Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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 Betreff des Beitrags: Am Scheidepunkt der Schicksale
BeitragVerfasst: Di 7. Apr 2015, 00:18 
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Lucien schlug mit einem Mal panisch die Augen auf und versuchte sich zu orientieren. All seine Glieder schmerzten und brannten; er hatte beinahe das Gefühl, ein Heer aus Rittern wäre in vollem Galopp über ihn hinweg geritten. Nicht das er so etwas nicht überlebt hätte aber spaßig war so eine Erfahrung dennoch nicht. Er zwinkerte leicht und musste feststellen, dass es nach wie vor dunkel blieb. Selbst seine Tieraugen, die ihn ansonsten nie im Stich gelassen hatten, versagten ihren Dienst. Als langsam wieder Unleben in seinen geschundenen Körper kam, konnte er den sachten Druck auf seine Lider spüren – man hatte ihm die Augen verbunden.

Auch seine Arme und Beine fühlten sich irgendwie taub an, das heißt, tauber und dumpfer als sonst. Sie ließen sich kaum einen Millimeter bewegen und es war ihm für einen Moment so, als hätte man etwas Metallenes durch sein untotes Fleisch gebohrt um ihn an Ort und Stelle zu halten. Es stank bestialisch nach Exkrementen, faulem Gemüse und moderndem, feuchten Stein. Als diese einzelnen Erkenntnisse, ließen nur einen sicheren Schluss zu: Man hatte ihn gefangen genommen und eingesperrt. Irgendwo eingesperrt, in einen dreckigen, stinkenden Kerker. Draga dachte er bei sich. Das konnte alles nur ein perfider Plan der Tzimisce sein, soviel stand fest. Kaum einer würde einen solchen Aufwand betreiben um ihn festzusetzen. Vanya, warum war sie hier in Brügge? Warum war sie an der Zollstation gewesen? Ehe er aber noch weiter darüber nachdenken konnte, hörte er ein rostiges metallenes Quietschen und schwere, gepanzerte Schritte die sich zügig näherten. Stimmen aus der Finsternis, die er in seiner gegenwärtigen Situation nicht einmal mit seinen Augen zu durchdringen vermochte, unterhielten sich hastig.

„Was ist mit dem Flittchen in Brüssel? Ich hoffe sie ist nur mehr ein Aschehaufen den der Wind verstreut?“ Eine Frauenstimme, etwas dunkler als die meisten Frauen die er bisher kennengelernt hatte. Die Stimme klang etwas zu befehlsgewohnt und ein wenig zu herrisch – Draga. Er war sich sicher Draga zu erkennen. „Sie ist mir kurz vor dem Stadttor zu Pferde entkommen, eine Verfolgungsjagd schien eher aussichtslos deshalb entschied ich mich dafür, eine günstigere Gelegenheit zu erwählen.“ Lucien wurde stutzig. Eine tiefe, Bassstimme die irgendwie fremdländisch akzentuiert klang und das schlimmste: Er hatte sie schon einmal gehört, da war er sich sehr sicher. Die schweren Schritte näherten sich und schienen direkt auf ihn zuzukommen. Draga äußerte sich erneut spöttisch und abfällig. „Möglicherweise werdet ihr keine solche mehr bekommen, die Truppen sind bereits in Marsch gesetzt worden und die Überraschung für unsere lieben Freunde ist ebenfalls schon vorbereitet. Wofür bezahle ich euch eigentlich?“ Das rostige Schaben und Kratzen, einer weiteren, wohl vergitterten Tür, war zu vernehmen und dem Gangrel wurde sofort bewusst, dass sich Draga kaum mehr zwei Meter vor ihm befinden musste. Der Mann schien allerdings nicht zu antworten, sodass die Unholdin erneut das Wort ergriff.

„Nun denn, es tut nichts zur Sache. Wir haben unseren kleinen Hauptmann ja jetzt bei uns nicht wahr?“ Der eben angesprochene Hauptmann verzog auch ohne etwas sehen zu können die Lippen zu einem schiefen Lächeln. „Draga, wie schön dass du mal wieder auf einen netten Plausch vorbeischaust. Es ist ja Ewigkeiten her. Dir müsste nur klar sein, dass dir der Rest von Brügge für solch ungebetene Einladungen ziemlich den Arsch aufreißen wird oder?“ Es blieb für einige Sekunden still, dann schienen seine Worte die Fürstin von Ostbrügge zu einer Antwort zu verleiten. „Lucien. Ich sehe du bist immer noch der charmante, ungebildete Kriecher von damals. Wie schade, dass wir uns nicht länger unterhalten können aber wie du vielleicht schon bemerkt hast, muss ich eine Stadt erobern. Deine lieben Freunde können mir herzlich egal sein, denn ob du es glaubst oder nicht, soeben marschiert ein Heer gegen Brügge das mit einfachen Bürgern, ausgerüstet mit Spießen und Schaufeln, nicht zu schlagen ist. Ich habe Soldaten, ihr habt nur Bauern. Es ist alles nur eine Frage der Zeit Herr Hauptmann.“ Der Gangrel blieb für einen Moment sehr gefasst, erinnerte sich an die Söldnerfreibriefe, die sie erst vor einigen Jahren in der Kaserne gefunden hatten. Damals, als Leif sie alle verraten hatte. Konnte es sein das Draga tatsächlich gegen Brügge marschierte? Nun, warum auch nicht? Sie hätte die Zeit und das nötige Geld gehabt und es wäre ja nicht so gewesen, als ob sich ein derartiger Konflikt nicht abgezeichnet hätte. „Wenn du schon ein so großes Heer gegen uns aufbieten kannst und mich hier gefangen hälst, warum tötest du mich nicht einfach? Glaubst du irgendjemand wäre so dumm… „ er haderte kurz, fuhr dann fort, „Glaubst du Gerrit wird so dumm sein und für mich die Stadt gefährden? Deine Fallen haben nie funktioniert und diese hier wird auch scheitern.“

Er hörte wie Draga ein paar Schritte auf ihn zukam und wohl beinahe direkt vor ihm stehen blieb. „Es bedarf keiner Fallen mehr Gangrel, keiner Spielchen und keiner Tricks, keine Intrigen und keiner Wirtschaftsembargos. Heute Nacht, ist Schluss mit den Kinderspielen. Heute Nacht gehört die Stadt mir. Und der einzige Grund warum du noch lebst Lucien Sabatier, ist jener, dass ich hinsichtlich des edlen Hauptmanns von Brügge andere Vereinbarungen getroffen habe.“ Lucien wurde stutzig. Es gab kaum jemanden, eigentlich niemanden der… oder vielleicht… konnte es sein? Mit einem Mal wurde die gesamte Situation plötzlich zu tödlichem Ernst und jeder Schalk war aus Luciens Stimme gewichen. „Du willst die Stadt offen angreifen? Das klingt selbst für deine Verhältnisse zu unüberlegt. So kenne ich dich….“ Weiter kam er gar nicht mehr, denn schnelle Schritte und das erneute Knarren der schweren Kerkertür, kündigten einen weiteren Besucher an. Ein paar Meter vor ihm hörte er die hallende Stimme eines Mannes, der wohl in den mittleren Jahren sein durfte. „Herrin. General Volgar wünscht unverzüglich eure sofortige Anwesenheit. Die Janitscharen sind eingetroffen. Es darf zu keinen Verzögerungen kommen.“ So schnell der vermutliche Soldat oder Wachmann erschienen war, so schnell war er auch wieder verschwunden noch ehe ihm jemand antworten konnte. Luciens müde Gedanken waren am Rotieren. „Du hast dich an den Osten gewandt.“ Allein dieser Satz, schien wie das Schaben einer scharfen Klinge in der Luft zu hängen. „Du holst die Ostlinge nach Brügge und lässt einen Tzimisce General ein Söldnerheer befehligen? Mir kommt langsam vor, was immer du anfangs geplant hattest, es ist ganz schön daneben gegangen. Hast du noch die Befehlsgewalt über deine Truppen? Weißt du eigentlich wie die da drüben Krieg führen? Das willst du für Brügge in Kauf nehmen? Das?“ Der Hauptmann spie ihr die Worte förmlich entgegen. Einst war der Gangrel an den Grenzen der Ostreiche vorbeigekommen und die wenigen Eindrücke die er hatte sammeln können hatten gereicht. Gerrit hätte ihm da sicherlich noch beiweitem Abscheulicheres erzählen können, soviel stand fest.

Aber Draga antwortete nicht mehr, im Gegenteil. Das eiserne Schweigen, das sich für einen Moment in seinem kalten, modrigen Gefängnis ausbreitete, sprach Bände. Lucien hörte wie sich ihre Schritte wieder von ihm entfernten. „Macht ihn für den Transport bereit und seht zu das er nichts anstellen kann. Trefft jede notwendige Vorkehrung.“ An Lucien gewandt sagte sie lediglich bemüht emotionslos: „Manchmal muss man Opfer bringen um das zu bekommen was man will. Ich werde Brügge haben und ihr werdet vergessen sein.“ Ihre schweren Stiefel traten entschlossen und eilig auf den nassen, steinernen Gefängnisboden bis die schwere Tür erneut, hinter ihr ins Schloss fiel. Lucien schrie ihr noch nach. „Das ist Wahnsinn Draga! Brügge ist nicht Rumänien oder Ungarn! Über was willst du herrschen? Über einen dampfenden Haufen brennender Knochen und Asche? Dragaaaa!“

Die Unholdin war aber schon längst gegangen, sei es um ihrem General die Aufwartung zu machen, sei es um die Schlachtpläne zu kontrollieren. Zurück blieben der bewegungsunfähige, blinde Lucien und der fremde Mann, dessen Stimme ihm so merkwürdig vertraut vorkam. Dieser schien einen knappen Schritt nach vorne zu tun und sprach in sehr peinlich berührter, fast entschuldigender Stimme zu ihm. „Es tut mir sehr leid, Gangrel aber das könnte jetzt selbst dir ein wenig wehtun. Verzeih.“ Und dann schrie Lucien Sabatier und er schrie sehr lange, bis ihn mit einem kalten, scharfen Stich in der Herzgegend, gnädige Ohnmacht umfing.

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Through action, a Man becomes a Hero.
Through death, a Hero becomes a Legend.
Through time, a Legend becomes a Myth.
By learning from Myth, a Man takes action.
~Corazon~


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