Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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 Betreff des Beitrags: Das Erbe Flanderns
BeitragVerfasst: Mo 13. Okt 2014, 21:30 
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mit tausen Rechtschreibfehlern...

Über Kobalt erreicht Lucien eines nachts im Frühjahr des Jahres 1202 ein Brief. Das eigentlich für Leif Thorson bestimmte Pergament unterrichtet den Gangrel darüber, dass sich der Erbe des Herzogtums Flandern derzeit aufgrund des strengen Winters und anderer widriger Umstände verborgen in Brügge aufhält. Die Entführung des noch minderjährigen Thronerben ist von französischer Seite geplant, soll jedoch offiziell als Anschlag des derzeit ohne königlichen Führer (Richard Löwenherz ist gefangen auf Burg Trifels in den deutschen Landen) dastehenden Engländer, dargestellt werden. Frankreich hofft auf Vergrößerung seines Machteinflusses bei einem Krieg zwischen England und Flandern, der bei einer gelungenen Entführung und Festsetzung in England auf jeden Fall folgen wird.
Da Leif noch in Starre liegt und sich Gerrit in Paris aufhält, wendet sich Kobalt an den Gangrel. Dieser beauftragt den Nosferatu jegliche Informationsquellen zu nutzen um den Aufenthaltsort des Dauphins ausfindig zu machen. Derweil mobilisiert der Hauptmann der Stadtwache die Abriegelung der Stadt. Kobalt wendet sich wenige Stunden später erneut an ihn. Ein Knecht habe im Haus derer von Bennington die Ankunft von zwei Knaben vor zehn Wochen bemerkt. Lucien begibt sich zu dem Haus und schildert dem Herren Richard von Bennington sein Anliegen. Dieser ist ihm zunächst ablehnend gegenüber eingestellt, doch gestattet er schließlich ein Treffen zwischen den Jungen und dem Hauptmann. Lucien trifft die Jungen in Anwesenheit eines starken jedoch tauben Dieners und schildert seine Bedenken und fordert die Jungen auf ihm zu folgen. Es handelt sich um zwei Knaben, einer blond und ein wenig kleiner als der andere, der größere mit braunem Schopf und irritierenderweise dem Gangrel wie aus dem Gesicht geschnitten.

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Er fordert die Jungen auf ihn um Mitternacht beim Belfried zu treffen. Erst als er ihnen seine wahre Natur zeigt sind die beiden bereit auf sein Angebot einzugehen. Lucien macht sich derweil zum Westtor auf um mit seinen Männern zu beratschlagen. Trotz seiner Bemühungen gelingt es einer Gruppe Männer über die Stadtmauer zu gelangen. Lucien und Joachim ohne Schwert gelingt es die meisten der Attentäter zu töten, doch können drei entkommen. Lucien rast zum Belfried, bemerkt jedoch bereits auf dem Weg dorthin drei Gestalten, die zwei Jungen entführt haben. Lucien stellt sich ihnen in den Weg, doch die drei teilen sich auf. Derjenige mit den Jungen im Schlepptau eilt gen Hafen und verschwindet plötzlich mit den Kindern vom Erdboden. Lucien legt die restlichen Meter zum Hafen zurück und bemerkt in der Ferne ein Boot, das auf ein Schiff zurudert. Dieses scheint trotz der stürmischen See gerade Segel setzen zu wollen. Lucien wechselt in die geflügelte Gestalt und macht sich an die Verfolgung Als er näher kommt bemerkt er an die 20 muskulöse Männer, die Segel setzen und alles für die Abfahrt vorbereiten.
Er landete in der Gestalt eines mächtigen Bartgeiers an Bord des Schiffes und zwar hoch oben an der Takelage, dann sondierte er erst einmal das Oberdeck
Lucien in Gestalt eines Bartgeiers beobachtete das Treiben an Bord. Von Kindern oder einem vermummten Mann war nichts zu sehen.
Bei Betrachten des Gesehenen wurde Lucien bewusst, dass es für einen Entführer viel zu riskant war zwei Knaben an Deck herumlaufen zu lassen. Viel zu leicht könnte einer der beiden einen Fluchtversuch in s offene Wasser wagen sofern er des Schwimmens mächtig war. Nein. Die einzige Möglichkeit des Rückzugs war unter Deck oder in der Kajüte
Er wird sich also oben an der Takelage zurückverwandeln und dann langsam nach unten klettern. Er hat so die Vorstellung sich als Besatzungsmitglied auszugeben, solange das funktionieren sollte - wie sollte er wohl sonst an Bord gekommen sein?
Lucien kletterte geschickt die Takelage hinab. Unten blieb er einen Moment stehen um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ein kleiner alter übergewichtiger Mann mit grauem Bart rempelte ihn an. "Hey, Landratte! Was stehsten hier rum. Hier!" Er warf ihm ein Seil zu. "Mach dich am Heck nützlich!" Er deutete zum Ende des Schiffs. Der Sturm begann bereits die Segel zu blähen
Lucien fing das Seil mit einer Hand auf und musterte den Mann für eine Sekunde argwöhnisch, wer immer der Mann war, er kaufte ihm scheinbar ab das er ein Besatzungsmitglied war - oben drein wollte er noch das er sich Richtung Heck abmachte, was ihm umso gelegener kam. Er nickte kurz und brummelte ein knappes "Aye" bevor er sich mit dem Seil davon machte. Hinten angekommen, musterte er kurz die Umgebung und das Wetter - roch nach Sturm, gar nicht gut. Es gab nur zwei Möglichkeiten, wo sich die Knaben aufhalten konnten, in der Kabine oder unter Deck. Er würde wohl zunächst unter Deck nachsehen, weil es dort einfacher wäre sich umzusehen. Unten befand sich auf den ersten Blick niemand mehr. Die Besatzung machte das Schiff klar zum Segeln und Lucien erkannte an dem Rhytmus der Bewegungen, dass sie erfolgreich sein mussten. Er stieg die Treppe unter Deck hinab. Unten eröffnete sich ein dämmriger Gang von dem mehrere Türen links und rechts abgingen. Am Ende konnte er eine geschlossene Tür ausmachen
Nachdem er sich vergewisserte hatte das auch wirklich alles am Oberdeck hantierte und ihn niemand beobachtete, öffnete er alle Türen auf seinem Weg den dämmrigen Gang entlang - nur die letzte schien verschlossen. Er zögerte nicht lange, solange oben alles in Aufruhr und Lärm der windgepeitschten See verloren ging, konnte er sich hier unten relativ lautlos bewegen. Er versuchte die Tür einzutreten bzw. einzurennen.
Die Türen links und rechts führten in leere Lagerräume. Mit zwei Tritten gelang es ihm die Kabinentür einzutreten. Dahinter befand sich ein erleuchteter Raum. Sofort erkannte er die beiden Jungen, an zwei Stühle gefesselt. Ihnen gegenüber saß ein Mann mit dunkler Kapuze über den Augen der die Füße nachlässig auf einen Hocker gelegt hatte. Schlamm spritze auf den Boden. Der Mann rührte sich um keinen Zoll. Die Bewegung des Schiffes schienen seien Körperhaltung in keinster Weise zu beeinflussen. Die Jungen sahen in seine Richtung und ein kurzes Aufblitzen in deren Augen ließ ihn eines Erkennen: Hoffnung
Lucien zog langsam und vorsichtig das Schwert aus der Scheide und begab sich in Kampfposition, die scharfe Spitze des kalten Damaszenerstahls auf den Mann mit der Kapuze gerichtet. Er umkreiste den Mann leicht und näherte sich auf diese Weise immer näher den beiden Knaben. Er wollte es bis zu den beiden schaffen um diese zu befreien aber es konnte unmöglich sein das der Vermummte ihn nicht gehört oder gesehen hatte, es sei denn er schlief tief und fest - was unwahrscheinlich war, irgendwo war noch der Kainit.
Der Mann wandte ihm kurz das Gesicht zu und Lucien sah Interesse und Amüsement in den dunklen Augen

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"Das würde ich an deiner Stelle lieber lassen." Seine Stimme war melodisch, fremd und weich wie Samt. Lucien dreht das Schwert leicht in einer Hand und fixierte den Sitzenden mit kaltem Blick, ein Mundwinkel verzog sich leicht zu einem bitteren Grinsen. "Und ich würde euch ja anraten einfach sitzen zu bleiben aber wir wissen beide, das keiner von uns dem Ratschlag des anderen Folge leisten wird nicht wahr?" Ein kurzer Blick zu den Jungen dann zurück zu dem Kapuzenträger. "Ich hoffe sie bezahlen euch gut dass euch das hier den ganzen Ärger wert ist."
"Deine Fähigkeiten sind nicht mal annähernd in der Lage deine Klinge auch nur in Nähe meiner Kehle zu bringen. Erneut lächelte er und war im nächsten Moment verschwunden. Einen Sekundenbruchteil später spürte Lucien den Luftzug einer Stimme an seinem Ohr. "Nicht wahr?" Wieder eine Sekunde später stand er hinter den Jungen und griff mit seltsamer Zärtlichkeit in die Locken des blonden Knaben, Balduin. "Nun? Welcher ist der Thronerbe?" Er führte das Kinn von Jean an sein Gesicht und musterte die grauen Augen. "Wohl der blonde. Der braunhaarige ist euch wie aus dem Gesicht geschnitten. Euer Sohn?" Er schnaubte verächtlich und wisperte wie zu sich selbst. "Wer wagt es wohl heute noch sein Herz an sterbliches zu hängen?" Er sah wieder in Luciens Richtung
Lucien kniff die Augen zusammen fixierte den Holzstuhl der eben noch dem offensichtlichen Assamiten als Sitzgelegenheit gedient hatte und biss die Zähne zusammen als er die Stimme an seinem Ohr hörte. Schnell, schnell, lautlos und tödlich - das würde kein leichter Kampf werden. Bei diesem Blutsäufer handelte es sich ohne Frage um einen erfahrenen Haschaschin. Er wünschte sich Gerrit wäre hier und würde wenigstens den Rest der Mannschaft aufmischen aber wie so oft, war er allein. Er drehte sich Richtung der Jungen und legte den Kopf schief. "Ich wäre wohl ein Narr euch den Thronerben zu verraten meint ihr nicht? Im Übrigen könnt ihr beruhigt sein, ich lasse mich nicht allzu sehr mit Sterblichen ein, das dieser da mir ähnlich sieht mag ein merkwürdiger Zufall sein." Er lächelte knapp.
"Nun, ich sehe ihr versteht euer Handwerk, dann muss und darf ich mich wohl auch nicht zurückhalten, betrachtet es als Respekt euch gegenüber." Lucien verstaute das Schwert wieder in der Scheide und ließ Vitae durch seine untoten Adern pulsieren. Langsam verbog sich das Fleisch unter seiner Haut und verlängerte seine Finger zu mächtigen, unmenschlichen Klauen. "Blut und Ehre Haschaschin, viel Erfolg."
Wieder lächelte er. "Imposant, Eure Fähigkeit...... Aber zu guter letzt seid ihr nichts als ein Tier. Des wahren Kämpfens nicht mächtig" Sein Blick wanderte von den grauen Augen des Jungen zu Luciens Klingen und war für den Bruchteil einer Sekunde abgelenkt. Diese nutzte Jean um mit seinem Kopf auszuholen und seine Stirn mit aller Wucht über die er verfügte auf die Nase des Assasinen zu schlagen. "Ihr verdammter heidnischer Bastard" konnte er die Stimme des Knaben vernehmen. Ein dumpfes knöchernes Knacken entstand in dem Moment in dem die Nase brach. Der Assamit hielt sich sein Gesicht und war sofort einen Meter nach hinten gesprungen. "Respekt..." In seinen Händen hielt er zwei mächtige Waffen. "Ich könnte euch schneller in zwei Teile hacken als ihr ein Schwert ziehen könntet, aber ich habe mit all dem nichts zu schaffen. Ja, ich werde königlich für das Erledigen dieses Auftrags bezahlt. Ich schlage euch einen Handel vor, denn ich erhalte meine Belohnung bei Eintreffen der Jungen in ihrem Bestimmungsort. Ab dort geht mich ihr Schicksal nichts mehr an. Ich verrate euch wo diese Würmer hinkommen und Ihr verschwindet... " Mit einem grausigen Geräusch richtete er seine Nase wieder gerade.“Na?"
Lucien grinste und nickte als würde er den Gegenüber nur zu gut verstehen. "Ein Handel sagt ihr? Damit wir uns nicht gegenseitig in die Quere kommen hm?" Er wog seinen Kopf ein wenig nach links und rechts. "Zugegeben diese Sache hier könnte äußerst unschön enden, für euch als auch für mich. Ihr seid recht schnell, beinahe unsichtbar und dennoch, sollte ihr mich treffen zerfetze ich euch und euch dürfte bewusst sein das selbst ihr damit Probleme hättet." Er warf erneut einen Blick zu den Jungen. "Ihr bringt sie nach England und übergebt sie dort den sterblichen Wachen nicht wahr?" Er lächelte kalt. "Gut, ich begleite euch nach England, ihr übergebt die beiden und holt euch eure Belohnung danach hole ich sie mir zurück, eine nette Idee -wer aber garantiert mir das ihr mich nicht belügt und warum sollte ich euch nicht jetzt und hier zur Streck bringen?" Lucien ließ die Knöchel an seinen grotesken Klauenfingern knacken.
Wieder glitt ein Lächeln über die schwarzen Augen. "Weil ihr es nicht könntet." Er befand sich gleich darauf in der anderen Ecke des Zimmers. "Aber wenn ihr wollt könnt ihr gerne euer Leben bei dem Versuch einsetzen. Bei Allah, allah akba, ich gebe euch mein Wort euch nicht zu belügen. Auch wenn es vielleicht gar keine Sünde wäre einen Ungläubigen zu belügen. Sei's drum. Der Thronprinz soll in die große Festung nach Dover gebracht werden. Von dort wird er in einer Woche ins Landesinnere nach Hever Castle gebracht werden." Er leckte sich über die Lippen und fing einen einzelnen Blutstropfen mit der Zunge auf. "Und Ihr? Ihr verschwindet von diesem Schiff..." Lucien sah noch einen Augenblick an die Stelle an der der Assamit zuletzt gestanden hatte. Fast gelang es ihm nicht seine Augen dem Geschehen folgen zu lassen. Doch der dunkelhäutige Mann stand bereits vor Jean und schlug ihm mit der offenen Hand ins Gesicht. Ein scharfkantiger Ring hinterließ eine lange rote Narbe, die von seinem Kinn bis zum Ohr der anderen Seite blutrot aufblitzte. "Vielleicht bist du schlau genug zu lernen?" zischte er Jean zu bevor er sich wieder an Lucien wandte
Luciens Blick glitt nach links, nach rechts, fixierte den Assamiten der soeben Jean malträtierte, während sich seine Gedanken überschlugen. Diese Geschwindigkeit und noch dazu völlig lautlos und so gut wie unsichtbar. Er malte sich seine Chancen aus, spielte Szenarien einer möglichen Befreiung durch aber wie immer er es auch versuchen mochte, er war völlig allein auf diesem Schiff allein mit einem Gegner den er so nicht bezwingen konnte, zudem war da noch die versammelte Mannschaft an Deck und er befand sich auf dem offenen Meer. Er ließ die Fänge aufblitzen und seine Augen leuchteten für einen Moment rot auf, als seine Klauen sich erneut veränderten und wieder zu gewöhnlichen Fingern wurden. Lucien nickte. "Ich bin der letzte der einen Kampf scheut und wäre die Sache nicht so wichtig, so könnt ihr getrost davon ausgehen das ich mich mit aller Inbrunst vielleicht sogar in mein Verderben gestürzt hätte." Er seufzte kurz als er die Knaben erneut fixierte. "Aber die Jahrhunderte vergehen und Politik schleicht sich ins Unleben wie Schimmel in einen feuchten Keller - euer Vorteil Haschaschin, euer großer Vorteil und mein Nachteil." Er trat einige Schritte rückwärts Richtung Tür. "So sei es, ich verlasse mich auf euer Wort als Kämpfer und Assasine, nicht als Ehrenmann den für Ehre können wir uns nichts kaufen. Ich lasse euch ziehen auf das ihr eure Belohnung entgegen nehmen könnt aber seid euch gewiss, ich hole mir die beiden zurück."
Er drehte sich zum Gehen. "Und behandelt sie so gut ihr könnte, für uns so als auch für eure Geschäftspartner sind sie lebendig und unversehrt mehr wert als gebrochen und tot." Er sah zu den beiden Jungen und nickte ihnen zu, ein Blick in den Augen, ein Versprechen - er würde wiederkommen. "Merkt euch meinen Namen, Lucien Sabatier, der Schattenwolf. Vielleicht sieht man sich eines Nachts ja wieder Haschashin."
Der blonde Junge sah ihm mit vor Angst weit geöffneten Augen zu: "Lucien??? Nicht." doch der braunhaarige stieß ihn von der Seite so gut es ihm möglich war an. "Tut das nicht!" Er wusste, was Luciens Worte und sein Blick zu bedeuten hatten.
Der Assasine nickte. "Ich wusste, ihr habt Verstand, Gangrel. Und ihr kennt eure Fähigkeiten und eure Grenzen. Das mag euch Allah zu gute halten. So vergesst auch meinen Namen nicht: Muhammed Ibn Sinaid, Geißel der mondlosen Nächte." Er lächelte.
Lucien nickte - "Ich werde ihn mir merken Muhammed. Auf das wir uns dereinst wiedersehen in der ewig kalten Umarmung der mondlosen Nächte dieser Welt. Haltet euer Versprechen, sonst könnt ihr euch sicher sein das kein Gott, kein Allah, Jesus oder goldenes Kalb euch vor mir retten können. Ich komme viel herum und wie jeder von uns, habe ich eine ganze Menge Zeit und Muse." Damit verschwand er durch die dunkle Holztür und begab sich wieder auf das Oberdeck.

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Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Zuletzt geändert von Alida am Fr 20. Nov 2015, 17:11, insgesamt 2-mal geändert.

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Verfasst: Mo 13. Okt 2014, 21:30 


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 Betreff des Beitrags: Re: Das Erbe Flanderns
BeitragVerfasst: Fr 9. Jan 2015, 19:24 
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als Einstimmung für Sonntag:
Man hatte sich dazu entschlossen den Thronfolger Balduin sowie seinen Gefährten Jean vorerst im Anwesen der Familie van de Burse unterzubringen. Unter Alidas Nichten und Neffen, den Kindern der Hausangestellten, Knechten und Mägden würden zwei weitere Köpfe zum einen nicht weiter auffallen, zum anderen waren sie hier stets unter Beobachtung.
Man hatte über Sir Richard Bennington Kontakt zum flandrischen Königshaus aufgenommen und einen Tag für die Überstellung des Thronfolgers ausgemacht.
Zwei Wochen nach ihrer Ankunft von England war es soweit: die große dunkle Kutsche stand bereit um den blonden Jungen abzuholen. Aber nicht nur die emsigen königlichen Bediensteten warteten darauf ihre Aufgabe zu erfüllen, sondern auch zwei Männer, die sich am Tor der Familie van de Burse verabredet hatten, beide hoch gewachsen, der eine mit schwarzem, der andere mit dunkelblondem Haar. Sie hatten es sich zum Ziel gemacht den anderen Knaben, Jean, mitzunehmen um ihm die Fragen zu stellen, die über sein weiteres Schicksal entscheiden würden.
Einige Zeit warteten sie am Tor, als jedoch auch nach einer Viertelstunde kein Anzeichen der Jungen zu sehen war, traten sie einfach ein. Sie wussten, dass ihnen das Tor zu jeder Zeit offen stand. Sie schlossen es hinter sich und sahen zwei Knaben neben den Stallungen stehen, die sich unterhielten. Der Wind blies leicht und sie konnten die Worte von Balduin und Jean mit einiger Mühe verstehen. In Wohl hundert Meter Entfernung erkannten sie Alida, die mit einem Bogen neben Marlene am Wasser des Brügger Kanals stand und dem Mädchen anscheinend erklärte, wie eine Bogensehne am effektivsten zu spannen sei. Ihnen war bewusst, dass sie den Jungen Zeit ließ zum Abschiednehmen. Als sie die Männer erblickte nickte sie, warf einen Blick in Richtung der Knaben und ihre Lippen formten die Worte: Nur noch fünf Minuten. Dann setzte sie einen weiteren Knoten an das Ende der Bogensehne.
Die Männer hörten die Worte des blonden Knaben, der einen halben Kopf kleiner war als der Junge, der dem Brügge Hauptmann so ähnlich sah: „Jean, ich will nicht, dass ich nach Hause zurück kehre und du hier bleibst. Komm einfach mit!“
Der schwarzhaarige Junge schüttelte traurig den Kopf „Das geht nicht, Balduin.“
„Du gehörst zu uns an den Hof! Du weißt, dass du nicht auf diese Leute hören musst. Auch wenn sie vielleicht übermenschliche Kräfte haben. Mein Vater ist der Fürst von Flandern und damit einer der mächtigsten Männer der Welt. Er bestimmt! Und er würde nicht zulassen, dass du hier bleiben musst.“
Jean erkannte Lucien am Eingangstor und ein kurzes Lächeln huschte über sein Gesicht bevor er sich wieder dem jüngeren Knaben zuwandte.
„Du wirst ohne mich klar kommen. Du bist ein guter Prinz und wirst später ein noch besserer Fürst werden. Das weiß ich…“ Er sah die Tränen in den Augen des Jüngeren und drückte ihn kurz fest an sich. „Hey. Du weißt doch: Fürsten weinen nicht draußen in der Anwesenheit des Volks.“
Balduin nickte, unterdrückte ein Schluchzen und spannte sich dann an um sich gerade zu halten. Seine Stimme war nur ein kaum vernehmbares Flüstern. „Du hast unsere ‚Befreier’ doch gehört. Sie wollen dich mitnehmen und ‚befragen’. Du bist genauso wenig ein Narr wie ich, Jean. Wie beide wissen, wie solche Befragungen aussehen können.“
Der Blick der Jungen wanderte zu den Männern am Tor. Jean verschränkte nachdenklich die Arme auf der Brust. „Ja, es wird nicht lustig. Da bin ich mir sicher. Aber wenn das der Preis ist, den ich zahlen muss um hierzubleiben, dann… bin ich bereit.“
Wieder wurde die Stimme des jüngeren hoch vor Aufregung. „Aber du musst nicht. Du gehörst zu uns an den Hof!“
Jean griff ihn bei den Schultern und sah ihn eindringlich an. „Du weißt, dass das nicht stimmt. Ich bin kein Adeliger. Nur Pöbel, einfaches Volk, ein Bauer… es gibt tausend Begriffe… Über kurz oder lang würde ich den Hof ohnehin verlassen müssen.“
„Das würde ich nicht zulassen.“
„Balduin, du hast es selbst gesagt: Dein Vater ist mächtig. Niemand stellt sich ihm in den Weg. Auch du nicht! Zumindest nicht jetzt.“ Er seufzte. „Wenn ich irgendwohin gehöre, dann wahrscheinlich hierher.“
„Ich werde dich besuchen, Jean. Und wenn ich dich nicht finde, lasse ich jedes einzelne Haus in dieser verdammten Stadt vom Keller bis zum Dachfirst nach dir durchsuchen.“
Der größere lachte und drückte ihn erneut an sich. „Ja, das wirst du. Ohne Zweifel.“ Er ließ ihn wieder los. „ Lass uns gehen! Die Leute warten schon auf uns.“
Als die Jungen an den beiden Männern vorbei kamen nickte Jean Lucien und Leif kurz zu, dann wandte er sich nach draußen um von seinem Freund endgültig Abschied zu nehmen.
Wenige Minuten später betrat der Junge erneut den Hof und stand vor den beiden Männern. Er verschränkte die Arme vor der Brust. Seine Augen waren gerötet, doch ließ er sich davon nichts anmerken. Mit skeptischem Gesichtsausdruck griff er nach einem Bündel mit seinen wenigen Habseeligkeiten, das auf einem Fass lag und musterte vor allem den Heiler mit misstrauischer Miene. Dann nickte er. „Wir können gehen, wenn es euch beliebt.“

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"Alea iacta est." oder "Die Würfel sind gefallen." - Lateinisches Sprichwort


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 Betreff des Beitrags: Re: Das Erbe Flanderns
BeitragVerfasst: So 11. Jan 2015, 23:15 
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Lucien sah den Jungen kurz unschlüssig an, warf dann einen einschätzenden Blick zu Balduin und nickte dann bestärkend Richtung Leif. "Wenn du dich verabschiedet hast und all deine Sachen beieinander hast, können wir aufbrechen. Weit ist es ohnehin nicht." Der Gangrel pausierte für einen Moment und lenkte seinen Blick erneut kurz in Richtung des Thronfolgers. "Bist du dir sicher, Jean, dass es das ist, was du möchtest? Du bist Diener im Hause des Königs und scheinbar auch ein ganz persönlicher Freund des Prinzregenten, weder ich noch Leif oder sonst jemand kann dir diese Annehmlichkeiten in Brügge bieten, das muss dir klar sein." Ein Seitenblick zu Leif, so als ob er sich Rückversicherung einholen würde.
Leif war in einer missmutigen Stimmung. Die ganze Sache in England war mehr als schlecht gelaufen und irgendwie erinnerte ihn der Junge wieder daran. England...in 200 Jahren Existenz hat dieses Land ihm nichts als Ärger eingebracht. Er sollte es in Zukunft meiden dachte sich der Heiler. Dann kam Leif zu Alidas Anwesen. Er war immer skeptisch ob der Tatsache gewesen, dass sie mit ihrer gesamten Familie zusammenlebte. So etwas konnte auf Dauer nicht gut gehen, aber vielleicht färbten seine persönlichen Erfahrungen die Meinung hier doch zu sehr ein. Nun ja, wie dem auch sei, sie sollten diese Sache hinter sich bringen – denn sie mussten Gewissheit haben. Leif verschränkte die Arme vor Jean und nickte Lucien zu. „So, wo willst du denn hin, Lucien? Dein Haus? Oder war der Plan hier zu bleiben?“ Der Blick in Richtung von Jean war immer noch von relativem Desinteresse bis Abneigung geprägt und er ging gar nicht auf die Worte des Gangrel ein.
Lucien nickte kurz. "Mein Haus ja, ich denke das wäre der geeignetste Ort wo man sich ungestört unterhalten kann." Er grinste kurz und unterdrückte ein leichtes Lachen. "Umso mehr da ich im Grunde erst kürzlich eingezogen bin, bislang hatte ich ja keine rechte Verwendung dafür." Mit einem Handwink drehte er sich Richtung Ausgang und bedeutete den beiden zu folgen. "Na dann, auf zu meinem kleinen Privatschloss." Der sarkastische Unterton, ließ nur allzu unschwer erkennen, auf wen er eigentlich anspielte.
Leif nickte erneut und machte sich bereit. Lucien musste beide zu dem Haus führen so viel war klar. Der Salubri machte sich keine große Mühe auf den Jungen zu achten auch wenn er sicher ging das er Schritt hielt. "Ich bin überrascht Lucien. Ein haus hier in Brügge? Wirst du auf deine alten Tage ein wenig häuslich?" Leif grinste breit und es war klar, dass er einen Scherz machte.
Der Hauptmann schritt zügig durch die Nacht voran, seine ledernen Stiefel schabten mit jedem Schritt müßig über die mittlerweile recht ansehnlich gepflasterten Straßen von Brügge. In der Tat hatte die Stadtverwaltung mit tatkräftiger Hilfe edler Bürger und Kaufleute, den Großteil der Verbindungswege mit soliden Steinen verlegen lassen. Brügge florierte nach wie vor und das ließ man Besucher auch gerne merken. Der Blick des Gangrel glitt hinüber zu Leif und seine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. "Erinnerst du dich an die eine Geschichte mit Alida und dem Handelskontor in Norwegen? Ich wollte doch als Gegenleistung ein Haus haben... tja." Er warf einen Seitenblick zu Jean und achtete genau wie Leif darauf, dass dieser Schritt hielt. "Du wirst dich hier schnell zu Recht finden Junge. Es mag zwar verworren wirken aber nach ein paar Monaten kennst du beinahe jedes Gässchen und jede Straße." Die beiden Kainiten hatten ja schon Dekaden Zeit gehabt, die Stadt - ihre Stadt - kennenzulernen. Im Flüsterton wandte sich Lucien an Leif. "Der Junge gefällt dir nicht, hm?" Jean verzog bei Luciens Bemerkung die Lippen zu einem schmalen Strich. Er sah nur ab und an auf.
Leif zuckte nur kurz mit den Schultern. "Weißt du, ich hab es nicht so mit Kindern. Von meinen eigenen dreien, also 'echten' Kindern..." Die Tonlage bei 'echten' war besonders betont - "hab ich zwei auf dem Gewissen. Eins wirklich und das andere eher im übertragenen Sinne...Trotzdem..." Leif klang nicht traurig bei diesen Worten - es war mehr ein Fakt, den man so oft wiederholt hatte, dass man ihn auswendig kannte. Die Stimmlage des Salubri war nicht leise als er diese Worte formulierte - erst beim nächsten Satz. "Und selbst mit meinen unsterblichen Kindern habe ich kein besonders glückliches Händchen, wenn man ehrlich ist."
Bei Leifs laut ausgesprochener Bemerkung über seine Kinder zuckte der Junge kurz zusammen, ging jedoch weiterhin mit festem Schritt mit den Männern mit.
Lucien nickte nur zur Bestätigung des Gesagten und auch wenn es für Leif lediglich die Wiederholung von Fakten und harten Tatsachen war, hatte die Sache gerade in diesem Moment eine so kühle Ernsthaftigkeit erhalten, die ihn daran erinnerte was er einst gewesen und zu was er geworden war. Kinder..., sein Blick glitt erneut zu Jean. War das wirklich etwas das er, Lucien Sabatier, der Schattenwolf, der Hauptmann, der Untote tun konnte oder wollte? Abgesehen von dem woran er glaubte und was für ihn Bedeutung hatte, widerstrebte es ihm einem jungen Sterblichen unter seine Fittiche zu nehmen. Das Unleben war geprägt von Neid, Missgunst, Gefahr und Paranoia, keine Nacht verging ohne das der ewige Dschihad seine Mühlräder walzte, ob man es bemerkte oder nicht. Sollte Jean ein Spielstein werden, der am Ende zermahlen würde auch ganz ohne seine Schuld? Angewidert von sich selbst, schüttelte er den Kopf, diese Gewissensfragen waren eigentlich gar nicht seine Sache. Vermutlich ein Nachhall vom heiligen Blut. Er seufzte. "Vermutlich hast du recht aber diese Ähnlichkeit.... " Er beendete den Satz nicht, ließ ihn und alles weitere offen. Sie gingen weiter durch dunkle Gassen und Häuserzeilen, manche von Kerzenschein erleuchtet, andere finster wie die Nacht selbst. Ab und an hörte man Hundekläffen oder das Quietschen einer Tür, von weitem trug der Wind die Gesänge und das Gegröle der Betrunkenen in den Hafenkneipen zu ihnen. Vor einem solide aussehenden Haus mit Erker, das einen merkwürdig gepflegten Eindruck machte, blieb der Gangrel stehen.
Suchen kramte er verärgert in seinem Lederbeutel, bis er gefunden hatte wonach er suchte. Ein eiserner Schlüssel kam zum Vorschein, den er behutsam ins Schloss steckte. "Sicherheit geht halt vor, jetzt wo das Haus bewohnt ist. Joseph hat mir dabei geholfen." Quietschend öffnete sich die Tür und gab den Blick auf gähnende Schwärze preis. Der Gangrel schritt voran und murmelte etwas in der Finsternis. "Ah, irgendwo war doch dieser Kerzenständer von den Bendlers."
Leif blieb kurz vor dem Anwesen stehen. Ein nettes Haus, fürwahr. Alida hatte sich offenbar nicht Lumpen lassen. Auf jeden Fall einladender als der Steinalkoven in der Kanalisation den er im Moment sein eigen nannte, aber Leif brauchte im Moment auch nichts anderes. Er nickte anerkennend und lächelte wieder breiter, von der vorherigen Emotionslosigkeit war nicht mehr viel übrig. "Na, dann hoffe ich doch, dass du das gute Haus hier nicht komplett runterwirtschaftest." Die Worte waren von einem Zwinkern begleitet. Schließlich würde Leif nach dem jungen Jean eintreten.
Es dauerte einen kurzen Moment, dann flammte aus einer Ecke des Raumes heller Kerzenschein auf und tauchte den Hauptmann in warmes Licht, das sich hell auf der fahlen Haut brach. "Es gibt noch andere Kerzen hier irgendwo, ich hab mir das vor kurzem ein wenig einrichten lassen, nur das Nötigste." Nachdem auch Jean eingetreten war, würde Lucien ihn anweisen die Türe zu schließen und den Riegel vorzuschieben. Sollte der Junge sich die Tür im Halbschatten ansehen, so würde er feststellen, dass sie von innen verstärkt gebaut worden war und zusätzlich schwere Eisenriegel, zur besonderen Sicherheit vorgeschoben werden konnten. "Mach sie alle dicht Jean und dann hilf mir mal suchen, da drüben ist ein Tisch und es gibt sogar einen kleinen Luster." Mit einer Hand griff er nach einem länglichen Stab dessen Ende er an eine Kerzenspitze hielt. Er diente dazu höher gelegene Kerzen zu entzünden. Tonlos reichte er eine Kerze weiter an Leif, den Stab an Jean sollte dieser die Tür verschlossen haben. Der Gangrel selbst, stellte den Ständer auf einen hübsch gearbeiteten, dunklen Küchentisch und suchte nach den verbliebenen Kerzenständern um diese zu entzünden, in der Finsternis des großen Wohn- und Küchenraumes, leuchteten seine Augen im typisch-markanten Rot.
Jean schluckte und verschloss die Tür hinter sich. Dann nahm er den Stab und schritt mit ungewohnter Sicherheit durch den halbdunklen Raum um die Kerzen zu entzünden
Auch Leif machte sich nützlich, schnappte sich Kerzen und entzündete diese um den ganzen Prozess ein wenig zu beschleunigen. Während mehr und mehr Licht im Haus aufflackerte bewunderte er die gemütliche Einrichtung. Schließlich ließ er sich an dem Küchentisch nieder um gleich darauf wieder aufzustehen und einen hoffentlich vorhandenen Kessel zu suchen und ihn auf das entfachtes Feuer des Herdes zu stellen. Dann rief er in die Dunkelheit. "Sag mal, Lucien: Hast du Kräuter, Tees oder etwas ähnliches hier?"
Was immer er suchen würde, er würde es finden. Der Raum war tatsächlich gemütlich eingerichtet, verfügte über den genannten dunklen Holztisch, einige Stühle und eine große Küchenzeile mit Arbeitsfläche und Geschirr aus glänzendem Eisen, sowie Bechern aus Holz, Kelchen, Karaffen, Besteck und anderen Arbeitsutensilien. Scheinbar hatte der Gangrel tatsächlich einrichten lassen - oder einfach nur sämtliches Diebesgut, das irgendeinen Nutzen ergeben würde zusammengetragen, denn auffallend waren manche Gegenstände zu unterschiedlich und von anderer Machart als andere. Ein Sammelsurium an allem was man brauchen könnte, wenn es einem egal war, um einen vorzeigbaren Haushalt zu führen. Die Mitte des Raumes dominierte ein großer, einladender Kamin mit Schürhaken und Schaufel, der umrandet war von dicken Holzbalken, die Schnitzereien mit Tierköpfen aufwiesen. Der Wolf am Balken, sah recht neu aus und es stapelte sich auch bereits etwas Feuerholz anbei. Das Licht flutete den Raum und plötzlich verflog auch ein klein wenig das Gefühl von gähnender Leere und Einsamkeit. Was ein paar rasch entzündete Kerzen nicht alles ausmachen konnten.
Der Junge sah die beiden Männer fragend und scheu an: "Soll ich draußen Wasser holen?" Er deutete auf den Kessel.
Lucien, kam aus einem Nebenraum und nickte Leif nur zu. "Sicher, ich hab vorsorglich ein paar Sachen holen lassen. Nebenan ist eine kleine Speisekammer, da gibt’s auch Tee von Alida und Schinken, Käse, ein wenig Gemüse, Schmalz und Eier... so ziemlich alles mögliche... Mehl...." Man sah ihm an, dass er vermutlich schon längst keine Ahnung mehr hatte, was ein gewöhnlicher sterblicher Haushalt tatsächlich an Nahrungsmitteln brauchen konnte und entweder wäre die Kammer voll mit allem Möglichen oder aber es würde an den wichtigsten Dingen fehlen. Als Jean ihn ansprach, deutete er ans andere Ende des Raumes. "Da durch die Tür kommst du auf den Hinterhof Da ist ein Brunnen und ein kleiner Stall für Ajax, mein Pferd aber pass auf! Geri und Freki sind nicht gut auf Fremde zu sprechen."
"Alles klar, Lucien!" Leif schien ein paar Kräuter aus der Kammer zu suchen: nichts besonderes, nur etwas Minze und Kamille. Dann wenn der Junge mit dem Wasser zurück war würde er dieses wortlos entgegen nehmen, aber kurz nicken und warten bis es kochte um schließlich den Tee zuzubereiten. Dann würde er schließlich das erste Mal direkt zu Jean sprechen. "Setz dich, Jean!" Und ihm einen Becher voll mit Tee eingießen, bevor er sich selbst einen Becher eingoss und gegenüber des angedeuteten Platzes seinen Sitz einnahm. "Willst du Tee, Lucien?“ fragte er den Gangrel ganz unschuldig.
Jean nahm Platz, schnupperte an dem duftenden heißen Gebräu bevor er vorsichtig daran nippte. Er sah Lucien bei Leifs Frage an und zog die Augenbrauen kritisch zusammen.
Während Leif den Kessel aufsetze, warf Lucien ein paar Scheite Holz in den Kamin und entzündete kurz darauf ein prasselndes Feuer, schürte es mit dem Haken und verzog, je höher die Flammen stiegen und loderten, immer mehr gequält das Gesicht - ging immer mehr auf Abstand. Im Schein des Kamins, waberte sein Schatten auf dem geschliffenem Holzboden und schien sich merkwürdig zu winden und zu drehen, für einen Moment sogar regelrechte undefinierbare Gestalten anzunehmen bevor nichts mehr zu erkennen war. Für den Beobachter musste es eine offensichtliche Täuschung gewesen sein - oder auch nicht. Als der Junge Platz genommen hatte und Leif ihm den heißen Tee servierte, zog er sich einen Stuhl an den Tisch und nahm ebenfalls Platz. Langsam begann das Kaminfeuer, die Kälte aus dem Raum zu vertreiben und mit weiterem Licht zu erhellen. "Nein, danke... Alida wollte mir auch schon mal beibringen wie man Bier trinkt aber ich behalte nichts unten, nicht mal Wasser mit Kräutern", antwortete er auf die Frage des Heilers. Sein Blick ging zu Jean als er sich kurz räusperte. "Hunger? Es gibt Speck und du könntest dir ein paar Bohnen dazu machen wenn du willst?" Jean schüttelte nur den Kopf, blickte wieder zu dem warmen Holzbecher in seinen Händen.
Leif nippte an seinem Tee. Es war unsicher ob er diesen genoss oder einfach nur trank weil er da war. So oder so er ließ den Jungen nicht mehr aus seinem Blick. Schließlich richtete er das Wort an ihn. "So...Jean nicht wahr?" Leif machte eine kleine Pause und wartete auf keine Antwort. "Sag mir, Jean, darf ich dir ein paar Fragen stellen?"
Der schwarzhaarige Junge sah Leif kurz direkt an und graue Augen bohrten sich in seinen Blick. Dann wandte er die Augen wieder ab. Er bemühte sich, seiner Stimme einen festen Klang zu geben. „Stellt Eure Fragen, Leif.“ Er versuchte ein Lächeln. „Das werdet Ihr so, oder so, nicht wahr? Also sehr freundlich, dass Ihr fragt.“
Leif nickte und legte den Kopf leicht zur Seite, so als würde er die Antwort des Jungen wertschätzen. "Dann lass mich mit der ersten Frage beginnen - Weißt du, was mit dir passiert wenn du auf meine Frage nicht wahrheitsgemäß antwortest?" In einem unbeobachteten Moment würde Leif den Blick von Lucien suchen um sich dessen Rückhalt zu versichern und ihm im Zweifel die Möglichkeit geben selbst zu sprechen.
Lucien verschränkte die Arme und legte ein Bein über das andere, beobachtete abwechselnd Jean, dann wiederum Leif und schien konzentriert die Reaktionen der beiden Gesprächspartner auf den jeweils anderen zu verfolgen. Als Leif ihn kurz ansah, seufzte er ein wenig, nickte und machte dann eine entschuldigende Geste Richtung des Jungen. Man sah ihm an, dass die ganze Situation ihm genauso wenig Spaß bereitete wie allen anderen. "Jean. Ich weiß, dass dir das nicht gefällt und du kannst mir glauben, dass es mir genauso geht. Allerdings kennen wir uns kaum und ... die..." Er verharrte kurz. „Die Umstände meines... meiner Existenz sind sehr speziell und müssen im Verborgenen bleiben, Sicherheit, Heimlichkeit und Loyalität sind unabdingbar und wenn du tatsächlich hier bei mir in Brügge wohnen und leben möchtest, müssen wir uns rückversichern, dass du auch keine Gefahr bist, vielleicht sogar eine Gefahr von der du selbst gar nichts weißt. Wir haben sehr viele Feinde und zwielichtige Verbündete hier, man kann gar nicht vorsichtig genug sein. Deshalb ...", und damit deutete er auf Leif, "…habe ich Leif gebeten gemeinsam mit mir ein wenig mit dir zu sprechen und festzustellen, ob du uns auf irgendeine Art und Weise gefährdest. Ich hoffe du kannst das verstehen." Lucien nickte Leif danach selbstsicher zu und widmete seine Aufmerksamkeit dann erneut dem jungen Jean.
„Ich werde euch so gut ich kann antworten.“ Die Hände des Jungen zitterten leicht und er stellte den Becher ab bevor er etwas verschütten konnte. "Nein, ich weiß nicht, was geschehen würde, wenn ich nicht wahrheitsgemäß antworten würde..." Einige Sekunden verstrichen. „Aber ich kann es mir denken..."
Der Salubri lachte kurz innerlich ohne eine weitere Miene zu verziehen. Lucien der Gute und er selbst der Böse – die Welt ist wahrlich ein Tollhaus wenn man genauer darüber nachdachte. Wer hätte noch vor ein paar Jahren gedacht, dass die Dinge sich so entwickeln würden. Aber so war es nun einmal. Die Zeit schreitet voran und verändert. Dann wandte er sich an den Jungen wieder nickend. "Wir bewahren uns die Antwort für später auf. So Jean eine einfache Frage wer waren oder sind deine Eltern und wie bist an den Hof von Flandern gekommen?"
"Das ist keine einfache Frage. Das meiste davon weiß ich selbst nicht. Wollt Ihr es wirklich wissen?" Jean sah die beiden Männer an und es war klar, dass die Antwort etwas dauern würde. „Ich weiß nicht, wer meine Eltern sind. Mir wurde von Balduins Amme erzählt, dass meine Mutter eine Küchenmagd im Schloss war, die aber erst wenige Monate zuvor dort ihre Tätigkeit begonnen hatte. Ihr Name soll Florine gewesen sein… Ich erinnere mich kaum an sie. Sie hatte dunkle Haare und graue Augen so wie ich oder…“ Er sah kurz in Luciens Richtung, schwieg dann jedoch einige Zeit. „Das ist alles, was ich von ihr habe.“ Er hielt eine kleine metallene Scheibe hoch, die er an einem Band um den Hals trug, nahm sie ab und reichte sie den Männern. „Balduin hatte, wie ihr vielleicht wisst, einen älteren Bruder, Henri. Ungefähr in meinem Alter… Der Junge verstarb mit 5 Jahren im Winter an Schwindsucht. Der kleine Bruder, Balduin, war untröstlich und wurde jeden Tag an dem er trauerte schwächer. Er litt an der gleichen Erkrankung. Die Königin befürchtete, er würde ebenso wie sein Bruder dahin gerafft werden. Meine Mutter hat mich in Balduins Krankenzimmer geschickt, das niemand betreten wollte, aus Angst sich anzustecken und ist in der gleichen Nacht verschwunden. Niemand hat mehr etwas von ihr gehört. Die Amme hat mal gemeint, sie wäre vielleicht auch krank gewesen und hätte gewusst, dass sie sterben würde. Ich weiß es nicht. Balduin wurde wieder gesund und ich übernahm irgendwie die Rolle des großen Bruders. Ich durfte bleiben und ein Spielgefährte von Balduin werden. Genügt euch das? Ich habe mal gehofft Lucien wäre mein Vater, weil wir uns so ähnlich sehen, aber ich weiß, dass das nicht sein kann.“
Leif nahm die Scheibe und wog sie in der Hand, schließlich umschoss er sie fest mit der Faust und gab sie dann wieder frei um sie auf den Tisch zu legen. "Junge, deine Geschichte wirft ebenso viele Fragen auf wie sie beantwortet." Wertfrei war die Aussage und ohne Emotion dahinter. "Nun ich denke, da ich so viel von dir erfahren habe, ist es nur fair, dass du auch etwas von mir erfährst. Ich möchte dir von meinem Vater erzählen. Er war ein gütiger Mann und sein Name war Achmed. Trotzdem verstanden wir uns nie, denn wir waren zu unterschiedlich. Ich dachte Dinge sind nun mal wie sie sind aber er verkaufte mich später in die Sklaverei. Und ich wusste nichts davon. Erst als wir uns nach vielen viele Jahren wiedersahen erfuhr ich davon - in dem Moment als er mich töten wollte. Warum wollte er mich töten? Nun er wollte mich töten aufgrund eines Traumes, einer Vision die er hatte und an jenem Tag starb meine Verbindung zu ihm. Aber er versagte." Wieder eine Pause. "Du fragst dich sicher, was das mit dir zu tun hat.“ Leif stand inzwischen auf und umrundete den Küchentisch, den Becher immer noch in der Hand haltend. „Was ich sagen will ist, dass Blut keinerlei Relevanz hat - es geht um das hier und jetzt - Vertrauen ist ein wertvolles Gut. Warum, Jean, sag mir, warum bist du vertrauenswürdig?"
Lucien kniff die Augen zusammen, als Jean die Geschichte seiner Herkunft zu erzählen begann. Man konnte förmlich hören wie die Zahnräder seines Gehirns verzweifelt versuchten, ineinander zu greifen und sich einen Reim auf all das Gesagte zu machen. Für einen Moment, dachte er aus den Worten eine Wahrheit für sich herausgehört zu haben, die aber schon im nächsten Moment von ihm selbst als auch von Jean wieder für unmöglich erklärt wurde. Er konnte nicht sein leiblicher, sterblicher Vater sein, dies war schier unmöglich - dies war ihm auch schon damals irgendwie bewusst gewesen. Im höchsten Falle noch ein Verwandter aus seiner Familienlinie oder von seinem Blute aber selbst das wäre des Zufalls zuviel gewesen. Die Zeit radierte alles aus. Wenn der Dschihad der Mühlstein der Kainiten war, dann war die Zeit das Mahlwerk der Sterblichen. Es war nicht möglich und doch... der Anhänger. Ein so kleines Ding, so unscheinbar und nichtssagend trug es dennoch ein Wappen, das ihm so vertraut war wie seine Klauen, sein Schwert und der Wald um Brügge. Nichts davon ergab Sinn. Schon wollte er ansetzen etwas zu sagen, aber als Leif den Tisch umrundete, ließ er es sein; lauschte lediglich den Worten des Salubri. Ein Gangrel hätte niemals die Möglichkeit näheres herauszufinden: Gut das Leif an seiner Seite war. Wenn überhaupt, dann würde dieses Mysterium nur mit seiner Hilfe zu lösen sein. Etwas angespannter, rückte er sich auf seinem Stuhl zurecht und beobachtete die Situation.
Jean sah Leif mit seinen grauen Augen an, fragend, nachdenklich. „Ich weiß nicht, wie ich euch beweisen soll, dass ich vertrauenswürdig bin. Sagt Ihr es mir? Beteuerungen bezüglich meines Charakters oder Treueschwüre würden euch nicht genügen, oder?“
Leif schaute den Jungen an. Lange und fest fixierend mit seinen grauen Augen. Dann goss er den Inhalt des Bechers auf den Boden. Langsam, um die Wirkung dessen was er tat nicht zu verfehlen. Schließlich sagte er zu Jean. "Nein, wahrscheinlich nicht. Aber es wird auch nicht mehr nötig sein. Ich habe dich vergiftet, Jean." Leif machte einen vielsagenden Blick auf den Becher den er dann mit schepperndem Geräusch auf den Boden fallen ließ. "Du hast noch eine Stunde zu leben, Kind. Doch es gibt ein Gegenmittel." Leif holte einen kleinen Beutel hervor der nichtssagend und aus Stoff gemacht war. "Wir verlassen jetzt dieses Haus und sind vielleicht in einer Stunde zurück. Solltest du dann auf meine letzte Frage zufriedenstellend antworten, erhältst du das Gegenmittel von mir." Leif erhob sich nickte zu Lucien und begab sich in Richtung des Ausgangs.
Jean ballte die Fäuste und Hass war in den hellgrauen Augen zu sehen. Hass auf diesen Mann, der mit seinem Vertrauen und seinem Leben spielte wie mit Murmeln. Die Knöchel wurden weiß und die Männer konnten sehen, dass der Junge am liebsten aufgesprungen wäre um sich dem Salubri entgegen zu stellen. Doch er blieb sitzen. Die Augen noch immer fest auf den Salubri fixiert sprach er leise und mühsam: "Tut, was ihr für richtig haltet, Leif Thorson."
Leif gestikulierte Lucien zu sich um sich auf der entgegen gesetzten Seite des Hauses mit ihm zu positionieren. Irgendwo im Schatten, wo man beide nicht sehen konnte, bevor er anfing zu flüstern. „Bevor du irgendetwas sagst Lucien – ich habe den Jungen nicht vergiftet. Wir haben nur Minztee getrunken und in dem Säckchen was ich ihm gezeigt habe ist Lavendel. Der hilft mir den Katakombengeruch aus meiner Kleidung zu vertreiben.“ Dann machte er eine kurze Pause bevor er weiter sprach. „Wichtig ist nur das der Junge denkt, ich hätte ihn vergiftet und auf diesen Moment habe ich den ganzen Abend hingearbeitet – mit allem was ich getan und gesagt habe. Es wird seinen Geist aufwühlen, so dass ich ihn später einfacher lesen kann aber er musste glauben, dass ich so etwas ohne mit der Wimper zu zucken tun würde. Außerdem werden wir jetzt erfahren, ob er für jemanden arbeitet. Ich habe ihm gesagt, dass es ein Gegenmittel gibt. Wenn er einen verborgenen Meister hat, mag er nun zu diesem für ein Gegenmittel rennen. Wenn nicht, dann hat er keine Wahl als auf unsere Rückkehr zu warten.“ Der Salubri schwieg eine Weile und sprach dann erneut. „Weißt du, Lucien es kümmert mich nicht ob der Junge mich hasst. Aber ich musste sicher gehen…“ Viel lag in den Worten des Nordmannes. Sie waren schwer von Trauer und Ballast und auch – überraschenderweise – echtem Bedauern.
Der Gangrel nickte nur und ließ diese Informationen langsam durch seinen Kopf rieseln, immer wieder einen Blick aus dem sicheren Schatten der gegenüberliegenden Straße zum Hauseingang werfend. Zum ersten Mal nach all dieser Zeit sah man den Gangrel ein Stück weit bedrückt, sich sichtlich unwohl in seiner Haut fühlend. "Es war wohl das, was notwendig war um ganz sicher gehen zu können, dass der Junge keinem geheimen Gönner, ob bewusst oder unbewusst dient. Mit all diesen Feinden hast du völlig recht: Wir dürfen uns keine Fehler erlauben." Seine Stimme klang ungefestigter als man erwartet hätte. "Das erste, was ich als marodierender Räuber, Taschendieb, Wegelagerer, Taugenichts und Straßenabschaum gelernt habe, war das Herz niemals an Dinge zu hängen, die du nicht in weniger als einer Minute wieder loswerden kannst...." Sein Blick fixierte Leif. "Aber dieser Junge... ich kann mir nicht helfen... er bedeutet mir etwas und sei es nur deswegen weil er irgendwie mit mir in Zusammenhang steht." Schweigend senkte er den Blick.
Leif nickte, ob es in der Dunkelheit zu sehen war oder nicht. "Und glaub mir oder nicht, aber genau deshalb muss ich für dich sicherstellen, dass er das ist was er vorgibt zu sein - denn es liegt keine Schande in der Tatsache einen Fels in der Brandung zu haben - wir alle brauchen ihn über die Jahrhunderte - nur müssen wir sicher gehen, dass er stark und belastbar ist." Leifs Stimme war schwer und belegt. "Ich habe mir die Münze mit Auspex angeschaut und sah, dass die Münze uralt, von vielen Generationen gepflegt und aus der Heimatstadt von Jeans Familie ist. Sie war vor langer Zeit ein Zeichen für Freiheit und einer neuen Heimat in der Ferne. Kannst du damit etwas anfangen, Lucien?"
Der Gangrel nickte erneut zustimmend. "Du hast ganz sicher recht Leif. Wir dürfen uns keine Fehler erlauben, gerade bei Sterblichen nicht, egal wer sie sind und wie sie mit uns zusammenhängen. Diese finstere Existenz können nur die Toten überleben und selbst die haben es schwer. Denn wer da nicht tot ist, der wird es irgendwann auf die eine oder andere Art unweigerlich sein - das ist die bittere Ironie daran." Seine Stiefelspitze schabte etwas nervös über den steinernen Boden als Leif ihm die Erkenntnisse bezüglich der Münze mitteilte. "Es ist eine Münze aus Nimes in Frankreich, ich wurde dort geboren. Auf ihr prangt die Palme und das Krokodil, Symbole von Sklaven aus dem alten Ägypten, denen die Freiheit geschenkt wurde und die sich dort niederließen. Ein seltsames Wappen für eine Stadt in unserer Zivilisation aber Nimes trägt es mit trotzigem Stolz." Grübelnd kratze er sich am Kinn. "Wenn die Münze so alt ist, dann.... " Lucien beendete den Satz nicht, denn er wusste sich immer noch keinen Reim darauf zu machen. „Was bedeutet das?", fragte er an Leif gewandt.
"Hm, wenn ich als Außenstehender ein Urteil darüber abgeben müsste, dann würde ich sagen er ist ein Urenkel oder Urururirgendwas von dir - so oder so ein Teil deiner Vergangenheit und du solltest die Chance nutzen was auch immer sie bringen mag. Zufall ist ein launisches Geschöpf und doch nichts als das." Leif Stimme wurde schwerer und belegter als zuvor - auch wenn das fast unmöglich schien "Mögest du mehr Glück dabei haben als ich, dessen sterbliche Nachkommen eine Geheimgesellschaft gegründet haben um ihren unsterblichen Ahnen bis in alle Ewigkeit und mit aller ihnen zur Verfügung stehenden Macht zu jagen." Die letzten Worte waren kein Scherz nur traurige Realität.
Der Gangrel legte Leif fest eine Hand auf die Schulter und sah ihn ernst und gefasst an. "Das ist wohl die logischste Erklärung für all dies, ein Verwandter aus längst vergessenen Tagen und Nächten. In einer anderen Zeit, an einem anderen Ort." Dann nahm sein Gesicht einen besorgten Zug an. "Du hast mir nie etwas davon erzählt, alter Kräutermischer. Deine Kinder und Kindeskinder verfolgen dich?" Sein Kopfschütteln deutete betretenen Unglauben an. "Das tut mir leid und das meine ich ehrlich. Wie wenig ist noch übrig von dem was irgendwann einmal war. Dieses ganze hier... einfach alles...", er machte eine weit ausholende Bewegung, "verändert einen grundlegend und es schmerzt wenn selbst Dinge, die einst gut waren, jetzt auch verdorben sind - vielleicht ist das der wahre Fluch von dem alle so wissenden Gelehrten hochmütig sprechen."
"Die Taten unserer Vergangenheit können tief greifen und interessante Dinge hervorbringen. Aber das ist nun mal, was es ist und ich habe mich damit inzwischen abgefunden. Doch dies ist nicht alles - ein grausamer Wink des Zufalls macht mich zu einem der wenigen, einer der letzten Vertreter meines Clans und obwohl ich bestimmte Dinge versucht habe diesen zu einen, mag der, der seine eigene sterbliche Familie nicht zu einen vermochte wohl eine denkbar interessante Wahl für ein solches Unterfangen sein. Du weißt, ich habe Angst vor der Zukunft, mein Freund. Angst vor dem Verhalten und der Entscheidungsfindung unserer Art, besonders unseren Mitkainiten und Ratsmitgliedern. Weiß du, was der Hexenbann für mich eigentlich bedeutet, Lucien?
Der Gangrel lehnte sich an die Mauer eines der nahestehenden Häuser und verschränkte die Arme, sein Blick gesenkt auf einen imaginären Punkt vor sich auf den Boden starrend, der ihm vielleicht Antworten geben konnte. Er wirkte in Gedanken versunken, da Leif nun Sebastian und die unglückliche Verkettung von Ereignissen ansprach. Sein Kopf bewegte sich ein kurzes Stück, ein kaum sichtliches Schütteln. "Ja, der Bann das ist noch so eine Sache die mir üble Alpträume beschert. Ich frage mich... ich frage mich ob wir dir überhaupt noch vertrauen können? Bist du schon unter der Fuchtel des Blutschänders und weißt es nicht einmal? Und was hat er für Ziele und Pläne mit dir? Dass er Rache will für seinen Bruder mal außen vor gelassen, ist er immer noch Tremere und soweit ich weiß, kann selbst er sich nicht aus seinen Clansangelegenheiten heraushalten, will er nicht selbst den endgültigen Tod finden." Er sah zu Leif auf und hob die Schultern. "Wenn er dich kontrolliert, kontrolliert er beispielsweise auch ein Stück weit den Rat, du verstehst meine Bedenken? Niemand kann sagen wie weit sein Einfluss reicht."
"Ich verstehe deine Bedenken und sie sind berechtigt. Was ich sagen kann ist, dass Sebastian keine geistige Kontrolle über mich hat oder zumindest diese noch nie ausgespielt hat. Ich habe mich damals in den Vertrag mit ihm begeben weil er Informationen über den Aufenthaltsort vieler meiner Clansbrüder hatte. Diese Dinge waren in einem Buch niedergeschrieben und ich konnte sie nicht den Tremere überlassen. Denn ich bin nach Brügge zurückgekehrt um die wenigen Überlebenden zu sammeln, die es von meinem Clan hier im Westen Europas noch gibt. Brügge mit seinem Hexenbann ist nicht nur eine Domäne, die keine Tremere zulässt, nein sie ist für die Überreste meines Clans auch ein Leuchtfeuer der Hoffnung und der Zuflucht, das ihnen den Mut gibt den Fängen der Tremere zu entkommen. Sebastian ist das eine - eine Bedrohung sicherlich aber ich frage mich manchmal ob es noch andere Dinge gibt die unseren Rat und Brügge noch sehr viel ehr bedrohen als der Tremere wie Zwist, Uneinigkeit und die Gefahr die gleichen Fehler zu machen wie alle vollgefressenen und zufriedenen Regenten von kainitischen Domänen." Leif schaute Lucien fragend an.
Lucien nickte bestätigend und seufzte kurz. "Alida und ich hatten uns auch bereits darüber unterhalten, über das Wesen und die Art deines Bannes. Bisher würde ich dir zustimmen, dass er noch keine direkte Kontrolle über dich hat und doch fragten wir uns immer wie du so etwas zustimmen konntest." Er lächelte bitter. "Es mag sich ein wenig anders verhalten, als das Band, das zwischen mir und Jean besteht aber ich verstehe deine Entscheidung und offen gesagt, war uns allen klar, dass du, gerade du, so etwas nie getan hättest, wenn es keine triftigen Gründe dafür gegeben hätte." Mit einem Mal wurde seine Miene wieder ernster. "Dann muss ich dir aber im gleichen Atemzug, egal wie du zu Sebastian an und für sich stehen magst aber noch eine kleine Sache mitteilen, du erinnerst dich an das Kloster als wir den Speer abholen sollten und von diesen Priestern angegriffen wurden?" Seine Miene verfinsterte sich. "Alida ging zu Boden und Sebastian eilte zu ihr, als ich ihm einen anständigen Tritt versetze und bei allen Niederhöllen, ich hätte das Schwert nehmen sollen. Das Buch, mit dem er euren Vertrag besiegelte, jenes, das du so dringend haben wolltest, hat er nämlich der bewusstlosen Alida entwendet. Sie hat es mir selbst erzählt." Er wartete einen Moment bevor er fortfuhr. "Sie war kurz von uns getrennt, in diesem Wald du erinnerst dich? Eben dort begegnete sie diesem Ahnen, der uns fast getötet hätte. Von diesem erhielt sie das Buch und bis sie im Kampf zu Boden ging, trug sie es bei sich, danach nicht mehr - jetzt wird das Bild von Sebastian klarer nehme ich an?" Vorerst wollte Lucien nicht auf das Thema ihres Rates eingehen, warf dann aber doch ein fragendes "Was genau meinst du?", ein. Sein Blick verriet, dass er sich schon selbst dazu Gedanken gemacht haben musste und ihm zustimmen würde, dennoch war er auf seine Antwort gespannt.
"Wie ich bereits sagte Vergangenes ist Vergangenheit, aber danke für diese Information Lucien. Es wird mir helfen Sebastian noch besser einzuordnen." Dann seufzte der Salubri hörbar. "Ich habe Angst, dass der Rat zu einem Instrument wird und die komplette Idee der gemeinsamen Entscheidungsfindung missbraucht wird. Und ich habe Angst vor Alida, dass sie nur wartet ihre Karten richtig auszuspielen." Den letzten Satz ließ er kurz hängen. "Alida ist eine Händlerin durch und durch. Sie will Gewinn machen und Fortschritt säen. Und doch frage ich mich immer öfter - sie ist eine Händlerin - wann werden meine Fähigkeiten für Brügge weniger Gewinn bringen als die der Tremere? Durch Wände zu gehen und Feuer zu werfen und was weiß ich noch sind nützliche Fähigkeiten und ich weiß nicht wie lange ich da noch mithalten kann bevor es mehr Gewinn bringt den Salubri Leif zu verkaufen als ihn zu behalten. Findest du es nicht auch komisch, dass Alida immer das Wohl der Stadt im Kopf hat sich dieses 'Wohl' aber immer mit dem 'Wohl' ihrer Familie deckt? Doch genug davon. Ich muss mit Alida sprechen sobald wie möglich, damit wir uns eben nicht entfernen und zu gegensätzlichen Kräften werden, die den Rat am Ende zerreißen."
Am Glockenschlag der in wenigen hundert Meter entfernten Kirche konnten die Männer ablesen, dass die 'Stunde' wohl in ungefähr 10 Minuten zu Ende sein würde
"Du machst dir Gedanken um Alida?" Sein Gesichtsausdruck schien durchaus verwundert, so als ob er überhaupt nicht damit gerechnet hätte. "Zugegeben, zu anfangs hatte ich auch meine Bedenken bezüglich unserer lieben Händlerin aber mittlerweile komme ich recht gut mit ihr zurecht. Klar, ist man bei manchen Dingen nicht immer einer Meinung aber im Großen und Ganzen ist unser Verhältnis gut und geklärt." Er kratzte sich am Kopf. "Aber ich gebe zu, ja, in deiner Position würde ich mir vielleicht auch Gedanken machen, sie ist immerhin Unholdin ob sie will oder nicht, das wird sie nicht los und überall wo sie öffentlich auftritt, sei es in Portiers oder Engalnd ist sie Tzimisce - die Leute verbinden etwas damit, wie menschlich und freundlich und hilfsbereit und so gar nicht clanähnlich sie sein mag. Das ist eher das, was mir bei ihr Sorgen bereitet, ihr Erbe, verleugnet oder nicht, dass vielleicht eines Tages ein wenig zuviel Aufmerksamkeit auf sich ziehen könnte." Lucien drehte den Kopf langsam in die Richtung der schlagenden Glocke und dann wieder zu Leif. "Ich persönlich glaube, dass du vor ihr nichts zu befürchten hast, aber ich habe sie mittlerweile auch ziemlich gut kennengelernt, dennoch: Ihr sollte miteinander reden und sollte sie dich tatsächlich 'verkaufen' wollen, stehe ich hinter dir, nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten." Der Hauptmann stieß sich von der Mauer ab. "Und jetzt sollten wir mal sehen, wie es mit Jean weitergehen soll."
"Du hast Recht Lucien. Und danke." Einfach waren die Worte des Salubri aber es schwang ein Ton mit, der wieder an den unbekümmerten Heiler erinnerten, der er einst gewesen war. "Nun ich habe Jean eine letzte Frage versprochen? Hast du eine, die du stellen willst?"
Der schüttelte nur den Kopf. "Ich glaube nicht. Für mich ist alles soweit klar, der Rest dürfte sich schon irgendwann ergeben und ist momentan nicht so wichtig. Stell ihm ruhig deine Frage."
Leif nickte und würde sich sobald Lucien bereit war wieder in Richtung der Eingangstür des Hauses aufmachen. Dieser würde ihm folgen und wenn die beiden angekommen wären, die schwere Holztür öffnen, Leif den Vortritt lassen und nach ihm das Gebäude betreten. Hinter ihnen, würde er die Tür wieder schließen und mit einigen, einstudierten Bewegungen die eisernen Riegel wieder an Ort und Stelle versetzen.
Der Junge stand am Kamin, den hölzernen Wolf in den Händen. Er wog ihn ab, fuhr mit dem Finger über den gezackten Kamm und die Schnauze. Als er bemerkte, dass die Männer eingetreten waren, schob er den Wolf zurück auf das Sims und drehte sich zu Leif und Lucien um. Er versuchte eine gerade Haltung anzunehmen und seiner Stimme einen festen Klang zu geben.
„Ihr wolltet eine Antwort von mir, Leif Thorson? Und die kann ich euch nach dieser Stunde geben: Es gäbe eine Möglichkeit. Und die habt ihr wahrscheinlich all die Zeit im Sinn, oder? : das Blutsband. Ich könnte mich durch Euer Blut in ein Blutsband begeben, dass euch meine absolute Loyalität und bedingungslose Treue garantiert…“ Jean trat einen Schritt näher an den Tisch heran und stützte sich mit beiden Händen fest auf die hölzerne Platte und wirkte plötzlich größer und älter. „Und damit gibt es keine! Möglichkeit für mich euch zu beweisen, dass ich vertrauenswürdig bin außer dass ich hier stehe und es euch sage. Ich habe genug von meinem…“ er zögerte und suchte nach dem richtigen Wort. „ ‚Meister’ gelernt um zu wissen, dass ein Blutsband eine andere Art der Sklaverei ist.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Eines der wichtigsten Güter, neben Vertrauen ist nach meinem ‚Meister’ die Freiheit. Was sind Vertrauen und Treue wert, wenn sie nicht freiwillig gegeben werden. Also: Leif Thorson: Lieber sterbe ich heute hier in dieser Nacht als mich durch ein Blutsband zum Sklaven machen zu lassen.“ Er griff nach dem Becher mit dem Tee, der auf dem Holztisch stand und leerte ihn mit einem Zug. Nach wie vor loderte der Hass in den grauen Augen, die dunkelblonden Mann fixierten, aber ein kurzer wütender Blick ging auch in die Richtung des Gangrel.
Lucien machte ein paar Schritte auf den Tisch zu und kam vor diesem zu Stehen, beobachtete Jean am Kamin und verfolgte wort- und ausdruckslos wie er den Becher in einem Zug leerte und die beiden Kainiten voller Hass anstarrte. Da war es wieder, dieses schiefe Grinsen in seinem Gesicht, das sich der Hauptmann auch von Lilliana nicht nehmen ließ. Es lag allerdings auch noch ein anderer Ton in diesem Lächeln - beeindruckter Stolz und Würdigung für das was Jean gerade von sich gab und dabei war zu tun. Der Gangrel wollte schon ansetzen, drehte sich dann aber zu Leif. "Willst du ihm noch deine Frage stellen oder wollen wir das ganze... auflösen?" Das etwas schiefe, belustigte Lächeln war immer noch nicht aus seinem Gesicht gewichen.
Die Miene von Leif war schwer zu deuten und er machte nur einige bedächtige Schritte in die Nähe von Jean. Dann machte er etwas, das wohl völlig unpassend und unangemessen in dieser Situation war. Leif begann zu klatschen und adressierte dann Jean. "Herzlichen Glückwunsch Junge. Du hast den Test bestanden." Er warf ihm das Säckchen mit dem Lavendel zu. "
Der Junge fing das Bündel überrascht auf und starrte den Heiler aus weiten Augen an.
"Ich kann nur für mich sprechen, Jean Sabatier, aber in meinen Augen hast du nicht nur den Test bestanden sondern dabei auch ganz offensichtlich und mutig bewiesen, dass deine Ideale von Freiheit und Selbstbestimmtheit mit deinem Leben genau so umzugehen wie du es für richtig hältst, dir wichtiger sind als ich, Leif, der Königshof oder sonst irgendjemand. Du wärst sogar bereit zu sterben." Er nickte dem Jungen aufmunternd und lächelnd zu. "So jemand wie du und das noch in deinem Alter ist selten, wer den Tod nicht fürchtet, selbst wenn er in Zukunft sein Heim mit ihm teilt, der ist mir in Brügge willkommen."
Leif schaute den Jungen nach wie vor mit seinen strengen grauen Augen an. "Jean es ist mir egal, ob du mich nach dieser Nacht hasst. Wenn du clever bist tust du gut daran mir nicht weiter zu trauen als du mich siehst - ein Beispiel dafür sollte sein, dass ich dich nie vergiftet habe und du gewöhnlichen Lavendel in deinen Händen hältst." Die nachfolgende Pause wurde von einem großen Grinsen begleitet. "Lucien ist aber anders - soviel kann ich dir versprechen und verraten und du tust gut daran dich an ihn zu halten. Es war mein Abend heute und nicht der seine." Mit diesen Worten verließ der Salubri die Hütte ohne ein weiteres Wort oder sich umzudrehen.
Der Junge sah ungläubig auf das Lavendelbündel und dann dem Heiler hinterher. Er schüttelte den Kopf öffnete den Mund um etwas zu sagen, schloss ihn dann aber wieder.
Lucien sah ihm immer noch etwas schief grinsend hinterher, die Riegel würde er selbst entfernen können und offensichtlich, war es dem Salubri auch wichtig, das Jean sich bei seinem neuen Herrn wohlfühlte. Wenn er Leif hasste, würde er Lucien umso mehr ins Vertrauen schließen, was die Bindung zu und an ihn nur verstärken würde. Leif machte sich selbst zum Gegenpol, damit Lucien in besserem Licht dastand. Bevor Leif das Haus verließ, flüsterte Lucien ihm noch ein knappes "Danke" hinterher, er wusste er würde sich ein andermal richtig bei ihm bedanken. Dann widmete er seine Aufmerksamkeit wieder Jean. "Jetzt, wo du hier bei mir wohnst, werden wir einige etwas längere Gespräche führen müssen. Dinge, die für dich und für mich überlebenswichtig sind, mein geliebter Neffe. Vieles kann warten, einiges nicht und mit dem fangen wir noch heute an. Du solltest dir etwas zu Essen machen und etwas Tee nachgießen, es wird eine lang Nacht."

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"Alea iacta est." oder "Die Würfel sind gefallen." - Lateinisches Sprichwort


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