Vampire: Die Maskerade


Eine Welt der Dunkelheit
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 Betreff des Beitrags: Re: Die Fesseln der Macht
BeitragVerfasst: Di 5. Apr 2016, 22:00 
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Registriert: Mi 17. Jun 2009, 20:52
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Man fand eine kurzweilige Unterkunft in einer Taverne; einer der letzten die überhaupt noch Zimmer anbot. Natürlich hatten viele der Soldaten, sich aus reiner Bequemlichkeit einen gemütlichen Raum statt der Zwanzig-Mann Zelte angemietet. Vorzugsweise handelte es sich dabei um Offiziere oder Höherrangige Untergebene der Drachen aber gelegentlich hatte sogar eine Hand voll gewöhnlicher Pikeniere ein Zimmer okkupiert. Ob der Moloch des Krieges dafür mit barer Münze zahlte oder nicht, blieb nach wie vor ungeklärt. Führte man sich jedoch vor Augen, das der finale Sieg über die verhassten Hexer, nicht an der Unfreiwilligkeit eines kleinen Städtchens namens Temesvar, Soldaten zu beherbergen scheitern dürfte, kam man bald zu der Erkenntnis das diese kleinen Details im großen Feldzug keinen Platz hatten. Strazny und Popov machten sich auf um Informationen einzuholen; sicher würde man dem einen oder anderen bekannten Gesicht begegnen, genauso wie allerlei Fremden und Söldnern aus aller Herren Länder. Irgendwie würde man schon noch die eine oder andere Information herausbekommen. Ivan selbst glaubte aus den Gesprächen mit den Offizieren am ehesten etwas heraushören zu können und mischte sich unter das Zeltlager. Alida blieb somit eine kurze Zeit, in der sie allein sein würde – das war zwar nicht im Sinne Girlands aber ihre Kleidung wies sie als Mitglied der Wiedergänger aus und man würde sich hüten, dass Eigentum eines Drachen in jeglicher Form ohne seine Erlaubnis auch nur schief anzusehen.
Gerade hatte sich Ivan kurz verabschiedet, da brachte ein hagerer Stallbursche einen Eimer Wasser und füllte die Tränke der Genter Pferde. Er lächelte aus Zahnlücken und wirkte beschämt. Offenbar war Freundlichkeit das einzige, was ihn vor der einen oder anderen Bachpfeife der Soldaten rettete. Sein Vater war an der Theke beschäftigt und so viel Schnaps und Bier, hatte er lange schon nicht mehr ausgeschenkt.
Alida fragte sich wie viele Zähne er wohl eingebüßt haben musste weil dem ein oder anderen Soldaten im Rausch langweilig geworden war und er ein kurzweiliges Scharmützel wünschte. Einfaches Volk war da die gefundene Abwechslung, denn sie waren weder gute Kämpfer noch konnten sie sich an eine höhere Macht wenden und Beschwerde einlegen. Zumindest nicht in Zeiten des Krieges.
Sie nickte dem hageren Mann kurz zu. „Danke, dass ihr euch zuverlässig um die Tiere kümmert.“ Dann blickte sie zum Ausgang der Stallungen.
Der Stallbursche nickte nur wortlos und verteilte genügsam das frische Heu für die Pferde, welche sich die willkommene Mahlzeit sichtlich schmecken ließen. Ihr Blick streifte den Stall und den Dorfplatz, halb gepflastert, halb gefroren lag er vor ihr. Immer wieder gingen Truppen aus Soldaten vorbei, manchmal nur ein kleiner Haufen, manchmal mehr als zehn. An den unterschiedlichen Rüstungen, konnte Alida gleich erkennen, dass die Drachen tatsächlich russische, ungarische, rumänische und etwas seltener sogar noch weiter östlich gelegene Freischärler für sich verpflichtet hatten. Manche mit Sold und Versprechungen, manche mit Eiden und Gehorsam an sie gebunden. Dann sah sie inmitten eines fünf Mann Trupps, ein bekanntes Gesicht – Jaropolk.
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Alida trat einen Schritt nach hinten, tiefer in die Schatten der Hausmauer. Sie schluckte. Selbstverständlich hielt sich ein Voivode wie Jaropolk hier zu dieser Stunde an genau diesem Flecken Erde auf. Wo sonst? Sie hatte ihn, wenn sie es denn so nennen konnte, als Ehrenmann kennen gelernt. Als jemanden, der die eigenen Schwächen und die seines Gegners richtig abschätzen konnte und sie zum guten wie zum Schlechten zu nutzen wusste. Und dabei war ihm Ehre wichtiger gewesen als blinder Gehorsam. Zum Missfallen seines Erzeugers. Alida hatte nicht vergessen, dass er den Kuss von Andrej erhalten hatte und in dessen Dienst stand er wohl nach wie vor. Und Andrej war auch nach dem seltsamen Gespräch, dass sie beim Leuchtturm gehalten hatten ein Buch mit sieben Siegeln für sie. Auf jeden Fall niemand, dem sie vertraute. Sie zog die Kapuze noch tiefer ins Gesicht und schlich dem Tross langsam in gebührendem Abstand hinterher.
Es war beinahe so, als ob Alida nicht da gewesen wäre. Mit der Kapuze tief ins Gesicht gezogen und der wenig auffälligen Tracht der Wiedergänger, fiel sie überhaupt nicht auf und wenn jemand wie Jaro sie nicht erkannte, dann würde sie auch niemand sonst erkennen. Der Unhold und Kind Andrejs zog an ihr vorbei, überquerte den kleinen Platz und verschwand hinter einer nächsten Abzweigung. Der Weg, den er wählte, führte ihn zum nächsten Stadttor das in Richtung der Berge ausgerichtet war. Offenbar hielt der Mann auf die schwindelnden Höhen der Bergeszinnen zu. Sie wurde nicht gesehen. Wenig später trafen Strazny und Popov wieder ein. Die Russen hatten sich vorsichtig nach ihrem Herrn Belinkov erkundigt aber es gab keine weitere Auskunft, als das alle hohen Herrschaften, sich am vorgeschobenen Frontlager befanden. Nur gelegentlich fanden die Kinder der Drachen ihren Weg ins Tal, wo sie mit äußerst delikaten Aufgaben betraut wurden, die man sonst niemandem anvertraute. Mehr hatten sie nicht in Erfahrung bringen können. Ivan, der etwas später wieder zurückkehrte, war nur wenig erfolgreicher gewesen: Was er aber auf jeden Fall sagen konnte war, dass Herr Belinkov hier angekommen war. Emilian war durch die Stadt geritten, hatte sich sogar angeblich mit einigen Wiedergängern unterhalten und sich das Heerlager angesehen. Allem Anschein nach hatte es also noch keinen Anschlag auf sein Unleben gegeben. Ivan blickte Alida mürrisch an: „Er hat es also unverletzt bis hierher geschafft und er reist offenbar unter seinem offiziellen Namen. Das ist immerhin schon eine gute Nachricht. Weniger gut ist die Tatsache, dass er wohl ebenfalls den Pass hinaufgeritten sein wird. Hier unten wird nur noch alles für den Aufbruch vorbereitet. Ich bin mir aber nicht sicher, ob wir an den Wächtern vorbeikommen. Von denen gibt es nämlich garantiert welche und auch wenn wir bisher so unbehelligt durch die Stadt gehen konnten, sobald wir auf den Pass wollen wird man uns sicher genauer ausfragen.“
Alida zuckte nur mit den Schultern. „Gibt es Gründe einer Gruppe Wiedergänger den Weg zu ihrem Herrn zu verwehren um ihm im Kampf zur Seite zu stehen? Ihr würdet mit Sicherheit durchkommen und ob meine Wenigkeit passieren darf hängt wohl stark davon ab ob die Wächter sterblicher oder kainitischer Natur sind… oder?“
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Ivan schüttelte leicht den Kopf. Unsicherheit lag in seinen Augen. „Ich wäre mir da nicht so sicher. Wenn wir ein paar ausgewählte Begleiter von Herrn Belinkov wären, warum sind wir dann nicht bereits mit unserem Herrn angereist und folgen ihm erst jetzt nach? Warum ist Herr Belinkov überhaupt erst allein gekommen?“ Sein Blick streifte Strazny und Popov, die beide mit den Schultern zuckten. „Normalerweise würde ich euch Recht geben, Herrin, aber ich glaube gerade bei dieser großen Anzahl an versammelter Drachen, ist es jetzt wo sich die Schlacht auf den letzten großen Ansturm beschränkt, nicht so einfach in die Nähe der Befehlshaber zu kommen.“
Alida lachte leise. „Darf jeder Drache bei diesem Schlachtfest mitfeiern oder braucht man dafür eine besondere Einladung?“
Strazny und Popov grinsten leicht zu Alida und dann in Ivans Richtung. Dieser ließ sich aber nicht beirren sondern schüttelte nur abermals den Kopf. „Ich glaube nicht dass wir eine Einladung brauchen, schon gar nicht in schriftlicher Form mit Siegelwachs und Empfehlungsschreiben.“ Nun war es wohl an ihm ein wenig zu grinsen. „Ich sage nur das wir spätestens auf der Passstraße einem genaueren Blick standhalten werden müssen. Gewiss mag Herr Belinkov dem einen oder anderen bekannt sein, gewiss hat er einen bestimmten, vielleicht sogar guten Ruf in seiner Gesellschaft aber warum sollte ein Trupp aus vier Mann Tage später eintreffen um seinem Herrn zu Diensten zu sein? Ich glaube man hätte unseren Herrn sicher gefragt, ob er nicht Teile seiner Untergebenen mit in die Schlacht ziehen lassen will – er kam aber allein.“ Seine Schultern zuckten kurz nach oben. „Außerdem habe ich von den Offizieren gehört, dass es schon recht eindeutig geregelt ist, welche Truppen wann den Pass entlang marschieren werden. Da oben sitzen die ältesten und verschlagensten Drachen die ihr euch vorstellen könnt Herrin; man wird kein unnötiges Risiko eingehen.“
Wieder erwiderte Alida seine Worte mit einem Schulterzucken. „Ich bin ein Drache. Auch wenn man’s mir vielleicht nicht ansieht. Das lässt sich aber zur Not ändern. Namen sind mitunter Schall und Rauch und ich kann mir nicht vorstellen, dass die Wachleute jeden einzelnen Tsimiske auf der ganzen weiten Welt kennen mögen. Wenn ich mich zu meinen geliebten Brüdern und Schwestern im Kampf gesellen will, wäre es doch eine Schande, wenn man mich dabei aufhalten sollte, oder? Egal ob ich nun Alida oder Natascha heiße…“
Ivan zuckte mit den Schultern. „Hier sind wir unter Soldaten und Wiedergängern und wir sind Wiedergänger. Da fallen wir nicht weiter auf aber ob wir so ohne weiteres vorgelassen werden? Als was gedachtet ihr euch denn auszugeben? Wir tragen das Wappen von Herrn Belinkov, warum sollte eine russische Adlige in unserem Tross reisen? Naja, die Geschichte müsst ihr notfalls erklären, ihr seid die einzige, die im Notfall ihre Worte mit… unsterblichen Fähigkeiten untermauern kann.“ Der Anführer des Genter Tross, spendierte dem Stallburschen ein angemessenes Trinkgeld und bestieg sein Pferd. „Wir werden nur auf eine Art herausfinden, ob Herr Belinkov da oben ist. Wir müssen hinauf an die Hauptkampflinie.“ Er gab seinem Pferd die Sporen und trabte voran; Strazny und Popov folgten. Der Weg führte sie weiter durch die kleinen Straßen und Gassen wo sich das emsige Treiben des Krieges zu wiederholen schien. Überall Soldaten, Schmieden, Tavernen und Kriegsgerät. Der Ritt führte sie an der rückwärtigen Seite aus der Stadt hinaus und es mochte vielleicht noch gute zwanzig Minuten dauern, dann wären sie am Fuße des Berges angekommen. Hoch ersteckten sich die Felsmauern vor ihnen und bildeten eine natürliche Barriere, in deren Mitte man ein solides Torhaus eingelassen hatte. Eigentlich war dieses Tor nur die Erweiterung einer hohen Holzabsperrung, wie kleine Dörfer sie oft um ihre Grenzen zogen. Davor standen mehrere Fässer und Kisten, auf den schmalen Wachgängen patrouillierten Armbrustschützen. Vor dem Tor waren schwer gerüstete Wachleute postiert. Wer immer auf den Pass wollte, musste hier vorbei.

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Alida konzentrierte sich. Es war lange her, dass Emilian von dem Unhold berichtet hatte, der ihn in Danzig wie einen Sklaven gehalten hatte und für den er einen Szlachta nach dem nächsten hatte schaffen müssen, bis dieser ihn irgendwann als Schüler und Kind ausgegeben hatte. Er hatte ihr in ihrer ersten gemeinsamen Nacht von ihm erzählt… Doch sie hatte Schwierigkeiten sich an den Namen zu erinnern. Dann wusste sie ihn wieder: Darius. Emilian hatte ihn, nachdem eine Blutjagd auf ihn ausgerufen worden war, im Auftrag des Danziger Prinzen vernichtet und diableriert. Und er hatte die Rache genossen, da war sie sich sicher.
Ihr erschien es am sinnvollsten sich als Kind dieses Unholds auszugeben. Er war vor so langer Zeit vernichtet worden… Da würden mit Sicherheit nicht allzu viele Fragen aufkommen.
Sie ritt neben den Wiedergängern her und hielt sich gerader.
Augenblicke darauf, standen sie vor der Balustrade wo sich die Wachmannschaften bereits erhoben. Für einen Moment sah es so aus als ob der Wachhauptmann schon das Signal geben wollte die Tore zu öffnen aber irgendetwas ließ ihn den Befehl nicht geben. Vielleicht war es die Tatsache, dass er schwere Ochsenkarren mit Kriegsgerät, Kavallerie oder fleischgeformte Monster erwartete, vielleicht gefielen ihm auch einfach nur die Mäntel der Reiter nicht. Was immer der Grund sein mochte, er hob eine Hand und verschränkte die andere in seinem breiten Waffengürtel. „Halt! In wessen Auftrag reitet ihr und warum wollt ihr das Heerlager verlassen? Ganz offensichtlich gehört ihr weder zu den Pikenieren, den Sappeuren oder Rittern. Und wenn ihr vom Berg runtergeritten währt, hätte ich euch erkannt – ich hab ein prima Gedächtnis.“ Der Mann sprach ein raues und dunkles Russisch, wirkte aber genauso wie die Wachbediensteten neben ihm, keinesfalls besonders misstrauisch oder feindlich gesinnt. Hier waren doch alle Freunde… oder?
Alida ritt vor die Gruppe und sah den Mann von oben herab an. Sie war eine Tsimiske und als solche würde sie sich auch zu benehmen wissen. Ihre Stimme nahm einen befehlsgewohnten Ton an. „Irina von Danzig, Tochter des ehrenwerten Darius von Danzig und Schwerster von Sergej Belinkov von Danzig. Ich bin mit unseren Leuten auf dem Weg zu meinem Bruder.“
Der Mann sah sich Alida von oben bis unten an und seine Augen verschmälerten sich für einen knappen Moment. Ihre Vorstellung war tadellos, ganz ohne Zweifel und auch ihr Benehmen wusste zu gefallen. Ganz offensichtlich schöpfte gerade niemand Verdacht. „Verzeiht Herrin, dass ich euch nicht gleich erkannt habe aber es sind sehr viele Besucher und Gäste auf den Weg zum vorgeschobenen Lager.“ Natürlich könnte man sich unmöglich jeden einzelnen merken aber das erwähnte ein guter Diener nicht. Sein Blick musterte noch einmal das makellose Wappen auf ihrer Kleidung. „Sergej Belinkov ist schon vorausgeritten Herrin, allerdings ohne Begleitung und Geleit. Verzeiht meine anmaßenden Worte aber ihr seid spät zur Versammlung ihrer Gnaden Rustovitch. Werdet ihr denn noch erwartet?“
Alida hielt das Kinn noch ein wenig höher. „Ich hoffe darauf. Aber selbstverständlich wird ein Fürst wie seine Gnaden Rustovich auch auf mich nicht warten. So bleibt uns nur die Eile.“ Sie nickte dem Wachmann knapp zu und gab ihren Begleitern dann einen Wink ihr zu folgen. Sie ritt voran ohne ein weiteres Wort zu verlieren, wie es wohl auch jeder andere Drachen getan hätte. Dann atmete sie tief aus.
Dieses Hindernis mochte sie vielleicht überwunden haben, aber andere würden folgen. Es wäre sinnvoller mit einem anderen Gesicht zu reisen. Auch wenn ihr der Gedanke nicht behagte mochte sie vor Ceoris ganz offensichtlich Jaro oder gar Andrej über den Weg laufen und bevor sie nicht wüsste, wie es um Emilian stand erschien ihr das als keine gute Idee.“ Bei der erstbesten Gelegenheit würde sie ihr Gesicht verändern…
Sie ließ sich nicht weiter dazu ‚herab‘ mit den Wachleuten zu debattieren und die Wachleute wollten ihr als ohne Zweifel befehlsgewohnten Drachen, nicht den Zutritt zum Gebirgspass verwehren. Auf ein Signal des Kommandanten hin, bewegte sich das Tor zur Seite und gab den Weg langsam knarrend frei. Hier war der Weg noch erdig und braun, halbgefroren womöglich. Weiter oben würde tatsächlich noch Schnee und Eis die Gruppe erwarten. Strazny, Popov und Ivan ritten hinter Alida durch den hölzernen Durchgang und wurden von den Wachleuten nicht groß weiter behelligt. Als dann die festen, eisenbeschlagenen Holzbalken wieder den Zugang sicherten, drehte sich der Kommandant mit einem schiefen Lächeln in Richtung der vorbeiziehenden Gruppe zu. „Mein Herr Lambros meinte schon zu unserem Vasili, dass die Brügger Leute ein schlaues Völkchen sind. Herr Belinkov kam allein, niemand sollte ihm folgen. Ich will verdammt sein aber was der Herr uns sagt, das ist Gesetz. Leute!!!“ Er rief energisch nach seiner Wachbelegschaft, die sich sofort mit gezogenen Waffen in Richtung Alida drehte. „Das sind die Westler, die unserem Herrn entkommen sind! Ergreift sie!“ Flugs hatte man die Gruppe umzingelt und die Pferde der Gruppe scheuten und wieherten, die Russen zogen die Schwerter und Alida sah im Blick von Ivan, dass er zwar mit Schwierigkeiten gerechnet hatte aber noch nicht so bald. Seine Augen streiften die von Alida und es lag eine ruhige Gewissheit darin, die Gewissheit, dass sie es unmöglich bis zum Gipfel schaffen würden, mit einer Armee im Rücken. Was immer hier passiert wäre und wer sich an einer Erklärung versuchen würde, die Wachmannschaft hatte den klaren Heimvorteil und konnte notfalls auf die Unterstützung des Versorgungslagers zählen, vor allem wenn irgendjemand etwas von ‚Verräter‘ sagte. Verräter hatten die Drachen gar nicht gern. Mit einer kämpfenden Wachmannschaft und die Aussicht auf weitere Soldaten, tat Ivan das einzige was in diesem Moment richtig war. Er ließ sein Pferd sich aufbäumen, sodass die näher heranrückenden Soldaten zurückwichen und schlug mit der flachen Seite seiner Klinge, auf die Flanke von Alidas Pferd, das sich ohne zu zögern in Bewegung setzte – schnell, aufgewühlt und panisch. Und noch ehe die Brüggerin wusste was genau geschah, sprengte das Pferd unter ihr schon davon und hinter ihr hallte der Hagel aus Schwertern und das Surren von Pfeilen. Je länger die Wachen im Kampf gebunden wären, desto länger würde es dauern Verfolger zu schicken. Zeit die sie nutzen konnte, um bis ganz nach oben zu kommen… ein Entschluss den Ivan wohl kurzerhand gefasst hatte.
Alida riss mit aller Kraft in die Zügel des schwarzen Tieres. Das Tier bäumte sich panisch auf und sie merkte, es wollte nichts als weiter preschen. Sie sah wie drei Wachmänner auf Ivan, Popov und Strazny eindroschen und zwei Armbrustschützen von der Balustrade her nachluden und dann schossen. Ein Pfeil traf Ivan in die Schulter und der Russe schrie auf. Die blonde Frau riss den Hengst gegen seinen Willen herum und gab ihm die Sporen. Das hier waren ihre Leute, die es sich in den Kopf gesetzt hatten sich heldenhaft für sie zu opfern. Und obwohl sie es vielleicht genau andersherum sehen mochten, hatte Alida doch das Gefühl, dass sie für diese drei Männer verantwortlich war. Sie war es gewesen, die als Kainitin Girland gebeten hatte ihr die Wiedergänger zur Seite zu stellen. Das hier konnte sie nicht zulassen.
Kurz vor der Gruppe der Kämpfenden sprang sie vom Pferd und spürte noch im Fallen wie sich ihr Körper veränderte. Sie schob die Muskeln an den Platz wo sie zum Kämpfen und für ncihts anderes geeignet waren, spürte die Krallen, die statt ihrer Finger nach dem Schwert griffen, die raubtierhaften Zähne…die Kriegergestalt der Tsimiske. Diese Leute von Lambros wollten sich mit einem Drachen anlegen? Das konnten sie haben!
Alida fuhr mit ihrem Schwert durch die Körper der Angreifer ohne lange zu überlegen, was sie tat. Es war ein Rausch, dem sie sich gerne hingab, angstachelt von Wut, Hass und Verzweiflung. Sie spürte das warme Blut der Männer, das um sie herum aufspritzte, auf ihre Kleider und ihr Gesicht lief und nahm dessen betörenden Geruch in sich auf.
Erst als kein Feind mehr stand kam sie wieder zu sich und bemerkte wie Strazny, der letzte, der sich noch erhobenen Hauptes aufrecht hielt einen Pfeil abschoss, der den verbliebenen Armbrustschützen ins Auge traf. Sie riss siegestrunken einen der zu Boden gegangenen Krieger zu sich hoch und schlug ihre Fänge in die Reste seiner Kehle und nahm sich ihre Beute in tiefen langen Schlucken. Dann warf sie die Leiche von sich, sah sich ein letztes Mal um und kehrte in ihre eigene Gestalt zurück. Von ihrem Kleid war nicht mehr viel übrig und sie stand halbnackt da. Alida rieb sich das fremde Blut aus den Augen und von ihrem Gesicht und ging zu dem Pferd, das die Ausrüstung trug. Sie griff in dessen Satteltaschen nach einem Unter- und Überkleid und warf sich das Gewand über die Schultern. Dann trat sie zu ihren Männern und schluckte schwer.
Ivan war an der Schulter verletzt, Popov hatte ein Pfeil den Unterschenkel durchbohrt und ein Schwertstreich die Muskeln seines Armes zerfetzt. Strazny legte ihm so schnell es ihm möglich war einen Verband an, der die starke Blutung stoppen sollte.
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Der Entschluss war gefallen gewesen und die Wiedergänger hätten sich auch tatsächlich für Alida geopfert. Das war, neben zahlreichen anderen Dingen, auch die Aufgabe eines Streiters im Dienste eines Drachen. Der Herr oder die Herrin, musste bis zum eigenen Tode verteidigt werden und bei ihrer Abreise hatten sie Alida als auch Girland geschworen, dass sie Alida sicher und wohlbehalten bis zu Meister Belinkov bringen würden. Diesen Eid hätten sie auch ohne zu Zögern bis zum bitteren Ende gehalten, doch war dieser ‚Lambros‘, von dem man immer noch nicht wusste in welchem Zusammenhang er zu Emilian und ihrer Linie stand, ihnen auf irgendeine Art und Weise zuvor gekommen oder hatte schon vorsorglich ein paar weitere seiner Günstlinge beauftragt die Gruppe abzufangen, sollte sie es wider Erwarten doch bis nach Temesvar schaffen. Gegen die geballte Macht eines Drachen, selbst wenn es in diesem Fall eine Händlerin und keine Kriegerin gewesen sein mochte, hatte die kleine Wachgarnison der Unholde allerdings keine Chance gehabt. Nicht einmal den Hauch davon. Die Wiedergänger ihres Erzeugers jedoch, waren überrascht worden. Die Pfeile hatten säuberlich auf sie zielen können und die durchbohrten Wunden hatten sie in ihrem Können bereits mit einem wohlplatzierten Schuss beeinträchtigt. Vermutlich hätten sie es trotzdem irgendwie geschafft ihre Feinde zu besiegen, denn die Entschlossenheit in ihren Gesichtern, war nach wie vor vorhanden. Vor allem Ivan machte den Eindruck, als hätte er sich von so einer Bande besserer Dienstboten, ganz sicher nicht zeigen lassen wie man ein Schwert zu führen hätte. Ohne Alida jedoch, wären ihre Verletzungen dennoch gravierender ausgefallen und gerade bei Popov wusste man nicht, ob er jetzt noch leben würde.

Strazny machte sich an den Kisten und Vorratsfässern der Garnison zu schaffen, plünderte die Leichen und suchte nach Verbandsmaterial. Popov lehnte gegen eines der Fässer und Ivan presste eine Hand auf seine Schulter. Bald schon kam Strazny mit frischen Leinentüchern und einer großen Flasche selbst gebrannten Schnaps zurück; kauerte sich zunächst neben Popov der eine ungesunde Gesichtsfarbe bekommen hatte und das nicht nur, weil er ein Wiedergänger war. Nach ein paar Augenblicken lächelte der Bogenschütze Alida zu. „Er wird’s überleben, keine Sorge… ich habe alles hier um die Wunden zu versorgen und wenn ich mich beeile, kann ich auch noch die Armwunde so gut wieder zusammenflicken, das er fast wie neu wird.“ Sein Blick streifte Ivan. „Den Herrn Ivan krieg ich auch wieder hin aber wir können so nicht weiter, sie verbluten mir sonst noch…“ Er zerriss einen Fetzen des Leinentuchs und nickte der blonden Frau zu. „Danke…“ Es klang ausgesprochen erleichtert und ehrlich. Ivan legte Alida schmerzverzerrt eine Hand auf die Schulter. „Wenn ihr nicht gekommen wäret, dann wäre es das gewesen… warum seid ihr nicht weiter geritten? Unser Schicksal ist nicht von Belang, wir haben den Auftrag unseren Herren zu finden, unser Wohlergehen ist dabei bedeutungslos Herrin. Ihr hättet verletzt werden können… oder schlimmeres. Diese da…“ Er nickte in die Richtung der Leichen der Wachleute. „… die wissen wie man einen Drachen wirklich gefährlich werden kann, nicht lange und die ersten geteerten Feuerpfeile wären auf euch herniedergegangen.“
Alida schüttelte den Kopf. „Ihr kämpft für mich, ich für euch. Treue sollte man mit ebendieser vergelten, oder?“ Sie sah zu Ivan und Popov und schätzte noch einmal deren Chancen ab. „Und euer Schicksal ist mir mit Sicherheit von Belang…“ Sie schüttelte den Kopf um sich auf ihr eigentliches Ziel zu besinnen. „Ich habe am Anfang der Straße ein Schild gesehen, dass zu einem Arzt gewiesen hat. Vielleicht ist der noch in Temesvar zu finden, wenn man ihn nicht nach Ceoris abgezogen hat. Nimm die Pferde und schau, was du für Ivan und Popov tun kannst. Vielleicht gelingt es euch in der Herberge Zuflucht zu finden. Ich mache mich auf den Weg nach Ceoris und suche Belinkov. Ich versuche innerhalb der nächsten zwei Wochen wieder hier zu sein. Wenn mir das nicht gelingt, dann…“ Sie seufzte unhörbar. „… solltet ihr euch auf den Rückweg machen. Danke… für alles“
Ivan erhob sich um zu protestieren aber seine schmerzende Schulter ließ es nicht recht zu. Er setzte sich langsam wieder und sah Alida an. Noch war er der Anführer der Wiedergänger. „Herrin, wir sind euch gewiss dankbar, dass ihr uns in diesem Gefecht unterstützt habt obwohl wir gerne unser Leben für euch gelassen hätten, falls notwendig und dies immer noch tun würden aber wir können euch unmöglich allein in die Höhle des Löwen gehen lassen. Diese Männer werden bemerkt werden, früher oder später, man wird Fragen stellen und vielleicht nach euch suchen. Wer weiß? Und dann seid ihr auf euch allein gestellt… wir können euch nicht alleine ziehen lassen.“ Popov presste die Zähne aufeinander als Strazny den Pfeil aus der Wunde zog und mit Schnaps desinfizierte. Der jüngste der Gruppe sah nur zu Alida und schüttelte knapp den Kopf. Popov fiel auf jeden Fall aus, in Wahrheit brauchte er tatsächlich so rasch es ging Versorgung und vor allem mussten sie dringend hier weg. Wenn man sie verwundet hier mit all den Leichen sehen würde... nicht auszudenken. Er zerriss ein weiteres Tuch und legte einen provisorischen Verband an Popovs Arm. Der zuckte nur und biss die Zähne noch fester zusammen. Der Blutverlust war schon nicht allzu gering. Strazny kniete sich danach zu Ivan und sah sich die Schulter an. „Ich sags nicht gern, Ivan,, aber mit dieser Schulter schwingst du vielleicht zweimal ein Schwert, dann war‘s das.. das muss genäht werden, die Knochen eingerenkt und da gehört ein sauberer Verband dran, sonst kannst du den Schwerkampf generell vergessen.“ Er mochte nur den Bogen beherrschen, kein Anführer eines Wiedergängertrupps sein oder die feinen Gepflogenheiten des Umgangs mit hohen Herren kennen aber er hatte eine sehr nüchterne Betrachtungsweise der aktuellen Lage. Ivan seufzte und verfluchte sich offenbar im Stillen selbst. Er wäre Alida keine Hilfe, Popov genauso wenig und irgendjemand musste sie ja noch auf den Weg zum Arzt unterstützen. „Ich glaube es gibt ein Lazarett die Straße hinunter… wir sagen einfach das uns die geflügelten Monster angegriffen haben, das wird schon…“ Strazny stützte Popov und verband die Pferde an Seilen miteinander. Ivan erhob sich und atmete tief ein. „Es tut mir leid, dass wir euch nicht mehr zu Diensten sein können, Herrin Alida… wir haben versagt und können unseren Herren Belinkov nicht weiter retten. Unsere Schande wird uns gewiss sein, doch möchte ich euch trotzdem danken und gleichzeitig bitten: Bringt unseren Herren wieder wohlbehalten nach Hause. Er ist ein guter Herr, streng aber gerecht. Das hier… das hier ist nicht seine Welt. Das war sie nie.“ Dann humpelte er einen kurzen Meter weiter und hob sein Schwert auf, reichte es Alida. „Wenn ihr den Verräter findet, dann schlagt ihm hiermit den Kopf ab. Zeigt keine Gnade Herrin.“ Dann humpelte er hinter Strazny und Popov her und warf noch einen letzten Blick zu der blonden Brüggerin. Zwei Wochen… allerhöchstens.
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Alida konnte sich eine letzte Bemerkung nicht verkneifen und sie richtete sie in Flandrisch an den Anführer. Sie wusste, als Wiedergänger würde er damit nicht so viel anfangen können wie jemand aus Brügge, aber er kannte sie lang genug. „Ivan? Erzähl mir hier bitte nichts von Schande. Du warst schon in Genua immer für mich da und auch hier auf diesem Weg nach Temesvar. Ohne dich wäre ich nicht hier. Deshalb hab ich auch Girland gebeten, dass er mir dich mitgibt. Du bist ein treuer Freund, ein guter Anführer und deine Leute können auf dich zählen. Pass auf sie auf damit wir uns in zwei Wochen wieder sehen können.“ Dann nahm sie das Schwert an sich und schwang sich in den Sattel. Der Weg nach Ceoris würde weit werden…

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Sie ließ die drei Russen zurück und wandte sich auf ihrem Pferd den Gebirgspfad nach oben. Ein Glück das ihre Körpertemperatur nebensächlich war, denn sie konnte selbst durch ihre Kleider hindurch spüren, wie mit ansteigender Höhe, die Temperatur zu sinken begann und bald hatte sie die Schneegrenze erreicht. Die Karparten waren ein hohes, zerklüftetes und an manchen Stellen steil abfallendes Gebirge, in dem sich gezackte Steinrücken mit geröllartigen Niederungen abwechselten. Die ganze Zeit über hatte sie das unbestimmte Gefühl beobachtet zu werden, konnte aber am Himmel als auch um sich herum nichts erkennen. Es war als wäre dies Gegend verwunschen und verdammt und es war erst nach einiger Zeit, da sie die ersten merkwürdig aussehenden Schneehaufen zu Gesicht bekam, die sich bei näherem Hinsehen, als ein Stapel in Fetzen gerissener Leichen entpuppte. Die kalten, erstarrten Gesichter, waren so weiß wie der Schnee um sie herum und unter sich froren die Blutlachen. Etwas weiter entfernt waren Holzsplitter, groß wie Wagenräder und bald darauf fand sie die Einzelteile eines eben solchen Wagens. Vermutlich hatte man versucht etwas in die schwindelerregenden Höhen zu transportieren und war angegriffen worden. Undeutliche Spuren im Schnee, deuteten auf einen wilden Kampf hin aber bereits der frische Schnee, machte jeden weiteren Hinweis wieder zu einer reinen Spekulation. Was immer hier passiert sein mochte, der Aufstieg der Drachen nach Ceoris, war nicht ohne Verluste oder Opfer geblieben. Man hatte sich jeden Meter blutig erkämpft.
Alida grauste bei dem Anblick. Was um alles in der Welt mochte die Hexer wohl dazu bewogen haben ausgerechnet hier eine Zuflucht aufzubauen? Es gab so viele heimelige Plätze in dieser Welt. Sie riss sich von dem Anblick los und ritt weiter. Sie kannte ihr Ziel.
Sie kam an einer erhöhten Felsformation vorbei, die schroff in den Nachthimmel ragte. Beim Funkeln der Sterne am schwarzen Nachthimmel, kam ihr plötzlich ein recht finsterer Gedanke: Es würde nicht ewig Nacht bleiben und sie hatte keine Ahnung wie spät es war oder wie lange sie noch reiten müsste. Wo würde sie hier oben Schutz finden, falls die Sonne aufgehen sollte? Gerade quälte sie dieser Gedanke und ließ ihr keine Ruhe, da hatte sie ein zutiefst merkwürdiges Gefühl. Ihr Pferd schien dieses ebenfalls zu teilen und wieherte und schnaubte gelegentlich aufgeregt. Der Aufstieg war anstrengend und obwohl es natürlich mal auf mal ab ging, bewegte man sich im Grunde doch immer weiter nach oben. Es verlangte Ross und Reiter einiges an, die Instrumente des Krieges hier nach oben zu karren, musste reine Schikane sein.
Da schien sich etwas hinter ihr zwischen den verschneiten Bäumen zu bewegen und sie zu beobachten. Zuerst konnte sie es nicht genau erkennen, dann aber bemerkte sie den gräulich-weißen Wolf der in gebührendem Abstand hinter ihr herschlich und sich von Baum zu Baum bewegte.
Sie besah sich das seltsame Geschöpf etwas näher. Die blasse Aura war eindeutig. Ihre Augen verengten sich zuerst misstrauisch, dann fragend. Sie trat einen Schritt näher. „Wenn es euch beliebt, könnt ihr gerne noch den ganzen weiten Weg nach Ceoris hinter mir herschleichen. Ihr könnt aber auch gerne rauskommen und mir entweder Gesellschaft leisten oder gleich ein Attentat auf mich wagen, wenn das euer Ansinnen war.“

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Der Wolf, der mittlerweile ja schon gesehen und enttarnt worden war, machte gar keine Anstalten sich noch groß zu verstecken sondern trottete mit angelegten Ohren zwischen den Baumreihen auf Alida zu und noch im Gehen, wuchs er zu ungeahnter Größe heran, so groß das er einen gewöhnlichen Menschen überragte. Und natürlich veränderte sich mit der Größe auch seine Form, allmählich stand dort kein Wolf mehr sondern…. Etwas weitaus fremdartigeres und hässlicheres, mit einem unsagbar breit grinsendem Maul und spinnenartigen Fingern. „Wenn ich euch töten wollte, hätte ich schon zig Mal die Gelegenheit dazu gehabt Lady van de Burse.“ Jeremiah grinste.
Alida grinste breit zurück. Sie ging auf das Ungeheuer zu und blieb auf Armeslänge vor ihm stehen. „Hättet ihr das? Das mag ich in Anbetracht meiner ansonsten gekränkten Ehre natürlich anzweifeln… Vor allem, da ich mir kaum vorstellen mag, dass ihr unter diesen widrigen eiskalten Umständen mit eurer wirklich sehr erfolgsversprechenden Rattenarmee punkten könnt.“ Sie klopfte ihm freundschaftlich auf den Unterarm. „Es tut gut euch zu sehen, Jeremiah.“
Der Nosferatu hob die Schultern an. "Ich hätte ja eurem Wunsch folgen können und da unten zwischen den versoffenen Soldaten bleiben sollen und meine langen Finger ineinander verschränken, während ich den Huren beim vögeln zusehe." Er hob einen Zeigefinger und ließ ihn hin- und hergleiten. "Ich habe noch nie das gemacht was die Drachen von mir wollten, ihr seid da keine Ausnahme. Der Kampf am Tor hat euch eure Leibwächter gekostet aber ich gebe zu, auch ich war überrascht das Lambros sogar einen zweiten Trupp aufgestellt hat. Mit Beziehungen hat er es wohl geschafft, seine Leute zur Torwache abzukommandieren. Ein feiner Bursche unser Lambros." Jeremiah hob den Blick zum Berg. "Ich bin nach euch hinein... zu Fuß, das Fliegen wage ich nicht, wer weiß was hier alles herumirrt. Es ist ekelhaft still... magisch still... spürt ihr das? So fühlt sich Magie an... es ist widerlich."
Alida zuckte mit den Schultern. „Ihr habt geschildert, wie gefährlich es für einen Nosferatu wie euch im Besonderen, als erklärten Feind der Drachen, sein mag, wenn ihr euch in die Nähe von Ceoris begebt. Da erschien es mir sinnvoll, das, was ihr mir selbst schon vorher mitgeteilt habt, nämlich dass ihr euch besser von hier fernhaltet, zu bestätigen. Ihr missachtet somit nicht meine Order, sondern nur euren eigenen wohl durchaus sinnvollen Gedankengang.“ Wieder lächelte sie verschmitzt. „Was um alles in der Welt führt euch hierher, Jeremiah? Wollt ihr sichergehen, dass euer Buch auch wirklich in euren Klauen landet? Ihr seid wohl kaum um meine Sicherheit besorgt, oder? Oder wollt ihr einmal so richtig vielen Hexern und Drachen beim gegenseitigen Abmetzeln und Krepieren zuschauen?“ Sie verdrehte gespielt empört die Augen. „Manchmal muss ich schon sagen, ich gebe denjenigen, die an der Wahl meiner Verbündeten so ihre Zweifel haben, durchaus Recht. Ab und an lässt sich da durchaus an meinem Verstand zweifeln, findet ihr nicht?“ Sie seufzte, verlor aber dennoch nicht ihren Gesichtsausdruck.

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Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die hundertprozentige Verantwortung für dein Tun übernimms.
Dante Alighieri


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 Betreff des Beitrags: Re: Die Fesseln der Macht
BeitragVerfasst: Mo 11. Apr 2016, 20:46 
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Das hochgewachsene Monster lächelte nur und hob die Schultern. „Oh, ich mag durchaus meine Gründe haben, hier mit euch an diesem denkwürdigen Tag, am Ende der Welt auf einem verschneiten Berg zu sitzen, in den sich die widerliche Magie der Bluthexer schon jahrzehntelang gefressen hat.“ Seine langen Finger, streckten sich ihr entgegen, also ob er sie berühren wollte, dann stoppte er abrupt und ließ die Hand sinken. Fingerglied für Fingerglied krümmte sich, bis eine merkwürdige Faust entstand. „Ihr habt vollkommen Recht. Es ist eine vollkommen dumme Narretei mit euch diesen Berg zu erklimmen aber andererseits: Man könnte es auch umdrehen, niemand wäre als unverkennbares Gesicht und erklärter Feind der Unholde, so dumm sich auf dieses Wagnis einzulassen. Niemand rechnet mit mir…“ Seine kränklichen Augen suchten den nach oben verlaufenden Horizont des Steilpfades ab. „Lambros wird da sein und auch Velya, davon bin ich überzeugt. Alles was hässlich und grotesk ist, wird sich da oben versammeln. Ich habe noch eine Rechnung mit den beiden offen und selbst wenn die Chancen nur gering stehen, dass ihnen ein vorzeitiges Ende beschieden ist, so hoffe ich doch das ein unvorsichtiger Fehltritt, mir die Möglichkeit bietet korrigierend einzugreifen. Genau dann, wenn sie es am wenigsten erwarten.“ Langsam wandte er sich dem Berg zu und setzte einen Schritt vor den anderen. „In ihren Festungen kann ich sie nicht erreichen und in gewöhnlichen Schlachtzügen, schicken sie nur ihre Speichellecker. Heute werden sie selbst kämpfen und wenn es nur ihrem Ego dient, bei der bedeutendsten Schlacht dieser Nächte dabei gewesen zu sein. Eine bessere Gelegenheit bietet sich mir vielleicht nie mehr, auch wenn es mit einer schier unüberschaubaren Menge an Gefahren verbunden ist. Ich schlage erst zu, wenn ich mir sicher sein kann den tödlichen Streich führen zu können.“

Er drehte sich noch einmal um und sah sie auffordernd an. „Ja gut möglich dass es selbstmörderisch ist aber ihr seid auch nicht viel besser dran glaube ich verstanden zu haben. Meine Rache hat mich all diese Jahrhunderte angetrieben; möglicherweise ist diese modernde Burg ja doch noch zu etwas nutze. Außerdem habt ihr völlig recht: Bevor sich die Drachen an diesen wertvollen Büchern vergreifen, muss ich die Werke retten. Nicht auszudenken was passiert wenn die Herren dieser Lande so eine Macht in Händen halten. Glaubt ihr sie würden sich bedeckt halten wie die Hexer? Nein, ein Drach nimmt sich, was seines ist und sie würden diese Macht schamlos benutzen. Kommt ihr oder wollt ihr da festfrieren Drache? Vielleicht wollt ihr den Schnee auch vorher mit eurem Feueratem schmelzen, dann ginge es sich viel bequemer.“ Jeremiah lachte und stapfte weiter.

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 Betreff des Beitrags: Re: Die Fesseln der Macht
BeitragVerfasst: Di 12. Apr 2016, 20:25 
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Alida schüttelte den Kopf. „Festfrieren ist prinzipiell nicht unbedingt mein Anliegen nach dem Kampf da unten, aber… Jeremiah? Beantwortet mir eine Frage: Warum wollt ihr mit mir zusammen dorthin reisen? Und woher weiß ich, dass ihr mir nicht einfach sobald ihr eure kleine Bettlektüre in den Händen haltet einen Pflock ins Herz rammt und mich bis zum Sonnenaufgang liegen lasst? Oder mir gleich den Kopf abtrennt um auf Nummer Sicher zu gehen. Wie ihr eben gerade wieder erwähnt habt: Ich bin ein Drache… und diese Gattung verabscheut ihr nun mal über alle Maßen…“ Sie fuhr mit den Zähnen über die eiskalten Lippen und spürte die Eiskristalle.
Sein deformierter Schädel drehte sich langsam in ihre Richtung, während der eisige Wind ihm beinahe den Hut vom Kopf fegte. Die beiden Schultern, von denen nicht wirklich viel da war, hoben sich recht gleichgültig. „Nun, das könnt ihr nicht wissen lieber Drache. Vielleicht warte ich ja nur auf die richtige Gelegenheit um euch in den Rücken zu fallen hm? Vielleicht arbeite ich ja für Rustovich persönlich und küsse insgeheim seine Stiefel?“ Er schüttelte den Kopf. „Ihr könnt nicht wissen, ob ich euch nicht wie einen fetten Fisch ausnehmen werden, genauso wie ich nicht weiß, ob ihr da oben Erfolg haben werdet, was mein Buch angeht. Ich komme nicht nach Ceoris hinein, um genüsslich vor dem Kamin ein gutes Buch zu lesen, ihr schon. Also dürftet ihr zumindest bis ihr mir das Buch gebracht habt ziemlich sicher vor mir sein oder?“ Seine spinnenlangen Finger kramten einen dicken, meterlangen Wollschal aus seiner Seitentasche, den er sich um den Kopf band und sogar über den Mund legte. Im Grunde wickelte er sich richtig darin ein. Es sah ungewollt lustig aus. Bei diesem großen Maul stand nun die obere Reihe Zähne über den Schal hervor. Zum Glück hatte er damit auch den schiefen Zylinder fixiert. „Ich mag euch. Ich weiß zwar nicht warum, aber ihr unterscheidet euch von den Bastarden dieser Lande. Vielleicht ist es ja genau das… dieses Land macht einen verdorben und bösartig. Wo sagtet ihr seid ihr noch einmal her?“
Ihre Augen verengten sich fragend, musterten ihn lange. Schließlich zuckte sie mit den Schultern. „Flandern.“ Auch wenn sie es nicht beabsichtigt hatte lagen in diesem einen Wort ein markanter Stolz, Sehnsucht, Inbrunst und eine so definitive Bestimmtheit wie in kaum einem anderen Begriff, den sie bisher gebraucht hatte.
„Flandern also?“ Seine Augen rollten ein wenig nachdenklich hin und her, als müsse er den Geschmack dieser Worte erst neu bewerten. „Ich war noch nie dort, aber ich glaube auch nicht, dass es dort besonders viele Drachen gibt, dafür jede Menge Aristokraten und höfisches Tamtam. Da regiert ja der altehrwürdige Hochadel und die heilige Mutter Kirche. Widerlich wenn man genau darüber nachdenkt, hier weiß man wenigstens, dass sie einen am nächsten Baum aufhängen wollen. Das finde ich erfrischend ehrlich und ungeschönt. Naja, in jeder Hölle brennt ein anderes Feuer aber allen sengt sie das Fleisch von den Knochen.“
„Kommt mit, wenn ihr wollt. Tut mir allerdings bitte den Gefallen und beschert mir falls möglich kein vorzeitiges Ende. Ihr würdet damit nur all den Stimmen der Vernunft recht geben, die mich immer wieder aufs Neue ermahnen nicht zu leicht mein Vertrauen zu schenken… sehr kluge, vernünftige Leute, müsst ihr wissen.“ Sie hatte die Gesichter von Frederik, Georg, Emilian, Lucien und Leif vor sich… Tja. Sie seufzte unhörbar.
Jeremiah wollte schon weiterstapfen, als sie ihn auf seine Loyalität und Gewaltbereitschaft ansprach. „Natürlich seid ihr ein Drache… aber irgendwie auch wieder nicht. Zumindest seid ihr anders als die, die ich kennengelernt habe. Außerdem verschwindet ihr doch ohnehin wieder zurück nach … mmh.. Flandern nicht wahr? Was sollte ich also mit eurem Tod? Ihr habt weder mit diesem Land noch mit der Politik hier zu tun, ihr kennt ja noch nicht einmal die Namen der Erzunholde in ihrem eigenen Mutterland. Verzeiht, wenn ich mir die Bemerkung erlaube aber dafür das ihr sagt ein Drache zu sein, wisst ihr erstaunlich wenig von dem, was euer Clan dieser Nächte so treibt und in was er sich verdingt. Das solltet ihr nachbessern, wenn ihr euren Großerzeugern und deren Großerzeugern begegnen wollt. Sonst könnte man euch für ein kleines Kind halten.“
Alida sah sie das seltsame entstellte Gesicht erneut an. „Wenn ich mir eine Bemerkung erlauben darf… Ich habe zwar keine Kenntnis über die einzelnen Unholde in ihren Gebieten und auch nicht über eure genauen Fähigkeiten, aber in Temesvar… nun: Ich schätze mal, es wird auf welcher Seite ihr auch immer euch aufhaltet von Kainiten mit Auspex nur so wimmeln. Und auch wenn ihr darin meisterlich seid euch zu verdunkeln ist das Risiko plötzlich enttarnt mit eurem charmanten Lächeln in einer Horde zähnefletschender Unholde zu stehen, nicht gerade gering…“ Sie sah ihn erneut an, dachte nach und überlegte, wie sie die Worte formulieren sollte. „Ich könnte euch bis zum nächsten Morgen eine Verdunklung verschaffen, die nicht durch übersinnliche Kräfte enttarnt werden kann. Ich weiß, dass ihr es abgrundtief hasst und ich verstehe euch mehr als gut, das könnt ihr mir glauben, aber ich würde dieses Mal diese Kräfte anwenden um euch zu helfen und für nichts sonst…“
Auf ihr Angebot hin, sah es für einen Moment tatsächlich so aus, als würde sich der verkrüppelte aber hochgewachsene Körper noch etwas aufrichten und sich demnächst auf sie stürzen wollen. Die kränklichen Augen fixierten Alida starr und die spinnenlangen Finger, klappten auseinander wie Fangnetze. Dann aber glitten die Finger nach unten, der verdrehte Kopf legte sich schief und starrte sie eine Weile einfach nur wortlos an. Da war das Pfeifen des Windes und ein allmählich einsetzender Schneefall, der ihr Vorankommen als auch die Sicht behindern würde. Er sah den Berg hoch und dann wieder zu Alida. Schließlich nickte er zaghaft. „Einverstanden… Ich muss alles auf eine Karte setzen. So nahe komme ich an keinen der Drachen je wieder heran und wie ihr schon gut bemerkt habt: Jedes dieser Monster würde mich durchschauen. Und das obwohl ich gar nicht schlecht bin im Verschwinden.. naja… das sind ja auch keine gewöhnlichen Dummköpfe sondern die verschlagenste Teufelsbrut, von hier bis Novosibirsk.“ Erneut sah er zu dem Berg hoch.
„Fangt an... und eilt euch, die Sicht wird schlechter und der Aufstieg durch den frischen Schnee mühsamer. Obgleich es uns auch etwas Schutz geben könnte. Verzeiht meinen Anblick aber dafür ist der Fluch und eure Art verantwortlich.“
Alida schmunzelte leicht. „Ich kenne jemand, der euch jetzt mit Sicherheit beteuern würde, das es nicht auf einen Körper, sondern auf die Person ankommt, die darin steckt… wie auch immer das Äußere gestaltet sein mag.“ Sie verzog die Lippen zu einem spöttischen Grinsen. „Natürlich handelt es sich dabei um einen Drachen.“ Sie schritt näher, überlegte, was genau sie tun sollte. „Eile ist leider das Falsche, wenn man gründlich vorgehen will, da muss ich euch leider enttäuschen.“ Sie wartete und sprach gegen den harten Wind, der ihr die Eiskristalle ins Gesicht hieb an. „Wie wollt ihr aussehen? Da ihr euch ja um Meilen besser auskennt in den hierarchischen Systemen der Unholde… Zeigt es mir und ich gebe mein Bestes…“
Der hässliche Nosferatu veränderte sich allmählich und zeigte Alida das Bild eines dunkelhaarigen Mannes, mit kräftigem Bartwuchs.
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„Bekommt ihr das so hin?“ Fragte er unsicher nach und deutete auf eine kleine Baumgruppe unter der sich einige Felsen und größere Steine befanden. Er überwand die kurze Distanz und ließ sich auf dem kleinsten Niedersinken, damit Alida in der richtigen Höhe problemlos an ihm ‚arbeiten‘ könnte.
Der hässliche Nosferatu veränderte sich allmählich und zeigte Alida das Bild eines dunkelhaarigen Mannes, mit kräftigem Bartwuchs. „Bekommt ihr das so hin?“ fragte er unsicher nach und deutete auf eine kleine Baumgruppe unter der sich einige Felsen und größere Steine befanden. Er überwand die kurze Distanz und ließ sich auf dem kleinsten niedersinken, damit Alida in der richtigen Höhe problemlos an ihm ‚arbeiten‘ könnte.
Sie kaute auf ihrer Unterlippe und konzentrierte sich. „Ich weiß es nicht. Das, was ich kann… es liegt mehr in meinem Blut als dass ich Jahre in Übung und Perfektionierung von Fertigkeiten investiert hätte, die ich noch vor einigen Jahren bis ins Mark verabscheut habe. Ich bin ehrlich: Ich weiß nicht, so recht, was ich kann, aber es überrascht mich immer wieder.“ Bevor der Nosferatu bei diesen wenig vertrauenserweckenden Worten die Flucht ergreifen konnte, legte sie ihm eine Hand auf die schmale, jedoch ungemein breite Schulter. „Wer ist dieser Mann?“ Sie setzte die Finger an seinen Schläfen an und begann zu spüren, sie sich die Vitae unter ihrer Haut sammelte als würde sie nur darauf warten endlich ihrer wahren Bestimmung zufließen zu können. Sie fuhr das Gesicht des Nosferatu ab und legte den Hut sorgsam zur Seite in den Schnee, die kalte Haut, die spinnenartigen Finger. Es kostete sie all ihre Konzentration, aber wenn sie Jeremiah tatsächlich in irgendeiner Weise schützen konnte, dann würde sie es versuchen.
Alida musterte ihr Werk und nickte erschöpft. Sie erkannte eine winzige Narbe an der rechten Schläfe, die eigentlich in drei statt zwei Enden auslief und eine Haarsträhne fiel etwas weiter nach rechts als beim Original, aber ansonsten war sie zufrieden. Sie sah etwas irritiert auf ihre Hände.
„Das Gesicht?“, fragte er verblüfft darüber, dass sie sich überhaupt dafür interessierte. Völlig verwundert darüber, wie leicht es mit so kurzen Fingern war, sein eigenes Antlitz zu betasten und festzustellen, dass die narbige, schorfige Haut einer gewöhnlichen mit dichtem Bartwuchs gewichen war. Er kannte die Künste der Drachen nur in die andere Richtung. Natürlich war er sich immer im Klaren darüber gewesen, das es auch umgekehrt funktionierte aber diese Möglichkeit, zogen die Unholde wohl eher nur für sich selbst in Betracht. „Ein griechischer Gelehrter namens Thisseas. Er war mein erstes Opfer. An sein Gesicht erinnere ich mich mit Abstand am besten. Mittlerweile ist er seit vielen Jahrhunderten tot und niemand könnte sich noch an ihn erinnern. Viel zu unbedeutend und unwichtig aber immerhin trägt er die markanten Züge der Griechen mit dem leicht östlichen Einfluss. Seine Mutter hatte Tartarenblut in ihrer Linie.“ Nachdenklich befühlte er sein neues Gesicht, die Nase, die Ohren und seine Haare. Und zum ersten Mal seit sie ihn gesehen hatte, lächelte er und die Lippen teilten sich tatsächlich. „Vortrefflich und abgrundtief scheußlich. Ihr Drachen seid schon wahrhaft unmenschliche Gestalten. Diese Verkleidung sollte soweit halten, wenn ich mich nicht allzu dumm anstelle, vielen Dank.“
Sie verzog skeptisch den Mund. „Dafür, dass er euer erstes Opfer war, wisst ihr ziemlich viel über ihn. Ich versuche die Erinnerungen an die Leben, die ich genommen habe zu verdrängen. Aber jeder folgt wohl einem anderen Weg, nicht wahr? Welchen habt ihr für euch gewählt?“ Sie wusste, die Frage war zu sehr privater Natur, aber sie war ausgesprochen.
"Den Weg des geringsten Widerstands, jetzt kommt." Damit erhob er sich.
Sie biss die Zähne aufeinander, schloss dann für einen Moment die Augen und atmete ein. Sie zuckte demonstrativ die Schultern, wandte dann den Blick ab. Sie ließ den Nosferatu stehen und begann den Aufstieg.
Der verwandelte Nosferatu schritt stapfend hinter ihr durch den Schnee ohne etwas von sich zu geben. Es mochten sicher noch fünf geschlagene Minuten vergehen, da sie sich durch das nächtliche Schneegestöber kämpften, bevor er dann unvermittelt sagte: "Gar keinem. Ich habe es nie für notwendig erachtet, irgendwas zu erlernen, was ich in Wahrheit nicht brauche. Ich war ein Mensch, ich habe menschliche Vorstellungen von dem wie die Dinge zu laufen haben, auch wenn mich die Jahrhunderte recht rasch ernüchtert haben. Deswegen muss ich aber noch nicht auf den Knien rutschen und beten oder glauben ich wäre in Wahrheit ein Wildschwein oder der König der Karpaten." Er brach fast unter einer mit Schnee bedeckten Mulde ein und fluchte laut. "Und ich merke mir beinahe jedes meiner Opfer ganz vorzüglich. Das erste vergisst man nicht, zumindest nicht wenn die ganze Familie des Gelehrten im Anschluss verteilt das Wohnzimmer verschönerte. Inklusive Kleinkinder und Hund. Dann gibt's erst mal einen netten Stich in der Herzgegend." Erneut trat eine kurze Pause ein. "Und wenn ich nicht von etwas erzählen will meine Liebe, dann respektiert das bitte. Ich habe euch nach eurem Namen, eurer Herkunft und eurem Ansinnen gefragt. Frage ich welche Unterwäsche ihr am liebsten tragt? Nein, tu ich nicht."
Alida nickte ohne den Blick vom Weg abzuwenden. Ihre Stimme war gegen den Wind kaum abzugrenzen. „Verzeiht.“
"Ist schon in Ordnung...", kam dann seine Stimme hinter ihr und noch ein wenig später. "Ihr seid die erste die fragt...".
Ein zögerliches, dann aber um so breiteres Grinsen stahl sich auf ihre Züge. "Ich bin euch mit den Fingern unter die Haut, hab euch die hüschen Klauen gestutzt und das schiefe Grinsen gerade gerückt. Das ist definitiv genug Privatsspäre und Intimität für einen Abend. Da geb ich euch absolut recht."

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 Betreff des Beitrags: Re: Die Fesseln der Macht
BeitragVerfasst: Di 26. Apr 2016, 11:39 
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Coming Soon! The great Season Finale to the 'Shakles of Power' Campaign!

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Synopsis: Alida reaches the carparthian mountain tops to find her Sire. The 'Laughing Man' gets a new identity. The Dragons gather; armies move forward. Ceoris prepares it's defense. Deep in the core of the Tremere chantry the young Saleswoman faces her past...

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 Betreff des Beitrags: Re: Die Fesseln der Macht
BeitragVerfasst: Mo 2. Mai 2016, 21:16 
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Alida und ihr mittlerweile doch um einiges ansehnlicher Begleiter, machten sich weiter durch das mittlerweile auffrischende Schneetreiben. Die Flocken wurden immer dichter und peitschten der Brüggerin ins Gesicht; Jeremiah hatte sich den dicken Schal mittlerweile um das bärtige Gesicht gelegt. Die Winter in Flandern mochten mitunter streng sein aber nichts hielt dem Vergleich mit dem harten und tödlichen Väterchen Frost im Osten stand. Selbst für die Toten war eine Reise im Winter dort unangenehm und beschwerlich, das musste jetzt auch die Händlerin feststellen. Eiskristalle gefroren auf ihrer Kleidung, die langsam hart und steif wurde. Zwar versank man noch nicht im Schnee aber jeder Schritt war mühsam erkämpft. Hinter ihr fluchte Jeremiah. „Diese Hurenhexer! Das ist das letzte Aufgebot vor dem sicheren Ende aber sie lassen sich nicht einmal diesen närrischen Unsinn nehmen.“

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https://www.youtube.com/watch?v=qjiBnoN ... 59F55B873C

Alida nickte nachdenklich. „Ich weiß nicht, wie die Lage derzeit ist… So wie ihr die Situation schildert, besteht nicht viel Hoffnung für die Tremere. Wenn dem tatsächlich so ist, dann verstehe ich nicht, warum sie überhaupt noch kämpfen… eine Flucht wäre doch um einiges erfolgsversprechender… mit einem nicht gar so kleinen Feuerchen hinter sich, dass alles, was nicht dem Feind in die Hände fallen soll, verzehrt…“ Sie musterte ihn fragend, deutete dann auf die Bäume. „Ist es euch auch aufgefallen? Wir haben die Baumgrenze bereits seit wohl hundert Metern überschritten. Eigentlich dürfte hier keine Kiefer oder Buche mehr wachsen.“ Sie näherte sich den Pflanzen vorsichtig. „Wisst ihr? In meiner Heimat versuchte einst eine Unholdin die Herrschaft zu übernehmen. Sie scheiterte, aber die Bäume in ihrem Gebiet trugen noch Jahrzehnte danach ihr Gift in sich. Es hat unsagbar lang gedauert bis wir in der Lage waren das Gebiet zu befrieden.“ Sie dachte an die Waldgeister, die man mit Blut besänftigt hatte, Luciens kleine Bäume aus dem Süden, die im Frühjahr weiß blühten und langsam eine stattliche Höhe zu erreichen begannen, ihre Apfelbäume dazwischen.
Jeremiah schlang die Arme um den Körper und grummelte missmutig vor sich hin. Man bekam durchaus den Eindruck, nach diesem kühlen Wetterumschwung hätte er sich noch vor etwa einer Stunde gänzlich anders entschieden. Natürlich würde er das nie zugeben. Mühsam holte er zu der Unholdin auf und brummelte zunächst unverständliches. „Wart ihr schon einmal in Ceoris? Nein? Nun, niemand geht einfach nach Ceoris, das war ja auch das ständige Problem der Drachen. Wie sollte man etwas finden dass, sagen wir… in der Form nicht gefunden werden kann, weil der Ort so nicht zugänglich ist? Aber das sind Fragen der Zeit und des Raumes, die vielleicht Aristoteles oder Sophokles witzig gefunden hätten. Für den Osten war der direkte Zugang zur Hochburg der Hexer, selbst nach deren Auffinden schwierig.“ Sein Blick wandte sich kurz um und er nickte, als er die Bäume in Augenschein nahm. Kräftiger Wuchs und sehr dicht. „Ein Grund dafür, war natürlich nicht zuletzt die allgegenwärtige Magie der Bluthuren. Das ganze Bergmassiv, ist durchwirkt von uralter Tzimisce Ritualmagie, genauso wie der Rest dieses kalten, dreckigen Landes und jetzt stellt euch vor, dass noch eine Reihe untoter Hexer eine Schüssel Blutmagie darüber gießen. Dann habt ihr Ceoris.“ Er deutete auf die Bäume. „Die hier wachsen nicht natürlich, im Gegenteil. Alles unheilige Magie. Es soll die Sicht versperren und den Weg erschweren; ihr könnt davon ausgehen, dass nicht einmal das Wetter auf natürlichem Wege entstanden ist. Und gewiss habt ihr recht: Warum nicht alles verbrennen? Warum nicht hinter ihnen die Sintflut? Nun die Drachen waren recht schnell und der finale Schlag kam unerwartet und dort wo die Festung liegt ist es… sagen wir beinahe unmöglich, sich selbst und wertvolle Bücher so ohne weiteres zu retten. Man wird einfach Diener und Kreaturen solange die Verteidigung aufrecht erhalten lassen, bis alle und jeder der wichtig und wertvoll ist sicher flüchten konnte. Danach… nun…. Ist Ceoris Geschichte. Die Tremere spielen auf Zeit, das ist alles. Und es heißt Koldunik…“ Er sah sie direkt an während er an einer großen Gruppe Bäume vorbeistapfte. „Koldunik ist die uralte Drachenmagie und zehrt ihre Kraft aus der pervertierten Erde dieser grotesken Monstren. Ewig alt und älter als jegliche Blutmagie der Hexer. Ihr bekommt ein Geheimnis gratis: Diese Form der Magie, ist das einzige was die Tremere nicht kontern können, deshalb ist ja auch Velya da oben in der Festung. Velya ist die örtliche Koryphäe in Sachen Tzimisce-Magie. Ein netter, geisteskranker Irrer.“

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„Und ausgerechnet den Meister der Koldunik sucht ihr euch als euren persönlichen Erzfeind aus? Hut ab! Dann mal viel Erfolg.“ Sie grinste zweideutig und fuhr sich mit den Händen durch das Gesicht. Sollten sie jemals das Lager der Drachen erreichen, konnte sie nicht als Alida van de Burse durch die Heerscharen schreiten. Und egal als was sie sich ausgeben würde, wenn sie direkt nach Sergej Belinkov fragen, erzeugte das bei so manchem Ghul, den man sie auf sie angesetzt hatte wahrscheinlich Verdacht. Sie seufzte. Dann nahmen ihre Züge das vage Antlitz einer jungen Frau an. Sie hatte das Kind des Prinzen von Pisa, einem Unhold, mit dem die Baronessa von Genua in stetiger kleiner Privatfehde lag, auf einem Maskenball in Venedig kennen gelernt. Schön, adelig, unnahbar und mächtig…

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Es gelang ihr nur ungefähr das Gesicht der jungen Frau herzustellen, aber sie vermutete, dass es nicht viele Kainiten hier im Osten gab, die Alexandra Dimanetti, tatsächlich gesehen hatten. Und wenn, dann wäre die Ähnlichkeit wohl ausreichend. „Alexandra Dimanetti… Nur falls jemand fragt…“ Wieder folgte ein zynisches Grinsen in die Richtung des Nosferatu.

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Jeremiah lächelte schief. „Hübsch, hübsch… Mit Verlaub: Ich habe mir niemanden ausgesucht, das war Velya selbst. Neben seiner Leidenschaft für das okkult-traditionelle Wissen um irgendwelche Erd-Dämonen in zerklüfteten Bergen, genießt er auch den zweifelhaften Ruf ein passionierter Former zu sein. Und er hatte viel Material und viel Zeit um zu üben.“

Die beiden näherten sich einer schieren Flut aus Bäumen, die dicht nebeneinander standen und eine immense Höhe, selbst in diesen Breiten und in dieser Lage erreicht hatten. Es machte einen äußerst beunruhigenden und bedrohlichen Eindruck. Jeremiah stoppte Alida ab und sah sich um. Vor ihnen schien sich ein recht breiter Weg aufzutun. „Das hier, ist schon das erste woran die Drachen gescheitert sind. Aus diesem Wald, findet man nie wieder hinaus; er verändert sich ständig und spielt mit seinen Opfern.“

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Alida sah ihren Begleiter an, der sie am Arm zurückgehalten hatte. „Und wie ist es meinem Clan dann gelungen hindurch zu kommen? Beziehungsweise wie gelingt es ihm noch? Immerhin brechen auch in diesen Stunden noch Heerscharen aus der netten kleinen Stadt dort unten auf um sich hinzuzugesellen. Irgendeinen Weg muss es ja geben“
Jeremiah schnüffelte beinahe hundeartig in die Luft und sein etwas zerzaustes, wildes Aussehen, verlieh dem ganzen noch eine besonders animalische Note. „Magie… ich kann es bis hierher riechen. Aber es ist anders als gewöhnlich. Stinkt nach…“
Mit einem bösartigen Pfeifen, raste etwas langes, Hölzernes an den beiden Kainiten vorbei und schlug nur wenige Meter neben ihnen, tief in das fest und harte Holz einer dicken Fichte ein. Die Spitze des soliden Eisenspeeres hatte sich fast vollständig in den gefrorenen Baum gebohrt und einen Menschen wohl auf der Stelle wie ein Schwein aufgespießt. Jeremiah hatte sich durch den Schnee abgerollt und knurrte in Richtung des Angreifers. „Wer zum Teufel?“ Er sollte nicht lange auf eine Antwort warten müssen, denn aus der verschneiten Dunkelheit der schier unter der Last des frischen Schnees gebeugten Äste der gegenüberliegenden Baumreihe, schob sich eine grimmige Gestalt, die in dicke Lagen aus verschiedenen Fellen gehüllt war und die beiden überheblich grinsend ansah. „Wenn man nach dem Teufel ruft, ist er meist nicht weit. Ihr habt gute Reflexe für ein paar Hexerflüchtlinge aber das wird euch auch nicht retten.“
Alida ging in Gedanken die Reaktion eines typischen Drachen durch. Die souveräne, selbstüberzeugte Gestik und Mimik der italienischen Adeligen. Dann baute sie sich zu voller Größe auf und war immer noch mehrere Köpfe kleiner als der Hüne. „Was fällt euch ein? Wenn ihr nicht Feind von Freund zu unterscheiden wisst, dann solltet ihr fragen bevor ihr euren Speer schleudert. Habt ihr eine Ahnung wieviel Blut es mich kostet würde, eine solche Verletzung zu heilen?“ Sie deutete auf den Speer. „Was wollt ihr Jäger? Soll ich vor euch mein Gesicht verschönern, eine Krähe herbeirufen und mich mit ihr über das Wetter unterhalten, damit ihr uns glaubt, dass wir keine Hexer sind?“ Sie deutete mit dem Daumen in Richtung Wald. „Wie euch vielleicht aufgefallen sein mag sind wie auf dem Weg zum Lager meines Clans und nicht auf der Flucht vor ihnen. Alexandra Dimanetti, Kind des Pavlo Bellini, Tsimiske und Prinz von Pisa.“ Sie reckte das Kinn noch ein wenig höher.

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Der in Fell gehüllte Mann mit dem stechenden Blick, in dem nur die rohe Kälte einer verschneiten Nacht in der Wildnis lag, musterte Alida einen sehr misstrauischen Augenblick lang und sein höhnisches Grinsen verschwand. Seine Augen wanderten zu Jeremiah, den er ebenfalls scharf begutachtete. Zwischen beiden Kainiten hin- und her blickend, legte er den Kopf schief und die Hand, welche bereits auf einem scharf gezackten Schwert, das mehr einem unregelmäßig gekanteten Stück Eisen als einer Waffe glich, glitt langsam nach unten. Offenbar hatte ihre eindrückliche Darbietung höfischer Noblesse Eindruck auf den Wilden gemacht. „Ihr seid ein Kind des Prinzen von Pisa?“ Der Mann erweckte nicht recht den Eindruck, als wüsste er wovon sie sprach, aber nickte ganz allmählich. „Ihr seid also ein Drache, der sich dem finalen Spektakel zuwenden möchte? Warum kommt ihr erst jetzt und warum hat mir niemand Bescheid gegeben? Ich dachte alle Würdenträger wären bereits versammelt?“ In seinem Gesicht lag eine gewisse Unsicherheit, während er zu Jeremiah starrte. Der wiederum hob nur die Schultern. „Bartholomäus der Fromme. Ich bin ein getreuer Vasall der werten Dame und meines Zeichens Siegelbewahrer. Wir hatten einige Probleme auf unserer Reise, wie ihr ja wisst ist der Westen voller Hexerschlangen. Außerdem hat dieses Wetter ebenfalls zu unserer Verzögerung beigetragen. Es ist dem Herren unserer schönen Stadt ein besonderes Anliegen, der Vernichtung der Ursurpatoren beizuwohnen und eine Tochter seiner Linie zu entsenden, damit sie ihm in allen Facetten darüber berichten kann.“ Sein Blick glitt gebeugt und ehrwürdig in Richtung Alida. „Nicht wahr wertes Fräulein?“
Alida nickte Jeremiah, der seine Rolle wahrlich unerwartet perfekt spielte, gönnerhaft zu. „Die Reise war beschwerlich und mit einigen Hindernissen gespickt. Durchaus… Ich bin froh, wenn wir endlich das Heerlager erreichen.“ Sie zog eine Augenbraue in die Höhe. „Und mit welchem nicht wenig beeindruckenden Jäger haben wie das Vergnügen?“ Eines war ihr klar. Der Mann ihr gegenüber war vieles, aber mit Sicherheit kein Unhold.
Alidas und Jeremiahs vereintes Schauspiel, hatte den wohl augenscheinlich zu jeder körperlichen Auseinandersetzung mehr als bereiten Mann, wohl nunmehr gänzlich überzeugt. Zumindest insofern überzeugt, dass er in den beiden keine Verräter, Spione oder Tremere mehr sah. Der Wilde versuchte sich an einer etwas ungeschickten Verbeugung, die sofort erkennen ließ, dass er diese Ehrenbezeugung weder besonders oft, noch besonders gern durchführte. „Mitru der Jäger; der jagende Wolf der Lande hinter den Ländern der Magyaren. Ich habe mit eurem Clan in diesen Landen ein… lockeres Bündnis geschlossen. Der Tod der Hexer ist auch mein ureigener Wunsch und ich jage nicht nur sie, sondern auch viele andere Eindringlinge solange diese Weiten schon meine Domäne sind. Ich wurde zwar nicht über euer Eintreffen informiert, aber es sind auch schon bedeutend merkwürdigere Dinge vorgefallen; schlussendlich werdet ihr euch ohnehin dem Voivoden der Voivoden vorstellen müssen, falls ihr gedenkt zu bleiben.“ Er deutete mit einer einladenden Geste in Richtung des Waldes. „Der Zauber der Hexer ist stark und manchmal schaffen sie es noch den einen oder anderen Irrweg zu erschaffen. Ich aber kenne den Weg und kann euch sicher zum Hauptlager geleiten, wenn ihr dies wünscht. Meine Aufgaben hier waren zwar andere aber…“ Mitru sah fast schon etwas ungehalten oder enttäuscht aus; als hätte er wohl wahrlich besseres und vergnüglicheres zu tun als den Grüßaugust für irgendwelche Nachzügler zu spielen. „Ich denke es dürfte Rustovich interessieren.“ Viel mehr sagte er auch nicht, nahm an das die beidem ihm folgen würden. Jeremiah nickte nur dankend und besonders freundlich, stapfte dem vermeintlichen Gangrel hinterher. Seine vielsagenden Blicke deuteten Alida es ihm gleich zu tun.

https://www.youtube.com/watch?v=vU8eL2CjzHw

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Zuletzt geändert von Alida am Fr 13. Mai 2016, 20:46, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Die Fesseln der Macht
BeitragVerfasst: Di 3. Mai 2016, 10:45 
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Alida ging neben Jeremia hinter dem Hünen her. Sie senkte den Blick um den Eiskristallen, die ihr wie körniger Sand vom Wind ins Gesicht geschleudert wurden, auszuweichen. Ab und an hob sie das Kinn um die massige Gestalt in dem Schneetreiben nicht aus den Augen zu verlieren. Mitru, der Jäger, also. Sie hatte den Namen irgendwann schon einmal gehört.
Plötzlich blieb sie so abrupt stehen als wäre sie gegen eine unsichtbare Wand gestoßen. Tief sog sie die eiskalte Luft ein. Mitru, der Jäger. Es war Lucien gewesen, der ihr von dem Gangrel berichtet hatte. Nach einer ihrer Übungsstunden hatte er auf der Backsteinmauer gesessen, die einen Teil der kleinen Pferdekoppel umgab und sie hatte ihn gefragt wie es ihm auf der Suche nach Jean ergangen war. Er hatte von seltsamen Träumen berichtet, von seiner Erzeugerin, von Verfolgungsjagden im tiefsten Wald weit im Osten von Gent, den jeder vernünftige Bürger mied, von Gangrel auf ihren Wegen des Tieres… und von Mitru.
Alida schüttelte ungläubig den Kopf. Hier in der Wildnis um Ceoris begegnete sie Luciens Großerzeuger? Hastig versuchte sie aufzuschließen um sich nichts anmerken zu lassen und beobachtete still den in dicke Felle gehüllten Hünen. Mitru war das für Lucien, was Victor für sie war. Bestand eine Bindung zwischen einem Erzeuger und dem Kind seines Kindes? Alida hatte nie den Kuss weitergegeben aber es hätte Menschen gegeben, bei denen sie keinen Augenblick gezögert hätte; ihren Bruder, wenn er sie gelassen hätte, Georg, wäre ein einziges Mal die Frage über seine Lippen gelangt… Wie wäre es die Person zu treffen, die ihrem Kind so wichtig wäre, dass es den Kuss weiterreichen würde? Was war Lucien für diesen Mann?
Alida biss die blassen, frostigen Lippen aufeinander. Es gab für Kainiten viele Gründe den Kuss weiter zu reichen und überlegendes, zweckentsprechendes Kalkül war dabei wohl öfter anzutreffen als emotionale Bindung. Wie gern würde sie jetzt Luciens gegrummelte Meinung zu dem Thema hören, seine Ansichten über Mitru. Aber Lucien war viele tausend Kilometer im Westen und sie wünschte ihm, dass er es wärmer hatte als sie. Wenn sie sich recht erinnerte, musste mittlerweile bereits Mai sein.

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 Betreff des Beitrags: Re: Die Fesseln der Macht
BeitragVerfasst: Fr 13. Mai 2016, 17:29 
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Jeremiah an ihrer Seite, wurde kurzzeitig ein wenig stutzig aber noch bevor er zu einer offensichtlichen Frage übergehen konnte, hatte sie sich auch bereits wieder in Bewegung gesetzt. Der Hüne selbst, um den sich momentan ihre Gedanken drehen mochten, schritt unbeirrt weiter durch den schneebedeckten Wald und schien sich weder von ihr noch irgendjemanden anderen in irgendeiner Art und Weise irritieren zu lassen. Man mochte ihm beinahe Fahrlässigkeit vorwerfen aber wenn es sich hier tatsächlich um Luciens Großerzeuger handeln mochte, durfte man ihm ruhigen Gewissens die notwendigen Fähigkeiten zugestehen, sowohl in der Wildnis spielend zurechtzukommen, als auch einen potentiellen Angriff hinterrücks zu überstehen. Mitru stellte keine weiteren Fragen mehr und nachdem sie noch ungefähr eine gute halbe Stunde durch den merkwürdigen Wald gegangen waren, der wie Alida bereits treffend bemerkt hatte selbst in dieser Höhe schon schneefrei hätte sein müssen, erreichten sie ein weitläufiges Plateau; der Bergrücken der Karpaten. Der Gangrel-Ahn hatte sich in diesem verfluchten Wald offensichtlich doch nicht verlaufen und als Alida ihn eingeholt hatte, stand sie auf einer kleinen zerklüfteten Anhöhe und sah die zusammengefallenen Gemäuer einer alten Wehranlage. Einst mochte sie groß, prächtig und eindrucksvoll gewesen sein; ein erstes Bollwerk gegen mögliche Eindringlinge aber nunmehr war sie nur noch geschliffener Felsen inmitten einer kühlen Schneelandschaft. Es mochte fast trostlos wirken, wären da nicht die vielen, unzähligen Zelte und Lagerfeuer gewesen, die sich um die Festung versammelt hatten. Überall sah Alida Soldaten in eindrucksvollen Rüstungen, die sich gerade in diesem Moment in Formation begaben.

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Es mochten vielleicht an die dreihundert sein, die sich trotz des dichten Schneefalls in Richtung eines schmalen Pfades aufmachten, der noch weiter den Berg hinaufführte.

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Im fahlen Mondlicht erkannte Alida die namhafte Festung, von der ihre Vettern im Osten nur mit mühevoll unterdrückter Wut sprachen: Ceoris.

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Mitru lächelte schief und deutete auf die Ruine. „Vardenfell, einst als Wachturm und kleine Trutzburg gedacht, wurde sie nun geschliffen und dient den Drachen als Kommandoposten. Rustovichs Wappen prangt an der höchsten Stelle. Wie es scheint, hat er schon den Marschbefehl gegeben….“ Sein Blick glitt zu Jeremiah, dann erneut zu Alida. „Mal sehen ob er nicht gerade zu beschäftigt ist, folgt mir.“

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Alida blieb stehen und musterte die Heerscharen, die in Richtung Ceoris zu marschieren begannen. Sie straffte die Schultern. „Verzeiht, Mitru. Aber ich denke, dieser Moment ist wohl nicht der rechte um einem so bedeutsamen Fürsten wie Rustovich vorgestellt zu werden.“ Sie vollführte eine umfassende Handbewegung.

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„Dieser Augenblick ist derjenige von dem man, so Kain will, in tausenden von Jahren sagen mag, dass er der entscheidende Beginn der Rückeroberung des Ostens war. Auch wenn ich in meinen eigenen Landen mein Amt und meine Position behaupten mag, bin ich doch im Vergleich zu solchen Fürsten wie den hiesigen eine unbedeutende italienische Tsimiske, die, sollte sie den Herrn Rustovich in einer solchen Stunde stören nur dessen Zorn auf sich ziehen mag. Mein Erzeuger, der Prinz von Pisa, würde mir solchen Frevel nie verzeihen.“ Sie blickte sich im Lager um. „Mögt ihr mir sagen, welche anderen Kainiten derzeit hier in Vardenfell lagern, die mir vielleicht vertraut sein mögen. Ich bin sicher, der ein oder andere dieser Unholde mag sich für mich verbürgen.“ Alida wusste, das Spiel war ein wenig gewagt, aber sie kannte die Mentalität der wenigen Tsimiske in Italien genau. Kaum einer konnte es sich leisten ein wichtiges Mitglied des Clans in den Osten zu entsenden. Eine einzige unvorsichtige Nacht und die Kainiten der umliegenden Stadtstaaten hätten die Finger ausgestreckt und sich die ehemalige Domäne einverleibt.

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 Betreff des Beitrags: Re: Die Fesseln der Macht
BeitragVerfasst: Fr 13. Mai 2016, 22:02 
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Die Armee setzte sich zwischen den herumwirbelnden, weißen Flocken in Bewegung und es erschallte der dumpfe Ruf eines dröhnenden Kriegshorns, das von den Bergwänden und tiefen Schluchten zurückgeworfen wurde. Schwerter und Speere, Schilde und Äxte rasselten genauso wie die dicken, eisernen Plattenrüstungen der marschierenden Ostlinge. Alida würde wohl recht behalten: Egal wie sehr dem russischen Fürsten daran gelegen war in die Geschichtsbücher einzugehen oder nicht, das Aufgebot an Soldaten und Kriegsmaterial war nicht zu verachten. Ihr viel auch sogleich auf, dass diese Truppen keine ungarischen oder polnischen Söldner waren sondern Veteranen der blutigsten Schlachten auf den Kriegsschauplätzen Osteuropas. Eine solche Armee wäre vielleicht sogar noch in der Unterzahl in Brügge einmarschiert. Mitru machte sich daran den kleinen Hügel nach unten zu gehen und lächelte nur in sich hinein. „Seht ihr den Schneefall? Damit bremsen sie uns zwar aus die Bastarde aber ihre Gargylen können bei diesem Wetter auch nicht fliegen. Die haben uns neben den anderen, magischen Firlefanz immer die meisten Probleme beschert.“ Der Gangrel schien gar nicht wirklich auf die Worte der getarnten Brüggerin eingehen zu wollen, so sehr fesselte ihn das Schauspiel der vorbeiziehenden Heere. Schlussendlich drehte er sich aber doch noch zu ihr um und hob die Schultern. „Da mögt ihr durchaus recht haben. Der Fürst ist ein geschickter Planer und Stratege. Diesen Feldzug lässt er niemand anderen durchführen und dementsprechend viel Herzblut investiert er auch. Es ist demnach sogar sehr wahrscheinlich, dass euer Erscheinen ungünstig ausfällt aber was kann man da schon machen?“ Er überlegte einen Augenblick. „Ihr könnt zu Andrej, der soll meinetwegen darüber entscheiden ob ihr willkommen seid oder nicht; vielleicht sieht euch im Nachhinein Rustovich ja doch noch persönlich. Da hättet ihr Glück.“ Unten ertönten wieder die Hörner und der Gangrel hob nur entschuldigend die Schultern. „Ich habe euch bis hierher geführt ohne euch zu kennen, darüber zu urteilen wer oder was ihr seid, überlasse ich denen, die es wissen müssen Mylady. Und es gibt hier niemanden, der euch auf Anhieb erkennen könnte, verzeiht. Einzig Andrej ist weit gereist und hat viele unserer Art getroffen, er ist eure beste Chance, wenn ihr den Fürsten nicht belästigen wollt.“ Langsam setzte er sich wieder in Bewegung.

https://www.youtube.com/watch?v=wAF9tTM5i5Y

Alida schluckte unmerklich. „Habt Dank für eure Bemühungen, Mitru. Ohne euch wäre uns es sicher nie möglich gewesen durch diesen Hexerwald zu gelangen.“ Sie versuchte ein tiefes Einatmen zu unterdrücken. „Wenn es tatsächlich keinen Unhold aus Italien gibt ist Andrej sicher die beste Wahl. Ich habe gehört, dass er vor einigen Jahren durch den Norden von Europa gewandert sein soll. Aber es verwundert mich doch… Ich hatte fest damit gerechnet meine italienischen Clansbrüder Pietro Sinistre, Janosch Inkova oder zumindest Sergej Belinkov anzutreffen.“ Der Name war ausgesprochen und sie fürchtete die Antwort, die vielleicht folgen mochte. Sie war tausende Kilometer gereist um Emilian zu warnen. War sie zu spät gekommen? Hatte sie ihn verpasst? Die bittere Ernüchterung, die dieser Gedanke mit sich brachte, war schwer zu ertragen.
Jeremiah folgte Alida recht stumm und schweigsam. Auch als sie den Gangrel auf Rustovich oder andere Tsimiske ansprach, war er ruhig geblieben und hatte sich nicht weiter geäußert. Das gelegentliche, kurzes Zucken in seinem Gesicht oder verstohlene Blicke mit den Augen, ließen sie aber vermuten, dass der Nosferatu sehr wohl wusste was sie mit ihrer höflichen Bescheidenheit bezweckte. Mitru spazierte vorne hinweg und war offenbar etwas ungeduldig; wartete aber nachdem die beiden Mühe hatten zu ihm aufzuschließen doch noch auf die vermeintlichen Italiener. Man passierte die Feldlager der Soldaten und roch verbranntes Holz; hin und wieder den Geruch von gekochtem Fleisch oder scharfem Schnaps. Irgendwo bellte ein aufgeregter Hund. Über eine ansteigende und tief verschneite Steintreppe, führte der Gangrel die beiden hinauf zu den Überresten von Vardenfell. Anders als erwartet, gab es jedoch keinen großen Haupteingang mehr der mittels einer üppig verschnörkelten Tür hätte Zutritt geben können. Stattdessen umrundete er über abgebrochene Mauerblöcke und gigantische Steinfelsen die Trutzburg und kam schließlich zu einer kleinen Höhlenausbuchtung, aus der schon trübes Fackellicht drang.

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Mit einem schiefen Grinsen, deutete er mittels einer leichten Verbeugung den beiden einzutreten. „Das Haupttor ist schon lange nicht mehr passierbar, verzeiht. Es mag etwas umständlich sein aber dieser ehemalige Fluchtweg ist nunmehr einer der wenigen Zugänge nach Vardenfell.“ Er griff sich eine Fackel und leuchtete ihnen den Weg, während seine hallende Stimme zu Alida sprach. „Ich glaube ich habe nur einen dieser Namen gehört aber ich mag mich auch irren. Belinkov glaube ich, ebenfalls ein Nachzügler.“ Seine Schultern hoben sich ein Stück weit. „Aber ihr müsst mir erneut verzeihen, ich kenne mich mit den Verwandtschaftsverhältnissen der Drachen nicht sonderlich gut aus.“ Knirschend marschierten sie über bröckelnden Stein und rußige Luft, bevor sie an eine Engstelle kamen, die nur einen kleinen, schmalen Durchgang zuließ, der steil nach oben führte. Davor hatten sich zwei Wachen postiert, die in geschwärzte Rüstungen gekleidet waren und nicht nur brachial, sondern auch beängstigend wirkten. Die Sichtschlitze schienen ihre Augen förmlich zu verschlucken. „Tormentoren“, kommentierte Mitru wie nebensächlich.

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„Die persönliche Leibgarde des Fürsten. Jeder Mann ist so viel Wert wie zwei Garnisonen. Natürlich im Vergleich zu anderen Sterblichen, euch können sie gewiss nicht das Wasser reichen, Mylady.“ Er grinste etwas, ließ es sich wohl nicht nehmen dennoch etwas hinzuzufügen. „Aber ich hörte sie wären trotzdem sehr geschickt darin den einen oder anderen unvorsichtigen Tölpel zurück zu Kain zu schicken.“


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 Betreff des Beitrags: Re: Die Fesseln der Macht
BeitragVerfasst: Sa 14. Mai 2016, 13:32 
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Alida versuchte ein desinteressiertes Nicken, das einer Alexandra Dimanetti würdig war, musterte die beiden Wachen dennoch mit aufmerksamem Blick. Wie die Gestalten wohl unter ihren Rüstungen aussehen mochten? Sie war sich sicher, dass sie es nicht herausfinden mochte.
Sie folgten dem Gangrel in einigen Metern Abstand weiter in die Eingeweide der alten Festung. Sie sah zu dem fremden Gesicht von Jeremiah und flüsterte so leise, dass es fast unmöglich zu hören war. „Es tut mir leid…“ Es war leichtsinnig gewesen den Nosferatu mitzunehmen und sie setzte ihm damit einem weiteren Risiko aus. Zwei Kainiten mit Tarnidentitäten… Das war Wahnsinn

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 Betreff des Beitrags: Re: Die Fesseln der Macht
BeitragVerfasst: Sa 14. Mai 2016, 15:08 
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Jeremiah war schweigsam gewesen. Seit ihrem Zusammentreffen bekam Alida mehr und mehr das Gefühl, als ob immer mehr die gleiche Eingebung wie sie bekam: Es war eine verdammt schlechte Idee hierher zu kommen; Rachegelüste hin oder her. Das hier war nicht nur ein Hort der verdammten, sondern gleichzeitig eine Hort der Drachen und niemand war so töricht den Drachen in seinem eigenen Domizil herauszufordern. Das mochte nun eine Herausforderung sein, die sich auf dem Schlachtfeld oder mit Worten vollziehen konnte oder aber sehr wohl auch in der versuchten Tarnung und Täuschung. Würden sie enttarnt werden, noch dazu zu zweit konnte sie sich die Konsequenzen dafür in den buntesten Farben ausmalen. Rot dominierte selbstredend. Jeremiah alias Bartholomäus überließ das Reden ihr, immerhin war er hier offiziell als der gelehrte Speichellecker einer adeligen Tzimisce-Lady aufgetreten und jeden Satz den er zu viel sprach, konnte möglicherweise unliebsame Aufmerksamkeit erregen. Stattdessen folgte er Mitru weiter durch die dunklen Gemäuer und schien sich etwas missmutig den Weg einprägen zu wollen; was sich bald als recht sinnlos herausstellte da die Ruine ein zerklüfteter Haufen aus Gängen und Wegen war, der auf wundersame Weise noch nicht gänzlich in sich zusammengebrochen war. Die Tormentoren versperrten Mitru ohne ein Zeichen der Furcht den Weg und wechselten einige leise Worte mit ihm. Ihre dunklen Stimmen klangen wie das Schaben einer Gabel auf Metall, was sich nahtlos in ihre düstere Erscheinung einfügte. Die Anwesenheit des Wilden jedoch, zeigte auf wundersame Wirkung; mochte er doch ein gewisses Vertrauen im Osten genießen. Dementsprechend wurden die Reisenden weiter vorgelassen und nachdem Alida und Jeremiah die stummen Wächter passiert hatten, die sie wie Statuen aus leeren Visierungen anblickten, beugte sich der Nosferatu näher an Alida heran.

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„Ach, vergesst es. Ich habe mich selbst auf diese Farce eingelassen im guten Glauben, hier etwas zu eurer und meiner Gunsten bewirken zu können. Je näher wir dem kränkelnden Gezücht kommen desto, mehr müssen wir standhaft bleiben. Die Drachen haben es zu Meisterschaft gebracht, die Furcht in die Herzen ihrer Feinde zu tragen. Es ist ein Werkzeug mehr nicht. Schärft euren Verstand und eure Sinne und wir werden schon heil aus diesem Irrgarten herauskommen.“ Und entgegen der äußerlichen Erscheinung und den unsicheren Blicken des Nosferatu, schien er davon recht überzeugt zu sein. Höchstwahrscheinlich hatte er schon einige Erfahrung mit dem Innenleben von Tzimisce-Festungen gemacht. Die Freiwilligkeit dieser Aufenthalte durfte jedoch selbstredend angezweifelt werden. „Ich werde euch unterstützen, sobald wir den ersten Adligen oder Höherstehenden begegnen“, nickte er ihr leise flüsternd zu.

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Mitru führte sie weiter durch die spärlich erleuchteten Gänge und sah ab und an zu seinen Begleitern; hob dabei grinsend eine Augenbraue. „Ja es ist tatsächlich wie ein schimmliger Käse in den sich die Maden gegraben haben; gewiss seid ihr besseres gewohnt.“ Jeremiah schüttelte nur den Kopf und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Was in diesem Falle zählt ist nicht das Aussehen sondern die Funktion die es erfüllt, unsere Prioritäten liegen gewiss anderswo – nämlich auf dem Sieg, der unausweichlich kommen wird.“ Damit schien sich Mitru schulterzuckend zufrieden zu geben und kam vor einer dicken Holztür im kargen Stein zu stehen. Er klopfte vorsichtig an. „Großmeister Andrej, ich habe hier zwei Besucher aus dem Westen, die dem denkwürdigen Moment eures Triumphes beiwohnen wollen. Mylady Alexandra Dimanetti und ihr Begleiter Bartholomäus der Gelehrte; sie entstammen wohl einem Seitenarm eurer Familie die in Italien residiert?“ Unsicher wartete er auf eine Antwort und schon bald konnte Alida gedämpft eine Stimme hinter der Tür vernehmen, die ihr unweigerlich bekannt vorkam. „Ach, ist dem so? Nun, es scheint dass sich selbst die versprengtesten unseres Clans diesen feierlichen Moment nicht entgehen lassen wollen. Und wer könnte es ihnen wohl verübeln? Die Herrschaften sind etwas spät fürchte ich aber noch nicht zu spät um den Fall der Hexer mitzuerleben. Nur herein mit unseren Gästen.“ Mitru machte grinsend eine auffordernde Geste in Richtung Tür. „Andrej Cercescu, der Großmeister. Ich bin sicher ihr habt von ihm gehört.“ Der Gangrel wartete allerdings nicht bis Alida oder Jeremiah sich dazu durchrangen die Türe zu öffnen, sondern machte bereits wieder auf dem Absatz kehrt. Man mochte vermuten dass gänzlich andere Aufgaben auf jemanden wie ihn warteten und er es vorzog seine Klauen in das warme Fleisch der Hexer zu rammen, anstatt durch alte Gemäuer zu wandeln. „Genießt den Moment Mylady, in ein paar Nächten schreiben wir Geschichte“, verabschiedete er sich mit einem vorfreudigen Lachen.

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Through action, a Man becomes a Hero.
Through death, a Hero becomes a Legend.
Through time, a Legend becomes a Myth.
By learning from Myth, a Man takes action.
~Corazon~


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