Sa 26. Jul 2014, 19:43
Kapitel V
Die naechsten Jahre verbrachte ich nun damit meinen neuen Zustand zu verstehen und meine neuen Gaben zu erforschen. Hels Umarmung brachte mir viele Vorteile wie Kraft, Ausdauer und die Faehigkeit meine Wunden mit dem Blut meiner Herrin zu heilen. Erst Jahre spaeter verstand ich das mich der groesste Nachteil des Daseins als Ghul verschonte – die Blutsbande und die emotionalen Fesseln die dieser Zustand mit sich bringen. Ich weiss nicht warum das Blut keine Wirkung auf mich hatte, ich vermute aber das der Segen Eir’s noch immer auf mir lag und deswegen diese Fessel keine Gefahr fuer mich darstellte – genauso wie es auch heute noch der Fall ist. Groesser als all dies aber wog fuer mich die gewonnene Zeit da die vampirische Vitae mein Altern verlangsamte und ich so Zeit hatte mich neu zu organisieren, Plaene zu schmieden und mich von meinen Niederlagen zu erholen. Im Nachhinein bin ich immer wieder entsetzt wie fanatisch ich in diese Jahren agierte, denn nichts konnte mich von meinem verlangen nach Macht und Einfluss abbringen – nicht einmal diese voellig neue Welt die sich mir eroeffnete. Im Grunde akzeptierte ich meinen Zustand als Ghul und die Kainiten oder Wiedergaenger wie sie im Norden auch genannt wurden einfach als einen Teil dieser uebrnatuerlichen Welt und ich sollte erst sehr viel spaeter die ausgedehnte Mythologie um Kain, die Vorsinnflutlichen sowie die kainitsiche Macht- und Sozialstruktur erlernen.
Meine Beziehung zu Arthea war sehr symbiotisch – sie gab mir den Rueckhalt einer intelligenten Person den ich brauchte um meinen Plaene voranzutreiben und ich brachte eine Neuerung in ihr Leben, der sie aus einer Lethargie und Langeweile riss. In den naechsten Jahren reisten wir zusammen durch die skandinavischen Laender, immer auf der Suche nach neuen Verbuendeten die uns helfen sollten das Christentum zurueckzudraengen indem wir versuchten wichtige Positionen mit Anhaengern der alten Goetter besetzten. Wir reisten auch weiter in den Osten in das Land der tausend Seen um unser Wissen zu vertiefen. Ich war sehr erstaunt wie viel Enklaven noch immer existierten und lernte so auch eine weitere Sprache – Russisch eine Sprache mit anderem Wortschatz und Grammatik als alles was ich je zuvor gelernt hatte. Nachdem Arthea mein Geschick mit Sprachen erkannt lehrte sie mich auch ihre alte keltische Muttersprache die ich mit grossem Interesse erlernte. Offensichtlich war Arthea nicht ihr echter Name, denn dieser war griechischen oder roemischen Ursprungs, aber diese Verbindung sollte ich erst spaeter knuepfen. Nach unseren Reisen siedelten wir nach Daenemark ueber und ich nutzte die Zeit um mit meinen beiden juengsten Soehnen Bjorn und Asbjorn zusammen zu sein. Sven war bei Knut in England und damit ausserhalb meiner Reichweite aber die anderen beiden wurden in Daenemark ausgebildet wahrend ihre Mutter und meine ehemalige Geliebte Estrid, einen Gefolgsmann Knuts in England geheiratet hatte. Ich tarnte mich als reisender Moench der aufgrund seines Wissens und seiner Talente in Sprachen schliesslich angeworben wurde um die Kinder zu unterrichten. Nachdem ich endlich Zugang zu ihnen hatte war es mir moeglich sie im alten Glauben zu erziehen und von jungen Jahren an auf meine Seite zu ziehen.
1035 hoerte ich schliesslich die Neuigkeiten, dass Knut im sterben lag. Ich wusste ich musste ihn noch ein letztes mal sehen und machte mich mit dem Segen von Arthea auf nach England um meinen Frieden mit ihm zu machen. Ich schlich mich schliesslich in seine Kammer nachdem ich am Hof angekommen war und sicher sein konnte, dass Emma in ihrem Gemach lag. Den Mann den ich dort im Bett sah war definitiv Knut aber Alter und Krankheit setzten ihm zu und ich wusste sofort es gab nichts mehr was man fuer ihn tun konnte. Seine Zeit war schlicht abgelaufen und aufgezehrt durch Jahre des Kampfes, Krieges und Regierens. Seine Zeit war gekommen. Ich kam auf ihn zu und verabschiedete mich von ihm und wollte schon wieder gehen, doch er merkte das jemand im Raum war. Er sprach verwirrt von seinem Bruder, vergangen Zeiten, seinen Kindern aber auch von Vergebung, Suende und Bestrafung. Und schon als ich es nicht mehr ertragen konnte sagte er meinen Namen. Leif. Und ich wusste in diesem Moment das er wusste ich bin hier. Seine letzten Worte waren: "Vergib mir Bruder" und ich begriff etwas, dass mich beinahe zerstoerte. Er wollte nicht das ich ihm vergebe, sondern die Last des Brudermordes lag immer noch auf ihm. Das erklaerte auch seinen Wandel und seine Anlehnung an das Christentum. Die Priester versprachen ihm Busse und Vergebung fuer die Ergebenheit zu ihrem Gott. Emma hatte ihn wahrscheinlich dazu getrieben und am Ende verbannte er mich nicht weil sie es wollte sondern weil durch meinen Mord unsere Beziehung fuer immer vergiftet war...Unter Traenen und Verzweiflung verliess ich schliesslich die Burg und hoffte nur das Knut die Vergebung gefunden hatte die er all die Jahre gesucht hatte.
Meine Trauer verwandelte ich schliesslich in pure Ambition und stuerzte mich noch mehr in meinen Plaene und Machenschaften, besonders jetzt wo Knuts Erbe die politische Landkarte wieder einmal veraendern wuerde. Arthea und ich beschlossen in England zu bleiben und Harold zu unterstuetzen, da er sich als grosser Gegner der Kirche und Freund des alten Glaubens etablierte. Sein Bekenntnis ging sogar soweit, dass er Messen komplett mied und die Bischoefe sich weigerten ihn als Koenig zu kroenen was die Situation noch zusaetzlich verschaerfte.
Der Buergerkrieg in Knut’s ehemaligem Grossreich liess nun nicht lange auf sich warten, nachdem Norwegen rebellierte und sich die Situation zwischen Harold und Harthacnut anspannte und offener Krieg drohte. Schliesslich gelang es mir und einigen anderen Diplomaten zwischen beiden Parteien zu verhandeln. Emma mischte sich wie immer natuerlich auch in die Angelegenheiten ein und unterstuetzte den Frieden indem sie quasi als beratende Regentin in England fuer Harthacnut neben Harold auftrat, nachdem sie den koeniglichen Schatz in Winchester an sich riss. Die Situation eskalierte schnell als Emmas Kinder aus Erster Ehe, Eduard der Bekenner und Alfred nach England aus dem normannischen Exil kamen um ihre Mutter zu besuchen. Dieser Besuch stellte sich schnell als eine von Emma eingefaedelte Intrige heaus, die daruaf zielte England fuer ihre Kinder zurueckzuerobern. Harthacnuts militaerische Macht war in Daenemark gegen die norwegischen Invasoren gebunden, weswegen sie ihr Glueck mit ihren Kindern aus erster Ehe versuchte. Haraold aber ging hart gegen seine Stiefbrueder vor, entfuehrte schliesslich Alfred und liess ihn foltern, blenden und am Ende toeteten um ein Exempel zu statuieren. Dieser Coup wurde von mir eingefaedelt, denn mir fielen Briefe und Unterlagen in die Haende die bewiesen, dass Emma den koeniglichen Schatz nutzen wollte um ein Soeldnerheer auszuheben und ihren Soehnen zur Verfuegung zu stellen. Der Krieg war in vollem Gange und ich wusste wir mussten Winchester erobern um der Schlange der Verschwoerung den Kopf abzuschlagen. Wir siegten und Emma floh schliesslich 1037 ins Exil nach Bruegge in Flandern und Eduard zurueck in die Normandie. Harold hatte gewonnen und das Land schliesslich unter seiner Herrschaft vereint...Ich war sicher mit England als gesicherter Machtbasis, mit Harold auf dem Thron und mir als Berater konnte endlich eine neue Zeit anbrechen...
Leider war der erkaempfte Frieden nicht von Dauer. Emma begann ihre Machtbasis im flandrischen Exil auszubauen und begann sogar eine Handschrift mit Hilfe der Moenche eines Klosters in St. Omer zu verfassen, dass Harold als Monster und gefaehrlichen Irren darstellen sollte. Diese Handschrift mit dem Namen „Encomium Emmae Reginae“ verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Sie nutze all ihren Enfluss in der Kirche und viel Propaganda um ihre Position und die ihrer Kinder wieder zu staerken. Ich hoerte schliesslich von meinem Sohn Bjorn der in den Diensten Harthacnuts stand und mir als Spion diente, dass dieser einen Besuch in Flandern plante um sich mit seiner Mutter zu treffen und England letztendlich zurueckzuerobern. Arthea und ich beschlossen schliesslich im Fruehjahr 1039 nach Flandern zu gehen um Emma direkt zu stellen. Meine Erzeugerin war sogar geradezu euphorische die Stadt Bruegge zu besuchen. Als wir in der Stadt ankamen verstand ich schliesslich auch warum. Jede groessere Stadt der Wiedergaenger, die sogenannte Domaene wurde von einem gogenannten „Prinzen“ angefuehrt und verwaltet. In Bruegge war dies jedoch ein besonderer Vampir – genannt Valerius der Erzeuger und damit so etwas wie ein Vater meiner Herrin Arthea. Es gab auch noch ein paar andere untote Einwohner in der Stadt, aber wir mieden sie und konzentrierten uns ganz auf die Aufgabe Emma endlich zu stoppen...
Emma war leider ausserhalb unserer Reichweite, denn das Kloster in das sie sich zurueckgezoge hatte war vom wahren Glauben geschuetzt und meine Heriin verbot mir etwas gegen sie direkt zu unternehmen um nicht den Zorn der Kirchenmaenner auf die Stadt und ihren Erzeuger zu lenken. Der Prinz der Stadt hatte ein Edikt ueber die Stadt gelegt welches auch als ‚Stille des Blutes“ bekannt war und besagte, dass sich die Uebernatuerlichen vor den Menschen verbergen sollten um nicht aufzufallen um somit Kampf, Zorn und Vernichtung zu entgehen. Ich stand jedoch in Korrespondenz mit ihr wir beschlossen uns im Maerz des Jahres 1040 zu „Friedensverhandlungen“ zu treffen, nachdem ihr Sohn Harthacnut mit seiner Flotte nach Bruegge kam. Dies war unser erstes Treffen nach ueber 20 Jahren und nach dem Tode Knuts. Ich musste Vorsichtmassnahmen treffen, denn ich sah wegen des Blutes noch immer aus ein junger starker Mann Ende 20 oder Anfang 30 war inzwischen aber beinahe 50 Jahre alt. Meine Herrin loeste dieses Problem schliesslich indem sie eine Kraft auf mich anwandte die mich wie eine wandelnde Leiche aussehen liess und es mir somit ermoeglichte Emma, in der Form eines alten und kranken Mannes zu sehen. Das Treffen selbst war jedoch nur ein Vorwand und ich haette wissen muessen, dass die Schlange etwas im Schilde fuehrte. Sie traf mich nur um mir mitzuteilen, dass meine Bemuehungen sinnlos waren und das im Moment schon ein Meuchelmoerder dabei ist Harold zu toeten. Sie uebermittelte mir die Nachricht zuckersuess und sagte das der Frieden gewahrt blieb, da Harald keine Erben hatte und der Anspruch somit direkt an ihren Sohn Harthacnut fallen wuerde – ganz ohne Blut zu vergiessen. Ich kann mich noch genau an ihren letzten Satz erinnern bevor sie sich umdrehte und mit ihrem Gefolge verschwand: „Knuts Sohn fuer meinen Sohn – die Schuld ist zur Hälfte bezahlt und die andere Hälfte wird folgen!“
Ich glaubte ihr sofort und Arthea und ich versuchten so schnell es irgendwie ging zurueck nach England zu kommen aber die Neuigkeit von Harolds Tod holte uns bereits im Hafen von Bruegge ein bevor wir das Schiff ueberhaupt besteigen konnten. Ich war am Boden zerstoert, stand ich doch einmal mehr am Abgrund meiner eigenen Plaene und Ambitionen. England ergab sich kurz danach Harthacnut und er kehrte mit Emma als Mitregentin zurueck nach England. Beide brachten auch Eduard zurueck aus dem normannischen Exil und Harthacnut machte ihn zu seinem Erben, wahrscheinlich auf bestreben von Emma. Ein Jahr spaeter schliesslich starb Harthacnut – Knuts letzter Sohn und damit auch sein letztes Kind. Er soll sich tot getrunken haben, was durchaus sein kann denn er wusste das er nicht mehr lange zu Leben hatte, denn er hatte sich eine schwere Lungenkrankheit eingefangen die ihn langsam zugrunde richtete. England war verloren und ich kehrte nach Daenamrk, oder genauer gesagt nach Aros zurueck um mit meinen beiden juengsten Kindern, Bjorn und Asbjorn zusammen zu sein, da der juengste dort immer noch ausgebildet wurde und Bjorn dort immer wieder in den Hafen einlief um als Botschafter zwischen England und Daenmerk zu fungieren.
Zuletzt geändert von Leif am So 3. Aug 2014, 16:55, insgesamt 5-mal geändert.