Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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 Betreff des Beitrags: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: Di 9. Okt 2018, 21:17 
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Es war Ende Juni und noch immer prasselte der nicht enden wollende Regen auf Brügge und den Rest von Flandern herab. Alida war vor kurzem aus London zurückgekehrt und war nun das einzig verbliebene Mitglied des großen Rates das in Brügge verblieben war. Beunruhigende Nachrichten hatten sie erreicht von einem Kreuzzug, einem Attentat auf den Kaiser der Deutschen und verdächtigen Truppenbewegungen entlang der Grenzen zum heiligen römischen Reich. Ihr blieb im Moment nur ihren Teil dazu beizutragen ihre geliebte Stadt vor einem erneuten Sturm zu bewahren, während die anderen Mitglieder des Rates versuchten die Katastrophe zu verhindern. Alles klang wahnsinnig. Lucien entführt, eine Reise ins heilige Land und irgendwie war Bischof Martin in alles involviert. Dieses Wissen hing über allem wie die großen schweren Regenwolken über der Stadt, aber vielleicht würden die nächsten Tage für ein wenig Ablenkung sorgen. Das Fest von Peter und Paul fand heute statt und Frederik hatte vorgeschlagen diesen Tag zu nutzen um die Familie einmal mehr für ein großes Essen zusammenzutrommeln.
Die Vorbereitungen im Anwesen der van de Burses liefen dafür schon seit Tagen auf Hochtouren. Es wurde gebacken, gekocht und geputzt. Betten wurden aufgeschüttelt und Dekorationen gebastelt. Das Hochfest von Peter und Paul mochte ein Feiertag der Kirche sein, aber dieses Jahr würde es zusätzlich dazu auch ein großes Familienfest sein.

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Alida saß noch in ihrem Arbeitszimmer. Eine Dienerin hatte ein kleines Feuer entzündet um die klamme Kälte aus dem Mauern zu vertreiben und auch wenn die Tzimisce nicht auf die Wärme angewiesen war, gab es dem Raum doch eine deutlich gemütlichere Atmosphäre. Das Haus war bereits voller Menschen und überall im Haus verbreitete sich der Duft des Festmahls das in Kürze beginnen würde. Alida musste sich noch umziehen, aber ansonsten stand der heutigen Familienzusammenkunft nicht mehr viel im Weg.

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Verfasst: Di 9. Okt 2018, 21:17 


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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: Mi 10. Okt 2018, 14:20 
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Die blonde Händlerin strich sich die langen Strähnen hinters Ohr, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten. Sie seufzte einmal lang, massierte sich dann die Schläfen mit Zeige- und Mittelfinger. Die Bewegung sorgte nicht dafür, dass sie sich entspannte und so unterließ sie es.
Vor ihr ausgebreitet lagen mehrere Dokumente, die Christian van de Burse, Frederiks Vater und immer noch das offizielle Oberhaupt der Familie, ihr zur Durchsicht und Unterzeichnung geschickt hatte. Er hatte sie dazu aufgefordert sich wieder mehr mit den Belangen der Familie zu beschäftigen, doch das fiel ihr schwer. Gerrit, Lilliana und Leif versuchten Lucien zu finden und sie hatten sogar diese vor kurzem in die Stadt gekommene Gangrel, Rajala, mitgenommen. Alida wusste, sollte es wirklich jemandem gelingen den Hauptmann zu finden, dann wären es diese Kainiten. Und die Mitglieder des Kleinen Rates erschienen ihr seit langem fähig genug um Brügge derweil des Nachts anzuführen. Die Bedrohung an den deutschen Grenzen ließ ihre Ruhe bei Tag zu etwas Ermattendem verkommen, konnte sie sich doch denken, dass wahrscheinlich auch im Westen ein Truppenkontingent anmarschieren würde, sollten die Deutschen wirklich einen Einfall wagen. Christian hatte sie ermahnt, dass sie eh nicht in der Lage wäre irgendetwas an dieser Situation zu ändern. Es gelte, das Beste aus der Situation zu machen und dabei wären die Belange der Familie und die von Brügge an erster Stelle. Wieder hörte sie ihr eigenes Seufzen als sie an seine Worte dachte. ‚Der Bürgerkrieg war wenigstens zu einem gut: Die Leute sind im Kämpfen ausgebildet, es gibt Pläne zur Verteidigung und Mut sich nicht unterkriegen zu lassen…‘ Frederik hatte darauf bestanden ‚Peter und Paul‘ auch in diesem Jahr angemessen zu feiern. Es hatte genug Trübsal gegeben und es wäre Zeit wenigstens ein bisschen Frohsinn in die Gemüter zu bringen.
Sie sah zu dem Feuer im Kamin: Feuer im Juni. Die Lage ist so freundlich wie das Wetter.
Sie straffte die Schultern und versuchte sich zusammen zu reißen und sich auf die Dokumente zu konzentrieren. Ihre Verwandten hatten ja recht. Es brachte nichts sich den ganzen Tag und die ganze Nacht nur Gedanken zu machen.

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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: Do 11. Okt 2018, 09:56 
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Der Geruch von frisch gebratenem Fleisch breitete sich im Haus aus, ebenso wie die Schritte immer neu eintreffender Familienmitglieder und ihrem durch die Stube rennenden Nachwuchses. Ein leises Klopfen unterbrach schließlich ihre Gedanken und ohne auf eine gesonderte Aufforderung zu warten, trat Frederik ein und lächelte der Tzimisce aufmunternd zu. „Hallo Alida.“ Es war offensichtlich, dass er sich ebenfalls gerade erst umgezogen hatte, da er sorgfältig die letzten Knöpfe an seiner Kleidung schloss. Wahrscheinlich hatte auch er noch jede freie Minute genutzt, um sich um ein paar wichtige Angelegenheiten zu kümmern. „Erschlägt dich der gute Chrsitian immer noch mit Arbeit? Komm hinunter und lass dich ein wenig ablenken. Ich weiß das gerade viel los ist, aber auch du musst mal eine Pause machen. Es sind schon fast alle da und ich habe auch gehört, dass Großonkel Gustav bereits nach dir gefragt hat.“ Alida sah, dass sich der Toreador ein Grinsen nicht unterdrücken konnte. Großonkel Gustav war bereits sehr alt, beinahe blind und vergaß eine ganze Menge. Leider erstreckte sich dieses Handicap nicht unbedingt auf Alida die er oft genug mit einer seiner eigenen Enkelinnen verwechselte und dann versuchte ihr klebriges Zuckerwerk in die Tasche zu schmuggeln, welches ihre Kleidung für Wochen ruinierte.

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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: Do 11. Okt 2018, 19:37 
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Alida konnte das Grinsen nicht unterdrücken. „Tja, es gibt wohl eindeutig zu viele ‚Alidas‘ in dieser Familie. Eine Enkelin da, eine Großnichte dort- wo ist da schon der Unterschied?“ Sie erhob sich. Frederik sah gut aus, besser als in den letzten Jahren, in denen sie ihm häufig einen Großteil der Verantwortung für die Familienbelange aufgebürdet hatte, und das stimmte sie froh. Sie mochte die vertraute Art mit der er sie seit jeher aufgeheitert hatte und die er nun wieder vermehrt zeigte. „Hat irgendwer besonders Enthusiastisches irgendwas besonders Originelles geplant von dem ich besser vorher wissen sollte?“

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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: Fr 12. Okt 2018, 07:13 
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Frederik zuckte nur kurz mit den Schultern, während er seinen Wams glattstrich und sich noch einmal durch die Haare fuhr. "Ich habe nichts von irgendwelchen Überraschungen gehört, aber du weißt ja wie es in diesem Haus manchmal zu geht." Der Toreador lachte zuversichtlich und Alida konnte spüren, dass der Toreador sich wirklich auf den Abend zu freuen schien. "Ich gehe jetzt runter. Lass nicht mehr allzu lange auf dich warten, immerhin willst du doch Großonkel Gustav nicht warten lassen." Mit einem Grinsen ließ Frederik die Tzimisce allein.

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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: Fr 12. Okt 2018, 21:25 
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Frederik zuckte nur kurz mit den Schultern, während er sein Wams glatt strich und sich noch einmal durch die Haare fuhr. "Ich habe nichts von irgendwelchen Überraschungen gehört, aber du weißt ja wie es in diesem Haus manchmal zu geht." Der Toreador lachte zuversichtlich und Alida konnte spüren, dass der Toreador sich wirklich auf den Abend zu freuen schien. "Ich gehe jetzt runter. Lass nicht mehr allzu lange auf dich warten, immerhin willst du doch Großonkel Gustav nicht warten lassen." Mit einem Grinsen ließ Frederik die Tzimisce allein.
Alida sah an sich herunter und ärgerte sich, dass sie nicht früher ein anderes Gewand angelegt hatte. Nun geriet sie in Zeitdruck. Sie schob die Papiere aufeinander und hastete aus dem Gemach zu ihrer Stube. Sie suchte eines der einfacheren Festtagsgewänder heraus, schnürte es auf und schlüpfte, so schnell es die Bindung und die vermaledeiten Unterröcke möglich machten, in den weichen Stoff. Sie hatte einige Mühe das Gewand alleine zu schließen, aber sie wollte keine der Mägde, die derzeit mehr als beschäftigt waren, herbei rufen. Auch die Frisur, die sie in Kürze ‚zauberte‘ hatte nicht den Reiz von einer der Kammermägde, aber für jetzt musste es reichen. Sie warf einen kurzen Blick in den angelaufenen Spiegel, der sich in einer kleinen Dose befand und nickte sich selbst zu.

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So… jetzt galt es nur noch dem guten Onkel Gustav aus dem Weg zu gehen. Sie war zuversichtlich dieses Mal Erfolg zu haben. Immerhin war der Gute fast blind und taub.
Die unteren Räume, die Wohnstube und der große Speisesaal, waren, ohne dass es wirklich überraschte voller van de Burses. Es wurde bereits ausgiebig gelacht, gesprochen und sich überall begrüßt. Eine der Mägde sah Alida und huschte schnell mit einem Tablett auf sie zu auf dem Krüge, gefüllt mit Apfelmost, Wein und Aldurbräu standen. Im Grunde kannte Alida alle Gesichter hier, aber unter Leute wie Jean und Marlene hatten sich auch einige der weiter verzweigten Äste des Stammbaums van de Burse gemischt. Peter und Paul brachte die Familie tatsächlich einmal wieder in großer Runde zusammen und die meisten der Gäste schien sich prächtig zu amüsieren.
Alida griff mit einem kurzen ‚Danke‘ nach einem Krug mit Apfelmost und sah sich in den Räumen um. Die Höflichkeit gebot es alle Gäste zu grüßen und zunächst ein paar Worte zu wechseln. Später mochten sich daraus gute Gespräche entwickeln, doch zunächst galt es, geliebte Belanglosigkeiten auszutauschen,: das regnerische, für den Juni viel zu kalte Wetter, die Ernte der Erdbeeren (ein erfreuliches und damit besonders geeignetes Thema, da sie in diesem Jahr gut ausgefallen war,) die Anreise, die Gesundheit der Kinder, das entzückende Neugeborene, entsprechend dem Geschlecht natürlich ‚immer ganz der Vater beziehungsweise die Mutter.‘ Man durfte bei dem weder weiblich noch männlich anmutenden Kindchen nur nicht durcheinander kommen. Sie steuerte die nächstgelegene kleine Gruppe an.
Alida schaffte es tatsächlich mit fast jedem ein paar Worte und Höflichkeiten auszutauschen, während die Zeit wie im Flug verstrich. Noch immer erreichten hier und da Gäste das Anwesen der Familie van de Burse wie zum Beispiel Mildred, die inzwischen ihrem eigenen Haushalt vorstand. Die dunkelblonde Meisterin der Seidenweber ließ sich wie eine Tochter des Hochadels von zwei ihrer Gesellinnen flankieren. Beide der jungen Frauen hielten eine Art Schirm, der Mildred vor dem Regen schützte, und halfen ihr auch sich auszukleiden. Danach wurden sie mit einer knappen Geste in Richtung Küche entlassen, während ihre Meisterin schon mit einem großen Becher voller dunklem Rotwein Frederik in Beschlag nahm. Ihr uralter Gatte Arn folgte ein wenig später. Er wurde von zwei seiner Wachleute auf einem Stuhl hineingetragen und wie auf Befehl direkt neben Onkel Gustav platziert, der in einer Ecke leise vor sich hin schnarchte. Der Geruch nach dem köstlichen Festmahl wurde beinahe unerträglich und schließlich wurde ihre Gesellschaft mit einem leisen Glockenschlag erlöst, der alle Gäste zu Tisch bat noch bevor Alida die nächste Gruppe für belangloses Geplänkel erreichen konnte.

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Das Familienoberhaupt Christian und sein offizieller Nachfolger, sein Sohn Frederik, hatten ihren Platz wie immer am Kopf der Tafel. Dann folgte der Höflichkeit Folge leistend und da Frederik nicht verheiratet war, Marlene. Alida nahm ihren Platz in der Nähe von Christian und Frederik ein und warf einen Platz auf die Tischordnung. Anscheinend hatte man vorwiegend Geschwister und deren erwachsene Kinder zueinander gesetzt und dabei auf das Alter geachtet. Am Ende der Halle war ein fast ein wenig überfüllter Kindertisch aufgebaut. Alida nickte einem Bruder von Christian zu, der ihr gengenüber Platz genommen hatte. Der Vater von Mildred. Wenige Plätze weiter erkannte sie auch die junge blonde Frau und schenkte ihr ein anerkennendes Lächeln.
Bertha hatte sich einmal mehr selbst übertroffen, oder zumindest war das die einhellige Meinung aller Gäste als die Speisen hereingetragen wurden. Es gab dem hässlichen Sommer zum Trotz eine ganze Menge hervorragende Speisen, die wie im Haushalt üblich nicht verschwenderisch, sondern bescheiden und mit guter Handwerkskunst zubereitet worden.

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Es gab allerlei Wurzelgemüse mit frischen Kräutern und ganze, frisch gefangene Fische aus den nahen Gewässern. Herzstück der Tafel war ein krosser, in eigenem Fett und Saft zubereiteter Schweinebraten mit einer Thymiankruste. Frederik hatte dieses Rezept selbst aus Italien mitgebracht und inzwischen hatte es, wenn auch erst nach einigem gutem Zureden und Überredungskunst seitens ihres Verwandten einen festen Platz in Berthas Sammlung von Köstlichkeiten und an der Festtafel der van de Burses.

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Die Mägde verteilten frisch gebackenes Brot damit man damit die herrlichen Soßen vom Teller wischen konnte und zum ersten Mal an diesem Abend erstarb das ständige Geschnatter für einen Moment und wurde durch zufriedene Essensgeräusche ersetzt. Ein Gedanke hatte Alida schon die ganze Zeit seit der Begrüßung von Mildred begleitet und zwar meinte sie sich erinnern zu können, eine ihrer Gesellinnen von irgendwo her zu kennen. Erst nach dem zweiten Gang und während sie gerade mit Frederik und Christian angestoßen hatte fiel es wie Schuppen von den Augen. Die junge Frau war Thyra gewesen, die Bekannte von Leif und Tochter von Brunhild. Alida schnitt sich ein Stück von dem Braten in Thymiankruste ab, das sie auf dem Teller hatte, und schob es in den Mund. Der Geschmack war schal und fad im Vergleich zu dem, was ihre sterblichen Verwandten sich gerade auf der Zunge zergehen ließen, aber sie mochte den Geruch, den es verbreitete und sie kaute langsam und gleichmäßig. Dann schluckte sie. Ihre Stirn legte sich einen Moment in Falten als sie über Thyra nachdachte. Sie wusste nicht viel über das Mädchen. Sie war vor einigen Jahren einige Wochen lang im Gästehaus von Balduin gepflegt worden und hatte einige unansehnliche Brandwunden davon getragen. Alida hatte damals, schon allein wegen der Schwärmerei, die Hendrik für die junge Frau an den Tag gelegt hatte, darüber nachgedacht ihre Hilfe bei der Entfernung der Narben anzubieten, aber sie wusste, Leif kannte ihre Fähigkeiten und hätte Thyra davon berichtet, wenn er es für die richtige Vorgehensweise gehalten hätte. So hatte sie geschwiegen. Es wunderte sie, dass das Mädchen als Dienerin von Mildred auftrat, bei dem Stolz, den ihre Mutter Brunhild an den Tag legte.
Inzwischen hatte ein besonders begabtes Mitglied der van de Burses eine Flöte gezuckt und begann leise im Hintergrund zu spielen, während nicht nur für die Kinder ein süßer Nachtisch aufgetragen wurde. Es gab frische Erdbeeren mit geschlagener Sahne. Dazu wurde ein lieblicher, dickflüssiger Wein gereicht, der ebenfalls aus Italien stammte und als Geschenk einer befreundeten Händlerfamilie bei der letzten Warenlieferung beigelegen hatte. Erst als die letzten Teller abgetragen und die Unterhaltungen langsam wieder aufgenommen wurden, kam Mildred zu Alida und begrüßte ihre Verwandte noch einmal mit einem freundlichen Lächeln. „Das Essen von Bertha war wie immer vorzüglich. Danke für die Einladung. Es war tatsächlich an der Zeit einmal wieder einen schönen Abend im Kreise der Familie verbringen zu dürfen. Ich bin sehr gespannt was es für neuen Klatsch und Tratsch gibt.“ Die junge Frau lächelte zufrieden und irgendwie verspielt, beinahe wie eine Katze. „Alida bevor ich es vergesse. Eine meiner Gesellinnen bittet dich um eine kurze Unterredung. Sie sagt sie hat eine Botschaft für dich. Ich habe ihr aufgetragen in der Küche zu warten. Falls du später einen Moment für sie hast, wäre ich dankbar.“

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Alida machte eine wegwerfende Handbewegung als Mildred sich bedanken wollte. „Es ist vor allem in diesen Zeiten wichtig sich auch ein Mal an die angenehmen Seiten des Lebens zu erinnern. Wir haben in den letzten Jahren genug gesehen finde ich. Also…“ Sie griff nach dem Dessertwein. „… sollten wir auf ‚Gute Tage‘ anstoßen. Auf dass noch viele folgen mögen!“ Nach dem Toast beuget sie sich zu Mildred hinüber. „Ich bin sehr gespannt, was deine Gesellin zu berichten hat. Geheime Botschaften und so weiter. Das klingt viel zu spannend um lange zu warten. Entschuldigt mich bitte einen Moment.“ Sie erhob sich höflich lächelnd von ihrem Stuhl und wich einer Magd aus, die einen Stapel Teller zur Waschküche tragen wollte. Sie war tatsächlich gespannt.

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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: Sa 13. Okt 2018, 09:48 
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Die Küche war noch immer geschäftig, wenn auch inzwischen mehr mit den Aufräumarbeiten und der Verköstigung der Angestellten, Mägde und Burschen die ihre Abendmahlzeit von Bertha erhielten. Überall stapelte sich ein heilloses Chaos aus Töpfen, Pfannen und allerlei Resten, aber Alida wusste das die Küche bereits in kurzer Zeit wieder im saubersten Glanz erstrahlen würde. Im Haus der van de Burses wurde auf eine gewisse Sauberkeit und Gründlichkeit im Umgang mit Speisen geachtet um nicht mehr Ungeziefer als nötig anzuziehen.

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Es dauerte einen Moment bis Alida die blonde Gesellin Thyra in einer Ecke erblickte. Sie war unverkennbar mit der Narbe im Gesicht und saß offenbar gelangweilt mit ihrer Begleitung an einem kleinen Tisch und rührte ein wenig abwesend in einem Teller Getreidebrei. Das andere Mädchen redete währenddessen ununterbrochen auf sie ein. Sie erzählte voller Sehnsucht von einem Jungen namens Gert mit dem sie zur Mittsommernacht vor ein paar Tagen bei Fackelschein getanzt hatte. Thyra nickte nur immer wieder leicht, schien ansonsten aber recht gelangweilt von dem Thema, was am Redefluss der anderen aber nichts zu ändern schien. Im Gegenteil es motivierte sie offenbar nur noch mehr die Vorzüge ihres wie sie sich sicher war zukünftigen Ehemannes aufzuzählen.
Als Alida schließlich näher kam verstummte das Gespräch und beide standen auf um sich leicht zu verbeugen und für die ihnen entgegengebrachte Gastfreundschaft zu danken. Alida war sich beinahe sicher, dass Thyra es ihr auch hoch anrechnete das aktuelle Gespräch beendet zu haben, auch wenn sie das natürlich mit keinem Wort erwähnte. Die junge Frau ergriff schließlich das Wort. „Alida van de Burse.“ Die Worte klangen beinahe wie eine Frage, aber vielleicht handelte es sich auch nur um den leichten nordischen Akzent mit dem ihr Gegenüber Flandrisch sprach. „Ich danke euch für eure Zeit, trotz des Festes. Sagt habt ihr einen Ort wo ich euch kurz um eine Unterredung bitten dürfte? Ich überbringe weder Düsteres noch Schlimmes, aber trotz des Feiertages wollte ich euch die Nachricht umgehend zukommen lassen.“ Sie senkte leicht das Haupt wich Alidas Blick aber trotzdem nicht aus. In den grau-blauen Augen der jungen Frau konnte die Tzimisce sowohl Unbeugsamkeit als auch Stolz ausmachen, genauso wie bei ihrer Mutter.

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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: Sa 13. Okt 2018, 11:12 
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Alida bedachte die redselige Magd mit ein paar höflichen Floskeln. „Selbstverständlich… Die Gefolgschaft unserer Familie ist natürlich wann immer sie im Hause weilt genauso Teil des Hauses wie jeder andere auch… Lasst es euch schmecken! Lasst euch von Berta noch ein wenig für zu Hause mitgeben…“ Dann wandte sie sich an die blonde Nordländerin. Sie musterte die junge Frau, wandte dann jedoch die Augen kurz ab. Sie wollte nicht den Eindruck erwecken zu starren. Der Aufzug des Mädchens, die halb rasierten Haare, die ungewöhnlichen Zöpfe und natürlich die Narben verliehen ihr etwas so Fremdländisches, dass es Alida wunderte, dass sich überhaupt eines der braven Christenmädchen getraute ihr das Herz auszuschütten. Fremdes erweckte in den meisten Menschen in der Regel zunächst Misstrauen. „Kommt doch mit, Thyra. Selbstverständlich habe ich Zeit für eien Unterredung.

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Sie führte Brunhilds Tochter in ein Studierzimmer im Erdgeschoss. Als sie die Tür schloss, wurde es mit einem Mal angenehm leise. Das Spiel der Instrumente, die lauten Gespräche und die lustigen Trinksprüche wurden durch die dicke Eichenholztür ausgesperrt. Sie bat die junge Frau sich zu setzen und nahm dann ebenfalls auf einem der Möbelstücke Platz

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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: Sa 13. Okt 2018, 18:18 
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Thyra griff ohne ein weiteres Wort in ihre Kleidung und holte eine Schriftrolle unter dem schwarzen Stoff hervor die sie Alida ohne Zögern übergab. „Das ist eine Nachricht von Karl. Diese solltet ihr erst lesen bevor ich euch den zweiten Teil der Nachricht überbringe.“ Die kantige Schrift des jungen Mannes erkannte die Tzimisce sofort, ebenso das grün-blaue Siegel von Flussfall mit dem der Brief gestempelt war.


An die verehrte Alida van de Burse,

Ich hoffe dieses Schreiben erreicht dich bei voller Gesundheit und guter Laune, ebenso wie den Rest der Familie.
Vielleicht hast du schon gehört, dass ich nicht am Kreuzzug teilnehmen werde, sondern meine Männer an den Ostgrenzen sammele um für Eventualitäten aus allen Richtungen gewappnet zu sein. Diese unvorhergesehene Wendung der Dinge hat noch einige andere Entwicklungen in Gang gesetzt, unter anderem meine wohl bald bevorstehende Heirat. Meine Halbschwestern haben mich - recht überraschend muss ich gestehen - einer Tochter des Hauses Marquet aus Frankreich versprochen, deren Delegation ohne Vorwarnung vor einigen Tagen in Flussfall eingetroffen ist um die letzten Details dieser geplanten Verbindung zu besprechen, unabhängig davon das mich meine Pflichten nach dem Verfassen dieser Nachricht wieder an die Grenzen führen werden.

Ein Mitglied dieser Delegation ist der Onkel der mir Versprochenen, Henri Marquet. Ein französischer Ritter und einer der Meister des Ordens der Tempelritter. Er wurde von seinem Bruder dem eigentlichen Grafen Marquet damit beauftragt die Verbindung seiner jüngsten Tochter final zu verhandeln. Der sehnlichste Wunsch des verehrten Henri scheint es aber unabhängig davon zu sein dich Alida kennen zu lernen und daher bat er mich – mit einigem Nachdruck sogar – ein Treffen zwischen euch zu arrangieren. Den genauen Grund wollte er mir nicht verraten, er hatte lediglich ‚Geschäfte‘ angesprochen die vielleicht euch beide interessieren könnten. Mehr weiß ich nicht was ich diesen Zeilen anvertrauen kann, aber er ist ein ehrenhafter und aufrechter Mann, weswegen ich dich bitten würde dieses Treffen als Gefallen für mich in Erwägung zu ziehen, sollten die Umstände es dir erlauben Flussfall für ein oder zwei Tage einen Besuch abzustatten.

Danke das du dir Zeit nimmst meine Bitte in Erwägung zu ziehen,

Mit herzlichen und warmen Grüßen,

Karl

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 Betreff des Beitrags: Re: Apostel, Feste und Feiertage
BeitragVerfasst: So 14. Okt 2018, 08:06 
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Alida nahm die Schriftrolle von Thyra entgegen und begann zu lesen. Ihre Stirn legte sich in Falten während sie fortfuhr. Karl drückte sich in seinem Brief gewählt aus. So viele höfliche Floskeln. Sie fragte sich, ob er befürchtete, dass jemand mitlesen könnte. Die Grenzen im Osten musste er also verteidigen… Und ganz offensichtlich beabsichtigten die Fürstinnen ihre Verbindungen nach Frankreich auszubauen. Was Karl wohl von der Kandidatin hielt? Es musste nicht leicht für ihn sein nachdem er Marie verloren hatte. Sie machte sich nichts vor: Sie selbst war von Christian oft genug gefragt worden, was sie von dieser oder jener Verbindung für junge Familienmitglieder hielt. Liebesheiraten gab es immer wieder, aber sie waren nicht die Regel. Sie selbst hielt gemeinsame Interessen, ähnliche Ansichten und Ziele und ein halbwegs passendes Alter für die aussichtsreichsten Verbindungen, aber auch damit konnte man ab und zu falsch liegen, hatte sie oft genug erfahren. Sie schloss für einen Moment die Augen, versuchte sich vorzustellen wie es wäre mit jemandem das Leben teilen zu müssen, der einem nicht zusagte. Sie verdrängte den Gedanken, da er ihr nicht behagte. Sie selbst hatte sich in ihrer Jugend den halbherzigen Heiratsplänen ihres Vaters erfolgreich entziehen können und dann mit 20 Jahren, als er sie drängte sich langsam zu entscheiden, war er verstorben. Ihr jüngerer Bruder war in den ersten Jahren zu unerfahren gewesen um die Geschäfte der Familie ohne sie weiter zu führen, und danach hatte er ihr wohl zu viel Liebe und Respekt entgegengebracht um sie zu drängen auch wenn er damals immer wieder mit aussichtsreichen Kandidaten aus seinem Freundeskreis gekommen war. Sie wusste, sie hätte bei einem von ihnen angenommen… wenn nicht dann… Sie riss sich aus den Gedanken und konzentrierte sich auf das Dokument. „Natürlich mache ich mich auf den Weg nach Flussfall“, murmelte sie.

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