Allerdings mag er gerieben auf der ein oder anderen Speise mit Sicherheit erst seinen vollen Geschmack entfalten. Wenn ihr mir verratet woher er ihn bezieht, können wir anfangen über den Preis zu verhandeln.“
"Ich sehe ihr kommt gerne gleich zum Geschäft junge Dame." Er schmunzelte und es schien ihm entgegen dem was Alida von islamischen Händlern aus dem Süden gehört hätte nicht das geringste auszumachen das sie eine Frau war. Im Gegenteil er schien ihr Gespräch sehr zu genießen. "Eure Effizienz ist beeindruckend, aber nehmt euch doch eine Minute Zeit. Dieses Pfefferkorn ist von den Feldern des fernen Indiens über die Seidenstraße bis in die sengenden Wüsten Arabiens gereist um von dort weiter nach Alexandria zu gelangen. Erst da wurde es dann von mir auf ein Schiff geladen um schließlich bis hierher nach Brügge zu kommen." Er nahm ein weiteres Korn aus einem gelben Säckchen und hielt es ihr in seiner Handfläche hin. "Diese einzelne Korn hat die halbe bekannte Welt bereist, da sollten wir doch auch nichts überstürzen." Er zwinkerte ihr zu. "Also darf ich euch blonder Engel auf eine Tasse Tee einladen bevor wir über einen Preis verhandeln?" Wie durch Zauberhand zog er zwei große Sitzkissen unter dem Stand hervor und lud Alida ein darauf Platz zu nehmen. "Die Frage der Herkunft habe ich jetzt beantwortet und vielleicht erlaubt ihr mir auch eine Frage zu stellen. Immerhin würde ich einen potentiellen Geschäftspartner gerne kennen lernen, insbesondere einen mit dem Verstand und Geschick eines Wüstenfuchses."
„Niemals um ein Kompliment verlegen? Nun denn… Ihr habt Recht: Allein in Bezug auf den weiten Weg, den dieser Pfeffer hinter sich gebracht hat, sollten wir uns den Augenblick Zeit nehmen.“ Sie nahm auf dem Sitzkissen Platz. Und musterte beiläufig die anderen Waren. Vielleicht war es durchaus möglich mit diesem gewieften Geschäftsmann mehr als ein Säckchen Pfeffer zu handeln.
Alida ließ ihren Blick wie beiläufig über die Waren des Mannes schweifen, die wie sehen konnte ausnahmslos von hervorragender Qualität waren. Es war nicht viel aber, die Dinge die er feilbot schienen alle besonderen Ansprüchen genügen zu müssen. So sah sie in der Seide keinerlei Webfehler und die Pigmente waren ohne Verunreinigungen. Klasse statt Masse wie es schien. Er lachte herzhaft als er Alidas Erwiderung vernahm und antworte prompt. "Ohr und Geist können müde werden von schönen Worten, nie aber das Herz blonder Engel und schon gar nicht wenn es die Wahrheit ist." Der dunkelhäutige Händler klatschte schließlich in die Hände und ein muskulöser Mann mit einem Säbel an der Seite, der ebenso dunkle Haut hatte wie Alidas Gesprächspartner brachte ihnen zwei Tonkrüge mit frisch duftenden Tee, in welchem kleine getrocknete Blätter schwammen. Die Tzimisce erkannte Pfefferminze auch wenn dieser Tee hier intensiver roch als den den sie von hier kannte. "Bevor wir weitersprechen. Mein Name ist Sinah al Sadim." Er legte sich eine Hand auf das Herz. "Mit wem habe ich denn die Ehre."
Sie senkte leicht den Kopf. „Alida van de Burse, ortsansässige Händlerin. Wenn ihr wünscht, mögt ihr morgen Gast bei meiner Familie sein und falls euch der Sinn danach steht, ein paar Kostproben eurer außerordentlich hochwertigen Waren feilbieten. Ich bin sicher, das ein oder andere Pfefferkorn mag vielleicht im Tausch gegen klingende Münze den Besitzer wechseln.“ Sie nahm einen Schluck des süßen Getränks nachdem der Gastgeber nach seinem Krug gegriffen hatte.
Der Tee war großzügig mit Honog gesüßt worden und schmeckte vorzüglich. Alida war eine jener wenigen Kainiten die noch schmecken könnte eine sonderbare Gabe und in ihrer Profession oft von Vorteil. "Ich danke euch für eure großzügige Einladung Alida van de Burse. Leider muss ich ablehen, da ich bereits morgen meine weitere Reise antreten möchte. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben immerhin führt mich mein Weg das eine oder andere Mal durch eure schöne Stadt." Der Mann strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr und schaute zu Alida. "Klingende Münzen sagt ihr also nun denn..." Noch bevor der Mann weitersprechen konnten wurden die beiden unterbrochen. "Alida!" Eine Stimme die außer Atem war machte sich im Ohr der Händlerin bemerkbar. "Endlich habe ich dich gefunden. Du musst mitkommen denn..." Alida drehte sich um und sah Hendrik der ganz rot im Gesicht war durch die Erschöpfung. Als er schließlich sah das die Tzimisce nicht alleine war blieb er plötzlich stehen und wurde etwas einsilbiger. "Ich...es tut mir leid ich wusste nicht das du beschäftigt bist." Er schaute ein einig beschämt nach unten und kaute and der Lippe.
„Verzeiht.“ Alida nickte dem Südländer zu und sah den Jungen dann ernst an. „Es ist wichtig, oder, Hendrik? Sonst wärst du nicht so außer Atem.“
Der Junge schaute zwischen Alida und dem Südländer hin und her und nickte dann. "Ja. Du musst bitte mitkommen." Hendrik war es sichtlich unangenehm, dass der Fremde ihn mit Interesse zu betrachten schien. Damit hatte er ganz offensichtlich nicht gerechnet. Ganz so als würde er die Anspannung wahrnehmen erhob sich Sinah aber und schlug die Hände zusammen. "Nun denn aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Manche Geschäfte sind einfach dringender als andere." Der Händler lächelte die beiden van der Burses freundlich an. "Ich habe unser kleines Gespräch sehr genossen Alida. Vielleicht sehen wir uns ja einmal wieder." Er griff an seinen Gürtel und reichte ihr das kleine Säckchen mit Pfeffer. "Nehmt dies als Geschenk und möge euch jedes Korn, wofür ihr es auch benutzt an unsere Begegnung erinnern." Dann griff er noch einmal in seine endlos erscheinenden Tasche und beförderte etwas heraus. "Hier junger Mann." Er reichte Hendrik einen in kleinen Würfel der aussah als wäre er in etwas eingewickelt, dass dünnes Pergament war. "Damit du schnell wieder zu Atem kommst." Hendrik schaute ein wenig irritiert zwischen Alida und dem ihn angebotenen Gegenstand hin und her so als würde er auf eine Erlaubnis oder Anweisung warten.
„Vielen Dank.“ Alida nahm den Beutel zaghaft an und nickte auch Hendrik aufmunternd zu. Ein solches Geschenk war kostbar, Durchaus üblich zwischen Geschäftspartnern, aber an eine Unbekannte gerichtet mehr als großzügig. „Sofern ihr nicht bereits dringendere Geschäfte in dieser Nacht plant, wäre ich mehr als erfreut wenn ich einen unserer besten Männer zu euch entsenden dürfte, der sich eure Waren noch einmal näher anschauen würde. Wie ihr seht, werde ich anscheinend anderweitig gebraucht.“ Sie lächelte Sinah kurz entschuldigend zu.
Wie durch Alidas Aufforderung bestätigt nahm Hendrik das Geschenk entgegen und bedankte sich höflich. Sinah kommentierte alles mit einem erheiterten aber durchweg freundlichen Kopfnicken. "Ich bin schon gespannt auf unser nächstes Treffen Wüstenfuchs." Er legte sich die Hand auf sein Herz suchte Alidas Blick und zwinkerte Ihr kurz zu. "Bis dahin hat auch der Handel noch Zeit. Ich habe heue schon genug Geld verdient und bespreche die Feinheiten einer solchen Vereinbarung lieber mit euch als mit einem Unterhändler, denn selten erlaubt mir meine Profession Umgang mit so schönen und gebildeten Frauen. Assalamu alaykum" Mit diesen letzten Worten verneigte sich Sinah noch einmal lächelnd vor den beiden Brüggern und schien sich dann wieder seinen Geschäften zu widmen.
Auch Alida bedankte sich und verneigte sich noch einmal leicht zum Abschied. „Wa alaikum assalam“ Sie kannte den Gruß von den maurischen Händlern mit denen sie in Genua sehr zu Freude ihres Erzeugers Emilian ab und an Geschäfte hatten tätigen müssen. Die beiden Händler boten ausgezeichnete Waren zu günstigen Preisen, waren aber immer wieder aufs Neue so zudringlich geworden, dass es sie damals schier wahnsinnig machte. Emilian hatte sich darüber immer amüsiert und mit den Worten „Was tut man nicht alles für gute Geschäfte, nicht wahr?“ gegrinst.
Sie ging ein paar Schritte mit Hendrik und sah ihn mit einem aufmunternden Lächeln an. „Na? Was gibt’s wichtiges?“
Hendrik nickte nur kurz und führte Alida über eine der steinernen Brücken die über die Kanäle führten. Alida erkannte sofort das sein Weg ihn ins Hafenviertel führte. "Es gibt ein Problem an einem der Lagerhäuser. Ein Kunde beschwert sich lautstark über die Qualität unserer Waren und verlangt Wiedergutmachung." Hendrik war inzwischen sehr viel gesprächiger geworden und wischte sich noch einmal den Schweiß von der Stirn auch wenn es schien als wäre die Anstrengung von zuvor nie geschehen. "Ein Bote kam ins Anwesen und hat um Hilfe von Frederik oder die gebeten, da die Lagerarbeiter mit der Situation überfordert sind. Da keiner von euch da war habe ich mich bereit erklärt euch zu suchen und ich habe ja zumindest dich auch gefunden." Ein gewisser Stolz schwang in der Stimme des Jungen genauso mit wie trotz. Offensichtlich war dies für ihn auch die perfekte Gelegenheit gewesen der verhassten Bettzeit zu entkommen.
„Das ist dir definitiv gelungen. Die Stadt ist riesig und eigentlich war ich mit einem Edelfräulein verabredet, die mir ihre bunten Puder vorstellen wollte, die aber kurzfristig abgesagt hat.“ Alida grinste breit. „Was der Kunde wohl hat? Ist ja nicht grad Gang und Gebe zum Lagerhaus zu gehen, wenn man ein Problem hat, oder?“
Hendrik schüttelte nur mit dem Kopf. "Ich weiß auch nicht was da genau passiert, aber es bedeutet bestimmt nichts gutes." Alida sah sofort das dem Jungen etwas im Kopf herum schwirrte, aber es dauert nicht lange bis er wieder sprach auch wenn er nach den Worten zu suchen schien. "Wer war denn dieser Mann und..." Er kaufe auf der Unterlippe und schien sich dann ein Herz zu fassen. "...und warum hat er zu dir so viele nette Dinge gesagt? Kennst du ihn? Mag er sich etwa? Oder....oder du ihn?" Nach dem letzten Satz schaute er ein wenig betroffen nach unten so als würde sich ärgern den Gedanken überhaupt ausgesprochen zu haben.
Alida begann laut zu lachen und grinste Hendrik an. „Der Mann ist ganz schön geschickt darin einem nette Sachen zu sagen, die man hören mag, nicht wahr Hendrik? Der Mann ist Händler, so wie wir auch. Und man kann immer dann mit jemandem besonders gute Geschäfte machen, wenn der andere gut gelaunt ist. Wenn man jemand in eine gute Stimmung versetzen kann dann steigt die Wahrscheinlichkeit dazu… Es ist eine Art Spiel. Er macht mir Komplimente aus genau diesem Grund. Und da ich das weiß, kann ich da mitspielen. Die Kunst für ihn besteht darin, es nicht zu übertreiben. Sonst macht er sich unbeliebt und das war’s dann mit dem Geschäft.“ Sie versuchte einen Vergleich. „Du hast doch sicher auch schon mal beobachtet, dass dir unsere Berta besonders gerne Kuchen zusteckt oder Äpfel mit Sahnesoße zaubert, wenn du zum Beispiel zu ihr sagst, wie hübsch sie heute wieder aussieht, oder? Das ist genau das gleiche Prinzip. Nicht einfach, ich weiß.“
Hendrik nickte langsam er schien die gerade gehörten Worte zu verarbeiten. “Das verstehe ich Alida.” In der Antwort des Jungen schwang noch etwas anderes mit. Erleichterung wenn Alida nicht alles täuschte. Der Junge war introvertiert und man musste ihm einfach Zeit lassen damit er seine Gedanken teilte. Alida hatte zwar das Gefühl das Hendrik noch etwas auf dem Herzen lag, aber schließlich erreichten sie das Lagerhaus und ein bizzares Schauspiel lief vor Alidas Augen ab. Sie kannte den Kunden, oder besser gesagt die Kundin die sich beschwerte und die Tzimisce brauchte einen Moment um das Bild auf sich wirken zu lassen. Brunhild stand vor dem Lagerhaus und schaufelte schwitzend etwas das Aussah wie Eisenerz von einem Karren. Hinter ihr stand ein blonder, junger Mann der das ganze mit recht starrer Miene beobachtete auch wenn man beinahe spüren konnte das ihm die Situation unangenehm war. Alida hörte wie die blonde Frau lauthals schimpfte. “Es reicht mir ich lasse mich nicht länger für dumm verkaufen. Genug damit! Eisenerz der besten Qualität?! Pah das ich nicht lache! Dieser Mist ist die Erde nicht wert, aus die er geschürft wurde! Ich gehe hier nicht weg bevor ich eine Wiedergutmachung erhalten habe und sollte das nicht geschehen werde ich zu den Gilden gehen und erzählen was für einen Dreck ihr hier unter die Leute bringt!”