Vampire: Die Maskerade

Während sie an Kobalts Arm dahinschritt, neigte die Brujah lauschend den Kopf. Ein erneutes Lächeln, dieses Mal irgendwo zwischen amüsiert und anerkennend, glitt über ihre Züge. "Ein interessanter Vergleich, dem ich mich gern anpassen will. Ihr habt recht, ich würde als alteingesessener Bäcker alles tun, um die ungebetene Konkurrenz zu vertreiben. Indes", gab sie zu bedenken, "um in Eurem Bild zu bleiben: Müsste ich als Bäcker nicht damit rechnen, dass exakt so etwas passieren muss, wenn ich nur Kuchen für die Reichen backe, den Armen aber Brot verweigere? Unvermeidlich, dass früher oder später jemand daherkommt, der sich nicht zu schade ist, Brot zu verkaufen – und sicher auch nicht ablehnen würde, für jene Reichen Kuchen zu backen, die sich ihm zuwendeten?" Sie strich sich in einer müßig wirkenden Geste ein unsichtbares Stäubchen von der Schürze. "Allerdings gebe ich zu, es wäre dem neuen Bäcker anzuraten, sich mit dem eingesessenen zu verbünden. Spricht man sich ab, wer an welchen Tagen welches Backwerk anbietet, so mag das beide entlasten und zudem die Käufer zufriedener machen, weil für jeden ein gutes Angebot vorhanden wäre."

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~ Begehren ist die Triebfeder allen Handelns ~

„Ein sehr diplomatischer Ansatz, den ich nur gutheißen kann, denn ich würde genauso vorgehen.“ Kobalt nickte, wie um Louisas Ausführungen zuzustimmen. „Ich kann Euch auf jeden Fall versprechen, dass das Konzept von Angebot und Nachfrage ist eines, welches die Kainiten in einer Handelsstadt wie Brügge wohl besser verstehen, als viele es je ahnen könnten.“ Die Stimme des Nosferatus wurde schließlich ernster. „Meine zweite Sorge ist undefinierter, weshalb ich mich nicht auf schöne Analogien verlassen will und direkt zum Punkt komme. Ich bin überzeugt davon, dass ein Elysium, offiziell geführt von einem Vertreter der niederen Clans, für manche der Hochwohlgeborenen – insbesondere jene außerhalb von Brügge – ein zu großer Affront ist. Niemand wird offen gegen unsere Domäne agieren, aber ich bin mir sicher, dass Ihr mit Gegenschlägen rechnen müsst, woher sie auch immer kommen mögen.“ Kobalt blieb stehen und schaute Louisa direkt an. Zwei müde, braune Augen schauten sie an, hinter denen doch, wenn auch nur für einen Moment, ein übernatürlicher Funken blitze. „Seid Ihr für solche Konflikte bereit? Ist es das, was ihr wirklich wollt und seid ihr sicher, dass ihr keine ruhige Existenz vorzieht, die euch Brügge durchaus bieten könnte?“

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- Do not go gentle into that good night. Rage, rage against the dying of the light. -

Louisas Schmunzeln vertiefte sich bei Kobalts Worten. Doch zugleich verwandelte sich das amüsierte, unternehmungslustige Glitzern ihrer Augen in ein Lodern, das den hübschen Zügen ihres Gesichts eine überraschende Härte verlieh. "Ich erahne, dass Ihr Eure Existenz dem Erforschen der Dinge gewidmet habt, dem Beobachten, dem Sammeln und Bedenken von Fakten. Eure Gelehrsamkeit ist zweifellos groß, ebenso Euer Weitblick. Und aufgrund eben dieses Weitblicks seht Ihr am fernen Horizont bereits all die Widrigkeiten und Gefahren, zu denen mein Weg führen muss." Ihre vollen Lippen gaben für einen Moment den Blick auf ihr makellos scheinendes Gebiss mit den scharfen Eckzähnen preis, die blasse Haut von Louisas Wangen hatte einen kaum merklichen Rotton angenommen, als liege sie in leidenschaftlicher Verzückung bei einem glühenden Liebhaber. Und vielleicht war es auch so – nur dass der Liebhaber nicht von Fleisch und Blut war, weder von lebendem, noch von totem. Etwas in ihr war aufgeflammt, einem Feuer gleich, das von einem Wind angefacht wird.

"Ich hingegen bin entschlossen, ja, absolut entschlossen, mich all dem zu stellen. Töricht, kurzsichtig? Womöglich habt Ihr recht mit Euren Bedenken. Doch ich kann mich nicht den Fesseln ergeben, welche so viele Alte und Mächtige Kainiten im Status Quo haben erstarren lassen – ich will spüren, dass ich lebe!" Sie legte eine Hand auf die Brust, wo ihr totes Herz war. "Tief hier drinnen ist noch ein Funke, umso kostbarer, als er nur noch leise glimmt. Und ihn werde ich nicht verlöschen lassen, um keinen Preis! Mag meine Existenz nur ein kurzes Zwischenspiel bleiben, für Brügge, in Euren Augen des zeitlosen Chronisten und auch für jene, die sich in ihrer Bewegungslosigkeit für Felsmassive halten, gemacht für die Ewigkeit. Doch jede einzelne meiner Nächte wird angefüllt sein mit Liebe, Hass, Triumph und Verzweiflung und damit mehr wiegen als ein leeres Jahrtausend ihres bloßen Existierens..." Sie ließ die Hand sinken, die Lippen glitten wieder über ihre Fangzähne, und wie hinweggewischt verschwand die Entschlossenheit aus ihren Zügen, die sich weich und gefällig darboten wie zuvor. "Kurz gesagt: Ich bin bereit, ja."

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Kobalt folgte Louisas Erklärungen aufmerksam und nickte respektvoll und anerkennend, als sie zu Ende gesprochen hatte. „Dann seid Ihr wahrscheinlich genau die Richtige für diese Aufgabe.“ Der Nosferatu lächelte mit seiner geborgten Miene dennoch entschuldigend. „Leider muss ich Euch sagen, dass ich Euch auf diesem Weg nicht werde begleiten können. Ihr habt es ganz richtig erkannt. Ich beobachte, ich bewahre und auch wenn ich die Idee des neuen Elysiums sehr unterstützenswert finde, denke ich nicht, dass ich der Richtige für so eine Aufgabe bin.“

„Aber es geht nicht nur um mich. Die Nosferatu dieser Stadt, sind sicher und traue ich mir sogar zu sagen respektiert? Daher denke ich es ist besser bescheiden zu bleiben und nicht nach mehr zu greifen, als uns zusteht – oder zugestanden wird. Es tut mir leid, dass ich Euer durchaus großzügiges und in jedem Falle interessantes Angebot ablehnen muss.“ Kobalts Worte hatten etwas Finales an sich und Louisa konnte klar werden, dass er nicht darauf abzielte aufgrund von falscher Bescheidenheit überredet werden zu wollen. Trotzdem konnte die Brujah einen Hauch des Bedauerns in seiner Stimme hören.

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Obwohl die Dinge sich mit Kobalts Antwort bis hierhin ganz so zu fügen schienen, wie sie es gehofft hatte, konnte die Brujah ehrlicherweise zurückgeben: "Ich muss Eure Antwort wohl akzeptieren, denn ich glaube nicht, dass Ihr zu der Sorte gehört, die vorgibt, sich zu zieren, um sich bitten zu lassen. Euer Nein ist endgültig. Für das neue Elysium sehe ich dies allerdings als bedauerlich an, denn Eure Fähigkeiten und Verbindungen würden Euch bei dieser Aufgabe wie schon gesagt gewiss gute Dienste geleistet haben. Doch Ihr habt Euch für eine andere entschieden, und ich erkenne das Recht auf Selbstbestimmung als ein sehr hohes an" erklärte sie mit einem ernsten Nicken.

Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort: "Indes hoffe ich, dass Euer Clan als ganzes sich nicht aus Sorge um die Reaktionen anderer von den Möglichkeiten des Elysiums ausschließen, sondern vielmehr regen Gebrauch davon machen wird. Dies kann man schließlich kaum als bedenklichen Griff nach Macht und Einfluss auffassen." Ihre Worte hatten einen fragenden Unterton. Offenkundig wollte sie sichergehen, dass der Nosferatu sich und Seinesgleichen mit der Ablehnung ihres Angebots nicht als Ausgeschlossene betrachtete – weder durch sie noch aufgrund eigener Bedenken.

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Kobalts Kehle entwich ein kurzes, amüsiertes Auflachen. „Ihr wisst es wahrlich, wie man einem Kainiten schmeichelt. Ich denke, diese Fähigkeit wird sich noch als sehr nützlich für Euer zukünftiges Unterfangen herausstellen.“ Seine Stimme wurde mit den nächsten Worten ernster, war aber immer noch von Positivität und Offenheit geprägt. „Was meinen Clan angeht, braucht Ihr keine Sorgen zu hegen. Wir Nosferatu begrüßen die Idee, agieren aber lieber aus der Position, die uns am vertrautesten ist – dem Verborgenen. Daher wir sehen uns gewiss wieder.“ Der Ton der Unterstützung wich schließlich wieder dem, der geschäftigen Konversation. „Ich hoffe, ich habe Eure Pläne nicht allzu sehr durchkreuzt und ihr werdet bald jemanden finden, den ihr Hüter des Elysiums nennen könnt. Ich vermute, eine Geschäftsfrau wie Ihr hat noch andere Optionen im Blick?“ Es wurde Louisa sofort klar, dass Kobalt neugierig war und ihr Begleiter schien es überflüssig anzusehen, diesen Umstand verstecken zu wollen.

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"Manche nennen es Schmeichelei, andere Diplomatie" gab Louisa zurück und hob die Mundwinkel. "Ich sehe es einfach als Annehmlichkeit, die ich zum einen mag, weil ich den höflichen Umgang mit anderen zu schätzen weiß und immer etwas für einen galanten Mann übrig habe – zum anderen ist es auch ein Werkzeug, das mir erlaubt, meine Ziele zu erreichen, ohne auf plumpe, unschöne und auch nicht ungefährliche Mittel wie Gewalt und Einschüchterung zurückgreifen zu müssen." Sie neigte den Kopf. "Es freut mich, dass Ihr die Sache so seht." Dann zeigte sie ein amüsiertes Lächeln. "Oh, seid gewiss: Eure Absage ist ohne Zweifel ein Verlust für das Elysium, doch haben wir in der Tat auch noch andere Optionen im Auge, denn, wenn Ihr mir verzeiht, ich bin von Eurer Antwort nicht gänzlich überrascht. Immerhin, wir werden abwarten müssen, ob andere sich meiner Schmeichelei zugänglicher zeigen. Und wenn dem so ist, wie ich sehr hoffe, so würde es mich zwar wundern, wenn Ihr nicht zu den ersten gehörtet, die davon erfahren, doch für diesen unwahrscheinlichen Fall habt Ihr meine Versicherung, dass Ihr immerhin zu den ersten gehören werdet, die ich davon unterrichte." Sie schien es zu genießen, den Nosferatu, wenn auch nur in dieser relativ harmlosen Angelegenheit, ein wenig zu necken.

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Der Nosferatu schien amüsiert und antworte gut gelaunt. „Nun ich hatte kaum Hoffnung, dass Ihr es mir so einfach machen würdet, Eure Alternative zu erfahren, aber ich dachte, es schadet nicht einfach zu fragen.“ Kobalt schien keine Eile zu haben, dennoch lenkte er das Gespräch in Richtung eines Endes. „Ich bin neugierig, wie sich Eure Unterfangen entwickeln werden.“ Er nickte Louisa beinahe ermutigend zu. „Gibt es sonst noch etwas, dass ich für Euch tun kann, außer Eure großzügigen Angebote abzulehnen?“

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"Ich hatte es nicht anders verstanden und wäre die Letzte, die Euch eine gewisse Neugierde zum Vorwurf machen könnte" erwiderte die Brujah glatt, offenbar kaum weniger guter Laune. Dann hob sie abwehrend die Hände. "Für den Moment habe ich nicht die Absicht, die Schuld, in der ich bereits bei Euch stehe, ohne Not weiter zu vergrößern. Vielmehr zähle ich darauf, dass Ihr Euch meiner erinnert, solltet Ihr einmal vor Problemen stehen, die ich zu lösen imstande bin." Sie machte ganz den Anschein, als habe sie mit dem Missgestalteten eine Ebene des Austauschs gefunden, die ihr, die sonst so sehr auf Schönheit bedacht war, den Kontakt mit Kobalt beträchtlich erleichterte.

"Sollen wir unsere Schritte zu einem weniger besuchten Ort lenken?" erkundigte sie sich leichthin. "Ich will Euch nicht weiter von Euren eigenen Vorhaben abhalten, wäre aber dankbar, wenn wir uns trennen könnten, wo uns niemand beobachtet. Ich habe einen Ruf zu verlieren, wisst Ihr – es würde sich nicht gut machen, wenn sich herumspräche, dass ein Herr die Dienste des Mädchens mit dem goldfarbenen Haar verschmäht hat. Sie ist nämlich dafür bekannt, dass ein jeder sie erst dann freiwillig verlässt, wenn ihn seine Kräfte verlassen haben." Worauf sie zwinkerte und das Zwinkern mit einer spielerischen Geste begleitete, die eine Nonne vermutlich veranlasst hätte, sich eilig zu bekreuzigen.

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Kobalt schien – genauso wie man seinem Clan oft nachsagte – ein Talent für das Finden eines abgeschiedenen, dunklen Ortes zu haben, ohne das ein beiläufiger Beobachter die beiden wohl hätte verschwinden sehen. Noch immer in seiner maskierten Gestalt verbeugte sich der Nosferatu mit aller Höflichkeit, die Louisa zustand und verabschiedete sich. „Viel Erfolg bei Eurem Unterfangen, werte Herrin van de Voort. Ich bin mir sicher, dass sich unsere Wege wieder kreuzen werden.“ Er warte noch kurz auf eine Erwiderung und dann, wie die Erinnerung an Rauch, war der Begleiter der Brujah verschwunden, auch wenn Louisa den Moment nicht genau würde festmachen können, an dem dies geschah.

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