Mi 19. Aug 2015, 14:54
Gretlin hörte Leif bei seinen Ausführungen zum Thema Freiheit aufmerksam zu. Ihre Stirn legte sich nachdenklich in Falten. Sie suchte nach einer zweiten Bedeutung hinter den Worten des Heilers, die sich ihr nicht ohne weiteres erschließen wollte.
John lächelte sacht als Leif ihn ansprach. Das sonst so verschlossene Gesicht ließ eine Regung erkennen. Er nickte anerkennend. Der Blick sprach Bände: Wusst ich’s doch, dass du nie fern bist. Er warf einen kurzen abschätzenden Blick zu Gretlin, sprach seinen Domitor dann direkt an: „Ich kannte Edmund zu seinen sterblichen Tagen. Er war Ghul, wie ich. Wir dienten verfeindeten Herren und hatten unsere kleinen Zwistigkeiten miteinander. Es war eine Art Wettstreit zwischen uns, wenn ihr es so sehen wollt. Wer gewinnt eher das Wohlwollen seines Herren? Nun ja: Offensichtlich hat er das Rennen gemacht.“ John lachte laut auf. Ein komischer Ton in der regenverhangenen Ödnis.
Gretlin wandte sich zu John als Leif vom Pferd stieg, zuckte kurz mit den Schultern und tat es ihm dann nach. „Wie viel Minze braucht ihr denn? Ist es nicht ein wenig übertrieben jetzt Kräuter sammeln und trocknen zu wollen?“ Ihr Blick wanderte zum Himmel. „In Brügge wächst die Pflanze doch auch und viele kranke Sterbliche werdet ihr hier in England ja hoffentlich nicht versorgen müssen?“
Leif hörte sich die Worte seines Ghuls an und machte weiter mit seinen Kräutern. "Was immer dich glücklich macht John. Du weißt dass ich mich nicht in deine Angelegenheiten einmische. Aber ja offensichtlich hat er das Rennen gemacht ... Zumindest im Moment." Leif ließ den letzten Satz so offen wie er ihn formuliert hatte. "Gretlin ich will mit der Pflanze niemanden behandeln. Außerdem sammele ich alles was sich vielleicht später gebrauchen kann. Minze ist robust und man kann sie lange transportieren. Ich hoffe sie durchzubringen, bis wir zurück in Brügge sind und dort einzupflanzen. Wenn sie auch dort länger abzuernten ist, genauso wie hier und das nicht nur an den Bedingungen in dieser Heide liegt, haben wir langfristig einen Vorteil für das Hospital. So oder so einen Versuch ist es allemal wert." Gretlin konnte sehen, dass er einen größeren Stofffetzen in das Wasser des Baches tränkte und ebenso in seinem Mantel verschwinden ließ. "Wir können weiter." Mit einer grazilen Bewegung schwang er sich wieder auf sein Pferd.
Gretlin zog die Augenbrauen in die Höhe, verbiss sich die Bemerkung, die ihr auf der Zunge lag und schwang sich dann erneut auf ihr Pferd. Dann seufzte sie kurz und sprach Leif trotz besseren Wissens erneut an. „Wir kommen auf dem Rückweg doch wieder hier vorbei. Wenn die Pflanze wirklich so wichtig ist, sollten wir dann zugreifen. Das erhöht deren Überlebenschance bis in eure Heimatstadt beträchtlich.“
"Wissen wir ob wir hier wieder vorbeikommen Gretlin? Wissen wir das wirklich? Wenn ich eine Sache gelernt habe, dann das es immer anders kommt als man denkt."
Die weitere Reise verlief ohne weitere Vorkommnisse. Sie kamen auf der schlammigen Landstraße nur langsam voran und der stetig fallende Regen, der ihnen die Sicht raubte tat sein Übriges. Sie durchquerten eine alte Stadt mit mächtigen Festungsmauern, die York hieß. Die missmutigen Bürger, die nachts durch die Regenschleier hasteten schenkten Leif und seinen Gefährten keine Beachtung sondern ließen die drei Wanderer einfach stehen. Als Leif einen der Männer schließlich am Ärmel festhielt und ihn nach dem Weg fragte, folgte nur eine wüste Beschimpfung in schwer verständlichem Englisch, dass das Städtchen von dem der Heiler sprach im Norden läge, eine Tagesreise entfernt, und dass man ihn gefälligst in Ruhe lassen sollte. Aus den grobschlächtigen Menschen waren kaum Informationen zu bekommen. Schließlich folgten sie auf gut Glück einem Karren nach Norden auf dem ein Schild in verwitterten Lettern „Eppel aus Richmun“ verkündete. Der Kutscher war nicht dazu zu bewegen näher zu erklären, wo er hinwollte und musterte die Reisenden misstrauisch.
Leif musste schon fast befürchten zu spät zu kommen, als er vor sich im Dämmerlicht der Herbstnacht die Umrisse der Stadt ausmachen konnte, die soweit ihre Erkundigungen erfolgreich gewesen waren, Richmond entsprechen mussten. Ein hölzerner Palisadenzaun umfasste wohl an die zwanzig Häuser und Höfe, eine große Esche war in der Mitte der Ansiedlung zu erkennen und in der Ferne leuchtete die Lichter einer im Verhältnis zu der Ansiedlung mächtigen Festung.
Leif zügelte sein Pferd und sprach seine Begleiter an. "Ich glaube wir sind da, auch wenn ich mir ... Mmmh ... Diese ganze Ansiedlung ein wenig größer vorgestellt habe. Zumindest hoffe ich dass das hier Richmond ist. Wir sollten herausfinden ob die Einwohner dieser Stadt genauso kleine Schätzchen sind wir zuvor in York." Leif trieb sein Pferd an in Richtung der Palisaden.
Zwei grimmig dreinblickende Wachleute hielten die Reisenden an, musterten sie lange. „Was wollt ihr hier in Richmond?“ fragte der Jüngere schließlich mit unerwartet freundlicher Stimme und einem interessierten Gesichtsausdruck.
Leif übernahm das Reden und versuchte den lokalen Akzent ein wenig nachzuahmen um etwas mehr Vertrauen zu erwecken. "Wir wollen nur eine Nacht aus dem Regen raus und uns vielleicht ein paar neue Stiefel besorgen, die nicht völlig mit Schlamm eingesaut sind." Er zeigte auf seine Füße. "Lange wollen wir uns keinesfalls aufhalten, guter Mann."
Der Jüngere lachte und sein Gegenüber grunzte abfällig. „Ihr seid aus York, oder? Ihr haltet uns nicht auf. Wir haben eh nichts Besseres zu tun als uns hier im Regen die Füße tot zu stehen.“ Er musterte Leif und die beiden anderen und seine Stimme wurde einen Deut leiser. „Verzeiht mir die Frage, aber ich muss sie stellen: Wie steht ihr zum König? Und zum Krieg?“ Er fuhr sich betroffen über die Lippen. „Dann nennt mir eure Namen damit ich sie in unser Register eintragen mag“
"Die Zeiten sind hart und ich bin froh dass der Krieg vorbei ist. Im Moment versuche ich so weit wie möglich von Frankreich fortzukommen und hoffe irgendwann einmal irgendwo einen Pflug anstelle eines Schwerts bedienen zu dürfen und wenn ich viel Glück habe meine Enkel kennen lernen zu dürfen und dann friedlich einzuschlafen."
Die Augen des Mannes weiteten sich ungläubig. „Der Krieg ist aus???“ Er schrie fast. „Ihr bringt gute Kunde!!!“ Er rempelte seinen Kumpanen an. „Morgolf. Das müssen wir den anderen mitteilen! Bleib du hier. Ich führ die Wanderer in die Wirtsstube, damit sie allen haarklein jedes Detail berichten können.“ Seine Stimme überschlug sich vor Freude. Der Ältere hielt ihn am Ärmel zurück und grummelte. „Zuerst die Namen. Dann kannst du meinetwegen mit den Fremden in der Herberge verschwinden.“
"Leif Thorson." Sagte der Nordmann schlicht. Dann schaute er zu Gretlin und John. Sie sollten selbst entscheiden, welchen Namen sie benutzen wollten.
„Mein Name ist Gretlin“ fügte das Mädchen mit deutlichem Akzent hinzu. „John Constantine“ ließ sich der alte Mann vernehmen.
Der Wachmann führte die Reisenden durch das Dorf und hielt vor einer großen Herberge. „Nix wie rein mit euch ins Warme.“ Er hielt die Tür auf und ließ alle eintreten. Drinnen war es tatsächlich ausgesprochen heiß. Ein Feuer am anderen Ende des Raumes schien gegen die Kälte ankämpfen zu wollen, die durch die kleinen vernagelten Löcher in der Wand, die man als Fenster interpretieren konnte, eindrang. Die Männer und Frauen des Dorfes saßen gemeinsam an den Tischen und hatten die Köpfe über ihren Humpen mit Ale, Bier oder was auch immer gebeugt. An einem Tisch spielten ein paar Zimmermänner Karten. Die Leute waren mager und hatten dunkle Ringe unter den Augen.
Der junge Wachmann wedelte mit den Händen um die Aufmerksamkeit der Bürger zu erhalten und rief dann laut. „Seht alle mal her!“ Das hier ist Leif Thorson aus York. Er ist auf der Durchreise und hat gerade verkündet, dass er i York gehört hat, dass der Krieg vorbei ist. Stellt euch das vor!!! Der Krieg…“ Er verbeugte sich wie ein Zauberassistent, der die Bühne für die eigentliche Attraktion frei gab: den nächtlichen Wanderer. Alle Gesichter waren erwartungsvoll auf Leif gerichtet. Hoffnung glomm in den trüben Blicken.
Leif mochte die ganze Aufmerksamkeit nicht, wusste aber es half nicht dagegen anzukämpfen. "Ja der Krieg ist vorbei. Endlich. Auch wenn ich nicht weiß warum oder unter welchen Bedingungen. Möge sich die Zukunft unseres Landes endlich wieder rosig gestalten." Er schnappte sich einen der Humpen von einem Tisch und hielt diesen hoch. "Auf das Ende des Krieges!" Er nahm einen tiefen Zug und stellte den Krug wieder dorthin wo er ihn herhatte und gab dem Besitzer eine kleine Kupfermünze.
Die Gäste starrten ihn ungläubig an, einige murrten. Etwas verdattert sah der junge Wachmann die Gruppe an. Dann nahm er ebenfalls einen der Humpen. „Auf das Ende des Krieges! Auf dass sich alles zum Besseren wenden möge.“ Die anderen Gäste taten es ihm nach und wandten sich dann wieder ihren Gesprächen zu. Offensichtlich stand da jemand, der sich nur wichtigmachen wollte, das las man ihren Gesichtern ab.
Der junge Wachmann versuchte es erneut. Diesmal deutlich leiser „Mensch… ihr müsst doch etwas vernommen haben. Haben wir gesiegt? Verloren?“
Egal was man Tat, man Tat es falsch dachte sich Leif. Egal, wenigstens war es vorbei. "Nein habe ich nicht. Ich bin kein Offizier und auch kein Höfling. Es tut mir Leid aber ihr werdet auf offizielle Nachrichten warten müssen."
Gretlin nahm den jungen Mann am Arm und zog ihn näher an sich heran. „Ihr habt bestimmt mitbekommen, dass Prinz John den Krieg gegen den Willen der englischen Adeligen begonnen hat und die ihm die Waffentreue verweigerten. John ist mit seinen Truppen in Flandern gelandet und konnte zwar zunächst die Unterstützung zahlreicher französischer Adliger gewinnen. Er stieß im Juni bis Angers vor. Anschließend belagerte er einige Burgen. Als der französische Kronprinz Ludwig jedoch zum Entsatz anrückte, versagten ihm seine französischen Verbündeten die Unterstützung und Johann musste in der entscheidenden Schlacht bei Roche-aux-Moines kampflos das Schlachtfeld räumen. Nachdem seine Verbündeten wenig später in der Schlacht bei Bouvines eine vernichtende Niederlage gegen den französischen König erlitten haben ist Johns Feldzug vollständig gescheitert.“
Der junge Mann sah sie fast entsetzt an. Dann legte sich ein fast wütender Zug um seine Mundwinkel und er spie auf den Strohboden aus. „Ja, es war ja auch nichts anderes zu erwarten. Habt Dank.“ Ohne ein weiteres Wort an die Reisenden oder die Gäste der Herberge verbeugte er sich vor den drei und eilte zurück in die Nacht.
Leif nickte nur. Es war ihm klar gewesen das Gretlin mehr wusste, aber es lag nicht an ihm zu entscheiden wie sie mit ihrem Wissen umgehen wollte. "Gut damit ist das alles geklärt." Er nickte Gretlin noch einmal zu. "Wir sollten uns ein Zimmer nehmen."
Sobald sie das Zimmer hatten, wurde Leif sich bereit machen. Er schnappte sich Dolch und Axt die er unter seinem Mantel verbarg und legte eine Lederrüstung an. Man könnte nicht vorsichtig genug sein. Dann sprach er noch einmal mit Gretlin und John. "Ich muss noch einmal los und zwar allein. Ich denke wir treffen uns hier wieder." Schließlich würde er sich zum Treffpunkt aufmachen den Will genannt hatte.
Leif verließ das Gasthaus und schritt durch die dunkle Nacht. Der Regen hatte etwas nachgelassen und verbreitete nun feuchte Tropfen wie durch Nebel. Er ging auf die Mitte des Marktplatzes zu. Obwohl weit und breit weder Mond noch Sterne zu erkennen waren wusste er, dass diese Nacht Vollmond war. Ein kurzes mulmiges Gefühl im Nacken ließ ihn herumfahren aber er konnte niemanden in der Finsternis entdecken. Schließlich stand er in seinen dicken Mantel gehüllt unter den ausladenden Zweigen der Esche und harrte der Dinge. Eine schwache Glocke in einiger Entfernung schlug Mitternacht
Gerade noch rechtzeitig dachte sich der Salubri und hoffte, dass es diese ganze Geschichte am Ende gut ausgehen würde. Trotz allem hatte er ein ungutes Gefühl und aktivierte deswegen sein Auspex und beobachtete seine Umgebung.
Leif erkannte in einiger Entfernung zwei Männer, die sich miteinander unterhielten und kurz in seine Richtung zeigten. Offensichtlich waren sie auf dem Weg nach Hause. An einem Unterstand schwang sich ein Mann, vielleicht ein Reisender, aus dem Sattel seines Pferdes und gab einem Stallburschen die Zügel in die Hand. Er richtete betont langsam seine Reisekleidung und blickte zur Esche. Eine weitere Gestalt verharrte in einer dunklen Seitengasse und ließ ihren Blick scheinbar unbeteiligt ab und an in seine Richtung schwenken.
Leif wartete, bereit für alles und darauf dass ihn jemand ansprechen würde. Er ging einmal um die Esche herum, sobald ob er etwas zu suchen schien und nahm die Kapuze seines Mantels ab.
Es verging einige Zeit. Die nächtlichen Wanderer, die er vor kurzem noch gesehen hatte, entschwanden aus seinem Blick. Minuten vergingen, schienen sich zu Stunden auszudehnen. Irgendwann hörte er ein zögerndes Räuspern zu seiner linken. Vor ihm stand ein Junge, wohl um die 10 Jahre alt, der sich nervös von einem Bein aufs nächste bewegte. „Ihr seid nicht von hier. Wer seid ihr denn?“ In seinen Fingern erkannte Leif eine Kupfermünze.
Leif vermutete sofort dass der Junge als Bote fungierte, so wie er mit der Münze in seiner Hand spielte. "Ich bin ein Reisender und warte auf einen Freund." Der Salubri beschloss sich den Jungen einmal genauer anzusehen und seine Aura anzusehen.
An dem Jungen war nichts besonderes, außer, dass er nach Stall und Pferd roch. Offensichtlich ein Stallbursche. Der Junge war nervös, unsicher, was er tun sollte. Ihm schien die Situation nicht so recht zu behagen. „Habt ihr auch einen Namen? Und auf wen wartet ihr?“
Der Nordmann hatte nichts anderes vermutet, als es Bild welches sich ihm gerade bot. "Mein Name ist Leif und ich warte auf einen Mann namens Will. Hat er dich geschickt?"
Der Junge blickte ihn verängstigt an. „Das weiß ich nicht.“ Mit diesen Worten wandte er sich schnell um und rannte in die Dunkelheit davon. Es dauerte einige Minuten bis sich eine weitere Gestalt durch den Nebel zur Esche bewegte. Der Schritt war vorsichtig. Wenige Meter vor Leif blieb er stehen. Der Mann musterte den Heiler kurz und trat dann entschlossenen Schrittes auf ihn zu. Er umarmte ihn kurz und herzlich. „Leif??? Mit allem hätt‘ ich gerechnet. Aber ganz sicher nicht mit dir.“ Ein kurzes Lachen war zu hören
Leif erwiderte die Umarmung von Will. "Hallo alter Freund." Er lächelte. "Ich bin kurz eingesprungen. Lilliana ist im Moment leider nicht in Brügge. " Er schaue sich den Salubri noch einmal vor sich an. "Warum hast du die Stadt damals einfach verlassen? Egal um was es sich handelt wir hätten schon eine Lösung gefunden! Aber nun sag mir. Was war der eigentliche Grund für deinen Brief? Kann ich dir irgendwie helfen?" Leif war wirklich froh sein Clansmitglied zu sehen, war aber nach wie vor auf der Hut. Nicht vor seinem Gegenüber sondern ehr wegen dem unguten Gefühl das ihn vorhin beschlichen hatte.
Ungläubig schüttelte der englische Salubri den Kopf. „Komm mit. Man kann nie wissen welche Ohren in dieser Nacht noch lauschen mögen.“ Er schritt rasch durch die Dunkelheit, betrat eine dunkle Gasse und dann einen kleinen Verschlag an der Rückseite eines Hauses. Er schob einige Bretter zur Seite, die wie eine Verkleidung aussahen und förderte eine niedrige Tür zutage. Sie traten ein und befanden sich in einem warmen Raum, der, so schloss Leif aus den Gerüchen, an eine Küche angrenzte. Es war ärmlich eingerichtet, aber warm und sauber. Will legte seinen nassen Mantel ab, warf sich auf einige Säcke, die in einer der Ecken aufgestapelt waren und offensichtlich Getreide enthielten und lud Leif ein es ihm gleich zu tun. Der Mann lächelte, offensichtlich ernstlich erfreut das Gesicht des Heilers zu sehen
Leif nahm die Einladung dankend an und begab sich in das Versteck des Heilers. Er ließe sich schließlich ebenfalls auf einem der Säcke nieder. "Also Alter Freund. Was hat dich hergetrieben? Nicht das diese Ortschaft nicht durchaus ihren Charme hat... Allerdings ist es doch ein wenig beengend." Er sprach mit Will in Englisch und lächelte dem Mann gutmütig zu.
Will sah sich um. „Wo du recht hast, hast du recht.“ Er grinste
„Puh. Ganz schön viele Fragen, die ich dir in der kurzen Zeit beantworten muss. Gut. Wo soll ich anfangen? Ich habe Brügge verlassen, weil es mir nicht mehr sicher erschien. Dieser französische Ritter…“ sein Blick verfinsterte sich merklich. „… hat angedeutet, er hätte Informationen über mich, die meinen Hintergrund betreffen und mein Ende bedeuten würden, wenn er sie öffentlich machen würde. Dir ist genau wie mir klar, was er wohl angedeutet haben mag. Wo auch immer der arrogante Gockel das Wissen her hat… Er hat mir mit seiner lächelnden Visage versprochen kein Sterbenswörtchen auszuplaudern wenn ich bereit wäre in seine Dienste zu treten und was das bedeutet konnte ich in den nächsten Nächten am eigenen Leib erfahren. Einem Sklaven mag es besser ergehen. Ich musste fliehen auch wenn ich einiges dafür gegeben hätte noch ein letztes Wort mit Lilliana oder dir wechseln zu können. Es wäre für alle und vor allem die Mitglieder unseres Clans zu gefährlich gewesen, wenn ich mich weiter in Brügge aufgehalten hätte.“
Er blickte zur Tür des Zimmers. „Ich bin hier aus der Gegend und ich wollte herausfinden, wie es den restlichen Mitgliedern meiner alten Truppe ergangen ist. Nach dem Tod unseres Anführers waren nicht mehr viele übrig, aber die Jungs kämpfen bis auf den letzten Tropfen Blut… wenns drauf ankommt.“ Er lächelte nachdenklich wurde dann jedoch schlagartig ernst. „Wir gerieten vor drei Monaten in einen Hinterhalt und einige von uns wurden gefangen genommen. Ich habe gehofft, Lilliana hätte kommen können. Ich will sie nicht in Gefahr bringen aber sie verfügt über Fähigkeiten, Menschen von allen möglichen Dingen überzeugen zu können. Zum Beispiel auch ein paar zum Tode Verurteilte zu begnadigen…“ Sein Blick wurde nachdenklich.
Leif blickte nachdenklich drein und nickte gelegentlich, während Will seine Geschichte erzählte. In der Tat war eine ganze Menge passiert und es brauchte eine kurze Minute alles zu verarbeiten. "Dies ist kein Vorwurf, aber du hättest trotzdem etwas sagen müssen bevor du gehst Will. Wenn er Informationen über dich herausfinden kann dann wohl auch über andere. Aber der aufgeblasene Gockel ist in der Tat nicht Thema im Moment. Um den können wir uns kümmern wenn es soweit ist. Ich hätte nicht übel Lust ihn noch einmal auf ein Duell herauszufordern." Leif ließ die Knöchel knacken und erhob sich um danach ein auf und ab zu gehen. "Ich vermute deine Freunde sind Outlaws - aus welchen Gründen auch immer, denn warum sollten sie sonst bis zum letzten kämpfen und zum Tode verurteilt werden. So oder so bewegen sie sich sicherlich außerhalb des Gesetzes, oder liege ich da völlig falsch?" Leif blieb stehen und schien zu überlegen. "Ich biete dir gerne meine Hilfe an, auch wenn ich natürlich nichts versprechen kann."
Will lächelte schwach. „Leif? Wenn du so willst besteht ganz England aus Outlaws. Nur manche machen es öffentlich, andere arbeiten verdeckt. Nun ja… fast alle sonst hätten wir keine Probleme. John ist ein unverfrorener Thronräuber, der seinen eigenen Neffen Arthur ermorden ließ um auf den Thron zu kommen. Der Junge war stets um Ausgleich mit Frankreich bemüht und der beste Freund des jetzigen französischen Thronfolgers Ludwig. John interessiert sich nicht im Geringsten für die Belange Englands. Er schröpft alles, was er aus den Grafschaften bekommen kann für seine unsinnigen Kriege heraus und nennt das „Schildgeld“. Kein König, weder Richard noch deren Vater Henry waren je so dreist so viel zu verlangen. Dabei ist es ihm und seinen Steuereintreibern völlig egal wie das Geld herbeigeschafft wird. Legal… Illegal… Ob dabei der ein oder andere drauf geht, das Vieh eingeht, die Leute hungern… Frag einen von uns Engländern. Wenns nach uns ginge könnte der gute König seine Sachen packen und zum Teufel fahren. Oder zu seinen Besitztümern nach Frankreich, wenn ihn da noch einer will, was ich bezweifle.“ Zorn war in den Augen des Heilers zu erkennen. „Unser jetziger Anführer, John de Braose, ist der Sohn von William de Braose, einem ehemals mächtigen walisischen Adeligen. König John hat seine Großmutter und seinen Vater im Kerker eingesperrt und verhungern lassen, weil sie nicht in der Lage waren die Steuern für ihre Grafschaft aufzubringen. Obwohl sie stets treu auf der Seite des Königs gekämpft hatten. Sag mir, Leif. Was hältst du von einem solchen König?“