Di 18. Aug 2015, 21:31
Gerrit starrte vom Deck aus in den Hafen und holte ein paar Mal tief Luft. Es roch nach Salz, Algen und den Schweiß einiger Seemänner die unter Deck in den Quartieren schliefen. Er strich mit seiner Hand über das verwitterte Holz der Reling und konnte förmlich fühlen was die See dem Schiff in der Vergangenheit schon abverlangt hat. Hinter ihm hörte er die Schritte des Kapitäns der langsam auf ihn zusteuerte. Er hinkt leicht, vielleicht eine Verletzung von einen Seegang vermutete Gerrit. "Magistrat? ich habe hier das Schiffsregister für euch, wie ihr verlangt habt." Seine Stimme war rau und man konnte vermuten, dass er schon einiges getrunken haben musste. Gerrit nahm das Dokument und prüfte es auf seinen Inhalt, Ladung wie auch die eingetragenen Schiffe darin. Zufrieden verwahrte er es in seiner Innentasche seines schwarzen Umhangs und holte einen Brief hervor und übergab ihm den Kapitän. "Sehr gute Arbeit Kapitän, Hier ist der Kaperbrief der Krone, ruht euch aus und gönnt euch noch ein wenig Auszeit vor der nächsten Ausfahrt. Die Speerspitze muss im Guten Zustand bleiben wenn ihr weiter so erfolgreich sein wollt." Der Kapitän nahm gierig den Brief und ging dann schlurfend weiter Richtung Koje. "Sagt mir nicht wie ich ein Schiff zu führen habe! Ihr hochnäsigen Teufel könnt sowieso nur am Schreibtisch mit Feder in der Hand in so einer Welt überleben". Gerrit wartete noch eine Weile und ging dann vom Deck. Das Hafenviertel war dreckig und heruntergekommen wie es in diesen Zeiten zu erwarten war. Viel mehr Bettler die Gerrit nicht kannte, Säufer und Huren. Fürwahr die Zeiten sind nicht rosig dachte Gerrit und Schritt zügig Richtung Stadtzentrum. Und das alles während des Erntedankfests wo es für die Leute doch ein wenig Ablenkung dieser tristen Tage geben sollte. In der Mitte des Marktplatz wo das treiben der Leute selbst in diesen Abendstunden noch recht stark war sah Gerrit zum Himmelszelt und betrachtete den Mond. Er erinnerte sich an den Besuch seiner Mentorin vor drei Jahren und an die Worte die sie ihm mitgab, ein wenig misste er sie in seinen kalten Fleck in seiner Brust. Vielleicht hatte sie ja Recht und was Gerrit suchte kann nicht gefunden werden. Er wurde in seinen Gedanken hochgeschreckt als ihn eine Magd zu Seite schob weil sie an ihn vorbei wollte. Verdammtes Weib dachte Gerrit der für einen Moment Angst verspürte dass er seine Gestalt nicht verändert hatte. Da fiel ihm ein, dass eine andere weibliche Person ihren Besuch bei einen gewissen Herrn schon beendet haben muss. Er änderte seine Richtung und begab sich ohne Umschweife zum Hospital.
Ein frischer Herbstwind wehte durch die Gassen von Brügge und brachte die Düfte der nahen Ernte in die Stadt. Der erdige Geruch von Weizen lag ebenso in der Luft wie der von frischen Äpfeln, während sich das Wasser der Kanäle leise kräuselte. Alles lag ruhig und schwarz da, wie ein Spiegel aus poliertem Obsidian nur unterbrochen von einem fast perfekten silbernen Rund, dem Mond der das Erntefest ankündigte. Gerrit sah das Hospital vor sich aufragen. Ein Gebäude aus Sandstein, welches bereits mehrere Male erweitert wurde. Gerrit musste gar nicht in das Hospital gehen, denn vor dem Hauptportal wartete schon eine schwarzgewandete Gestalt, die der alte Nosferatu sofort als Leif identifizieren konnte. Er hatte sein typisches Grinsen im Gesicht und beobachte den näher kommenden Mann, gehüllt in den schäbigen und immer wieder ausgebesserten Mantel, der inzwischen ehr grau als alles andere war.
Gerrit war froh Leif allein anzutreffen und änderte seine Gestalt noch vor der nächsten Weggabelung in die Gestalt von Gerald von Hennegau und marschierte mit erhobener Brust auf Leif zu. "Guten Abend Oberster Heiler Thorson wie ich sehe seid ihr in guter Stimmung. Sagt mein Bester was ist euch widerfahren?" Gerrit grinste von einen Ende zum anderen, er genoss es den Adel auf so tölpelhafter weise zu verkörpern. Gerrit wies einen langen schwarzen Umhang mit zwei Wappen auf dazu ein goldgesticktes Wams mit einen flachen Adelshut mit langen Hahnenfedern aus dazu ein paar weiße Strümpfe und Gamaschen.
Das Grinsen des Salubri wurde noch breiter, als er die Aufmachung seines alten Freundes sah. „Euer Lordschaft.“ Er verbeugte sich leicht, beinahe spottend. „Was verschafft mir diese Ehre? Ich vermute es handelt sich um dringenden Geschäfte wenn ich euch selber zu so später Stunde antreffen darf.“
"Mitnichten mein guter Freund, ich genoss lediglich die Gesellschaft von Herrin Erzhausen und Herrin Erembald vor ein paar wenigen Stunden. Tatsächlich trieb mich das Frauenzimmer Geschwätz vor die Tür und ich machte einen Abendspaziergang im Hafen bevor ich mich entsann zu euch aufzubrechen um eurer Gesellschaft beizuwohnen". Gerrit zwirbelte ein wenig am Bart. „Ich bin immer wieder erfreut über eure Gesellschaft und ehrlich gesagt nicht gänzlich überrascht euch zu sehen, wenn ich daran denke, dass Charlotte euch heute Nacht schon aufgesucht hat. Natürlich freue ich mich sehr, dass die Herrin Erzhausen wieder hier in der Stadt ist – sie hat mich selber gerade begrüßt.“ Leif wurde plötzlich ein wenig ernster, seine Stimme leiser. „Vielleicht wird der große Rat so wieder ein wenig aktiver und handlungsfreudiger. Wir sollten ein Stück gehen alter Freund. Wir hatten schon lange keine Gelegenheit mehr zu reden.“ Die beiden Gestalten waren heute Nacht noch nicht alleine unterwegs. Eine Gruppe von Wachmännern lief noch immer ihre Runden und auf einem schwarzen Pferd konnte man eine einsame Gestalt in Richtung des Stadttores reiten sehen.
Gerrit strich den Bart glatt und nickte. "Geht nur voran es ist wirklich schon lange her das wir geredet haben" Die Beiden gingen ein Stück weiter und Gerrit führte sie in einen abgelegenen Garten der sehr zahlreich und üppig an Vegetation war. "Die Jahre waren nicht sehr gnädig seitdem uns Alida und Lilliane verlassen hatten und auch die Umstände vor zwei Jahren haben nicht viel zur eigentlichen Entlastung der Stadt beigetragen. Jetzt da Lilliane ... Verzeihung Aurora wieder da ist hoffe ich wird sich die Lage in der Stadt wieder entspannen und ich kann mich mehr auf wichtigere Sachen in der Politik befassen." Gerrit rieb sich mit seiner rechten Hand die Stirn. "Auch wenn ich gestehen muss das mir die Sache mit ihrem sterblichen Tod und der Kirche nicht sehr schmeckt, Viel zu viel Aufwand nur um eine Frau die 20 Jahre nicht gealtert ist in der Stadt verschwinden zu lassen". Er lächelte ein wenig.
Leif nickte leicht bei Gerrits Ausführungen, unterbrach ihn nicht und ließ sich auf einer mit Moos und Efeu bewachsenen Bank nieder. Der Garten war wohl schon lange sich selbst überlassen, was ihm eine üppige und wilde Erscheinung gab. In der Mitte des Gartens hatte sich ein kleiner Seitenarm der Kanäle verselbstständigt und bildete jetzt einen kleinen See. Darüber hinaus wuchsen überall wild kleine, weiße Rosen. Ihrer gemeinsamen Freundin hätte diese Szenerie bestimmt gefallen. „Ja du hast Recht.“ Leif schien kurz nach Worten zu suchen oder zu überlegen. „Sie hat mich schon über das Meiste unterreichtet. Ich hoffe sie hat das gefunden was sie gesucht hat. Aber ich bin guter Dinge. Sie wirkt ein wenig resoluter und ausgeglichener als sonst.“ Leif schlug die Beine übereinander. „Sobald Alida wieder hier ist werde ich dem großen Rat einen Vorschlag unterbreiten alter Freund. Es handelt sich im groben um die Dinge die Charlotte schon im Elysium angesprochen hat. Wir müssen aktiver werden und können nicht immer nur reagieren. Wir müssen auch agieren. Was hältst du davon Gerrit? Ich vermute du findest die Idee aktiv Frieden mit den Tremere zu schließen wahnsinnig im besten und selbstmörderisch gefährlich im schlimmsten Fall.“
Gerrit hörte Leif zu und dachte über seine letzten Worte nach. Gerrit lehnte sich an einen Baum und blickte zu Leif. "Ich habe Frieden mit Frankreich, Deutschland und Italien geschaffen und doch sträube ich mich im Herzen den Tremere dieselben Vorschläge zu unterbreiten." Er schloss die Augen und dachte eine Zeitlang nach bevor er weitersprach. "Seit Sebastian, deinem Pakt! ... Oriundus und seinem Herrschaftsversuch ... Gent und den verfluchten Ländereien, hab ich eigentlich mehr als genug von ihren Machenschaften. Ich verstehe zwar dass du versuchen willst sie an unsere Regeln zu binden aber jeder Tremere weiß wie sehr die Kainiten von Brügge ihren Clan Wertschätzen! Ich gebe zu das die Jungen dem ganzen wohl aufgeschlossener gegenübertreten würden aber ich kann schwer über das Vergangene hinwegsehen".
Leif wartete bis Gerrit geendet hatte und schüttelte dann nur den Kopf. „Genau das ist der Punkt. Im Moment mögen wir Frieden haben, doch wie lange wird es andauern? Wenn wir es nicht endlich schaffen hinter unseren Hass und unsere Erfahrungen zu sehen, dann begehen wir einen Fehler. Wenn wir beginnen alle Tremere über denselben Kamm zu scheren, dann sind wir nicht besser als sie selbst.“ Leif machte eine Pause und stand wieder auf und ging dann ein wenig auf und ab, während er in Gedanken ein paar Blätter von einer kleinen Eiche zupfte und in den Fingern zerrieb. Er überlegte offensichtlich was er als nächstes sagen wollte. „Damit wir uns nicht falsch verstehen mein lieber Herr Magistrat. Ich vertraue ihnen natürlich nicht und werde ihnen wohl auch nie wirklich vergeben können was sie meinem Clan angetan haben. Aber ich bin auch realistisch was die Zukunft angeht. Die Usurpatoren haben gewonnen. Die Salubri sind Geschichte. Wir werden nie wieder als einer der Dreizehn zurückkommen, die Tremere haben diesen Platz eingenommen und der Rest der dunklen Welt hat dies akzeptiert. Das ist die traurige Wahrheit, aber damit wird es nicht enden. Was glaubst du passiert sobald die Hexer wieder mehr Ressourcen haben? Sie werden ihren Blick auf Brügge lenken, die Stadt die ihnen solange getrotzt hat. Sie werden denken wir verstecken hier etwas, dass es einen Grund für den Hexenbann um die Stadt gibt. Der Trick ist sie hätten damit sogar Recht, aber es geht hier nicht nur um mich oder meine Kinder. Es geht auch um die Bücher von Oriundus und all die Schätze und das gesammelte Wissen in den Katakomben. Sie kommen ob wir wollen oder nicht und wenn dann sollten wir vorbereitet sein. Zu unseren Bedingungen.“ Leif ging auf Gerrit zu und zeigte auf sich selbst mit beiden Händen. „Du hast es bereits angesprochen. Der Pakt. Wir sehen immer nur die Nachteile, aber er ist auch unsere Rückversicherung. Auch wir haben durch dieses Band Sebastian unter Kontrolle wenn es sein müsste. Wir sind verbunden, was aber auch Sebastians Schaden sein kann wenn er sich nicht an die Regeln hält. Außerdem wissen wir genug über ihn um ihn unter Kontrolle zu behalten. Wenn wir ihnen dann noch die Bücher von Oriundus als Handelsgut und Beweis für seine Dämonenpaktiererei nutzen, könnten wir vielleicht sogar endlich die Vernichtung des alten Seneschalls als abgeschlossen betrachten, diesen sinnlosen Krieg vielleicht endlich beenden und zwar während wir noch den einen oder anderen Trumpf in der Hand behalten.“ Leif war offensichtlich überzeugt von dem was er sagte, seine Stimme war kräftig und eloquent. Allerdings kannte Gerrit den Nordmann lange genug um in seinen Augen zu sehen wie schwer es ihm wirklich fiel diese Worte auszusprechen.
Gerrit hörte dem Salubri zu und verbarg seine Emotionen gut aber Leif wusste, dass Gerrit in seinen Verstand stark über das Gesagte nachdachte. "Gut aber was lässt dich glauben, dass die Tremere unsere Bedingungen akzeptieren? sie werden auf ihr Recht plädieren ein Gildenhaus in der Stadt zu haben! Und selbst wenn sie sich auf die Mitgliederzahl beschränken, warum glaubst du würden sie Sebastian hier einsetzen wo der Platz viel vielversprechender ist, für weitaus höhere Tremere in der Hierarchie." Gerrit bewegte sich auf Leif zu und seine Gestalt veränderte sich zu seinen üblichen Antlitz "Tief im Inneren sind wir alle Monster die ihr Gesicht nicht zeigen und die Hexer sind da nicht anders, ich pflichte dir bei das nicht alle Tremere gleich sind aber ich glaube nicht daran das sie Ihre Jüngsten schicken die sie gelehrt haben weltoffen zu sein für andere Clans!" Gerrit spuckte auf den Boden "Mich würde es nicht wundern wenn sie ihre erfahrenen, weltanschaulich durchgeformten und Qualifiziertesten schicken um ihre Arbeit an den letzten Mitgliedern der Salubri zu beenden." Kurz schien Gerrit den Anschein zu erwecken seine Haltung zu verlieren doch beruhigte er sich und fuhr nach einer Pause fort. "Doch deine Worte beinhalten Weisheit das kann ich hören und ich muss zugeben das ich auch nach ein wenig Ruhe sehne von diesen Teufeln auch wenn ich im Grunde weiß, dass es am Ende unmöglich ist ... Trage dem Rat das vor, von dem du denkst es sei das Beste für Brügge. Ich werde die Seite unterstützen die die Mehrheit hat und ich werde weiter meinen Platz als Magistrat fortführen solange Alida mich noch im Amt lässt." Gerrit wich zurück und ging langsam ein wenig im Garten umher und begutachtete die Hecken und Sträucher.