Mi 3. Jun 2015, 08:22
Leif wich dem blick seines Gegenübers nicht aus und wartete auf seine Gelegenheit eine Antwort zu geben. „Es ist bereits damals viel falsch gelaufen wenn ein einzelner, zugegeben großer Zwischenfall so viel Unheil in unserem Rat anrichten konnte Gerrit.“ Der Salubri erhob sich schließlich und nahm die Salbe vom Tisch. „Komm mit Gerrit und wirf dir irgendein freundliches Gesicht über. Ich will dir etwas zeigen bevor wir weitersprechen. Ich möchte das du mich besser verstehst.“ Mit diesen Worten würde er sich in Richtung Tür begeben. Gerrit hob eine Augenbraue und erhob sich. Er war sich nicht ganz sicher was Leif ihm zeigen würde aber er wusste, dass sein alter Freund sehr wohl einige geheimnisse noch bewahrte selbst nach all der gemeinsamen Zeit. Langsam folgte Gerrit ohne zu wissen was ihn erwartete.
Gerrit wurde von dem Nordmann durch das Hospital in einen kleinen Raum geführt. Die Luft hier war erfüllt von scharfen, medizinischen Gerüchen sowie Blut und Schweiß. Auf einer kleinen aber stabilen Bahre lag ein massiger Mann der im Delirium lag, sich aber vor Schmerz zu winden schien. Neben ihn stand ein alter Heiler der wie Gerrit wusste schon ewig im Hospital arbeitete. Er tupfte das Gesicht des Mannes mit einem sauberen Tuch und kühlem Wasser ab, das einzige an Linderung was man ihm im Moment geben konnte. Mit einer Handbewegung von Leif verließ der Heiler den Raum. „Ich kümmere mich um ihn und habe die Hilfe die ich brauche, danke. Schlaf ein wenig.“ Dann waren sie allein und Leif schloss die Tür und schlug dann das dünne Tuch zurück, welches über den Beinen des Mannes lag und auch schon bessere Zeiten gesehen hatte. Das rechte Bein war in Ordnung, das linke aber bot einen grausigen Anblick und Geruch und Aussehen zeugten von der Infektion die sich in der Wunde ausgebreitet hatte. Dann sprach Leif seinen Begleiter an. „Halt ihn fest Gerrit.“ Er zeigte auf Schultern und Oberkörper des Mannes während Leif mit geschickten Handbewegungen beide Beine mit einem Strick an die Bahre schnürte. „So fest du kannst ohne ihm die Knochen zu brechen.“ Dann als alles vorbereitet war nahm Leif ein Instrument von einem der Tische im Raum. Das Werkzeug sah grobschlächtig und fast ein wenig furchterregend aus. Eine Knochensäge mit groben Zinken die allerdings scharf und gut gepflegt aussahen. Dann ging Leif an seine Arbeit und neben ekelerregenden Geräuschen wurde der kleine Raum innerhalb von Sekunden auch von den Schreien des Kranken erfüllt.
Gerrit hielt den Mann fest ohne Regung jeglichen Gefühls. Kurze flackernde Erinnerungen lenkten ihn ab, Erinnerung daran dass er nicht zum ersten Mal jemanden Festhalten musste in seinen früheren Leben. Petre, nein Radu. Er konnte sich nicht mehr erinnern an ihre Namen nur, dass er sie damals festhielt, oftmals Amputationen wie diese aber ab und zu auch wenn sie Desertiert hatten und der Voivode sie mit Folter strafte. Wenn er selber losgelassen hätte während solcher Begebenheiten wurde er ausgepeitscht, 10 Tage ohne essen, und er musste selber die restliche Folter über sich ergehen lassen. Gerrit wurde wieder ins jetzt zurückgeholt, der Geruch von Frischen Blut vermischte sich mit dem von alten Blut was an den Bahren klebte. Gerrit musste sich einen kurzen Moment zusammenreißen, hätte er nicht erst letzte Nacht getrunken wäre sein Tier wohl übereifrig geworden bei dem Festmahl der vor ihm lag aber Gerrit herrschte über sein Tier. Solange sein Besitzer nicht wünscht würde es nicht aus seinen Käfig ausbrechen und Rasen. Gerrit schaute Leif weiter bei seiner Arbeit zu und sagte kein Wort, neben einen Sterblichen würde er keinen Dialog halten aber er war sich auch sicher dass dies nicht alles war was Leif ihm zeigen wollte.
Der Salubri sagte immer noch nichts auch wenn er inzwischen fertig mit der Amputation des Beines war. Er wusch sich gerade die Hände in einer kleinen Schüssel und befreite sie vom Blut um Gerrit dann schließlich wieder anzusprechen. „Ich bin ein Heiler Gerrit. Ich bin und war länger ein Heiler als alles andere in meinem Leben – und Unleben.“ Vor Leifs Augen spielte sich sein halbes Leben ab, die Zeit am Hofe, die Zeit im Tempel, auf See und so vieles mehr. Er schüttelte leicht den Kopf. „Vielleicht ist dies sogar der einzige Teil meiner Identität der mir immer bleiben wird egal was passieren wird.“ Er ging zu dem Mann der gerade sein Bein verloren hatte und noch immer wimmerte und nahm etwas von der Salbe um damit die Bandagen zu behandeln die er schließlich um die frische Wunde legte. Der Raum wurde sofort von einem angenehmeren Duft nach Minze durchzogen. „Ich habe eine Sache als Heiler gelernt. Manchmal muss man ein krankes Teil abtrennen um den Leib zu retten. Denn sonst vergiftet er den Rest des Körpers und führt zu Schmerz und Tod.“ Er suchte den Blick des alten Nosferatu. „Wir waren bereits krank als ich gegangen bin Gerrit. Der Rat war krank, denn wir waren jung, unerfahren und haben nicht die Entscheidungen getroffen die wir hätten treffen sollen.“ Leif seufzte tief. „Ich hatte sehr gehofft, dass mein Abgang dazu führen würde, dass der Rat näher zusammenwächst, es den kranken Teil abtrennt der dort war. Mich selbst. Nach all meinen Fehlentscheidungen vor allem denen in Brüssel und sich der harten Realität stellt. Der Realität um Draga und die Kainiten die mit gierigen Augen auf Brügge schauen. Gegangen bin ich auch für mich selbst das werde ich nicht schön reden. So einfach und egoistisch ist der Grund. Ich war entzwei gerissen zwischen dem ungewissen Schicksal bezüglich meines Kindes und meines verfluchten Erzeugers – ich musste diese Dinge zuerst in Ordnung bringen. Leider. Trotzdem habe ich gehofft das der ‚Verrat‘ etwas Gutes bringen wird und zur Heilung beiträgt.“ Der Salubri schaute weg. „Ich will keine Absolution von dir Gerrit. Aber nach all diesen Jahren verdienst du aber immer noch meine Version der Geschichte.“
"Wohl wahr! Aber Absolution hätte ich dir auch ohnehin nicht gegeben selbst wenn du sie gefordert hättest". Gerrit ging ein wenig weiter weg vom Patienten und verschränkte die Arme, der Geruch von Minze und Blut verwirrten seine Sinne und er sehnte sich schon bald nach frischer Luft. "Denn ich kenne dich lang genug um zu wissen, dass du immer versuchen wirst das zu erreichen was du begehrst. Aber zum wesentlichen Teil Der Geschichte stimme ich dir zu dass deine Entscheidung dich als Verräter darzustellen nicht die beste war und bestenfalls den Rat noch mehr spaltete." Gerrit seufzte ein wenig und blickte zu Leif. "Aber du hattest nicht Unrecht was den damaligen sowie heutigen Rat angeht, wir sind nicht mehr geeint und werden es auch nicht mehr sein. Unsere Überzeugungen, Erwartungen, Hoffnungen lassen sich nicht miteinander mehr verschmelzen sowie wie sie es früher einst getan haben." Gerrit ging zu Leif und legte seine Hand auf seine Schulter. "Ich danke dir dass du mir deine Geschichte erzählt hast, deine damaligen wie auch heutigen Sorgen und Ängste. Wir können nicht mehr so Handeln wie wir es Einst konnten und deine Taten bleiben unvergessen das ist deine Bürde die du jetzt zu tragen hast." Gerrit nahm die Hand von der Schulter und ging weiter an ihm vorbei und holte mit den Armen weit aus. "Wir sind nicht die Großen Herrscher von Brügge Leif Thorson, wir handelten aus besten Interesse und haben viele Fehler gemacht und werden auch weiterhin welche machen, ich habe auch Angst Leif........" Gerrit senkte seine Arme und blickte über seine Schulter zu Leif zurück. "Angst, dass ich alles vergessen werde was einst geschehen ist und das ich mich nicht mehr an mich selber erinnern kann sollten mich die Jahre einholen".
Leif legte dem amputierten Mann noch einmal die Hand auf die Stirn und zeigte Gerrit dann auf ihm aus dem Raum zu folgen. Sie blieben im gleichen Stockwerk und betraten kurz darauf einen weiteren kleinen Raum in dem sich Pergamentrollen stapelten und ein offenes Fenster den warmen Abend einließ. Von hier konnte man den hinteren Teil des Hospitals sehen in dem es einen kleinen Extrahof gab, in dem der Süßwasserbrunnen stand der das Hospital mit frischem, sauberen Wasser versorgte. Der Geruch von Pergament und frischer Luft war ein willkommener Gegensatz zu dem zuvor erlebten. Der Nordmann ließ sich auf einen Schemel fallen und wirkte alt - alt trotz seines jugendlichen Aussehens. „Ich weiß was du meinst Gerrit. Manchmal liege ich wach kurz bevor die Sonne aufgeht und versuche mich an die Gesichter meiner Kinder zu erinnern. Meiner sterblichen Kinder nicht meiner kainitischen und leider fällt es schwerer mit jedem Jahrzehnt. Die Frage ist wer oder was wir eigentlich sind? Unsterbliche Monster? Denn was macht uns eigentlich aus? Vor allem was heißt es eigentlich das uns auch Jahrhunderte der Erfahrung nicht helfen Fehler zu vermeiden? Manchmal ist es zum Verzweifeln alter Freund.“ Leif rieb sich die Augen wie ein müder alter Mann mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand. „Ich dachte ehrlich dies war der Weg Gerrit – das richtige Vorgehen – zum Wohle aller. Doch leider war die Behandlung. meine Diagnose und Behandlung falsch.“ Er suchte wieder den Blick des alten Nosferatu. „Alles was jetzt tun kann, was ich anbieten kann, ist der Versuch von Heilung und Wiedergutmachung. Meine Fähigkeiten in die Dienste dieser Stadt und dieses Rates zu stellen und anbieten die Rolle einzunehmen die sonst keiner hier einnehmen will.“ Er schaute Gerrit intensiv an. „Denn du hast Recht. Denn ich werde immer versuchen die Dinge zu erreichen die ich begehre und die Sicherheit dieser Stadt gehört dazu. Ich würde Länder niederbrennen und ganze Heere opfern wenn es bedeuten würde diesen kleinen Ort zu erhalten, denn ich habe keinen anderen Platz mehr zu dem ich gehen kann als diese Stadt. Ich habe nicht die Kraft irgendwo noch einmal neu anzufangen. Die Welt dort draußen hat sich verändert Gerrit sie ist nicht mehr die gleiche wie vor 200, ja nicht einmal wie vor 50 Jahren! Die lange Nacht ist vorbei, ein Krieg der Prinzen steht vor unser aller Toren und ein Vorsintflutlicher ist bereits gefallen. Er wird nicht der letzte sein so viel ist sicher, denn wenn einer von der Hand einer Kabale ehemals sterblicher Magi fällt die den Fluch lediglich mit Gewalt und Blasphemie gestohlen haben, dann sagt die Logik das die anderen Blutgötter ebenfalls von ihren Thronen gestoßen werden können. Du weißt was das bedeutet Gerrit. Ein Sturm braut sich zusammen. Ein Sturm in dem wir jämmerlich untergehen werden, wenn wir es nicht schaffen uns zusammen zu nehmen und trotz aller Vergangenheit an einem Strang ziehen.“ Leif seufzte tief, fast verzweifelt aber trotzdem irgendwie entschlossen.
Gerrit wanderte Richtung Fenster und holte sich ein paar Atemzüge frischer Luft. "Es wird Geschehen ich weiß es, Der Sturm wird kommen und wir werden uns ihm stellen mit all unsere Kraft....und unseren Fehlern. Diese Rolle die du einnimmst wollen viele Leif, Alida und Liliane tun was sie für ihr bestes halten außer Lucien und ich. Wir sind keine Heiler Leif und wir haben nie gelernt Menschen zu helfen, diese Hände...." Gerrit hob seine Hände ein wenig an. "Diese Hände haben sehr viele Leben genommen Leif, ich habe mein eigenes Leben um das vieler andere Leben verlängert und nicht der Fluch nein davor schon tat ich es zum Überleben, ich kenne nichts anderes mehr." Gerrit deutete mit einen Finger auf seine Schläfe. "Das hier ließ mich Dinge erschaffen die es wert waren zu verteidigen und selbst dann kann ich nicht aus meiner Haut, Ich werde nie ein Wesen sein das andere rettet Leif. Ich kann nur versuchen eine Rolle einzunehmen in der auch etwas erreichen kann." Gerrit nahm sich einen freien Schemel und gesellte sich zu Leif. "Und hier sitzen wir nun...... wie zwei alte Greise die nichts Besseres zu tun haben als der Vergangenheit zu trauern und um die Zukunft zu Bangen...he he he. Du bist alt geworden mein Freund du solltest vielleicht ab und zu dein Spittal verlassen wenn es den Leuten wieder besser geht."
Der Nordmann atmete aus. „Ich glaube das ist der Trick alter Freund. Wir sind zwei alte Greise auch wenn wir nicht so aussehen und du schon gar nicht.“ Leif lächelte. Ein Witz. „Vielleicht brauchen wir wirklich Hobbies, vielleicht müssen wir uns jedes Menschenleben einmal neu erfinden um nicht wie die anderen Alten zu Relikten vergangener Zeiten zu werden. Aber das kann uns wohl nur die Zeit zeigen ob wir ihr gewachsen sind. Eine Ironie des Schicksals, dass wir als unsterbliche Wesen doch noch immer die unnachgiebige und unbarmherzige Zeit als Gegner fürchten müssen.“ Der Salubri lachte einmal auf. „Wir alle spielen unsere Rolle Gerrit und ich bin froh, dass du hier bist und die deine spielst auch wenn du es selbst vielleicht nicht wahrnimmst. Du bist der Stein, das Fundament auf dem wir das aufbauen wofür wir kämpfen. So wie einst Malachit in Konstantinopel bevor es in den Flammen von Wahnsinn, Paranoia und Blut unterging. Es spielt keine Rolle wer du einmal warst – nicht mehr denn du hast dich dazu entschieden jemand ganz anderes zu sein.“ Das Gesicht von Leif verfinsterte sich für einen Moment als er von Konstantinopel sprach, wurde aber schnell wieder normal als er die Erinnerungen daran wegdrängte. „Aber die Rolle von der ich für mich gesprochen habe ist nicht die eines Heilers. Das Heilen ist nur der Gegenpol der mich nicht gänzlich den Griff um meine Menschlichkeit verlieren lässt. Ich spreche davon, dass ich jedem die Kehle durchschneiden werde der diese Stadt bedroht oder schlimmeres. Denn ich habe meine Ehre lange hinter mir gelassen und werde tun was auch immer notwendig ist. Du verdienst ehrliche Worte Gerrit und die sollst du heute Nacht bekommen. Leif lächelte sanft. „Weißt du was eigentlich lustig ist Gerrit? Du und Lucien seid von niederen Clans und trotzdem steht ihr immer zu euren Prinzipien und ich spreche hier nicht von irgendwelchen kruden Ideen von Menschlichkeit oder Familie wie bei Liliana oder Alida – wie kommt das eigentlich? vor allem wenn man es mit all den Vertretern der hohen Clans vergleicht und immer von diesen Dingen sprechen aber nie danach handeln.“