Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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BeitragVerfasst: Do 11. Aug 2016, 19:29 
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Tarbas war noch keine zwei Meter weit gekommen, als der seltsame Beobachter auch schon mit ausgesprochener Geschwindigkeit an ihre Seite geeilt war und das Pferd am Zaumzeug zurück hielt. Kurz gab er ein paar beschwichtigende Laute von sich um den Hengst zu beruhigen, dann sah er Lilliane fest an. Der Blick seiner hellen Augen wirkte rastlos, fast gehetzt. Er schweifte sofort wieder ab und inspizierte genau die Umgebung.
Lilliana erkannte das Gesicht sofort wieder

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„Verzeiht, Frau von Erzhausen, dass ich euch hier in dieser Nacht so überfalle. Ich habe nicht viel Zeit. Nehmt das. Es ist wichtig!“ Er ergriff mit kalten, schmutzigen Fingern ihre Hand und legte etwas hinein. „Ihr werdet es brauchen auf eurem Weg.“

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Lilliana bemerkte einen winzigen, unsagbar feinen Gegenstand: das Blütenblatt einer Rose, hauchzart. Erst bei der zweiten Berührung wurde ihr mit einem Mal etwas bewusst: dieses einzelne Blatt war ein perfektes Kunstwerk aus Marmor, in reinerer, schönerer Art und Weise als sie es je zuvor gesehen hatte.

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Verfasst: Do 11. Aug 2016, 19:29 


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BeitragVerfasst: So 14. Aug 2016, 16:27 
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Für den Bruchteil einer Sekunde wollte sie das tun, was wohl alle, die sich in so einer Situation befinden, tun würden. Zunächst auf Verteidigung gehen und dann abhängig von der Persönlichkeit und den Entscheidungen den Angriff suchen oder weglaufen.

Lilliana war nur überrascht aber nicht erschüttert, während sie ihren Blick auf den Gegenstand, der nun in ihrer Hand ruhte gerichtet hatte. Dann hob sie den Kopf und suchte den Mann, der sich ihr und Tarbas genähert hatte. "Beruhigt euch und bleibt!" ihre Worte waren zwar an ihn gerichtet und hatten einen ernsten Unterton, doch ein wenig versuchte sie damit auch sich selbst und ihr Pferd weiter zu beruhigen. Noch immer tänzelte Tarbas und Lilliana hatte einige Mühe und musste ihre Konzentration darauf richten die Kontrolle wiederzuerlangen.


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BeitragVerfasst: Mi 17. Aug 2016, 20:51 
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Lux schüttelte hastig den Kopf. „Nein. Ich kann nicht. Hier ist es nicht sicher. Ich weiß nicht wann, aber ich weiß, dass sie kommen werden. Und sie dürfen uns nicht zusammen sehen, das könnte euch in Gefahr bringen. Wir werden uns wieder sehen. Das wisst ihr doch… Oder ihr werdet es wissen.“ Er sah sich um und suchte in den Schatten. „Die folgenden Nächte werden unseren Weg weisen. Vertraut auf euch Lilliana. Das hat er gesagt und seine Worte, so hoffe ich, mögen sich als richtig und weise herausstellen.“ Er trat zurück und gab die Zügel von Tarbas frei. Lilliana konnte spüren, dass das Pferd weiter hasten wollte.

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BeitragVerfasst: So 21. Aug 2016, 17:33 
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"Wartet! Wer sagte euch diese Worte? Ihr sprecht in Rätseln." Mit jedem seiner Worte hatte sich Lilliana selbst wieder beruhigt, doch nun erhob sie erneut die Stimme, als er die Zügel wieder freigab. Obwohl sie versuchte eine gewisse ernste Betonung in die Wörter zu bringen, erklang aus dem Unterton heraus so etwas wie ein...Flehen? Sie straffte die Zügel ihres Pferdes und hielt es dabei an stehen zu bleiben. Ihre Stimme erklang erneut, dieses Mal sanfter, zärtlich, wie die Stimme einer Mutter, wenn sie ihr weinendes Kind in den Arm nahm. "Kommt mit mir und gemeinsam werden wir eine Lösung finden für das was euch belastet." Sie hielt ihm die offene Hand hin in deren Innenfläche sich die makellose Blüte befand. Ihr Lächeln bildete den Rahmen zu dem sich ihm bietenden Bild.

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BeitragVerfasst: Mi 24. Aug 2016, 19:48 
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Der jung aussehende Mann griff noch einmal nach ihrer Hand und sie spürte Wärme von ihr ausgehen. „Nein. Es ist keine Zeit für vertraute Gespräche. Noch nicht. Lasst niemanden wisse, was ich euch gegeben habe. Es ist so kostbar, dass Unzählige dafür sterben würden. Oder dafür töten…“ Er schluckte, sah sich um, ließ seinen Blick über die fröhliche Hochzeitsgesellschaft schweifen um sie dann wieder zu fixieren. Sein Blick war von einer unbestimmten Trauer erfüllt. „Uns belastet nur das, was wir mit uns tragen, Lilliana. Für den einen ist das das Gewicht einer Feder, andere, wie Sysiphos tragen sie bis zum Ende aller Tage bei sich und verzweifeln daran.“ Er schüttelte den Kopf, wie um sich in die Gegenwart zurück zu holen. „Ich muss gehen. Vertraut. Auf euch, auf die Zukunft. Ich werde versuchen euch in der folgenden Nacht aufzusuchen. Bis dahin…“ Seine Finger umfassten die ihren und schlossen sie um die marmorne Blüte. „Lasst euch führen. Ihre Träume sind stark.“

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BeitragVerfasst: Sa 27. Aug 2016, 16:34 
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Kein weiteres Wort ging mehr über ihre Lippen. Nur den Blick mit dem sie ihn maß war so vieles. Er zeugte von Herzhaftigkeit, Ernsthaftigkeit, Sorge, Mitleid, Liebe. So vieles. Ja, wenn sie wollte, wenn sie wirklich wollte, dann konnte sie ihr Blut wirken lassen, dann könnte so vieles. Aber das war nicht Lilliana. Er sollte selbst entscheiden und so wie er sich ausdrückte, würde er sie morgen Abend wieder aufsuchen.
Sie legte die andere Hand auf seine und drückte zu, so war Tarbas kurz ohne Zügel, doch bevor der Hengst dies wirklich bemerkte, hatte sie auch schon wieder seine Zügel gepackt und die Blüte in eine der freien Taschen ihrer Kleidung gleiten lassen.
"Seid vorsichtig in Gegenwart von Grauensteins. Ihr mögt sein Gast sein, aber seine Absichten sind nicht klar."


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BeitragVerfasst: Sa 27. Aug 2016, 21:05 
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Kein weiteres Wort ging mehr über ihre Lippen. Nur den Blick mit dem sie ihn maß, war so vieles. Er zeugte von Herzhaftigkeit, Ernsthaftigkeit, Sorge, Mitleid, Liebe. So vieles. Ja, wenn sie wollte, wenn sie wirklich wollte, dann konnte sie ihr Blut wirken lassen, dann könnte so vieles. Aber das war nicht Lilliana. Er sollte selbst entscheiden und so wie er sich ausdrückte, würde er sie morgen Abend wieder aufsuchen.
Sie legte die andere Hand auf seine und drückte zu, so war Tarbas kurz ohne Zügel, doch bevor der Hengst dies wirklich bemerkte, hatte sie auch schon wieder seine Zügel gepackt und die Blüte in eine der freien Taschen ihrer Kleidung gleiten lassen.
"Seid vorsichtig in Gegenwart von Grauensteins. Ihr mögt sein Gast sein, aber seine Absichten sind nicht klar."
Lux schüttelte sacht den Kopf. „Grauenstein ist ein wahrer Meister.“ Er sah noch einmal in ihre Richtung. „Ihr werdet ihn sicherlich zu achten und zu schätzen lernen. Passt auf euch auf und sucht einen Ort auf an dem ihr sicher seid. Habt ihr Freunde in Gent, denen ihr vertraut?“
Lilliana schüttelte sachte den Kopf. "Ich danke für eure Sorge. Ich werde sie beachten, nur gebt auf euch selbst acht und..." Ihr Blick streifte die Umgebung. Sie senkte die Stimme "Ihr würdet mir einen Gefallen tun, wenn ihr nicht weiter aus vollem Willen hungert. So mögen die Personen hier mehr in Gefahr sein... Trinkt."
Der dunkelblonde Mann wich einen Schritt nach hinten und sah sie entsetzt an. „Ihr wollt mich in durch Blut binden?“ Er sah Richtung Himmel dann wieder zu ihr zurück. „Nein. So etwas könnt ihr nicht fordern. Würdet ihr etwa von mir trinken, ein Band an mich knüpfen, das ihr nicht lösen könntet?“
Wieder schüttelte sie den Kopf, dieses Mal jedoch nicht sachte, sondern energischer. Dies geschah noch ehe er geendet hatte, allerdings war Lilliana verwundert. Weder hatte sie ihm ihren Arm hingehalten, noch in anderer Weise darauf hingewiesen. Sie aktivierte ihre Kraft konnte aber nichts ausmachen. Der Lärm der Gesellschaft lenkte sie ab, aber dennoch entfachte es bei ihr die Neugier. Wie groß war der Einfluss des Malkavianers? "Nein Lux, ich habe nichts dergleichen vor. Aber ihr braucht Blut. Wenn ihr es jetzt nehmt, dann könnt ihr gewiss noch aufhören und euch nur das notwendige holen… Aber versteht, wartet noch länger und ihr werdet das Blut auch an euren Händen spüren, während ihr Gottes Gesetz missachtet und gebrochen habt." Lilliana hatte sich etwas zu ihm heruntergebeugt und die Stimme wieder gesenkt. War diese noch am Anfang sanft, wurde sie ernster zu Ende hin. "Wollt ihr das sein?"
Er lächelte sie sanft an. „Ihr versteht noch nicht, Lilliana. Aber das werdet ihr. Die Obertus wissen… oh ja. Das tun sie.“ Ein ernster Ausdruck huschte über seine Züge. „Sagt mir, woher wisst ihr, dass ich zu fasten beschlossen habe?“
"Ich habe einiges gesehen, Lux. Euer Entschluss des Verzichts blieb nicht ungehört." sie beugte sich wieder hoch. Ihre Stimme erklang wieder in normaler Lautstärke und war gefasst. "Hört auf zu Fasten und brecht es. Euer Handeln zieht Konsequenzen nach sich, die euch in Gefahr bringen." Ihr Gesicht wurde wieder sanfter und sie streckte ihm erneut die Hand hin. "Kommt mit mir. Ruht euch bei mir aus und erzählt mir von diesen Obertus und ich erzähle euch im Gegenzug von Marie."
Er trat einen Schritt zurück. „Sagt mir, wer euch von mir berichtet hat. Matthias? Einer seiner Freunde?“
Ein leises Seufzen entfloh ihr, sie zog die Hand aber noch nicht zurück. "Ich kenne eure Freunde nicht, aber sie trugen eure Entscheidungen weit über die Grenzen Augsburgs hinaus...Kommt mit mir und erklärt mir, was ihr gesehen habt in euren Träumen." ihre Stimme wurde je länger sie redete melodischer und wieder leiser.
Der Blick des Mannes verfinsterte sich. „Sie maßen sich an Dinge zu beurteilen, die sie nichts angehen. Sie wissen nichts! Gar nichts. Noch nicht. Ich habe mich einst von ihren Träumen anstecken lassen, aber alles, was sie vorhaben, ist vergeblich. Diese Narren. Matthias wird schon bald in einem Hinterhalt fallen, wenn man die Wahrheit über ihn heraus gefunden hat, und Sebastian wird ihn nicht mehr schützen können.“ Er schnaubte kurz mit einer gewissen Verachtung. „Dieser Hexer wandelt durch Träume ohne zu wissen, was er tut. Er weiß es nicht, aber alles wofür er kämpft wird fallen und vernichtet werden. Der zerbrechliche Friede, den er wahren will, das Mädchen, Augsburg, seine Heimat, diejenigen, die er Freunde nennt, obwohl sie es eigentlich nicht sein dürfen… Nur die Winde aus dem Süden und Norden könnten ihn im entscheidenden Moment retten… aber warum sollten sie? Nach allem, was vorgefallen ist…“ Er schüttelte den Kopf, wie um sich ins Hier und Jetzt zurück zu rufen. „Ich bin zu lange hier. Ich bringe euch in Gefahr, Lilliana. Das darf nicht passieren. Wie werden uns wiedersehen. Glaubt an euch.“ Er wandte sich um und schritt in Richtung Dunkelheit.

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Sie hatte ihm bei seiner bisher längsten Rede zugehört, aufmerksam und mit Interesse. Ihre Hand war noch immer ausgestreckt, auch wenn sie zu wissen glaubte, dass er sie niemals in dieser Nacht ergreifen würde.


Lilliana sah ihm noch lange nach und erst als sie glaubte, dass er nicht mehr zurückkehrte, streckte sie die Hand wieder zurück und ließ Tarbas im Schritt zurück zum Gasthaus reiten. Dort angekommen musste sie schreiben. Will, Sebastian, ja sogar ihrem Erzeuger Georg. Und sie musste schlafen. Mit der Blüte in der Hand, deren Besitzer sie suchte, der sie einst geformt hatte.



Doch zunächst konzentrierte sie sich auf das winzige, perfekte Stück Marmor. Sie ließ ihre Kräfte wirken doch statt einen Zugang zu dem Gegenstand zu bekommen wie sie es gewohnt war, langsam die feinen unsichtbaren Fäden zu finden und zu verfolgen, schlug ihre plötzlich eine Welle von Emotionen entgegen, die so heftig war, als hätte man die Tore einer Staumauer geöffnet. Die Wellen schlugen hoch, rissen an ihr, zogen sie fort und egal, wie sehr sie sich dagegen zu wehren suchte, wie sehr sie sich an der Realität, an diesem winzigen Zimmer in einem mittelmäßigen Genter Gasthaus festhielt, es riss sie dennoch davon.
Als sie die Augen öffnete was er warm um sie herum, um nicht zu sagen brütend heiß. Die Sonne war bereits untergegangen doch noch immer hielt die Hitze alles in ihrem Griff gefangen. Sie sah sich um, trat einige wenige Schritte an eine Balustrade heran und sah hinunter in ein Tal. Sie erblickte zu ihren Füßen eine gigantische Stadt, die in den Strahlen der bereits untergegangenen Sonne orange glühte.

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Die ersten Sterne blitzten am Firmament auf und erinnerte an winzige Diamantsplitter. Sie spürte eine Aura, die sie gefangen nahm und wandte den Blick zu ihren Rücken.
Sie erkannte eine gigantische Statue von solcher Schönheit und Perfektion wie sie sie noch nie zuvor gesehen hatte. Der Marmor war so filigran, dass er an manchen Stellen beinahe wie Glas wirkte. Das ganze Gebilde war zum einen so zerbrechlich wie feinstes Porzellan, zum anderen Stark und kräftig wie kilometerhoher Fels. Sie besah sich einen winzigen Teil der Statue näher. Die Emotionen, die sofort bei jedem Betrachter, sei er sterblicher oder kainitischer Natur waren überwältigend. Sie konnte sich an nichts erinnern, das in der Lage war so ein Gefühl von Friede, Einigkeit, Ruhe und Zusammenhalt zu wecken.

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Fort, fort von dem Ort, an dem sie sich wähnte. Das Gefühl von Frieden und Ruhe, welches sonst immer in Hintergrund ihres Geistes lag, es trat an die Oberfläche. Ihr Blick blieb auf der Oberfläche der Statue liegen und suchte unbewusst die Stelle, an der sie das Stück das sie untersucht hatte, vermutete. Lilliana erhob ohne vorherige Ankündigung ihre Stimme. Im Angesicht dieser Statue war sie sanfter als je zuvor. "Ich komme in Frieden und soll mich führen lassen." sie trat einen Schritt näher an die Statue heran. "Wer hat mich gerufen?"
Der Wind säuselte, strich um den weißen Stein der Statue, die Häuserzeilen und erst in diesem Moment bemerkte Lilliana die Leere in dieser Stadt. Sie war ausgestorben. Die Gebäude, die zig tausend Menschen beherbergen konnten waren leer und Totenstille umgab alles im gleichen Moment.
Lilliana sah wie die Häuser zerfielen, zu Asche wurden. Nichts blieb zurück von den prächtigen Straßen, den turmhohen Palästen, den stillen Gärten und weiten Plätzen. Der Stein der Staue zerbröselte, wurde zu Sand, den der Nachtwind mit sich blies. Zurück blieb ein winziger Stein, geformt wie ein Blütenblatt.
Lilliana hörte ein leises Lachen und eine zarte Frauenhand hob den hauchdünnen Marmor auf. Die Toreador sah erst in diesem Moment die Gestalt, die sich aus den Schatten der Nacht geschält und herangetreten war. Sie musterte den Stein eine Weile, strich mit den Fingerspitzen darüber und führte ihn dann vorsichtig an die Lippen. Es schien eher als wolle sie ihn spüren als ihn zu küssen.

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Die Frau war schön, fast unnatürlich schön, schlank und hell wie eine Birke und ihr Blick hatte die Intensität einer lodernden Fackel, die jedes Geschöpf der Nacht in seinen Bann zog. Die Stimme der Frau war ein reiner Sopran. „Ich habe dich nicht gerufen. Lilliana. Du bist zu mir gekommen. Das hat noch nie zuvor jemand gewagt…“
Lilliana blieb stehen, ließ den Blick aber nicht von der schönen Frau, schüttelte dann aber ganz leicht ihr Haar. "Nein, wenn dann hat mich ein Stein hierher geführt, auf das wir uns beide kennenlernen." Sie drehte sich seitlich zu der Frau hin zu der Stadt. "Mein Name scheint dir bekannt. Doch mit wem habe ich die Ehre sprechen zu dürfen?" Wer ist die Frau hinter dem Schleier, die keinen Besuch erhält?" sie ließ die Fragen melodisch klingend im Raum stehen, achtete dabei immer darauf sie dabei anzuschauen, ersten Augenkontakt herzustellen. "Wo befinden wir uns?"
Das Lächeln auf den Zügen der Frau machte ihr Gesicht noch schöner. Sie roch an dem steinernen Blütenblatt. „So befindet sich das letzte Bisschen unserer Statue nun in einem Fernen Flecken Erde.“ Sie lauschte in den Wind, der ihr etwas zuzuflüstern schien. „In einer Stadt namens Gent in einem Königreich mit dem Namen Flandern. Hm…“ Dann wandte der Blick ihrer Augen wieder zu Lilliana. „Ich hatte viele Namen. In den letzten Jahren nannte man mich Inanna. Das gefiel mir gut. Der Name erinnert nicht an Vergangenes.“ Sie trat näher und sah die Toreador an. Lilliana hatte das Gefühl, dass sich die Augen direkt in ihr Innerstes bohrten, nach jeder winzigen Schwäche und Stärke suchten, ihre Geschichte und ihre tiefsten Geheimnisse ans Licht holten. „Ihr tragt ein langes und schweres Schicksal mit euch, mein Kind. Vergangenes musstet ihr ertragen und es kostete euch so viel… die Gegenwart meistert ihr im Versuch nicht zu vergessen wer ihr wart um zu dem zu werden, der ihr sein könnt und wollt. Doch die Zukunft liegt noch dunkel vor euch und ab und an hebt sich der Schleier und ihr werft einen winzigen Blick darauf ohne das Muster zu erkennen mit dem der Teppich der Zukunft geknüpft wurde.“ Sie legte Lilliana die Hand an die Wange und drehte ihr Gesicht sanft in ihre Richtung. „Wir hätten uns noch nicht begegnen sollen. Ist das gut? Birgt es Gefahren? Ich weiss es noch nicht…“
Es dauerte nicht lange und das Gefühl des Unwohlseins inmitten der Ruhe und des Zusammenhalts begann Lilliana zu erfüllen, als Inanna begann immer mehr von ihrer Vergangenheit zu sprechen. Die Hand, die ihre Wange berührte stieß sie nicht weg, aber sie umfasste diese vorsichtig mit ihrer eigenen linken Hand, während sie gleichzeitig zuließ, dass ihr Gesicht mit sanfter Gewalt gedreht wurde. "Die Zukunft ist noch nicht entschieden. Doch haben wir uns getroffen hier, Inanna." Lilliana machte eine kurze Pause während sie sich den Namen auf der Zunge vergehen ließ. "Eure Name ist sehr ungewöhnlich. Ich habe ihn nie zuvor gehört. Ja, ihr habt recht, euer Stein beziehungsweise ein Teil davon weilt nun in Gent. Doch gestattet mir die Frage, was ihr mit eurer Statue bezweckt. Dienen die Teile als Portal zu euch? Und warum? Besitzt ihr ebenfalls die Gabe von Gott gegeben den Schleier zu lüften?" Viele Fragen, doch hier im Angesicht wollte, nein sie musste diese stellen.
„Diese Statue?“ Sie sog die Luft ein als wolle sie einen unbekannten Geschmack in ihren Lungen kosten. „Wir schufen sie vor langer, langer Zeit. Sie sollte uns Kainiten stets daran erinnern, wer wir waren und sind, uns an den Pfad der Menschlichkeit erinnern, der der unsere ist. Und es gelang damals… In ihr lag alles, was uns etwas bedeutete. Das alles ist lange her, vergangen, die Statue Staub und Asche ebenso wie die Stadt in der sie stand.“ Sie nahm Lillinas Hand, drehte die Handfläche zu sich und fuhr mit den Fingern langsam über die Linien. „Du hast recht: Die Zukunft ist noch nicht geschrieben… Aber du bist es, deine Freunde sind es, deine Feinde. Wenn man in der Lage ist die Menschen zu sehen, ihr wahres Inneres, dann weiß man, wann sie wie aufeinander treffen werden und wie sie reagieren werden Und so ergibt eines das andere. Man muss nur das große Gefüge verstehen und die Zukunft scheint geschrieben.“ Sie seufzte mit einer unbestimmten Trauer. „Was ist es, das du suchst, mein Kind? Weißt du es?“

https://www.youtube.com/watch?v=m4XGEzTOfdY

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BeitragVerfasst: So 28. Aug 2016, 13:21 
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Wie sie ihre Hand berührte, sachte und und doch so voller Wärme. Lilliana begann sich immer mehr wohl zu fühlen in ihrer Gegenwart, schloss gar für einen kurzen Augenblick die Augen und ein genießerischer Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht. Die Frage erst holte sie wieder zurück und sie öffnete die Augen um wieder die Frau an ihrer Seite sehen zu können. "Ich möchte den Frieden wahren, die Toleranz fördern, die Kainiten wie auch die Menschen daran erinnern, dass es nicht nur sie selbst gibt. Körner aussähen, auf das sie aufgehen. Doch gerade bin ich im Auftrag eines Freundes unterwegs, der sich um seinen guten Freund sorgt. Dieser gab mir den Stein, den ihr in der Hand haltet und erzählte mir von Dingen, die er gesehen hat, ebenso wie ich einen Teil seiner Zukunft sah. Ich möchte verhindern, dass er blutige Tränen weinen muss und eine Freundschaft zerbricht."
Sie senkte den Kopf und blickte zu Boden, so warm und wunderschön war Inanna.
"Ich kenne mich in Geschichte nicht aus, aber wenn ihr sagt, dass diese Statue, diese Stadt längst zu Staub wurde und alles wofür sie stand, dann scheint mir, ist bereits eine lange Zeit vergangen. Der Weg der Menschlichkeit ist nicht mehr der Weg, den die Kainiten gehen. Sie haben...neue Wege, neue Ideale und doch...stehen wir zusammen...in Brügge." Ihre Stimme hatte den Hauch der Traurigkeit. Ja, sie bedauerte die unterschiedlichen Wege, auch wenn sie es tolerierte. Bei der Erwähnung von Brügge wechselte die Stimme jedoch von Traurigkeit hin zu Freude.


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BeitragVerfasst: So 28. Aug 2016, 15:52 
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„Ein jeder wählt den Weg, den er für richtig hält. Doch Menschlichkeit ist Göttlichkeit:
verteilt im Äußeren und vereint im Inneren.“ Der Blick ihrer hellen Iris heftete sich an Lillianas Augen fest, sah erneut in ihr Inneres. „Du wünschst Frieden, Toleranz, Nächstenliebe. Das ist richtig und gut… Weißt du warum du diesen Weg wählst? Ich sehe vieles, doch nicht alles… Ein Teil deines Wesens kämpft so sehr für diese Ideale um zu beweisen, dass du besser bist als die Menschen, die dir solche Schmerzen zugefügt haben, dass du dich nicht zerbrechen lässt, egal, was kommt, dass du dir selbst treu bist.“ Sie sah zum nachtblauen Himmel und fuhr mit den Fingern die Linien eines Sternbildes nach. „Weißt du: Diejenigen, die dir all dies antaten… sie werden nicht lang genug ‚sein‘ um je ihre Fehler und Taten zu bereuen. Das mag schade sein, aber es ist, wie es ist.“
Sie ließ ihren Blick über die Umgebung schweifen. „Brügge ist der Fleck Erde, den du derzeit deine Heimat nennst. Menschen, Häuser, Straßen, Elend und Reichtum, Gesundheit und Siechtum, Tugend und Verbrechen.“ Sie seufzte. „Mir scheint, egal wie viele Jahrtausende verstreichen: Nie wird sich darin etwas ändern.“ Lilliana bemerkte, wie sich die wüstenhafte Ebene um sie herum wandelte, sich Berge erhoben, Meer darum formte. Weiße Häuser hoben sich aus dem Dunst hervor und ein bleicher Mond stellte das schwache Licht der Sterne in seinen Schatten.

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Inanna vollführte eine Geste, die die Landschaft mit einschloss, doch erweckte es eher den Eindruck als würde sie den leichten Wind streicheln. „Das hier ist meine neue Heimat. Möchtest du mich ein Stück begleiten?“ Ihr sanftes Lächeln war eine Einladung, der man sich nur schwer entziehen konnte.

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BeitragVerfasst: So 28. Aug 2016, 17:27 
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Seelenspiegel. Wo sie erschrocken sein sollte, war sie nur überrascht. Es stimmte alles. Inanna hatte sie wie ein offenes Buch gelesen. Ihr innerstes Wesen nach außen gekehrt. "Es ist Vergangenheit. Und die Vergangenheit steht geschrieben, ward verblasst und zu Staub. Meine Vergangenheit ist...abgeschlossen. Meine Familie lebt glücklich und zufrieden und nur das habe ich mir für sie gewünscht, seit ich von ihrer Existenz erfuhr."
Die Verwandlung der Landschaft vor ihren Augen lenkte sie ab, von dem Kampf, der in ihrem Inneren begann zu toben, vereinzelte Bilder, schwarz wie die Nacht, Schreie in der Dunkelheit, es war als ob eine Tür geöffnet wurde, die sie seit Jahrzehnten schon verschlossen hielt. Lilliana bewegte sich fast automatisch nach vorne, ohne eine Form von Gegenwehr zu zeigen. Ihre Blicke wanderten zwischen Inanna und der eben erschaffenen Stadt hin und her und die Schönheit von beiden bzw. die Erschaffung der Stadt vor ihr fesselte sie umso mehr, je länger sie dem zusah.
"Ist diese Stadt, die ihr Heimat nennt voll des Friedens, der von euch ausgeht?"


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