Do 10. Jan 2013, 11:37
Epilog
Dunkerque … in den wärmenden Strahlen einer aufgehenden SonneNach den gescheiterten Verhandlungen der kainitischen Botschafter der Domänen Frankreich, England und Flandern verlor Dunkerque (Dünnkirchen) im Laufe der Jahre zunehmend an Bedeutung. Nicht dass, das kleine Fischerdorf jemals über seine Funktion als gut zugänglicher Landungspunkt von England aufs Festland eine wirtschaftliche, politische oder anderweitige wichtige Funktion gehabt hätte. Das abgebrannte Ratshaus, das in der folgenschweren Nacht des wahnsinnigen Massakers, die ärmlichen Häuser der Bewohner der Stadt in glühend rotes Licht tauchte wurde jedoch Stück für Stück wieder aufgebaut und erweitert. Zuvor erlebte das Dorf, das sich nichts sehnlicher wünschte als zu einer anerkannten Stadt zu werden, jedoch einen Niedergang der dem vom Krieg gebeutelten St. Omer gleichkam.
Dunkerque wurde zu einem kleinen Durchzugspunkt und Lager für Waren minderer Qualität und selbst Räuber und Wegelagerer mieden die Umgebung, da sich der Aufwand nicht mehr zu lohnen schien. Viele Einwohner der Stadt begannen eine Stadtflucht. Getrieben von dem Trauma der Ereignisse verließen viele Familien die Stadt und fielen unter das politische und wirtschaftliche Joch der großen Städte und Stadtstaaten, darunter auch Brügge. Offiziell verblieb das Dorf in englischer Hand, doch weder der englische Adel noch deren kainitische Bevölkerung würdigten den „verfluchten“ Ort eines Blickes. Zu groß war die Schmach die man hier erlebt hatte. Dunkerque blieb auch für die Kainiten ein unangenehmer Flecken Erde den man auf einer längeren Reise durchaus ansteuern konnte, der aber kaum Anreiz zum Verweilen bot da er im besten Falle kaum einen der Verfluchten für längere Zeit ernähren könnte. Kein Kainit erhob in den Folgejahren Anspruch auf Dunkerque obwohl man gelegentlich von nomadisierenden Gangrel oder ehrgeizigen Ventrue hörte, die aber aufgrund des negativen Rufs und der schlechten politischen Situation der Stadt, bald wieder abreisten. England vollbrachte die Meisterleistung, Frankreich und Flanderns die Stirn bieten zu können nicht. Die Anlaufhäfen Calais und Brügge gewannen daraufhin zunehmend an Bedeutung und nicht einmal die Versuche kainitischer Intervention durch englische Kainiten, konnten dies verhindern. Der Niedergang Dunkerques stärkte die wirtschaftliche Situation Frankreichs und Flanderns und verwies Englands Einfluss auf die Politik und den Handel in die zweite Reihe. Der Kessel begann langsam dahin zu brodeln….
… und in der Kälte einer mondlosen Nacht Die Verhandlungen in Dunkerque bezüglich des weiteren politischen Fortgangs der eroberten Stadt St. Omer verliefen schrecklich. In den nachfolgenden Jahren entwickelte sich and den kainitischen Höfen, unter vorgehaltener Hand eine Art Synonym für gescheiterte Verhandlungen, die eine bestimmte Situation nur noch verschlimmerten anstatt sie zu entschärfen. Solcherlei Verhandlungen ohne Ergebnis oder oftmals schlechterem Endergebnis wurden spottend oft „Dünnkirchner Verhandlungstisch“ genannt.
Obwohl England Dunkerque weiter halten konnte, verlor die Stadt politisch und wirtschaftlich, wie bereits angemerkt immer mehr an Bedeutung wodurch auch der kainitische Einfluss Englands, große Einbußen hinnehmen musste – sehr zur Freude von Flandern und Brügge, die zumindest (wenn auch ungewollt) einen kleinen Erfolg aus diesen wahnsinnigen Verhandlungen erringen konnte. Die Fronten England/Frankreich und Flandern/England hatten sich dadurch zumindest was die nächtlichen Aktivitäten anbelangte verhärtet und der Handel begann teuer zu werden da man sich gegenseitig hohe Zölle und Steuern auferlegte. Die diplomatischen Beziehungen blieben angespannt.
Nachforschungen des „Dünnkirchner Verhandlungstisches“ brachten für keine der Parteien zufriedenstellende Ergebnisse. Der wahnsinnige Malkavianer Andomar wurde totgeschwiegen und als für vernichtet erklärt, ebenso die britischen Abgesandten Salsbury und Cunningham sowie der französische Adlige Phillip Jaques Permont. Gerade vom Tod des letztgenannten profitierte die junge Edeldame Madame Jehanne Lavale, aus dem Hause DeGriffon, die im Mächtegleichgewicht der Stadt Paris und auch am französischen Hofe, dessen Position übernahm und ihren Einfluss kontinuierlich ausdehnen konnte. Spitze Zungen behaupteten, dies wäre ohnehin ein jahrzehntelanger, in ihr keimender Wunsch gewesen.
Der definitive Attentäter und Mörder der Abgesandten konnten weder identifiziert noch festgemacht werden und so ging man aufgrund der belastenden Ereignisse und der Tragweite dieses Wahnsinns davon aus, Andomar selbst habe die Morde verübt. Sein Tod würde den Parteien als Genugtuung reichen, entstand dadurch doch auch in den höfischen Reihen ein gewisses Machtvakuum das gefüllt werden wollte. Weitere, defintive Kriegshandlungen wollte man unter allen Umständen vermeiden auch wenn lange Zeit jeder jeden beschuldigte, selbst über die Grenzen der jeweiligen Domänen hinaus. Humanistische Kainiten, die Berichte über die Massaker in St. Omer gehört oder selbst erlebt hatten, pflichteten insgeheim Andomar bei und hießen seine Taten gut – Frankreich, England und Flandern hatten den Wahnsinn nach St. Omer gebracht, es war nur recht und billig das sie diesen am eigenen Leib zu spüren bekamen. Gerüchten zufolge, ergab sich bei der Flucht der jeweiligen übrige gebliebenen Wachtruppen der Domänen noch eine kleine Seeschlacht, in der die „Fleur de Lis“, das französische Schiff, die „Starman“, das Schiff der Engländer, mit Kanonen beschossen, geentert und anschließend versenkt haben soll. Es soll um eine größere Menge an Gold gegangen sein, die das Schiff geladen hatte. Weder England noch Frankreich kommentierten den Zwischenfall und aus offiziellen Quellen heißt es, die „Starman“ wäre im dichten Nebel vor der englischen Küste gegen eine Klippe gelaufen, da die Mannschaft bereits zu klein gewesen wäre um das Schiff ordentlich über die nächtliche See zu lenken.
Ungeklärt blieb aber nach wie vor die Frage des Mächtegleichgewichts innerhalb St. Omers. Die Verhandlungen waren auf buchstäblich tödliche Art und Weise gescheitert, es wurden keine Koalitionen geschlossen, keine Seiten gewechselt oder Aufteilungen in Herrschaftsgebiete beschlossen – es war als hätte nie etwas stattgefunden. Nichts außer Tod und Vernichtung, sowohl in St. Omer als auch in Dunkerque. Mit dem „partiellen Ausschluss“ Englands aus größeren Teilen der politischen und wirtschaftlichen Lage jedoch, wurde ein Abkommen zwischen Paris und Brügge unterzeichnet, in dem festgehalten wurde, wie die Stadt in Zukunft geführt, geteilt und genutzt werden sollte. Der französische Hof stellte den Prinzen, einen Toreador von edler und tadelloser Abstammung aus der Linie von DeGriffon und entfernter Verwandter von Madame Lavale – während Brügges Seneschall Orlando Oriundus seinerseits den neuen Seneschall einsetzte. Letzterer wurde von ihm, aus seinen eigenen Reihen handverlesen. Die anderen Positionen der Stadt wurden gerecht aufgeteilt und ihren Qualifikationen nach besetzt, was die Verbindung von Frankreich zu Brügge und auch umgekehrt weiter festigte. Mit St. Omer hatte man nunmehr einen Ost-West Knotenpunkt erstellt in dem sich die Handels- und Politmächte Brügge und Paris auf der Basis von gemeinsamen Interessen begegnen konnten und Abgesandte, Handelsreisende sowie Edelleute beider Domänen wurden immer häufiger in den beiden Städten angetroffen. Gewiss war es keine Freundschaft und gewiss gab es weiterhin Intrigen, Konflikte, Kämpfe und Meinungsverschiedenheiten aber zumindest mussten sich die beiden Wölfe nun nur noch zu zweit um das saftigste Stück Fleisch streiten. Vorerst….