Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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BeitragVerfasst: Di 27. Sep 2016, 10:17 
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Die Worte kamen so einfach aus Leifs Mund wie er sich nicht hätte vorstellen können. Von allen Kainiten hätte er nie gedacht, dass Alida jene sein würde der er die Geschichte erzählt, aber es machte einfach Sinn. Wenn jemand die komplizierten Bande von Familien und deren Probleme verstand, dann war es die Tzimisce. “Es ist schön das du das über Karl sagst Alida. Balduin hat ihm vor kurzem die Wahrheit erzählt und ich glaube er würde es sehr schätzen diese Worte aus deinem Mund zu hören. Falls es sich ergibt natürlich nur.” Er lächelte Alida zu. “So schmerzhaft die Vergangenheit ist und so viel Ballast wie damit manchmal einhergeht, macht sie uns doch zu denen die wir sind und trotzdem.... Ein enger Freund hat mir einmal etwas gesagt. ‘Schau nicht zu oft zurück Leif, denn das ist nicht der Weg den du gehst.’ Ich versuche mich so oft es geht an diese Worte zu erinnern, wenn ich mich dabei bin mir vorzustellen was hätte sein können. Wenn ich bestimmte Fehler nicht gemacht hätte.” Leif seufzte tief und griff in eine seiner Manteltaschen. Er zog einen silbernen Anhänger in der Form eines ‘V’ heraus. Es war fein gearbeitet, mit runischen Verzierungen auf der linken und einer rötlichen Ätzung auf der rechten Seite. Der Salubri glitt vorsichtig mit den Fingern über das Schmuckstück, so als fürchtete er sich daran zu verbrennen. Dann legte er es Alida hin, damit sie es betrachten konnte.

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“Das ist das Zeichen der Kinder von Vidarr wie sie sich selber nennen. Vidarr ist im alten Glauben der Nordmänner der Gott der Rache. Die Überlebenden in meiner Familie haben sich nach dem Massaker zusammengeschlossen und bei der Gottheit geschworen mich für mein Verbrechen zu jagen und zu bestrafen, egal wie lange es dauert. Ich dachte viele Jahre das diese Gruppe, diese Gemeinschaft sich irgendwann auflösen würde, aber sie sind in ihrem Wahn nur noch fanatischer geworden. In jeglicher Hinsicht. Ihre ganze Existenz, die ihrer Kinder und Kindeskinder haben sie der Rache verschrieben und machen diese nun zu ihrem einziges Lebensinhalt. Es schmerzt mich zu wissen, dass sie ihr Leben so wegwerfen und der Vergangenheit zuwenden, anstelle ihre eigene Zukunft zu gestalten. Brunhild war die erste die den Wahnsinn in all dem erkannte und sich gegen die Kinder von Vidarr gestellt hat. Ihr Sohn Erik war der Zweite, aber die Bestrebungen der beiden Frieden zu stiften hatte nur ihre Verbannung aus der Familie zur Folge. Die Götter alleine wissen, wie sie bestraft werden würden wenn jemand erfährt, dass sie hier zusammen mit mir Leben.” Leif ließ den Blick über die feinen Schnitzereien, das bunte Glas der Fenster und schließlich die Tzimisce selbst wandern. “Das Gefüge ist kompliziert, aber nicht unähnlich von dem was du wahrscheinlich kennst. Familie, Ehre, Pflicht, enger Zusammenhalt all diese Dinge zählen für die Kinder von Vidarr genauso, wenn auch in ihrer verzerrten, von Rache zerfressenen Form.”

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Verfasst: Di 27. Sep 2016, 10:17 


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BeitragVerfasst: Di 27. Sep 2016, 19:13 
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Alida musterte das kostbare Schmuckstück, sah fragend zu Leif und berührte, als sie keinen Widerstand von der Seite des Heilers erkannte, den metallenen Anhänger fast andächtig mit den Fingerspitzen. „Das ist wirklich ein grausamer Streich des Schicksals…“ Sie zog die Hand wieder zurück. „Es ist schon ein herber Schlag, wenn man Schuld am Tod von geliebten Menschen trägt. Um wie vieles schlimmer muss es sein immer wieder von den eigenen Nachfahren durch ihre Rachegelüste, Feindschaft und Vorwürfe daran erinnert zu werden, dass man in diesem einen kurzen Moment zu schwach war um dem Tier zu widerstehen…?“ Sie schüttelte langsam den Kopf als könne allein diese Geste irgendetwas ändern. „Wie kommt es, dass sie ihre Suche nicht längst aufgegeben haben? Du bist ein Salubri und ein Meister im Untertauchen. Nicht mal die Tremere sind in der Lage dich ohne weiteres aufzuspüren… Wie kann es da sein, dass deine Urenkel immer weiter machen obwohl sie doch annehmen müssten, dass du längst nicht mehr unter diesem Himmel weilst?“

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BeitragVerfasst: Mi 28. Sep 2016, 10:03 
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"Wenn ich ehrlich bin weiß ich auch nicht ganz genau wie sie mich immer finden. Allerdings haben einige Mitglieder meiner sterblichen Familie besondere Gaben. Ähnlich Disziplinen, so kann Brunhild zum Beispiel Feuer manipulieren. Diese hat mir auch erzählt das es auch einen Seher in der Familie gibt. Zwar hat es in all den Jahren wohl nie gereicht mich wirklich zu finden, aber es scheint definitiv genug zu sein um zu wissen das es mich noch gibt." Leif verstaute das Schmuckstück wieder in einer Tasche und zuckte mit den Schultern. "Du siehst also meine Familiensituation ist nicht einfach, aber ich habe mich damit arrangiert auch wenn es eine Weile gedauert hat."

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BeitragVerfasst: Do 29. Sep 2016, 16:26 
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"Ich denke wir haben für einen Abend genug über meine sterbliche Familie erzählt. Eine Sache ist aber noch offen, eine Frage die du gestellt hast und zwar warum ich euch damals in Gefahr gebracht habe." Leif starrte aus einem der Fenster so als könnte er dort eine Antwort finden. "Zuerst einmal kann ich nicht mehr sagen, als dass es ein egoistischer und dummer Fehler von mir war für den ich nur um Vergebung bitten kann. Aber so viel weißt du ja schon." Er suchte ihren Blick. "Darf ich dir eine hypothetische Frage stellen?" Alida schwieg nur und der Salubri fuhr fort. "Was würdest du tun wenn eine Krankheit einen van de Burse nach dem anderen dahinraffen würde? Dafür aber niemand anderen? Keinen Thorson, keinen Sabatier, keine Erzhausen nur die Familie van de Burse. Nehmen wir an du hast schon Wochen, Monate und Jahre damit zugebracht ein Heilmittel zu finden und musst dir eingestehen das es einfach keins gibt. Du bist als einzige immun, oder zumindest schein es im Moment so und musst zusehen wie einer nach dem anderen stirbt. Es erwischt sie immer schnell, meist dauert alles nicht länger als eine Nacht oder zwei aber auch wenn sie heute noch gesund sind, sobald die Krankheit sie erwischt fordert der Tod sein Opfer auch ein, ohne wenn und aber. Marlene, Frederik, Hendrik und all die anderen Verwandten die du so hast, alle van de Burse. Was würdest du tun?" Er lächelte ihr zu. "Ich weiß die Frage ist komisch aber wir haben bereits über die Familie gesprochen und die Antwort zu deiner zweiten Frage ist auch mit diesem Thema verknüpft. Ich versuche nur es dir nur so einfach wie möglich machen meinen Gedanken und Motivationen zu folgen, damit ich deine Frage so genau wie möglich beantworten kann und wir dieses Thema dann vielleicht hinter uns lassen können."

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BeitragVerfasst: Do 29. Sep 2016, 16:50 
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Alida sah ihn fragend und nachdenklich an. Man konnte ihr ansehen, dass der Kern der Frage ihr missfiel, bedrohte die Möglichkeit des Gedankens doch das ganze Konstrukt auf dem sie einen großen Teil ihres Unlebens aufgebaut hatte. „Warum fragst du mich das?“ Sie überlegte. „Ich weiß es nicht, Leif.“ Unschlüssig schüttelte sie den Kopf. „Ich würde für sie da sein. So lange ich kann. Bis zur letzten Minute. Versuchen stark zu sein… und dann verzweifeln.“ Sie fixierte seine hellen Pupillen mit den ihren. „Ist das ein Vergleich? Dass es unmöglich ist deine Familie zu retten und du zuschauen musst, wie sie sich selbst zu Grunde richtet?“

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BeitragVerfasst: Fr 30. Sep 2016, 09:12 
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Leif schüttelte langsam den Kopf. “Meine Frage hat nichts mit den Kindern von Vidarr, sondern mit meinem Clan zu tun. Damals bevor ich verschwunden bin habe ich jede Woche Nachrichten erhalten, Informationen darüber wie wieder ein Mitglied meines Clans den Fängen und den Lügen der Tremere zum Opfer gefallen ist. Einer nach dem anderen wurde vernichtet oder war nicht mehr aufzufinden und irgendwann begannen selbst die mutigsten die es noch gab zu ihrem eigenen Schutz zu verstummen und das wenige an Gemeinschaft was wir noch hatten zerbrach unwiederbringlich.” Leif ging zu einem der bunt verglasten Fenster und öffnete es um ein wenig der frischen Nachtluft hereinzulassen. Das hinter Papierschirmen verborgene Licht der Ratskammer flackerte kurz unter dem nächtlichen Windhauch. “Diese Nachrichten waren schlimm. Manche waren traurig und andere ließen dir regelrecht das Blut in den Adern gefrieren. Ich bin nicht wie du Alida was meine Abstammung angeht. Ich habe meinen Clan und die Dinge für die er stand immer unterstützt, selbst oder vielleicht sogar weil mein Erzeuger in mir immer eine Enttäuschung sah. Abgesehen davon habe ich eine andere Welt im Unterschied zu den wenigen Neugeborenen die heute als Gejagte geboren werden kennen gelernt. Eine Welt vor der Diablerie Saulots, dem Aufstieg der Tremere und allem was damit einherging.” Leif schwieg einen Moment bevor er weitersprach. “Aber das liegt alles in der Vergangenheit. Der Kampf ist vorbei, die Tremere haben gewonnen und alle die noch von meinem Clan überlebt haben sind jene mit mehr Glück als Verstand.” Der Salubri schloss die Augen. “Entschuldige ich habe mich davontragen lassen. Was ich eigentlich meine ist folgendes. Ich hatte Angst Alida, Angst davor das ich irgendwann der nächste bin und als unser Konflikt mit Draga begann zu eskalieren dachte ich das Weglaufen meine beste Chance ist. Ich wollte nicht mehr, hatte keinen Kraft mehr und bin schließlich verzweifelt. Ich wollte verschwinden, meine Spuren verwischen, doch dazu musste die Welt glauben das es mich nicht mehr gibt und deshalb musste es so echt wie möglich aussehen. Dafür brauchte ich Zeugen und wenn ich bei all diesen Unternehmungen auch noch Draga ein letztes Mal in die Parade fahren konnte, euch auf ihre Pläne aufmerksam machen dann sollte es so sein.”

“Ich weiß das du mir vorwirfst ich hätte euch alle ohne Sinn und Verstand in Gefahr gebracht und vielleicht stimmt das auch. Aber es ist mir wichtig anzumerken, dass ich das nie wollte und auch nie so gesehen habe. Lilliana und du hätten genauso schnell die Mauer herunterklettern können, wie ihr hinaufgeklettert seid und Gerrit und Lucien haben eh ihre ganz eigenen Talente einer solchen Situation zu entkommen.” Er legte den Kopf in den Nacken. “Versteh mich bitte nicht falsch. Ich will mich nicht rechtfertigen und sage auch nicht, dass das was ich getan habe in irgendeiner Form richtig war. Im Gegenteil ich wünschte wirklich ich könnte die Vergangenheit verändern, aber ich kann es nicht und was mir bleibt ist um Vergebung zu bitten. Du musst entscheiden ob du die Vergangenheit ruhen lassen kannst oder nicht, aber das liegt alleine in deiner Hand und nicht mehr in meiner. Eine Sache noch. All das hatte nichts mit dir zu tun. Auch nicht mit Gerrit, Lucien oder Lilliana. Ich wollte vor allem verschwinden. Ich hatte Angst und ich war egoistisch. Egoismus war das Motiv hinter all dem nicht mehr und nicht weniger. So oder so nin ich schließlich weggelaufen, aber das war nicht die Antwort. Es hat ein paar Jahre im Osten gedauert bis ich endlich begriffen habe, dass ich vor dem was ich wirklich bin nicht weglaufen kann. Es wird mir immer folgen auch wenn ich bis ans Ende der Welt gehe. Ich habe schließlich erkannt das es nur eine Wahl gibt. Entweder warte ich auf das was kommt wie eine Maus versteckt in ihrem Loch oder ich stelle mich all dem auf Augenhöhe und inzwischen habe ich mich für letzteres entschieden. Als ich in den alten Landen schließlich hörte das eine Armee auf Brügge zu marschiert bin ich zurückgekommen. So viel habe ich der Stadt geschuldet die nicht nur deine sondern auch meine Heimat ist. Ich wollte euch warnen, aber leider waren Volgar und seine Truppen schneller so das mir nur noch blieb direkt in den Kampf einzugreifen.”

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BeitragVerfasst: Fr 30. Sep 2016, 10:49 
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Alida trat neben den Salubri und musterte ihn nachdenklich. „Du hast versucht, auf deine Art Frieden zu finden, oder? Aber irgendwie wird dir das nicht gewährt. Und so bist du zurück gekommen. Das war mutig. Im Osten wärst du sowohl vor deiner Familie als auch vor den Tremere sicherer.“ Sie nickte in Gedanken. „Es gibt nichts, was dir vergeben werden sollte, Leif. Zumindest nicht von mir. Wir alle tun in den Nächten, die uns vergönnt sind, gute und schlechte Taten. Und woher weiß man in dem Moment in dem man handelt, welche Auswirkungen die Taten vielleicht eines Tages mit sich bringen.“ Sie schwieg einen Moment. „Leif? Ich möchte, dass du etwas weißt: Ich bin weder dein Feind, noch ein Konkurrent oder Widersacher. Du bist in dieser Stadt einer der Mitstreiter, die immer an vorderster Front an meiner Seite stehen und auch wenn wir ab und an aneinander geraten, weiß ich, dass ich auf dich zählen kann. Ich schätze deine Meinung, bewundere den Einsatz und die Leidenschaft mit der du kämpfst und die Hartnäckigkeit dahinter. Solltest du mich jemals brauchen, bei was auch immer, dann hoff‘ ich, dass du weißt, dass ich für dich da bin… egal ob gegen wütende Familienmitglieder, hasserfüllte Tremere, oder wen auch immer.“

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BeitragVerfasst: Sa 1. Okt 2016, 17:42 
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Der lächelte Alida zu. “Ich danke dir für deine Worte. Es hat mir gut getan sie zu hören. Allerdings würde ich sagen, dass der Osten seine ganz eigenen Probleme mit sich bringt. Es ist ein bisschen wie die Wahl zwischen Pest und Cholera.” Der Salubri schaute zur Tür. “Ich will dich nicht länger aufhalten Alida. Ich habe alles gesagt was ich sagen wollte. Gibt es sonst noch etwas das wir besprechen sollten, wenn wir schon einmal dabei sind?”
„Du hältst mich nicht auf, Leif. Die Nacht ist lang und sie dreht sich weiter, egal ob ich Schiffe beladen lasse oder Rechnungen überprüfe.“ Sie überlegte. „Wie du schon gesagt hast: wenn wir schon dabei sind… Gibt es etwas, das du mir unbedingt mal gesagt haben wolltest?“
Es folgte ein kurzes Kopfschütteln. "Nein, ich denke nicht. Zuviel reden tut uns beiden ja meistens auch eh nicht so gut." Leif lachte herzlich. Er versuchte ein wenig mehr Leichtigkeit in das sehr ernste Gespräch zu bringen. Dann wurde er wieder ein wenig ernster. "Ich weiß nicht, warum wir immer wieder aneinander geraten. Vielleicht sind wir auf unsere eigene verschrobene Art doch zu gleich. Ich kann dir aber versichern, dass ich trotz all dem froh bin, dass du deinen Teil in dieser Stadt beiträgst. Brügge wäre nicht das gleiche ohne dich. Es wäre nicht so sicher, nicht so wohlhabend und bestimmt auch nur halb so geschäftig.” Der Salubri wechselte plötzlich das Thema.” Kommst du eigentlich zur Hochzeit?”
Sie grinste. „Wenn ich eingeladen bin und ein Van de Burse, egal ob vom Blut her oder nicht, doch immer. Vor allem, wenn man schon so unglaublich herzlich an die lieben Familienmitglieder denkt, die zur Mittagszeit leider nicht kommen können.“
"Die geteilte Hochzeit mit Tages- und Nachtprogramm war übrigens Lillianas Idee. Von Feiern versteht unsere Toreador in jedem Fall etwas." Er grinste ebenfalls. "Außerdem ist die Frage ja, glaube ich, eher, wer nicht eingeladen ist. Von dem was ich gehört habe, ist es wohl er ein Volksfest als eine Hochzeit. Weißt du normalerweise würde ich solchen Sachen ja lieber fern bleiben, aber ich glaube in diesem speziellen Fälle habe ich keine Ausrede." Trotz seiner Worte war offensichtlich, dass Leif sich auf die Feier freute.
„Du freust dich? Das ist gut. Endlich mal ein Teil deiner Familie, bei dem alles gut und in richtigen Bahnen läuft. Du bist mit Sicherheit sehr stolz auf den Jungen!“ Sie nickte bestätigend. „Ich hoffe, es kommt nicht wieder ein übellauniger Priester daher und beschwert sich über eine Trauung zur Nachtzeit und ruft Bischof Martin…“
"Würde mich nicht wundern,, wenn der auch auftaucht." Leif seufzte. "Aber ein fauler Apfel verdirbt ja glücklicherweise noch nicht die ganze Ernte." Auf Leif's Zügen breitete sich etwas Verschmitztes aus. "Was mir viel mehr Sorgen bereitet ist, dass ich dann zumindest auf dem Papier mit unser liebsten Toreador verwandt bin. Ich hoffe eine solch gesegnete Verbindung beinhaltet nicht, dass ich mich dann in Zukunft auch um Waisenkinder kümmern muss." Der Tonfall signalisierte ganz klar, dass er einen Scherz machte. "Ich werde dann bald aufbrechen. Danke für dieses Gespräch Alida."
„Wenn man nur genug Generationen abwartet, ist man irgendwann mit der ganzen Welt verwandt. Meine Familienmitglieder haben in so ziemlich jedes zweite Hansemitglied eingeheiratet… Nein Danke.“ Sie lachte. „Aber das sind alles keine Nachfahren…“ Sie wurde wieder ernst. „Dir eine gute Nacht. Ich hoffe, die Hochzeit wird so wie es sich das Brautpaar erhofft. Und natürlich die Ziehmutter… endlich bekommt sie die Hochzeit, die sie sich immer gewünscht hat.“
Leif lachte herzhaft los. "Wahrscheinlich ist Lily aufgeregter als Marie selbst. Aber ja. Ich wünsche dir auch noch eine gute Nacht und wie ich bereits gesagt habe, ich bin froh das wir diese Gelegenheit hatten. Vielleicht haben wir in Zukunft ja die Chance das Drama zwischen uns auf ein verträgliches Minimum zu beschränken." Leif bewegte sich in Richtung Tür. "Pass auf dich auf Alida."
Sie grinste. „Du auf dich.“ Sie sah dem Salubri hinterher. Sie zog den Hut vor ihm. Das Versteckspiel, das er seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten spielte, gelang ihm mehr als gut und trotz wahrscheinlich fast mehr Feinden als Freunde, setzte er jede Nacht sein Unleben fort.

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BeitragVerfasst: Mi 30. Nov 2016, 23:30 
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Seit 10 Tagen waren sie nun schon auf See. Vor wenigen Tagen hatte die Mannschaft in Gibraltar einen Zwischenstopp eingelegt um frisches Wasser und Vorräte aufzunehmen und das milde Klima war erholsam nach dem langen Winter in Flandern.

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Seitdem zog die Küste Afrikas zu ihrer Rechten dahin. Leif lag in der winzigen Kammer ganz im untersten Teil des Schiffes und spürte das langsame Erwachen, das wieder untotes Leben in seine Glieder brachte. Ein lautes Poltern ließ ihn herumfahren und mit einem Mal war er hellwach. Etwas riss an ihm und wollte ihn schon aus seiner Koje reißen, doch gelang es ihm sich mit der Linken am hölzernen Rand festzuklammern und liegen zu bleiben. Draußen musste hoher Seegang sein. Ein Sturm.
Leif war sofort hellwach. Ein Sturm war nichts Ungewöhnliches im November und auch wenn das Mittelmeer in der Regel Schiffen gegenüber freundlicher gesonnen war, als Nordsee, Atlantik und Ostsee durfte man die Macht des Meeres nie unterschätzen. Er schlief immer bekleidet, und ohne eine weitere Verzögerung rannte er in Richtung Deck um sich einen Überblick zu verschaffen. Mutter Natur war manchmal unberechenbar und wahrscheinlich wurde jede Hand an Deck gebraucht.
Draußen herrschte heilloses Durcheinander. Offensichtlich mussten ein oder zwei Seemänner von Bord geworfen worden sein, denn ein Teil der Crew hielt an Backbord nach Ausschau und schrie in den Wind.

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Draußen war ein harter Sturm in Gange und gigantische Wellen rissen an dem Schiff als wäre es eine Nussschale. Nur mit Mühe gelang es Leif sich auf den nassen, glitschigen Planken zu bewegen. Vor sich erkannte er Alida, die aus dem Inneren gestürmt kam, das Deck betrat und von einem Brecher von den Füßen geworfen wurde. Voller Wucht wurde sie von dem unnachgiebigen Wasser an die Reling geschmissen.
Die Situation war schlimmer und auch gefährlicher als Leif vermutet hatte. Alles ging drunter und drüber und auch wenn er sich irgendwie auf den Beinen halten konnte, wusste er, dass es sich mehr um Glück als um Können gehandelt hatte. Der Salubri unternahm ein paar beherzte Schritte in die Richtung von Alida, während er versuchte sich irgendwo festzuhalten oder ein Seil aufzutreiben.
Während er noch sich kaum auf den Beinen haltend, auf sie zutorkelte, riss mit einem mal eine der Takelagen und ein Balken raste auf ihn zu. Im letzten Moment gelang es ihm auszuweichen.
Das war knapp dachte Leif noch als der Balkan sich schon wieder von ihm entfernte. Er rief in den Sturm hinein, in der Hoffnung, die Händlerin würde ihn hören. “Alida! Halt dich irgendwo fest.” Wenn einer von ihnen von Bord gerissen werden würde, käme jede Hilfe zu spät.
Es war der blonden Frau gelungen sich wieder an der Reling nach oben zu ziehen. Ein weiterer Brecher hatte sie nicht mitreißen können. Während Leif noch in ihre Richtung schaute bemerkte er etwas viel Schlimmeres: Mehrere Taue hatten sich gelöst und der Mast wurde nur noch auf einer Seite verstärkt. Wenn nicht innerhalb weniger Augenblicke ein Wunder geschähe, dann würde der Mast brechen und einen Großteil des Schiffes und der Besatzung mit sich reißen.
Leif hörte das Holz bersten und mit vor Furcht geweiteten Augen zeigte er auf die Quelle des Geräusches, während er Alida zuschrie: “DER MAST!” Dann rannte er in die Mitte des Schiffes in der Hoffnung noch irgendetwas tun zu können um das Unglück abzuwenden.
Leif erkannte eine seltsame Konstruktion, die die Seile an die rechten Positionen ziehen sollte, doch sie war ausgerissen. Irgendwie wäre es sicher möglich die Taue wieder an die richtigen Stellen zu bringen, aber er hatte in diesem Moment keine Ahnung wie das gelingen konnte. Er konnte Alida sehen, die zu ihm aufschloss. „Hier!“ Er konnte ihre Stimme gegen das Geräusch des Sturmes kaum hören, doch sah er den sich bewegenden Mund. Sie drückte ihm ein Tau in die Hand. „Das musst du dort einfädeln und dahinten dran ziehen.“ Das Wasser klatschte ihr wie eine offene Handfläche ins Gesicht.
Sie hatten keine Zeit und Leif folgte Alidas Anweisungen. Sie mussten alles tun was sie konnten um diesen Mast zu stabilisieren. Das Wasser war eiskalt, doch zum Glück spürte er die niedrigen Temperaturen kaum und seine Hände konnten ohne Einschränkung versuchen die Taue wieder in die richtige Position zu bringen.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern. Das Wasser rann an ihm herab, die Wellen rissen an der Bordwand und nur mühsam hielt er das Gleichgewicht während er gleichzeitig Taue zurück an ihren Platz hievte. Alida tat es ihm auf der anderen Seite gleich. Es war keine alltägliche Tätigkeit für ihn und es fiel ihm schwer. Mit all seiner Kraft riss er an dem letzten Seil und er bemerkte, dass sich die Leinen zu spannen begannen. Er tat einen Schritt zurück und konnte erkennen wie sich die Halterungen des Mastes verstärkten.
Früher einmal hatte er mehr Ahnung von Schiffen gehabt und all die wichtigen nautischen Handschläge und Vorgänge waren ihm erheblich leichter gefallen, aber inzwischen hatte er so viel vergessen. Die Zeiten in denen er den größten Teil seines Leben auf See verbracht hatte, waren nun schon weit über 200 Jahre vergangen und die Seefahrt hatte sich seit dieser Zeit weiterentwickelt. Zumindest mehr als er selbst. Leif wischte sich eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht und schaute zum Mast. Hoffentlich würde ihre Konstruktion halten, bis sich der Sturm gelegt hatte und sie die Schäden ordentlich reparieren konnten. "Glaubst du das wird halten, Alida." Er schaute zu der blonden Händlerin.
Sie sah in die schwindelerregende Höhe und nickte dann. „Vorerst.“ Leif erkannte in einiger Entfernung den Kapitän des Schiffes. Erfolgreich war es ihnen gelungen einen Seemann zurück an Bord zu ziehen. Der Mann hatte sich erschöpft an ein Fass gelehnt und spuckte Wasser. Neben ihm stand Lilliana, die ihm auf den Rücken klopfte und behutsam das nasse Wasser aus der Stirn wischte.
“Zum Glück.” Mehr brachte Leif nicht heraus und ging in Richtung des immer noch Wasser spuckenden Matrosen und Lilliana. “Er sollte unter Deck gehen.” Leif schaute sich auf dem Rest des Schiffes um und versuchte sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen.
Der Kapitän nickte in Leifs Richtung. „Wir kümmern uns um den Mann. Wir haben einen guten Schiffsarzt. Geht unter Deck! Wir haben hier alles im Griff.“
“In Ordnung.” Er folgte der Anweisung des Kapitäns ohne weitere Diskussionen. So sehr er auch manchmal Probleme mit Autoritäten hatte, wusste er doch das es für die Sicherheit eines Schiffes unerlässlich war Anweisungen zu folgen. Außerdem würde es auch nicht Schaden die Kleidung zu wechseln. Kälte machte ihm nichts aus, aber Leder und Stoffe waren nass erheblich schwerer und unflexibler als trockene Kleidung.

Leif stieg hinab in seine Kabine. Er fand den Weg mit etwas Mühe, denn ein Großteil der Lampen war erloschen. Drin war er gerade dabei die alten Kleider abzulegen und neue aus der Kiste zu suchen, die er mitgenommen hatte, als es an der Tür klopfte.
Leif ignorierte das Klopfen für ein paar Herzschläge und wechselte seinen durchgeweichten Wams gegen ein Leinenhemd. Dann öffnete er die Tür, neugierig wer vor seiner winzigen Kabine stand.
Der Nordmann erkannte Alida, die sich am Türpfosten festhielt. Obwohl der Seegang mittlerweile deutlich nachgelassen hatte, schwankte das Schiff noch immer. Sie war noch immer klatschnass und die Haare klebten ihr in der Stirn. „Hast du ein paar Minuten für mich, Leif?“ Sie sah nachdenklich aus.
“Sicher Alida.” Er lächelte ihr zu. Er bat sie in seine winzige Kabine hinein. Es war wenig Platz in der Kammer, aber niemand würde sie hier belauschen können. “Ich würde dir ja vorschlagen trockene Sachen anzuziehen damit du nicht krank wirst, aber irgendwie wäre das überflüssig.” Leif hing sein nasses Wams notdürftig zum Trocknen auf und bedachte die Tzimisce dann mit voller Aufmerksamkeit. “Worum geht es Alida? Sind die Schäden am Schiff schlimmer als gedacht?”
Alida trat ein und schloss die kleine Türe wieder hinter sich. „Danke für deine Unterstützung oben an Deck. Ohne dich wäre der Mast bestimmt runter gekommen. Keine Ahnung wie's mit weiteren Schäden aussieht. Das volle Ausmaß der Schäden wird sich der Mannschaft erst morgen bei Tageslicht eröffnen. Ich hoffe, wir verlieren nicht zu viel Zeit durch diesen Sturm. Immerhin soll dieses Fest ja mehr als pünktlich starten.“ Sie suchte nach einer Möglichkeit sich hinzusetzen, als sie bemerkte, dass ihre Kleidung noch immer tropfte, entschied sie sich dazu zu stehen. „Leif? Die ganze Sache mit Venedig und diesem Friedensvertrag… Was denkst du darüber?“
Leif kratzte sich am Kopf und als Alida Venedig erwähnte, hatte er das Schiff schon wieder fast vergessen. Auch er hatte sich schon Gedanken um den Friedensvertrag gemacht und fragte sich immer öfter auf welche Schlangengrube sie gerade zusteuerten. Er zuckte mit den Schultern. “Ich weiß es nicht, Alida. Ich glaube er ist für beide Seiten eine Notwendigkeit. Die Tremere und Ventrue auf beiden Seiten reiben irgendwann auch die härtesten Tzimisce auf und die Lehen des schwarzen Kreuzes haben mit ihrer Größe und geografischen Lage genügend innere Probleme um diesen Krieg weiter in die Länge zu ziehen.” Leif schwieg und schaute auf einen nicht näher definierten Punkt auf einer Schiffsplanke. “Ich glaube wir sollten vorsichtig sein, denn irgendjemand vielleicht Frankreich, England oder eine bis jetzt unbekannte Fraktion werden versuchen den Friedensvertrag zu sabotieren. Ihr Motiv wird darin liegen, dass sie mehr mit einem fortgeführten Omenkrieg zu gewinnen als zu verlieren haben. Deshalb sollten wir genau darauf Acht geben, wem wir in Venedig vertrauen.”
Alida nickte. „Ich frage mich manchmal, warum ausgerechnet wir geladen sind. Brügge ist eine nicht unbedeutende Stadt, aber von Interesse sind wir für die Serenissima nicht wirklich im Vergleich zu den mächtigen italienischen Metropolen.“ Sie seufzte und setzte sich schließlich dich auf eine Kiste.
"Wenn der Osten und die Lehen Frieden schließen, dann betrifft das nicht nur Italien, sondern den ganzen Kontinent." Leif überlegte "Es wird aus Höflichkeit und Verpflichtung geschehen sein, dass eine Einladung an uns gegangen ist. Immerhin sind wir die Herren von Brügge, egal wie man es definiert."
Alida nickte, holte tief Luft und ließ diese langsam wieder zwischen den Lippen entweichen. Sie sah auf ihre Hände, dann zögernd zu Leif. „Prinzipiell hätte man es als Affront gegen den Osten ansehen können, dass wir geladen sind. Wenn man bedenkt, dass wir in der Lage waren einen Angriff der Unholde zurück zu schlagen. Aber ich weiß, dass dem nicht mehr so ist.“ Leif konnte ihr ansehen, dass es ihr nicht leicht viel weiter zu sprechen. „Ich war vor ein paar Jahren im Osten. Notgedrungen. Freiwillig hätte ich mich da nie hingewagt.“
Leif schnaubte. "Eine Invasionsarmee hat kein Recht darauf pikiert zu sein, wenn man sie in ihre Schranken weist. Sie hatten kein Recht, die Dinge zu tun, die sie der Stadt angetan haben und das haben wir Ihnen hoffentlich verständlich klar gemacht." Leif schlug gegen eine der Planken und wurde wieder ruhig. Seine Stimme verriet nichts mehr über die vorangegangene Wut. "Ich glaube niemand geht gerne freiwillig das erste mal in den Osten, aber die Erfahrung prägt sicherlich."
Alida stimmte ihm zu. „Nein, eine Invasionsarmee hätte kein Recht darauf pikiert zu sein. Aber hier treffen sich Vladimir Rustovich und Hardestadt um Frieden auszuhandeln und man setzt dem einen jemanden vor die Nase, der dem Osten vor ein paar Jahren gezeigt hat, dass man nicht alles mit sich machen lässt. Egal. Keiner aus dem Osten wird pikiert sein. Und ich bin nach wie vor mehr auf stolz darauf, dass wir sie in hohem Bogen aus der Stadt schmeißen konnten.“ Sie grinste wurde aber schlagartig ernst als ihr wie immer die Verluste in den Sinn kamen. „Im Osten gelten wir als tapfere Verteidiger unserer Heimat. Es gibt wenig worauf ein Tsimiske stolzer sein kann.“
"Ich glaube, du machst dir zu viele Sorgen, Alida." Leif lächelte aufrichtig. "Sicherlich gibt es mehr als nur uns, Führer und Prinzen von Domänen, die der einen oder anderen Seite auf die Füße getreten sind." Dann wurde er wieder ernster. "Im Grunde ist es mir völlig gleich, was der Osten von uns denkt, Alida. Es tut mir leid, das zu sagen, aber ich hatte genug Kontakt mit Mitgliedern deines Clans um zu hoffen das sie uns in Brügge so viel in Ruhe lassen wie es irgendwie geht."
„Das werden sie. Da kannst du dir sicher sein.“ Sie seufzte, begann dann aber von Neuem. „Seit ich den Kuss erhielt, hatte ich stets Angst, dass die Tsimiske eines Tages nach Brügge kommen würden. Ich war… hm… nun sagen wir einfach, es gab Kainiten, die meine Existenz nicht unbedingt mit Wohlwollen gesehen haben. Ich war froh, dass Flandern zig Tausend Meilen von Russland entfernt ist und hoffte, dass es mir auf immer und ewig erspart bleiben würde. Dem war leider nicht so. Zuerst Draga und in ihrem Gefolge ein Voivodat und schließlich eine ganze Armee…“ Sie schwieg lange Zeit. Erst als das Schweigen unangenehm zu werden schien, fuhr sie fort. „Während ich im Osten war hat sich einiges gewandelt. Ich bin kein Schandfleck der Familie mehr, sondern ein geachtetes Mitglied meines Clans. Im Westen wird mir das mehr schaden als nutzen, fürchte ich mitunter.“
Leif hörte Alida aufmerksam und gespannt zu. Er seufzte schließlich. "Es freut mich zu hören, dass du deine internen Angelegenheiten geklärt hast." Der Salubri meinte die Worte ehrlich auch wenn er nicht wusste, was genau Alida damit meinte. Er setze sich auf das Bett und lehnte sich an die Holzplanken des Schiffes. "Was alles andere angeht, glaube ich, dass es immer jemanden geben wird, der Anstoß an den Dingen nehmen wird, die wir tun. Sieh es positiv. Du hast das Misstrauen des Ostens gegen das des Westens eingetauscht. Wenigstens nehmen Mithras, Salianna und Co. deine Entscheidungen nicht persönlich. Das ist immerhin eine kleine Verbesserung."
„Ich war bei der Rückeroberung von Ceoris dabei. Manch einer mag das persönlich nehmen… Aber Ceoris war geraubtes Land. Und da ist mir gleich, was so mancher Tremere denken mag.“ Sie sah Leif an. „Rustovich ist der derzeitige Voivode der Drachen. Ich hoffe und denke, es wird nie soweit kommen, aber wenn es mir unmöglich sein sollte neutral zu bleiben, dann wird ihm und seinen Gefolgsleuten vor Hardestadt meine Loyalität gelten. Ich denke, es ist wichtig, dass du das weißt.“
Leif wurde beinahe noch bleicher, wenn das auch nur irgendwie möglich war. "Geraubtes Land?" Er schaute sie mit geweiteten Augen an und stand von dem Bett auf um so viel Distanz zwischen sich und Alida zu bringen wie irgendwie möglich war in dem kleinen Raum. Er sagte lange Zeit nichts, denn er wusste, dass er seine Worte klar formulieren musste, denn sonst würde Alida daran Anstoß nehmen. Trotzdem konnte er das nicht einfach auf sich beruhen lassen. "Alida darf ich dir eine Frage stellen?" Die Formulierung war rhetorischer Natur, weshalb Leif gleich weitersprach. "Wie machst du eigentlich fest das irgendwem Land gehört Alida?" Der Salubri nahm mit Schauer wahr, was seine alte Verbündete ihm sonst noch erzählt hatte. Sie war bei der Eroberung von Ceoris dabei und ihre Loyalität galt plötzlich den Tzimisce des Ostens, etwas das sie so viel Jahrzehnte verneint und bestritten hatte. Es war unwirklich und noch hatte er all diese neuen Informationen gänzlich verarbeitet
„Wenn Kainiten in die Domänen anderer eindringen und an einem besonders magisch gewandelten Flecken eine Trutzburg erobern und diese zu einem Bollwerk ihrer magischen Blutmagie ausbauen, dann ist das für mich ‚geraubtes Land‘.“
Leif war sprachlos. Alida zitierte brav die Propaganda der Tzimisce, genauso wie ein artiges Schulkind aus Lillianas Waisenhaus. Was hatten sie im Osten mit ihr gemacht? “Dann bedeutet das nur weil jemand lange genug irgendwo gelebt hat, rechtfertigt das Besitzansprüche?"
Alida schüttelte den Kopf. „Leif? Das ist doch für uns beide alles absolut gleich. Wen von uns beiden interessieren die Besitzansprüche im Osten? Der Omenkrieg hat bis vor kurzem getobt und auf beiden Seiten massive Verluste mit sich gebracht. Ich habe auf der Seite meiner kainitischen Familie gegen die Tremere gekämpft. Meine Loyalität gilt von jeher und für alle Zeit Brügge, euch und meiner Familie. Ich persönlich jedoch werde mich in einem Zwist zwischen Hardestadt und Rustovich auf die Seite des schwarzen Monarchen stellen. Das war es, was ich dir mitteilen wollte.“
Leif wusste nicht so recht worauf Alida hinauswollte, aber irgendetwas, dass er noch nicht genau benennen konnte störte ihn. “Was willst du mir sagen Alida? Das deine Loyalität Brügge gilt, aber du dich vorsorglich auf die Seite deines Clans schlägt, weil man weiß ja nie was kommt?” Leif wurde unruhig und seine Stimme hob sich. “Die Leute die Brügge, DEIN Brügge, DEM Brügge dem du gerade deine Loyalität geschworen hast in eine verdammten SCHLACHTHAUS verwandelt haben?” Leif lachte auf. “Das kann nicht dein Ernst sein.” Er schaute sie entgeistert an.
Alida schüttelte den Kopf. Sie schien seine Wut zu verstehen. „So einfach ist das alles nicht, Leif. Zumindest nicht für mich. Und manchmal wünschte ich mir, es wäre noch so.“ Sie schwieg einen Moment. „Vladimir Rustovich und die meisten seiner Verbündeten hatten nichts damit zu tun. Nicht, dass sie irgendetwas dagegen gehabt hätten, aber für die meisten war es schlichtweg Ressourcenvergeudung. Und derjenige, der etwas damit zu tun hatte, Andrej, nun ja. Ich weiß bis heute nicht genau, warum er es getan hat. Um einen Bollturm im Westen zu haben? Um die Stadtkassen einer reichen Metropole plündern zu können? Um mich zu vernichten und damit dem Voivoden der Voivoden einen Gefallen zu tun? Manchmal denke ich, es sollte eine Herausforderung an meine Verbündeten und mich sein um zu beweisen, wie armselig wir mit dem Rat doch hätten sein sollen. Ich habe keine Ahnung.“ In dieser Angelegenheit sind die Unholde völlig anders als wir. Für sie ist es eine verlorene Schlacht und wenn man sich mit ihnen unterhält gewinnt man den Eindruck sie reden über einen Faustkampf zwischen Freunden.“ Sie seufzte erneut. „Ich wusste, dass du so reagieren würdest. Deshalb hab ich lieber geschwiegen…“ Sie sah ihn an und suchte nach etwas.
"Wie sonst hätte ich auf eine solche Offenbarung reagieren können, oder auch nur dürfen Alida?" Er schaute sie beinahe verzweifelt an. "Willst du mir wirklich sagen, dass die Tatsache das deine Tzimiscefreunde Brügge nur als SPIEL gesehn haben alles besser macht und nicht erheblich schlimmer??" Leif war aufgelöst und wusste nicht so recht wie es gerade zu dieser Situation kommen konnte. "Weißt du Alida egal was in Venedig pasiert, aber du solltest überhaupt keine Meinung haben in diesem Konflikt. Du vetrittst Brügge in den Nächten die kommen werden und nichts anderes, eine Lektion die du jedem anderen von uns so oft eingebläut hast." Er schaute sie kopfschüttelnd an. "Also waren deine ganzen Worte von Unabhängigkeit und Neutralität des Rates nichts als Wind? Jetzt wo du eine offiziell anerkannte Voivodin bist, die Voivodin die Brügge als Domäne sieht, der gewünschte Bollturm im Westen? Ist das der Grund wieso du die Reaktion des Westens auf deine Anwesenheit wirklich fürchtest?"
Alida schüttelte mit Nachdruck den Kopf. „Leif? Verzeih mir, wenn ich das sage, aber du steigerst dich hier in eine Angelegenheit, die es nicht wert ist, dass wir uns darüber entzweien. Ich bin keine Voivodin mit Brügge als Domäne oder was auch immer. Meine Loyalität, das bestätige ich gerne ein weiteres Mal, gilt Brügge. Aber es gibt viele Rollen, die man in den Nächten seiner Existenz zu spielen hat. Ich bin mir sicher, du selbst weißt ein Lied darüber zu singen… Ich bin eines der Oberhäupter einer Kaufmannsfamilie, Kainitin im Rat, Verbündete von euch, Kind eines Drachen und nun eben auch Mitglied dieses Clans. Ich will, dass du weißt, dass ihr an erster Stelle kommt auch wenn ich mich mit einem Mitglied meines Clans unterhalte oder einem von ihnen einen Gefallen tun werde. Weder liefere ich Brügge aus, noch verrate ich meine Ideale oder euch.“
"Und doch unterstützt du ohne auch nur den Hauch eines Zweifels zu zeigen die Leute die alles woran WIR geglaubt haben brennen sehen wollten?" Die Frage war trocken und Leif schien keine Antwort zu erwarten? Wie bist du in der Lage DAS? mit deinen sogenannten Idealen zu vereinbaren? Wieviel Rollen musst du tagtäglich spielen?" Leif wandte den Blick ab. "Weißt du Alida ich würde dir gerne glauben, aber Draga war einmal an genau dem gleichen Punkt wie du jetzt und wir wissen alle was daraus geworden ist."

Bild

Alida schmunzelte. „Du vergleichst mich mit Draga Nefedov? Wie schmeichelhaft…“ Sie sah ihn erneut eindringlich an. „Wer sagt, ich hätte keine Zweifel, würde nicht hinterfragen? Oder, dass ich ohne mit der Wimper zu zucken sofort pariere, nur weil ein Andrej oder ein Vladimir einen Auftrag erteilen?“ Sie rückte etwas näher an ihn heran. „Es ist eigentlich ganz einfach, Leif… Das alles ist eine Sache des Vertrauens… Vertraust du mir?“ Sie streckte ihm die Hand entgegen, schloss dann aber die Finger, als wäre ihr just in diesem Moment etwas eingefallen.

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Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


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BeitragVerfasst: Do 1. Dez 2016, 20:48 
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“Das ist eine schwierige Frage Alida.” Leif kratze sich am Hinterkopf und setzte sich auf das Bett. Er musste seinen Gedanken ordnen und durfte sich nicht von seinen Emotionen davontragen lassen. Gespräche mit der Tzimisce waren schon wegen geringeren Worten eskaliert und das hatte die blonde Händlerin nicht verdient. Sie war zu ihm gekommen und hatte ihm etwas offenbart. Etwas das ihr sicherlich nicht leicht gefallen war zu erzählen und er durfte sie dafür nicht bestrafen. Früher oder später wäre ihre neue Vorliebe für den Osten sicherlich herausgekommen, aber sie hatte es ihm erzählt und das war auch so etwas wie ein Vertrauensbeweis. Manchmal, wenn man ein Wort immer wiederholte verlor es im Kopf jegliche Bedeutung und so fühlte sich Leif im Moment auch mit diesem magischen Wort vor. ‘Vertrauen.’ Was genau bedeutete Vertrauen eigentlich unter Kainiten? Unter Freunden und Bekannten? Unter Ratsmitgliedern? Er hatte nie so genau darüber nachgedacht was es für ihn ausmachte, aber ihm fiel plötzlich etwas auf. Er war ohne auch nur einen Moment zu zögern in Alidas Schiff gestiegen um damit nach Venedig zu fahren, ohne auch nur einen Moment an seiner Sicherheit zu zweifeln. War das Vertrauen? Sie hatten unzählige Male zusammen gekämpft, gelitten, gewonnen und dem endgültigen Tod ins Auge geblickt. Wenn es darauf ankam, wenn er sich nur auf sein Gefühl und sein Herz verließ hatte er noch nie an Alida gezweifelt. Leif seufzte und suchte Alidas Blick. Er hatte eine unangenehm lange Zeit geschwiegen. “Ich glaube ich vertraue dir von allen Kainiten die momentan in Brügge leben am Meisten. Wenn es wirklich darauf ankam, wenn wir am Abgrund standen oder bereits alles verloren schien haben noch immer zusammen gekämpft und was noch viel wichtiger ist, nie aufgegeben.” Leif sammelte sich eine Sache war da trotzdem noch. Ein aber, welches allerdings nichts mit Vertrauen zu tun hatte. “Ich vertraue dir Alida, aber ich fürchte mich auch vor dir. Vor deiner Unbeugsamkeit, deiner Härte und Unversöhnlichkeit wenn es um deine Familie, deine Leute oder deine Stadt geht. Du bist beinahe fanatisch wenn es darum geht diese Dinge nach deinen Vorstellungen zu erhalten. Dein Wunsch zu beschützen ist so stark, dass ich manchmal das Gefühl habe das es den Rest deiner Wahrnehmung beeinflusst. Vor genau dieser Alida habe ich Angst, denn dann sehe ich in ihren Augen das gleiche Glitzern, wie in denen von Bischof Martin der seinen Kreuzzug gegen das Unheilige mit allen Mitteln führt oder einer Draga die von Herzen davon überzeugt ist das Brügge ihr gehört. Deshalb habe ich dich vorhin mit ihr verglichen auch wenn es sicherlich nicht fair war.” Leif machte sich bereit für Protest, eine Rechtfertigung oder Vorwürfe seitens der Tzimisce, fügte aber schnell noch etwas an. “Ich weiß, wo dieser Weg hinführt, wenn man alles für eine bestimmte Sache tun würde, eine Idee die Realität werden soll, für ein Ideal oder auch eine Person die man beschützen will und damit meine ich wirklich alles. Ich bin dort gewesen und mir graut vor dem Tag an dem ich herausfinden könnte zu was du in der Lage bist, wenn du am Ende dieses Pfades angekommen bist.”

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