Seit 10 Tagen waren sie nun schon auf See. Vor wenigen Tagen hatte die Mannschaft in Gibraltar einen Zwischenstopp eingelegt um frisches Wasser und Vorräte aufzunehmen und das milde Klima war erholsam nach dem langen Winter in Flandern.
Seitdem zog die Küste Afrikas zu ihrer Rechten dahin. Leif lag in der winzigen Kammer ganz im untersten Teil des Schiffes und spürte das langsame Erwachen, das wieder untotes Leben in seine Glieder brachte. Ein lautes Poltern ließ ihn herumfahren und mit einem Mal war er hellwach. Etwas riss an ihm und wollte ihn schon aus seiner Koje reißen, doch gelang es ihm sich mit der Linken am hölzernen Rand festzuklammern und liegen zu bleiben. Draußen musste hoher Seegang sein. Ein Sturm.
Leif war sofort hellwach. Ein Sturm war nichts Ungewöhnliches im November und auch wenn das Mittelmeer in der Regel Schiffen gegenüber freundlicher gesonnen war, als Nordsee, Atlantik und Ostsee durfte man die Macht des Meeres nie unterschätzen. Er schlief immer bekleidet, und ohne eine weitere Verzögerung rannte er in Richtung Deck um sich einen Überblick zu verschaffen. Mutter Natur war manchmal unberechenbar und wahrscheinlich wurde jede Hand an Deck gebraucht.
Draußen herrschte heilloses Durcheinander. Offensichtlich mussten ein oder zwei Seemänner von Bord geworfen worden sein, denn ein Teil der Crew hielt an Backbord nach Ausschau und schrie in den Wind.
Draußen war ein harter Sturm in Gange und gigantische Wellen rissen an dem Schiff als wäre es eine Nussschale. Nur mit Mühe gelang es Leif sich auf den nassen, glitschigen Planken zu bewegen. Vor sich erkannte er Alida, die aus dem Inneren gestürmt kam, das Deck betrat und von einem Brecher von den Füßen geworfen wurde. Voller Wucht wurde sie von dem unnachgiebigen Wasser an die Reling geschmissen.
Die Situation war schlimmer und auch gefährlicher als Leif vermutet hatte. Alles ging drunter und drüber und auch wenn er sich irgendwie auf den Beinen halten konnte, wusste er, dass es sich mehr um Glück als um Können gehandelt hatte. Der Salubri unternahm ein paar beherzte Schritte in die Richtung von Alida, während er versuchte sich irgendwo festzuhalten oder ein Seil aufzutreiben.
Während er noch sich kaum auf den Beinen haltend, auf sie zutorkelte, riss mit einem mal eine der Takelagen und ein Balken raste auf ihn zu. Im letzten Moment gelang es ihm auszuweichen.
Das war knapp dachte Leif noch als der Balkan sich schon wieder von ihm entfernte. Er rief in den Sturm hinein, in der Hoffnung, die Händlerin würde ihn hören. “Alida! Halt dich irgendwo fest.” Wenn einer von ihnen von Bord gerissen werden würde, käme jede Hilfe zu spät.
Es war der blonden Frau gelungen sich wieder an der Reling nach oben zu ziehen. Ein weiterer Brecher hatte sie nicht mitreißen können. Während Leif noch in ihre Richtung schaute bemerkte er etwas viel Schlimmeres: Mehrere Taue hatten sich gelöst und der Mast wurde nur noch auf einer Seite verstärkt. Wenn nicht innerhalb weniger Augenblicke ein Wunder geschähe, dann würde der Mast brechen und einen Großteil des Schiffes und der Besatzung mit sich reißen.
Leif hörte das Holz bersten und mit vor Furcht geweiteten Augen zeigte er auf die Quelle des Geräusches, während er Alida zuschrie: “DER MAST!” Dann rannte er in die Mitte des Schiffes in der Hoffnung noch irgendetwas tun zu können um das Unglück abzuwenden.
Leif erkannte eine seltsame Konstruktion, die die Seile an die rechten Positionen ziehen sollte, doch sie war ausgerissen. Irgendwie wäre es sicher möglich die Taue wieder an die richtigen Stellen zu bringen, aber er hatte in diesem Moment keine Ahnung wie das gelingen konnte. Er konnte Alida sehen, die zu ihm aufschloss. „Hier!“ Er konnte ihre Stimme gegen das Geräusch des Sturmes kaum hören, doch sah er den sich bewegenden Mund. Sie drückte ihm ein Tau in die Hand. „Das musst du dort einfädeln und dahinten dran ziehen.“ Das Wasser klatschte ihr wie eine offene Handfläche ins Gesicht.
Sie hatten keine Zeit und Leif folgte Alidas Anweisungen. Sie mussten alles tun was sie konnten um diesen Mast zu stabilisieren. Das Wasser war eiskalt, doch zum Glück spürte er die niedrigen Temperaturen kaum und seine Hände konnten ohne Einschränkung versuchen die Taue wieder in die richtige Position zu bringen.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern. Das Wasser rann an ihm herab, die Wellen rissen an der Bordwand und nur mühsam hielt er das Gleichgewicht während er gleichzeitig Taue zurück an ihren Platz hievte. Alida tat es ihm auf der anderen Seite gleich. Es war keine alltägliche Tätigkeit für ihn und es fiel ihm schwer. Mit all seiner Kraft riss er an dem letzten Seil und er bemerkte, dass sich die Leinen zu spannen begannen. Er tat einen Schritt zurück und konnte erkennen wie sich die Halterungen des Mastes verstärkten.
Früher einmal hatte er mehr Ahnung von Schiffen gehabt und all die wichtigen nautischen Handschläge und Vorgänge waren ihm erheblich leichter gefallen, aber inzwischen hatte er so viel vergessen. Die Zeiten in denen er den größten Teil seines Leben auf See verbracht hatte, waren nun schon weit über 200 Jahre vergangen und die Seefahrt hatte sich seit dieser Zeit weiterentwickelt. Zumindest mehr als er selbst. Leif wischte sich eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht und schaute zum Mast. Hoffentlich würde ihre Konstruktion halten, bis sich der Sturm gelegt hatte und sie die Schäden ordentlich reparieren konnten. "Glaubst du das wird halten, Alida." Er schaute zu der blonden Händlerin.
Sie sah in die schwindelerregende Höhe und nickte dann. „Vorerst.“ Leif erkannte in einiger Entfernung den Kapitän des Schiffes. Erfolgreich war es ihnen gelungen einen Seemann zurück an Bord zu ziehen. Der Mann hatte sich erschöpft an ein Fass gelehnt und spuckte Wasser. Neben ihm stand Lilliana, die ihm auf den Rücken klopfte und behutsam das nasse Wasser aus der Stirn wischte.
“Zum Glück.” Mehr brachte Leif nicht heraus und ging in Richtung des immer noch Wasser spuckenden Matrosen und Lilliana. “Er sollte unter Deck gehen.” Leif schaute sich auf dem Rest des Schiffes um und versuchte sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen.
Der Kapitän nickte in Leifs Richtung. „Wir kümmern uns um den Mann. Wir haben einen guten Schiffsarzt. Geht unter Deck! Wir haben hier alles im Griff.“
“In Ordnung.” Er folgte der Anweisung des Kapitäns ohne weitere Diskussionen. So sehr er auch manchmal Probleme mit Autoritäten hatte, wusste er doch das es für die Sicherheit eines Schiffes unerlässlich war Anweisungen zu folgen. Außerdem würde es auch nicht Schaden die Kleidung zu wechseln. Kälte machte ihm nichts aus, aber Leder und Stoffe waren nass erheblich schwerer und unflexibler als trockene Kleidung.
Leif stieg hinab in seine Kabine. Er fand den Weg mit etwas Mühe, denn ein Großteil der Lampen war erloschen. Drin war er gerade dabei die alten Kleider abzulegen und neue aus der Kiste zu suchen, die er mitgenommen hatte, als es an der Tür klopfte.
Leif ignorierte das Klopfen für ein paar Herzschläge und wechselte seinen durchgeweichten Wams gegen ein Leinenhemd. Dann öffnete er die Tür, neugierig wer vor seiner winzigen Kabine stand.
Der Nordmann erkannte Alida, die sich am Türpfosten festhielt. Obwohl der Seegang mittlerweile deutlich nachgelassen hatte, schwankte das Schiff noch immer. Sie war noch immer klatschnass und die Haare klebten ihr in der Stirn. „Hast du ein paar Minuten für mich, Leif?“ Sie sah nachdenklich aus.
“Sicher Alida.” Er lächelte ihr zu. Er bat sie in seine winzige Kabine hinein. Es war wenig Platz in der Kammer, aber niemand würde sie hier belauschen können. “Ich würde dir ja vorschlagen trockene Sachen anzuziehen damit du nicht krank wirst, aber irgendwie wäre das überflüssig.” Leif hing sein nasses Wams notdürftig zum Trocknen auf und bedachte die Tzimisce dann mit voller Aufmerksamkeit. “Worum geht es Alida? Sind die Schäden am Schiff schlimmer als gedacht?”
Alida trat ein und schloss die kleine Türe wieder hinter sich. „Danke für deine Unterstützung oben an Deck. Ohne dich wäre der Mast bestimmt runter gekommen. Keine Ahnung wie's mit weiteren Schäden aussieht. Das volle Ausmaß der Schäden wird sich der Mannschaft erst morgen bei Tageslicht eröffnen. Ich hoffe, wir verlieren nicht zu viel Zeit durch diesen Sturm. Immerhin soll dieses Fest ja mehr als pünktlich starten.“ Sie suchte nach einer Möglichkeit sich hinzusetzen, als sie bemerkte, dass ihre Kleidung noch immer tropfte, entschied sie sich dazu zu stehen. „Leif? Die ganze Sache mit Venedig und diesem Friedensvertrag… Was denkst du darüber?“
Leif kratzte sich am Kopf und als Alida Venedig erwähnte, hatte er das Schiff schon wieder fast vergessen. Auch er hatte sich schon Gedanken um den Friedensvertrag gemacht und fragte sich immer öfter auf welche Schlangengrube sie gerade zusteuerten. Er zuckte mit den Schultern. “Ich weiß es nicht, Alida. Ich glaube er ist für beide Seiten eine Notwendigkeit. Die Tremere und Ventrue auf beiden Seiten reiben irgendwann auch die härtesten Tzimisce auf und die Lehen des schwarzen Kreuzes haben mit ihrer Größe und geografischen Lage genügend innere Probleme um diesen Krieg weiter in die Länge zu ziehen.” Leif schwieg und schaute auf einen nicht näher definierten Punkt auf einer Schiffsplanke. “Ich glaube wir sollten vorsichtig sein, denn irgendjemand vielleicht Frankreich, England oder eine bis jetzt unbekannte Fraktion werden versuchen den Friedensvertrag zu sabotieren. Ihr Motiv wird darin liegen, dass sie mehr mit einem fortgeführten Omenkrieg zu gewinnen als zu verlieren haben. Deshalb sollten wir genau darauf Acht geben, wem wir in Venedig vertrauen.”
Alida nickte. „Ich frage mich manchmal, warum ausgerechnet wir geladen sind. Brügge ist eine nicht unbedeutende Stadt, aber von Interesse sind wir für die Serenissima nicht wirklich im Vergleich zu den mächtigen italienischen Metropolen.“ Sie seufzte und setzte sich schließlich dich auf eine Kiste.
"Wenn der Osten und die Lehen Frieden schließen, dann betrifft das nicht nur Italien, sondern den ganzen Kontinent." Leif überlegte "Es wird aus Höflichkeit und Verpflichtung geschehen sein, dass eine Einladung an uns gegangen ist. Immerhin sind wir die Herren von Brügge, egal wie man es definiert."
Alida nickte, holte tief Luft und ließ diese langsam wieder zwischen den Lippen entweichen. Sie sah auf ihre Hände, dann zögernd zu Leif. „Prinzipiell hätte man es als Affront gegen den Osten ansehen können, dass wir geladen sind. Wenn man bedenkt, dass wir in der Lage waren einen Angriff der Unholde zurück zu schlagen. Aber ich weiß, dass dem nicht mehr so ist.“ Leif konnte ihr ansehen, dass es ihr nicht leicht viel weiter zu sprechen. „Ich war vor ein paar Jahren im Osten. Notgedrungen. Freiwillig hätte ich mich da nie hingewagt.“
Leif schnaubte. "Eine Invasionsarmee hat kein Recht darauf pikiert zu sein, wenn man sie in ihre Schranken weist. Sie hatten kein Recht, die Dinge zu tun, die sie der Stadt angetan haben und das haben wir Ihnen hoffentlich verständlich klar gemacht." Leif schlug gegen eine der Planken und wurde wieder ruhig. Seine Stimme verriet nichts mehr über die vorangegangene Wut. "Ich glaube niemand geht gerne freiwillig das erste mal in den Osten, aber die Erfahrung prägt sicherlich."
Alida stimmte ihm zu. „Nein, eine Invasionsarmee hätte kein Recht darauf pikiert zu sein. Aber hier treffen sich Vladimir Rustovich und Hardestadt um Frieden auszuhandeln und man setzt dem einen jemanden vor die Nase, der dem Osten vor ein paar Jahren gezeigt hat, dass man nicht alles mit sich machen lässt. Egal. Keiner aus dem Osten wird pikiert sein. Und ich bin nach wie vor mehr auf stolz darauf, dass wir sie in hohem Bogen aus der Stadt schmeißen konnten.“ Sie grinste wurde aber schlagartig ernst als ihr wie immer die Verluste in den Sinn kamen. „Im Osten gelten wir als tapfere Verteidiger unserer Heimat. Es gibt wenig worauf ein Tsimiske stolzer sein kann.“
"Ich glaube, du machst dir zu viele Sorgen, Alida." Leif lächelte aufrichtig. "Sicherlich gibt es mehr als nur uns, Führer und Prinzen von Domänen, die der einen oder anderen Seite auf die Füße getreten sind." Dann wurde er wieder ernster. "Im Grunde ist es mir völlig gleich, was der Osten von uns denkt, Alida. Es tut mir leid, das zu sagen, aber ich hatte genug Kontakt mit Mitgliedern deines Clans um zu hoffen das sie uns in Brügge so viel in Ruhe lassen wie es irgendwie geht."
„Das werden sie. Da kannst du dir sicher sein.“ Sie seufzte, begann dann aber von Neuem. „Seit ich den Kuss erhielt, hatte ich stets Angst, dass die Tsimiske eines Tages nach Brügge kommen würden. Ich war… hm… nun sagen wir einfach, es gab Kainiten, die meine Existenz nicht unbedingt mit Wohlwollen gesehen haben. Ich war froh, dass Flandern zig Tausend Meilen von Russland entfernt ist und hoffte, dass es mir auf immer und ewig erspart bleiben würde. Dem war leider nicht so. Zuerst Draga und in ihrem Gefolge ein Voivodat und schließlich eine ganze Armee…“ Sie schwieg lange Zeit. Erst als das Schweigen unangenehm zu werden schien, fuhr sie fort. „Während ich im Osten war hat sich einiges gewandelt. Ich bin kein Schandfleck der Familie mehr, sondern ein geachtetes Mitglied meines Clans. Im Westen wird mir das mehr schaden als nutzen, fürchte ich mitunter.“
Leif hörte Alida aufmerksam und gespannt zu. Er seufzte schließlich. "Es freut mich zu hören, dass du deine internen Angelegenheiten geklärt hast." Der Salubri meinte die Worte ehrlich auch wenn er nicht wusste, was genau Alida damit meinte. Er setze sich auf das Bett und lehnte sich an die Holzplanken des Schiffes. "Was alles andere angeht, glaube ich, dass es immer jemanden geben wird, der Anstoß an den Dingen nehmen wird, die wir tun. Sieh es positiv. Du hast das Misstrauen des Ostens gegen das des Westens eingetauscht. Wenigstens nehmen Mithras, Salianna und Co. deine Entscheidungen nicht persönlich. Das ist immerhin eine kleine Verbesserung."
„Ich war bei der Rückeroberung von Ceoris dabei. Manch einer mag das persönlich nehmen… Aber Ceoris war geraubtes Land. Und da ist mir gleich, was so mancher Tremere denken mag.“ Sie sah Leif an. „Rustovich ist der derzeitige Voivode der Drachen. Ich hoffe und denke, es wird nie soweit kommen, aber wenn es mir unmöglich sein sollte neutral zu bleiben, dann wird ihm und seinen Gefolgsleuten vor Hardestadt meine Loyalität gelten. Ich denke, es ist wichtig, dass du das weißt.“
Leif wurde beinahe noch bleicher, wenn das auch nur irgendwie möglich war. "Geraubtes Land?" Er schaute sie mit geweiteten Augen an und stand von dem Bett auf um so viel Distanz zwischen sich und Alida zu bringen wie irgendwie möglich war in dem kleinen Raum. Er sagte lange Zeit nichts, denn er wusste, dass er seine Worte klar formulieren musste, denn sonst würde Alida daran Anstoß nehmen. Trotzdem konnte er das nicht einfach auf sich beruhen lassen. "Alida darf ich dir eine Frage stellen?" Die Formulierung war rhetorischer Natur, weshalb Leif gleich weitersprach. "Wie machst du eigentlich fest das irgendwem Land gehört Alida?" Der Salubri nahm mit Schauer wahr, was seine alte Verbündete ihm sonst noch erzählt hatte. Sie war bei der Eroberung von Ceoris dabei und ihre Loyalität galt plötzlich den Tzimisce des Ostens, etwas das sie so viel Jahrzehnte verneint und bestritten hatte. Es war unwirklich und noch hatte er all diese neuen Informationen gänzlich verarbeitet
„Wenn Kainiten in die Domänen anderer eindringen und an einem besonders magisch gewandelten Flecken eine Trutzburg erobern und diese zu einem Bollwerk ihrer magischen Blutmagie ausbauen, dann ist das für mich ‚geraubtes Land‘.“
Leif war sprachlos. Alida zitierte brav die Propaganda der Tzimisce, genauso wie ein artiges Schulkind aus Lillianas Waisenhaus. Was hatten sie im Osten mit ihr gemacht? “Dann bedeutet das nur weil jemand lange genug irgendwo gelebt hat, rechtfertigt das Besitzansprüche?"
Alida schüttelte den Kopf. „Leif? Das ist doch für uns beide alles absolut gleich. Wen von uns beiden interessieren die Besitzansprüche im Osten? Der Omenkrieg hat bis vor kurzem getobt und auf beiden Seiten massive Verluste mit sich gebracht. Ich habe auf der Seite meiner kainitischen Familie gegen die Tremere gekämpft. Meine Loyalität gilt von jeher und für alle Zeit Brügge, euch und meiner Familie. Ich persönlich jedoch werde mich in einem Zwist zwischen Hardestadt und Rustovich auf die Seite des schwarzen Monarchen stellen. Das war es, was ich dir mitteilen wollte.“
Leif wusste nicht so recht worauf Alida hinauswollte, aber irgendetwas, dass er noch nicht genau benennen konnte störte ihn. “Was willst du mir sagen Alida? Das deine Loyalität Brügge gilt, aber du dich vorsorglich auf die Seite deines Clans schlägt, weil man weiß ja nie was kommt?” Leif wurde unruhig und seine Stimme hob sich. “Die Leute die Brügge, DEIN Brügge, DEM Brügge dem du gerade deine Loyalität geschworen hast in eine verdammten SCHLACHTHAUS verwandelt haben?” Leif lachte auf. “Das kann nicht dein Ernst sein.” Er schaute sie entgeistert an.
Alida schüttelte den Kopf. Sie schien seine Wut zu verstehen. „So einfach ist das alles nicht, Leif. Zumindest nicht für mich. Und manchmal wünschte ich mir, es wäre noch so.“ Sie schwieg einen Moment. „Vladimir Rustovich und die meisten seiner Verbündeten hatten nichts damit zu tun. Nicht, dass sie irgendetwas dagegen gehabt hätten, aber für die meisten war es schlichtweg Ressourcenvergeudung. Und derjenige, der etwas damit zu tun hatte, Andrej, nun ja. Ich weiß bis heute nicht genau, warum er es getan hat. Um einen Bollturm im Westen zu haben? Um die Stadtkassen einer reichen Metropole plündern zu können? Um mich zu vernichten und damit dem Voivoden der Voivoden einen Gefallen zu tun? Manchmal denke ich, es sollte eine Herausforderung an meine Verbündeten und mich sein um zu beweisen, wie armselig wir mit dem Rat doch hätten sein sollen. Ich habe keine Ahnung.“ In dieser Angelegenheit sind die Unholde völlig anders als wir. Für sie ist es eine verlorene Schlacht und wenn man sich mit ihnen unterhält gewinnt man den Eindruck sie reden über einen Faustkampf zwischen Freunden.“ Sie seufzte erneut. „Ich wusste, dass du so reagieren würdest. Deshalb hab ich lieber geschwiegen…“ Sie sah ihn an und suchte nach etwas.
"Wie sonst hätte ich auf eine solche Offenbarung reagieren können, oder auch nur dürfen Alida?" Er schaute sie beinahe verzweifelt an. "Willst du mir wirklich sagen, dass die Tatsache das deine Tzimiscefreunde Brügge nur als SPIEL gesehn haben alles besser macht und nicht erheblich schlimmer??" Leif war aufgelöst und wusste nicht so recht wie es gerade zu dieser Situation kommen konnte. "Weißt du Alida egal was in Venedig pasiert, aber du solltest überhaupt keine Meinung haben in diesem Konflikt. Du vetrittst Brügge in den Nächten die kommen werden und nichts anderes, eine Lektion die du jedem anderen von uns so oft eingebläut hast." Er schaute sie kopfschüttelnd an. "Also waren deine ganzen Worte von Unabhängigkeit und Neutralität des Rates nichts als Wind? Jetzt wo du eine offiziell anerkannte Voivodin bist, die Voivodin die Brügge als Domäne sieht, der gewünschte Bollturm im Westen? Ist das der Grund wieso du die Reaktion des Westens auf deine Anwesenheit wirklich fürchtest?"
Alida schüttelte mit Nachdruck den Kopf. „Leif? Verzeih mir, wenn ich das sage, aber du steigerst dich hier in eine Angelegenheit, die es nicht wert ist, dass wir uns darüber entzweien. Ich bin keine Voivodin mit Brügge als Domäne oder was auch immer. Meine Loyalität, das bestätige ich gerne ein weiteres Mal, gilt Brügge. Aber es gibt viele Rollen, die man in den Nächten seiner Existenz zu spielen hat. Ich bin mir sicher, du selbst weißt ein Lied darüber zu singen… Ich bin eines der Oberhäupter einer Kaufmannsfamilie, Kainitin im Rat, Verbündete von euch, Kind eines Drachen und nun eben auch Mitglied dieses Clans. Ich will, dass du weißt, dass ihr an erster Stelle kommt auch wenn ich mich mit einem Mitglied meines Clans unterhalte oder einem von ihnen einen Gefallen tun werde. Weder liefere ich Brügge aus, noch verrate ich meine Ideale oder euch.“
"Und doch unterstützt du ohne auch nur den Hauch eines Zweifels zu zeigen die Leute die alles woran WIR geglaubt haben brennen sehen wollten?" Die Frage war trocken und Leif schien keine Antwort zu erwarten? Wie bist du in der Lage DAS? mit deinen sogenannten Idealen zu vereinbaren? Wieviel Rollen musst du tagtäglich spielen?" Leif wandte den Blick ab. "Weißt du Alida ich würde dir gerne glauben, aber Draga war einmal an genau dem gleichen Punkt wie du jetzt und wir wissen alle was daraus geworden ist."
Alida schmunzelte. „Du vergleichst mich mit Draga Nefedov? Wie schmeichelhaft…“ Sie sah ihn erneut eindringlich an. „Wer sagt, ich hätte keine Zweifel, würde nicht hinterfragen? Oder, dass ich ohne mit der Wimper zu zucken sofort pariere, nur weil ein Andrej oder ein Vladimir einen Auftrag erteilen?“ Sie rückte etwas näher an ihn heran. „Es ist eigentlich ganz einfach, Leif… Das alles ist eine Sache des Vertrauens… Vertraust du mir?“ Sie streckte ihm die Hand entgegen, schloss dann aber die Finger, als wäre ihr just in diesem Moment etwas eingefallen.