Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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 Betreff des Beitrags: Re: Tempus fugit 1228 (Luisa)
BeitragVerfasst: Mi 27. Mär 2019, 20:03 
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Sie erwiderte sein Lächeln, allmählich etwas auftauend. Für die Brujah war es eine erhebende Erfahrung von einem wahrscheinlich wesentlich älteren Kainiten ein solches Maß an Zustimmung zu erfahren. Dieser van de Burse wirkte geradezu leutselig, als spreche er mit einer Gleichgestellten. Das ließ Louisa selbstsicherer werden. Sie hörte ihm zu und vergaß ganz, dass sie vorgehabt hatte, besondere Vorsicht walten zu lassen. Stattdessen runzelte sie nachdenklich die Stirn. Was er vermisste, das fehlte ihr gelegentlich auch ein wenig – aber nachvollziehen konnte sie seine Sehnsucht nicht ganz. Sie selbst sprach das dem Toreadorblut zu, ohne indes zu bedenken, dass er den Sonnenschein und die leiblichen Genüsse des Sterblichendaseins schon sehr viel länger entbehren musste als sie. Für die junge Frau war die Faszination ihrer neuentdeckten Kräfte noch lange nicht verblasst, hatte die Existenz als Untote noch nicht den schalen Beigeschmack bekommen, der die Nächte sich wie ein düsteres Grabtuch auf die Seele legen ließ...

Waren so nicht die Worte ihres Meister gewesen? Worte, über die sie insgeheim den Kopf geschüttelt hatte. Worte eines alten Mannes, der seiner Existenz überdrüssig geworden war und der sich eine junge Geliebte genommen hatte, um seinen grüblerischen Gedanken zu entfliehen – aber nein: Sie durfte nicht ungerecht sein! Der Hidalgo hatte sie zwar auch gelehrt, dass der Tanz zwischen den Geschlechtern, der erotische Aspekt ihrer Raubtiernatur, eine große Faszination ausüben konnte. Doch der ernste, bittere Idealist, der seine kochenden Leidenschaften zumeist unter eiserner Kontrolle zu halten wusste, war kein simpler Lüstling oder Hedonist. Er war ein Mann, so vielschichtig wie seine Erlebnisse, von denen er endlos hatte berichten können. Schließlich und endlich schien es, wenn sie die Aussagen des Hüters mit den seinen verglich, eine Gemeinsamkeit alter Kainiten zu sein, dass sie die Welt düsterer sahen, farb- und freudloser. Nie, niemals wollte sie ihre oftmals gefährlichen heißen Ausbrüche von Leidenschaft gegen solche seelische Taubheit eintauschen!

Dieser Entschluss wallte unvermittelt sehr heftig in ihrem Busen auf, und darum fiel ihre Antwort auf van de Burses Frage auch ebenso heftig aus: "Freiheit! Ich will die sein dürfen, die ich bin, und ich will mich all meiner Sinne bedienen dürfen, alles erfahren und erleben dürfen, was ich kann!" Sie realisierte mit leisem Erschrecken, dass sie die sichere Deckung damit reichlich leichtsinnig verlassen hatte. Doch da es nun ohnehin zu spät war, um zurückzurudern, hob sie in trotzigem Stolz das Kinn. "Wenn ich schon auf den Sonnenschein, auf Farben, auf wohlschmeckende Speisen und die anderen Genüsse der Sterblichen verzichten muss, dann steht mir zu, die Freuden zu erleben, die meine Existenz mir jetzt bietet!" Obwohl körperlich alles andere als massig oder beeindruckend gebaut, bot sie doch den Anblick wilder Entschlossenheit, als sie von ihrem Platz aufsprang, die schmalen Hände zu Fäusten geballt, den Kopf mit einem Ruck zurückwerfend, dass sich ihre Locken der Haube entledigten und in einer wahren Flut ihre Schultern umflossen. Es blitzte in ihren Augen, und, ja, tatsächlich schienen ihre Wangen gerötet wie die eines sterblichen Mädchens.

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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Mi 27. Mär 2019, 20:03 


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 Betreff des Beitrags: Re: Tempus fugit 1228 (Luisa)
BeitragVerfasst: Do 28. Mär 2019, 10:55 
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Frederik van de Burse sah zu ihr auf und der Ausdruck auf seinen Zügen wechselte von Erstaunen zu Anerkennung und dann stahl sich etwas auf seine Züge, dass man als breites Schmunzeln interpretieren konnte. Eindeutiges Amüsement lag in seiner Stimme als er sich zurück in die Kissen des weichen Sessels sinken ließ. „Louisa van de Voort? Ich denke, ihr seid hier in Brügge genau richtig. Unsere ‚Alten‘…“ Er betonte das Wort mit amüsierter Ironie. „… werden eine helle Freude mit euch haben, da bin ich mir sicher. Wer braucht schon ‚Farbe, Sonnenschein, und wohlschmeckende Speisen‘ wenn er jemanden mit so viel Leidenschaft wie euch in der Stadt weiß?“ Er lachte kurz auf und rief dann laut nach einer weißblonden Frau, deren Haar fast so hell war wie die gestärkte Schürze, die sie trug. „Svantje?“ Die Dienerin musste um die 20 Jahre alt sein. „Geleitet die Herrin van de Voort bitte in die besonderen Gemächer.“ Er nickte und sah sie dann fest an. „Ihr seid für das Wohlergehen der Dame zuständig!“
Das Mädchen nickte, machte einen kleinen Knicks vor der Kainitin. „Dürfte ich euch eure Gemächer zeigen?“

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 Betreff des Beitrags: Re: Tempus fugit 1228 (Luisa)
BeitragVerfasst: Fr 29. Mär 2019, 20:21 
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Das Blut der Brujah war heißer als das anderer Blutlinien, und auch Louisa fühlte Stolz und Kampfbereitschaft binnen eines Lidschlags in sich zu einer mächtigen Woge heranwachsen. Obwohl sie im Allgemeinen dank ihrer wenigen, aber harten Erfahrungen mit Kainiten unsicher bei der Einschätzung untoter Gegenüber war, kümmerte sie sich in diesem Moment nicht mehr um die Frage, ob der Hüter machtvoller, einflussreicher als sie oder auf andere Weise in der Lage wäre, ihr zu schaden. Das Erbe, das sich von der Wurzel ihres Stammbaums bis ins dreizehnte Glied fortpflanzte, ließ sie Bedachtsamkeit und ängstliche Vorsicht vergessen. Oder eher: Es ließ ihr Bedenken und Zweifel klein, grau und unbedeutend erscheinen, deren warnende Stimme im Rauschen des Bluts untergehen. Sie wusste sehr wohl, was sie riskierte – aber etwas in ihr besaß einen Nacken, der sich niemals freiwillig beugen würde, ganz gleich unter welches Joch. Die junge Frau erwartete Zorn, Entrüstung, beißenden Spott zumindest, und spannte sich an, um ihre Position zu verteidigen wie eine Löwin ihre Jungen. Alles in ihr war zum Kampf bereit.

Aber der Kampf kam nicht. Sie sah den Toreador schmunzeln, hörte seine Worte und holte tief Luft, um ihm all ihre Argumente und ihre Wut ins Gesicht zu schleudern. Daher dauerte es auch geraume Zeit, bis ihr bewusst wurde, dass er ihr gar nicht widersprochen hatte. Es kostete sie regelrecht Willenskraft, die Fäuste wieder zu öffnen, ihre hochgereckte Haltung aufzugeben und schließlich, wie gegen einen Krampf ankämpfend, ihrerseits ein Lächeln zu zeigen. "Ich... danke Euch" brachte sie irgendwann ein wenig lahm heraus, da ihr eine andere Entgegnung einfach nicht einfallen wollte. Ihr Zorn hatte kein Ziel gefunden, wollte sich aber nur schwer wieder beruhigen lassen. Als van de Burse die Magd herbeirief, fuhr sie beinahe heftig zu dem Mädchen herum, starrte es an – und strich sich dann in einer linkischen Geste ihre ungebändigte Mähne hinter die Ohren, um ihre Verlegenheit zu verbergen.

Noch immer ratlos, wie sie sich aus der Affäre ziehen sollte, ohne ziemlich ungelenk zu wirken, beschloss sie lieber zu schweigen und nickte dem Toreador nur noch einmal dankend zum Abschied zu. Svantje begutachtete sie mit einem kurzen Blick, und sie gefiel ihr. Das Mädchen wirkte adrett und sauber, und es war sehr höflich. So erhielt auch sie ein Nicken. Betont beiläufig griff Louisa nach ihrer Haube, wurde sich des eigenen Aussehens bewusst, das im Kontrast zu der ordentlich gekleideten Dienerin gerade ein wenig wild wirken musste, und beeilte sich, ihr zu folgen. Die Glut glomm noch immer in ihrer Brust, aber nun richtete sich ihre Wut eher auf sich selbst. Sie fühlte sich wie eine Frau, die sich gerade zur Närrin gemacht hatte, und gerade van de Burses gelassene Reaktion machte ihren Ausfall doppelt beschämend. Oh, sie liebte die Stunden, in denen ihre Leidenschaft sie alle Kälte in ihrem toten Leib vergessen ließ! Aber wenn sie ihre Selbstkontrolle verlor, mochte sie am liebsten auf das Brujah-Erbe verzichten...

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 Betreff des Beitrags: Re: Tempus fugit 1228 (Luisa)
BeitragVerfasst: So 31. Mär 2019, 12:25 
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Die Dienerin wanderte durch mehrere Flure, erklomm zwei hölzerne Treppen mit glatt geschliffenen, geölten Geländern, und erreichte schließlich am Ende eines Ganges eine dicke Eichentür. Ein fein gearbeiteter Schlüssel, den sie anschließend an Louisa übergab, öffnete die Pforte. Sie knickste und gab den Blick auf ein geräumiges, fensterloses Gemach frei.

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Im Zentrum befand sich ein überdimensionales weiches Bett mit Baldachin. Eine von mehreren Kerzen hinter Glas beleuchtete Sitzgruppe lud zum Verweilen ein.
„Ich wünsche euch eine geruhsame Nacht, Herrin. Fühlt euch ganz wie zu Hause“, hörte sie die Stimme der Dienerin hinter sich. „Wenn ihr einen Wunsch habt, dann läutet nach mir.“

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 Betreff des Beitrags: Re: Tempus fugit 1228 (Luisa)
BeitragVerfasst: Di 2. Apr 2019, 18:34 
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Tausend Fragen brannten ihr noch auf der Seele, aber Louisa hätte sich lieber die Zunge abgebissen, sich dem Mädchen als neugieriges Waschweib zu offenbaren! Also folgte sie der Dienerin in einem Schweigen, das ihrem Gefühl nach herrschaftlicher wirkte, und suchte stattdessen möglichst viel von ihrer Umgebung mit den Augen und Ohren zu erfassen. Die Tür, stabil und solide wirkend, erweckte Vertrauen. Ebenso der Schlüssel aus kühlem, hartem Metall. Er presste sich spürbar gegen ihre Rippen, nachdem sie ihn unter ihr Mieder als einen ihrer sichersten Aufbewahrungsorte geschoben hatte. Beides waren feste Ankerpunkte, die ihr signalisierten, dass sie hier einen gewissen Schutz auch physischer Art hatte und die Kontrolle darüber besaß, wer das Gemach betreten konnte und wer nicht. Nach ihrer langen Reise hierher und den teils sehr riskanten Unterschlupfen, mit denen sie des Tags vorlieb hatte nehmen müssen, eine spürbare Verbesserung!

Den Knicks des Mädchens beantwortete sie mit einem Nicken und einem geschmeichelten Lächeln – nach wie vor war es eine angenehme Erfahrung, als Herrin tituliert und entsprechend behandelt zu werden. Der Hidalgo hatte stets auf einem spartanischen Lebensstil bestanden und insbesondere verboten, dass sie sich menschliche Diener für ihr Leibeswohl hielt wie andere Kainiten. Er sah es als ein Zeichen der Schwäche an, einen ersten Schritt auf dem Pfad zu Dekadenz und Trägheit, sich derart auf Sterbliche zu verlassen, was das persönliche Wohlergehen betraf. Doch Louisa war keine Idealistin, wollte keine sein – zum Donnerwetter, sie hatte ihr Lebtag davon geträumt, wie eine Prinzessin bedient zu werden! So kamen auch ihre bewundernden Blicke, mit denen sie im Raum umherging, und das zärtliche Streicheln mit der Hand über die weichen Bettlaken. Das alles sollte für sie sein..!

Als die Stimme der Magd hinter ihr aufklang, drehte sie sich um, lächelte wieder und ließ ihren Blick erneut mit Wohlgefallen über das adrette Mädchen gleiten. "Das werde ich tun." Ihre Augen wanderten über den Leib Svantjes, über die Rundung des Busens hinauf zu dem Grübchen unter der Kehle, dann seitwärts, wo sie beinahe das lebendige Pulsieren des süßen roten Safts zu erkennen glaubte... Sie unterdrückte den Drang, sich über die Lippen zu lecken. Dennoch trat sie ganz gemächlich auf das junge Ding zu. "Wie lauten deine Anweisungen, Svantje? Hast du dich... jederzeit zu meiner Verfügung zu halten?" Ihre Blicke liebkosten die glatte Haut ihres Gegenübers, die gewiss die sanfte, aber kraftvolle Wärme von Jugend und Gesundheit ausstrahlte. Oh, das süße Ding war appetitlich... die Brujah weitete kaum merklich die Nasenflügel. Ihr Gaumen sehnte sich nach dem Geschmack des Lebenssaftes – sie wäre erstaunt, ja vielleicht entsetzt gewesen, wäre ihr die Spur von Lüsternheit bewusst geworden, die in ihren Augen aufglomm.

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 Betreff des Beitrags: Re: Tempus fugit 1228 (Luisa)
BeitragVerfasst: Mi 3. Apr 2019, 15:05 
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Absoluter Unglaube und ein gewisses Entsetzen standen der jungen Magd im ersten Moment tief ins Gesicht geschrieben. Louisa hatte ihr Gegenüber auf eine Art und Weise überrumpelt, mit der sie nicht gerechnet hatte. Das stand außer Frage, denn die zuvor so sorgsam aufgelegte Maske der Höflichkeit war wie weggeblasen. Die Verwirrung in den wohlproportionierten Zügen der Dienerin wich jedoch schnell einer anderen Gemütslage: Trotz und Entschlossenheit. Svantje ging auf Louisa zu, sodass nur noch eine Handbreit beide Frauen voneinander trennte. Die Sterbliche sprach mit einer äußerst überlegten Stimme, die darauf schließen ließ das mehr in der jungen Frau stecken musste als es den Anschein weckte. „Ich helfe schon länger als ihr vielleicht glaubt, sowohl dem Hüter als auch den Ratsherren dieser schönen Stadt, diese heiligen Hallen sicher, sauber und nicht zuletzt verborgen vor allzu neugierigen Augen zu halten. Diese Aufgabe ist mir Freude und Privileg zugleich, so wie anderen Mitgliedern meiner Familie zuvor.“ Svantja stand so nah bei Louisa das diese den feinen Duft von Lavendel der ihren Kleidern entströmte wahrnehmen konnte. Dennoch schien sie keine Angst vor der leidenschaftlichen Brujah zu haben, auch wenn ihre Wangen durch allerlei Emotionen gerötet waren. Ihr Atem roch nach Minze und Honig.

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„Euch wird es hier an nichts fehlen, zumindest an nichts was einem Gast des Rats von Brügge zusteht. Dennoch solltet ihr euch einer Sache gleich bewusst werden, deshalb verzeiht mir meine Direktheit.“ Zwei eisblaue Augen schauten Louisa an, die klar machten das sie lieber hier und jetzt von ihr in Stücke gerissen werden würde, als auch nur einen einzigen Schritt vor ihr zurückzuweichen, oder sich unterwürfig zu zeigen. „Ich bin kein Spielzeug, mit dem ihr euch nach Belieben die Zeit vertreiben könnt und ich bin auch ganz sicher nicht eure Sklavin, über die ihr verfügen könnte wie euch beliebt. Wenn es euch Gesellschaft oder anderen Genüssen gelüstet, dann sucht euch jemanden auf dem Markt, geht in die Drachenkopftaverne oder bezahlt ein naives, junges Ding aus dem Rosengarten dafür. Ich kann euch versichern, dass die Freudenhäuser Brügges für sich in Anspruch nehmen ganz besonders saubere Etablissements zu sein, aber ich stehe für nichts davon zur Verfügung.“ Svantjes Empörung schien langsam abzuebben und mit einer kurzen Geste strich sie sich das blonde Haar zurück, welches ihr ins Gesicht gefallen war. Sie streckte die Schultern, während ihr Ton wieder geschäftiger und weniger emotional wurde. Das Lächeln auf ihren Zügen war jedoch distanziert und ohne Wärme. „Ich hoffe Brügge gefällt euch Frau van de Voort und auch das ihr als Gast in diesen heiligen Hallen eine ruhige und angenehme Zeit verbringen werdet.“ Den Ausdruck ‚Gast‘ sprach Louisas Gegenüber mit besonderem Nachdruck aus und ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren, drehte sich Svantje um und ließ die Brujah in ihrem neuen Gemach zurück.

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 Betreff des Beitrags: Re: Tempus fugit 1228 (Luisa)
BeitragVerfasst: So 7. Apr 2019, 10:34 
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Die Reaktion der Dienerin löste zunächst das genaue Gegenteil dessen aus, was sie wohl beabsichtigt hatte: Ähnlich einer Katze, deren Jagdtrieb von einer sich wehrenden Maus erst recht geweckt wird, glühten die Augen der Vampirin auf. Auch sie trat einen Schritt näher an ihr Gegenüber – allerdings nicht trotzig-entschlossen, sondern vielmehr langsam und genüsslich, bis die beiden sich fast berührten. Sie sog den Duft des Lebens in ihre Nase ein und fühlte, wie sich ihre Eckzähne leicht schmerzhaft in ihre Lippen bohrten, während sie leise erschauerte. Das Etwas in ihr streckte die Krallen und machte sich sprungbereit. Die Worte Svantjes registrierte Louisa zwar, doch hatten sie so viel Wirkung auf ihren Verstand wie Regen auf einen Felsblock. Im Bann ihrer Gier, war sie kaum mehr empfänglich für Argumente. Sogar die Drohung hinter den Worten des Mädchens, eine Drohung, für die die vorlaute Sterbliche in Würzburg von den Schergen Bern Kronens exekutiert worden wäre, drang kaum durch.

Der Geruch, der warme Atem, der ihre Wangen traf, das Pochen des lebendigen Herzens, das sie beinahe hören konnte, hielten sie gefangen. Das Ding in ihr wollte den süßen roten Saft in vollen Zügen trinken, der da direkt vor ihr lockte. Und es wäre ohne weiteres bereit dazu gewesen, die Magd dafür in Stücke zu reißen, um an das zu gelangen, wonach es verlangte! Sie streckte die Finger und hob die Arme in zeitlupenhafter Langsamkeit an, um nach Svantje zu greifen, sie in ihre Arme zu ziehen, an sich zu pressen und ihre Fänge in diesem schönen, schlanken Hals zu versenken... Unendlich langsam, gleich einem Tor, das von jemandem aufgedrückt wird, während ein anderer mit nur um ein weniges geringerer Kraft sich dagegenstemmt. So langsam, dass die andere bereits aus dem Raum verschwunden war, ehe sie sich merklich gerührt, geschweige denn geantwortet hatte. Ein Verhalten, das der Magd andernorts sehr wahrscheinlich zum tödlichen Verhängnis geworden wäre – doch hier und jetzt bedeutete es paradoxerweise ihre Rettung.

Wie betäubt starrte Louisa auf das Holz der massiven Tür, blinzelte zweimal sehr langsam und entließ dann in einem langen, zitternden Atemzug die Luft aus ihren toten Lungen. Als sie die Hände hob, erkannte sie, dass sie sie erneut zu Fäusten geballt hatte. Ihre Fingernägel waren im Fleisch der Handflächen vergraben, winzige Blutrinnsale quollen unter ihnen hervor. Und Louisa van de Voort realisierte: Das Andere hatte soeben eine solche Macht über sie erlangt, dass sie drauf und dran gewesen war, sich in eine blutbesudelte Bestie zu verwandeln, um dessen dunkle Begierde zu erfüllen! Sie taumelte rückwärts, bis die Kante des Betts sich gegen ihre Kniekehlen presste und sie kraftlos auf die Laken sinken ließ. "Nein..!!" würgte sie heiser heraus. "Ich hasse dich! Hasse dich! HASSE DICH..!!" Sie schlug die blutigen Hände vor ihr Gesicht. Ihre schmalen Schultern zuckten, als sie lautlos weinte und dabei rubinrote Tränen vergoss.

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 Betreff des Beitrags: Re: Tempus fugit 1228 (Luisa)
BeitragVerfasst: Do 11. Apr 2019, 20:38 
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Der breitschultrige Mann stieß mit einem Ruck die Tür zu dem kleinen Hinterzimmer des Elysiums auf, nur um sie im nächsten Augenblick mit der Ferse seines harten Lederstiefels wieder geräuschvoll hinter sich zuzuhauen.

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Ausladend durchschritt er den Raum und warf seinen Mantel mit unnötiger Heftigkeit über eine Stuhllehne, die gefährlich ins Wanken geriet.
Vom anderen Ende des Raumes vernahm er eine Stimme. „Ich habe schon Zweifel bekommen, ob ich dich in dieser Nacht noch zu Gesicht bekommen würde.“
Seine Antwort war ein undefinierbares Schnauben, das einem Bären alle Ehre gemacht hätte.
Blasses Mondlicht fiel durch eines der aus teurem Glas gefertigten Fenster und ließ die Silhouette eines Mannes scharf davor abgrenzen.

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Jan van Hauten ersparte sich nach wie vor jedwede Antwort und ließ sich schwer in eines der weich gepolsterten Möbelstücke fallen, zwischen denen ein Schachbrett aufgebaut war bei dem bereits einige Figuren aus dem Spiel ausgeschieden waren. Aus dem Sitzen heraus sah er zu dem so nur wenig größeren Frederik auf, der nach wie vor gegenüber dem Fenster verweilte. Seine Stimme war dunkel als er brummte. „Muss es wirklich wieder dieses Spiel sein? Wie wäre es mal mit einem vernünftigen Kartenspiel wie Poch, Bakkarat oder ‚21‘?“
Der schmaler gebaute Mann trat näher heran, stellte den mit einer roten Flüssigkeit gefüllten Pokal, den er in der Rechten gehalten hatte, ab und nahm ebenfalls im gegenüber stehenden Sessel Platz. „Ich lasse ein Spiel nicht gerne unbeendet.“
Erneut grummelte der breitschultrige Ventrue, möglicherweise zustimmend, in seinen Bart und beugte sich über das Brett um die Aufstellung der Figuren näher in Augenschein zu nehmen. Er schwieg, war aber offensichtlich gewillt, das Spiel fortzuführen.
Frederik musterte ihn eine Weile und nahm dann einen Schluck aus dem Becher. Das rote Blut blitzte einen kurzen Moment im Kerzenschein auf seinen Lippen auf. „Heute hätten wir ‚Bier‘, ‚Wein‘ und sogar ‚Schnaps‘ im Angebot. Was darf’s sein?“
Jan sah nicht von den Figuren auf. „Wie das?“
„Einer meiner Ghule, mein fähigster Vorarbeiter im Kontor, feiert mit seinen Jungs im offiziellen Teil des Elysiums seinen 40. Geburtstag. Der Alkohol wird heute von mir gesponsort. Einige der Männer sind bereits jetzt sternhagelvoll und werden dankenswerterweise im Krankenhaus zur Ader gelassen. Ich liebe Geburtstage.“ Der Toreador grinste zweideutig und trank erneut.
„Bier. Danke“, kam die einsilbige Antwort des Hünen. Er verschob einen Bauern nach vorne.
Frederik van de Burse klingelte nach einem Diener, orderte kurz ‚Speziallieferung Bier und Wein‘ und wandte sich wieder dem Spiel zu, während der offensichtlich eingeweihte Untergebene mit einer kurzen, nickenden Verbeugung zur Tür heraus verschwand.
Schweigend saßen sich die beiden Männer, auf das Spiel starrend, gegenüber bis nach einigen Minuten der Diener erneut erschien um die silbernen Pokale mit der verheißungsvollen Flüssigkeit vor ihnen abzustellen. Frederik nickte ihm dankbar zu. „Das war es für heute, Jakob. Danke. Grüß die Familie.“
Der Diener schien zu verstehen und verschwand genauso schweigend wie er hereingetreten war.
Während Frederik einen Läufer in Position brachte, griff Jan nach dem Becher und nahm einen viel zu tiefen Schluck. Mit dem dunklen Hemdsärmel wischte er sich das Blut von Kinn und Bart.
Der Toreador zog nachdenklich eine Augenbraue in die Höhe. „Vielleicht hättest du den Schnaps nehmen sollen? Du siehst aus als könntest du ihn gebrauchen.“ Als keine Antwort erfolgte, fuhr er fort. „Willst du nicht sagen, was los ist? Ist es wegen der blonden Brujah? Hat sie dich so aus der Fassung gebracht?“
Wohl eine halbe Minute war es still im Zimmer und nur das Kaminfeuer knisterte leise vor sich hin. Dann antwortete Jan. „Die Kleine ist sicher gut darin Männer aus der Fassung zu bringen. Das steht außer Frage.“ Er zögerte einen Moment. „Ich kann dir ebenso gut auch antworten, oder? Wer weiß, vielleicht übst du mittlerweile schon das Gedankenlesen bei mir um die Kräfte des Auspex zu perfektionieren?“
Frederik setzte eine übertrieben gelangweilte Miene auf. „Das würde mir bei Freunden nicht im Traum einfallen. Ich hoffe das weißt du?“
Der Ventrue sah ihn gespielt zweifelnd an, seufzte dann einlenkend und brummte in seinen Bart. „Ja, ja. Schon klar…“ Er verschob einen Turm. „Meine Familie hat bei der letzten Handelsmission zwei Schiffe verloren. Ein kleines Vermögen. Und da haben sich einige meiner Familienmitglieder gefragt, ob es nicht einfach wäre, mit einer kleinen Intrige das Vermögen der Van de Burse ein wenig zu erleichtern und es uns zuzuführen. Es ist alles andere als einfach diese Geister ruhig zu halten und zum Einlenken zu bewegen.“ Er seufzte erneut.
Frederik van de Burse, der eine nichtssagende Miene aufgesetzt hatte, die einem Pochkartenspieler zu Ehre gereicht hätte, verschob seine Dame um sie in Sicherheit zu bringen.
Jan van Hauten seufzte erneut. „Mach dir keine Sorgen. Ich bekomm sie schon in den Griff. Die Van Hautens und die Van de Burse arbeiten seit Jahrhunderten besser miteinander als gegeneinander. Das hat sich immer als gewinnbringend für beide herausgestellt.“
Frederik nickte. „Sag Bescheid, wenn du Unterstützung brauchst…“ Er ließ das Thema vorerst auf sich bewenden und schwenkte zu einem anderen über. „Was ist nun mit der hübschen Brujah? Sie hat dich aus dem Konzept gebracht, oder?“ Er grinste breit.
Jan van Hauten mied den Blick des Toreadors und griff nach einem Bauern um dann jedoch nach kurzer Überlegung den Turm seitwärts zu schieben. „Sie geizt nicht mit ihren Reizen und ist ungewohnt… ‚lebendig‘ für eine Kainitin.“ Man sah ihm an, dass ihm das Thema unangenehm war.
Frederik blickte ihn nachdenklich an.

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„So, schieß mal los! Was weißt du wirklich über das Mädel? Und lass die oberflächliche Beschreibung weg, die du dem großen und kleinen Rat vorgetragen hast: ‚Von deinem Bruder empfohlene ‚Gelehrte‘, die in Brügge neue Aufgaben sucht…“ Er schien den Vortrag des breitschultrigen Mannes vor den Kainiten der Stadt zu zitieren.
Jan van Hauten zögerte, lenkte dann jedoch ein. „Das, was ich dir erzähle, bleibt unter uns? Kein Wort zu niemandem“ Seine Augen bohrten sich in die hellen des van de Burse, der wortlos, nur durch ein Schließen beider Lider sein Zugeständnis gab. „Carminus, mein Erzeuger, hat mich gebeten sie aufzunehmen. Er wurde wiederrum von einem Brujah namens Rodriguez de Avila, wahrscheinlich der Erzeuger des Mädchens, darum gebeten. Soweit ich mitbekommen habe, ein hohes Tier in der ‚See der Schatten‘, einer von den alten Philosophen, tugendhaft und stoisch. Carminus vertraut diesem Brujah und das Wort von jemandem wie Carminus allein reicht mir.“ Jan sah zu Frederik, der zustimmend nickte.
„Und warum dann diese Geheimniskrämerei?“
„Dieser Rodriguez de Avila will offensichtlich nicht, dass sein Schützling herausbekommt, dass er hinter der Sache steckt, ihre neue Zuflucht eingefädelt hat. Er meint, in seiner Obhut wird sie nie ‚selbstständig‘, nie in der Lage ‚richtig von falsch‘ zu erkennen, oder was auch immer er für richtig hält. Er ist der Meinung, dass sie das Potential zur ‚wahren Gelehrten‘ hat, aber erst ihre eigenen Erfahrungen machen muss.“
Frederik lachte freudlos auf. „Da bin ich ja fast froh, dass man mir damals nicht so viel Beachtung geschenkt hat. Dieser ‚Rodriguez‘ scheint bei aller ‚Tugendhaftigkeit ja ein Meister der Manipulation und Intrige zu sein.“
Jan van Hauten sah ihm an, dass der Gedanke an den Brujah ihn mehr als verstimmte und fuhr, um ihn auf andere Gedanken zu bringen mit seinem Bericht fort. „Sie baut bei der Jagd auf ihre weiblichen Reize…“
„… und perfektioniert diese Gabe anscheinend an jedem, der ihr über den Weg läuft“, beendete der Toreador den Satz des Ventrue.
Jan van Hauten zuckte mit den Schultern während Frederik mit seiner Dame dem schwarzen König gefährlich nah kam. Frederik kaute auf der Unterlippe. „Die Dienerin des Elysiums, Svantje, war vor zwei Stunden hier. Sie hat mir gemeldet, dass unser Gast sie unsittlich gemustert habe und zweideutige Fragen gestellt hätte. Daraufhin hat Svantje ihr anscheinend ordentlich die Meinung gesagt…“
Jan verzog das Gesicht. „Ungut… Svantje ist aus guter Familie und lässt sich nicht gerne etwas bieten. Allerdings ist Louisa Gast in der ‚blutigen Jungfrau‘…“
Frederik nickte. „Ich werde mich morgen offiziell als Hüter des Elysiums bei ihr entschuldigen. Svantje habe ich vorerst, so lange Louisa hier beherbergt wird, aus dem Elysium verwiesen. Ich verstehe, dass sie ihre Meinung kund tun wollte, aber ein etwas ‚diplomatischer Ton‘ wäre für einen Ghul wie sie angebracht gewesen. Mal schauen, ob Charlotte, Svantjes Meisterin, nun auch eine Entschuldigung verlangt…“ Frederik stöhnte und verdrehte die Augen. „Das Elysium, Ort der Ruhe, Eintracht und Geselligkeit…“
Jan grinste nun seinerseits. „Es ist ja wohl offensichtlich, dass Louisa und ihr Temperament in Brügge Spuren hinterlassen werden.“
Frederik schob das Spielbrett von sich. „Es ist genug für heute. Lass uns lieber die Karten auspacken. Ich hab heute schon genug gegrübelt und nachgedacht.“
Jans Grinsen wurde noch breiter. „Das ist ja schon mal die erste Veränderung: Du verzichtest freiwillig auf dein geliebtes Schachspiel.“

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