Vampire: Die Maskerade

„Wir sollten niemanden verletzen, lediglich die Frau in den roten Roben verschrecken. Wir wurden insbesondere für unser Wissen über Alchemie angeheuert, denn die Frau soll eine Hexe sein. Der Auftrag war zu lukrativ, um ihn abzulehnen, egal, wie unglaublich es klingt. Wir haben die Frau wochenlang versucht zu beobachten, aber erst vor kurzem hat sich eine Gelegenheit ergeben. Das ist die Wahrheit!“ Nichts ließ darauf schließen, dass der Söldner die Unwahrheit erzählte, was noch wahrscheinlicher wurde, da er ungefragt weiter erzählte. „Wir kommunizieren mit dem Auftraggeber über Briefe, die danach vernichtet werden, aber ich weiß nicht mehr genau, wie wir ursprünglich angeheuert wurden. Es gibt auch keinen Grund für echten Kontakt, aber ohne einen entsprechenden Schlüssel kommen wir an die Aufträge nicht heran und ich habe einen solchen nicht, mein Hauptmann hatte den!“

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- Do not go gentle into that good night. Rage, rage against the dying of the light. -

Der Schlüssel! Ein unmerkliches Lächeln huschte über die Züge der Kainitin. "Und wo werden diese Briefe deponiert?" fragte sie. Der Schlüssel würde kein Problem darstellen, wie sie wusste – blieb also nur noch zu klären, zu welchem Schloss er passte, und sie hätten eine winzige Chance, mehr über den oder die Auftraggeber der Söldner zu erfahren. Sie warf Odric einen vielsagenden Blick zu. Die Hinweise verdichteten sich, dass das Attentat tatsächlich auf ihre Begleiterin gemünzt gewesen war – eine gute Nachricht – und von Angehörigen ihrer eigenen Art in Auftrag gegeben worden war – eine umso schlechtere. Denn warum sollten der oder die Unbekannten so viel Mühe darauf verwenden, auch nicht die geringste Spur zu hinterlassen?

...es sei denn, sie hätten fürchten müssten, von der Dame Kymena erkannt, sprich wiedererkannt zu werden. "Rede!" fuhr sie den Söldner an und setzte mit weicherer Stimme hinzu: "Rede, und ich könnte tatsächlich geneigt sein, dich gehen zu lassen." Ihre Wut war mitnichten verraucht, hatten die Männer doch sowohl die Tremere als auch sie selbst mit ihrem Angriff gefährdet, ob sie ernstlichen Schaden hatten anrichten wollen oder nicht. Allerdings richtete sich Louisas Zorn allmählich weg von den Werkzeugen zu der Hand, die sie geführt hatte.

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~ Begehren ist die Triebfeder allen Handelns ~

Die Alchemisten mochten gerissene und erfinderische Söldner sein, durch Mut schienen sie sich allerdings weniger hervorzutun, denn Louisas Opfer plauderte munter weiter, ohne dass sie ihre Überredungskunst – oder Drohgebärden – weiter erproben musste. „Nahe dem westlichen Stadttor gibt es eine kleine Kapelle, die dem Heiligen Georg geweiht ist. An der Rückwand sind mehrere Steine locker, die einen Hohlraum freigegeben, wenn man sie vorsichtig entfernt. Unsere Aufträge befinden sich in einer Metallröhre darin, aber Vorsicht! Wenn man das Behältnis mit Gewalt versucht zu öffnen, wird der gesamte Inhalt vernichtet.“

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Die Brujah nickte sinnierend vor sich hin. Mittlerweile war sie überzeugt davon, dass die Angst dem Mann die Wahrheit abgepresst hatte. Nun wusste sie einen Ort und eine Methode, an die Nachrichten für die Söldner zu gelangen – wenn denn noch eine ihrer harrte. Doch sie würde sich beeilen müssen, die Tremere zu kontaktieren, um mit dem Schlüssel in der Hand die Kapelle aufsuchen zu können: Nicht lange, und die Auftraggeber mussten vom Scheitern ihrer Attentäter erfahren.

"Sorge dafür, dass er die Stadt verlässt", sagte sie zu Odric. Dann wandte sie sich an den Gefangenen: "Und du erinnere dich stets daran, dass es dein Tod wäre, falls du je wieder zurückkehrst." Es lag ihr nur noch wenig daran, den Handlanger weiter zu strafen. Seine Herren und Meister wollte sie büßen lassen! Abgesehen davon wäre es sicherlich nicht von Nachteil, wenn sich herumspräche, wie gefährlich lebte, wer die Kainiten dieser Domäne zu attackieren versuchte.

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Die Angst in den Zügen des Söldners war unverkennbar, als er ob Louisas Drohung einfach nur nickte. Odric wiederum grinste breit, fast wie ein Kind, dem man gerade eine Süßigkeit geschenkt hatte. „Oh nichts lieber als das. Ich denke, unser Freund hat gar nicht mehr so viel dagegen zu laufen." Den Dolch leicht senkend, befahl der blonde Hüne dem Söldner sich in Richtung des Ausgangs zu bewegen, nur um diesen dann erneut an dessen Nieren zu platzieren. Louisa selbst musste nun entscheiden, wie sie weiter vorgehen wollte. Das Treffen mit der Tremere am Rathaus, war durch ihren effizienten Start in die Nacht noch mehr als zwei Stunden entfernt.

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"Aber lass ihn am Leben", flüsterte Louisa dem Ghul zu. "Ich wünsche, dass Seinesgleichen erfahren, was es heißt, meinen Zorn zu erregen!" Womit sie Odric auftrug, sich nach Erledigung seines Auftrags an ihrem Unterschlupf zur Verfügung zu halten, sollte sie seiner noch bedürfen, die beiden gehen ließ und sich selbst auch eilig aus dem Stall entfernte, ehe jemand auf die Tiere aufmerksam werden konnte, die ob ihrer Gegenwart unruhig waren. Da sie kaum eine Chance sah, Theresa in den verbleibenden Stunden bis zu ihrem Treffen aufzuspüren, beschloss sie dieses abzuwarten und ihre Zeit anderweitig zu nutzen:

Sie würde sich die gesamte Angelegenheit noch einmal durch den Kopf gehen lassen – die Alchimisten, ihr Vorgehen, die Aussage der Tremere zu früheren Anschlägen ähnlicher Art, die möglichen Hinterleute – und dabei müßig durch das angestammte Gebiet des "Gouden Meisje" wandern. Womöglich fand sich ja ein vergnügungshungriger Sterblicher, dem sie für etwas von seinem kostbaren Lebenssaft die Erinnerung an ein wildes Liebesspiel schenken würde. Es konnte nicht schaden, wenn sie all ihre Kräfte beisammen hätte. Diese Nacht mochte noch größere Herausforderungen die Brujah bereithalten.

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Odric nickte nur und die Brujah war sich sicher, dass ihr Ghul seinen Auftrag verstanden hatte und nach ihren Vorgaben erfüllen würde. So konnte die Kainitin sich anderen Dingen widmen. In die Rolle ihres Alter Egos zu schlüpfen, war für Louisa inzwischen zur zweiten Natur geworden. Eine Haube, die weit genug saß, dass ihre blonden Haare zur Geltung kommen konnten und einen kleinen Weidenkorb in die Armbeuge geklemmt. Mehr brauchte es nicht und das "Gouden Meisje" flanierte wieder über ihren Platz mit dem kleinen Brunnen. Kundschaft fand sie schon nach kurzer Zeit und heute war es überaus einfach, ihren Durst zu stillen.

Trotz ihres Erfolges war die Brujah mit ihren Gedanken in dieser Nacht woanders. Die Angriffe hatten sie unsanft aus der Illusion der Sicherheit geweckt, auch wenn die Befragung des Söldners Informationen aufgedeckt hatte, die gelinde gesagt ungewöhnlich wirkten. Zuerst waren es die Söldner an sich. Sie mussten aus den deutschen Landen kommen, so viel war inzwischen klar, aber das bedeutete auch, dass nur ein weit gereister Kainit – oder jemand mit den entsprechenden Verbindungen – diese rekrutieren konnte. Dazu kam die logistische Herausforderung und vor allem die Kosten, die mit solchen Verbündeten einhergingen. Nur jemand mit erheblichen finanziellen Mitteln würde in der Lage sein, diese Männer über einen längeren Zeitraum zu bezahlen, denn das wusste Louisa, insbesondere Spezialisten konnten ein kleines Vermögen kosten und diese Alchemisten gehörten mit Sicherheit dazu.

Langsam ergab sich ein Bild, aber Louisa spürte, dass sie noch etwas übersah, etwas wo sie ihren Finger noch nicht endgültig darauf legen konnte. Dennoch war klar, dass Elemente dieses Plans in Gang gesetzt wurden, bevor die Brujah selbst auf der Bildfläche aufgetaucht war. Es war also ziemlich sicher, dass sich der Angriff und welche Intrige auch immer damit verbunden war, sich gegen die Tremere und nicht gegen sie selbst richtete. Bei dem Gedanken an die Magierin merkte die Brujah, dass es fast an der Zeit war, sich mit dieser zu treffen. Vielleicht konnten sie über den nächsten Auftrag mehr über die Motive des mysteriösen Auftraggebers herausfinden.

(Louisa hat wieder einen vollen Blutpool.)

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Das süße, warme Blut floss durch ihren kalten Leib und schien ihre Gedanken ähnlich zu beleben, wie es den bleichen Züge der Brujah für kurze Zeit den rosigen Schimmer der Lebenden verlieh. Unbekümmert ob möglicher Räuber oder anderer Gefahren, die einer sterblichen Dirne nächtens gedroht und die ihre Aufmerksamkeit beansprucht haben würden, wanderte sie umher, nachdem sie sich gesättigt hatte, und ließ ihren Gedanken die Zügel schießen. Schließlich war sie zu einigen Schlüssen gelangt, die in summa nichts dringender verlangten, als sich mit der Dame Theresa zu besprechen. Gleich ob ihre Sorge um die Tremere in dem Bestreben wurzelte, eine jede Gefahr für Kainiten in dieser Domäne auszuräumen, oder in in eher persönlichen Motiven: Louisa war entschlossen, sich des Problems anzunehmen.

Als es endlich so weit war, dass die Stunde ihres Stelldicheins näher rückte, warf sie die Kapuze ihres Umhangs über und verbarg ihr honigblondes Haar sowie das etwas freizügig geschnittene Kleid, was sie im Vergleich zu ihrem vorherigen Äußeren fast so unauffällig werden ließ, als nutzte sie Kräfte des Clans der Verborgenen. Nunmehr nicht mehr die Blicke vieler Mannsleute auf sich ziehend, eilte sie zu dem verabredeten Treffpunkt. Ungeduld hatte von ihr Besitz ergriffen – ein Begehren danach, die Drahtzieher des Anschlags zu finden und ihren Zorn fühlen zu lassen, womöglich aber auch den Schimmer von Dankbarkeit in den Augen der Tremere zu erblicken. Es wäre ein Anfang, diese Kainitin aus der offenbar selbstgewählten Erstarrung des Herzens zu lösen, mit der sie sich, nach schlechten Erfahrungen wohl, vor allzu tiefgehenden Gefühlen zu schützen trachtete.

Die Brujah jedenfalls hatte keine Angst vor ihren Leidenschaften, solange sie eher begehrlicher denn zerstörerischer Natur waren. Und sie würde keinesfalls dulden, dass ein Unbekannter sich am Objekt ihrer momentanen Leidenschaften vergehen würde! Forschend blickte sie sich um und warf die Kapuze wieder zurück. Der goldene Schimmer ihrer Locken würde für Theresa ohne Zweifel ebenso deutlich wahrzunehmen sein, als hätte Louisa laut nach ihr gerufen.

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Louisa erreichte ihren Treffpunkt pünktlich, musste allerdings noch einige Zeit warten, bis sie auf eine Gestalt in Kapuze aufmerksam würde, die sich in ihre Richtung bewegte. Inzwischen kannte die Gestik der Tremere schon ein wenig, um sich sicher sein zu können, dass es sich bei der Frau um Theresa handeln musste. Leicht gehetzt gegrüßte diese Louisa dann mit knappen Worten.

„Guten Abend. Verzeiht meine Verspätung, aber meine Rückkehr in die Stadt hat sich länger hingezogen, als mir lieb war.“ Louisa hatte gehört, dass nicht alle Kainiten – vor allem die der niederen Clans – Jagdrechte in Brügge ihr Eigen nennen konnten und die Tremere, oder zumindest Theresa, gehörten offensichtlich dazu. Die nächsten Worte der Magierin waren mit einer gewissen Dringlichkeit unterlegt. „Ich habe noch nicht viel herausfinden können, aber einen Kontakt habe ich noch, der vielleicht etwas gehört hat. Wir sollten aufbrechen. Vielleicht finden wir den Söldner noch.“

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Die Brujah nickte dezent. "Ich verstehe." Dann flog ein leichtes Lächeln über ihre blassen Lippen. "Ehe wir aufbrechen: Auch ich war nicht untätig – der Söldner ist bereits gefunden." In kurzen Worten berichtete Louisa, was sie von dem Sterblichen in Erfahrung gebracht und welche Überlegungen sie angestellt hatte, ohne ihre Methodik und Odrics Rolle beim Aufspüren des Mannes näher zu erwähnen. "Nachdem er alles preisgegeben hat, was er wusste, war mir der Mann selbst ohne weiteren Wert. Diese Sterblichen waren bloße Werkzeuge. Aber wesentlich ist", schloss sie endlich, "dass wir damit über das Wissen verfügen, wo wir weitere Informationen über Eure Gegner finden – und wie wir daran gelangen können." Damit zog sie den Schlüssel hervor. "Dies fand ich bei dem zweiten Söldner, dem toten. Nach den Aussagen seines Kumpanen war mir klar, dass es sich um den Schlüssel handeln muss, den er erwähnte." In ihren Augen funkelte es wie bei einer Katze, die eine Maus erspäht hat. "Wollen wir uns direkt auf den Weg machen?"

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