Vampire: Die Maskerade

Alida nickte. „Ich wäre euch dankbar wenn ich nicht länger durch Erinnerungen gepeinigt würde, die nicht die meinigen sind. Auch das mag über kurz oder lang zu einer Art Wahnsinn führen, könnte ich mir vorstellen…“ Sie pausierte kurz. „Mögt ihr mir die Frage gestatten, warum ihr mir helft? Wir sind damals nicht in Freundschaft auseinander gegangen und ich könnte verstehen, wenn ihr mir zürnt.“

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Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri

„Ich gebe zu ich achte darauf meine Gefallen einzufordern und Schulden zu begleichen. Es ist auch wahr, dass ich jenen zürne die versuchen mich zu betrügen, aber gegen euch habe ich keinen Grund einen Groll zu hegen Alida van de Burse.“ Die Sammlerin stand auf und ging in die Richtung der blonden Händlerin. „Wir mögen unseren Zwist gehabt haben und die Ewigkeit ist eine sehr lange Zeit für Konflikte, Fehler und Missverständnisse - das steht außer Frage." Die alte Tzimisce zuckte ergeben mit den Schultern. "Zürnen tue ich euch aber nicht. Warum auch? Habt ihr mich etwa betrogen?“ Die bleiche Frau trat nun hinter Alida. „Darf ich euren Kopf berühren? Dann beginne ich. Ihr werdet nichts spüren, wenn ihr euch nicht wehrt, aber ihr könnt mich zu den Erinnerungen leiten, die ihr entfernt haben wollt. Das hilft mir und gibt euch Kontrolle.“

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- Do not go gentle into that good night. Rage, rage against the dying of the light. -

Wieder ein Eingriff in eine Sphäre von ihr, die Alida lieber unangetastet gewusst hätte. Niemand hatte ein Recht darauf ihre Gedanken und Erinnerungen zu kennen. Weder Emilian, der sich heraus nahm ihren Geist zu durchforsten, wenn er eine Gefahr witterte, weder einem Tsimiske des Ostens, der sich ihrer Treue sicher sein wollte oder eine Sammlerin, der sie nicht vertrauen konnte, da sie ihre wahren Beweggründe nicht kannte. Wer wusste, zu was Alida wirklich den Weg frei gab? Würde sie wirklich nur die Erinnerung Alyssas entfernen oder gar nach anderen Dingen suchen? Sie wusste es nicht.
Was sie aber wusste, war, dass sie nicht gewillt war mit einer fremden Erinnerung zu leben, die verstörte und mehr als genug Schaden angerichtet hatte. Es war zeitweise schwer genug die eigenen Erinnerungen zu ertragen, da musste nicht noch das Leiden von Alyssa ich Gemüt belasten.
Sie trat mit einer inneren Anspannung an die Sammlerin heran und konzentrierte sich auf die Erinnerungen.

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Die Berührung der Sammlerin an Alidas Schläfen, fühlte sich an wie eiskalter Marmor. Hart unnachgiebig und bar jeglicher Weichheit oder Wärme. Die beiden Tzimisce reisten zurück zu den Erinnerungen von Alyssa. Im Gegensatz zu ihrem vorherigen Besuch begann sich aber bereits alles zu verändern. Emotionen verblassten und Bilder schienen sich zu verflüssigen wie schmelzender Schnee in der Sonne. Erst wurde alles schwarz, dann blutig Rot und jegliche Form und Farbe begannen um Alida zu verschwinden. Gedanken, Namen, Gerüche, Bilder und Gefühle schienen durch ihre Finger zu rinnen wie Sand und jeder Versuch an einer dieser Erinnerungen festzuhalten, war, als wollte man Staub in der Luft fangen. Ganz zu schweigen von dem schmerzhaften Widerstand, der sich bei der bloßen Idee von Gegenwehr in ihrem Geist aufbaute.



Dann und ganz plötzlich war alles vorbei. In Alidas Kopf klaffte ein Loch. Kein Schleier der etwas kunstvoll zu verhüllen versuchte oder eine sorgsam gestaltete Alternative, sondern eine dunkle Schwärze, dort wo einmal die Erinnerungen gewesen sein mussten. Die blonde Händlerin wusste, dass es sich um Alyssas Reminiszenzen gehandelt hatte. All jene Momente des Schmerzes und der Verzweiflung die sie in den letzten Jahren ihres Lebens durchlitten hatte. Zumindest konnte sie das nur hoffen...Die Sammlerin wiederum war gerade dabei einen giftgrünen Faden, der Weder flüssig noch gasförmig war in ein Glasfläschchen zu bannen. Die alte Tzimisce atmete zur Alidas völliger Überraschung schwer und zitterte erschöpft. Sie war sogar noch blasser als zuvor, obwohl das beinahe unmöglich erschien. Schließlich schleppte sich die Sammlerin zurück zu ihrem Stuhl und ließ sich schwer auf diesem nieder. Ihre Worte kamen abgehackt, während das Holz besorgniserregend unter ihr ächzte. „Es..ist geschehen...Alida van de Burse.“

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Obwohl das Gefühl des urplötzlich in ihrem Gedächtnis auftauchenden Loches sie fast mehr verwirrte als zuvor die falschen Erinnerungen, die nicht die ihren waren, war sie froh dass die Entfernung vollständig gelungen war. Sie sah zu der Sammlerin herüber und es tat ihr leid, der alten Kanitin eine solche Prozedur zugemutet zu haben. Sie trat näher an die bleiche Tsimiske heran, streckte schon fast die Hand aus um sie der erschöpften Frau auf die Schulter zu legen, ließ die Finger dann jedoch wieder sinken. „Habt Dank für all das, was ihr für mich getan habt. Ich bitte um Entschuldigung für mein Handeln damals. Auch wenn es mir in dem Augenblick vor Jahrzehnten richtig erschien, weiß ich, dass ich damals voreilig gehandelt habe und das tut mir leid. Gibt es etwas, dass ich für euch tun kann? Ich sehr, der Vorgang hat euch sehr erschöpft?“

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Die Sammlerin schien sich recht schnell zu erholen, ihre Disziplin schien sie einiges an Kraft gekostet zu haben. Alida erinnere ihr Zustand beinahe ein wenig an die Schwäche die jene Tzimisce ereilte, die gezwungen waren, ohne ihre Heimaterde zu schlafen. Die bleiche Tzimsice sprach mit geschlossenen Augen. „Der Geist eines Übernatürlichen ist ein formidabler Gegner, selbst wenn er sich nicht wehrt. Unsere Gefühle und die damit verknüpften Erinnerungen machen uns zu dem, was wir sind. Der Verstand beschützt das, was er für das seine hält und die Kräfte unseres Blutes haben am Ende egal in welcher Ausprägung ihren Preis.“ Die Sammlerin erhob sich wieder. Der Moment der Schwäche schien verflogen.

„Es gibt keinen Grund sich, um mich zu sorgen, aber habt Dank. Die Erschöpfung wird bald verschwinden.“ Die androgyne Gestalt betrachtete Alida mit ihren smaragdgrünen Augen. „Damit kommen wir zum Ende unserer kleinen Zusammenkunft. Sowohl jetzt als auch in der nähren Zukunft. Valerius und ich werden diesen Landstrich in ein paar Tagen verlassen. Ich habe die Gastfreundschaft Flanderns zu lange überbeansprucht und Valerius muss sich mit dieser neuen Welt vertraut machen. Dennoch werden wir unsere Pflichten nicht einfach vergessen, auch wenn der Stein momentan in guten und sicheren Händen ist.“ Die Sammlerin legte ihren Kopf einmal mehr schräg, wie ein riesiger, weißer Vogel. „Mein Vertrauter Corvus wird zu jedem Vollmond auf dem Belfried in Brügge zu finden sein. Solltet ihr je Verbündete bei der Verteidigung der Stadt brauchen, so schickt nach uns und wir werden kommen.“

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Alida stockte als sie die Worte der Sammlerin vernahm. Valerius würde Flandern verlassen? Wie ein guter Schutzgeist, so war er ihr in den letzten Jahren, seit sie von seiner Existenz erfahren hatte, vorgekommen, hatte er über die Heimatstadt ihrer Väter gewacht um eingreifen zu können, wenn sie versagten. Und nun würde er von dannen ziehen. Der Gedanke löste in ihrem Inneren ein lähmendes Gefühl aus. „Ihr sagt, der Stein ist in guten und sicheren Händen. Seid ihr euch da so sicher? Wir wissen nicht wo er ist und sind somit auch nicht in der Lage ihn im Zweifelsfall zu verteidigen…“ Es fiel ihr schwer die Worte zu formulieren.

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„Ihr und euer Rat beschützt diese Stadt und schenkt ihr Stabilität. Dadurch ist der Stein sicher. Die Logik dahinter ist genauso einfach wie pragmatisch.“ Die Sammlerin lächelte schief. „Leider kann ich euch nicht mehr verraten. Ich weiß nicht, wo sich das Artefakt befindet. Valerius hat den Stein damals irgendwo in Brügge hinter einer Reihe von Rätseln und Hinweisen versteckt. Aber ihr könnt mit eurem Wissenshüter Gerrit sprechen. Valerius hatte mit ihm eine ähnliche Unterhaltung wie ich mit euch. Vielleicht weiß er mehr, immerhin hat er sich bereiterklärt als Wächter von Valerius‘ Erbe zu fungieren.“

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Alida war die Erklärung, dass allein Stabilität für die Sicherheit des Steines sorgte, mehr als fragwürdig. Ein begabter Magus, ein eifriger Tremere, vielleicht jemand, der freien Zugang hatte, wie die Zauberin, die sie einst aus der Parallelwelt mitgebracht hatten, vermochte den Stein einfacher aufzuspüren als sich eine Sammlerin oder Alida van de Burse vorstellen mochten. Sie sog die Luft der Kerkergemäuer ein um sie dann mit einem leisen Seufzen wieder entweichen zu lassen. „Habt Dank. Ich werde euren Rat befolgen. Gibt es etwas mit dem ich euch eure Hilfe vergelten kann?“ Dies auszusprechen fiel ihr nicht einfach, aber Gefallen wurden mit gegengefallen belohnt und diese Kainitin hatte sich einen solchen wohl mehr als verdient.

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Die alte Tzimisce schmunzelte. „Man muss nicht einmal eure Aura lesen, um die Zweifel zu sehen, die in euren Augen leuchten Alida van de Burse. Ich weiß nicht genau welche Wege Valerius gegangen ist, um die Sicherheit des Steins sicherzustellen, aber glaubt mir bitte eins - mein alter Weggefährte ist sowohl talentiert als auch kreativ, insbesondere wenn es um den Einsatz seiner Fähigkeiten geht. Ich gehe daher stark davon aus, dass er mehr getan hat um die Sicherheit des Artefakts zu gewährleisten, als seinen Schutz nur vom Wohlwollen der aktuellen Bewohner der Stadt abhängig zu machen.“ Als die Sammlerin schließlich über Alidas Frage nachdachte, wurde sie wieder ernster. Ich Sie überlegte, schien sich aber relativ schnell entschieden zu haben. „Wenn ihr darauf besteht mir etwas schulden zu wollen, dann sprecht bei meiner nächsten Rückkehr für mich in eurem Rat. Valerius und mein Weg wird sicherlich irgendwann wieder nach Brügge führen und ich würde die Stadt gerne einmal betreten, um zu sehen, was aus der Siedlung nach all der Zeit geworden ist.“

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