Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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 Betreff des Beitrags: Re: Once upon a December
BeitragVerfasst: Mi 5. Feb 2020, 21:53 
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Es schien tatsächlich beinahe an ein Wunder zu Grenzen, das dass völlig verängstigte Tier nicht umgehend Reißaus nahm und in Windeseile davongaloppierte. Alidas ungeschickte Aufstiegsversuche trugen da ebenfalls nicht unbedingt zu einer Verbesserung der Situation bei. Allen Umständen zum Trotz bahnte sich das Lied der Ruhe aber auf geradezu übernatürliche Art und Weise seinen Weg in den Geist des Hengstes. Es war gar nicht zwingend erforderlich, dass die Melodie auch klar und deutlich vernommen wurde, da sich die meisten Formen der Tierhaftigkeit, auch auf nonverbalem Wege einsetzen ließen. Ähnlich wie bei der Verdunkelung Gerrits, funktionierte auch diese Disziplin eher über mentale Einflussnahme denn körperlicher. Aber derlei philosophische Überlegungen musste sich die blonde Händlerin für einen geeigneteren Zeitpunkt aufsparen. Für den Augenblick ging es ums nackte Überleben. Ihr Reittier musste sie nicht zweimal auffordern und mit einem energischen Zug am Zügel, preschte sie hinfort in die Nacht; lenkte den schwitzenden Hengst über tief verschneite Felder. Hinter ihr, wurde das Brüllen und Schreien, Stechen und Grollen langsam leiser.

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Für einen Moment gab es nur sie und die bebenden Muskelbewegungen des Tieres unter ihr. Die Umgebung um sie herum verschwamm zu einem abwechselnd von dunklen Bäumen und leuchtendem Schnee geprägten Spiel aus Kontrasten. Dann hörte sie Knirschen und heiseres Hecheln hinter sich. Die Tzimisce musste sich gar nicht erst im Sattel umdrehen, um festzustellen das man ihr umgehend nachgesetzt hatte. Einen kühnen Blick über die Schulter musste sie dennoch wagen und sei es nur deshalb, weil immer noch der verschwindend geringe Hauch einer Chance bestand, dass dies alles hier lediglich einem finsteren Alptraum entsprungen sein musste, aus dem sie bald erwachen würde. Natürlich war dem nicht so und die hechelnde Bestie einige hundert Meter hinter ihr, ließ diese wunderbare Vorstellung sogleich wieder im Keim ersticken. Auf allen vieren, halb Mensch halb Wolf jagte sie der Unholdin hinterher. In ihren Blicken stand die blanke Mordlust geschrieben und ihren gelben Augen, spiegelte sich der fahle Schein des Vollmonds. Der Wolf holte langsam auf.

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Alida sondierte verzweifelt die Lage. Ihre Gedanken überschlugen sich. Einerseits war es unwahrscheinlich, dass ein Werwolf diesen Gewaltritt über lange Zeit aufrechterhalten konnte und es an Ausdauer mit einem gut ausgeruhten Pferd aufnehmen konnte, andererseits arbeitete das unwegsame Gelände gegen sie. Zusätzlich jagten Wölfe bisweilen in Rudeln und verwendeten ausgeklügelte Strategien, um ihre Beute einzukreisen. Niemand hatte behauptet, dass Werwölfe und Wölfe diesbezüglich Ähnlichkeiten aufwiesen und sie hätte nicht einmal sagen können, wen sie dazu hätte befragen können. Im Anbetracht der Umstände, war es aber durchaus angebracht davon auszugehen das mindestens eine weitere Bestie einen Flankenangriff plante, um sie zu Fall zu bringen. Sie dirigierte ihr Pferd also im Schutz und mit einigem Abstand zu einer dichten Waldformation, sodass ein potenzieller weiterer Angreifer durch die Vegetation gebremst werden würde und nicht unmittelbar über sie herfallen konnte. Zumindest würde sie ihn kommen sehen und könnte reagieren. Das dünne Stück Holz, das Andrej ihr bei ihrer Flucht gegeben hatte, drückte gegen ihre Brust. Sie spekulierte, dass der Zauber – um was immer es sich dabei auch handeln mochte – nur dann funktionierte, wenn sie einen Augenblick außer Sichtweite des Werwolfs blieb. Andernfalls müsste sie ja mehr oder weniger mit einem Mal unsichtbar werden. Aber wie sollte das gelingen?

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Eine mögliche Antwort eröffnete sich ihr, als der Hengst auf die scharfe Biegung eines scheinbaren Transportweges für Holzfuhren zuritt, der an seinen Rändern mit dichten, schneebedeckten Tannenbäumen gesäumt war. Noch hatte sie einen Vorsprung, den sie auf dem ausgetretenen Weg noch etwas ausbauen könnte. Wenn sie sich dann mit einem gewagten Sprung vom Sattel in die Tannenbresche stürzen würde und der Gaul weiterlief, hätte sie möglicherweise ein paar wertvolle Augenblicke gewonnen, um das Stück Holz ihres Onkels zu zerbrechen. Das war natürlich mit einem Risiko verbunden.

Wenn alles so klappte, wie sie es sich vorstellte, müsste sie wohl eine längere Strecke zu Fuß bewältigen. Vielleicht schaffte sie aber den Sprung schon nicht oder nicht rechtzeitig und landete mitten auf dem Weg, bereit von scharfen Klauen zerrissen zu werden. Vielleicht schaffte sie den Sprung aber der Werwolf würde sie unverzüglich wittern und keine Minute länger hinter dem Gaul ohne Reiter herjagen. Vielleicht funktionierte der Zauber aber unabhängig davon, ob jemand einem beim Zerbrechen des Zweiges zusah oder nicht. Vielleicht war der Werwolf allen Überlegungen zum Trotz dennoch allein hinter ihr her, weil alle anderen Bestien mit den Tormentoren und Onkel Andrej beschäftigt waren. Wenn das stimmte, konnte sie das Monstrum über kurz oder lange sicher auf ihrem Pferd abhängen und es bis zur Ruine schaffen.

[Zum weiteren Planen:
Ist da noch ein weiterer Werwolf? -> Wahr. + Aufm. gg. 9 (Auspex kann verwendet werden)
Wie funktioniert das Stück Holz? -> Int. + Okkultismus gg. 8
Kann die Strecke bis zur Ruine in einer Nacht zu Fuß bewältigt werden? ->Int.+Überleben gg. 7
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, das der Werwolf mich trotz Sprung sofort entdeckt/wittert? ->Int.+Folklore oder Okkultismus gg. 8 (Eine Spezi in "Wolflingskunde" senkt die Schw. auf 6)
Der Sprung wäre -> Ge.+Sport gg. 8 -> 1 Erfolg reicht und du bist verborgen]

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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Mi 5. Feb 2020, 21:53 


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 Betreff des Beitrags: Re: Once upon a December
BeitragVerfasst: Fr 21. Feb 2020, 20:06 
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Alida versuchte sich zu sammeln. Unter ihr raste das Pferd dahin, panisch nach einem Ausweg durch das dunkle Holz des Waldes suchend. Vor ihr lag die Straße, die ihr ein rasches Vorankommen ermöglichte, aber wie lange noch? Sie wandte den Kopf, suchte nach weiteren Bewegungen im Dickicht um sich herum und erstarrte. Der gigantische schattenhafte Schemen, der wie ein gigantischer jagender Wolf, seitlich neben ihr auftauchte, konnte nichts anderes als ein Werwolf sein. Und sie wusste genau, welche Beute sie jagten… Noch verlangsamten das dichte Gestrüpp und die eng stehenden Bäume die Geschwindigkeit der Bestie, aber das würde sich in wenigen Sekunden ändern. Die blonde Händlerin zog rabiat an den Zügeln des russischen Kriegspferdes und zwang es damit Abstand zum Wald zu gewinnen. Wahrscheinlich musste sie, um den Zweig verwenden zu können, aus dem Blickfeld der Werwölfe gelangen.
Alida spürte, dass die Bestien aufholten, näher und näher kamen. Sie würde keine Chance haben… Erneut zog sie an den Zügeln und lenkte den Hengst in die Richtung des Holzweges. Ein winziger Augenblick, der sie aus dem Blickfeld ihrer Feinde führte, mochte genügen um zu entkommen. Alida versuchte sich aus dem Sattel zu manövrieren und ließ sich fallen. Hoffentlich würde es ihr gelingen sich abzurollen und ungesehen einige Momente im Dickicht verborgen bleiben zu können…

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 Betreff des Beitrags: Re: Once upon a December
BeitragVerfasst: Di 3. Mär 2020, 20:54 
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Allen begünstigenden Umständen und folgerichtigen Überlegungen zum Trotz, gelang es ihr zwar sich auf den waghalsigen, möglicherweise rettenden Sprung vorzubereiten aber mit dem erneuten, plötzlich panisch aufzuckenden Hengst unter ihr, rutsche ein Stiefel zu früh aus dem Steigbügel und sie verlor das Gleichgewicht. Dann ging alles viel zu schnell, um noch sagen zu können, was sie hätte besser machen können. Manchmal war einem das Glück einfach nicht gewogen. Die Unholdin verlor den Halt und stürzte in vollem Galopp aus dem Sattel; prallte auf den glücklicherweise weichen Neuschnee unter ihr und stöhnte benommen auf. Eine weiße Schneewolke stob in alle Richtungen, während der panisch davonrasende Gaul vor ihr den Abwurf seiner Reiterin mit einem lauten Wiehern quittierte, das sich immer weiter entfernte je weiter seine Hufe es in die Nacht davontrugen. Dann hörte sie das dunkle Knurren hinter sich und presste die Hände in den schneebedeckten Boden, um sich aufzurichten. Fast zeitgleich wurde das Knurren hinter ihr, von einem weiteren zu ihrer rechten beantwortet. Zweifelsohne hatte die Meute sie eingeholt und zog den Kreis nun erbarmungslos enger.

Eine der Bestien, der Verfolger hinter ihr hatte sich auf die Hinterbeine erhoben und stapfte mit geiferndem Maul langsam auf sie zu. In den gelblichen Augen brannte eine schier übernatürliche Mordlust. Den zweiten Wolfling sah Alida langsam auf allen vieren aus dem Waldstück auf sie zukommen. Die bebenden Muskelberge unter dem dichten Fell hoben und senkten sich rasch, als die ihr heißer Atem in der kalten Nachtluft kondensierte. Ein paar wenige Schritte und die gekrümmten, langen Krallen der überdimensionalen Pranken würden sich in ihren untoten Körper bohren wie frisch geschliffene Schlachtmesser. Der langsam auf allen vieren vorankriechende Wofling schnappte zuckend nach vorne, als wolle er die Luft fressen und seiner Beute drohen.

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 Betreff des Beitrags: Re: Once upon a December
BeitragVerfasst: So 8. Mär 2020, 19:24 
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Es gelang Alida sich aufzurichten. Sie war kein Narr. Sie wusste, dass sie gegen diese beiden Bestien keine Chance hatte. Eine Flucht war unmöglich- ebenso wie ein Kampf- selbst in Zulogestalt. Sie hat gesehen wie sie die von fast allen Sterblichen gefürchteten Tormentoren nieder gemetzelt hatten… Sie brach den Zweig, den ihr der Onkel ihres Erzeugers in die Hand gedrückt hatte, entzwei und warf das Stückchen Holz auf den verschneiten Boden. Dann führte sie die Hand an das Heft ihres Schwerts und zog die Klinge. Sie wich ein paar Schritte nach hinten aus, versuchte sich die Ausweich- und Kampfmanöver, die ihr Lucien vor Jahrzehnten beigebracht hatte, ins Gedächtnis zu rufen und ging in Verteidigungsstellung. Ihr Russisch klang wie immer holprig als sie hervor presste. „Es tut mir leid, wenn ich in euer Gebiet eingedrungen bin. Es war keine Absicht meinerseits.“ Zu sich selbst gewandt fügte sie etwas leiser und mit vor Sarkasmus triefendem Unterton hinzu: „Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass euch das ziemlich egal ist…“ Ein Gedanke raste durch ihr Unterbewusstsein: Die Wolflinge hatten keinerlei Feuer bei sich. In der Blutgestalt würde es ihr vielleicht möglich sein ihnen zu entkommen da sie nicht angreifbar wäre…? Sie umfasste das Heft fester.

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 Betreff des Beitrags: Re: Once upon a December
BeitragVerfasst: Fr 13. Mär 2020, 11:54 
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Ein Tormentor war gewiss eine beachtliche Herausforderung für einen gewöhnlichen Sterblichen. Bauern und einfache Soldaten fielen zuhauf unter ihren Schwerthieben; Ritter fanden in ihnen mehr als würdige Gegner und selbst Ghule hatten es beileibe nicht einfach. Werwölfe hingegen schienen einen entscheidenden Vorteil zu haben: Ihre Klauen durchdrangen genau wie jene von Lucien mühelos Eisen und Stahl um das darunterliegende Fleisch ob tot oder lebendig, um wie ein heißes Messer durch Butter zu pflügen. Der Kampf eines Kainits gegen eines der Bestien war immer ein Todeskampf, soviel wusste Alida aus den Erzählungen zu berichten. Selbst Lucien als Gangrel, hatte eine tiefsitzende Furcht vor diesen Bestien obgleich seinem Clan ja merkwürdigerweise noch die besten Überlebenschancen in Kontakt mit den Ungetümen zugesprochen wurde.

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Aber das waren alles nur Geschichten, Theorien und Erzählungen. Es blieb nicht viel Zeit ihre Chancen und Risiken einzuschätzen, noch dazu da es zwei der Bestien waren, die sie eingekreist hatten und kontinuierlich, aber vorsichtig die Kreise enger zogen. Die Kampfhaltung der Tzimisce, der feste Stand und der harte Griff um das Schwertheft schienen sie kaum zu beeindrucken. Legenden ihrer Onkel zu urteilen schüttelten Wolflinge selbst die heftigsten Schwersthiebe mühelos ab und auch totgeglaubte Kadaver richteten sich nach einiger Zeit erneut zu voller Lebensgröße auf.

Sie zerbrach den dürren Zweig, den ihr Onkel Andrej bei ihrer Flucht rasch in die Hand gedrückt hatte und besann sich für einen kurzen Moment. Es hieß ja sie müsse den Zweig in derart zerbrechen und von sich werfen, dass ein Stück davon in alle Himmelsrichtungen flog nur nicht in jene, in die sie zu flüchten gedachte. Alida brach also geistesgegenwärtig den Zweig in drei Teile (Geistess.+Okk gg. 6 = 3 erf.), machte die Himmelsrichtungen aus (Geistess.+Überleben gg. 6 = 1) und warf das Holz. Ihre Gegner duckten sich in eine sprungbereite Verteidigungshaltung, als die Zweige auf den feuchten Schnee fielen und schienen offenbar auf alles gefasst. Nach einigen Sekunden, in denen aber offenbar überhaupt nichts geschah, kamen sie weiter näher, während Alida vorsichtig zurückwich. Sie ließ die Bestien nicht aus den Augen. Der größere der beiden, der sie verfolgt hatte beschnupperte eines der weggeworfenen Holzstücke und als noch immer nichts besonderes zu passieren schien, konzentrierte er sich erneut auf Alida; fixierte sie die geifernden Zähne bleckend. Ein Grollen durchzog die Kehle des Monsters als seine knappe Antwort auf die Ansprache der Händlerin lediglich ein gurgelndes: „Voron Razuma“ – Rabe der Vernunft, war. Es war Alida leider nicht mehr vergönnt, auf diese kehligen Laute zu antworten, erstens, weil die Bestien zum Sprung ansetzten und zweitens, weil sie sich nicht im Entferntesten vorstellen konnte was die Monster ihr damit sagen wollten.

Dann geschah etwas zutiefst Merkwürdiges. In Bruchteilen von Sekunden frischte der nächtliche Wind auf und peitschte heulend über den frisch gefallenen Schnee. Die Böen fegten in wahnsinnigem Tempo über die Winterlandschaft und die hohen, schwer mit Schnee bedeckten Bäume bogen sich knarrend in einem tobenden Sturm, der sich aus dem Nichts zu einem regelrechten Blizzard entwickelte.

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Alida konnte kaum mehr die Hand vor Augen sehen; sah aber den Moment für eine Flucht gekommen. Die Beine in die Hand nehmend, lief sie von den Werwölfen, die nur einige Meter von ihr entfernt gestanden hatten davon. Der Schnee fegte so heftig über den Boden, dass sie nicht einmal mehr Umrisse der Untiere hinter sich wahrnehmen konnte. Was besonders unheimlich daran war, war zudem die Tatsache das sie selbst keinen Luftzug spürte. Keine Eiskristalle und eisige Luftwehen, die ihr kalt gegen die Wangen schlugen; sie musste noch nicht einmal die Augen schützen oder zusammenkneifen, um die Richtung beibehalten zu können. Zudem fühlte sich der Schnee unter ihren Füßen so fest und trittsicher an, wie die am besten befestigten, und instandgehaltenen Straßen der Haupthandelswege in Flandern. Die Tzimisce konnte regelrecht über die verschneite Winterlandschaft laufen und hinterließ auch keine Fußabdrücke. Nur das Pfeifen und Dröhnen des Windes ließ erahnen, dass dies alles hier dennoch keine Illusion war. Einmal glaubte sie in ihrem Dauerlauf das Grollen eines Werwolfs hinter sich zu vernehmen oder sogar einen hochgewachsenen Schemen zu erkennen. Der mutmaßliche Bestien-Schemen stieß jedoch ein recht klägliches, fast verletzliches Winseln aus, als ein weitaus größerer Schemen von ungeahntem Ausmaß neben ihm auftauchte. Weder konnte sie sagen, was mit dem vermeintlichen Werwolf passierte, noch was ihn da angriff. Wahrscheinlich war es aber auch einfach besser es nicht zu wissen. Was immer einem Wolfling Schmerzen bereitete, war definitiv als sehr tödlich einzustufen.

So lief sie einige Zeit ungehindert durch den Schneesturm, auf eine wundersame Weise die richtige Richtung einhaltend. Das sagte ihr ein nicht näher beschreibbares Gefühl. Als ob die Seele des Landes selbst sie an der Hand genommen hätte und behutsam durch die Weite führte. Es mochte vielleicht eine halbe Stunde vergangen sein, da wurden die Winde schwächer, das Heulen verebbte langsam und der Sturm legte sich allmählich. Von ihren Angreifern fehlte jede Spur. Dafür sah sie in einiger Entfernung eine alte, einstmals wohl hübsche aber mittlerweile stark verfallene Kirche mit einigen weiteren kleinen einfachen Häusern vor sich. Zweifelsfrei musste es sich hierbei um den besagten Ort handeln, von dem ihr Onkel ihr erzählt hatte. Der leicht dekadente, hochintelligente und kunstinteressierte Ästhet mochte für einen östlicher Unhold womöglich etwas exzentrisch sein aber Märchengeschichten und Lügen gehörten innerhalb der Familie weniger zu seinem Repertoire. Demnach sollte sie hier tatsächlich vorläufig sicher sein vor den Bestien der Wildnis, als auch vor den todbringenden Strahlen der Sonne. Es stellte sich nur die Frage, was ein geiferndes, gnadenloses und kaum zu tötendes Werwolfrudel davon abhielt diesen Ort zu betreten?

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 Betreff des Beitrags: Re: Once upon a December
BeitragVerfasst: Do 19. Mär 2020, 20:26 
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Die blonde Unholdin konnte kaum fassen, was um sie herum geschah. Die pure Macht und Kraft, die sich um sie herum entfesselte, waren unglaublich und überwältigend. Sie wusste nicht, was um sie herum vor sich ging, doch ließ sie ein Gefühl nicht innehalten sondern weiter laufen ohne sich umzuwenden. Was war es? Panik, Irritation, Angst vor der Büchse der Pandora, die sie geöffnet hatte. Sie versuchte den Blick nicht vom eisigen Weiß vor ihr abzuwenden und starrte in das dichte Schneetrieben, das direkt vor ihr durch unbeschreibliche Kräfte aufgewirbelt wurde. Irgendwo tief in ihrem Inneren spürte sie Mitleid für die beiden Wolflinge, die gegen etwas zu kämpfen versuchten, gegen das wahrscheinlich auch sie kaum eine Chance haben mochten. Alida schloss für einen Moment die Augen.
Alida besah sich die Kirche und die kleinen Häuser genauer. Wie es den Bewohnern wohl gelang hier in dieser Wildnis, umgeben von Kälte und Wolflingen, zu überleben. Hohe, bestens bewachte Mauern schienen es nicht zu sein… War es ein Zauber so wie derjenige, den Andrei ihr übergeben hatte? Sie sprach für den Onkel ihres Erzeugers ein kurzes Gebet an den heiligen Georg, den Schutzpatron für Personen in Todesgefahr beim Kampf und versuchte das nagende Gefühl des Zweifels, ob ihre Worte wohl überhaupt von irgendjemandem im Himmel vernommen wurden, niederzukämpfen.
Sie suchte nach einer Pforte, die sie ins Innere führen mochte und gleichzeitig nach okkulten Zeichen, die einen Zauber verrieten, der die Gebäude schützte.

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 Betreff des Beitrags: Re: Once upon a December
BeitragVerfasst: Sa 21. Mär 2020, 21:46 
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Die Gebäude um sie herum wirkten allesamt schon eine gute Weile lang verlassen und dementsprechend verfallen und ungepflegt. Selbst in dieser kalten Winternacht zeichnete das fahle Mondlicht ein Bild von marodem Mauerwerk und morschen, an rostigen Angeln hängenden Holztüren, welche allmählich von der Natur zurückgefordert wurden. Die Dächer der meisten Barracken, anders konnte man sie nicht mehr bezeichnen, waren zumeist eingefallen oder löchrig. Der übernatürliche Sturm hatte sich kurzerhand in ein laues Lüftchen verwandelt und war nun, da sie sich in dieser trügerisch stillen Winteridylle genauer umsah, vollends verklungen. Mit ihren geschärften Sinnen war es ihr ein leichtes das trostlose etwas von einem Dorf vor ihr genauer in Augenschein zu nehmen. Hie und da entdeckte sie alte, eingetrocknete Blutflecke auf Stellen am Boden, die nicht vollkommen vom Schnee bedeckt waren. Ein Blick zu den Häusern in der Nähe der alten Kirche offenbarte zudem vereinzelt, tiefe Risse in Wänden und Türbögen, wie von Klingen oder Klauen. Irgendetwas stimmte an diesem Dorf tatsächlich ganz und gar nicht und je näher sie sich auf die Kirche zubewegte desto intensiver wurde ein faulig-süßlicher Geruch der aus dem Inneren zu kommen schien. Einem Sterblichen wäre er gar nicht aufgefallen, so dezent entfaltete sich das Aroma selbst unter Einsatz ihrer kainitischen Disziplinen. Alida hatte zudem das beklemmende Gefühl beobachtet zu werden. Magische Schutzsiegel wie man sie von den Tremere oder anderen Geschichten und Erzählungen her kannte, konnte sie jedoch nicht entdecken. Es wäre ihr aber auch denkbar schwer gefallen irgendetwas Derartiges eindeutig identifizieren zu können. Dazu fehlte ihr schlichtweg die Expertise.
Ganz offensichtlich war dieser Ort in keinster Weise sicher vor den Wolflingen. Alida schlussfolgerte, dass sie hier gewesen sein mussten. Wie sonst würden sich die Klauenspuren und das Blut erklären lassen? Alida zog ihr Schwert und ging vorsichtig auf die Gebäude zu. Sie fixierte die Kirche. Das Gefühl beobachtet zu werden jagte ihr einen eisigen Schauer den Rücken hinunter.
Es konnte sich bei näherer Betrachtung tatsächlich wohl nur um Klauenspuren handeln. Die ausgefransten Ränder an den morschen Balken und Türen waren zu zerborsten und gesplittert als das eine gerade geschliffene Klinge sie getroffen haben konnte. Offenkundig hatte hier vor langer Zeit wohl einmal ein Kampf stattgefunden. Die Häuser vor ihr waren früher einmal sicher recht ansehnlich gewesen. Solider Stein, gutes Holz, robuste Bauart. Wenig prunkvoll dafür praktikabel und zusätzlich mit mittlerweile schimmligen Stroh zur Isolierung ausgekleidet. Bei einigen standen die Fensterläden offen oder hingen lose and den Fenstern, bei anderen waren sie geschlossen. Manche Türen waren zerborsten oder durchlöchert, andere waren noch intakt. In der Schwärze hinter den Fenstern konnte Alida nichts ausmachen. Doch hinter einem der breit gemauerten Schornsteine, auf den Dächern eines besonders ausladenden Hauses, erspähte sie eine knappe Bewegung. Was immer sich dort duckte, war nicht viel breiter oder höher als der Schornstein selbst.
Alida versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass sie etwas gesehen hatte. Wer immer dort oben saß… ein Wolfling mochte es wohl nicht sein. Sie versuchte sich grob zu orientieren und überlegte, ob es wohl eine Möglichkeit geben konnte, ihren Beobachter selbst zu überraschen. Vorsichtig ging sie näher.
Was immer sich dort verstecken mochte, Alida wurde aufgrund der merkwürdig-klickenden Geräusche, die ihr Beobachter mit seinen Bewegungen auf dem Dach verursachte, unmittelbar bewusst, dass es sich unmöglich um einen Menschen oder ein gewöhnliches Tier handeln konnte. So vorsichtig sie sich dem Haus näherte, so vorsichtig lugte gleichsam etwas hinter dem Schornstein hervor, das sie zum letzten Mal wohl in der Kellerbehausung ihrer Verwandtschaft vermutet hätte. Es handelte sich um nichts Geringeres als einen umgedrehten, menschlichen Kopf, an den jemand spinnenartige Beine angebracht haben musste, die sich auch genauso wie eben jene verhielten und der Fortbewegung dienten. Die trüben Augen des Kopfes dienten ganz sicher nicht mehr dem Sehen, dafür wuchsen dem Ding zwei Fühler aus dem Halsstumpf an dessen Ende sich ein weiteres Paar Augen befand. Die fauligen Zähne des Kopfes bewegten sich wie ein groteskes Maul schabend auf und zu, als das Wesen sie im wahrsten Sinne des Wortes beäugte. Zwar war sie als Tzimisce einiges gewohnt aber das kleine, ekelhafte Monstrum strahlte eine scheußliche Widernatürlichkeit aus, die einfaches Fleischformen noch überbot. Das Ding war auf jede erdenkliche Art und Weise falsch. Wie eine Fackel unter Wasser.

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Alida verspürte ein widerliches Würgen beim Anblick des grotesken fleischgeformten ‚Etwas‘. Sie versuchte sich zusammen zu reißen. Sie war hier im Osten. Nicht in ihrem vertrauten, ‚behüteten‘ Brügge. Ein Gedanke festigte sich in ihrem Kopf. Ganz offensichtlich war sie hier richtig. Das musste nach wie vor das Anwesen eines Tzimiske sein… Sie überlegte einen Augenblick, was sie tun sollte, verneigte sich dann jedoch in die Richtung der Monstrosität. „Ich suche den Herren dieses Anwesens. Befindet er sich derzeit hier?“
Das kleine Monstrum antwortete der blonden Händlerin nicht, obgleich ihre höfliche Anfrage in diesen Landen und unter diesen Umständen sicher sehr löblich und angebracht gewesen wäre. Stattdessen knackte es nur zappelnd mit den spinnenartigen Beinen und öffnete den fauligen Mund hastig in die Luft schnappend. Alida spürte mit einem Mal die Präsenz einer immensen Gefahr, die sich schlagartig hinter ihr, scheinbar aus dem nichts erscheinend, manifestierte. Ein Schatten legte sich auf sie und sie roch verwesendes Fleisch. Für gewöhnliche warnte sie ihr Auspex vor derartigen Dingen oder zumindest hätte sie etwas hören, sehen, vielleicht gar riechen müssen. Diesmal war es einfach da, als ob es mit einem Mal erschienen wäre. Als sie sich umdrehte sah sie einen Berg von einem Werwolf. Doppelt so groß wie die Exemplare die sie verfolgt hatten, gespickt mit knochenartigen Auswüchsen und Dornen, die Augen kränklich leuchtend. Das Ungetüm hatte in Wahrheit eigentlich nur noch wenig mit den Woflingen die man an und für sich kannte gemein, soweit sie das ihrem Wissen nach beurteilen mochte. Ein beinahe vier Meter hoher Koloss der einfach so aufgetaucht war. Seine Pranken konnten Schädel wie Trauben zerquetschen und die Klauen teilten keine Soldaten, sondern Pferde in zwei Hälften. Ein bestialisch stinkender Atem wehte ihr entgegen. Entweder trank das Vieh niemals frisches Wasser oder es fraß vielleicht sogar Leichen. Die sehnigen Muskeln spannten sich an, als der Wolfsschädel sich seitwärts drehte. Mit einem knurrenden, sabbernden Gurgeln sprach er in schwer verständlichem Russisch: „Warum bist du hierhergekommen? Du musst dir den Tod wahrlich wünschen kleiner Mensch. Dein Kadaver wird meinen Hunger stillen. Sprich ein Gebet, Mensch.“

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Alida schluckte und wurde sich dieser unnötigen Geste, so lächerlich sie ihr in diesem Moment erscheinen mochte, bewusst. Was, um alles in der Welt, war dieses Ungetüm? Ein Wolfling? In dieser Umgebung? Ihre Chancen gegen dieses Geschöpf bestehen zu können rechnete sie gegen Null, vielleicht konnte eine Flucht mit Geschwindigkeit gelingen? Sie versuchte die Schultern zu straffen und steckte das Schwert zurück in die Scheide. Sie deutete eine Verbeugung an, das Geschöpf nicht aus den Augen lassend und jeden Moment bereit zur Flucht, und sah es sich soweit ihr das mit gesenkten Liedern möglich war, mittels Auspex an.
Der Wolf straffte sich ebenfalls und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Der mächtige Schädel neigte sich in die andere Richtung, als er Alida erneut genauer betrachtete. „Du bist kein Mensch, sonst wärst du schon in heilloser Angst geflohen. Ja, Angst. Die rieche ich an dir, und Tod. Tod und Verwesung, Dekadenz und Blut.“ Die Bestie schnaufte. „Hast du noch etwas zu sagen kleiner Blutsauger bevor ich deine widerwärtige Asche in alle vier Winde verstreue?“ Die Aura des Werwolfs, wenn es denn einer war, gestaltete sich für Alida als äußerst schwierig zu beurteilen. Er zeigte das glühende, unbändige Feuer der Werwesen das mit brachialem Zorn an ihm nagte, eine pulsierende Energie die loderte und waberte, andererseits waren alle Farben bleich und verschwommen, wie bei einem Untoten. Durchzogen war dieses wahre Kunstwerk an widersprüchlichen Farbschichten und wabernden Eindrücken von einer gallertartigen Schwärze die, fast als ob sie ein Eigenleben besaß scheinbar wahllos über den Körper des Ungetüms kroch. Der Wolf wirkte überrascht, durchaus bereits sie ohne zu Zögern zu töten. Doch da war auch noch etwas anderes. Ein kleiner Funke Neugier, der hie und da aufblitzte. „Deine Wahl war schlecht. Dumm genug dich hier in diesen Wäldern alleine aufzuhalten und noch dümmer hierher zu kommen. Aber jeden ereilt ein anderes Schicksal…“, hörte sie ihn sagen, als sie Augen wieder aufschlug. Er hob die Klaue. Ganz so, als gäbe es nichts das sie noch aus ihrem übernatürlichen Repertoire hätte zaubern können, um das Unvermeidbare aufzuhalten.
Alidas Augenbrauen verengten sich kurz und nachdenklich. Etwas ähnliches hatte sie noch nie zuvor gesehen. „Was bist du?“ Die Worte waren kaum hörbar, zu sich selbst gesprochen. Sie trat sprungbereit einen Schritt nach hinten, nach wie vor in der leichten Verbeugung. Sie versuchte ihrer Stimme einen festen Klang zu geben, doch klang ihr Russisch immer noch abgehackt und mit dem flandrischen Dialekt zu weich und ‚bäuerlich‘. „Ich habe mich zu Beginn dieser Nacht aufgemacht um einen mächtigen Fürsten aufzusuchen, der sich hier aufzuhalten pflegt. Der Tross mit dem ich reiste wurde überfallen und nur mit einigem Glück gelang es mir meinen Weg bis zu der Domäne des mächtigen Fürsten zu wandern. Es war nicht meine Absicht euch zu verärgern oder in euer Territorium einzudringen. Verzeiht mein Vergehen.“

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 Betreff des Beitrags: Re: Once upon a December
BeitragVerfasst: Mo 23. Mär 2020, 20:42 
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Registriert: So 21. Jun 2009, 20:25
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Der Wolf schnaubte abfällig und bückte sich leicht in Richtung Alida. Es hätte wohl nur ein halbherziger Biss genügt, um ihr den Kopf sauber vom Hals zu trennen. Der Gestank war sogar für jemanden der nicht mehr atmen musste schier unerträglich. Ihre gemurmelten Worte hatte er bestimmt sehr gut vernommen, nur zeigte er keinerlei Anstalten ihr etwas darauf zu erwidern. Stattdessen ergötzte er sich an ihrem offenbar amüsanten Dialekt. „Du sprichst ein grauenhaftes Russisch kleiner Blutegel. Und wo immer du hinmöchtest, hier bist du am falschen Ort. Dein Fürst sagt mir gar nichts aber ich weiß das die Meute heute Nacht wieder jagt, das stimmt.“ Der Schädel hob sich wieder. „Ich bin unentschlossen was ich mit dir anstellen soll… aber es ist vermutlich besser, wenn ich dich einfach fresse.“ Das riesige Maul hob sich und zwischen den Speichelfäden erhoben sich die Reihen aus spitzen, scharfen Reißzähnen die mühelos durch einen Unterschenkel gingen.

Bevor Alida jedoch die Flucht antreten konnte oder der Wolf zu einem Sprung ansetzen konnte, ertönte aus dem fauligen Mund des spinnenartigen Wesens eine ihr völlig unbekannte, weibliche Stimme: „Vsevolod. Ich glaube wir sollten ausnahmsweise der Tradition der Gastfreundschaft Genüge tun und die Dame hereinbitten. Mir ist durchaus bewusst das du es nur gut meinst aber bedenke das wir immer noch Zeit genug haben uns etwas für sie auszudenken sollte diesbezüglich weiterhin Bedarf bestehen.“ Der Wolf ließ die Kiefer zusammenklappen und fauchte unzufrieden. „Was immer du meinst Mutter“, knurrte die Bestie dann zurückhaltender mit einem leichten Anhauch von Demut in der Stimme. „Und sei bitte so freundlich und kontrolliere danach noch einmal die Umgebung. Wenn sie vor einem Angriff der Meute geflohen ist, dann sind entweder die oder aber ihre eigenen Leute vielleicht noch in der Nähe“, kam es dann erneut aus dem fauligen Mund der Kreatur. Der Werwolf knurrte verhalten und wandte sich um. „Folge mir Blutegel.“ Mit seinen kräftigen Hinterbeinen stapfte er durch den frisch gefallenen Schnee und hielt auf den Eingang der Kirche zu, wo er sich am Eingang positionierte um Alida mit seinen stechenden, unmenschlichen Blicken nicht aus den Augen zu lassen. „Geh hinein. Du hast Glück, das du willkommen bist, fürs Erste. Vielleicht aber eher auch Pech… das kann man betrachten wie man möchte.“

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 Betreff des Beitrags: Re: Once upon a December
BeitragVerfasst: Fr 27. Mär 2020, 22:10 
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Alida zögerte die Kirche zu betreten und hielt vor dem Portal inne. Sie sah sich nach dem spinnenartigen Wesen um, konnte es aber in diesem Moment nicht erblicken. Was waren diese beiden? Mal wieder ein misslungenes Experiment eines ihrer Clansgenossen? Sie schämte sich beim Gedanken daran, welche Gräueltaten die fleischformerisch bewanderten Drachen in der Lage waren sterblichen und unsterblichen Geschöpfen anzutun. Sie dachte an Emilian, der, so wusste sie genau, sich ihr zu liebe bei seinem Tun zurückhielt. Er hatte ihr nie erzählen wollen, was er alles getan hatte, bevor sie sich wieder begegnet waren und Alida hatte es tunlichst vermieden ihn danach zu fragen. Zu sehr hatte sie sich davor gescheut Dinge zu erfahren, die sie nicht erfahren wollte. Dinge die an ihren Pfeilern der Menschlichkeit zu rütteln vermochten.
Die blonde Händlerin blickte zu dem fast haushohen Ungetüm auf. Sie versuchte sich darauf zu konzentrieren wann wohl die Sonne aufgehen mochte. Wäre sie in einer halb verfallenen Kirche bei einem Werwolf sicher? Wohl kaum. Bei Tag würden ihr keinerlei Möglichkeiten bleiben zu agieren. „Ihr könntet mich einfach gehen lassen. Ihr wisst, ich bin keine Gefahr für euch… Ich muss noch in dieser Nacht jemanden namens Vronsky aufsuchen und ich schätze, dass der Weg dorthin noch weit ist.“

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Der Werwolf, der sich geduldig neben der halb verfallenen Eingangspforte positionierte um ihr damit unmissverständlich klar zu machen, das er keinerlei Absichten hatte sie in irgendeine andere Richtung gehen zu lassen, als ins Innere der maroden Kirche fletschte grimmig die Zähne. „Da hast du recht, Blutegel, du allein bist keine Gefahr. Aber noch bin ich mir weder sicher, ob du tatsächlich allein bist oder ob du nicht andere deiner Art hierherführst.“ Das spinnenartige Wesen war jetzt wieder klackernd und schabend neben Alida aufgetaucht und krabbelte auf seinen langen, dürren Beinen ins Halbdunkel der Kirche. Aus den Augenwinkeln konnte Alida wahrnehmen, dass einige Fackeln in der Ruine entzündet worden waren. Nach wie vor roch es süßlich. Ein Blick gen Nachthimmel verriet ihr zudem das sie vielleicht noch zwei, drei Stunden hatte bevor der Tag anbrach. Die genaue Distanz zum Anwesen des Grafen Vronsky war ihr jedoch unbekannt. „Dascha ist bekannt für ihre Gastfreundschaft“, meinte der Wolf dann sich langsam von Alida abwendend. „Ich glaube ihr solltet sie nicht verärgern. Die meisten Gäste… werden nicht so förmlich behandelt.“
Alida schluckte. Sowohl beim Anblick des spinnenartigen Wesens, das plötzlich erschienen war, als auch beim Gedanken daran die Kirche zu betreten. Dann riss sie sich zusammen. Es war eine Torheit sich einzubilden jetzt fließen zu können. Sie betrat die Ruinen der Kirche.
Vor ihr tat sich eine alte, heruntergekommene Kirche auf. In ihren Ausmaßen recht bescheiden, mochte sie wohl gerade groß genug für die wohl ehemals hier ansässige, überschaubare Dorfgemeinschaft gewesen sein. Die verrottenden Holzbänke waren gesplittert oder von Pilzen bedeckt; der steinerne Boden teilweise von Schmutz, öligen schwarzen Flecken, Staub, verdorrtem Laub und allerlei kleinerem Unrat und Tierskeletten übersäht. Auf einer Seite war das Dach in sich zusammengebrochen und bildete einen großen, schneebedeckten Schutthaufen. Die Fensterläden hingen schief in den Angeln und die Überreste bunter Glasscherben ließen erahnen, dass man bei Errichtung des Gotteshauses nicht an frommen Prunk gespart hatte. An einigen Säulen hatte jemand Fackeln positioniert, welche die Nacht in ein altbekanntes, gelbliches Licht tauchten. Der Altar lag jenseits der kurzen Halle in völlig Finsternis, aber der Geruch schien stärker zu werden. Irgendwo tropfte etwas.
Dann vernahm Alida eine ruhige Stimme, die aus dem Dunkeln zu ihr sprach. „Es passiert nicht oft das sich jemand hierher verirrt. Um genau zu sein, ist es bisher noch nie passiert. Alle sind viel zu beschäftigt sich gegenseitig umzubringen, ganz egal ob Kainiten oder Wolflinge. Außerdem wird dieser Ort tendenziell eher gemieden.“ Wenn sie sich sehr bemühte, glaubte sie an einer Säule in der Nähe des Altars die Umrisse einer Gestalt zu erkennen. „Aber wie ihr sagt seid ihr vor einem Angriff geflohen und habt nur durch Zufall hierhergefunden. Ist dem so?“
Alida drehte sich zu der Gestalt um, die sie schemenhaft erkennen konnte. Sie versuchte ihre Stimme fest klingen zu lassen und das Zittern darin zu unterdrücken. „Ich bin vor einem Angriff geflohen und auf der Suche nach der Zuflucht eines Mannes, den man als Vronsky kennt. Ja, ich habe nur durch Zufall hierher gefunden… oder durch das Wetter, wenn man es so sagen möchte. Der Schneesturm, der draußen wehte ließ nicht viele Möglichkeiten zu…“
„Da habt ihr wohl recht“, entgegnete die Stimme sanft. „Obgleich ich überrascht darüber bin wie schnell und plötzlich der Wind sich doch wieder gelegt hat. Dieses Knistern in der Luft, habt ihr das nicht auch gespürt?“ Ihr war auf eine unerklärliche Weise vollkommen bewusst, dass es sich hierbei wohl nur um eine rhetorische Frage handeln konnte. „Der Graf wohnt noch ein gutes Stück weiter unlängst dieser Wälder. Ihr werdet den Marsch, vor allem zu Fuß in dieser Nacht unmöglich hinter euch bringen können.“ Die Gestalt, trat etwas näher ins Licht einer Fackel und ebenmäßige, beinahe schon schmerzhaft surreale Gesichtszüge wurden in orangefarbenes Licht getaucht. Für einen Moment lang glaubte Alida einen Mann vor sich zu haben; in einem anderen Moment erblickte sie eine Frau. Je nachdem wie sie ihre Aufmerksamkeit setzte, erschien die Gestalt mal mehr in diese, dann wieder in die andere Richtung. Wenn es eine Frau war, dann besaß wohl recht harte Gesichtszüge. Wenn es ein Mann war, dann wirkte er ein wenig zu feminin. Ergänzend dazu war die Stimme der Person ebenfalls nicht einwandfrei zuzuordnen. „Wer hat euch angegriffen? Nun berichtet mir doch werter Gast. Möglicherweise sind wir noch in Gefahr.“, fragte die Gestalt ohne zu Blinzeln. Anstatt in Gewänder gehüllt zu sein, stellte Alida erschrocken fest, dass die Schatten der Kirche wie fließender Samt um seine Silhouette krochen und ein bizarres Eigenleben entwickelten. Eine Art lebende Robe aus purer Finsternis. „Euer Dialekt ist… fremdländisch. Ihr seid nicht von hier.“ Kam es dann, wie eine simple Feststellung.
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 Betreff des Beitrags: Re: Once upon a December
BeitragVerfasst: Sa 28. Mär 2020, 20:21 
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Alida stockte und musste sich zusammen reißen keinen Schritt nach hinten zu setzen als sie die unheimlichen Schatten bemerkte, die wie Gewänder um die schlanke Gestalt krochen. Keines der drei Wesen, denen sie bisher begegnet war schien in irgendeiner Art zu irgendetwas zu passen, dass sie kannte. Ein spinnenartiges Wesen, das mit ‚Mutter’ angeredet wurde, ein Werwolf, dessen Aura Spuren des Untods und von Diablerie verriet. Und nun dieses geschlechtslose Wesen… Sie maß ihr seltsames, fast perfektes Gegenüber mit Auspex ab und bemerkte in diesem Moment, dass ihr Blick schon fast zu lange an den Schatten und den ebenmäßigen Zügen hängen geblieben war, als dass es noch als höflich gegolten hätte. Es kostete sie einiges an Mühe auf die Frage zu antworten. „Habt Dank für die Gastfreundschaft, die ihr mir in diesen unruhigen Zeiten gewährt. Es waren Wolflinge, die den Tross mit dem ich reiste, angriffen. Zwei von ihnen verfolgten mich und nur durch die glückliche Fügung eines Schneesturmes, der plötzlich aufkam, gelang es mir ihnen zu entkommen.“ Sie hob erneut für einen kurzen Moment den Blick. „Ich denke nicht, dass ich weiterhin verfolgt werde, oder dass euch Gefahr droht. Aber ich bin, wie ihr schon festgestellt habt, nicht von hier und kenne mich auch nicht mit den gängigen Gepflogenheiten aus…“

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