Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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 Betreff des Beitrags: Wenn der Staub sich legt
BeitragVerfasst: So 3. Jun 2018, 15:37 
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Wenn der Staub sich legt



Mein liebster Lucien,

Vergib mir. Ich dachte ich hätte den Mut dir die folgenden Worte selbst an dich zu richten, aber ich kann es einfach nicht. Es gibt so viel das es zu sagen gibt aber meine eigene Stimme würde mich vor Feigheit lügen lassen und so vertraue ich mein Herz diesem Pergament an. Einige letzte Worte um Lebewohl zu sagen.

Vor langer Zeit einmal hast du mir ein neues Leben geschenkt, nicht erst jetzt sondern vor all den Jahren als sich unsere Wege das erste Mal in den unter dem gold-grünen Blätterdach eines kleinen französischen Waldes gekreuzt haben. Alles was daraus erwachsen ist war immer wie ein Traum, eine Geschichte. Eine Symphonie die nur uns beiden gehört hat und die niemand sonst hören konnte. Eine Erzählung bittersüß, tragisch und doch voller Gefühl und Wahrheit. Die Erinnerung an dich war wie eine Fackel in meinem Herzen, ein Licht das mir Wärme und Leben gegeben hat, auch wenn die Welt um mich grau und trist geworden ist. Es waren deine Berührungen, deine Worte, deine Küsse und dein Lächeln die mir Stärke gegeben haben als ich an einen Mann gegeben wurde den ich nicht kannte und nicht liebte. Als mein Vater starb und mein Gatte mein Erbe verspielte. Als meine jüngsten Kinder von Krankheit dahingerafft wurden und ich nur hilflos zusehen konnte wie ihre kleinen Körper vor Fieber verbrannten. Immer wenn mich die Verzweiflung übermannt hatten bewahrte mich die Liebe zu dir davor aufzugeben und ließ die Sonne auch nach der tiefsten Nacht irgendwann wieder aufgehen um die Dunkelheit um mich zu vertreiben und mich mit ihren goldenen Strahlen zu wärmen.

Aber alle Geschichten finden ihren Abschluss. Auch unsere ist davon nicht ausgenommen, denn selbst die magischsten Märchen kommen irgendwann zu einem Ende. Ich verstehe das jetzt und bin bereit die nächsten Schritte tun zu. Einige der ersten Worte die du je an mich gerichtet hast waren, dass ich vieles noch nicht weiß was es in dieser Welt gibt und oh wie recht du doch damit hattest. Du wusstest vorher was geschehen muss. Hattest das Ende schon kommen sehen, denn wir haben es schon einmal erlebt. Wie zuvor hast du mir ein neues Leben geschenkt. Hast mir eine neue Welt zu Füßen gelegt und mir bei meinen ersten wackeligen Schritten geholfen. Aber wie ein Kind das Laufen lernt muss auch ich lernen diesen Pfad vor mir alleine zu gehen. Ich ahnte die Wahrheit bereits auch wenn ich mich vor ihr gefürchtet habe. Sie lag in der Abwesenheit deiner Blicke, der Zurückhaltung in deinen Berührungen und in der Nachdenklichkeit deines Gesichts, wenn du dachtest das ich nicht hinschaue. Ich habe immer gewusst was kommen würde, auch wenn ich es nicht sehen wollte.

Ich werde dich immer lieben Lucien. Den Räuber genauso sehr wie den Taschendieb, den Gerbergesellen, den Küchenjungen, den Schnitzer, den Klosternovizen...aber auch den Mann, den Helden, den Hauptmann und all die Rollen die Gott und das Schicksal dir zugedacht haben und noch zudenken werden. Ich danke dir für dieses zweite Leben das du mir geschenkt hast und dafür das das ich dich noch einmal wiedersehen durfte um dein Lächeln zu hören, in deine dunklen Augen zu blicken und dich in meinen Armen zu halten, nachdem ich nicht einmal mehr wagte davon zu träumen. Unser Märchen hat ein Ende gefunden hat, aber eins bleibt denn ich weiß das ich dich nie vergessen werde. Überdauern werden die Erinnerungen und mit ihnen alle Wahrheit, Emotion und Schönheit die wir zusammen geschaffen haben.

Lebewohl mein Retter, mein Räuber, meine große Liebe zweier Leben,
Florine

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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: So 3. Jun 2018, 15:37 


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 Betreff des Beitrags: Re: Wenn der Staub sich legt
BeitragVerfasst: Fr 22. Feb 2019, 16:30 
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Florine’s gleichmäßige Schritte ließen den Schnee unter ihren Ledersohlen knirschen. Sie war nicht lange unterwegs gewesen und dennoch erschöpft. Bis zu den Knien ging ihr die weiße Flut, während der schneidend-kalte Wind um sie herum heulte. Zum Glück hatte sie ihr Ziel fast erreicht, während sie vergeblich versuchte die feuerroten Haarsträhnen einzufangen, die der Wind gelockert hatte. Die junge Frau könnte das Meer riechen und hören, bevor sie es schließlich in all seiner Pracht erblickte. Die Wellen brachen sich wild an dem kleinen Strand und der vom Wind aufgetürmte Schnee wirkte im sanften Licht der untergehenden Sonne wie Dünen aus dem weißesten Sand, auch wenn die eiskalte Luft jede Illusion eines heißen Sommertages heulend mit sich fortriss. Florine verharrte einen Moment über diesen Anblick. Sie hatte das Meer immer geliebt. Der endlose, blaue Horizont und das Geräusch der Brandung - nie hätte sie das Bild vergessen können, als sie das erste Mal mit ihrem Vater nach Bordeaux gereist war. In einem anderen Leben. Einem Leben, dass nicht verflucht war.

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Die junge Frau schüttelte energisch den Kopf, ganz so als wollte sie einen bösen Traum vertreiben und mit Überzeugung kämpfte sie sich durch die Schneeverwehungen hinunter zum Strand. Ihr Atem bildete weiße Wölkchen, die sich in der zunehmenden Dunkelheit verloren. Ohne einen weiteren Gedanken fiel sie kurz vor der Brandung auf die Knie. Ob aus Erleichterung oder Erschöpfung wusste sie nicht genau. Sie hatte ihr Ziel erreicht, dass war alles was zählte. Florine blickte in den grauen Himmel und begann leise zu beten um Zweifel und Furcht zu vertreiben, die langsam in ihr Herz krochen. Sie hatte sich entschlossen eine große Sünde zu begehen, dennoch brannte die Hoffnung, dass Gott ihr diese vergeben würde hell wie eine Kerze in der dunkelsten Nacht. Ihr Platz war nicht hier. Sie hatte versucht eine Bestimmung in dieser neuen Welt zu finden, aber es war der Versuch einer Närrin gewesen. Nein, nicht der Versuch einer Närrin, sondern der eines Monsters. Eine groteske Existenz war sie, erweckt durch höllische Zauber, eine lebende Tote, wandernd durch eine Zeit die nicht die ihre war. Auch Lucien hatte diese dunkle Wahrheit gesehen - trotz seines stoischen Schweigens. Ihr Lucien, ihr Hauptmann der nicht mehr der ihre war. Sie hatte die Zweifel in seinem Blick gesehen. Den Unglauben, sobald er sie ansah und das Zögern, wenn er sie berührte. Ein Wesen wie sie gehörte nicht hierher. Diese Wahrheit war in ihr gewachsen wie ein Samen, hatte in ihrer eigenen Verwirrung, in ihren Fragen fruchtbaren Boden gefunden und irgendwann die bitteren Früchte der Erkenntnis getragen. Sie war ein Monster. Verbannt und verstoßen aus dem Himmel, verdammt von einem Dämon zu einem neuen, unnatürlichen Leben.

Der Allmächtige würde ihr verzeihen. Er würde ihr wieder einen Platz im Paradies gewähren, da war sie sich sicher, solange sie die gestohlene Zeit, dieses gestohlene Leben nur aufgab. Florine spürte wie heiße Tränen an ihren Wangen hinunterliefen. Lucien. Ihr schöner, starker Bandit. Die plötzlichen Emotionen, die mit der Erinnerung kamen, peinigten sie bis ins Mark. Es war richtig gewesen ihn freizugeben, die Worte niederzuschreiben, die er hören musste, um sich nicht mehr für sie verantwortlich zu fühlen. Ein Tränenschleier trübte ihren Blick, den sie energisch fortzuwischen versuchte, so wie all die bittersüßen Erinnerungen.

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Es war an der Zeit. Jetzt galt es zu handeln. Das letzte Licht des Tages war beinahe komplett der beginnenden Winternacht gewichen und Florine hatte Angst das der Mut sie im letzten Moment doch verlassen würde, sollte sie noch länger zögern. Mond und Sterne hatte das graue Zwielicht inzwischen abgelöst, während sie ihren Mantel ablegte und die gefütterten Lederstiefel auszog. Florine’s ebenmäßige Zähne klapperten unkontrolliert, als sie die ersten Schritte auf die Wellen zuging.

...Es...war...so...kalt...

Sie zwang sich weiterzugehen bis sie den Rand der Brandung erreichte. Da war das Meer und genauso wie Flut zurückwich, schwand auch ihre Angst. Das war der Weg, den sie gehen musste und unter Auferbietung ihrer gesamten Willenskraft, führten sie ihre Beine weiter in das eisige Nass. Ein heller Schrei entwich ihr als die erste Welle ihre nackten Füße berührte, aber sie ging weiter. Der nächste Wasserschwall reichte ihr bis zur Brust und raubte ihr den Atem, die dritte Welle warf sie in das flache Wasser, während der nächste Stoß ihr alle Sinne zu überladen schien. Sie zitterte unkontrolliert.

...War...so...kalt...

Bild

Florine schnappte nach Luft und hustete schwer. Ihre Muskeln verkrampften. Sie konnte sich kaum bewegen. Dennoch schaffte sie es irgendwie sich zum Strand zurückzuschleppen. Langsam auf alle Vieren spürte sie, wie ihr Körper von der Kälte eingenommen wurde. Die Heiler im Brügger Hospital hatten gesagt, Kälte wäre ein gnädiger Tod. Irgendwann würde man einfach einschlafen und im Himmel wieder aufwachen. Als sie das gehört hatte, wusste Florine, dass sie auch so gehen wollte, so wie die vielen Soldaten und Flüchtlinge, die im Bürgerkrieg erfroren waren. Einfach am Meer einschlafen, die gleichmäßig-schöne Musik der Wellen im Ohr. Trotz dieser Aussicht war das Zittern im Moment unerträglich. Unter Schmerzen drehte sich Florine auf den Rücken. Sie wollte den Himmel sehen. Ihr volles, rotes Haar war nass und breitete sich auf dem eisigen Untergrund aus wie Blut, während der Mond und abertausenden von Sternen am Himmel leuchteten.

...So...kalt...

Die Zeit begann jegliche Bedeutung zu verlieren. Florine wusste nicht mehr wie lange sie in der Sand- und Schneebedeckten Brandung lag, aber ein seltsamer Frieden erfasste sie irgendwann. Alles begann zu verschwimmen, lediglich das Krächzen eines Raben durchbrach die Stille. 'Schwarzer Bote, bist du hier damit ich nicht allein sein muss?' Florines Gedanken fühlten sich an wie zäher Sirup der langsam dahinfloss.

...Kalt...

Florine hörte das ebenmäßige Rauschen der Wellen - oder war es gar nicht ihr geliebtes Meer? Es klang beinahe wie Gesang. Aber sie war doch alleine gewesen? War sie es vielleicht selbst? Sang sie etwa diese fröhliche, warme Melodie? Das Lied war so wunderschön, sie fror nicht einmal mehr.

...

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