Vampire: Die Maskerade

Trotz der Aufregung der letzten Stunden, spürte Louisa schließlich, wie die bleierne Müdigkeit des nahenden Tages langsam, aber sicher in ihre Glieder fuhr. Zurück in ihrer Zuflucht konnte sich die Brujah endlich sicher fühlen. Aus ihrem traumlosen Schlaf erwachend, wurde Louisa zum Beginn der nächsten Nacht allerdings mit guten Neuigkeiten belohnt. Odric wartete bereits ungeduldig auf seine Herrin. An seinen Augenringen konnte die Kainitin sehen, dass ihr Ghul im Gegensatz zu ihr wahrscheinlich nicht geschlafen hatte. Dennoch sprühte er vor Energie. „Ich habe den Söldner gefunden! Ich habe auch dafür gesorgt, dass sein Pferd erst einmal nirgendwo mehr hinreiten kann, aber ewig wird ihn das auch nicht aufhalten.“ Louisa wusste genau, was Odric damit sagen wollte. Jetzt war Eile geboten.

( -1 Blutpunkt für das Erwachen)

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- Do not go gentle into that good night. Rage, rage against the dying of the light. -

Die absolute Schwärze der Starre fiel von ihr ab, und sie verspürte ein leises Brennen des Durstes. Vage hatte sie die Erinnerung an bizarre Träume, die um die Attentäter und den Überfall kreisten, doch die Details entzogen sich ihr und zerrannen, je angestrengter sie sich zu erinnern suchte. Louisa beschloss sich mit dem unmittelbar bevorstehenden abzulenken. "Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann", lobte sie Odric und gönnte ihm eine jener Berührungen, mit denen sie seine Dienste zu belohnen pflegte: ein leises Streifen nur, aber genug, um ihn wissen zu lassen, dass seine Herrin mit ihm zufrieden war. "Wir werden sofort aufbrechen. Du zeigst mir, wo der Mann zu finden ist. Dann sehen wir weiter." Sie war sich nicht recht sicher, ob sie den Ghul jetzt in einer kritischen Situation gebrauchen könnte – übermüdet wie er war, könnte der reizbare Odric womöglich voreilig handeln. Eilig warf sie sich einen Mantel über und verbarg einen Dolch in ihren Gewändern.

(OOC: Ich habe mir mal erlaubt, den Erwerb von Auspex 2 als vorerst noch halb unterbewusstes Erleben einzuflechten.)

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~ Begehren ist die Triebfeder allen Handelns ~

Mit schnellem Schritt führte Odric seine Herrin durch die nächtlichen Gassen der Stadt. So früh am Abend war Brügge noch immer voller Händler, beschäftigter Bürger und Arbeiter, sodass die beiden, trotz ihrer Eile, auf keine Weise auffielen. Am Rand der Stadt verlangsamte der stattliche Ghul neben Louisa schließlich seine Schritte und zeigte auf ein einfaches Gasthaus. „Hier sind wir richtig.“

In ihren Kapuzenmantel gehüllt betraten sie schließlich das Etablissement, welches sowohl von außen als auch von innen als guter Durchschnitt bezeichnet werden konnte. Die Räume waren sauber, aus der Küche wehte der angenehme Duft einer frisch gekochten Mahlzeit und die Gäste schienen sich aus Händlern und anderen Reisenden zusammenzusetzen, die nicht für ihre nächste Münze betteln mussten.

Ihr Ziel konnte die Brujah allerdings sofort ausmachen. Der Söldner stand an der Theke und schien sich aufgeregt mit dem Wirt zu unterhalten, sodass aufmerksame Ohren – insbesondere kainitische – dieses ohne Probleme mithören konnten. „… kann doch nicht so schwer sein, ein neues Pferd zu erstehen, speziell, wenn man bereit ist, gut dafür zu bezahlen …“ Der Söldner wirkte ungeduldig, während der Wirt seinen Gast immer wieder zu beschwichtigen versuchte, indem er ihm erklärte, dass alles so schnell ging wie eben möglich.Odric lehnte sich schließlich amüsiert in Louisas Richtung und flüsterte ihr leise und selbstzufrieden ins Ohr. „Ich habe den Wirt bestochen.“

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Für einen Moment blieb die Brujah unbeweglich stehen, nachdem sie das Gasthaus betreten hatten. Stimmen, Gerüche, die Wärme und vielerlei andere Eindrücke entfalteten sich vor ihren geschärften Sinnen, als sie in diese Domäne der Lebenden inmitten der Nacht eintauchte. Dann blieb ihr Blick an dem Mann hängen, den sie bereits kannte. Louisa zog die Kapuze ihres Mantels in die Stirn und achtete sorgfältig darauf, ihre auffällige honigfarbene Mähne zu verbergen.

Ihre schmale Hand tastete nach der Odrics und drückte sie kurz. "Sehr gut!" flüsterte sie. "Ich werde wieder nach draußen gehen, denn der Mann würde mich erkennen, und ich will keinen Aufruhr hier. Geh zu ihm und gib vor, du habest ein Pferd für ihn. Lass es so aussehen, als wittertest du ein gutes Geschäft. Er wird das Tier sehen wollen und dir nach draußen folgen. Dort warte ich auf euch." Mit einem leisen Nicken würde sie ihren Ghul zu seinem Auftrag senden und sich dann selbst diskret zurückziehen.

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Odric nickte nur und bewegte sich langsam in die Richtung seines Ziels. Louisa wiederum konnte die Taverne ungesehen verlassen und begab sich in die Nähe des kleinen Stalls, der direkt neben der Herberge gelegen war. Sofort schlug ihr der Gestank von Mist und Stroh entgegen, aber auch das gequälte Schnauben eines Pferdes. Eines der Tiere lag auf dem Boden, wälzte sich offensichtlich unter Schmerzen und atmete stoßweise. Die anderen beiden Pferde im Stall reagierten nervös, aber die Geräuschkulisse, erlaubte es Louisa sich noch einfacher zu verbergen als eh schon. Warten musste sie nicht lange und irgendwann hörte sie ihren Ghul der auf seine charismatische Art und Weise den Söldner mit Belanglosigkeiten in Sicherheit wiegte. Als die Brujah ihr Ziel beinahe schon riechen konnte, sprach dieses. „Also wo ist dieser Gaul, den Ihr mir für sicherlich viel zu viel Geld verkaufen wollt?“ Louisa konnte hören, dass der Mann Flandrisch mit einem eindeutigen, deutschen Akzent sprach.

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Die Brujah versuchte sich von den Pferden so fern zu halten wie möglich, um die nervösen Tiere nicht noch mehr zu verängstigen. Sie verbarg sich im Halbdunkel und wartete ungeduldig auf Odric und den Fremden. Als die Männer eintrafen, gab sie dem Ghul die Zeit, seinen Begleiter weit genug in den Stall zu führen, dass sie ihm den Rückzug abschneiden konnte. Dies tat die Kainitin, indem sie aus ihrem Versteck hervortrat. "Es ist eine Stute, um genau zu sein", erklang ihre Stimme hinter den beiden. "Ein Kaltblut, aber dennoch nicht leicht zu reiten, wie er dir sicherlich bestätigen kann..." Das Lächeln des Blondschopfs wirkte umso drohender, da es in krassem Gegensatz zu der koketten, ja lasziven Haltung stand, in der sie sich den Männern näherte, die Kapuze zurückgeschlagen, sich in den Hüften wiegend. Es war schwer, das Feuer in ihren Augen zu deuten: Wollte sie sich auf den Mann stürzen, um ihn mit sich ins Heu zu ziehen – oder um ihm die Gurgel herauszureißen?

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Louisa konnte sofort nackte Panik in den Augen des Söldners aufblitzen sehen. Er erkannte sie und irgendetwas in ihr sagte der Brujah, dass der Mann tief in seinem befürchtet hatte, dass sich ihre Wege noch einmal kreuzen würden. Zuerst versuchte er nach hinten auszuweichen, aber ein wohl platzierter Dolch von Odric an der Kehle des Mannes, machte ihm diese Option zunichte, bevor er weiter darüber nachdenken konnte. Schließlich schien er sich seinem Schicksal zu ergeben. „Ich verschwinde, genauso wie Ihr es befohlen habt! Glaubt mir, Ihr werdet mich nie wiedersehen!“ Der Mann bettelte und schien jeglichen Stolz, den er vielleicht noch gehabt hatte, heruntergeschluckt zu haben.

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Die Brujah ging sehr langsam auf den Mann zu. "Oh, wir werden uns niemals wiedersehen, denn du wirst die Stadt verlassen, ganz ohne Zweifel", sagte sie leise. "Die Frage ist nur, ob du das auf den eigenen Füßen tun wirst..." Dicht vor ihm blieb sie stehen. "Wer hat euch euren Auftrag gegeben? Was sollte eurer Lohn sein? Ich will alles wissen – alles! Und sollte ich zufrieden sein, könnte euer Auftrag für dich glücklicher enden als für deinen Kumpanen, dem ich diese Fragen nicht mehr stellen kann." Sie hob ihre Stimme nicht, lächelte ihn jedoch bei diesen Worten an, ohne dass ihre Augen an dem Lächeln beteiligt gewesen wären.

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