Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
Aktuelle Zeit: Do 2. Mai 2024, 18:13

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde





Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 24 Beiträge ]  Gehe zu Seite 1, 2, 3  Nächste
Autor Nachricht
BeitragVerfasst: So 8. Nov 2015, 22:33 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Mi 17. Jun 2009, 20:52
Beiträge: 1371
Charlotte Erembald, die ehemalige Lady Costayne von Hochstein, Salubri vom Blute, Abkömmling von Clan Ventrue nach Behauptung vor allem aber runzlige alte Vettel saß am Ende des großzügigen Tisches zu einer Besprechung des kleinen Rates. Ihr Kleid war blutrot und sehr konservativ geschnitten, lenkte den Blick aber trotzdem auf ihre Position, da es einen willkommen Kontrast zu dem in dunklem Holz getäfelten Raum aufwies. Er wurde durch ein paar verhangene Lampen und Kerzen erhellt und die Luft schien schwer vor Erwartung, aber auch Frustration. Der Sitzung wohnten insgesamt acht Kainiten bei, 5 Männer und drei Frauen, die alle mehr oder weniger bei der Sache waren. Charlotte hatte die letzten Jahre damit zugebracht alles über diese Individuen herauszufinden was sie ausgraben konnte. Inzwischen kannte sie von den meisten hier die Herkunft, finanziellen Möglichkeiten, Einfluss, Allianzen und am wichtigsten aber was ihre untoten Herzen in Wallung brachte. Egal ob es sich dabei um Goldmünzen, Jungfrauenblut oder eben Bücher handelte.

Die alte Frau wandte sich wieder der Näharbeit zu die sie bei den Sitzungen mitzuführen pflegte, während sie dem Geplapper und der anderen Ratsmitglieder um wachsender Ungeduld zuhörte. "Frankreich und die Höfe der Liebe wären genau die Verbündeten die wir im Moment gebrauchen könnten, dass müsste für jedes Mitglied diesen ehrenwerten Rates offensichtlich und unbestreitbar klar sein." Der Mann der gerade gesprochen hatte war Jaques de Carmaque, ein französischer Ritter und Ventrue. Ein wirklicher Vertreter vom Clan der Könige in diesem Fall. Charismatisch, wohl artikuliert und immer ein bisschen zu selbstsicher. Eine wahrlich nervige Arschgeige um genau zu sein, dachte sich Charlotte im Stillen.

"Es geht ja nicht nur darum, dass wir im Moment nach den richtigen Verbündeten suchen. Die Domäne muss diplomatisch überhaupt wieder aktiv werden, nach dem Desaster um Carminus und der daraus resultierenden Auflösung der Verteidigungsbündnisse mit Gent und Antwerpen." Joseph nickte mit seinem hässlich-deformierten Kopf und es war nicht gänzlich ersichtlich ob er seiner gerade getätigten Aussage oder Jaques zustimmte. Eine weitere Stimme mischte sich ein. "Ja sicherlich ist es wichtig für Brügge Verbündete zu finden, aber das darf einfach nicht um jeden Preis geschehen. Der Stadt hat Unabhängigkeit und eine gewisse Neutralität sehr viel öfter genutzt als geschadet." Die alte Frau blickte nicht eine Sekunde von den Silberfäden auf die sie gerade in das weiße Tuch wirkte, hörte aber aufmerksam zu. Frederik van der Burse. Er vertrat eine entgegengesetzte Position bezüglich der Diskussion um Frankreich. Dieser Umstand überraschte Charlotte nicht im Geringsten, den van de Burses war Unabhängigkeit und Flexibilität in politischen Fragen schon immer wichtig gewesen. Der Toreador wirkte trotz der Tatsache, dass er voll bei der Sache war müde. So müde ein unsterbliches Geschöpf eben wirken konnte. Aber da er im Moment nicht nur im kleinen Rat saß, sondern auch Alida während ihrer Abwesenheit im Großen Rat vertrat und die Geschicke des Handelshauses hier in Brügge leitete schien wenig überraschend all seine Aufmerksamkeit und Freizeit aufzufressen. "Und doch musste Brügge einen hohen Preis für seine Neutralität im letzten Krieg bezahlen. Ein Preis der beinahe zu hoch gewesen wäre. Verlässliche und starke Verbündete wären durchaus eine willkommene Abwechslung wie ich finde." Eine leise Stimme und sehr angenehme Stimme hatte sich gerade in das Gespräch eingeschaltet. Maria von Konstantinopel. Arschkriechende Fotze, war alles was sich Charlotte ob dieser Antwort denken konnte, als sie zu der Frau blickte. Die Alte machte sich keinerlei Illusionen darüber, dass sie ihre Blutsschwester mit einer Intensität hasste die sie sich selber nicht ganz erklären konnte. Mit einem ironischen Lächeln auf den Lippen, welches sie sich einfach nicht verkneifen konnte realisierte sie etwas das die erheiterte. Man konnte sich seine Familie nun einmal nicht aussuche. Nicht einmal wenn man untot und unsterblich ist.

Charlotte hörte weiterhin zu während um sie herum immer noch die mehr oder weniger gleichen Argumente ausgetauscht wurden und blickte nach kurzer Zeit wieder von ihrer Näharbeit auf um den Rest des Raumes in Augenschein zu nehmen. Es gab noch drei weitere Kainiten die sich bis jetzt aber aus der Diskussion herausgehalten hatten. Da war zum einen Kobalt, der aber sowieso nie viel sagte. Das war streng genommen auch nicht nötig, da er eh immer genauso wie Joseph und damit nach Gerrits Vorstellung abstimmte. Ihr gegenüber saß die neuste Kainiten der Domäne. Gretlin. Das Mädchen sah nicht sonderlich interessiert aus, besuchte aber pflichtgemäß jede der Sitzungen des kleinen Rates und machte sich sogar Notizen. Wenn sie wirklich einmal eine Frage stellte, war diese aber meistens durchaus sinnvoll und brachten das Thema auf den Punkt, weswegen Charlotte die Anwesenheit der Deutschen durchaus schätze. Dann war da noch Leif. Ihr eigener Erzeuger und wahrscheinlich viel es sonst niemandem auf, aber sie kannte ihn nun einmal am Besten von allen hier, weswegen sie wusste wie sehr ihn all die Sitzungen des kleinen Rates eigentlich langweilte. Heute war er nicht einmal anwesend und sie wusste er versuchte nicht einmal irgendeine Ausrede, als pures Desinteresse für sein Fehlen vorzuschieben.

Aber auch Charlotte hatte inzwischen genug von den ewig gleichen Dingen und beschloss in diesem Moment, dass es genug war und es Zeit war sich selbst aus der Sitzung zu retten. Sie hüstelte kurz um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. "Verehrte Ratsmitglieder ich denke wir sollten diese Sitzung hier beenden denn so sehr ich diesen Austausch schätze, hilft uns gegenseitige Speichelleckerei und diplomatisches Gewäsch doch nicht darüber hinaus, dass dieses ganze Thema eine Sache ist über die der große Rat entscheiden muss.” Mit einer Bewegung, die sehr viel langsamer gespielt wurde als sie wirklich war erhob sich Charlotte aus ihrem Stuhl und verließ die Ratskammer ohne sich noch einmal umzuschauen. Sie spielte eine Rolle, die einer gebrechlichen, nörgelnden alten Frau und es machte sich bezahlt. Da es so wenige Kainiten gab die in einem fortgeschrittenen Alter wie dem ihren verwandelt wurden, hatte das Bild einer harmlosen alten Frau doch eine gewisse Wirkung inne, die weit über das hinausging was man vielleicht objektiv vermuten konnte, wurden die meisten ihrer Artgenossen doch in einem bei weitem schmeichelhafteren Alter in die Nacht geholt.

Charlotte wartete in einem kleinen Alkoven, aus dem man aber die Türen der Ratshalle weiterhin im Blick hatte. Schließlich erblickte sie die Frau auf die sie gewartet hatte und bewegte sich mit langsamen aber selbstsicheren Schritt auf Gretlin zu. “Werte Gretlin. Ich würde mich freuen wenn ihr ein wenig Zeit für mich erübrigen könntet, auch wenn euch dieser ewige Schwanzvergleich der Schwachköpfe gerade sicherlich ebenso auf den Geist gegangen ist wie mir.” Sie schaute die deutsche mit dem freundlichen Blick einer Großmutter an und nicht wie eine Frau die gerade vulgäre Beleidigungen von sich gegeben hatte, bei der sich wohl jedes Ratsmitglied in Hörweite beleidigt fühlen dürfte.

Bild


Gretlin zuckte kurz erschrocken zusammen als sie die alte Frau bemerkte, die sich so plötzlich zu ihr gesellte. Sie war wohl tief in Gedanken versunken gewesen. Das kurze Nicken des Mädchens beinhaltete eine angedeutete Verbeugung.
Die vulgäre Bemerkung wurde von ihr mit einem winzigen amüsierten Zucken der Mundwinkel belohnt, das wahrscheinlich aus Gründen des Anstands sofort wieder verschwand.
„Selbstverständlich, Lady Costayne von Hochstein, kann ich Zeit für Euch erübrigen. Es wäre mir eine Freude.“ Charlotte kannte die Floskeln, die man in den Kreisen der Hochwohlgeborenen verwendete und Gretlin schien sie auch zu kennen.
Charlotte nickte freundlich und begab sich ohne großes Rätselraten in Richtung Ausgang. „Nennt mich Charlotte. Sterbliche Titel sind in unserer Welt nichts als Schall und Rauch, aber das scheint ihr wie ich euch bis jetzt kennen gelernt habe besser verinnerlicht zu haben als ein großer Teil der Kainiten die mit einem silbernen Löffel im Arsch geboren und geküsst wurden.“ Sie hielt kurz inne und bog in eine von Fackeln erleuchtete Straße ein. Ihr Tempo war langsam aber stetig „Sagt mir Gretlin was haltet ihr von unserem wunderschönen Nähkränzchen im kleinen Rat? Ihr haltet tapfer jede Sitzung durch und wirkt nicht einmal als würdet ihr euch Augen und Ohren ausreißen wollen wenn wir wieder zum fünften Mal über die gleichen 6 Themen schwadronieren.“ Die ausdruckweise der runzligen alten Frau war direkt. Milde gesagt, hatte aber einen Unterton der trotzdem an nichts weiter als normale Konversation erinnerte, auch wenn diese offensichtlich mit einer gewissen schärfe geführt wurde.
Gretlin lief neben der alten Frau her. Ihre letzte Bemerkung wurde diesmal offener mit einem Lächeln quittiert, aber Gretlin sah währenddessen in Richtung ihre Füße auf das Kopfsteinpflaster. Dann blickte sie nach vorn, die helle Straße entlang als würde sie etwas suchen.
„Als Mitglied dieser Stadt wird es als meine Aufgabe angesehen mich bei den Ratssitzungen zu beteiligen und entsprechend meiner Fähigkeiten einzusetzen. Diese mögen nicht sehr zum Wohl der Stadt beitragen aber es ist wohl unser aller Pflicht wenigstens unser Bestes zu versuchen.“
Ein kehliges, verbraucht klingendes Lachen zerriss die immer noch warme Nachtluft. "Fein Gretlin, fein. Ein herrlicher Satz, als hätten ihn euch ein paar frustrierte Nonnen in einem Kloster für adlige Töchter eingeprügelt. Aber ich belasse es gerne dabei. Ich will euch weder aushorchen noch in eine unangenehme Situation bringen. Das ist eine Rolle für andere Mitglieder dieser Domäne und sicherlich nicht der Sinn dieser Unterredung.“ Sie gingen weiter und Gretlin kam in Viertel der Stadt das ihr bekannt vorkommen könnte. Die beiden Frauen steuerten auf ein Haus in dessen vorderen Bereich eine Schmiede angebracht war. Die Glut in der Lohe war schon fast erloschen und im inneren brannte eine Kerze. Dies war das Haus indem sie mit Leif die Krankheit erforschte, die sie im vergangenen Jahr heimgesucht hatte. Sie kannte auch die Frau, die sich hier niedergelassen hatte – Brunhild Vidarsdottir, die inzwischen die Schmiede betrieb und sie sowie Leif hier als eine Art neutraler Grund willkommen hieß um mehr über die damaligen Ereignisse herauszufinden. Charlotte lächelte ein wenig. „Keine Angst Gretlin. Ihr erfahrt gleich wieso ich euch heute Abend entführt habe.“
"Leif hat mir von eurem gemeinsamen Projekt erzählt. Wie kommt ihr voran? Ist es das was ihr euch vorgestellt habt als ihr nach Brügge gekommen seid? Seite an Seite mit jemandem der euch in zwei Hälften geteilt hat an irgendwelchen übernatürlichen Hokuspokus zu arbeiten?" Die Stimme der alten klang zum ersten Mal an diesem Abend ehrlich interessiert und in keinem Falle spöttisch.
Gretlin folgte ihr ohne langes Zögern durch die Straßen der Stadt.
Das Gespräch mit der alten Frau schien sie in ebensolchem Maße zu irritieren wie zu amüsieren. Sie schien solch freigiebige Worte aus einem weiblichen Mund nicht gewohnt zu sein und wählte ihre Antworten anscheinend bewusst mit Bedacht.
Ihre letzte Bemerkung ließ sie jedoch den Mund öffnen und erst nach mehreren Sekunden wieder schließen. Sie schüttelte leicht den Kopf, sah sich in der Straße um, ob nicht ein nächtlicher Streuner ihre Worte belauscht haben konnte.
„Ihr scheint wohl keine Geheimnisse voreinander zu haben? Es mag wohl eine Ehre sein so viel Vertrauen entgegen gebracht zu bekommen.“ Wieder wanderte ihr Blick umher. Ein privates Gespräch würde das Mädchen in der Gasse nicht führen
Charlotte ging zur Tür des Hauses und öffnete es mit einem metallenen Schlüssel ohne anzuklopfen oder sonst irgendein Zeichen zu geben. Sie traten in die leer Stube, die nur von ein paar Kerzen erhellt wurde und betrat dann einen weiteren Raum der mit einem Tuch vom Hauptraum getrennt wurde. Überall lagen Runen und andere Artefakte die Leif im Zuge des Unglücks mit Hexor geborgen hatte. Das silberne Schwert das Lucien geführt hatte reflektierte das spärliche Kerzenlicht wie es glitzernd auf dem Tisch lag. Charlotte ließ sich auf einer geschnitzten Bank nieder, die mit allerlei Mustern verziert war. Gretlin kannte die Bank, sie hatte selber schon dort gesessen. „Eure Vorsicht zeugt von Umsicht Gretlin auch wenn ich selbst nicht viel von dieser Tugend davon halte. Ich selbst glaube nämlich, wie ihr vielleicht schon festgestellt habt, dass man nichts sagen sollte, was man auch nicht jedem anderen so direkt sagen würde, auch wenn ich mir natürlich über die Stille des Blutes im Klaren bin. „Bevor ihr euch weiter wundert und über meine Verbindung zu eurem halben Henker nachgrübelt – ich habe Leif einst das Unleben gerettet und er das meine zuvor. Eine solche gegenseitige Verbindung schafft eine gewisse Nähe. Aber abgesehen davon mich interessiert noch immer ehrlich die Antwort auf meine vorherige Frage, wenn ihr sie denn beantworten mögt.“
Gretlin strich während sie durch den Raum ging im Vorbeigehen behutsam über einige der Artefakte und ließ den Blick einen Moment an dem Schwert hängen. Nach wie vor faszinierten sie die geheimnisvollen Gegenstände. Schließlich ließ sich Gretlin auf einer Bank in der Nähe der anderen nieder und musterte die Frau, die mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg hielt.
„Als ich hierher kam habe ich mir gar nichts vorgestellt. Ich dachte mir nur: Wenn’s mir hier nicht zusagt bin ich so schnell wieder weg wie ich gekommen bin. Ich hab nicht viel, was mich hält. Das macht zumindest mobil und weniger angreifbar.“ Auch wenn die Worte leichthin gesagt waren, lag dennoch ein komischer melancholischer Unterton darin. Sie blickte die Frau fest an. „Möglicherweise hatte Leif in dem damaligen Moment das Gefühl mich in zwei Teile hacken zu müssen und das ist wahrlich nichts, was man ihm zugutehalten könnte. Zumindest fällt es mir mitunter schwer. Aber er besaß den Mut es mir zu sagen obwohl er das nicht gemusst hätte und das rechne ich ihm hoch an. Er spielt mit offenen Karten und ist kein Feigling. Traurig ist, dass es Umstände gegeben hat, die ihn in die Situation gebracht haben, dass er der Meinung war so handeln zu müssen…“
Wieder vergingen die Sekunden. „Ich schätze die Arbeit hier. Sie bringt mich weiter und vielleicht nützt sie den Kainiten oder den Leuten, die hier leben. Und ich arbeite gern mit Leif zusammen. Man kann viel von ihm lernen, vor allem in medizinischen Belangen und er geht dem, was er tut mit einer bewundernswerten Ernsthaftigkeit nach. Warum fragt ihr, Charlotte?“
Die Falten der alten Frau wirkten ein bisschen weniger streng, als sich ein ehrliches Lächeln auf ihren Zügen ausbreitete. „Nun ja ich hätte die Überleitung selbst nicht besser herbeiwünschen können, aber genau um das was damals passiert ist geht es hier. Um es kurz zu machen und da ich wirklich nicht gerne um den heißen Brei herumrede. Leif möchte Frieden mit den Tremere schließen – oder zumindest einen Waffenstillstand. Er glaubt, dass wir endlich alten Hass hinter uns lassen müssen um uns weiterzuentwickeln, da wir uns ansonsten nur selbst im Weg stehen werden als Domäne. Es handelt sich dabei noch um nichts Konkretes oder Offizielles aber er hat beschlossen nach Augsburg zu reisen, in der Hoffnung einen alten Freund – oder besser gesagt Feind? - wiederzusehen. Sebastian.“ Charlotte ließ eine Pause auf das Gesagte folgen um die Worte einwirken zu lassen und fuhr dann fort. „Er glaubt der Deutsche ist die, sagen wir einmal idealste Möglichkeit die wir im Moment haben um Gespräche aufzunehmen. Da Leif sich bewusst ist das ihr unter dem letzten Treffen der beiden am Meisten gelitten habt wollte er euch diese Information gerne zukommen lassen und das Angebot Einfluss darauf zu nehmen. Schließlich habt ihr euch ein Mitspracherecht in dieser Sache ... naja ... auf die eine oder andere Weise irgendwie verdient. Also was sagt ihr dazu?“
Gretlin schüttelte ungläubig den Kopf und wartete lange Zeit ab. „Ich verstehe die Umstände in dieser Stadt nicht. Ich dachte, das hier wäre eine tremerefreie Domäne. Leif hat sich mit Sicherheit seine Gedanken zu diesem Thema gemacht und die sind gewiss wohl überlegt. Aber wäre das nicht eine Unterredung im großen und kleinen Rat wert?“ Wieder blickte sie die alte Frau an und hing ihren Gedanken nach.

Bild

„Ich verstehe die Beziehungen der Kainiten in Brügge zu den Tremeren und diesem Sebastian im Besonderen nicht. Auf der einen Seite scheinen sich alle bis aufs Blut zu hassen, wünschen einander den Tod herbei und sind bereit dafür über Leichen zu gehen, zum anderen unterstützen sie sich gegenseitig und versuchen miteinander zu arbeiten.“ Sie lachte kurz tonlos auf
Charlotte schüttelte kurz den Kopf. wenn auch fast unmerklich. "Gretlin ihr seid von Adel das ist mir klar. Ihr solltet bereits erlebt haben welch verwirrendes Geschäft Diplomatie sein kann. Manchmal muss man mit seinem größten Feind arbeiten, während man seinem besten Freund das Messer in den Rücken stößt." Sie zuckte mit den Schultern. "Diese Dinge sind die Gleichen in der unsterblichen Welt. Opfer werden gebracht um größere Katastrophen zu verhindern." Charlotte erhob sich schließlich. Langsam und bedächtig. "Versteht es nicht falsch. Es geht um nichts Offizielles. leif will Sebastian lediglich besuchen um ihm ein wenig vorzufühlen. Keine Verträge oder Entscheidungen werden geschlossen ohne Rücksprache mit dem Rat zu halten. Aber irgendjemand muss den ersten Schritt tun. Es geht viel zu oft darum zu beweisen wer die dicksten Eier im Raum hat und normalerweise kommt dann nur Scheiße bei raus." Charlotte nahm ein paar Runensteine zur Hand und schien diese zu betrachten. "Auch wenn wir es manchmal nicht verstehen." Sie legte die Steine wieder hin. "Muss man sich der Realität stellen und die Realität ist das die Tremere auf dem Vormarsch sind. Gesetze sind da um zu schützen, nicht um zu schaden und irgendwann wird dies wohl auch der Rat einsehen müssen. Aber um das zu erreichen muss Vorarbeit geleistet werden."
Etwas schien ihr auf der Zunge zu liegen aber sie sprach es nicht aus sondern drückte die Lippen aneinander. „Meine Meinung in diesen Belangen tut hierbei nichts zur Sache. Ich schätze es, dass keine Hexer durch die Straßen der Stadt wandeln und ich nicht befürchten muss im nächstbesten Moment in einem Sack gepackt nach Holland oder wohin auch immer verschleppt zu werden. Aber ich bin mir sicher: Leif wird an alles denken.“ Die Worte waren mit einer gleichgültigen Nachlässigkeit gesprochen, aber dennoch lag fast ein Hauch Zweifel darin.
Charlotte nickte. "Ich bin sicher ihr sagt nichts was ihr nicht so meint Gretlin. Aber bedenkt eine Sache. Ich bin weder eure noch Leif's Mutter und werde niemandem das Händchen halten, auch wenn ich nach Großmutter aussehe. Ihr habt die Chance zu sagen was ihr denkt. Leif hat danach gefragt weswegen es wohl zumindest für ihn eine Rolle spielt was ihr dazu denkt und sagt. Er verlässt die Stadt in einer Woche. So lange habt ihr also noch Zeit es euch zu überlegen wenn euch etwas auf der Seele brennt." Sie schien kurz zu überlegen. "Wenn ihr direkt mit ihm sprechen wollte könnt ihr das auch tun - er fand es lediglich geschmacklos dieses Thema direkt mit euch anzuschneiden, weswegen er mich bat dies zu tun."
Sie sah die Frau an. „Was erwartet ihr? Das ich sage: Leif! Ich befürworte eine hexerfreie Stadt und das meinem Wunsch entsprochen wird? Weil es meinen persönlichen Sorgen und Interessen dienlich ist? Dass er sein Wohl oder das Wohl der Stadt über das, was ich derzeit als das meinige ansehen mag, stellt? Charlotte? Leif soll das tun, was er für richtig hält. Auch wenn ich es ihm zugute halte, dass er nach meinen Interessen fragt.“ Ihre Lippen wurden von einem schwachen Lächeln gekräuselt.
"Ihr seid nun das erste Mal an diesem Abend wirklich ehrlich Gretlin und gebt nicht irgendwelche diplomatisch korrekt, gequirrlte Scheiße von euch. Nur kurz ich habe keine Ahnung was Leif erwartet. Das weiß vielleicht nicht einmal er selbst. Aber wenn wir nicht anfangen die Sachen die wir wollen wenigstens laut auszusprechen wird sich nichts ändern." Sie schwieg. Fast unangenehm lange. "Schaut euch doch an wo wir uns gerade befinden. Der kleine Rat ohne wahre Kompetenzen etwas zu verändern produziert nur heiße Luft zu jeder Sitzung und der Große, nur bruchstückhaft vorhanden scheint nicht einmal mehr als Rat zu funktionieren weil die Hälfte der Mitglieder nur in Vertretung vorhanden ist. Geschenkt es ist ihr Recht aber die Stadt wird sich nie weiterentwickeln wenn jeder nur seine Ziele im Kopf hat oder den Kopf in den Sand steckt. Ihr habt das Gleiche Recht einer Meinung wie jeder dämliche, aufgeblasene Idiot in dieser Stadt Gretlin. Denkt einmal darüber nach in welcher Art von Domäne ihr leben wollt und vergesst einen Moment die Frage ob eine solche Denke sich für euch ziemt oder nicht. Ich werde die Dinge die ihr gesagt habt so weitergeben und wie gesagt ihr jede Chance euch einzubringen. Mehr kann euch hier niemand einräumen, abgesehen von euch selbst.“
Gretlin seufzte unhörbar. „Ihr lobt meine Ehrlichkeit, Charlotte. Dann bitte ich Euch um den gleichen Gefallen: Seid ehrlich zu mir! Warum schickt Leif euch wirklich? Nur um mich zu fragen, ob ich es befürworte wenn demnächst Hexer fröhlich durch die Brügger Straßen ziehen? Das hätte er einfacher haben können und mich einfach dazu während unserer Arbeit fragen können. Beziehungsweise müsste er nicht fragen: er kennt meine Meinung. Also: Wo kommt ihr ins Spiel?“ Zum ersten Mal brannte ein kurzer Funke in den grauen Augen auf, den man selten darin sah.
Charlotte kicherte mit der dunklen, tiefen Stimme einer alten Frau. “Ich freue mich sehr, dass ihr beginnt die richtigen Fragen zu stellen Gretlin, weswegen ich auch sehr gerne eurer Bitte nachkomme und ehrlich antworte. Ich und Leif suchen Verbündete. Leute die helfen diese Stadt zu gestalten, sie aus ihrer politischen Starre zu reißen und neu zu beleben, damit etwas geschaffen werden kann dem alle zustimmen. Die Gespräche mit den Tremeren sind echt – aber nicht mehr als eine Aktualisierung des Status Quo wenn ihr so wollt. Aber sie sind auch da um alte wie neue Einwohner zu einer Reaktion zu zwingen, denn nichts bewegt diese Domäne so sehr wie der Hass auf die Hexer wie ihr selbst festgestellt habt. Einer Reaktion die hoffentlich dieser Stadt, die bis jetzt mehr Glück als Verstand hatte wenn wir ehrlich sind, hilft einen neuen, gemeinsamen Weg zu beschreiten. Einem hinter dem wir alle stehen können den sonst funktioniert das hochgelobte Ratssystem nämlich einfach nicht – genauso wenig wie eine echt Neutralität.“
Man konnte Gretlin ansehen, dass sie sich nicht so wohl in ihrer Haut fühlte. „Wenn Leif mich für etwas braucht, wenn ich ihm bei irgendetwas zur Seite stehen kann dann bin ich da. Aber missversteht bitte eins bei all dem nicht: ich bin kein Diplomat und auch kein Politiker, kein Gestalter und kein Planer.“ Wieder gab es Dinge, die sie nicht aussprach, bevor sie erneut ansetzte. „Ich hoffe, Leif erreicht, was er sich vorgestellt hat. Kann ich sonst noch etwas für euch tun?“
Charlotte schüttelte leicht den Kopf der die grauen Locken ein wenig wirbeln ließ. "Nein. Es war weder eine Bitte noch eine Aufforderung lediglich ein Angebot. Geht zurück zu euren Büchern und hofft das aufgeblasene Affen und dumme Fotzen die Stadt verteidigen die eure Bücher beherbergt, denn das ist leider die Realität dieser Tage. Die mit dem Verstand die richtigen Entscheidungen zu treffen bevorzugen es an der Seite zu stehen. Sie reagieren lieber auf Katastrophen als davor zu handeln und sie zu verhindern. Ich hoffe für euch ihr habt Glück und müsst nicht irgendwann vor den verbrannten Ruinen eurer Bibliothek stehen, weil jemand beschloss euer Wissen ist zu gefährlich und ihr konntet danach nur reagieren." Gretlin hörte zu ihrer Überraschung Wärme in der Stimme der Frau. Dies war keine Drohung wie man meinen könnte, denn die Worte waren sanft und schienen von einer persönlichen Erfahrung geprägt zu sein. "Ansonsten habe ich habe gesagt was ich sagen wollte, Gretlin. Ihr seid keine Dienerin. Weder für mich noch für Leif, deswegen geht wenn ihr das Gefühl habt das dieses Gespräch EUCH nichts weiter zu bieten habt." Charlotte lächelte.
Wieder folgte ein kaum vernehmbares Seufzen. „Charlotte. Manche erhalten als Ventrue den Kuss und sehen sich berufen zu lenken und zu führen. Ich verwehre es ihnen nicht. Andere erhalten den Kuss des Mondes und machen sich schlicht und ergreifend lächerlich wenn sie sich für etwas einsetzen und wenige Monate später bereits nicht mehr wissen, wofür sie noch vor einiger Zeit eingetreten und wem sie Paroli bieten wollten. Ich tue in meinem Rahmen, das was mir nötig und möglich erscheint. Aber, das habe ich bereits fest gestellt: eine Stadt wächst und gedeiht auch sehr gut ohne dass sich Kainiten Nacht für Nacht in ihre Belange einmischen und ich bilde mir nicht ein, ich wäre in der Lage die Sicherheit oder das Wohl der Bürger verbessern zu können. Solltet ihr mich eines Tages vom Gegenteil überzeugen können und sollte ich wenige Nächte später noch eine Erinnerung daran haben, bin ich gerne bereit mich eurem Pulk aus Planern und Architekten anzuschließen. Aber ich fürchte, ihr werdet nicht viel Freude an mir haben.“ Sie erhob sich mit einem bitteren Zug um den Mund.
„Ich wünsche euch eine geruhsame oder sollte ich vielleicht besser erfolgreiche Nacht sagen? Ich hoffe, ihr könnt mir verzeihen.“ Sie versuchte ein entschuldigendes Lächeln.
"Ha!" Kurz und krächzend war dieser Ausruf. "Das Blut der Clans und Kainiten ist genau der gleiche goldene Löffel im Arsch wie die Adelstitel bei Sterblichen. Aber auch all das ist nur Augenwischerei und Bullenscheiße und das wisst ihr genauso gut wie ich oder warum sonst betitelt ihr einen Nosferatu, den Unbedeutendsten der unbedeutenden Clans sonst so oft als Prinz?" Charlotte lächelte. "Gretlin es geht nicht darum ob ICH EUCH überzeuge. Es geht darum ob ihr euch selbst überzeugt und zutraut einen Unterschied für das was ihr glaubt machen zu können oder nicht. Aber wenn ihr genau das nicht tu n könnt, dann wundert euch nicht wenn Hexer oder anderes Gesindel in der Stadt, oder jeder anderen in der ihr je leben werdet herumlaufen und euch in einem Sack nach Amsterdam verschiffen wie einen billigen Zentner Getreide." Charlotte erhob sich und führte Gretlin zur Tür. "Auch ich wünsche euch noch eine erholsame Nacht Gretlin. Wir werden einander während der nächsten Sitzung des großen Rates sehen. Passt auf euch auf und überlegt welchen unterschied ihr wirklich machen wollt - oder eben auch nicht."
Gretlin verbeugte sich knapp. „Gehabt euch wohl, Charlotte. Richtet Leif meine Grüße aus.“
Mit diesen Worten schritt sie nach einem kurzen abwartenden Zögern zur Tür.







Irgendwann im August würde Sebastian über verschlungene Wege ein Brief erreichen.

An Sebastian von Augsburg,

Unser letztes Zusammentreffen ist nun schon wieder einige Jahre her und leider sind wir einmal wieder wenig positiv auseinandergegangen. Ich hoffe ehrlich, dass sich dieser Umstand in Zukunft ändern wird, vor allem weil sich die Umstände unserer Bekanntschaft - oder sagen wir besser... unserer Verbindung ... bald umgestalten werden. Ich habe jemanden getroffen der mir das was ihr mir nie geben wolltet möglich machen kann, auch wenn ich mir nicht sicher bin welche Auswirkungen dieser Handel auf euch selbst haben mag Sebastian. Am ersten Vollmond nach dem Beginn des Herbstes werde ich mich einen Tagesreise nördlich von Augsburg aufhalten. Wenn ihr mit mir über vergangene Zeiten und mögliche zukünftige Zusammenkünfte sprechen wollt, werdet ihr mich im Wirtshaus „Zum weißen Keiler“ an der Reichsstraße finden. Wenn nicht kann ich euch das nicht verdenken. In diesem Falle werdet ihr euch einfach überraschen lassen müssen.

Mit meinen besten Grüßen,
Brügge, August 1220
Leif

Bild

Es dauerte wohl an die vier Wochen bis Leif eine Nachricht erhielt. Das Pergament war tagsüber bei Brunhild abgegeben worden, sah dünn und brüchig aus und war teilweise verkohlt und schlammbeschmutzt. Dennoch war das unkenntliche Siegel ungebrochen, der Brief somit nicht geöffnet.
Die Antwort war knapp gehalten und in einer seltsam abgesetzten, schwer lesbaren Schrift verfasst. Leif erinnerte sich nur zu gut an die geschwungenen Buchstaben auf dem gottverdammten Blutvertrag, den er vor vielen Jahren unterzeichnet hatte und dies war definitiv nicht Sebastians Handschrift.
Die Antwort war kurz gehalten und sicherte ein Kommen zu vereinbartem Treffen zu. Mehr enthielt sie nicht.

_________________
Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

 Betreff des Beitrags:
Verfasst: So 8. Nov 2015, 22:33 


Nach oben
  
 

BeitragVerfasst: Di 10. Nov 2015, 17:58 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Fr 24. Jul 2009, 01:13
Beiträge: 1417
Es war eine unruhige Nacht während der Wind an den geschlossenen Holzläden des kleinen Hauses rüttelte indem sich Charlotte gerade aufhielt. Sie hörte aufmerksam zu, während ihr Erzeuger sprach und immer wieder eine kleine Pergamentrolle in der Hand drehte. Sie nickte nur und blickte nicht einmal von ihrer Handarbeit auf. „Ich verstehe. Nehmen wir den Puddingkopf eigentlich auch mit auf unseren kleinen Ausflug nach Deutschland?“ Sie schaute schließlich mit einem Grinsen auf und sah nur wie Leif beinahe empört den Kopf schüttelte. „Können wir uns darauf einigen, dass du Balduin van de Burse nicht mehr als 'Puddingkopf' bezeichnest?“ „Wieso denn? Er weiß doch, dass ich ihn so nenne.“ „Ja und er denkt du machst Witze.“ „Siehst du das zeigt nur einmal mehr, dass er ein verdammter Puddingkopf ist.“ Der Austausch zwischen beiden ging vonstatten wie ein wohlgeübter Schwertkampf. Aktion und Reaktion. Schließlich seufzte Leif und schien das Thema beiseiteschieben zu wollen. „Nein er kommt nicht mit. Wir bleiben zu viert. Brunhild, Karl, du und ich. Was glaubst du? Hat dieses ganze Unterfangen Aussicht auf irgendeinen Erfolg oder habe ich mich in eine Idee verrannt?“ Das war eine faire Frage wenn sie ehrlich zu sich selbst war. Jedes Treffen mit Sebastian war bis jetzt mehr oder weniger in einem Desaster geendet und jegliche Gespräche würden langsam und mit absolutem Misstrauen und Vorsicht geführt werden. Von einem politischen Standpunkt aus gesehen die schlechtesten Voraussetzungen die man sich ausmalen konnte. „Warten wir einfach ab. Schauen wir was er sagt, wie er es sagt und ob er überhaupt auftaucht. Dann wissen wir mehr.“ Leif grunzte nur - was bei ihm so viel bedeutete wie: ‚Ich bin verdammt unzufrieden, habe schlecht Laune und hasse es einfach zur dazusitzen und abzuwarten, weswegen ich etwas unternehmen möchte‘. „Leif? Hör auf die beleidigte Prinzessin zu spielen. Dafür bist du zu alt und zu haarig. Du wirst mit der Situation leben müssen bis wir in Augsburg sind. Zu Hölle, du hast über 8 Jahre gewartet Sebastian wiederzusehen, da kommt es nicht mehr auf ein paar Wochen mehr oder weniger auch nicht an.“ beantwortete sie seine unausgesprochenen Stimmungsumschwung. Damit war das Thema für sie auch erledigt.

Bild

Die Tür öffnete sich und ein Schwall kalter Luft erfüllte das Zimmer. Nicht unerwartet trat Brunhild in die Stube. Auch nach all den Jahren war Charlotte fasziniert wie die die große Frau einen ganzen Raum ausfüllen konnte. Sie war nicht dick – diese Beschreibung traf es nicht im Geringsten. Nein sie besaß einfach eine gewaltige Präsenz. „Habt ihr alles?“ Leifs Stimme erklang aus dem Nebenraum, in welchem er in der Zwischenzeit verschwunden war. „Ja haben wir. Wir können morgen Nacht aufbrechen.“ Die melodische Stimme von Brunhild wurde von dem leichten Lächeln auf ihrem Gesicht nur noch unterstrichen dachte sich die alte Frau. Das Blut stand ihr in der Tat gut und sie freute sich im Stillen darüber, dass die Frau aus dem Norden sich für das Dasein als Ghul entschlossen hatte. Sie konnte sich ein spottende Frage einfache nicht verkneifen. „Was hat euch so lange aufgehalten? Habt ihr die Kutsche in Frankreich besorgt und dann auf dem Rücken nach Brügge geschleppt? Mal abgesehen davon ist der Junge draußen in Ohnmacht gefallen, oder kommt er heute noch einmal rein?“ „Ich sehe du freust dich ihn wiederzusehen Charlotte. Wie lange ist es inzwischen her? Vier, fast fünf Jahre? Aber ein wenig wirst du dich noch geduldigen müssen. Er stößt gleich wieder zu uns, macht aber noch ein paar Besorgungen für die Reise.“ Leif kam schließlich zurück in die Stube, zwei große in schwarzen Stoff eingewickelte Pakete, sowie drei versiegelte Umschläge in der Hand. „Dann kann die Familienzusammenkunft ja noch einen Moment warten. Charlotte ich möchte Gretlin noch einen Besuch abstatten und ihr ein paar Dinge geben bevor wir aufbrechen. Ich es wäre gut wenn du mitkommst.“ Die alte Frau war ein wenig überrascht nickte schließlich aber. Was wollte er von dem Mädchen? Sie hatte bei ihrem letzten Treffen klar gemacht, dass sie nichts mit der Politik zu tun haben wollte. Naja egal. Sie würde es schon noch herausfinden. „Dann bewege ich meine alten Knochen mal lieber, damit wir es nicht wieder mit einer Gretlin zu tun haben die in zwei Teile gespalten wurde.“ Die Worte hingen in der Luft, greifbar, wie eine Warnung und Erinnerung. Genau der Grund wieso Charlotte sie ausgesprochen hatte.

Bild

Nach nicht einmal einer halben Stunde befanden sich die beiden Salubri im leeren Elysium der Stadt. Eigentlich nicht mehr als der typische Schankraum einer besseren Taverne, dafür aber mit zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen für die Stille des Blutes. Sie hatte sich immer schon gewundert, es gab offiziell weder einen Prinzen noch die anderen klassischen Ämter in der Stadt. Dafür aber ein Elysium und eine Wächterin dieses für Kainiten heiligen Ortes, auch wenn es auf ihrer Prioritätenliste wohl an einer relativ unbedeutenden Stelle stand. Ach ja und eine Geißel gab es ja auch noch irgendwie. Diese Stadt war ein ganz schöner Sauhaufen und jeder der etwas anderes behauptete war ein Idiot. „Leif?“ Charlotte drehte sich zu ihrem Erzeuger. „Ich werde zwar nicht noch klappriger als eh schon, aber würdest du mir freundlicherweise trotzdem verraten ob du ein echtes Treffen mit Gretlin ausgemacht hast, oder ob wir hier nur auf gut Glück wie die Wasserspeier sitzen und Maulaffenfeil halten?“ Er zuckte nur mit den Schultern. „Ich habe ihr geschrieben, dass ich heute hier auf sie warte, weil ich ein paar Bücher für sie habe.“ Oh Herrgott dachte sich Charlotte schlicht. Sie würde irgendwann einmal ein Gespräch mit ihrem Erzeuger halten müssen was effiziente Korrespondenz angeht – aber im Moment hieß es wohl abwarten. Charlotte quittierte die Langweile mit ihrem Allheilmittel für solche Situationen und begann an ihrer Handarbeit weiter zu sticken.

Bild

_________________
- Do not go gentle into that good night. Rage, rage against the dying of the light. -


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

BeitragVerfasst: Di 10. Nov 2015, 22:40 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Mi 17. Jun 2009, 20:52
Beiträge: 1371
Leif wusste, dass Gretlin kommen würde. Egal ob effiziente oder ineffiziente Korrespondenz. Wenn sie nicht gerade eine Verabredung vergessen hatte war sie zuverlässig, und ob dieser Zustand eintrat darauf hatte Leif keinen direkten Einfluss.
Das Mädchen erschien wenige Minuten nach dem verabredeten Zeitpunkt in einen dunkelgrauen Mantel gehüllt. Ein vorsichtiger Ausdruck lag auf ihrem Gesicht, der an ein Tier erinnerte, das eine mögliche Gefahr gewittert hatte und nicht sicher war, ob es schon die Flucht antreten sollte.
Beim Anblick von Leif und Charlotte huschte ein kurzes Lächeln über ihre Züge und sie senkte den Kopf wie gewohnt in einer kurzen Verbeugung.

Bild

„Willkommen Gretlin. Es freut mich das es geklappt hat.“ Leif nickte ihr kurz zu und quittierte die Aussage mit seinem schönsten Lächeln. „Ich will dich nicht lange aufhalten, aber ich habe eine paar Sachen, die du haben solltest, denn ich verlasse die Stadt morgen und ich weiß noch nicht genau wann ich zurückkehren werde.“ Mit einer schnellen Bewegung holte Leif die schwarz eingeschlagenen Pakete unter dem Tisch hervor und öffnete sie. Zu sehen waren zwei in schwarzes und blaues Leder gebundene Bücher, eine Schriftrolle aus Papyrus, die Aufzeichnungen ihrer Forschungen über den Dämon Hexor, Runensteine sowie drei schwere, schwarze Schlüssel. „Diese Sachen sind für dich, pass’ gut darauf auf und vielleicht findest du noch ein paar interessante Informationen in diesen Schriften.“ Charlotte saß neben beiden und außer der Begrüßung beobachtete sie die beiden nur aufmerksam.
Gretlin sah Leif fragend an, als wenn sie auf eine Erlaubnis warten würde, dann fuhr sie sacht mit den Fingern über die Gegenstände. „Vielen Dank.“ Sie verweilte lange bei den Büchern, musterte dann auch die Runensteine und die Schlüssel intensiv. „Das ist eine große Ehre für mich, dass du mir die Sachen während du weg bist anvertraust. Aber möchtest du sie nicht lieber jemandem aus deiner Familie überlassen?“

Bild

Leif schüttelte nur kurz den Kopf. „Die denen ich aus meiner Familie wirklich vertraue werden mit mir reisen. Die Sache ist die das auch mir Wissen und das geschriebene Wort etwas bedeuten. Ich möchte nicht das diese Dinge in die falschen Hände geraten oder noch schlimmer vergessen werden.“ Leif zeigte nacheinander auf die beiden Bücher und die Schriftrolle. „Diese Bücher hier sind noch aus dem Besitz von Orlando Oriundus. Eines ist namenlos, das andere heißt 'Der rote Orden'. Es sind dunkle Werke über Dämonen und Beschwörungen, aber sie beinhalten auch Anmerkungen ihres ehemaligen Besitzers. Diese Schriftrolle hier ist eine Zusammenfassung über den Clan der Baali. Und dieser Schlüssel hier.“ Er zeigte auf die Schlüssel. „Diese Schlüssel öffnen den Weg zu meiner bescheidenen Privatbibliothek. Sie ist nicht groß, umfangreich oder irgendwie besonders aber insbesondere was die Heilkunst angeht, gibt es einige ganz nette Stücke. Vielleicht dienen sie dir solange ich weg bin."
Gretlin griff nach den Runensteinen, nahm sie vorsichtig in die Hand und ließ sie wie bei einem Würfelwurf auf den Tisch fallen. Ihr Gesicht war nachdenklich. Sie schien über etwas nachzugrübeln.
„Du übergibst mir die Sachen weil du nicht sicher bist, ob du wieder kommen wirst, oder?“ Ihr Blick wanderte von den Steinen zu seinen Augen.
Leif nickte nur. "Charlotte hat dir erzählt wohin ich unterwegs bin." Er nickte der alten Frau zu. "Meine Zusammenkünfte mit Sebastian sind bis jetzt immer aus dem Ruder gelaufen weswegen ich gerne alles erledigt wissen möchte." Leif schwieg kurz. "Darüber hinaus hoffe ich meine Schuld von damals ein wenig aufzulockern, indem ich dir Zugang zu diesem, meinem Wissen gewähre. Ich weiß es bedeutet dir was und ich wollte wenigstens einen Schritt in die richtige Richtung unternommen haben."
Sie biss die Lippen aufeinander und schwieg. Dann nickte sie. „Alles wird auf dich warten, wenn du zurück kommst.“
"In Ordnung," Leif erklärte Gretlin noch kurz die Lokalität seiner Bibliothek. Sie war nicht in seiner Zuflucht, sondern unter einem Teil der Stadtmauer untergebracht, nahe der Kanalisation. "Gib nur gut Acht auf diese Schriften. Sie sind einzigartig und beinhalten mehr als nur Wissen. Aber ich denke das weißt du und du verstehst worauf ich hinaus will. Gute Nacht Gretlin." Leif erhob sich schließlich und nahm Charlotte mit sich, die Gretlin nur kurz zunickte und Leif nicht aus den Augen zu lassen schien.
Gretlin hielt Leif zögernd am Arm zurück. „Das hier sind Bücher und Schriften… aber…“ Sie zögerte kurz. „…In principio erat verbum. Vergiss das nicht. Menschen sind wichtiger als Bücher und geschriebene Worte. Ihr seid wichtiger. Komm heil wieder zurück und geh kein Risiko ein, das nicht für nötig hältst. Das ist es nicht wert.“ Man konnte ihr ansehen, dass ihr die Worte schwer fielen. Sie war keine Kainitin, die über private Belange zu reden pflegte.
Es war wie ein kleiner Blitz den Gretlin wahrnehmen konnte. Aber er kam nicht von leif sondern von Charlotte. Ein Blick der tiefer Schnitt als das schärfste Messer? Was war das? Eifersucht? Angst? Sorge? Sie würde es wohl nie herausfinden, wenn sie die alte Frau nicht direkt fragte aber Leif antwortete und unterbrach den Gedankengang. "Danke für eure Worte Gretlin. Sie bedeuten mir etwas. Daher habt Dank. Ich werde keine unnötigen Risiken eingehen. Aber wenn es um die Tremere geht...Nun ja eine solche Zusammenkunft mag immer für Überraschungen gut sein und ich möchte gerne vorbereitet sein." Dann verabschiedete sich der Salubri.

Es war ein kalter Septemberabend. Regen hatte nichts als kalten Matsch hinterlassen, aber dieses Wetter schien keinen Abbruch an der Stimmung in der Taverne zu tun. Der weiße Keiler war kein besonderes Etablissement, hatte aber ein selbstgebrautes, wohlschmeckendes Bier und Betten mit gutem, sauberen Stroh beides einladend genug um sich einen bescheiden-gemütlichen Ruf als letzte Raststätte vor der Reichsstadt Augsburg aufzubauen. Zumindest wenn man aus dem Norden kam. Hier wartete Leif Thorson auf seine Verabredung, zusammen mit der großen, blonden Frau Brunhild, die seit ihrer Ankunft im weißen Keiler stets an seiner Seite war, wie ein treues Eheweib. Das Innere der Taverne war bei so einem Wetter geschäftig und die verschiedensten Dialekte mischten sich zu einer wohlklingenden Symphonie und an einem der Tische, saß eine in einen grauen Mantel gehüllte Gestalt die die Tür nicht aus den Augen zu lassen schien, während sie an ihrem Bier nippte.
Leif spürte, dass der Hexer sich von irgendwo näherte bevor er ihn sah. Er hatte keine Ahnung, wo sich der hochgewachsene Deutsche aufhalten mochte, aber irgendwo war er.
Schließlich betrat ein in einen dunklen Mantel gekleidete Gestalt die Taverne, dich gefolgt von einer anderen Gestalt, die die erste noch um einen halben Kopf überragte. Der zweite Mann schlug einen dunkelroten Umhang zur Seite und Leif erkannte einen Krieger im Kettenhemd, dunkle misstrauische Augen, den Schatten eines kurzen sauber gestutzten Bartes.

Bild

Leif wusste bereits bevor der Hexer die Kapuze zurück warf, dass er den Hexer vor sich haben würde. Der braunhaarige Mann ließ seinen Blick ein Mal durch das Gasthaus wandern, verharrte eine Sekunde bei Leif und seine Augen nahmen einen harten Zug an.

Bild

Dann drehte er sich zurück zu seinem Begleiter. Obwohl kein einziger Ton zu vernehmen war hörte Leif die Stimme des Hexers als würde er direkt neben ihm stehen und zu ihm sprechen.
„Danke Matthias, dass du mitgekommen bist und mich begleitet hast.“
Die Antwort des Ritters, sofern denn eine folgte, konnte Leif nicht vernehmen.
„Du warst und bist der beste Freund, den man sich vorstellen kann. Pass auf dich auf.“
Am Gesichtsausdruck des Kämpfers, der nach wie vor nicht die Lippen bewegte konnte Leif erkennen, dass er eine heftige Erwiderung folgen ließ, doch Sebastian schüttelte nur den Kopf und wandte den Blick ab.
„Wir haben darüber geredet. Belass es dabei.“ Er klopfte dem hochgewachsenen Mann auf die Schulter und wartete auf etwas, das nicht folgen wollte. Fast eine Minute verstrich. Dann wandte sich der Ritter um und schritt hinaus. Ein heftiger Windstoß brachte die kalte feuchte Herbstluft hinein und ein Gast fluchte als ihn ein nasses Blatt traf.
Sebastian hatte sich wieder umgedreht und blickte Leif an. Er trat einige Schritte näher und blieb schließlich vor dem Tisch, an dem Brunhild und der Heiler saßen stehen.
Die Stimme war nur in Leifs Kopf zu vernehmen.
„ich bin hier.“
Leif beobachtete sowohl Sebastian als auch seinen Begleiter und nippte weiter an dem Bier das vor ihm stand. Brunhild wollte sich schon rühren, aber Leif legte ihr sanft eine Hand auf den Arm was ihre Nervosität zu beruhigen schien. Brunhild erhob sich schließlich und verließ Leif ohne Diskussion auch wenn der Blick den sie ihm zuwarf von Sorge überschattet war. Sie trat vor die Tür. Leif lächelte Sebastian aufmunternd zu als er schließlich an dessen Tisch stand. „Sebastian. Da bist du. In der Tat.“ Leif Stimme war physisch präsent im Gegensatz zu der seines Gegenübers. Er erhob sich und zeigte auf einen Platz ihm gegenüber. „Setz dich doch. Mir ist übrigens gerade aufgefallen, dass wir das Vergnügen einer Zusammenkunft hier in Deutschland noch nicht hatten.“ Leif lächelte unbekümmerte und machte der Schankmaid mit einer Geste klar, sie möge seinem Begleiter ein Bier bringen. „Erzähl Sebastian wie ist es dir ergangen in den letzten Jahren?“
Sebastian beobachtete die blonde Frau nachdenklich. Leifs Geste wurde mit einem Kopfschütteln quittiert. Wieder war die Stimme nur für Leif zu vernehmen.
‚Was auch immer du zu besprechen hast: ein Schankraum scheint mir wohl kaum der passende Ort dafür.’
Leif blieb sitzen und schüttelte nur kurz den Kopf um dann weiterzusprechen. "Warum denn Sebastian? Ich will doch nur wissen wie es einem alten Bekannten ergangen ist. Wenn du über besondere Dinge sprechen willst können wir uns immer noch einen neuen Platz für einen kleinen Plausch suchen. Mir gefällt es hier nämlich und das Bier ist wirklich gut." Leif grinste Sebastian einfach nur an.
Der Hexer atmete ein Mal lange ein. Dann nahm er am anderen Ende des Tisches Platz. Das Bier, das ihm die Schankmais hinstellte beachtete er nicht. Noch immer ruhten seine Augen auf dem Heiler. Das kurze Absenken der Lider kam einem Nicken gleich. Sebastian war bereit sich auf das Spiel des Nordmannes einzulassen.
Leif seufzte nur. Die Beziehung die die beiden pflegten war mehr als nur gestört aber so war es nun einmal. "Sebastian ich habe nicht vor dich zu langweilen. Alles was ich dir überbringen will ist eine Nachricht und darüber hinaus ein Angebot wie du zum Teil sicher aus meiner Nachricht entnehmen konntest. Aber eins nach dem anderen." Leif nahm einen tiefen Zug von seinem Bier. "Für das Erste danke ich dir das du nach unserem letzten Treffen gekommen bist. Was ich dir unabhängig von allem einmal sagen kann ist das es Gretlin gut geht. Wir arbeiten sogar an einer medizinischen Sache zusammen." Sebastian könnte merken, dass Leif diese Art von Gespräch Mühe kostete. Nicht aus Ekel oder Ablehnung, so viel war klar. Nein es ging eher in die Richtung von Unerfahrenheit.
Wieder folgten Schweigen und der misstrauische Blick. Bei der Erwähnung des Namens der Malkavianerin blitze es kurz in den Augen des Hexers und Leif spürte einen bitteren Geschmack auf der Zunge. Dann nickte er erneut.
"Fein Sebastian wenn du keine Lust hast dich mit mir zu unterhalten macht es die ganze Sache zwar schwieriger aber was soll's." Leif zuckte sogar mit den Schultern. "Vielleicht sollten wir uns jetzt einen anderen Platz zum reden suchen. Es gibt sicher einen privaten Raum hier oder zumindest ein Zimmer."
‚Ich misstraue den Wänden hier, wie du dir denken kannst. Ich habe eine Zuflucht, einige Straßen entfernt von hier, aber da du mir wohl genauso misstraust, wie ich den Mauern dieses Gasthauses, ist diese Möglichkeit wohl nicht die Günstigste. Was schlägst du vor?’
Leif schaute Sebastian nachdenklich an. "Wenn du deine Zuflucht vorschlägst und sie nicht weit von hier entfernt ist, ist diese genauso gut wie jeder andere Ort. Wenn es das ist was dir hilft endlich den Mund aufzumachen können wir gerne dort hingehen." Leif stand demonstrativ auf und leerte seinen Bierkurg. "Ich bin bereit."
Sebastian erhob sich zögernd. Auch wenn es ihm niemand in diesem Schankraum ansehen mochte, da er sich mit einer ruhigen gelassenen Selbstverständlichkeit bewegte, spürte Leif die dessen Erregung.
Er legte eine Münze auf den Tisch und verließ ohne sich noch lange umzusehen das Gasthaus. Erst draußen wartete er auf den Heiler. Der braunhaarige Mann schritt durch die Straßen der kleinen Stadt, schien mehrere Umwege in Kauf zu nehmen und stand schließlich an der kleinen Seitenpforte eines alten Gutshofs. Er schloss die Tür auf und ließ Leif eintreten.
Er ging mit seinem Begleiter schließlich durch mehrere leere Gänge und betrat zu guter letzt einen größeren spartanisch eingerichteten Raum. Leif konnte an dessen Ende im Schein eines Feuers einen Tisch und eine Bank erkennen doch deutete Sebastian auf eine Gruppe Sitzmöbel, die sich rechts befanden und nahm in einem der Sessel Platz.

Bild

„Du willst also reden, Leif?“ Zum ersten Mal an diesem Abend hörte er die Stimme des Hexers nicht nur in seinem Kopf. „Du wolltest, wenn ich mich recht erinnere nichts sehnlicher als dass sich unsere Wege ein für alle Mal trenne und ich für meinen Teil habe diesem Wunsch entsprochen.“
Leif fühlte sich so äußerst unwohl so allein mit Sebastian. Zu viele grauenerregende Dinge waren in dieser Konstellation bereits passiert. „Oh diesen Wunsch hege ich noch immer alter Begleiter. Daran hat sich nichts geändert. Leider geht unsere Definition vom ‚ein für alle mal trennen unserer Wege‘ doch ein wenig auseinander. Doch darüber will ich gar nicht reden. Diese alte Leier wird mit der Zeit langweilig. Ich wollte dir aber in diesem Zusammenhang aber trotz allem etwas mitteilen. ich habe jemanden gefunden der mich von unserem Blutsvertrag erlöst. Ein uralter Blutmagier der sich der Hexerei verschrieben hatte als es deinen Clan noch nicht einmal gab Sebastian.“ Leif schaute den Tremere vor sich an. „Darüber hinaus wollte ich dir sagen das ich dich endlich ein bisschen besser verstehe und dir für die Dinge die du mir angetan hast verzeihen kann, ob du das willst oder nicht.“ Leif schien sich wahrlich sicher und was noch wichtiger, er schien wirklich ehrlich mit dem letzten Satz.
Sebastian zog eine Augenbraue in die Höhe. „Ist dem so? Und wie kommt das?“
"Ich habe endlich erkannt warum du mich nicht aus dem Vertrag entlassen wolltest. Denn deine Mildtätigen Projekte machten nie Sinn, aber natürlich! - Sie waren auch nie mehr als eine Ausrede." Leif suchte Sebastians Blick. "Es ging nie um die, die du beschützt, egal wie oft du das vorgeschoben hast. Denn es hätte keinen Sinn gemacht, dass ich dich verrate und dann alle in die Hölle gerissen werden die du beschützt. Es ging um andere Salubri, meine Clansgeschwister die ich ja beschützen will, dass weißt du selbst. Außerdem kennst du mich inzwischen gut genug um zu wissen, dass ich meine Drecksarbeit selbst und von niemand anderem erledigen lasse. Denke an Gretlin. Du wusstest ich würde dich nie verraten" Leif holte unnötigerweise Luft und lächelte einfach nur. „Du hattest einfach Angst das ich dich töte wenn du mich gehen lässt- Du könntest dieses Risiko für dich – unabhängig davon ob ich in der Lage wäre dich umzubringen oder nicht – einfach nicht eingehen. Weil du eben Angst hattest. Um deine eigene Existenz“
Sebastian lächelte schwach. „Nein, mein guter Leif, du kennst mich nicht. Aber das kann ich nach all der langen Zeit und nach allem, was zwischen uns vorgefallen ist auch nicht erwarten. Ich war einst so naiv es zu glauben aber auch ich lerne mitunter dazu. Es spielt keine Rolle mehr.
Der Preis für die Auflösung des Blutvetrages ist hoch für mich. Aber ich habe ihn bereits zu einem großen Teil gezahlt. Und ich bin froh, wenn wir es hinter uns haben. Und das was noch kommen wird war wahrscheinlich eh bereits von jeher vorbestimmt.“ Leif war klar, Sebastian redete mehr zu sich selbst um seine Gedanken zu sammeln als für irgendeinen anderen Zweck. Leif spürte, dass sich der Hexer zusammen zu reißen versuchte.
„Ich hatte damals keine Angst um meine Existenz, denn die hatte ich eingeplant und opfern wollen in diesem seltsamen Schachspiel, das die Kainiten mitunter spielen. Weil es soviel mehr gibt, was wichtiger ist als die eigene Existenz. Und ich bange auch heute nicht darum sonst wäre ich nicht hier. Aber es gibt andere Dinge an denen ich zu zweifeln begonnen habe… Nun ja: Das ist wohl das Schicksal, wenn man so viele Jahrzehnte Zeit zum Nachdenken hat, nicht wahr?“
Leif lachte erst nur wurde dann aber schlagartig ernst. "Und was hindert dich hier und jetzt daran unseren Vertrag aufzulösen Sebastian? Sei ein einziges, wirklich nur einziges Mal ehrlich zu mir und sag mir was eine Auflösung von deiner Seite verhindert nachdem ich schon vor dir im Staub gekrochen bin?" Keinerlei Bitterkeit oder Vorwurf war in Leifs Stimme. Lediglich pures Interesse.

Bild

Sebastian lehnte den Kopf nach hinten. Die Unterarme ruhten auf den Sessellehnen und er hatte die Finger vor seinem Gürtel verschränkt
„Beantworte mir im Gegenzug eine Frage, Leif. Was bist du bereit zu opfern um aus dem Blutvertrag entlassen zu werden. Was ist der Preis des Bluthexers für dich und für mich?“
Leif ließ enttäuscht den Kopf sinken. " Siehst du, du weichst meinen Fragen aus und versuchst mich zu betrügen - wie immer. Das ist übrigens der Grund wieso ich nach der Entdeckung wie unser Blutsvertrag funktioniert entschieden habe dass man dir nicht vertrauen kann. Aber geschenkt. Das ist nicht das Thema unserer Zusammenkunft." Leif Stimme war belegt. "Keine Angst Sebastian. Du hast keinen Preis zu entrichten. Lediglich ich selbst. Ich weiß nicht welche Wirkung der Eingriff des Meisters haben wird aber ich versichere dir hier und jetzt dass der einzige der für die Auflösung bezahlt ich bin." Leif wartete einen Moment. "Das Opfer was ich bringen werde ist eine Erinnerung. Die Erinnerung die mir am Meisten auf dieser Welt bedeutet."
Sebastians Augen verengten sich nachdenklich. „Eine Erinnerung? Welche ist das?“
Leif schaute ihn kalt an. "Du hast kein Recht diese Frage zu stellen Sebastian. Nicht wenn du auf jede meiner Fragen ausweichst."
Sebastian schüttelte den Kopf. „Da hast du Recht.“ Er schloss für einen Moment die Augen schien zu überlegen bevor er weiter sprach. „Ich entlasse dich und mich aus dem Blutvertrag, Leif. Morgen Abend, nachdem die Sonne untergegangen sind, sind wir frei. Komme danach was wolle.“
Leif schaute Sebastian an. Fassungslos und er versuchte gar nicht seine Überraschung zu verbergen. "Du lässt mich gehen?!?! Einfach so?! Warum jetzt?!" Das Gesicht welches von Überraschung geprägt war veränderte sich zu Ekel und Ablehnung. "Weil ich dir gesagt habe das ich jetzt einen Ausweg gefunden haben? Ist das der Grund Sebastian??" Leif schrie fast. Er schien beinahe den Verstand zu verlieren.
„Ach Leif.“ Sebastian schüttelte stumm den Kopf. „Nein. Ich weiß, das ist schwer zu verstehen. Es wird Zeit. Ich habe die nötigen Vorkehrungen getroffen, die ich treffen musste und von meinem lange Zeit wichtigsten Ziel Abschied genommen.“ Sein Blick wurde mit einem Mal hart. „Glaubst du es ist eine Freude an einen solchen Blutsvertrag gebunden zu sein? An jemanden wie dich? Verzeih mir diese Worte aber nach allem, was vorgefallen ist kannst du sie mir nicht verübeln. Ich war ein Narr, aber ich tat es weil ich das Beste hoffte, weil ich dachte, ein Blutsband wäre in der Lage uns loyal und solidarisch für die gleiche Sache kämpfen zu lassen: für den Schutz von den Salubri, die verfolgt werden und die vielleicht noch eine Chance haben, gegen diejenigen Tremere, die ohne Kopf und Verstand ihr eigenes Wohl über das der anderen Kainiten stellen und sich anmaßen über das Schicksal meines Clans bestimmen zu wollen. Ich dachte, du wärest der richtige Mann dafür und ja: ich wusste, wenn ihr würdet mich vernichten, wenn ich mich euch ohne Vorkehrungen zu treffen anvertrauen würde..“ Wut blitze in seinen Augen, die aber kurz darauf wieder verrauchte.
„Aber wie ich schon sagte: ich war ein Narr und hielt den Blutvertrag für eine gute Lösung und war bereit meinen Teil des Preises zu zahlen. Es ist egal. Morgen ist es vorbei.“

Bild

Leif brauchte Minuten um sich von dem tauben Gefühl zu erholen welches ihn gerade übermannen wolle. Er schüttelte den Kopf einmal, zweimal und es waren blutige Tränen die begannen an seinen Wangen in blutiger Spur hinunterzurennen. „Ich bin kein Monster.“ Die Antwort von Leif war fast ein Flüstern und Sebastian konnte sie nur mit Mühe verstehen. Ein Flüstern welches in unangenehmes Geschluchzte überging. Der Leif der der Gespräch gesucht und der der jetzt hier war waren zwei unterschiedliche Männer. Soviel konnte Sebastian sehen. Irgendwas war seinem Gesprächspartner genommen worden, so als hätte man ihm den Boden unten Füßen weggezogen. Er brachte im Moment nur einen Satz heraus der normal klang „Warum hast du nie gefragt? Warum nie mit irgendwem geredet?“ Sebastian wusste es war kein Vorwurf...Lediglich das Geplapper eines Mannes dem man alles genommen hatte ... alles woran er geglaubt hatte...

_________________
Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

BeitragVerfasst: Mi 11. Nov 2015, 20:51 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Mi 17. Jun 2009, 20:52
Beiträge: 1371
Sebastian starrte zuerst auf Leif, dann auf seine Hände als wären dort Antworten zu finden, die ihm nicht spontan einfallen wollten. Er fuhr sich mit den Fingern über die Stirn als hätte er Kopfschmerzen sah dann wieder nachdenklich, fast fragend, in Leifs Richtung.
„Ich bin der Letzte, der anmaßen dürfte über dich zu urteilen, Leif.“ Er seufzte. „Du willst reden? Wahrheiten? Die hast du dir nach all den Jahren wohl mehr als verdient…“ Der Hexer schluckte. „Eines meiner Ziele, in das ich dich aber zu keinem Zeitpunkt je involviert habe, habe ich verworfen: Ich wollte Rache. Vergeltung für den Tod meines Bruders. Ich wollte die Genugtuung, dass dessen Mörder so würde leiden müssen, wie ich gelitten habe, als man mir die Nachricht überbracht hat man habe ihm die Kehle aufgeschlitzt und den Kopf abgeschlagen. Ich wollte eurem Gangrel die schlimmste für ihn nur vorstellbare Strafe zukommen lassen und dafür hätte ich nur gar zu gerne mit meinem Unleben bezahlt. Aber euer Hauptmann, das weiß ich nach all der Zeit, ist vieles, aber nicht die Bestie, die ich in ihm sehen wollte.“ Um seine Mundwinkel zuckte ein trauriges Lächeln. „Träume bringen mitunter Wahrheiten ans Licht, die lange Zeit verschüttet waren… Egal.“
Er erhob sich aus seinem Stuhl und wandte Leif den Rücken zu. Er stand stocksteif da doch Leif spürte wie aufgewühlt der Hexer innerlich war. Seine Stimme war leise und durch das Knistern des Feuers nur undeutlich verständlich.
„Aber weißt du eine Sache, Leif? Ganz egal, was ich tue, ob ich Rache übe, Vergeltung nehme, euren Gangrel so bluten lasse, dass er sich am liebsten in sein eigenes Schwert stürzen würde… mein Bruder wird davon nicht mehr lebendig.“
Die Minuten strichen dahin.
„Wahrscheinlich habe ich versucht Lucien zu hassen, weil ich mir meine eigene Schuld nicht eingestehen wollte. Hätte ich eher gehandelt, meinen kleiner Bruder daran gehindert bei Oriundus als Ghul zu dienen, vielleicht wäre er noch immer am Leben. Jakob wollte immer in meine Fußstapfen treten und ich war zu dumm ihn daran zu hindern.“
Leif hörte ein trauriges Lachen bevor der Hexer weiter sprach. „Und etwas anderes ist mir klar geworden als ich darüber nachgedacht habe: Egal wie viele Salubri ich vielleicht retten mag, egal wie oft es mir gelingt einen meiner Clansbrüder mit mehr oder weniger vernünftigen Argumenten in seine Schranken zu verweisen um ihn davon abzuhalten gegen diejenigen, die es zu schützen gilt, vorzugehen: Auch das holt diejenigen, die vernichtet wurden, nicht wieder zurück…“ Sebastian trat näher an das Feuer, streckte seine Hände aus und hielt sie den Flammen entgegen. Er zuckte kurz ein Mal zurück, verharrte dann aber während er weitersprach. Das helle Licht flackerte auf den braunen Haaren und ließ sie wie Herbstlaub rot aufblitzen. Er zögerte noch einen Moment bevor er zu erzählen begann:

Bild


„Die beiden Kainiten kamen in einer lauen Frühlingsnacht, Gründonnerstag, Ende April, wenn ich mich recht erinnere. Mein Meister besuchte eine befreundete jüdische Familie und ich hatte es mir in den Kopf gesetzt, die Abschrift eines Buches anzufertigen und es abgelehnt ihn zu begleiten. Er ließ mich gewähren. Ich hatte bereits den ganzen Tag über den Zeilen gesessen und wollte die Arbeit bis Mitternacht abschließen.“
Die kurze Erinnerung an das Gesicht des Mannes war so intensiv, dass selbst Leif einen schwachen Abglanz davon erkennen konnte:

Bild


„Die beiden Männer hatten es eilig. Sie wirkten besorgt, erzählten mir etwas über ein Judenprogrom, das in dieser Nacht stattfinden würde und das ein Freund meines Meisters, ein Tremere namens Eberhardt sie geschickt hätte. Ich hatte die beiden Männer bereits mehrfach bei dem Hexer gesehen und dachte mir nichts Schlimmes dabei. Sie sagten, jemand hätte es auf meinen Meister abgesehen und sie würden ihn suchen um ihn zu schützen. Ich zögerte, aber ich war selbst so in Sorge um meinen Herrn, wusste zwar dass er Christ war, aber ein wütender Mob, der Juden auf die Straße reißt um sie bei lebendigem Leib zu verbrennen, würde auch vor ihm nicht halt machen. So verriet ich schließlich die Adresse des jüdischen Händlers und suchte das Haus gemeinsam mit den beiden Hexern und ihren Ghulen auf. Die Salubri, die sich darin aufhielten, wurden so gut es den Tremeren gelang, gefangen genommen oder getötet. Mein Meister kämpfte wie ich noch nie einen Mann habe kämpfen sehen, aber gegen die Überzahl war er machtlos…“
Sebastian schwieg einige Zeit. „Ich werde nie seinen Gesichtsausdruck vergessen, als er mich erkannt und angesehen hat und nie das Gefühl seiner Asche zwischen meinen Fingern… Er hatte immer kundgetan er würde dem Clan der Könige angehören.“ Sebastian sog tief die Luft ein und seine Stimme war brüchig als er weiter sprach. „Alle Salubri wurden verhört und fast jeder gab Informationen über andere Salubri weiter, die er besaß… Adressen, Namen, Familienangehörige, Ghule: Es war ein Fest für die beiden Kainiten und ich bin mir sicher, sie stiegen in diesen Tagen enorm im Ansehen von Goratrix. Ich war wie betäubt…
Einer der Kainiten war ein Freund derber sadistischer Späße, scheint mir manchmal, und ich erhielt den Kuss für diese Tat… Er wandelt dank meiner Interventionen nicht mehr unter diesem Himmel; ich kann ihn folglich nicht mehr fragen, was er sich dabei gedacht hat.“
Sebastian lachte tonlos auf.
„Ich habe in all den Jahren versucht einen winzigen Teil meiner Schuld abzutragen indem ich Mitglieder deines Clans versteckt habe, in dem ich ihnen andere Identitäten beschaffte habe, ihr Blut, das man für Untersuchungen abzapfte, austauschte. Einige von diesen Kainiten, vier um genau zu sein, sind mir teure Freunde geworden. Und eines ist mir auch noch klar geworden und aus diesem Grund wird der Blutsvertrag aufgehoben: die größte Gefahr für diese Kainiten bin ich. Denn sobald mich einer der mächtigeren Hexer in die Hände bekommt, werde ich unter der entsprechenden Folter nicht in der Lage sein ihre Geheimnisse für mich zu behalten. Wenigen gelingt es so wie Gretlin zu schweigen und der Preis dafür war hoch. Ich würde alle wieder so verraten wie vor vielen Jahrzehnten und könnte zuschauen, wie man sie vernichtet.
Es gibt nicht viele Kainiten, die wissen, was ich wirklich tue und nur du weißt, was ich eigentlich immer wollte: und aus diesem Grund bist du die größte Gefahr für mich. Dein Wissen mag mein Untergang sein.
Also: Ich habe die entsprechenden Vorkehrungen getroffen und meinen Teil bezahlt: jeder dieser Verfolgten flieht in dieser Nacht, lässt sein Zuhause und seine Heimat hinter sich damit ich nie in der Lage sein werde, seinen Aufenthaltsort Preis zu geben. Ich verliere diese Kainiten, die mir wichtig sind, aber dafür sind sie, so Gott will, in Sicherheit. Mein Freund Matthias, der Ritter, den du vorhin gesehen hast, hat den Blutvertrag an sich genommen und wird ihn gegen Ende der Nacht sobald er irgendwo in Sicherheit ist vernichten.
Dann bist du frei, ich bin frei und was die Zukunft bringt wird sich zeigen. Wenn du meine Geheimnisse weiter geben wirst, dann kann ich dich nicht mehr daran hindern.
Meine Aufgaben mögen andere übernehmen oder es lassen. Ich maße mir nicht mehr an, diejenigen wirklich schützen zu können die mir wichtig sind.“
Sebastian wandte sich um und Leif konnte das Rot erkennen, dass sich in seinen Augen ausbreitete und dessen Blick verschleierte.
„Also Leif? Was wäre der Preis gewesen, den du bereit gewesen wärst für deine Freiheit zu zahlen? Eine Erinnerung, wäre sie auch noch so schön und kostbar hätte nicht ausgereicht, das müsste deinem Bluthexer bewusst sein… Und was auch immer man dir über die Natur dieses einen Blutsvertrags berichtet haben mag: dein Preis wäre auch der meinige gewesen.“

_________________
Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

BeitragVerfasst: Do 12. Nov 2015, 18:26 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Fr 24. Jul 2009, 01:13
Beiträge: 1417
Der Salubri fasst sich schnell wieder. Der eine kleine Moment in welchem Emotionen und vielleicht sogar ein wenig Wahnsinn die Überhand gewannen, war plötzlich als hätte er nie existiert. Leif sagte nichts, er hörte lediglich zu was Sebastian ihm erzählte und verzog dabei keine Miene. Er nickte an manchen Stellen und ließ den Tremere bei seiner Zusammenfassung nicht aus den Augen. Schließlich räusperte er sich kurz als er der Meinung war, dass Sebastian geendet hatte. Die Stimme ließ nichts mehr von seiner vorherigen Erschütterung hören. „Deine Geschichte ist traurig aber auch auf eine gewisse Art und Weise vertraut. Das Los eines Unsterblichen.“ Er schwieg für einen Moment, schien zu überlegen. „Und ja was Rache angeht verstehe ich was du meinst. Ich wollte mich an dir rächen Sebastian so viele Jahre und mit so viel Inbrunst. Ich habe aber erst jetzt gemerkt, dass wenn ich mich weiter gegen die Ketten stemme die mich binden ich mich nur selbst stranguliere. Außerdem habe ich lange nicht gemerkt, dass die Ketten gegen die ich gekämpft habe nicht der Vertrag an sich war, sondern welche die ich mir selber auferlegt habe.“ Der Salubri zog schließlich zwei Bücher und ein paar verkohlte Steine unter seinem Mantel hervor, die aussahen als wären sie mit Blut getränkt gewesen und Runen in sie geritzt worden. Dann legte er sie auf einen Tisch.

Bild

Bild


„Ich bin übrigens nicht nur hergekommen um über uns zu reden, auch wenn es eine willkommene Abwechslung ist. Ich will auch endlich alten Hass begraben, oder zumindest einen neuen Anfang wagen.“ Leif lächelte kurz und berichtigte sich. „Zumindest will ich es versucht haben. Hier ist ein Buch, eine Abschrift von Oriundus Tagebuch. Es enthält Kommentare zu seinen dämonischen Praktiken und Intrigen. Nicht viel, er war schließlich nicht dumm, aber es ist genug damit man sich ein Bild machen kann. Das Original ist zwar noch in Brügge, aber es wäre ein Anfang gewesen ein wenig Vertrauen aufzubauen und zu erklären was damals vorgefallen ist. Das andere Buch enthält Notizen von deinem Bruder. Wir haben es bei seinen persönlichen Sachen gefunden. Vielleicht bedeutet es dir ja etwas. Die Steine waren auf seinem Altar. Ich weiß nicht was sie bewirken, aber sie sehen verdorben genug aus und müssten genug Resonanz haben um mit Auspex meine Behauptungen untermauern zu können.“ Dann ging Leif in Richtung Ausgang, drehte sich aber noch einmal um. „Ich will vor der Antwort auf deine letzte Frage nicht fliehen Sebastian. Aber verstehe, dass ich nicht alles was ich hierher mitgebracht habe zur gleichen Zeit aus der Hand geben möchte. Aber ich mache dir ein Angebot sollte der Vertrag, wie du sagst heute Nacht gebrochen werden, dann werde ich dir alle weiteren Fragen beantworten und vielleicht reden wir dann noch einmal darüber wie wir zwei in Zukunft miteinander umgehen können. Eine Sache kann ich dir aber versichern Sebastian. Ich will dich nicht umbringen.“ Leif würde ihm Zeit für eine Antwort lassen und dann die Zuflucht verlassen. Es war keine leichte Begegnung gewesen, ganz im Gegenteil auswühlend wie immer zwischen sich und Sebastian dachte dich Leif, wenn auch einmal auf eine ganz andere Art.

_________________
- Do not go gentle into that good night. Rage, rage against the dying of the light. -


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

BeitragVerfasst: Do 12. Nov 2015, 20:47 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Mi 17. Jun 2009, 20:52
Beiträge: 1371
Der braunhaarige Mann hatte dem Salubri schweigend zugehört. Leif spürte einen kurzen Stich, eine Empfindung, die Sebastian nur unzureichend verbergen konnte: Enttäuschung. Dann verspannte sich der Hexer innerlich und auch wenn es ihm schwer zu fallen schien seine Emotionen vor dem Heiler zu verbergen, war Leif sofort bewusst, dass er in jeder anderen Nacht meisterlich dabei vorgegangen wäre.
Als Leif schließlich die Bücher auf den Tisch legte tat Sebastian einen Schritt näher heran und musterte die Gegenstände. Beim Anblick der Steine und von Oriundus Tagebuch verzog er verächtlich die Lippen als hätte er eine Karaffe mit Gift vor sich und wandte den Blick ab.
Er streckte vorsichtig die Hand in Richtung Notizbuch aus. Eine Geste, die Leif grob an Gretlin erinnerte, wenn sie mit den Fingerspitzen über die Buchrücken fuhr. Aber bevor er es berühren konnte hielt er inne als nähere sich einer heißen Kerzenflamme, schloss die Hand zur Faust und zog sie zurück.
Er blickte zu Leif, nickte dann nur. „Die Nacht ist vorangeschritten. Pass auf dich auf.“

_________________
Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

BeitragVerfasst: Do 12. Nov 2015, 21:31 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Fr 24. Jul 2009, 01:13
Beiträge: 1417
Leif hatte die Zuflucht des Tremere fast verlassen, drehte sich aber noch einmal um. "Sebastian?" Er wartete bis er dessen Aufmerksamkeit hatte. "Ich weiß deine Offenheit und Ehrlichkeit zu schätzen. Insbesondere aber deine Opfer. Ich bin morgen Nacht wieder am gleichen Ort anzutreffen wie heute. Ich verspräche dir all deine Fragen zu beantworten. Vielleicht können wir ja endlich einen Schlussstrich unter unsere Vergangenheit ziehen und noch einmal neu anfangen." Auch der Nordmann verbarg seine Emotionen bei den letzten Worten nicht. Er meinte es absolut ehrlich. Dann war er verschwunden.

_________________
- Do not go gentle into that good night. Rage, rage against the dying of the light. -


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

BeitragVerfasst: Fr 13. Nov 2015, 08:15 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Mi 17. Jun 2009, 20:52
Beiträge: 1371
Er spürte den Blick des Hexers als er sich zur Tür wandte, hörte dann nach einem kurzen Zögern dessen Worte in seinen Gedanken.
„Wenn du mich treffen willst, dann sei zur neunten Stunde erneut hier und sei sicher, dass dir niemand folgt. Die Tür wird offen sein. Wenn du bereit bist alle deine Waffen an der Tür zurück zu lassen, werde ich es dir gleich tun. Du hast mein Wort.“ Wieder vergingen lange Sekunden.
Wir werden sehen was die morgige Nacht bringt, nicht wahr?“
Auch Leif konnte spüren, dass es Sebastian mit seinen Worten ernst meinte.

_________________
Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

BeitragVerfasst: Fr 13. Nov 2015, 15:30 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Fr 24. Jul 2009, 01:13
Beiträge: 1417
Leif

Die Nacht des Treffens mit Sebastian

Leif nickte. „So viel zu Angst und Paranoia. Ich hätte ja einen neutralen Ort für unser Treffen vorgeschlagen und die Tatsache, dass du mich aufforderst alle Waffen und Verbündeten hinter mir zu lassen um in deine Zuflucht zu kommen, wenn mich unser kleiner Vertrag nicht mehr schützen würde, sollte mich wahrscheinlich in Alarmbereitschaft versetzen. Aber wie du willst Sebastian. Deine Regeln. Sie es als Vertrauensvorschuss an und ich hoffe für uns beide, dass ich diese Entscheidung nicht bereuen werde.“ Dann war Leif verschwunden. Er hatte noch einen Weg zu erledigen bevor er sich zur Ruhe begeben konnte.



Charlotte

Die gleiche Nacht, nördlich des weißen Keilers

Die alte Frau saß in einem kleinen Zimmer ohne Fenster, in welches sie vor einer Nacht eingezogen war. Genau genommen waren es zwei Räume mit einem kleinen Durchgang. Sie vermutete das dieser Ort einmal als Speisekammer oder eine Art Lager gedient hatte und dann irgendwann in ein weiteres Zimmer verwandelt wurde. Ein Zimmer für das der verfette, gierige Wirt trotz der Lage einen Preis verlangte, als gäbe es noch eine parfümierte Hure auf das rattenverseuchte Drecksloch obendrauf. Aber das alles war im Moment egal. Für ihre Zwecke war es mehr als ausreichend, obwohl sie die Ratten trotzdem in den Wänden hören konnte und dafür musste sie sich nicht einmal ihres Auspex bedienen. Charlotte war nervös und unzufrieden. Sie hasst es einfach so da zu sitzen und nichts tun zu können. Die Herberge war die nächste nach dem weißen Keiler in Richtung Norden und ihr Teil des Plans war genau das abwarten und reagieren falls alles schief gehen würde. In ihren Gedanken ging sie wieder und wieder all die Dinge durch die noch schief gehen konnten, oder vielleicht sogar schon schief gegangen sind, konnte sich aber ob ihrer Anspannung einfach nicht konzentrieren. Sie hatte versucht solange nicht an ihre Reise nach Augsburg zu denken wie sie konnte und jetzt wo sie endlich Zeit hatte über all das nachzudenken, schien es als hätte sich die ganze Welt gegen sie verschworen so das sie nicht in der Lage wäre einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Sie starrte mit nötigem Abstand in die Glut eines kleinen Kohleofens, der schon fast erloschen war und hielt zwei versiegelte Pergamentrollen in ihrer Hand die sie anschaute als würden sie sie gleich beißen, während sie zurückstarrte als wäre sie mehr als froh sofort zurückzuschnappen.

Bild

Ein Klopfen ertönte und mit einer schnellen Bewegung die man dem alten Körper nicht zugetraut hätte stand Charlotte an dem Ofen. Sie hielt beide Pergamente über die Glut während sie in der anderen eine Faust voll Stroh hielt. Beides auf der Glut würden die vorher präparierten Rollen fast sofort in Asche verwandeln. Sie erstarrte in angespannter Erwartung und lockerte sich sofort als sie die Stimme ihres Erzeugers vernahm. „Ich bin es. Mistelzweige blühen nicht.“ Sie ging zur Tür und antwortet mit ruppiger Stimme, während sie dem Salubri öffnete. „Mistelzweige blühen nicht...das ist der dümmste und grauenerregendste Code den du dir je hättest ausdenken können Leif. Es gab einmal eine Zeit da habe ich dich ernsthaft für ein intelligentes, denkendes Wesen gehalten. Also warum bist du hier? Wir hätten uns erst in drei Tagen wiedersehen sollen.“ Sie klang sowohl besorgt als auch gespannt. Leif seufzte nur einmal kurz. „Ich habe mit Sebastian geredet. Er hat gesagt er ist bereit den Vertrag aufzukündigen.“ „Einfach so?“ Sie klang überrascht. „Ja einfach so.“ Charlotte setzte sich mit einer Eleganz und Leichtigkeit auf einen Stuhl die sie nur hinter verschlossenen Türen zeigte, immer dann wenn sie nicht die Rolle der gebrechlichen alten Frau spielte. Sie wirkte nachdenklich. „Wie seid ihr verblieben?“ „Er hebt den Vertrag noch diese Nacht auf und morgen treffe ich ihn noch einmal in seiner Zuflucht. Allein und unbewaffnet“ „Das ist dumm." Die Antwort von Charlotte kam wie ein Pfeilschuss und sie schien noch nicht fertig. "Das weißt du Leif. Egal ob er den Vertrag aufhebt oder nicht.“ „Ich glaube nicht, dass Sebastian der Typ für hinterlistige Überfälle ist.“ Leif's Erklärungsversuch klang ein wenig zögerlich und sein Kind nutze die Gelegenheit um noch einmal das Wort zu ergreifen. „Es geht hier nicht um Sebastians charakterliche Vorzüge. Selbst wenn er täglich einen Heiligenschein scheißen würde. Ich kenne ihn nicht und kann daher auch nicht einschätzen wie er tickt. Abgesehen davon weißt du, dass ich mich auf dein Urteil in diesem Falle nicht verlasse. Immerhin bist du weder objektiv noch frei von Vorurteilen wenn es um ihn geht, was deine Meinung für eine nützliche Einschätzung dieses Tremere im Grunde absolut sinnlos macht. Mir geht es darum das du dich ohne Rückhalt in die Höhle des Löwen begibst. “ Der Nordmann erwiderte nichts was normalerweise bedeute, dass er ihren Wort Gehör schenkte. Das war ein Anfang bei Leif. „Da ich aber eh weiß das tust tust was du willst kann ich dir nur noch einmal mit aller Nachdrücklichkeit eintrichtern. Sei vorsichtig. Er hat sicherlich genügend Gründe dich zu hassen und in deiner Nähe vorsichtig zu sein. Insbesondere nach eurem letzten Treffen und deinen Übungen als Metzger bei dem Gretlin das Vieh spielen durfte..“ Leif nickte. „Ich weiß deine Sorge zu schätzen." Er verzog kurz das Gesicht wurde dann aber wieder ernst. "Ich verspreche ich bin vorsichtig.“ Leif ging wieder in Richtung Tür. „Ich bin nur hergekommen um dir alles zu erzählen. Ich schicke Brunhild morgen Nacht zu euch. Wenn der Vertrag gebrochen wurde könnt ihr abbrechen und zurückkommen. Wenn nicht geht alles weiter wie gehabt.“ Charlotte nickte nur. Sie hatte verstanden und sah Leif nur noch aus dem Zimmer verschwinden. Plötzlich fiel ihr ein Stein vom Herzen. Sie wäre mehr als nur froh wenn sie diesen wahnsinnigen Plan nicht durchführen müssten. Sie hasst dieses ganze Unterfangen, würde Leif aber trotzdem bis zum Ende unterstützen. Jetzt musste sie nur wieder sinnlos dasitzen. Wie eine jener Puppen ohne Persönlichkeit oder Geist die in den Häusern des Adels und gehoben Bürgertums erzogen wurden und genau das stresste sie. Mit der einkehrenden Stille hörte sie auch wieder die verdammten Ratten. Zum Glück war diese Nacht bald vorbei dachte sie sich noch einmal mit einem Seufzen.



Leif

Ein Abend später



Leif erwachte und er merkte, dass etwas nicht in Ordnung war. Er fühlte sich schlecht und hatte die unbestimmte Empfindung als würde von irgendwoher eine Gefahr drohen. Er sah sich um aber alles war wie immer. Dann spürte er das seltsame Prickeln, das sich unter seiner Haut ausbreitete.
Erst begriff er nicht, dann war es ihm plötzlich klar: Das Blut in seinen Adern erhitzte sich, begann langsam durch seinen Körper zu wallen ohne, dass er sich dagegen wehren konnte. Schneller und schneller raste die Flüssigkeit durch seine Gefäße, erhitze sich dabei immer weiter. Er spürte, dass es zu kochen begann und der Schmerz war schier unerträglich, versengte jede Faser, jedes Haar.
Dann, als er dachte, er würde endlich die Besinnung verlieren um den Schmerzen zu entkommen, die dabei waren seine ganze Existenz auszulöschen, merkte er, dass sich eine Hitzewelle in seinem Körper ausbreitete: Das Blut hatte sich entzündet, verbrannte und vernichtete dabei alles.
Dann war es vorbei, der Schmerz eine bloße Erinnerung. Etwas, das nie wirklich stattgefunden hatte. Er lag in diesem fremden Bett, in dieser alten deutschen Herberge und war völlig unversehrt. Das einzige, was zurück blieb war eine seltsame Leere. Als würde etwas fehlen, das vorher Teil von ihm gewesen war, ein seltsames Gefühl von Verlust. Aber Leif kannte diese Empfindung seit Jahrhunderten nur zu gut und er wusste, sie würde vergehen.


Bild

Die Erfahrungen der vergangenen Nacht hingen Leif noch immer in den Knochen und er fühlte sich schwach und ein wenig ausgelaugt. Dann traf es ihn wie ein Schlag. Er war frei...oder? Konnte es wirklich sein, dass all das, dieser elende und verfluchte Vertrag endlich ein Ende gefunden hatte? Es schien möglich, sogar wahrscheinlich. Das Glück und die Erleichterung die er fühlte begannen ihn zu überwältigen und er musste sich zusammenreißen wieder klar zu denken. Er machte sich auf den Weg zu Sebastian nicht aber ohne vorher Brunhild aufzusuchen. Die blonde Frau warte schon auf ihn und sah ihn mit großen, fragenden Augen an. Leif lächelte. „Ich glaube er hat mich tatsächlich entlassen. Ich glaube es ist wirklich vorbei.“ Ein ebenso großes Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. „Ich...Ich bin überrascht brachte sie nur hervor.“ Leif nickte zuerst nur. „Ich auch und wir sollten auch nicht zu früh feiern. Ein Treffen mit Sebastian steht ja auch noch aus und ich bin schon gespannt. Du weißt was du zu tun hast. Reite nach Norden und hole die anderen. Dann wartet ihr auf mich. Ich kann schon auf mich aufpassen.“ Sie nickte nur, erhob sich und war bereits auf dem Weg zu ihrem Pferd, drehte sich dann aber noch einmal um. „Ich denke übrigens wie Charlotte. Es ist Wahnsinn sich mit ihm alleine und dazu noch in seiner Zuflucht zu treffen. Er hätte alles Mögliche an Fallen vorbereiten können.“ Leif schüttelte nur mit dem Kopf. „Ich glaube nicht, dass er es tun wird, aber so oder so gibt es nur einen Weg es herauszufinden.“ Ohne ein weiteres Wort verabschiedeten sich mit einem letzten Kopfnicken und gingen in Richtung ihre Wege. Der Nordmann erreichte die Zuflucht von Sebastian und befolgte die Anweisungen. Er legte seine Axt ab, ebenso ein Schwert, zwei Dolche und eine Wurfaxt die an seinem Gürtel hing. Dann trat er ein. „Also Sebastian hier bin ich. Was willst du zuerst wissen?“ Er rief auf gut Glück in den Raum herein.

_________________
- Do not go gentle into that good night. Rage, rage against the dying of the light. -


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

BeitragVerfasst: Fr 13. Nov 2015, 22:53 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Mi 17. Jun 2009, 20:52
Beiträge: 1371
Der Raum war leer. Im Kamin prasselte so wie am gestrigen Abend ein Feuer und die schweren Vorhänge waren dicht vor die Fenster gezogen, so dass kein Lichtstrahl hinaus oder hinein dringen konnte. Der Hexer war nirgendwo auszumachen. Das spartanisch eingerichtete Zimmer sah fast so aus wie noch in der Nacht zuvor, doch unterschied es sich in einer unbedeutend wirkenden Kleinigkeit, die Leif nach einigen Minuten auffiel. Als er sich den vier Kerzen, die auf dem Fußboden vor dem Kamin aufgebaut waren näherte, erkannte er ein Pentagramm, mehrere flache Steine und seltsame Zeichen, die ihm im ersten Moment völlig unbekannt vorkamen.
Er hörte eine ruhige Stimme hinter sich. „Ich habe gesehen, du hast deine Waffen abgelegt. Dafür danke ich dir. Ich habe das gleiche getan: Vor der Tür befinden sich mein Dolch ud Schwert, Das Pentagramm, das du dort siehst ist ein weiterer Teil der Abmachung: es verhindert den Einsatz von kainitischen Kräften in diesen vier Wänden. Du hast von mir also nichts zu befürchten: kein Feuerinferno, keine fliegenden Gegenstände aus dem Hinterhalt…“
Als er sich umwandte erkannte er den schlanken Mann in einen dunklen Mantel gehüllt am Türrahmen lehnen. Der Regen tropfte von dem dichten Stoff als er die Kapuze zurück warf und der Schlamm spritze von den Stiefeln. Er zog sie aus, nahm den Mantel ab und hängte ihn über eine der Stuhllehnen. Dann legte er einen schweren Reisesack neben der Tür ab.
Er kam langsam einige Schritte auf Leif zu, blieb dann jedoch in gebührendem Respekt stehen. Der Hexer sah müde und erschöpft aus.
Er blickte in die Flammen des Feuers als er weiter sprach. „Matthias hat sich anscheinend dazu entschlossen den Vertrag zu vernichten indem er ihn verbrannt hat. Ganz schön eindrückliche Erfahrung wenn du mich fragst.“ Der Hauch eines ironischen Lächelns legte sich auf seine Züge. „Da kann ich als gestandener Hexer nur hoffen, nie auf dem Scheiterhaufen zu enden...“
Er fuhr mit den Fingern nachdenklich über den kurzen Bart. „Ich weiß, es war viel von dir verlangt erneut so unbemerkt wie möglich in diese Zuflucht zu kommen. Noch dazu unbewaffnet. Ein Treffen in einem öffentlichen gasthaus ist jedoch undenkbar. Ich kann es mir leider im Moment nicht leisten mit einem Brügger gesehen zu werden, denn ich verzichte nur zu gerne dankend auf zufällig oder absichtlich vorbeikommende Ghule und Kainiten, die zu viele Fragen stellen und sich in Dinge einmischen, die sie nichts angehen. Deshalb hab ich vor einigen Stunden meine eigene Abreise vorgetäuscht.
Sofern keiner weiß dass du und ich hier sind sollten wir Zeit zum reden haben.“
Er machte auf dem Absatz kehrt, ging zu dem Sessel in dem er noch gestern gesessen hatte und setzte sich. Er wartete darauf, dass Leif ebenfalls Platz nahm.
Sebastian ließ einige Zeit verstreichen. Irgendetwas beschäftigte ihn. Er schien nicht recht zu wissen, wie er beginnen sollte. „Es ist ein seltsames Gefühl, dass der Vertrag aufgelöst ist. Ich hatte gehofft es würde sich gut anfühlen nicht mehr daran, nicht mehr an dich, gebunden zu sein. Frei... Aber das tut es irgendwie nicht. Es fühlt sich an als würde etwas Wichtiges fehlen.“ Er suchte nach Worten schwieg dann aber eine Zeit lang.
Dann wandte sich der Blick der braunen Augen in Richtung des Heilers. „Du hast mich gefragt, was ich wissen will…Ich habe mehr Fragen als diese Nacht Minuten. Aber das ist wohl eine der Haupteigenschaften eines guten Tremere. Dann will ich die einfachste und zugleich schwerste Frage stellen: Wer bist du wirklich, Leif Thorson? Kennst du dich gut genug um mir diese Frage beantworten zu können?“

_________________
Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 24 Beiträge ]  Gehe zu Seite 1, 2, 3  Nächste

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde



Wer ist online?

0 Mitglieder


Du darfst keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du darfst keine Dateianhänge in diesem Forum erstellen.

Suche nach:
Gehe zu:  
cron



Bei iphpbb3.com bekommen Sie ein kostenloses Forum mit vielen tollen Extras
Forum kostenlos einrichten - Hot Topics - Tags
Beliebteste Themen: Chat, Erde, NES, Essen, USA

Impressum | Datenschutz