Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
Aktuelle Zeit: Fr 3. Mai 2024, 02:27

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde





Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 1 Beitrag ] 
Autor Nachricht
 Betreff des Beitrags: Blutsgebundene
BeitragVerfasst: Sa 13. Jun 2015, 16:15 
Offline
Benutzeravatar
 Profil

Registriert: Mi 17. Jun 2009, 20:52
Beiträge: 1371
Leif ging zurück zu seiner Behausung. Er war vor wenigen Minuten die hohe Treppe des Belfrieds hinab gestiegen und seine Gedanken schweiften über die nächste Krise in die die Brügger Kainiten zu geraten schienen: Liliana hatte sich freiwillig gestellt und harrte im Schuldturm ihrem Schicksal während ein fleischgeformter Kirchendiener gen Brüssel reiste und wahrscheinlich auf dem Weg dorthin seine finsteren Pläne schmiedete. Die Gruppe hatte sich kurz getrennt und beschlossen sich in zwei Stunden wieder zu treffen um zu beraten, wie sie am klügsten vorgehen sollten.
Während er nachdenklich durch die mondhellen Gassen schritt spürte Leif das seltsam vertraute Gefühl im Nacken. Wie damals in Uppsala wenn ihm ein in den Heilkünsten bewanderter Lehrer beim Schreiben über die Schulter geblickt hatte.
Er spürte genau aus welcher Richtung die seltsame Empfindung kam und sein Gespür verriet ihm mehr als deutlich wer dort auf ihn warten würde.
Am Ende der Straße, vor dem Hauseingang eines verlassenen, ehemals wohlhabenden Gehöftes konnte er die hochgewachsene Gestalt des Hexers erkennen. Gehüllt in einen dunklen Mantel, die Kapuze ins Gesicht geschlagen, doch der Blick der hellen Augen bohrte sich fast körperlich spürbar auf ihn.

Bild

Leif weigerte sich im Moment über all die Dinge nachzudenken, die um ihn herum passierten. Es war einfach zu viel und sein Verstand war voll von Gedanken und sich widerstrebenden Gefühlen. Das Gefühl was ihn gleich darauf erfasst, als er durch die Straßen wanderte war vertraut und er wusste wer am Ende auf ihn warten würde. Nun gut Sebastian würde ihm seine Entscheidung mitteilen und Leif verbannte alles andere aus seinem Kopf. Er stand schließlich vor dem Tremere und schlug indem er auf das Innere des Hauses zeigte vor, dass man wohl am besten im Inneren weiter redete.
Sebastian sah ihn nachdenklich an, vermutete wohl einen Hinterhalt. Schließlich nickte er, trat durch die morsche Eingangstür und befand sich plötzlich in einem komplett zerfallenen Gebäude an dem nur die Hausfront erhalten geblieben war. Die Mauern rochen verkohlt und waren geschwärzt. Nach hinten öffnete sich die brüchigen eingefallenen Ziegelwände zu einem weiten, noch vor einigen Monaten ordentlich bestellten Garten mit Obstbäumen, Wintergemüse und einem Brunnen. Die umliegenden Häuser konnte man in wohl 200- 300 Metern ausmachen

Bild

Leif tat so als würde er die Regungen des Tremere vor ihm nicht weiter wahrnehmen und ging, als erster durch die Tür. Er wartete noch einige Sekunden bevor er sprach und schaute sich seine Umgebung an. Die Narben des Krieges waren an so vielen Stellen immer noch so deutlich zu sehen. Wie eben hier. Dann schaute Leif Sebastian direkt an um zu sprechen. "Also Sebastian. Was ist deine Antwort?" Der Salubri war angespannt.
Der Tremere musterte ihn lang. Als er schließlich sprach war seine Stimme ruhig. „Du hast Mut mir direkt in die Augen zu sehen! Du weißt, wozu manche von uns Kainiten in der Lage sind und die Worte, die dich aufhalten und das Mädchen frei geben würden, liegen mir brennend auf der Zunge.“ Er seufzte, ließ seinen Blick dann über die Ruinen streifen.
„Es tut mir leid, Leif, aber ich kann den Vertrag nicht auflösen.“ Wieder sah er zu dem Salubri, fast so etwas wie Trauer im Blick. „und wenn das Gretlins Tod bedeuten würde, dann muss es so sein. Könnte sie sich erinnern, würde sie wahrscheinlich die gleiche Entscheidung treffen.“
Eine Myriade an Emotionen durchflutete Leif als er die Worte des Tremere vernahm und kümmerte sich nicht weiter um die Drohung, die der Magus eher wenig unterschwellig aussprach. Sebastian konnte jedoch das Gemisch von Gefühlen das ihm entgegen schlug, allen voran aber Wut und Trauer mit voller Intensität fühlen. Diese mischten sich schließlich wie ein Sturm, der drohte alles in seinem Weg zu verschlingen. Wenn man es beschreiben wollte, dann war dies war wohl einer jener Wendepunkte in der Geschichte eines jeden Individuums, in dem alles passieren konnte, wie ein alter Baum der zwar einen einzigen Stamm hatte sich schließlich aber in hunderten von Ästen und Zweigen verlor, die alle einen anderen Weg einschlugen. Die Wut in Leif schien kurz die Oberhand zu gewinnen und er stellte sich vor wie er Sebastians Schädel, unbeachtet aller Konsequenzen einfach in zwei Teile spalten würde. Aber das war nicht, was passierte. Das Gefühl, welches in gerade noch zu übermannen drohte war schließlich einfach verschwunden und in Leif zerbrach etwas wie ein römisches Glas, das mit lautem Scheppern auf einem Steinboden aufschlug. Es war das Gefühl der Hoffnung. Die Hoffnung auf Widerstand und die Möglichkeit all diesem ein für alle Mal ein Ende zu setzten. Mit einem Klirren, welches von dem Metall seiner Axt und seiner Stiefel kam sank der Salubri einfach zu Boden. Besiegt und den leeren Blick auf den Boden gerichtet. Dann begann er zu weinen und rote Tränen aus Blut quollen aus seinen Augen hervor, die schon so viele Jahre und Jahrzehnte nicht mehr dort gewesen waren. Dieser Moment war nicht nur eine Reaktion auf die Worte des Tremere, soviel war sicher. Es war einfach die eine Niederlage zu viel, so wie die einzige letzte Schneeflocke, die eine Lawine auslöste.
Sebastian schluckte. Er schien mit vielem gerechnet zu haben: Damit, dass der Salubri versuchen würde ihn in zwei Teile zu hacken, ihn beschimpfen, anschreien würde, aber wohl nicht damit. Die Emotionen, die ihm von Leif entgegenschlugen waren auch für ihn fast zu viel. Er wollte einen Schritt auf den Nordmann zugehen, fast die Hand ausstrecken, blieb dann jedoch stehen. Er wartete, spürte den Wind, der durch die Mauerritzen pfiff auf dem Gesicht.
„Der Blutvertrag war ein Fehler. Und es tut mir wahrlich leid, dass ich es nicht rückgängig machen kann. Für dich und auch für mich.“ Wieder schwieg er.
„Ich dachte damals, ich könnte in dir einen Verbündeten finden. Jemanden, der bereit wäre für die gleiche Sache zu kämpfen, mit der gleichen Inbrunst. Ich habe gehofft, mit dem Vertrag den Hass auf den Clan der Hexer, der in dir brennt, zu umgehen, aber das war wohl eine zu arglose Entscheidung… Wir beide, du und ich, sind wohl eher in der Lage zu zerstören als aufzubauen scheint mir manchmal.“ Er seufzte. „Ein erzwungener Vertrag wird wohl nie dazu dienen ein Bündnis zu festigen. Das weiß ich jetzt leider. Ich dachte damals, es wäre das einzige Mittel um meiner Vernichtung zu entgehen, denn ich wusste, wenn ich mich gegen die älteren Hexer stellen würde, wäre ich nach deren Vernichtung der nächste, der eure tödliche Klinge zu spüren bekäme.
Sebastian biss die Lippen aufeinander. „Aber Freiheit ist ein höheres Gut als der Kampf für eine gemeinsame Sache und wenn es mir irgendwann möglich ist, werde ich den Vertrag vernichten. Das schwöre ich.“
Leif richtete sich schließlich auf und nickte kurz ob der Worte, die er hörte. Allerdings antwortete er nicht. Die ausdruckslosen Augen waren immer noch auf den Boden gerichtet und streiften den Tremere nur einmal kurz. Dann verließ er das Gebäude mit schweren Schritten und es würde einige Minuten dauern bis er zurückkehrte. Schließlich kam er aber mit einem großen Bündel zurück, welches er über der Schulter trug. Er legte es behutsam auf den Boden und schlug dann einen Teil des Stoffes zurück. Es war Gretlin. Sie hatte bereits wieder einen kompletten Körper, denn Leif hatte sie geheilt. Es würde zwar wie bei Liliana eine Weile dauern, bis sie sich, erwacht aus der Starre an ihre neue Haut gewöhnt hätte aber die Vertrautheit würde sich schließlich von selbst einstellen. Leif sprach Sebastian nun mit gebrochener und leiser Stimme an, was bedeutete dass dieser genau zuhören musste. „Du hast gewonnen, Sebastian. Sie gehört dir. Ich habe geblufft und hätte sie nie dem endgültigen Tod entgegengeführt. Es tut mir ehrlich Leid, was ich ihr darüber hinaus antun musste aber die Tat ist getan. Ich ging so weit weil ich die irre aber ehrliche Hoffnung hatte dies könnte ein Ausweg sein.“ Leifs Stimme überschlug sich bei seinem Worten. Damit war er allerdings noch nicht fertig. Der Nordmann fiel vor Sebastian auf die Knie und rutschte ihm schließlich auf diesen entgegen. Dann sprach er weiter. „Du hast gewonnen.“ Die Worte schienen eher ein Mantra, als eine wirkliche Aussage. Das Gesicht des Salubri war noch immer blutverschmiert und von den gutaussehenden Gesichtszügen war nichts übrig als Verzweiflung. „Aber mehr kann ich dir nicht geben. Ich habe weder Geld noch Einfluss in dieser Domäne. Ich bin ein Verräter und werde immer einer sein in den Augen der Kainiten dieser Stadt. Deswegen bitte ich dich, zwing mich nicht dazu sie noch einmal zu verraten. Deine Magie, dieses Band und die Kontrolle lässt mich Grenzen überschreiten von denen ich nicht einmal wusste, das ich sie hatte. All das frisst an meiner Seele Sebastian, Stück für Stück und von dieser ist bereits jetzt nicht mehr viel übrig.“ Schließlich senkte Leif den Kopf wieder, warf sich vor Sebastian auf den Boden und kroch noch näher an diesen heran. Dann küsste er den Saum vom Umhang des Hexers während er noch einmal von einem Schluchzen unterbrochen murmelte. „Alles was ich je wollte war es, dieser Welt eine kleinen Funken des Wunders zu erhalten, die ich in meiner Jugend erleben durfte. Aber die Welt wird dunkler mit jedem Tag. Der Gott der Christen verbreitet seine einzige eine Wahrheit und mein Clan brennt inzwischen in den Feuern von Verrat und Vergessen. Aber ich muss mir nun einmal eine Sache eingestehen, dass ich den Strom der Zeit nicht werde aufhalten oder gar umdrehen können. Alles was mir bleibt ist der Versuch ein kleines bisschen Frieden zu finden. Deswegen bitte ich dich Sebastian. Nein, ich flehe dich an. Bitte geh. Lass diese Stadt in Frieden. Lass mich Frieden. Ich habe einfach nicht die Kraft noch einmal irgendwo neu anzufangen. Nicht mehr. Nicht nach all dieser Zeit und allem was geschehen ist. Bitte geh.“

Bild

Sebastian wich einen Schritt vor der knienden Gestalt zurück, schüttelte ungläubig den Kopf, entfernte sich erneut einen Schritt von Leif. In seinen Augen lag Trauer, Verständnislosigkeit und auch ein Hauch von Wut als er sah wie sich der Heiler demütigte. Dann atmete er tief ein, trat zu dem Salubri und zog ihn zu sich hoch. Seine Stimme war ruhig als er den dunkelblonden Mann ansprach. „Du bist Leif Thorson, aus dem Geschlecht der Wikinger. Was würden diejenigen für die du gekämpft hast, die du liebst wohl sagen, wenn sie dich jetzt sehen könnten? Du hast immer für das gekämpft, das dir richtig erschien, zum Guten wie zum Schlechten. Genau wie ich auch. Manchmal scheitern wir, manchmal ist unser Tun von Erfolg gekrönt. Diejenigen, die uns wichtig sind würden uns vielleicht kritisieren, uns verbannen, aber zu guter Letzt tun wir das, was wir tun für sie, oder? Dieses Mal haben wir beide verloren.“ Er trat zu der Frau in Starre, strich ihr kurz über die Haare und sah dann wieder zu Leif. Seine Stimme war leise. „Ich wusste nicht, welche Qual ich dir auferlegt habe und zu welchen Entscheidungen dich das führen würde. Wenn ich es gewusst hätte, wäre ich nicht hier. Und sei dir gewiss, ich werde abreisen und du wirst mich nicht wieder sehen.“ Kurz sah er zu dem Mädchen. „Vielleicht ist es auch besser, wenn sie sich nicht an mich erinnert. Wie ich schon sagte: bei Zeiten zerstöre ich mehr als dass ich rette.“ Fast lag so etwas wie ein leichtes trauriges Lächeln auf seinen Zügen. Er drehte sich wieder zu Leif um und drückte ihm das abgegriffene Buch, der Salubri Gretlin abgenommen hatte, in die Hand. „Gib ihr das zurück. Sie braucht es.“
Seine Augen verengten sich. „Pass auf dich auf, Leif. Kämpf weiterhin für deine Ziele, denn viele davon sind auch die meinigen. Ich erfülle dir deinen Wunsch und verlasse diese Stadt" Er verbeugte sich vor dem Salubri.
Leif nahm das Buch von Sebastian an und lächelte schwach, schüttelte aber den Kopf. „Die von denen du sprichst sind schon lange tot und ich hätte mich bereits vor langer Zeit zu ihnen gesellen sollen. In Frieden und mit Erinnerungen, die rein und ungetrübt waren. Glaub mir die Welt wartet weder auf dich noch auf mich. Weißt du was das schlimmste ist Sebastian?“ Die Frage war rhetorisch und Leif beantwortet sie für sich selbst, aber die Trauer war hörbar. „Der Moment an dem du aufgegeben hast, denn er kommt weder mit Donner noch Licht. Er ist einfach da unbemerkt und irgendwann wird dir bewusst, dass er bereits da war. Dann realisierst du die Realität. Du wirst zum Zyniker und die Welt um dich herum immer ein kleines bisschen grauer und stumpfer mit jedem Tag. Gelegentlich bäumt sich noch einmal etwas auf, aber es ist nur das letzten Zuckungen eines Sterbenden.“ Leif verstand welche Aufgabe ihm noch auferlegt war und nahm Gretlin wieder auf die Schultern. „Dann ein wenig später kommt der Moment, der dich noch einmal, ein letztes Mal zerreißt bevor alles einfacher wird. Der Moment an dem du deinen Glauben an das verlierst, an was auch immer du einmal geglaubt hast und dann lässt du alles hinter dir. Denn alles ist egal. Schließlich kannst du dann das Ende sehen.“ Leif ging zur Tür und drehte sich dann noch einmal um. „Die Welt endet nicht mit einem Knall sondern mit einem Wimmern – egal was diese Welt für dich ist. Lebe wohl, Sebastian.“ Damit ging Leif in die Nacht ausgelaugt und leer mit einer Last auf dem Rücken die nicht nur sprichwörtlich war.
Sebastian trat noch einmal zu ihm und hielt ihm am Arm zurück. „Auch wenn du bei allem scheitern magst, was du begonnen hast, magst du dir immer sagen können, dass du gekämpft hast! Und wenn du nur bei einer einzigen Sache Erfolg hattest, dann war es wert gekämpft zu haben, oder?“
Leif hielt noch einmal kurz inne. "Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht das hängt immer von dem ab den du fragst und meistens kann dir eh niemand eine ehrliche Antwort geben, du dir selbst eingeschlossen. Aber vielleicht hast du sogar Recht und ich werde lange genug überleben um es zu erfahren. Dann werde ich deiner Worte gedenken." Mit diesen letzten Worten ging Leif in die Nacht.

_________________
Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  

 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Sa 13. Jun 2015, 16:15 


Nach oben
  
 

Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 1 Beitrag ] 

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde



Wer ist online?

0 Mitglieder


Du darfst keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du darfst keine Dateianhänge in diesem Forum erstellen.

Suche nach:
Gehe zu:  
cron



Bei iphpbb3.com bekommen Sie ein kostenloses Forum mit vielen tollen Extras
Forum kostenlos einrichten - Hot Topics - Tags
Beliebteste Themen: Chat, Erde, NES, Essen, USA

Impressum | Datenschutz