Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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BeitragVerfasst: Do 18. Dez 2014, 22:01 
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Es war einige Zeit vergangen, seitdem der Rat von Brügge nach England aufgebrochen war, um den jungen Thronfolger Balduin und seinen ebenfalls noch recht jungen Gefolgsmann Jean, aus dem üblen Komplott und den Fängen ihrer Entführer zu befreien. Die ganze Situation, hätte politisch in einer Katastrophe enden können, wenn die ortsansässigen Kainiten nicht eingegriffen hätten. Zum Glück konnte die bedrohliche Lage abgewendet und die Jungen befreit werden, nicht ohne jedoch auf halbem Wege zu kleineren und größeren Zwistigkeiten zwischen den Brügger Kainiten zu führen. Die angespannte Lage, gipfelte sogar darin, dass Lucien Lilliana damit drohte, sie mit seinen Klauen zu zerreißen und diese wiederum, wies ihn an doch einmal seinen Mund zu halten. Dank der Intervention durch Leif, konnte die Gruppe ihre Aufmerksamkeit dennoch wieder auf das eigentliche Ziel lenken und die Unternehmung war von Erfolg gekrönt. Liliane befand es dennoch für notwendig, ein persönliches, klärendes Gespräch sowohl mit Leif als auch Lucien zu führen. Letzteres fand einige Wochen später statt und die Toreador hatte dem Gangrel, mittels eines Boten den Treffpunkt und die Uhrzeit genannt. Die Rückantwort des Boten fiel positiv aus und so traf man sich zu Mitternacht, vor dem Südtor der Stadt, etwas abseits in der Nähe eines größeren Gehöfts. Es war eine laue, ruhige Nacht und nur das Zirpen der Grillen und ab und an der sachte Wind, der durch die nahen Blätter der nachtschwarzen Bäume strich war zu vernehmen. Lucien lehnte sich gegen einen Bretterverschlag und hielt ein kleines Messer in den Händen, mit dem er gerade ein weiteres Stück Holz bearbeitete. Gelegentlich pustete er und betrachtete seinen Fortschritt, ohne genau zu wissen, was es diesmal werden würde.

Sie hinterließ noch entsprechende Anweisungen an ihr Personal, auch die Geschäfte mussten weiter laufen, dann schwang sie sich bereits auf ihr treues Pferd. Gehüllt in einen dunkelblauen Mantel, ritt Lilliana los zum vereinbarten Treffpunkt. Ein ums andere Mal musste sie sich konzentrieren, so sehr schweiften ihre Gedanken ab zu dem was passiert war, zudem was passieren musste. Ihr Pferd tänzelte leicht nervös und rief sie in die Wirklichkeit wieder. Sie passierte das Südtor ohne Zwischenfälle und lenkte auf den Treffpunkt. Als sie ihn sah mit dem Messer in der Hand, wie er das Holz bearbeitete zupfte ein Lächeln ihr Gesicht. Mit Abstand kam sie vor ihm zum Stehen, stieg ab und band das Pferd an einen der Bäume fest. Erst dann kam sie ihm näher, unter dem dunkelblauen Mantel schimmerte es weiß.

"Guten Abend Lucien Sabatier. Ich danke euch, dass ihr mein Angebot einer Aussprache angenommen habt und erschienen seid.“

Der Gangrel hob kurz den Kopf und nickte, sie dabei eingehend musternd. Ein Seitenblick ging zu ihrem Pferd, das sie so vorsorglich an einen der nahe stehenden Bäume gebunden hatte. Das Messer glitt zurück an seinen Gürtel, während der das kleine Stück Holz wieder in einen ledernen Umhängebeutel verstaute. Sein Körper, der wie immer in dunkles, robustes Leder gekleidet war, mit der gewohnt blank geschärften Klinge, die an einer Schwertscheide auf seinem Rücken hing, waren ein bekannter Anblick für Liliana. Mit einem kurzen Kopfschütteln, lehnte er sich noch ein Stück weiter, beinahe flegelhaft gegen den Verschlag.

"Warum so förmlich Liliane? Wir kennen und führen Brügge seit zig Jahren, wohl eher Jahrzehnten. Ich glaube wir sind doch mittlerweile beim 'Du' angekommen meinst du nicht? Ich bin keiner der erwehrten, adligen Herrschaften die bei Alida oder dir ein- und ausgehen. Ich bin Lucien und mehr auch nicht."


Er kratzte sich mit einer Hand am ruppigen Stoppelbart und machte eine erwartungsvolle Geste. "Also was gibt es? Ich hätte ja eher angenommen, du hättest das Treffen zu dir nach Hause oder in den Belfried verlagert. Ein warmer Kamin, edle Tuche mit Kuchen und ein Gläschen Wein?" Sein Mund verzog sich zu einem Schmunzeln. "Keine Angst so alleine im Wald?".

Ein kurzes Kopfschütteln ihrerseits, ein kurzes Stemmen ihrer Hände in beide Hüften, da war es wieder. Dieses Gefühl, das nur Lucien hervorzurufen vermochte. Dann senkten sich beide Hände und sie kam ihm näher. "Mehr als einmal bot mir der Wald Schutz vor meinen Feinden und versteckte mich vor ihren Augen, ihm Angst entgegenzubringen liegt mir fern Lucien. Nein ich wählte den Wald, da du dich bei ihm oder in ihm wohler fühlst als in meiner Teestube. Ich will nicht unsere Aussprache schon am Anfang unter falsche Zeichen setzen."

Sie kam ihm noch näher bis sie eine Armlänge von ihm stehen blieb und eine Hand sich gegen den Verschlag lehnte. Keine Ringe, keine Ketten, kein Tand, nur nackte Kainitenhaut. Einen Moment der Ruhe, ehe sie die Augen schloss und wieder öffnete. "Wir beide wissen, weshalb wir hier sind und wir beide wissen, wenn wir uns nicht aussprechen, dann wird es immer zwischen uns stehen. Brügge wird von einer Gruppe geführt, die nach all den Jahren so unterschiedlich wir auch sein mögen einen Zusammenhalt gebildet hat. Doch droht dieser mehr denn je zu zerbrechen und die ersten Auswirkungen hat es bereits gegeben. Von beiden Seiten Lucien." Damit machte sie zum ersten Mal Pause, überließ ihm zunächst das Wort, so er denn sprechen wollte.

Sein Grinsen ließ sich selbst bei ihren Worten nicht aus seinem Gesicht wischen. Höchstens das irritierte Zucken, einer Augenbraue mochte den Eindruck vermitteln, das er für einen Moment durchaus verwundert über ihre so fordernde, direkte Art war. Etwas das er offensichtlich nicht oft an ihr zu erleben schien. "Ja, im Wald versteckt sich so einiges und bei weitem mehr das euch einen frühzeitigen, endgültigen Tod bescheren kann als alles was auch auf Straßen oder durch Gassen jagen könnte aber gewiss hast du recht... wie könnte man sich hier nicht wohlfühlen in dieser idyllischen Stille abseits der Zivilisation."


Seine Arme verschränkend schüttelte er nur erneut den Kopf und zeigte seine blitzenden Zähne, als sie ihm sich auf Armeslänge näherte. "Du solltest dieses Feuer behalten, es ist ein Zug an dir den ich ansonsten eher vermisse.. steht dir. Aber um es offen zu sagen: Ich habe nicht die geringste Ahnung warum du mit mir sprechen willst." Die Schultern leicht hebend, drehte er den Kopf und fixierte sie. "Was ist mit Brügge? Wir sind alles unterschiedlich und werden es auch immer bleiben trotzdem läuft der Sauhaufen, deine Adligenangelegenheiten und Alidas Handel, meine Diebe und Gerrits Auslandsaufenthalte. Sicher haben wir Feinde und Probleme aber wer hat das nicht? Bis jetzt hat alles ganz wunderbar funktioniert und ich glaube das wird es auch weiterhin, wo ist dein Problem Mädchen?" Er richtete sich mit einer knappen Bewegung auf. "Hier droht gar nichts zu zerbrechen aber ich lasse mir nicht ins Gesicht schlagen und mich mehrfach beleidigen, du hast ja keine Ahnung was ich mit jemand anderem schon längst gemacht hätte würde er so etwas bringen." Der Gangrel schnaubte. "Ihr werft mir dauernd Dinge vor und nennt mich ein Tier, ein Monster.. .das ist kein Problem für mich, du bist eben so und ich höre es schon nicht mehr aber wenn du mich mehrfach direkt beleidigst, herunterputzt und mir ins Gesicht schlägst hast auch du ein wirkliches Problem mit mir - soviel zu England." Er überschlug einen Fuß und drehte den Kopf erneut. "Also Kind.. was ist jetzt das große, allumfassende Problem von dem du redest, wir beide wissen dass es zwischen uns nie anders war."

Sie ließ ihn reden, hörte ihm zu, so wie er auch ihr zugehört hatte, einmal da sahen ihre Augen ihn etwas ungläubig an, hatte er das etwa tatsächlich gesagt? Dann schloss sie ihre Augen ein weiteres Mal, Traurigkeit, Gefühle in ihrem Gesicht. "Ich rede nicht von Brügge und unseren unterschiedlichen Aufgaben. Gerade das ist etwas, was wir wunderbar miteinander gelöst haben und ohne das Brügge auch nicht das heutige Brügge mit uns ist." Es war nur eine Information und genauso tat sie es auch ab, in diesem Punkt waren sie sich einig. Lucien hatte seine Aufgaben, sie hatte die ihren. "Habt ihr auch nur einmal mit mir gelacht Lucien?" Habt ihr euch auch nur einmal gefreut in meiner Gegenwart zu sein?" So merkwürdige Fragen, die sie stellte und doch legte sie dabei ihren Kopf schief und sah ihn an. "Ihr sagt, ihr seid ein Monster, ein Tier, so etwas sehe ich nicht in euch und habe es auch nie getan. Ihr seid was ihr seid und habt diesen Charakterzug beibehalten, das schätze und das respektiere ich an euch. Was ich vermisse ist euren Respekt mir gegenüber. Stattdessen bekomme ich von euch Hohn, Spott, ja sogar eindringliche Warnungen mich zu ändern. Mein Wesen, meine Ideale zu ändern Lucien. Ihr erwartet von mir, gebt aber nichts zurück. England war nur eines der Beispiele, aber eines das zur Eskalation führte". Sie machte eine kurze Pause. "Ich stehe zu meinen Idealen und meinem Weg Lucien, so wie ihr zu den euren steht. Was ich suche, ist ein Weg mit dem auch ihr zurechtkommt, dass ich einen anderen Weg beschreite."

Lucien hörte sich ihre Worte aufmerksam an und nickte nur zum ersten Teil, soweit ging man d'accord. Was immer für Probleme Brügge haben mochte, gemeinsam oder alleine schaffte man es immer wieder erneut sie allesamt zu bewältigen, was unter manch gegebenen Umständen tatsächlich einem Wunder glich. Der Teufel achtete ja scheinbar dennoch auf die seinen. Der Gangrel kniff für einen Moment verwundert die Augen zusammen und sah sie forschend an, nicht in der Lage oder willens zu glauben was sie ihn da fragte. War es ein Scherz oder eine Art Test? Er vermochte es nicht recht zu beurteilen, schien dann aber sachte zu lächeln als sie ihm offenbarte, niemals ein Monster in ihm gesehen zu haben. "Was soll ich dir darauf nur sagen Lillilein hm?" Seine Augen überdrehten sich als er seufzte, dennoch blieb sein Ausdruck ernst, ein sicheres Zeichen dafür, dass er ihren Worten bei all dem Unverständnis ein gewisses Gewicht zugestand. "Wir beide sind sehr unterschiedlich, so sehr uns das Blut eint, so sehr trennen uns unser Charakter, unsere Werte und unsere Weltsicht. Wir haben selten gelacht und meistens haben wir auch nichts zu lachen wenn, wir wieder mal in Schwierigkeiten stecken und gefreut in eurer Gegenwart zu sein?" Lucien schien kurz zu überlegen. "Nein, nicht wirklich. Aber das hat nichts mit eurem Weg zu tun Lilliana, euer Weg hat damit rein gar nichts zu tun." Erneut lehnte er sich an den Verschlag. "Alida beschreitet auch euren Weg, sie gibt den Armen und kümmert sich um ihre Saftbeutel aber im Unterschied zu euch, muss sie damit nicht hausieren gehen - sie muss nicht auf so theatralische und dramatische, anmaßende, gemahnende Art zeigen wie großartig menschlich und fürsorglich sie ist. Sie macht, obwohl ihr Weg nicht der meine ist, keinen großen Unterschied zwischen ihr und mir. Es ist ihr einfach nicht so wichtig besonders lautstark auf jede erdenkliche Weise zu betonen wie verkommen ich bin und wie heilig und unschuldig sie ist, nur weil sich unsere Wege unterscheiden." Er lächelte gutmütig. "Das ist möglicherweise der Grund warum ihr von mir nicht den Respekt bekommt, den ihr euch wünscht. Alida muss es mir nicht immer auf die Nase binden und sich damit für ihr eigenes untotes Gewissen Ablass erkaufen." Seine Finger kratzten kurz hinter seinen Ohren, als er sie erneut fixierte. "Zudem seid ihr manchmal so widerlich naiv, das es beinahe an Realitätsverleugnung heranreicht meine Liebe, so fern von jeder kalten, harten Realität, selbst für einen Anhänger eures Weges das ihr andere und mich in Gefahr bringt. Solange ihr damit selbst ins Messer läuft und eure sterblichen Zofen, Diener und Speichellecker in Gefahr bringt mag mir das egal sein aber wenn es schlecht für mich oder Brügge ist, kann ich das nicht stehen lassen - so einfach ist das." Nach einem kurzen Zögern fuhr er fort. "Ihr wollt dass ich euch achte und schätze?" Allein die Tonlage glich einer behutsamen Feststellung, mehr als einer Frage.



Sie sah ihn an, lange und er würde sehen können, dass ihre Gedanken schweiften, ihn zu Bildern, die vor ihrem geistigen Auge aufstiegen und sie seine Worte ernst nahm, nachdachte und abwog. "So wie ich nicht alleine auf meinem Wege bin, so seid ihr es auch nicht, doch geben sich die Anhänger eures Weges nicht ebenso wie ihr. So ist auch Lady Alida nicht ich." Den letzten Satz betonte sie etwas deutlicher. "Ich brauche mir keinen Ablass von euch zu kaufen Lucien. Derjenige, dem ich etwas rechtfertigen muss ist Gott und niemand anderes. Wenn ihr der Meinung seit, ich gehe vor euren Augen hausieren, das ich den Armen gebe dann irrt ihr. Aber Gerüchte und das Gerede der Leute vermag ich nicht aufzuhalten. Und so wie ihr in eine Schlacht zieht und zu euren Worten steht, so stehe ich auch zu den meinen, dass mir das Wohlergehen der Menschen nicht egal ist, so klein ihre Lebensspanne auch sein mag. Daher verzeiht mir, wenn ich das ein oder andere Male mich um sie sorge und naiv wirke. Die Folgen meines Handelns habe ich selbst das eine oder andere Male getragen, doch dies sei nicht dein Problem. "Ihr Blick glitt hinüber zu Brügge's Stadtmauer, dann wieder zu ihm. "Mein Problem mag es sein, dass ich Gefühle zeige, dass ich mich nicht um mein eigenes Wohlergehen sorge, dass ich… lebe. Du verletzt mich Lucien. Immer und immer wieder schneiden deine Klingen mein Herz, bringen es zum Bluten und das nur, weil ich...weil du, weil ihr alle mir nicht egal seid." Sie beantwortete seine Frage auf die ihre Art und Weise.

Er kam mit seinem Gesicht, noch ein kleines Stück näher an sie heran und seine Augen funkelten missmutig und sichtlich unerfreut. Sein Blick fixierte sie und jede ihrer noch so kleinen Bewegungen, stellte sicher dass sie ihm ihre volle Aufmerksamkeit schenkte. "Es gibt einen Unterschied Lillilein und wenn ihr schon Gerrit heranziehen müsst um Wege vergleichen zu wollen, was ich ehrlich gesagt lächerlich finde, dann könnt ihr davon ausgehen das der umso liebevollere, verständnisvollere Gerrit, beizeiten genauso denkt wie ich - mit dem kleinen, feinen Unterschied, das er es einfach sein lässt etwas zu sagen weil meistens ich ohnehin mein Maul für alle anderen aufreiße." Er verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. "Ihr kauft euch den Ablass jede Nacht, denn Waisenkinder im Arm wiegen und Brot an die Armen verteilen wird euch auch nicht von dieser Bürde oder finsteren Segnung erretten, ihr seid verdammt wie wir alle einfach weil ihr seid was ihr sei und kein Gott, kein Kainit und weder ihr selbst noch ich kann euch dafür Ablass geben. Aber wenn es eurem Gewissen hilft, durch all die Zeit; ich sehe das als Selbstbetrug." Lucien wollte schon wieder ansetzen und seufzte dann lauter. "Ich… nein, genug davon, das hatten wir schon und wir müssen das nicht noch weiter vertiefen. Niemand kann euch das erklären oder in Worte fassen, kein Buch und kein Gelehrter; diese Erfahrungen müsst und werdet ihr gezwungenermaßen selbst machen." Ein erneutes Seufzen und süffisantes Lachen. "Dieses Lachen verletzt euch und mein Hohn? Ihr erzählt mir gerade dass ihr lebt - merkt ihr denn nicht dass ihr euch nur selbst betrügt? Ihr lebt nicht, ihr atmet nicht. Ihr seid eine herumspazierende Leiche die ausnahmsweise nicht vermodert und verschimmelt und welche Blut säuft damit sie sich jede Nacht aufs Neue erhebt. Ihr seid tot, akzeptiert es endlich." Seine Hände legten sich auf ihre Schultern bei ihren letzten Worten und er sah sie verständnislos an. "Was zum Teufel oder von mir aus in Gottes Namen bereitet dir denn solche Sorgen? Ich verstehe nicht was du mir sagen willst? Ja, ihr seid mir auch alle nicht egal deshalb lasse ich mich auch immer wieder durch den Fleischwolf drehen, massakrieren, von Pfeilen durchbohren und von der Sonne verbrennen. Was willst du mir sagen? Und zwar bitte so, dass selbst ich Dummkopf es verstehe, in einfachen Worten." Gespannt erwartete er ihre Antwort.

Sie schüttelte den Kopf, kaum das er Gerrits Namen erwähnte und als er ausführte, das Gerrit genauso wie er war, nickte sie nur unmerklich. Dies würde ihm wohl das Gefühl geben, das er ihre Gedanken falsch gedeutet hatte. Allerdings brach sich ein leichtes Schmunzeln in ihre Bahnen. Nein, ganz genau wie Lucien war Gerrit dann doch nicht. "Lilliana Lucien, Lilliana." Eine Korrektur ihrerseits, nicht vorschriftsmäßig penibel, aber es war ihr Name, zumindest jetzt. "Wie ich es euch schon sagte, ich will mir gar keinen Ablass kaufen, ich mache es aus freien Stücken. Für die Menschen, nicht für mich, nicht für euch." Ihre Worte standen fest und klar, aber auch sie erkannte wie er an seinem Seufzen, dass dieses Thema wohl nie ein Ende zwischen ihnen beiden finden würde. "Ich lebe nicht körperlich Lucien. Ich bin eine wandelnde Leiche, wie du so schön ausführst. Aber in mir, da lebt mein Herz, da leben meine Gefühle, da lebt meine Seele." Ihre rechte Hand geht auf ihre Herzregion. "Da lebt die...Lilliana weiter, nicht verdammt, sondern als Werkzeug den Menschen zu dienen." Als seine Hände sich auf ihre Schultern legen, da sieht er für einen Moment die Furcht in ihren Augen, ehe sie sich wieder fasst und als er ihr seine Frage stellt da ist es für einen Moment still. "Akzeptiere was ich bin und was ich mache, wenn ich mich genau wie du Abenteuern stelle um ein unschuldiges Kind aus einer Burg zu holen, indem ich über die raue See fahre. Sieh mich nicht nur als Goldesel für deine, für unsere Übernachtungen oder nur als billige kostenlose Hure, zu der du mich gerne abstempelst." Das Wort Hure spie sie fast schon aus. "Sieh mich als Lilliana von Erzhausen. Frau, Freundin, Verbündete. Wesen der Nacht, Wegbereiterin, Ideengeberin, Wache, Augen und Ohren der Gemeinschaft."

Er verdrehte die Augen. "Lilliana, Lilliane, Lilly Pilly, Prinzesschen... tut doch nichts zur Sache", kommentierte er grummelnd. Seine Hände sanken wieder von ihren Schultern und er atmete ohne es wirklich zu müssen tief ein, schüttelte dabei nachdenklich den Kopf. "Dann muss ich bald ein gutes Wort beim Papst für euch einlegen, so altruistisch und aufopfernd wie ihr seid, werdet ihr gewiss die erste heilige Kainitin der Welt werden." Allein der Klang seiner Stimme war eher geringschätzig und typisch für ihn sarkastisch gewählt. Seine Augen verfolgten die Bewegung zu ihrem Herzen als sie ihre Gefühle und ihre Seele anspricht. Ein Herz das verfault war und längst nicht mehr schlug; ungewollt verzog er erneut einen Mundwinkel. Nein, sie beide würden diese Diskussion ewig führen können ohne das einer den anderen verstand - dennoch schien das nicht ihr wirkliches Anliegen zu sein. "Du warst nie ein Goldesel für mich, für das was ich brauchen könnte wenn ich wollte, wäre ich wohl auch noch im Stande selbst aufzukommen. Der Diebeshandel wirft genügend für alle ab und Brügge zahlt einem ehemaligen Mörder und Banditen, den würdigen Sold eines Hauptmanns. Und wie du weißt schlafe ich nicht ungern in der Umklammerung der Erde." Beim Wort "Hure" musste er unwillkürlich auflachen. "Ach, das hast du wieder gekonnt falsch verstanden.. mir ging es ums Überleben. Du brauchst Blut, wir waren fernab von zuhause und in einem fremden feindseligen Land. Deine Stärken kennst du, deine Schwächen auch. Wenn du Blut willst dann musst du es dir mit den Mitteln nehmen, die dir zur Verfügung stehen, deine Karten richtig ausspielen. Deine Asse kennst du also nutze sie auch. Es wäre ein leichtes für dich einen hohlen Dummkopf aus einer dieser Spelunken zu verführen und auszutrinken, du müsstest dich nicht mal entkleiden." Brummelig strich er sich über den Bart. "Es hatte nie etwas damit zu tun das du eine Hure wärst... du denkst zu menschlich und hast noch allerlei schambesetzen, lebendigen Unsinn und Vorstellungen im Kopf - merk dir: Ich denke in kainitischen Wegen." Er lehnte sich langsam zurück und betrachtete sie eine Weile. "Du warst nie der Goldesel für mich, ich brauchte es nie und die Hure habe ich dir erklärt Kind. Verbündete wirst du hoffentlich immer bleiben und alles was damit zusammenhängt, nur stell deine Märtyrer Allüren niemals über die unsterblichen Belange der Nacht und die der Domäne. Solange du das tust, schätze ich dich in allem Wert wozu du fähig bist und wenn du es auch einmal ein klein wenig gerissener und offensiver einsetzen würdest anstatt dich dauernd in Selbstgeißelung deiner Menschlichkeit zu aalen, wären wir sicher das eine oder andere Mal mehr als begeistert von unserem Ratsmitglied. Deine Priorität bist du, dann Brügge, dann wir - in genau der Reihenfolge."

Als seine Hände ihre Schultern wieder verließen, da gab es ein leichtes entspannen, ihres Körpers, nicht aber von Lilliana, aber anscheinend hatte das Tier in ihr nichts vergessen. Lilliana selbst lauschte ihm, lauschte seinen Worten, hoffte dass die ihre bei ihm Spuren hinterlassen haben, so wie die seinen bei ihr. "So war doch unser Gespräch von nutzen Lucian." Sie ging offensichtlich nicht mehr darauf ein oder kommentierte im speziellen was er alles gesagt hatte. Es ging um das große Ganze. Darum ging es doch immer.

Dieser wiederum hob abwägend die Schultern. "Ich denke schon. Nicht bezüglich unserer Differenzen der Wege und Wertigkeit der Menschen, da werden wir uns nie einig werden aber was den Rest angeht... ja, da könnte es doch vielleicht ein paar Dinge geklärt haben." Er kratzte sich am Kopf. "Vielleicht auch nicht, man wird sehen was unsere glorreiche Zukunft bringt." Mit Schwung stieß er sich vom Holzerverschlag ab und rückte sein Wams zurecht. "Sonst noch etwas über das wir sprechen sollten? Ah, mir fällt ein Kobald kam letztens mit einer glänzenden Idee, Josef und der örtliche Feinschmied werden für den Rat Siegelringe schmieden, damit wir auch offizielle Dokumente beglaubigen können. Ich halte ja nicht viel von solchen Dingen aber da wir gerade von allen Seiten belagert sind, könnte das zumindest unsere Dokumente ein wenig fälschungssicherer machen. Bringt eure Schnittvorlage für das Siegel zu Kobald und es wird so gefertigt werden." Seine Schritte trugen ihn ein wenig weiter Richtung Wald, ihr noch einen Blick zuwerfend, prüfend ob sie noch etwas auf dem Herzen hatte.

Sie nickte bezüglich seiner Ausführungen. "Aber sicher, eine gute Idee. Es sind doch immer wieder diese Kleinigkeiten, die uns Hürden stellen können." Ihre Blicke folgten seinen Füßen, wie sie sich in Richtung Wald richteten und die Distanz zu ihr größer wurde. "Genießt die Nacht Lucien, doch lasst euch vom Wald nicht allzu sehr entführen." Es war mit einem Lächeln und leisen Lachen untersetzt, ehe sie ihre eigenen Wege hinüber zu ihrem Pferd führte. So er nichts mehr erwiderte, würde sie sich wieder auf das Pferd schwingen und ihren Weg zurück in die Stadt führen.

Ein abschließender Gruß in ihre Richtung, als seine Stimme schon weiter entfernt klang. "Ich bleibe nicht lang, euch auch noch eine ruhige Nacht." Und so plötzlich wie sie beide aufgetaucht waren, waren sie auch beide wieder jeder seine Wege gegangen. Lucien in den Wald und Lilliana zurück in das nächtliche Brügge. Nur die Zeit würde zeigen, welche anderen Fährnisse noch auf die kainitischen Einwohner der Stadt warten würden.

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"Alea iacta est." oder "Die Würfel sind gefallen." - Lateinisches Sprichwort


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Verfasst: Do 18. Dez 2014, 22:01 


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