Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
Aktuelle Zeit: Mo 29. Apr 2024, 03:40

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde





Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 108 Beiträge ]  Gehe zu Seite Vorherige  1 ... 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11  Nächste
Autor Nachricht
 Betreff des Beitrags: Re: Tempus fugit 1228 (Luisa)
BeitragVerfasst: Do 24. Jan 2019, 20:35 
Offline
Benutzeravatar
 ICQ  Profil

Registriert: Sa 20. Okt 2018, 12:43
Beiträge: 358
Hastig sah sich Louisa um. Als ihr Blick auf die Steine mit dem Dornengestrüpp fiel, überlegte sie kurz. Dann hob sie ihr Bündel an, hielt es schützend vor sich und schob sich so ein, zwei Meter weit derart gewaltsam in das Gestrüpp hinein, dass man sehen musste: Hier hatte sich ein Wesen Bahn gebrochen, das etwa Menschengröße haben musste. Sie legte die Spur zur Seite hin, als habe sie es sich beim Anblick des Wasserfalls anders überlegt und sei zur Seite in das Unterholz abgebogen. Um die Sache noch überzeugender zu gestalten, riss sie sich ein kleines Stück Stoff aus dem Unterrock und hängte es zwischen die Dornen. Nicht prominent, aber gut genug sichtbar, um bei halbwegs aufmerksamer Suche nicht übersehen zu werden. Schließlich ließ sie ihr Bündel neben dem Wasserlauf in die Tiefe gleiten und versuchte dann, möglichst unbeschadet selbst hinterher zu schlittern, Hautabschürfungen und Wunden in kauf nehmend. Ihren Kopf barg sie schützend im Arm. So ging es hinab, mit den Füßen voran.

_________________
~ Begehren ist die Triebfeder allen Handelns ~


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Do 24. Jan 2019, 20:35 


Nach oben
  
 

 Betreff des Beitrags: Re: Tempus fugit 1228 (Luisa)
BeitragVerfasst: Fr 25. Jan 2019, 11:37 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Mi 17. Jun 2009, 20:52
Beiträge: 1371
Sie stürzte mehr als dass sie schlitterte, war aber in kürzester Zeit am Fuß der Schlucht. (bitte 2 Schlagschaden absorbieren). Das Kleid war stellenweise zerrissen und verdreckt, würde sich aber, da es aus gutem Tuch gefertigt war, wieder gut nähen und reinigen lassen. Links und rechts von ihr erhoben sich nun die Abhänge und es war deutlich dunkler in der Schlucht. Ihre geschärften Sinne ermöglichten ihr jedoch eine gute Orientierung. Sie konnte auf einem schmalen Pfad weitergehen. Hinter sich hörte sie die Wachmannschaft der Burg orientierungslos nach ihr suchen. Selbst die Hunde, deren hektisches, aufgeregtes Gebell die Nacht durchriss, schossen in eine andere Richtung davon als sie am Wasserfall ankamen. Sie schien es geschafft zu haben.

_________________
Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

 Betreff des Beitrags: Re: Tempus fugit 1228 (Luisa)
BeitragVerfasst: Sa 26. Jan 2019, 19:59 
Offline
Benutzeravatar
 ICQ  Profil

Registriert: Sa 20. Okt 2018, 12:43
Beiträge: 358
Kurz besah sie sich den Schaden, der jedoch auf das Kleid beschränkt geblieben war: Louisas untotes Fleisch hatte den Sturz ohne nennenswerte Verletzungen überstanden. Noch einmal spähte sie aufwärts, um dann ihr Bündel zu ergreifen und sich, leicht geduckt und mit irgendeinem kurzen Ast den Boden vor sich wie eine Blinde auf Hindernisse abtastend, auf den Weg zu machen. Sie musste eine möglichst große Entfernung zwischen sich und den Wasserfall legen, damit sie sich irgendwo in Sicherheit verkriechen könnte, wenn die Sonne ihr brennendes Antlitz wieder zeigen würde – Fluch der Kainiten.

(3 Erfolge, kein Schaden)

_________________
~ Begehren ist die Triebfeder allen Handelns ~


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

 Betreff des Beitrags: Re: Tempus fugit 1228 (Luisa)
BeitragVerfasst: So 27. Jan 2019, 19:09 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Mi 17. Jun 2009, 20:52
Beiträge: 1371
Louisa fand den Weg durch die Schlucht. Sie war schneller und gerissener gewesen als ihre Verfolger und als sie schließlich die große Wildnis erreichte, die auf die Schlucht folgte, und sich mehrere Stunden hindurch gekämpft hatte, war sie sich sicher, dass sie es geschafft hatte zu entkommen. Sie war frei!
Bitte mehrere Würfe für das Geschehen in den nächsten Tagen.
Geistesschärfe und Überleben für Zufluchten und ‚Jagden‘: 3x -> Mittelwert
Intelligenz und Szenekenntnis zum Weg finden: 3x -> Mittelwert
Geschick und Sportlichkeit um Voran zu kommen: 3x -> Mittelwert

_________________
Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

 Betreff des Beitrags: Re: Tempus fugit 1228 (Luisa)
BeitragVerfasst: Mo 28. Jan 2019, 20:42 
Offline
Benutzeravatar
 ICQ  Profil

Registriert: Sa 20. Okt 2018, 12:43
Beiträge: 358
Alida hat geschrieben:
Geistesschärfe und Überleben für Zufluchten und ‚Jagden‘: 3x -> Mittelwert
(1,2,2 -> gerundet 2 Erfolge)

Alida hat geschrieben:
Intelligenz und Szenekenntnis zum Weg finden: 3x -> Mittelwert
(3,2,1 -> 2 Erfolge)

Alida hat geschrieben:
Geschick und Sportlichkeit um Voran zu kommen: 3x -> Mittelwert
(4,2,2 -> gerundet 3 Erfolge)

_________________
~ Begehren ist die Triebfeder allen Handelns ~


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

 Betreff des Beitrags: Re: Tempus fugit 1228 (Luisa)
BeitragVerfasst: Di 29. Jan 2019, 20:51 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Mi 17. Jun 2009, 20:52
Beiträge: 1371
Louisa gelang es in den nächsten Nächten sich gut zu orientieren. Der Blick von kahlen Hügelkuppen und sternklare Nächte ermöglichten es ihr, stets die Himmelsrichtung ausmachen zu können und bereits kurz nach dem zweiten Erwachen eine wenig befahrene, leicht zugewachsene Straße zu entdecken.

Bild

Es war für sie ein leichtes den Hindernissen wie umgestürzten Bäumen, wilden Tieren und reißenden Flüssen auszuweichen und in Felsspalten und flachen Höhlen Zuflucht vor den grellen, tödlichen Strahlen der Sonne zu finden. Sie fand genug Wild um sich davon zu nähren, (Blutpunkte voll) auch wenn der Geschmack schal und modrig Stunde um Stunde an ihrem Gaumen zu kleben schien. Ihre Verfolger hatte sie definitiv abgeschüttelt und nichts würde ihr ihre wiedergewonnene Freiheit rauben können.
Wenige Tage später konnte sie in einiger Entfernung die Mauern einer großen Stadt ausmachen. Als sie sich am Tor, durch das man sie ohne langes Zögern ließ, angekommen war, hörte sie bereits deren Namen: die freie Reichsstadt Frankfurt, die Stadt der Königswahlen.

Bild

_________________
Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

 Betreff des Beitrags: Re: Tempus fugit 1228 (Luisa)
BeitragVerfasst: Do 31. Jan 2019, 20:24 
Offline
Benutzeravatar
 ICQ  Profil

Registriert: Sa 20. Okt 2018, 12:43
Beiträge: 358
Mit großer Erleichterung tat die Brujah den Schritt aus der Wildnis zurück in ummauerte Gefilde. Trotzdem sie ohne große Probleme ihren Weg hatte hinter sich bringen können, war und blieb das unbebaute Land ein risikoreiches Gebiet – selbst für Ihresgleichen, wie der Hidalgo ihr oft genug gepredigt hatte. Es gab andere Kreaturen dort draußen, die auch den Untoten gefährlich werden konnten! Umso besser, dass sie dies vorerst hinter sich gelassen hatte... In den Gassen und Straßen der Stadt sah sie sich zunächst einmal um und suchte sich einen groben Überblick von Frankfurt zu verschaffen. Für längere Zeit wollte sie hier nicht bleiben: Zu groß schien ihr noch die Gefahr, dass man ihre Spur wiederaufnehmen könnte. Sie musste noch weiter fort, ihre Fährte vollständig verwischen! Doch dafür benötigte sie verschiedenes. Zum einen eine besser gefüllte Reisekasse – ein Problem, dem sie mithilfe ihrer Erfahrungen als Dirne Abhilfe zu schaffen gedachte. Zum anderen waren, für diese Tätigkeit, aber auch für ihre weitere Reise, neue Kleider vonnöten. Schönere, edlere, so schwebte Louisa vor. Kleider, mit denen sie die Männer für sich interessieren, aber auch als Frau von etwas höherem Status auftreten konnte.

Und dann gab es noch etwas, das sie sich besorgen wollte. Etwas, wozu ihr die Idee bei ihrer langen Reise gekommen war: ein Diener. Ein Begleiter, der sie in bewohnten Gegenden vor den Fragen bewahrte, die einer alleinreisenden Frau stets gestellt wurden. Ein Beschützer, der sie vor allem am Tag bewachen konnte, wenn sie hilflos war. Und idealerweise ein Gefährte, der ihr zur Verfügung stand, wenn es sie nach einem schönen Mann gelüstete. Diese Wünsche waren sicherlich nicht leicht zu erfüllen, doch wenn sie eines von den alten Kainiten abgeschaut hatte, dann dies: In wessen Adern das verfluchte Blut floss, der konnte es sich leisten, die Sterblichen als Wesen mit minderen Rechten anzusehen. Sie würde sich einen Kandidaten aussuchen. Unter so vielen Mannsleuten musste sich doch ein passender für sie finden lassen... Indes hämmerte sie sich das Ziel ein, trotz all dieser Vorhaben nicht allzu sehr aufzufallen, um nicht die Aufmerksamkeit der einheimischen Vampire auf sich zu ziehen. Und sie durfte nicht zu lange hier bleiben.

_________________
~ Begehren ist die Triebfeder allen Handelns ~


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

 Betreff des Beitrags: Re: Tempus fugit 1228 (Luisa)
BeitragVerfasst: So 3. Feb 2019, 10:57 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Mi 17. Jun 2009, 20:52
Beiträge: 1371
Louisa erkundete die bisher unbekannte Stadt um sich eine bessere Ausgangslage für ihre weiteren Reisen zu beschaffen. Es fiel ihr schwer in dem Gewirr von Gassen den Überblick zu behalten. Große Prachtalleen endeten in verwinkelten, unscheinbaren Sackgassen, edle Paläste mit Lautenmusik grenzten rückwärtig an Elendsvierteln, in denen unterernährte Waisen und Greise an Krankheiten, die kein Arzt sich zu diagnostizieren die Mühe machte, dahinsiechten.

Bild

Frankfurt war ein Sammelsurium aus verschiedenen Zeiten, Baustilen und Menschen. Über sechzig Berufe, so erzählte man ihr, gingen in der Stadt ihrem Lebensunterhalt nach. Man kannte Bader, Aderlasser, Barbiere, Fuhrleute, Schiffer, Sackträger, Gold-, Eisen-, Messer- und Pfannenschmiede, Baumeister, Steinmetzen, Schreiner, Schilderer (Maler), Woll- und Leineweber, Färber, Lohgerber, Kürschner, Schneider, Neu- und Flickschuster, Bäcker, Metzger, Fischer, Müller, Weingärter, Weinschröter, Faßbender und Bierbrauer sowie jeweils einen Physicus und Organisten, um nur einige wenige zu nennen. Mit Mühe gelang es ihr die Markt- und Hurenviertel ausfindig zu machen.
Ganz anders war es mit der Anzahl an Freiern, die ihr fast mühelos ihr Geld in die Taschen steckten. Ganz offensichtlich war sie in der Lage etwas ‚Unbekanntes‘ nach Frankfurt zu tragen, das die Männer anzog. An die fünf bis zehn jungen- sowie fast greisenhafte, dicke wie spindeldürre, reiche wie bettelarme Männer der verschiedensten Schichten nährten sie Nacht für Nacht und füllten ihre Börse in der Aussicht auf ein bisschen erotischem Abenteuer und sexueller Erleichterung.
Louisa versuchte unter diesen einen auszuwählen, der in der Lage wäre ihr als Diener auf ihren Reisen nützlich zu sein, aber es war keiner dabei. Der eine war zu alt, der andere zu sehr unter der Fuchtel seiner allzeits misstrauischen, zänkischen Ehefrau, die ihm Diener hinterher sandte um ihn auszuspionieren. Wieder einer schwindelte bei seinem Alter und gab sich für 19 aus, obwohl er erst zarte 15 Lenze zählte. Ein besonders stattlicher, gutaussehender Edelmann war dem Met und Bier so zugetan, dass er bereits im erstbesten Wirtshaus mit seiner neuen ‚Errungenschaft‘ zu prahlen begann und damit eindeutig ausschied. Nach einem Monat gab Louisa diesen Plan vorerst auf.
Schließlich hatte sie genug Geld beisammen um sich endlich die ausgesuchten, aufreizenden Kleider zu kaufen, die sie in die Lage versetzen würden auch den männlichen Adel zu bezirzen. Diejenigen, die einer Edelkurtisane würdig waren. An einem edel aussehenden Marktstand bewunderte sie die weichen Stoffe, mit Nerz gesäumten Samtumhänge, die strahlend leuchtenden Untergewänder und die seidene Spitzenunterwäsche, die der Händler schließlich aus einem verborgenen Kästchen zog als er erkannte, was sie suchte. Sie bekam sogar die Möglichkeit in einem HInterzimmer des Wagens diese anlegen zu dürfen.

Bild

Louisa entscheid sich schließlich für zwei Kleider, seidene Unterwäsche, Pelzmäntel und gefütterte Stiefel aus weichem Leder, die man für sie anfertigen würde. Sie zahlte einen horrenden Preis, der fast ihre ganze Börse leerte. Erst in der Unterkunft, in der sie das Gewand schließlich anlegte und mehrere Stunden trug, bemerkte sie seine mehr als schlechte Qualität. Die Stoffe waren billigster Plunder, die Nähte so schlecht gefertigt, das alles fast auseinander fiel und die Farben hinterließen bereits grelle Spuren auf ihrer Haut. Als sie sich auf den Weg zum Stand des Händlers machte, hatte dieser bereits abgebaut und selbstverständlich wusste niemand, wohin er verschwunden war und wo man ihn finden könnte.
Es wurde Zeit, dass sie die Stadt wieder verließ.

_________________
Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

 Betreff des Beitrags: Re: Tempus fugit 1228 (Luisa)
BeitragVerfasst: So 3. Feb 2019, 13:08 
Offline
Benutzeravatar
 ICQ  Profil

Registriert: Sa 20. Okt 2018, 12:43
Beiträge: 358
Sie hatte die Zeit in Frankfurt ausgekostet, soweit es ihr angesichts der ständigen Angst vor der Entdeckung durch die hiesigen Kainiten möglich gewesen war: Sie hatte sich am Blut vieler Männer gelabt und, bei den attraktiveren unter ihnen, durchaus auch rein fleischlichen Leidenschaften gefrönt, die ihr auch jetzt, jenseits der Todesschwelle, noch Genuss bereiteten. Sie war begeistert gewesen von der Leichtigkeit, mit der sie ihre Börse füllen konnte – lächelnd und ohne jeden Widerstand ihrer willigen Opfer. Und ganz ohne den befürchteten Aufruhr war sie durchgekommen, ohne das leiseste Gerücht, das sie hätte verraten können. Das Schicksal schien ihr hold, so dass sie ihre Kleiderauswahl in einer Hochstimmung getroffen hatte. Nein, die junge Brujah hatte nicht im Geringsten damit gerechnet, dass sich ihren Plänen in Frankfurt nun noch ernstliche Hindernisse in den Weg stellen könnten. Der verlangte Preis für die neuen Kleider war zwar hoch, gewiss. Aber sie hatte ja gesehen, wie leicht sich neue Münzen beschaffen ließen. Und nicht zuletzt hatte es ihr auch geschmeichelt, sich selbst in feiner Spitze zu sehen, in pelzbesetzten Kleidern, mit Bändern, Broschen, allem Zierrat, der ein Frauenherz nur zu erfreuen vermochte. Sich zu fühlen wie eine Prinzessin..!

Sie war so berauscht gewesen, dass sie ihre übliche Vorsicht vergessen hatte. Die Vorsicht, die eine einfache Dirne auf den Gassen und in dunklen Winkeln zu lernen hatte, um zu überleben: Niemals dem einfachen Wort eines anderen blindlings zu vertrauen! Und so war ihr zu spät aufgefallen, wie schmählich der Händler sie betrogen hatte. Die Wut angesichts dieser Niederträchtigkeit und ihres Unvermögens, den Schurken zu stellen, ließen das heiße Blut ihres Clans in ihr hochkochen, wie sie so bar jeder Chance auf Rache an dem nunmehr verlassenen Marktstand ankam. Düster rot erschienen ihr mit einem Mal die Gesichter der Umstehenden, wie in den Schein eines allesverzehrenden Feuers getaucht – sie ballte die Fäuste so fest, dass sich ihre Fingernägel tief in die Handflächen bohrten. Ein greller Schrei, in dem der Zorn aller Ahnen des Clans zu liegen schien, entrang sich ihrer Brust! Dann stürzte sie davon, gefolgt von den erstaunten, oftmals auch beklommenen Blicken der Sterblichen, die für einen kurzen Moment die Fratze jenes Raubtiers erblickt hatten, das sich für gewöhnlich unter der einschmeichelnden Maske einer zarten jungen Frau verbarg. Ziellos stürmte Louisa durch Straßen und über Plätze, bis sie irgendwo einen halbverfallenen hölzernen Bau am Ufer des Mains erreichte.

An den morschen Bohlen ließ sie ihre Wut aus. Holz splitterte unter ihren schmalen Händen wie unter den Hieben eines Vorschlaghammers. Die rote Wut beherrschte sie beinahe vollständig – nur indem sie dem wütenden Etwas die Gelegenheit gab, sich an dem toten Material auszutoben, gelang es ihr mühsam, die Kontrolle nicht vollends zu verlieren. Als sie endlich innehielt, waren ihre Hände mit tiefen Rissen und Schründen überzogen, und das Werk ihrer Zerstörungswut lag als Trümmerhaufen vor ihr, als habe ein wütender Riese alles zermalmt. Entsetzt starrte sie ihre langen, zierlichen Finger an, die solch eine Schneise der Vernichtung geschlagen hatten. Der quälende Durst nach Blut in ihrem eisig gewordenen Körper sagte ihr, das sie viel Kraft verbraucht hatte, um das anzurichten. Der jungen Frau graute vor sich selbst, vor dem Ding in ihrer Brust. Voller Furcht floh sie von dem Ort, an dem das Unmenschliche in ihr seine Macht gezeigt hatte. Wenig später verließ sie die Stadt, nunmehr nicht nur auf der Flucht vor den Häschern ihres Meisters, sondern zugleich auch vor etwas, dem sie niemals entkommen könnte, weil es tief in ihr steckte. Die Angst und das Entsetzen begleiteten sie und gruben sich tief in die weichen Züge ihres Gesichts, irrlichterten in ihren Augen. Sie musste fort, fort, nur fort von hier!

So legte sie ihren Weg gen Brügge, ihrem Ziel, wie eine von Furien Gehetzte zurück: nachts marschierend, dabei ausgetretene Pfade meidend und sich die vermeintlich edlen Kleider wieder ruinierend, tagsüber in Heuschobern und anderen kläglichen Winkeln in Starre liegend. Gelegentlich an eine Tür klopfend und all ihre Schauspielkunst aufbietend, arglosen Bauern die rührselige Geschichte von der armen jungen Adeligen auftischend, die auf der Reise zu ihrem Bräutigam überfallen von ihren Begleitern getrennt worden war und nur ein wenig Hilfe, eine Auskunft über den Weg oder eine kleine Münze brauchte, um zu ihren künftigen Verwandten zu gelangen. Was ihr angesichts ihrer scheinbar ehemals teuren Kleider nicht allzu schwer fiel, von denen sich viele der simplen Landleute recht einfach überzeugen ließen. Die Reise verlief also ganz anders, als sie es sich ursprünglich ausgemalt hatte - dafür aber würde ihr Weg selbst für einen ausgemachten Bluthund kaum mehr nachvollziehbar sein, wie sie hoffte. Als sie sich endlich nur noch einige Wegstunden von der Stadt entfernt befand, hatte sie ihre Angst wieder soweit unter Kontrolle, dass sie genauer planen konnte, wie sie am besten in die Stadt hinein gelangen würde.

_________________
~ Begehren ist die Triebfeder allen Handelns ~


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

 Betreff des Beitrags: Re: Tempus fugit 1228 (Luisa)
BeitragVerfasst: Di 12. Feb 2019, 10:48 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Mi 17. Jun 2009, 20:52
Beiträge: 1371
Endlich hatte Louisa die Stadt im Westen erreicht : Brügge, die zweitgrößte Stadt Flanderns, reich geworden durch den Tuchhandel und als zentraler Umschlagplatz zwischen Nord-und Südeuropa... In den ärmlichen ausenbezirken war es ihr gelungen bei einer älteren Frau mit ihrer Geschichte Mitleid zu erregen. Die vertraute ihr jedoch nicht ohne weiteres. Als sie schon überlegte die alte niederzuschlagen, entdeckte sie den Korb mit frisch gefaltete Wäsche. In einem kurzen Moment in dem die ältere Frau sich zu ihrer Katze hinunter beugte, schnappte sich Louisa einige Kleidungsstücke und machte sich dann so schnell wie möglich davon.
Sie betrat Brügge durch das große, breite Torhaus im Osten und schritt durch die weiten gepflasterten Straßen, dem Zentrum entgegen. Immer wieder bogen die Gassen ab, verliefen parallel zu den dunklen Kanälen, in denen sich die Sterne spiegelten, überquerten diese und versandeten in Sackgassen. Obwohl das Wasser dieser Kanäle vom Geruch her eindeutig nicht zum baden einlud, war Louisa bewusst, dass es den täglichen Unrat der Städter fortschwemmte und es in Brügge bei weitem nicht so stank wie in anderen Metropolen. Überall erkannte man Spuren von Handel : Karren und Kähne, die Lasten transportierten, große Lagerhallen, in denen sogar nachts noch gearbeitet wurde, die reichen Häuser der Patrizier. Sie kam an einem auf einer Insel gebauten Spital vorbei, passierte mehrere große Kirchen und fand sich schließlich auf einem riesigen leeren Platz wieder. Mit Sicherheit wurden hier an mehreren Tagen in der Woche Märkte abgehalten. Ein großer Turm schien alles von oben zu überblicken. Wie sie allerdings hierher gekommen war, daran konnte sie sich schlecht erinnern, zu verwinkelt waren die Gassen. Geschweige denn, wo sich das Anwesen der Familie van Hauten befinden mochte.

_________________
Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 108 Beiträge ]  Gehe zu Seite Vorherige  1 ... 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11  Nächste

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde



Wer ist online?

0 Mitglieder


Ähnliche Beiträge

Tempus fugit 1228 (Luisa)
Forum: Chat & Forenplay (Solo)
Autor: Spielleiter
Antworten: 0
Tempus fugit 1228 (Luisa)
Forum: Chat & Forenplay (Solo)
Autor: Spielleiter
Antworten: 0
Tempus fugit- 1228 (Luisa)
Forum: Chat & Forenplay (Solo)
Autor: Spielleiter
Antworten: 0
Tempus fugit 1228 (Luisa)
Forum: Chat & Forenplay (Solo)
Autor: Spielleiter
Antworten: 0
Tempus fugit 1228 (Luisa)
Forum: Chat & Forenplay (Solo)
Autor: Spielleiter
Antworten: 0

Tags

Bild, Chat

Du darfst keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du darfst keine Dateianhänge in diesem Forum erstellen.

Suche nach:
Gehe zu:  
cron



Bei iphpbb3.com bekommen Sie ein kostenloses Forum mit vielen tollen Extras
Forum kostenlos einrichten - Hot Topics - Tags
Beliebteste Themen: Chat, Erde, NES, Essen, USA

Impressum | Datenschutz