Mo 8. Okt 2018, 13:15
Das Gespräch mit den Prostituierten verlief im Grunde nicht schlecht. Zwar hätte man den bedauernswerten Mädchen sicher noch das eine oder andere entlocken können, allein die Zweckdienlichkeit dieser optionalen Informationen, galt es gegen die Kosten aufzuwiegen. Das Relevanteste für ihre aktuelle Situation, hatte Jackson aus ihnen herauskitzeln können, obgleich er die naturgemäß immer wiederkehrenden Aufforderungen und Avancen zu kleinen Schweinereien, zwischendrin immer wieder hatte abwimmeln müssen. Als er seine Schritte schlussendlich in Richtung des Bordelleingangs lenkte, waren die Damen bereits wieder im sich ständig wiederholenden Wartemodus. Es war nicht so, dass sie ihn jetzt links liegen ließen, weil er keine Nummer mit ihnen schob und damit geschäftstechnisch uninteressant wurde, schließlich hielt man sich in dieser Gegen jeden potentiellen Kunden warm. Aber der Kunde war nach wie vor König, und wenn sie ihn nicht davon überzeugen konnten, waren ihr einstudierter Charme und ihre üppig zur Schau gestellten Brüste besser andernorts platziert.
Während Jackson die Nachricht auf seinem Handy tippte, die Sekunden später auf den Displays von Angel und Richard aufleuchtete, wandte sich der Türsteher mit einem bemüht freundlichen Lächeln an ihn. Es war offensichtlich, dass er nicht oft lächelte und Mühe hatte den zuvorkommenden Gastgeber zu spielen. An der Ausbeulung seines Jacketts, war deutlich zu sehen das er einen Halfter trug. „Na nichts was ihnen gefallen könnte Sir?“. Sein bulliger Kopf nickt in Richtung der beiden Mädchen an der Mauer. „Sie werden sicher drinnen finden was sie suchen, davon bin ich überzeugt. Ich muss sie ….nur kurz durchsuchen….. reine… Routine….sie….verstehen dass….“ Weiter kam er dann auch schon nicht mehr, bevor Jacksons dunkle, kalte Augen sich in die seinen bohrten und ihn wie ein kleines Kaninchen in apathischer Faszination erstarren ließen. Es war beinahe wie bei einem dummen Rotwild, das anstatt von der Straße zu springen und dem Lichtkegel auszuweichen, wie gelähmt stehen blieb, um im nächsten Augenblick von einem Truck überrollt zu werden. Der Türsteher ließ langsam Arme und Mundwinkel sinken. Unterdessen tippte Angel genervt eine Rückantwort sowohl an Jackson, als auch ihren Duktus.
Der war gerade dabei sich zu überlegen, ob er den beiden Pennern gegenüber auf der anderen Straßenseite nicht vielleicht doch noch buchstäblich den Arsch aufreißen sollte, als sein Handy sich mit Nachrichten von seinen Rudelkameraden meldete. Es musste wohl mit einer nett gemeinten Drohung getan sein. Die saß auch. Kaum hatte er den stinkenden, zerlumpten Müllsammlern mit den Bullen gedroht, fischten diese zutiefst verängstigt noch schnell eine halbvolle Flasche billigen Fusels aus einem Müllsack und verzogen sich dann recht rasch wieder ins Halbdunkel der vergammelnden Trümmerhaufen, die einstmals Häuser gewesen waren. Am schlurfenden Gang war zu vernehmen, dass sie das Weite suchten. Ein paar flinke Tastendrücke und Anordnungen später, stand Richard bereits wieder auf dem eingezäunten, vermeintlich kameraüberwachten Parkplatz der Kneipe, wo er einen guten Blick auf das blinkende Stück Technik werfen konnte.
Die Kamera war an einer erhöhten Position an der Mauer angebracht, was ihn dazu gezwungen hätte eine der großen Mülltonnen an der Rückseite als Leiter zu missbrauchen um diese zu erreichen. Hätte. Denn auf den zweiten Blick stellte sich für ihn schnell heraus, dass die Kamera dort oben tatsächlich nichts weiter war als billig lackiertes Plastik mit knopfbatteriebetriebene Leuchtdioden. Alles andere hätte man dem Ladenbesitzer vermutlich ohnehin schon gestohlen oder zerstört. Soviel Geld wollte man hier offenbar nicht ausgeben, was sich als äußerst vorteilhaft für das Rudel erwies. Außer sterblichen Zeugen, gäbe es keine Aufzeichnungen. Den Dodge wollte man zwar trotz des Zaunes nicht länger als unbedingt nötig hier abstellen aber laut Jacksons Mitteilung wäre ohnehin gleich Showtime.
Es mochten kaum zwei Minuten sein, da erfüllte sich auch die Voraussage der zwei Prostituierten und ein leicht verbeulter, dunkel lackiert Pick-up Truck näherte sich von Osten kommend der Bordell-Seitenstraße. Der Fahrer parkte den Wagen langsam, fast gemächlich am Randstein, ungefähr zehn Meter vom schmalen Durchgang zur Gasse entfernt und stieg, schwungvoll die Autotür öffnend aus. Drinnen plärrte Rock-Musik in einer überraschend verträglichen Lautstärke. Der Kerl war ein wirklicher Hüne. Durchtrainiert, verschwitzt und kernig. Kurzgeschnittene Haare und einige bereits verblassende Tattoos rundeten die einschüchternde Erscheinung ab. Auf seinen schweren Biker Stiefeln, stapfte er an die Hinterseite des Trucks, wo er einen Blick auf die Ladefläche warf, die mit einer leichten Plane abgedeckt war und sich anschließend eine selbst gedrehte Zigarette ansteckte.
Angelehnt an die hintere Ladeklappe, rauchte er genüsslich und wartet auf seinen Beifahrer, der offensichtlich noch ein Gespräch im Wagen zu Ende führte. Einige Sekunden später stieg auch der Beifahrer aus. Ein kleinerer, stämmiger Kerl mit bereits angegrauten Haaren und dicker Hipster-Brille mit getönten Gläsern. Zu seinen Tätowierungen gesellte sich ein halblanger Ledermantel, goldene Schmuckketten und Halbstiefel mit Silberschnallen. Piercings an Ohren und der Lippe erzeugten einen zusätzlich abgebrühten Eindruck, der durch sein offensichtlich sehr befehlsgewohntes und auf maximale Wirkung abgestimmtes Auftreten, verstärkt wurde. Ohne Frage handelte es sich bei diesem Altrocker um niemand geringeren als ‚Big L‘.
Lenny wechselte ein paar flüchtige Worte mit seinem Fahrer, der nur stumm nickte und ging dann mit ruhigen Schritten in Richtung der Seitengasse zum Bordel, die Hände in den Taschen vergraben. Sein hünenhafter Begleiter, zog sich mit einiger Routine eine Lederjacke über und schien etwas Glänzendes von der Ladefläche unter den Planen hervorzuziehen, das er schnell unter der Jacke einklemmte. Zweifelsohne war es irgendeine Art von Waffe, vermutlich eine Knarre. Zu klein für ein Sturmgewehr oder eine mittelgroße MP, zu groß für übliche Faustfeuerwaffen. Auf jeden Fall wurde für jeden deutlich das er unter dem Lederimitat eine böse Überraschung transportierte. Für Gangster wie Big L und seine Biker Brüder offensichtlich gewöhnlicher Alltag. Jeden Moment würden sie um die Ecke biegen und vorbei an den zwei Huren, Jackson mit dem Türsteher erkennen.